TENDENZEN DER BEVOLKERUNGSENTWICKLUNG WEST-BERUNS UND IHRE PROBLEMATIK FUR DIE STADTENTWICKLUNG Bruno Backe IZVLEÈEK UDK 911.3.312(430.1-431)) = 30 ZNAÈILNOSTI RAZVOJA PREBIVALSTVA V ZAHODNEM BERLINU IN PROBLEMI RAZVOJA MESTA Specifièen razvoj Zahodnega Berlina ima za posledico neugodne gospodarske procese in s tem povezano nazadovanje števila prebivalstva. Visok delež tujega prebivalstva vpliva na transformacijo mestnega jedra. ABSTRACT UDC 911.3.312 (430.1-431)) ¦= 30 WEST BERLIN DEVELOPMENT CHARACTERISTICS UND ITS SETTLEMENT DEVELOPMENT PROBLEMS The specific development of West Berlin caused inconvenient economic processes and connected with that population regression. A high rate of foreign inhabitants influences the city centre transformation. Urn Berlin ist es ruhig geworden: Die politische Ruhe reicht von der Stabilisierung und Entspannung der politischen Lage um Berlin bis hin zur wiedergefundenen inneren politischen Ruhe West-Berlins: gewalttatige Demonstrationen sind fast schon zur RaritSt geworden; auch die Aufregungen um die Hausbesetzungen haben sich gelegt. Derzeit bewegt die Berliner einzig der Weggang ihres christdemokratischen Bfrgermeisters, Richard von Weizsackers, der in Bonn zum Bundespräsidenten gewahlt werden wird. Trotz dieser nach aussen hin positiven Zeichen steht es - so behaupte ich - nicht zum besten um die langfristige Existenzsicherung der Teilstadt West-Berlin. Es ist bekannt, dass die Stadt seit dem Ende des 2. Weltkrieges mit schweren politisch-geographischen Hypotheken belastet ist. Gelang es bisher mehr oder minder erfolgreich, die daraus resultierenden wirtschaftlichen Probleme zu meistern, so kann dies für die * Dr., Univ. prof.. Institut der Geographie der UniversitSt für Bildungswissenschatten, 9010 Klagenfurt, Universitatstrasse 65-67 - 47 - B . Backe_____________________________________________Tendenzen der . . . zumindest ebenso problematische BevSlkerungssituation nicht behauptet werden. Ich werde deshalb diese Thematik in meinem Vortrag aufgreifen und über die gegenwartig erkennbaren "Tendenzen der BevOlkerungsentwicklung West-Berlins und ihre Problematik für die Stadtentwicklung" reden. 1. Lassen Sie mich zuerst zwei historische Ereignisse erwähnen, die für die Existenzsicherung der Teilstadt West-Berlin von grundlegender Bedeutung sind: (1) Im Jahre 1972 traten die Berlin-Regelung und die deutsch-deutschen Zusatzvereinbarungen in Kraft. Durch diese VertrSge wurde der politische Statusquo festgeschrieben bzw. garantiert und somit die Lebensfahigkeit West-Berlins gefestigt. (2) Das zweite Ereignis solite nicht einen Zustand festschreiben, sondern eine Veranderung, namlich die seit dem Jahre 1958 sinkende BevSlkerungszahl West-Berlins, untersuchen und VorschlSge unterbreiten wie die aus den Fugen geratende Bevölkerungsentwicklung stabilisiert werden kSnne. Dazu wurde im Berliner Abgeordnetenhaus eine Kommission eingesetzt. Wir haben heute - mehr als 10 Jahre nach diesen denkwürdigen Ereignissen - Anlass genug, die Frage zu stellen, ob und inwieweit die politische Stabilisierung und Entspannung (nach aussen und nach innen) in Berlin auch zu einer Stabilisierung der wirtschaftlichen und bevOlkerungsmassigen Entwicklung West-Berlins geführt haben. Die Grundthese meiner Ausführungen lautet; Gelingt es nicht, neben dem wirtschaftlichen Aspekt der Lebensfahigkeit gleichzeitig und autonom (d. h. nur auf die Bevölkerungsentwicklung bezogen) das Bev61kerungsproblem zu ISsen, ist das deklarierte Kardinalziel der Stadtentwicklung West-Berlins, nSmlich "die stetige, langfristige Existenzsicherung der Stadt in Freiheit" nicht zu erreichen. 2. Ich beginne mit einer Skizzierung'der politischen Rahmenbedingungen fOr die Bevolkerungsentwicklung West-Berlins und setze fort mit den Aspekten der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt in den vergangenen Siebzigerjahren, ehe ich mich der Bevolkerungsproblematik selbst zuwende. 2.1 Die politischen Rahmenbedingungen West-Berlins haben ihre Ursache in der bis heute - im Sinne eines Friedensvertrages - nicht gel6sten deutschen Frage; sie bestehen in - 48 - B. Backe Tendenzen der ... 1. der Isolierung West-Berlins, 2. der Teilung Berlins, 3. dem Verlust der Funktion der deutschen Hauptstadt und 4. der militarischen PrSsenz der Alliierten in Berlin. - Zur Isolierung West-Berlins: West-Berlin wurde von seinem Umland praktisch zur GSnze abgeschnUrt, ebenso von seinem mitteldeutschen Hinterland; es wurde durch die Zonengliederung Deutschlands rSumlich vom Ubrigen Bundesgebiet getrennt. West-Berlin ist zwar weder ein konstitutiver Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland, noch darf es von der Bundesrepublik Deutschland regiert werden, jedoch ist es der Bundesrepublik Deutschland zugehOrig, und zwar hinsichtlich der Wirtschafts-, Finanz-, Rechts- und Sozialordnung sowie im Hinblick auf das politische und kulturelle Leben; diese ZugehOrigkeit findet ihren Ausdruck in eben diesen Bindungen. die aufrechterhatten und entwickelt werden kOnnen. Die raumliche Isolierung wird durch freie, von der UDSSR garantierte Zugange überwunden. Die rSumliche Isolierung hat dazu geführt, dass die Stadt alleine -ohne die Hilfe durch die Bundesrepublik Deutschland - nicht lebensfShig ist. - Zur Teilung Berlins ist zu sagen, dass sie auf das Jahr 1948 (Wahrungsumstellung) zurückgeht und seit dem Bau der Mauer im Jahre 1961 praktisch vollkommen ist. - Der Verlust der Hauptstadtfunktion wirkt sich bis heute nachhaltig in wirtschaftlicher Hinsicht aus; er konnte durch keinerlei Massnahmen auch nur im Ansatz kompensiert werden. SCHRODER beziffert diesen Verlust mit ca. 1/3 der Wirtschaftskraft; ein zweites Drittel ging durch KriegszerstOrungen und Demontagen im sekundaren Sektor verloren. Obwohl nach wie vor oder neu 14 BundesbehOrden ihren Sitz in West-Berlin haben, handelt es sich bei diesen Institutionen um sogenannte nachgeordnete BehSrden; gegenüber obersten staatlichen Organen bestehen alliierte Vorbehalte. - Schliesslich bildet die militSrische PrSsenz der drei Alliierten, sprich: der SchutzmSchte, deren Rechte und Verantwortlichkeiten aus der Kriegs- und Nachkriegszeit unverSndert gelten, eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der Weststadt. - 49 - B. Back« Tendenzen der ... Die aktuellen Konsequenzen der politischen Rahmenbedingungen für die Lage der Stadt stellen sich auf der Grundlage der genannten Abkommen wie folgt dar: 1. Die Existenz West-Berlins wird garantiert 2. West-Berlin ist alleine nicht lebensfahig: es bedarf der laufenden Finanzhilfe durch den Bund 3. Durch Besuchsregelungen traten menschliche Erleichterungen ein, d. h. die Folgen der Teilung konnten in menschlicher Hinsicht gemildert werden 4. Der akute Druck der politischen Unsicherheit (von aussen) konnte gemildert und die Konfrontation auf ein Minimum reduziert werden. Im Prinzip ware also zu erwarten. dass sich zumindest die wirtschaftlichen Bedingungen seit dem Jahre 1972 zu konsolidieren und positiver als vorher zu entwickeln begannen. 2.2 Zur Skizzierung der wirtschaftüchen Rahmenbedingungen West-Berlins greife ich drei Bereiche heraus, die geeignet erscheinen, nicht nur die wirtschaftliche Lage und Entwicklung schlechthin zu beschreiben, sondern zugleich auch ihre Implikationen fOr die Bevolkerungsentwicklung erkennen zu lassen; es sind dies: 1. Die Lebensfahigkeit der Stadt, 2. die Entwicklung der Erwerbstatigen und 3. die Situation des verarbeitenden Gewerbes. - Die Lebensfahigkeit der Stadt wird in wirtschaftlicher Hinsicht auf gesetzlicher Grundlage durch das BerlinfSrderungsgesetz seitens der Bundesrepublik Deutschland garantiert und durch Transferzahlungen gesichert. Auf diese Weise alimentiert die Bundesrepublik Deutschland den West-Berliner Haushalt jShrlich zu ca. 55 %; im Jahre 1983 waren dies 10,5 Mrd. DM. Dieser Betrag liegt in der Grossenordnung des jahrlichen Osterreichischen Budgetdefizits. Es soli damit vor allem erreicht werden, dass West-Berlin mit dem Wachstum der Bundesrepublik Deutschland Schritt halten kann. Dieses Ziel ist nur teilweise erreicht worden: Im Zeitraum von 1970 bis 1980 blieb der Zuwachs des West-Berliner Bruttoinland-produktes um durchschnittlich zwei Prozentpunkte, das ist ein Drittel des Gesamtzuwachses hinter jenem der Bundesrepublik Deutschland zurück. - Die Entwicklung der Anzahl der Erwerbstatigen insgesamt im Zeitraum von 1970 bis 1983 zeigt an, dass die wirtschaftliche Bedeut- 50 - B. Back« Tendenzen der ... ung der Stadt abnimmt. Von 1970 bis 1979 nahm die Anzahl der Erwerbstatigen von 945.000 auf 835.000, das sind 12 %, ab.Wahrend in den meisten Stadten und Grossstadten der Bundesrepublik Deutschland in den Siebzigerjahren Wirtschaftssparten wie Verkehrsund Nachrichtenwesen, Kreditinstitute und Versicherungswesen oder Handel machtig wuchsen, stagnierten sie in West-Berlin oder erlebten sogar einen machtigen Einbruch (Handel: - 22 %); der Bereich Dienstleistungen wuchs gering (+ 4 %), der Bereich Staat starker (+ 12 %); am starksten ging die Beschaftigung im verarbeitenden Gewerbe (- 32 %) und im Baugewerbe (- 24 %) zurück. - Die Lage im verarbeitenden Gewerbe ist besorgniserregend, zumal dieses nach dem Verlust der Hauptstadtfunkiionen die wichtigste Basis der fernbedarfstStigen Wirtschaftssparten bildet: im Zeitraum 1970 bis 1979 betrug der ROckgang rund 100.000 Beschaftige. das sind 32 % der Ausgangszahl (324.000). Besonders krass ist der Verlust der Arbeitspiatze in der Industrie (Betriebe mit 20 und mehr Beschaftigten): 1970 : 265.000, Ende 1982 : 163.000, das sind - 38,5 % in 12 Jahren. Im Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland (1965 - 1981 : - 11 %) betrug der Verlust in Berlin-West im selben Zeitraum rund - 40 %. Berlin-West musste vor kurzem seinen ersten Rang als Indussriestandort an MUnchen abgeben. Die GrUnde f«r diesen Rückgang sind nur zu einem kleineren Anteil in allgemein zu beobachtenden Trends, wie in der Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen zu suchen. Diese wurde in Berlin-West sogar noch durch die Berlin-FSrderung (InvestitionsfSrderung) wesentlich verstarkt. Daneben spielen Nachteile des Standortes West-Berlin eine wichtige Rolle: vor allem die stSrkere Reduzierung des Arbeitsplatz-Angebotes multiregionaler westdeutscher Unternehmen in West-Berlin im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland; der Zusammenbruch der Kleiderindustrie; die Verlegung von Teilproduktionen Management- und Entwicklungsabteilungen nach Westdeutschland und das unterdurchschntttlihee Wachstum von An-sich-Wachstumsbranchen in Berlin-West. Strukturell bedingt ist hingegen der starke RUckgang kleinerer Betriebe infolge Uberalterungstendenz der Betriebsinhaber. An dieser Stelle wird die enge Verkoppelung der Wirtschafts- mit der BevOlkerungsentwicklung, zumindest was die erwerbstatige BevSlkerung betrifft, deutlich. Trotz starker Gegensteuerung - zum Teil sogar gerade infolge dieser vermeintlichen Gegensteuerung durch Investitionsfbrderung - konnte durch den Staat der Rückgang der Arbeitspiatze im verarbeitenden Gewerbe nicht eingebremst -51 - B. Backe Tendenzen der oder kompensiert werden, wie man sieht. Auf diese Weise sind negative Effekte der wirtschaftlichen Entwicklung auf die BevOlkerungsentwicklung unausbleiblich. 3. Ich komme damit zur Problematik Sie mich die Bev61kerungssituaiior Faktoren aufzeigen: der Bev61kerungsentwicklung. Lassen anhand einiger Befunde und ihrer BEFUND 1: Die Entwicklung der GesamtbevSlkerung verlauft seit dem NachkriegsbevSlkerungshOchststand am 1.1.1958 negativ (Abbildung 2): Die Bevölkerungsanzahl ging vom 1.1.1958 bis 1.1.1981 von 2,2 Mio. auf 1,9 Mio. zurück, das sind rund 330.000 Personen oder 15 %. BEFUND 2: Das Vorliegen von drei amtlichen (!) BevSlkerungszahlen erschwert die Orientierung: Bezogen auf die Gesamtbevölkerung betrSgt der maximale Unterschied zwischen den drei amtlichen BevOlkerungszahlen rund 283.000 Personen; dies entspricht in der Gr5ssenordnung der Einwohnerzahl Ljublanas. Es ist dies der Unterschied zwischen der BevSlkerungszahl der amtlichen, bundeseinheitlichen BevOlkerungsfortschreiungg und der des Einwohnermelderegis-ters. In Abbildung 2 ist strichliert nur der kleinere Unterschied zwischen der amtlichen bundeseinheitlichen und der amtlichen West-Berliner BevOlkerungszahl (+ 102.000 Personen) eingetragen. Die VolkszShlung, die hier alleine Aufkiarung bringen kOnnte, ist schon seit dem Jahre 1970 überfällig. BEFUND 3; Von diesen statistischen Unsicherheiten ist die sensibelste GrOsse der Bev51kerungsentwicklung, nSmlich die Anzahl der deutschen BevOlkerung, am stSrksten betroffen, weil sie als Residualgresse ermittelt, also nicht direkt fortgeschrieben wird (GesamtbevOlkerung minus ebenso unsichere nichtdeutsche BevOlkerung). Die Anzahl der deutschen BevOlkerung nimmt ungleich stSrker ab als die Anzahl der Gesamtbevölkerung: im Zeitraum von 1961 bis 1981 betrug die Abnahme 517.000 Personen, das sind 24 %! BEFUND 4: Die natürliche Bev01kerungsentwicklung verlief und verlauft stark negativ (Abbildung 3). Eine starke Uberalterung der Bevölkerung (Abbildung 4) fUhrt bei sehr niedrigen Reproduktionsraten (Abbildung 5), die ihrerseits wieder bedingt sind durch die relativ geringe Besetzung reproduktionsfahiger Jahrgange und die niedrige Fruchtbar- - 52 - B. Backe Tendenzen der ... keit, zu hohen jahrlichen Geburtendefiziten (10 Personen/ 1.000 Einwohner/Jahr). Dieser bei der deutschen BevOlkerung ausgepragte negative Effekt wird insgesamt durch gegenläufige Komponenten der Ausiander (junge Bevölkerung/hohe Reproduktionsraten/relativ starke Besetzung reprasentierfahiger Jahrgange/hohe Fruchtbarkeit), schwach kompensiert. Die natürliche Bev61kerungsentwicklung beeinflusst die Gesamtentwicklung ausgeglichen negativ; der stark schwankende Verlauf der Gesamtkurve resultiert aus den Wanderungsbewegungen. BEFUND 5: Die durch Wanderungen induzierte Bev01kerungsentwicklung verlief im Beobachtungszeitraum per Saldo völlig ausgeglichen C 11.000 Personen/Jahr); sie wird im wesentlichen durch zwei gegeniaufige Wanderungskurven charakterisiert (Abbildung 3), deren Verlauf konjunkturabhangig ist: Kurve 1 zeigt hohe Wanderungsgewinne mit dem Ausland (durchschnittlich 9.500 Personen/Jahr) bei starken Wanderungsverlusten Deutscher mit dem Bundesgebiet (Kurve 3J) (durchschnittlich 14.700 Personen/Jahr). Die beiden übrigen Wanderungsbewegungen (Kurven 2 und 32) fallen hingegen kaum ins Gewicht. BEFUND 6: Bilanziert man die entsprechenden Salden für den Beobachtungszeitraum von 1965 bis 1981, so ergibt dies eine Bev61kerungsabnahme von rund 300.000 Personen in 16 Jahren, das sind 14 %. Gravierend daran ist der Umstand, dass im Zuge dieser Veranderung die Anzahl der Deutschen 1.1.1965 : 2,166 Mio., 1.1.1981 : 1,663 Mio. grob um rund 500.000 Personen (- 23 %) abnahm und die Anzahl der Ausländer (1.1.1965 : 34.000, 1.1.1981 : 233.000) um rund 200.000 Personen (+ 585 %) zunahm. Dies leitet zu einem neuen Aspekt der Bevolkerungsproblematik, zur Ausianderproblematik über; zuerst aber wollen wir noch den prognostischen Befund der BevOlkerungsentwicklung kennenlernen und Konsequenzen aus der bisherigen und kUnftigen Bev61kerungsentwlcklung West-Berlins ableiten. BEFUND 7: Die Prognose der Bev61kerungsentwicklung (Abbildung 7). die unter mehreren Annahmen errechnet wurde. zeigt auf, dass sich die Abnahme der deutschen BevOlkerung bzw. die Zunahme der ausländischen BevOlkerung sogar unter - 53 - B. Backe Tendenzen der ... fast schon unrealistisch gOnstigen bzw. ungünstigen Annahmen (Reduzierung der negativen Wanderungssalden der Deutschen um 1/3 bzw. der positiven der Ausländer um l/3) im gleichen drastischen Ausmass fortsetzen wird wie im Beobachtungszeitraum, und was die deutsche BevOlkerung betrifft, sogar verstarkt gegenüber dem Zeitraum 1965 bis 1981 : statt - 1,8 %/Jahr : -2,1 %/Jahr. Der Deutlichkeit dieser Befunde dürfte nichts hinzuzufügen sein: sie zeigen in der Tat auf, dass die BevBlkerungsentwicklung als der kritische Faktor einer "stetigen langfristigen Existenzsicherung der Stadt" anzusehen ist. Ein Anhalten dieser aufgezeigten Entwicklung birgt die Gefahr in sich, dass dieser Prozess von der deutschen BevOlkerung verstarkt wahrgenommen und m6glicherweise als tendenzielles Aufgeben des Standortes West-Berlin betrachtet wird. Unter dieser Voraussetzung würde sich die Bevolkerungsabnahme Deutscher zu einem sich selbst tragenden, rasch voranschreitenden, kumulativen Schrumpfungsprozess ent-• wickeln, der in der Folge nicht mehr durch wirtschaftliche Gegen-steuerungsmassnahmnn abgeschwacht, geschweige denn gestoppt werden kOnnte. Hinzu kommt die ohnehin stellenweise schon vorhandene Angst der deutschen BevOlkerung vor einer Uberfremdung durch die rasch anwachsende Anzahl der Ausiander. Die Inlander-AuslSnderrelation dOrfte sich in den Achtzigerjahren von 12 auf 20 Ausiander je 100 Deutsche verschieben: dieser Durchschnittswert wird in kleineren raumlichen Einheiten schon heute weit übertroffen. Fragt man nach den SteuerungsmOglichkeiten, so ist zu sagen: Der Abgang Deutscher infolge der natürlichen Bevolkerungsentwicklung ist unvermeidbar und hinzunehmen. Die mOgliche Beeinflussung des Wanderungssaldos der deutschen BevOlkerung ist bei wesentlicher Verstarkung der derzeitigen Globalsteuerung sehr gering: nur 15 % der Zuzügler bzw. der FortzOgler sprechen auf die derzeitigen Massnahmen überhaupt an. Und was die Steuerung der Auslanderentwicklung betrifft, ist ausser einigen restriktiven Massnahmen hinsichtlich des Zuzuges keine Politik erkennbar. 4. Befunde zur Ausländerproblematik Die Ausianderfrage bildete in West-Berlin zu keinem Zeitpunkt in die übrige Bevolkerungsproblematik und -politik integrierten Gegenstand; sie wuchs vielmehr gegen Ende der Siebzigerjahre ziemlich rasch zu einem selbstandigen, sicher, unlOsbaren Problem heran. Der Zuzug von Ausländern war lange Zeit hindurch erwünscht, - 54 - B. Backe Tendenzen der ... (1) um die infolge des wirtschaftlichen Aufschwunges bei gleichzeitiger verstarkter Abwanderung Deutscher vermehrten offenen Stellen besetzen zu kSnnen (was verstSrkt fUr unqualifizierte Tatigkeiten zutraf) und (2) um die BevSlkerungskui^e nicht zu stark absinken zu lassen. Die Auslanderproblematik lasst sich anhand der folgenden Befunde verdeutlichen: BEFUND 1: West-Berlin ist unter den westdeutschen GrossstSdten mit mehr als einer halben Million Einwohnern nicht jene mit dem hOchsten Ausländeranteil: es ist aber jene mit der bei weitem hachsten absoluten Anzahl der AuslSnder und den hOchsten Zunahmeraten (12 %, d.s. 233.000 Personen bzw. plus 33 % seit 1974; hingegen: Frankfurt a.M.: 23 %. d.s. 126.000 Personen bzw. plus 26 %). BEFUND 2: Die Struktur der AuslSnder nach Herkunftsgebieten ist sehr unausgeglichen: 49 % oder 114.000 sind Türken - diese Gruppe stellt etwa im Bundesgebiet mit rund 33 % (1,546 Mio.) den bei weitem hèchsten Anteil, 32.000 oder 14 % kommen aus Jugoslawien, daneben spielen Griechen und I-taliener noch eine gewisse Rolle, bleiben in ihren Anteilen jedoch unter je 3 %. BEFUND 3: Der rSumliche Ausbreitungsprozess der AuslSnder in den Siebzigerjahren (Abbildungen 8 und 10) ist dadurch gekennzeichnet, dass zunSchst neben Industriegebieten vor allem die Stadtteile des wilhelminischen Wonngtrtels entlang der Grenze zu Ost-Berlin aufgesucht werden: Wedding, Tiergarten und Kreuzberg (Abbüdung 1); es sind Gebiete mit schlechter Bausubstanz, hohem Anteil an Sub-standardwohnungen, hohem Arbeit e rant eil, relativ hoher BevSlkerungsdichte sowie z.T. mit hohem Anteil an WohnbevSlkerung im Alter von 60 und mehr Jahren und z.T. mit hohem Frauenanteil und hohem Anteil an Stimmen der Alternativen Liste. Hingegen werden die Villengebiete und Gebiete mit lockerer Verbauung und hohem Sozialstatus im Südwesten, Süden und Norden der Stadt sowie von der Bausubstanz her bessere Gebiete im wilhelminischen Wohngartel nebst Gebieten mit junger BevOlkerung (Satellitenstadte "Fal-kenhagener Feld", "MSrkisches Viertel", "Gropiusstadt") von Ausiandern bis in die jüngste Zeit hinein gemieden. Wo 55 B. Backe Tendenzen der ... herabgewohnte Gebiete unmittelbar an die West-Berliner City grenzen, dringen die Ausiander bereits in Citybereiche ein und verleihen dort den Problemen der Stadterneuerung einen besonderen Akzent (Abbildung 9). BEFUND 4: Ein dramatischer Akzent ist fOr bestimmte Gebiete mit sehr starker Verdichtungstendenz im Zuge des Ausbreitungsprozesses zu konstatieren: in manchen statistischen Gebieten erreichten die Ausländerquoten am 1.1.1981 Werte in der Gr6ssenordnung von 25 % und mehr. Gründe: + stark gestiegene Zuzugsraten, + FamilienzusammenfUhrung, + hoher Zuwachs an Kindern und + starke Segregationstendenz (am 1.1.1981 = 35; Vergleich: Akademiker = 34; Wien am 31.12.1972 : 12). Fazit der Auslanderproblematik: Die hohe Zahl der Ausiander, ihre raumliche Konzentration, ihre kulturelle Distanz und ihre zunehmende Aufenthaltsdauer rufen bei der deutschen BevSlkerung Angst vor Uberfremdung hervor, zumal die Ausiander, insbesondere die Türken weder bereit noch in der Lage sind, den Erwartungen der deutschen Bev61kerung, sich an deren eigene Lebensgewohnheiten und Wertvorstellungen anzupassen, zu entsprechen. Der Zeitpunkt fOr eine erfolgreiche Integrationspolitik scheint bereits verstrichen zu sein. Andere L8sungsm6glichkeiten sind nicht in Sicht. Lassen Sie mich mit der folgenden Bemerkung schliessen: Angesichts eines so gewaltigen latenten Konflikpotentials in den Dimensionen Bev6lkerungsstruktur und Bev61kerungsentwicklung kann abschliessend formuliert werden: Ist West-Berlin in der Lage, seine Bevölkerungsprobleme schrittweise zu lösen, so leistet diese Stadt selbst den vielleicht wesentlichsten Beitrag zu ihrer eigenen stetigen langfristigen Existenzsicherung in Freiheit. - 56 - B. Backe Tendenzen der . ZNAÈILNOSTI PREBIVALSTVENEGA RAZVOJA V ZAHODNEM BERLINU IN Z NJIM POVEZANI PROBLEMI MESTNEGA RAZVOJA Osnovni problemi Zahodnega Berlina so geopolitiènega znaèaja: njegova izolacija, delitev, izguba vloge nemške prestolnice ter pristojnost in prisotnost zavezniških okupacijskih sil. Èeprav je obstoj Zahodnega Berlina zagotovljen, mesto ni sposobno živeti brez pomoèi Zvezne republike Nemèije. Gospodarski položaj pa vpliva na prebivalstveni razvoj v mestu, zaradi èesar prihaja do sprememb v številu in strukturi prebivalcev Zahodnega Berlina. Delež aktivnih prebivalcev stalno nazaduje, število zaposlenih seje od leta 1970 dalje zmanjšalo od 945.000 na 835.000 oseb. Nazadujejo pa tudi gospodarske dejavnosti, ki v drugih obmoèjih ZR Nemèije izkazujejo izrazito rast, trgovina (- 22 %), proizvodna obrt (-32 %), gradbeništvo (-24 %). Še najbolj obèutijo gospodarsko stagnacijo industrijska podjetja, ki so imela leta 1970 še 265 tisoè zaposlenih, v letu 1982 pa le še 163 tisoè (-39 %). Upad je za 40 % veèji kot v ZRN (-11%). Demografski razvoj kaže nazadovanje števila prebivalcev za petnajst odstotkov med leti 1958 in 1981 na okrog 1,900.000. Delež nemškega prebivalstva najhitreje upada (-24 %). Deloma je temu pripomogel negativni prirodni prirastek, povezan z ostarelo strukturo mestnega prebivalstva. Migracijska gibanja so si veè ali manj izenaèena, le strukture migran-"tov so razliène. Medtem, ko se je v obravnavanem obdobju v ZRN odselilo pretežno nemško prebivalstvo (500.000 oseb), se v Zahodni Berlin intenzivno doseljujejo tujci, ki jih je bilo leta 1981 že 233.000 (+585%). Delež tujcev je med najveèjimi v ZRN (12 %) in se najhitreje poveèuje (+ 33 %). Najveè se je doselila Turkov (49 %) in Jugoslovanov (14 %). Do zgostitve tujerodnega prebivalstva prihaja v posameznih mestnih èetrtih (npr. Wedding. Tiergarten. Kreuzberg). 57 ABBILDUNGEN ÜBERSICHTSKARTCHEN: BERUN-WEST ---------- amTtOOMNZXN WEDDtNG HM« MS KZIMtES Umm WM CO OKTSTZLU ENTWICKLUNG DER GESAU TBE VÖLKERUNO UNO DER KUTSCHEN BEVÖLKERUNG M BERLM-WEST T961 BIS 1981 ENTWICKLUNG UNO PROGNOSE DER GESAHTBEVOLKERUNG. DER DEUTSCHEN UNO AUSLÄNDISCHEN BEVÖLKERUNG IN BERUN-WEST 1Ö75 BIS 19Ö0 AUSLANOERANTEILE IN DEN STATISTISCHEN GEBIETEN VON BERUNmiK«n»l»tu» Ethn<>dwr-und FwnilwMUtu« Soii.tor St.tu. ""i«-j„- ES3 K M« ¦»•¦ ¦*¦¦• \ ] I »SO» HtlW - 59 - - ' ¦•¦¦' ""^T ~ ~^MI Ikll ¦ i • ¦ » BEVÖLKERUNGSENTWtCKLUNG DER STADT BERLIN-WEST 1865 BIS 1980 DURCH GEBURTENDEFIZIT UND AUSGEWÄHLTE WANDERUNGSSALDEN •CJUOMEN M »00__________________________________________ WUONEH M 1000 .« I I I I I I I I 1 III------U M »7 MM TO 71 O » M B 71 77 7» 7» M IB WAKMHUW0S1ALMN «BT_. »jO-----© *•*" *>>**" Awl—) —® *• 00« am »»nn.0.1 /7) *» taMMlMDNWM »10 jxj »tmwrtwmiwiiwi »o © - M.J40 '----'----U •>- UT» ©¦ LETO ©- IM»0 ©- W.000 ¦ 40 MM DIE ALTERSSTRUKTUR DER FORTGESCHRIEBENEN WOHNBEVÖLKERUNG VON BERLIN-WEST AM LIB« (FÜNFJAHRESALTERSKLASSEN) i •*™1 \ < M * < ao 1 , < 73 Î 1 I c 70 1 < 63 ) , < »0 1 J < 55 J-^ ;¦:::¦ < 90 li? ~ < 43 Yi-v < «0 * 3Î 1 •< .X) ........;i < ?3 < K 'l •>-*- Ls_-..-. * IS •L C 1 < 0 .,m,i, • •»Hill lit»»«« ALTERSSPEZFISCHE FRUCHTBARKEIT OCR FRAUEN m BERLIN W - «IO '¦»Un'in I -—...^-------------¦ -. . . ir llllMll II Ul I UM IILÉIIMHIM—141 4a»M *¦ - 60—