m berHotiE lsaiholischeMzivWMtöchnst herausgegeben von der "Kongregation: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. preis ganzjährig: Österreich 2 50 8, Deutschland 2 Mark. Italien 8 Dire, Ungarn 2'50 pengö, Tschechoslowakei 12 oK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2-50 Franken, übriges Ausland 2 ©oldmark. Unser heiliger Vater pius XI. hat wie schon früher papst pius X. der "Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwür-digsten Oberhirten von Grixen, Grünn, ©raz, Deitmerüz, Linz, Olmülz, Marburg, Drient, Driest und Wien. Reft 8 u. 9. August-September 1929. XXXII. Jahrgang. ■■■■ ••••• ........ —• ...........=======- = ^ Eröffnung der fTMsfion unter den LapedN v>— ..... . — — ' SJ Bald sind es sechs Jahre, daß unsere ersten Missionäre nach Transvaal hinunterzogen. Ein steiniger Anteil am großen Weinberg der heiligen Kirche ist das Missionsgebiet, das der Heilige Vater unserer kleinen Missionsgesellschaft zur Bebauung übergab; denn mehr als gewöhnliche Schwierigkeiten stehen dort der Missionsarbeit hindernd im Wege. Ein Land, das nur von Heiden bewohnt ist, in das der Mohammedanismus und die zersetzende, materialistische Kultur des modernen Europa noch nicht Eingang gefunden haben, ist das ideale Missionsfeld, wie es sich der werdende Missionär sehnend erträumt. Ein solch erstklassiges Arbeitsfeld ist die Apostolische Präfektur Lydenburg nicht. Angelockt vom Reichtum des Landes (Diamanten, Gold, Kohle), haben Tausende und Tausende Weißer das Gebiet überschwemmt; und es waren nicht die edelsten Vertreter europäischer Zivilisation, die mit den Negern in Berührung kamen. Auf die Eingeborenen hat der europäische Einfluß in der denkbar schlechtesten Weise gewirkt. So haben unsere Missionäre nicht nur zu kämpfen gegen das alte Heidentum mit seinem Aberglauben, seiner Geisterfurcht, seiner Einstellung aufs Irdische, seinem sittlichen Tiefstand, viel größere Schwierigkeiten bieten ihnen die traurigen Folgen der Berührung mit der modernen Kultur: Unglaube, Verachtung nicht nur der Religion, sondern jeder Autorität, das unheilvolle Sektenwesen, der hochmütige Eigendünkel dümmster Selbstvergötterung. Gerade der Kampf gegen die letzterwähnten Schwierigkeiten kostet so viele Opfer, bringt bittere Enttäuschungen und dann die Gefahr, den Mut zu verlieren. Und doch: Wenn durch die gemeinsame Arbeit all unserer Missionäre in diesen sechs Jahren auch nur eine einzige Seele für den Himmel gewonnen wäre, so wären alle Opfer und Mühen nicht umsonst gewesen, wieviel weniger jetzt, da es dem Herrn gefallen hat, durch unsere Arbeit Hunderte von Seelen an sich zu ziehen. Denn trotz der Hindernisse, die sich von allen Seiten bergehoch auftürmten, konnte in unserer Apostolischen Präfektur neben den ständigen Seelsorgeposten für die weißen Katholiken eine große Station auf der Farm „Maria-Trost" erstehen, die ausschließlich für die Neger arbeitet. In mühevollem Ringen und Arbeiten wurde auf dieser Station eine geräumige Kirche gebaut, eine Schule für die schwarze Jugend, dann ein Spital und endlich ein Internat, in dem Kinder aus weit entfernten Gegenden dauernd Pflege für Leib und Seele erhalten. Der ersten Schule auf der Station selbst folgten noch zwei andere in einiger Entfernung von ihr, die von großen und kleinen Schwarzen fleißig besucht werden. Wenn auch Kirche und Schule, dort wohnen viele kinderreiche Negerfamilien unter ihren Häuptlingen nach ihren alten Gesetzen. Das Land ist ihnen „reserviert". Außer den schon ansässigen Farmern dürfen keine weiteren Weißen Grund und Boden käuflich erwerben. Dort wäre also günstiger Boden für die Arbeit am Heil der Seelen. Wollte die Mission nun im Sekukuniland Fuß fassen, so mußte sie einem ansässigen Farmer einen Teil feines Gebietes abkaufen. Viele diesbezügliche Versuche schlugen fehl; es fand sich niemand, der uns ein Stück Landes abgetreten hätte. Spital und Internat nach unseren Begriffen arm und klein sind, so hat sie der Heiland doch zu einer Quelle vieler Gnaden gemacht und durch sie Hunderte an sein göttlichlliebend Herz gezogen. Der Missionär darf aber bei dem, was er erreicht hat, nicht stehenbleiben. Die Liebe zum Heiland und zu den armen Seelen treibt ihn, noch immer mehr Schäftein dem guten Hirten zuzuführen. Gleich nach Antritt seines Amtes hat daher unser Hochwürdigster Apostolischer Präfekt, Msgr. Mohn, Ausschau gehalten nach einem geeigneten Platze für die Neugründung einer größeren Station. Besonders war es das Sekukuniland, das ihn mächtig anzog. Denn Msgr. Mohn bereiste selbst mehrere Male das Gebiet, kehrte aber immer enttäuscht und traurig wieder zurück. Wie sollte sich sein Sehnen erfüllen? Ganz unerwartet — Hochw. P. Raffeiner nennt es ein Rätsel der göttlichen Vorsehung — wird ihm die große, schöne Farm Glencowie zum Kauf angeboten. Freilich die ganze Farm, ein einzelnes Stück wollte der Besitzer nicht abtreten. War der Preis auch hoch (denn das Gebiet ist sehr groß), so galt doch kein Zaudern. Sollte die so dringend gebotene Missionierung im Eingeborenengebiet nicht wieder auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben oder gar ganz in Frage gestellt werden, so mußte das Angebot angenommen wer- den. Dazu entschloß sich auch der Apostolische Präfekt nach eingehender Beratung mit seinen Missionären. P. Raffeiner und P. Berger schauten sich die Farm an und schlossen noch am gleichen Tage den Vorverkauf ab mit zwei Monaten Bedenkzeit für uns. Das war ein Glück; denn einige Tage später boten die „Hoch-kirchler" (eine der vielen christlichen Sekten) dem Besitzer um ein paar Tausend Pfund mehr, aber er konnte nicht mehr zurück. Mit innigem Danke gegen die göttliche Vorsehung können wir also jetzt unseren Wohltätern und Freunden die Nachricht geben: Wir haben eine neue Farm und in ihr die Möglichkeit, unter dem zahlreichen Neger stamm derBapedi, zum größten Teil noch reine Heiden, eine neue Station zu gründen und so endlich mit der Missionierung in jener Gegend zu beginnen. Am 1.April hat der frühere Besitzer den Platz geräumt, am 10. April sind von der alten Station „Maria-Trost" zwei Patres und drei Laienbrüder in ihr neues Arbeitsfeld übersiedelt. Über die Lage der Farm, Beschaffenheit des Bodens, Klima und über die Neger auf derselben und in ihrer Umgebung schreibt uns Hochw. P. Raffeiner kurze Zeit nach der Übersiedlung: „. . . Gesundheitlich könnte die Lage in diesem Erdenwinkel wohl kaum besser gewünscht werden. Wir wohnen auf einer sanften Anhöhe in einem muldenreichen, weiten Tale, die rückwärts — gegen Westen — steil ansteigend, in einen granitenen, romantischen, mäßig hohen Gebirgszug ausmündet. Gegen Süden lagern höhere Hügelwellen vor, gegen Osten und Norden schweift das Auge frei über das weite Gelände bis an die fernen Berge. An frischem Trinkwasser fehlt es auch nicht. Es befinden sich fünf permanente Quellen auf der Farm — ein Unikum in dieser Gegend. Den großen, ebenen freien Platz um die gegenwärtigen und künftigen Bauten umschließt jung angelegter Wald verschiedener Baum- sorten, der wenigstens vorläufig prächtig gedeiht. Von den Bergen herunterblickend, glaubt man, ein wundersames Idyll vor Augen zu haben. Vom ökonomischen Gesichtspunkte betrachtet ist die Farm jedenfalls preiswert, vielleicht die beste in weitem Umkreis. Der Boden ist nach hiesigen Begriffen größtenteils gut; freilich muß er erst hergerichtet werden. In den ersten zwei, drei Jahren kann man keine großen Erträgnisse erwarten. Die Niederschläge sind im normalen Jahr hinreichend. Wir haben auf der Farm die meteorologische Station. Die Niederschläge in den letzten zwölf Jahren schwankten zwischen 16-37 und 30-04 Zoll und weisen einen Jahresdurchschnitt von 24-66 Zoll auf, also bei 700 mm. In derselben Periode findet sich nur zweimal ein leichter Hagel verzeichnet. Auch vom missionstechnischen Standpunkte aus betrachtet war der Erwerb der Farm ein guter Griff. Freilich schnelle und massenhafte Bekehrungen werden kaum zu erwarten sein, wenigstens in den ersten Jahren nicht. Wir haben ja die ganze Meute der vielen Sektierer gegen uns und vor allem die Ehegesetze und Gebräuche unter den Bapedi selbst, wohl die härteste Nuß, die es zu knacken geben wird, um so mehr, als im Sekukuniland die Häuptlinge und die herkömmlichen Stammesgesetze noch viel gelten. Bis die eigentliche Missionstätigkeit in Schwung kommt, hat's noch Zeit, vorläufig wird man halt mit Krankenbehandlung und Schule anfangen. Zur Missionierung braucht's Katechisten, und an diese Frage tritt man nur zögernd heran wegen der leidigen Geldnot..." So weit der Brief des P. Raffeiner, dem die Leitung der neuen Farm anvertraut ist. Wir freuen uns alle über die Neugründung, danken dem Herrn, denn sie ist seine Gabe, und bitten ihn um reichlichen Segen zu erfolgreicher Arbeit zu seiner größeren Ehre. Und nun wende ich mich an gar jeden, der diese Zeilen liest, und Poche bittend und flehend an jedes katholische Herz. Wir haben die Farm l* gekauft, kaufen müssen, aber wahrlich nicht bei vollen Kassen; eine große Schuldenlast, schwer und drückend, liegt auf der Mission, allein schon durch den Ankauf. Neue große Auslagen aber kommen noch dazu. Die Missionäre fanden nichts vor, keinen Tisch, keinen Stuhl, keine Bank, keine Kücheneinrichtung, alles muß angeschafft werden. Auf der neuen Station steht noch keine Kirche, keine Schule, kein Krankenhaus; das alles soll erst noch gebaut werden. Kirche und Schule und Spital müssen dann auch eine entsprechende Einrichtung erhalten. Glaubst du, lieber Leser, daß dafür Riesensummen gefordert werden? Wie werden wir das Geld beschaffen? Die göttliche Vorsehung wird uns helfen durch die Missionsalmoseu unserer Freunde, auch durch deines, lieber Leser I Wir bitten um deine Hilfe, schenke uns ein Missionsalmosen; bist du reich, dann gib reichlich ; bist du arm, so gib doch ein wenig trotz deiner Armut. An deiner Gabe hastet Gottes Segen! Jedem Hefte liegt ein Erlagschein bei. Jede Gabe, die mit diesem Erlagschein eingesandt wird, werden wir einzig und allein für die neue Station verwenden; darf also nicht verwendet werden, um den Bezugspreis für den „Stern der Neger" zu bezahlen. Sollte jemand einen größeren Betrag direkt an die Leitung der neuen Farm senden wollen, so muß er ihn schicken an: „Rev. Father Dr. Matthias Raff ein er, F. S. 0., cath. Mission, Gien oo wie, Private Bag Middelburg, Transvaal.“ Um die Gabe recht verdienstlich zu machen, sende sie aus Dank für die große Gnade des wahren Glaubens. Du bist Katholik, lieber Leser, also wahrhaft und wirklich ein Kind des unendlichen Gottes. Als Gotteskind schwimmst du gleichsam in einem Strom von Segen und Gnaden. Du kennst den guten Hirten, den Erlöser, als Kind in der Krippe mit seinem Weihnachtsfrieden, kennst ihn als den Gekreuzigten mit seinem unendlich liebenden Herzen, mit seinem Erbarmen. Wenn dich Sündenschuld niederdrückt oder sonst Not dich bedrängt, weißt du, wo du Verzeihung, Frieden, Hilfe finden kannst. Du brauchst den Tod nicht zu fürchten, denn hier auf Erden schon wandelst du im Licht, aber ein noch viel helleres, strahlenderes Licht wartet dein über den Sternen, wo dein Vater weilt und dich als sein Kind und Erbe des Himmels au seiner unendlichen Freude, an seinem ewigen Glück für alle Zeit wird teilnehmen lassen. Schau, welch ein Glück du dem Heiland verdankst! So hilf ihm denn auch in dankbarer Liebe, das Sehnen seines heiligsten Herzens nach der Rettung der armen Heiden zu stillen. Er liebt sie so gut wie dich und will ihr Glück und ihre ewige Seligkeit, wie er das für dich gewollt hat. „Was ihr einem der geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!" fr ----------------------> 13rief des F*od)tv. p. Or. ?ftattf)ias "Easterner an den Schriftleiter. .1 ■ ---b Anschließend an den vorhergehenden Artikel setze ich Zeinen Brief des Hochw. P. Raffeiner her. Er gibt uns noch weiteren Aufschluß über die neue Farm, ihre augenblickliche Lage und ihre Aussichten für die Zukunft. Laß den Hilfeschrei des ergrauten Missionärs nicht ungehört verhallen. Das Missionsalmosen, das du mit dem beiliegenden Erlagschein einsendest, wird Hochw. P. Raffeiner für seine neue Bapedi-Mission zugesandt. „Vielgeplagter Pater Redakteur! Habe im laufenden Jahr eine Menge von Briefen empfangen. Viele Schreiber und Schreiberinnen erkundigen sich sehr eingehend um mein — wie es scheint sehr kostbares Befinden; andere stellen allerhand kuriose Fragen, wie es eben Mode ist im wißbegierigen oder neugierigen Kreise meiner Bekannten; ein kleiner Teil zieht auch Erkundigungen ein über den Fortschritt und Verlauf der Mission. Allen einzeln zu antworten habe ich dermalen wirklich keine Zeit — ja nicht einmal hinreichend Tinte vorrätig, und der nächste Tintenladen ist 124 km entfernt. Anderseits verlangen der feine Takt und die zarte Aufmerksamkeit, auf keinen Brief eine Antwort schuldig zu bleiben. So muß ich Sie halt bitten, mir einige Spalten Ihres Blattes zur Verfügung zu stellen zu für diesen Zweck erworbene ,Besitz" liegt so ziemlich int Zentrum zwischen Lydenburg, Middelburg und Pietersburg, in zirka 80 Meilen Entfernung. Daß mit der Eröffnung so einer neuen Missionsstation im Innern des Landes gewöhnlich auch eine gewisse Romantik verbunden ist, brauche ich Ihnen eigentlich wohl nicht zu sagen. In Ermangelung von Tisch und Stuhl und jeglicher Einrichtung kann man sich im Anfang so recht nach eigenem Belieben bequem machen, ohne Furcht, mit den lästigen Vorschriften der Etikette und Mode in Konstikt einem Brief an viele, meinetwegen an alle Ihre Abonnenten. So werden zugleich auch die Mäuler so mancher Brummbären gestopft, die sich beklagen, daß aus meiner giftigen Feder schon lange mehr kein bissiges Wort int „Stern" zu finden sei. Na, meinetwegen! Falsche Süßigkeiten werden ja so wie so zu viel verteilt und mit Hochgenuß verspeist, zum Schaden vieler. Wie Sie bereits wissen dürften, sitze ich mit noch vier Mitbrüdern seit 10. April hier auf dem Platz Glencowie im weltabgeschiedenen Sekukuniland, herpostiert und hergeführt vom Apostolischen Präfekten, um der Gründung einer neuen Mission unter dem zahlreichen Negerstamm der Bapedi die Wege zu ebnen. Der zu geraten. Msgr. Präfekt sitzt gerade neben mir auf der Türschwelle und erledigt auf dem Bruchteil einer Kiste seine Korrespondenz. Es ist doch ein Stück revolutionären Vergnügens, wenn man die Großen dieser Welt mal so bescheiden zu seinen Füßen hocken sieht. Der Kleinste, Br. Hilmer, wurde zum Koch ernannt, damit er sich am offenen Lagerfeuer weniger zu bücken braucht, hauptsächlich aber, damit unsere eigene Kunst nicht in Mißkredit gerate. Aber unsere Schlauheit wurde uns zur Rachegöttiu. Der erste Tee — und Tee ist unsere Hauptspeise — war blau, weil der fragliche Kochtopf Farbe ließ, und so stark, daß er hätte ein Roß umbringen können. Der gute Küchenmeister hatte noch im Leben keinen Tee bereitet und wollte uns jedenfalls ein recht .stärkendes' Getränk vorsetzen. Unser Wagen-lenker, ein braver Irländer, der als erster den Wundertrank an seine durstigen Lippen führte, schnitt ein Gesicht wie das abgeschlagene Haupt des Holofernes. Ein schallendes Gelächter der Runde auf dem Boden, in das er schließlich auch miteinstimmen mußte; die Folge war eine verbesserte Auflage aus seiner Hand. Von der ersten Brotbäckerei und anderen einzigartigen Lieferungen aus derKüche will ich lieber schweigen. Wir sind aber doch immer gut bei Appetit gewesen. Ein Mitbruder sagte einmal: ,Jn Europa habe ich die heilige Armut gelobt und hier kann ich sie üben.' Ich habe mir gedacht: solange ihr so munter und fröhlich dabei seid, besitzt ihr doch einen ungeheuren Reichtum, den kein Kapital und keine Bequemlichkeit auf-wiegen kann. Wie gering sind doch des Menschen Bedürfnisse, wenn sein Ziel und Streben nicht an dem elenden Plunder dieser Welt hängen bleibt. Aber trotz der Romantik der Begleitumstände durchzieht ein wehmutsvoller Zug mein Gemüt, umschleicht das Sorgengespenst mein bedrängtes Herz. Wenn ich vor meiner leeren Hütte stehe, weitet sich vor meinen Augen ein herrliches Landschaftsbild: Ein breites Hochlandtal, umrandet von müßig hohen Gebirgszügen, an deren Fuß der Eingebornen Wohnungen in größeren oder kleineren Dörfern hingebettet liegen; den Grund durchschlängelt der Sequati-River, der gegen Westen in den Olifant-River mündet. Der fruchtbare Boden könnte, richtig bearbeitet, die Bewohner zu einigem Wohlstand führen. Aber er liegt brach. Nur eine ungeheure Grasfläche überblickt man, durchzogen vom bekannten afrikanischen Busch; da und dort eine Rinder- oder Ziegenherde; als kleine Oasen dazwischen spärliche Mais- und Durrah-Pflanzungen, aus denen der Neger sein armes Dasein fristet; ungehobene Schätze der Natur. Und nochmals gleitet mein Blick über das Tal, durch das Sekukuniland. Einen prächtigen Volksstamm sehe ich hier wohnen unter verschiedenen Häuptlingen in elenden Strohhlktten; ein geweckter Menschenschlag mit kinderreichen Familien. Er könnte eine Zierde sein, ein blühender Garten der katholischen Kirche und den Himmel mit Heiligen schmücken. Aber ihm sendet noch nicht der Glanbe einen Freudenstrahl ins traurige Dasein. Dies Volk ist noch nie mit einem Glaubensboten in Berührung getreten. Wir sind die ersten Heilsboten für diese armen Söhne Chams — und stehen auf diesem vorgeschobenen Posten, auf diesem Ehrenplatz mit gebundenen Händen. Ist das nicht ein herzzerreißender Gedanke? Die Kasse des Apostolischen Präfekten ist durch den Ankauf des Grundes nicht nur gänzlich erschöpft, sondern auch auf Schulden eingestellt. Er führte uns einfach in den neuen Weinberg des Herrn und sprach unter Bangen und Hoffen: ,Jhr müßt nun selber schauen, wie ihr weiter kommt.' Nun, meine lieben Mitbrüder sind zu jedem Opfer bereit und alles andere als entmutigt, und ich selbst bin fest überzeugt, daß unsere Not im Herzen der „Sternleser" ein warmes Echo findet. Weiß ich doch, daß die lieben Schwaben nicht bloß einen munteren Schnabel, sondern auch eine hurtige Hand zum Geben haben. In Bayern ist der Bierkonsum in letzter Zeit stark zurückgegangen, gestiegen dafür das Interesse und der Beitrag für die Missionen. Ich hatte Gelegenheit, Oberösterreichs neuen, herrlichen Dom zu bewundern, aber mehr noch bewundere ich die stets offene Hand dieses biederen Volkes. Und auch die Steirer tauen auf; man nennt sie ein leichtes Völkchen, für Sang und Tanz begeistert wie kein anderes, aber ich weiß auch, daß unter dieser Kohlenstaubschicht ein goldenes Herz verborgen liegt. Nichts hebt mehr den Glaubenseifer und das Glaubensleben in der Heimat als die Mithilfe an der Glaubensverbreitung in der Fremde. Von meinem Tiroler Heimatlandl brauche ich garnicht zureden; seine Missionsbegeisterung bei Klerus und Volk ist mit goldenen Lettern eingetragen im Buch des Lebens. Es wird seine Kinder nicht verlassen; sind ja zwei hier auf Glencowie, ein „Planer Bni"aus dem rauhen Pustertal und ein Edelzweig aus dem anmutigen Vinschgau, dem Land der ewigen Wahrheit. Der „Stern"'Leser, wie ich höre, sind Gott sei Dank viele; wenn jeder sein Scherslein gibt, dann ist uns geholfen; wenn jeder Wohlhabende einen Schilling oder eine Mark opfert, dann haben wir ein ausreichendes Betriebskapital für den Anfang, da ja die Armen stets mehr zu geben pflegen als die Reichen. Ich sage für den Ansang; denn unsere erste Sorge und Aufgabe ist neben dem Sprachenstudium die, die Farm zu kultivieren, um so die Mission auf die eigenen Füße zu stellen. Es geht nicht an, daß eine Missionsstation alljährlich wieder in ihrer Existenz von den milden Gaben aus Europa abhängig bleibt, wenn ihre Entwicklung nicht immer in Frage gestellt bleiben und sie aus den Kinderschuhen überhaupt herauskommen soll. Nun, wenn uns jetzt die Mittel zur Verfügung gestellt werden, so wird Glencowie in kurzer Zeit selbständig dastehen dank des guten Bodens, der herrlichen Lage, des vorzüglichen, fieberfreien Klimas. Wir liegen 5000 Fuß über dem Meere, haben also trotz der Nähe des Wendekreises für alle Fruchtsorten sehr günstige Ver- hältnisse. Wir werden nicht nur in die Lage versetzt, mit Gottes Segen und dem Erfolg unserer Arbeit Wohnhaus, Schule, Kirche und Spital zu bauen und zu erhalten, sondern auch nach und nach eine Reihe von Außenstationen zu gründen, um so Gleneowie zu einer Missionszentrale aufblühen zu sehen, wozu es in seiner zentralen Lage geschaffen ist wie kaum ein anderer Platz im Sekukuniland. Ihr versteht nun unsere Lage, unsere Pläne, meine Bitte. Laßt euer liebewarmes, goldenes Samariterherz sprechen und wir wollen mit Gottes Segen aus dieser Einöde ein kleines Paradies schaffen fürs irdische Auge und mit der Zeit unter dem Beistand eures Gebetes auch ein Paradies der katholischen Kirche, in welchem der liebe Gott unter seinen schwarzen Kindern im trauten Verkehr lustwandeln kann. Mit der Zeit! Freilich wird's noch viel Geduld brauchen; ich bin kein Freund von Taufen im Schnellzugstempo, auch Maffenbekehrungen werden nicht gleich zu erwarten sein, dazu steckt dies arme Volk noch zu tief int Irrwahn und in der Vielweiberei. Aber kommen werden diese Bapedi zum Schafstall des Herrn, zur Mutter der Kirche — durch eure Hilfe, zu eurem Lohne. Nun habt ihr auch die Antwort auf die Frage, wie es mir geht: körperlich munter und frisch wie der Fisch im Wasser, aber das Gemüt schwer und das Herz krank zum Weinen. Mit freundlichem und im voraus dankbarem Gruß P..«Rosfeiner, F.S.C." Aus dem „josefinum“ in Schre^heim bei Cllmcmgen. Das Bild Seite 123 zeigt, wie vom Missionshaus „Josefinum" gerade ein Flügel abgebrochen wird. An dieser Stelle soll ein größerer Neubau aufgeführt werden, um das Noviziat unterzubringen. Bisher hatten wir unser Noviziat in Milland bei Brixen in Italien (früher Südtirol). Da haben wir ein schönes Haus, in der herr- lichen Alpenwelt gelegen. Die dortigen politischen Verhältnisse aber zwingen uns, das Noviziat anderswo unterzubringen. Da all unsere Häuser für diesen Zweck zu klein sind, mußten wir zu einer baulichen Erweiterung schreiten; und diese vollzieht sich gegenwärtig im „Josefinum" bei Ellwangen. Eucharistischer Kongreß in Südafrika! Wie ist denn das möglich in dieser Hochburg des Protestantismus, wo es vor 100 Jahren noch keine katholische Kirche gab? wird da mancher in Europa denken. Ich selbst war nicht wenig überrascht, als kurz nach meiner 6rfter £ud)ariftifd)er Dationalkongreß in Südafrika vom 29. fDcri bis 2. (Juni 1929. Von Hochro. P. Adolf @ tab t nt ü Iler, P. S. C. Der Abbruch dieses kleinen Flügels hat uns gezeigt, daß wir früher oder später hätten bauen müssen. Wir hatten den Plan, aus dem abgebrochenen Teil eine Feldscheune zu errichten; aber kaum ein Balken war zu gebrauchen. Alles war morsch und faul. Ja vor einigen Jahren schon hätte es beinahe ein Unglück gegeben. Da hatten sich im Speisesaal eines Tages die beiden größten Balken von der Decke gelöst und hätten bei regnerischem Wetter so naß, als ob man Wasser ausgeschüttet hätte. Um zu sparen, übernehmen wir selber einen großen Teil der Banarbeiten. Auf dem Bilde sieht man einen Pater, Brüder und Brüderzöglinge an der Arbeit. Es ist ein frohes, frisches Zusammenarbeiten, getragen von dem Bewußtsein, daß es gilt für Christus und die armen Heiden. Missionshaus „Josefinum" in Schrezheim, wie es bisher roar. eine unangenehme Störung bei Tisch verursachen können, wenn sie nicht noch von ihren Stützen gehalten worden wären. Außerdem waren die Wände dieses Speisesaales von unten bis oben mit Mauerfraß überzogen, und der Boden war Wer uns hilft, durch Gebet und milde Gaben die schweren Baulasten zu fragen, den wird es dann doppelt freuen, das fertige Haus im „Stern der Neger" zu sehen. P. S., Missionshaus Ellwangen. Ankunft in diesem Lande die frohe Kunde an mein Ohr drang, daß demnächst in Durban, in der schönen Hafenstadt, der erste Eucharistische Nationalkongreß in Südafrika stattfinden sollte. Die Katholiken — nicht viel über 200.000, worunter gegen 110.000 eingeborene Schwarze — hatten bisher unter der 7V2 Millionen zählenden Bevölkerung der südafrikanischen Union nur ein Schattendasein gefristet, eine Art Katakombenleben geführt und in der Öffent-lichkeit soviel wie keine Rolle gespielt. Nun wagte sich die kleine Schar zum erstenmal heraus ans Tageslicht, dem verborgenen Heiland im heiligsten Sakramente wollten sie eine öffentliche Ehrung und Huldigung erweisen. Die Andersgläubigen sahen mit großer Erwartung dem Kongreß entgegen und waren gespannt, was wohl die kleine Schar der Katholiken zu leisten imstande wäre. Zur Kongreßstadt wurde das 40.000 bis 50.000 Einwohner zählende Durban, die Perle Natals, ausersehen. Die dortige katholische Gemeinde ist gegen 4000 Seelen stark. Die Stadtbehörde zeigte großes Entgegenkommen. Gerne stellte sie die Polizei zur Aufrechterhaltung der Ordnung zur Verfügung. Für die Auslagen des Kongresses steuerte sie aus eigenem Antrieb 150 engl. Pfund (3000 Mk.) bei und trug außerdem noch die Unierhaltskosten aller schwarzen Kongreßteilnehmer. Die Regierung gewährte allen Katholiken 50 Prozent Fahrpreisermäßigung auf der Bahn. Schon mehrere Tage vor der Eröffnungsfeier strömten Hunderte und Tausende nach der herrlich gelegenen Kongreßstadt. Die einen kamen zu Schiff, andere brachte die Bahn, nicht wenige fuhren im Auto herbei: Bischöfe, Apostolische Präfekten, Priester und Laien aus allen Teilen der südafrikanischen Union, dazu zahlreiche Eingeborne, die zu Fuß die Reise gemacht, alle geschmückt mit dem Kongreßzeichen und voll heiliger Begeisterung und hoher Freude, in einem überwiegend protestantischen und heidnischen Lande an der öffentlichen Ehrung des Heilandes im Altarssakramente teilnehmen zu dürfen. Die Eröffnungsfeier des Kongresses am Mittwochabend (29. Mai) war ein glänzendes Schauspiel und ein herrlicher Triumph für den katholischen Glauben in Südafrika. Die Kathedrale war bis zum letzten Platze gefüllt, eine große Menge mußte sich mit der Vorhalle begnügen. Wenigstens 5000 betrug die Zahl der an der Eröffnungsfeier teilnehmenden Katholiken, für Europa zwar eine kleine Zahl, für Südafrika aber eine glänzende Versammlung. Schon am nächsten Morgen brachten die Zeitungen große Bilder von der Eröffnungsfeier und eingehende Berichte über den Beginn des Kongresses. Der Jubilarbischof von Turban, der hochwürdigste Herr Delalle, O. M. I., Apostolischer Vikar von Natal, begrüßte die erschienenen Gäste in tiefempfundenen Worten und hieß sie alle herzlich willkommen. Zu seinem und der ganzen Versammlung Bedauern mußte er melden, daß der Apostolische Delegat, der hochwürdigste Herr Erzbischof Gijlswijk, durch Krankheit am Erscheinen verhindert sei. Nach der Begrüßungsansprache sang die ganze Versammlung voll Glauben und Innigkeit das Lied: „Sweet Heart of Jesus“ („O Jesu Herz voll Milde"). Dann bestieg Msgr. Kolbe, ein Konvertit der holländisch-reformierten Kirche, die Kanzel und eröffnete in glanzvollen Worten den Kongreß. Dann wurde die Sakramentshymne angestimmt, die Msgr. Kolbe eigens für den Kongreß verfaßt hatte und in die alle Anwesenden begeistert einstimmten. Hierauf erteilte der hochwürdigste Herr Bischof O'Leary Apostolischer Vikar des Transvaal, der andächtig in die Knie sinkenden Menge den sakramentalen Segen. Mit dem schönen Liede: „Faith of our Fathers“ („Du Glaube unserer Väter") schloß die herrlich verlaufene Eröffnungsfeier des Kongresses. Am Donnerstag in aller Frühe, als die ersten goldenen Sonnenstrahlen in den blauen Fluten des Meeres sich spiegelten, versammelte sich eine große, noch nie gesehene katholische Kinderschar vor der Kathedrale. Die Mädchen, alle in Weiß gekleidet und mit wallenden Schleiern, machten auf alle Zuschauer, besonders die Andersgläubigen, einen tiefen, erhebenden Eindruck. Der hochwürdigste Herr Bischof Gotthardt, Apostolischer Vikar von Windhoek, hielt für die Kinder ein feierliches Pontifikalamt. Alle Plätze waren besetzt. Es war ein ergreifendes Schauspiel, als die vielen Kinder mit reinem, gläubigem Herzen, voll heiliger Liebesglut zur Kommunionbank schritten. Mit welcher Freude mag der Heiland in die Herzen seiner Lieblinge eingekehrt sein, zumal in einem Lande, wo erst noch so wenige Kinder seiner Kirche und ihm angehören. Am Donnerstag und Freitag hielt die englische Sektion des Eucharistischen Kongresses sehr eifrig besuchte Sonderversammlungen ab, um zugleich auch das 100jährige Jubiläum der Befreiung der Katholiken in England zu begehen. Bekanntlich wurden ja erst vor 100 Jahren die harten Ausnahmsgesetze gegen die Katholiken abgeschafft, die in 300jähriger Bedrückung jedes freie katholische Leben unmöglich machten. Am Freitag vormittag war Pontifikalamt für die Frauen, wobei die Kathedrale wieder bis auf den letzten Platz besetzt war. Am Abend des gleichen Tages fand eine der eindrucksvollsten und glänzendsten Versammlungen des Kongresses in der Kathedrale statt. Eine große Zahl von Männern strömte da zusammen, so daß Südafrika wohl noch nie eine herrlichere, stattlichere katholische Männerversammlung gesehen. Mit großer Aufmerksamkeit und sichtlichem Interesse lauschten die Männer den Ausführungen des hochw. Herrn O'Donnel, der in beredter Sprache sich über die heilige Messe und den öfteren Empfang der heiligen Kommunion verbreitete. Nach der Predigt zündeten alle Männer Kerzen an und hielten sie in ihren Händen als Zeichen ihres lebendigen Glaubens und ihrer innigen Liebe zu Christus und der von ihm gestifteten Kirche. Der hochwürdigste Herr Bischof Spreiter, 0.8. B. (St. Ottilien), Apostolischer Vikar von Eshowe, erteilte hierauf den sakramentalen Segen. Die Kongreßhymne und „Faith of our Fathers“ bildeten den krönenden Abschluß dieser eindrucksvollen denkwürdigen Glaubenskundgebung. Am Samstag hielten die französische, die indische und die Zulu-Sektion ihre eigenen Versammlungen ab, die alle einen programmäßigen, befriedigenden Verlauf nahmen. Wenn auch die Deutschen keine eigene Sektion bildeten, so war das deutsche Element doch recht zahlreich vertreten, vor allem in Missionären. Der deutsche Priester war nicht wenig erstaunt, immer wieder auf Priester zu stoßen, von denen er den trauten Laut der Muttersprache hörte. Den Höhepunkt des Eucharistischen Kongresses, brachte der Sonntag. Ein erhebendes Beispiel bot in aller Frühe die Generalkommunion. In allen katholischen Kirchen und Kapellen, vor allem in der prächtig geschmückten Kathedrale nahten sich unabsehbare Reihen dem Tische des Herrn, um sich aus die innigste Weise mit ihrem Gott und Herrn zu vereinigen. Das feierliche Pontifikalamt hielt der Hochwürdigste Herr Bischof Delalle, der an diesem Tage sein 25jähriges Bischofsjubiläum feierte. Am Sonntag nachmittag fand die große Sakramentsprozession statt, die größte öffentliche Glaubenskundgebung, die Südafrika je gesehen. Viele Andersgläubige waren herbeigeeilt, um dieses seltene Schauspiel mit eigenen Augen zu sehen. Über 11.000 Katholiken nahmen an dieser Prozession teil; Weiße, Farbige, Schwarze — sie alle fühlten sich wie eine große Familie, die sich versammelt hat, um ihrem treubesorgten Vater aus dankbarem, liebendem Herzen eine.öffentliche Huldigung darzubringen. Die Katholiken waren freudig überrascht von ihrer großen, stattlichen Zahl, vor allem zeigten die Schwarzen großes Staunen, als sie so viele weiße Katholiken andächtig daherschreiten sahen. Den Anders- gläubigen aber kani es angesichts dieses unabsehbaren Zuges zum erstenmal so recht zum Bewußtsein, daß die Katholiken doch nicht so unscheinbar klein sind und trotz ihrer geringen Zahl eine öffentliche Glaubenskundgebung zustande bringen, die ihnen, den Andersgläubigen, trotz ihrer überlegenen Zahl unmöglich ist. Die Straßen, durch die der eucharistische Heiland segnend zog, getragen vom Hochwürdigsten kurzerhand von einem Polizisten abgeführt. Die ganze Prozession verlief ohne die geringste Störung. Es war ein erhebender Anblick, als die 11.000 Katholiken singend und betend durch die Straßen der Stadt zogen. Auch die Farbigen und Schwarzen machten durch ihre ehrerbietige Haltung einen vorteilhaften Eindruck. Das höchste Lob und die größte Anerkennung erntete die Musikkapelle der Eingebornen aus Mariannhill, Brüder und Zöglinge Beim Abreißen des rechten Flügels des allen Missionshauses in Schrezheirn. Herrn Bischof Cenez, Apostolischem Vikar von Basutoland, waren reich und geschmackvoll geziert, überall sah man die päpstliche Flagge neben der Nationalfahne wehen. Das Spalier zu beiden Seiten des Zuges bildeten zahlreiche Autos, die neugierige Zuschauer ans nah und fern nach Durban gebracht hatten und nebeneinanderstanden. Berittene Polizei sorgte mustergültig für Aufrechterhaltung der Ordnung. Ein besonders eifrig sein wollender Pastor, der als Abwehr gegen diese Glaubenskundgebung die Bibel drohend in der Luft schwang, wurde die die einzige war, die am Kongresse teilnahm und ausgezeichnet spielte. Die Prozession bewegte sich durch mehrere mit Menschen gefüllte Straßen zum herrlichen Albertpark, wo die Prozession Aufstellung nahm und das Allerheiligste auf den einfachen, aber geschmackvollen Altar gestellt wurde. Es war ein herrlicher Anblick. Es schien, als ob der Heiland eine Heerschau über seine weißen, farbigen und schwarzen Kinder in Südafrika abhalten und ihnen allen Mut einflößen wollte, trotz aller Schwierigkeiten tapfer für ihn und 2* die Ausbreitung seines Reiches zu streiten und zu arbeiten. Der hochwürdige P. Dr. Sormany, O. M. I., hielt dort der andächtig lauschenden Menge eine begeisterte Ansprache über das Königtum Christi. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß dieses Land einmal Christi Herrschaft anerkennen werde, wie die 11.000 Anwesenden es eben taten. Hierauf wurde der in die Knie gesunkenen Volksschar der sakramentale Segen erteilt. Dann trat die Prozession wohlgeordnet den Rückweg an, auf dem der Hochwürdigste Bischof Spreiter, 0. S. B., das Allerheiligste trug. In der Kathedrale wurde abermals der sakramentale Segen gespendet, woraus in sichtlicher Begeisterung die Katholikenschar das Lied: „G-od bless ihe Pope“ („Gott segne unsern Papst") und die Kongreßhymne sang. So endete die größte und feierlichste Prozession, die Südafrika je gesehen. Am Abend fand noch eine glänzende Schlußfeier des Kongresses statt. Die Kathedrale war viel zu klein, um auch nur annähernd die zusammengeströmten Gläubigen fassen zu können. Der hochwürdige P. Dr. O'Shea, O. M. I. (ein Irländer), einer der wortgewaltigsten Redner Südafrikas, bestieg die Kanzel. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschten die zahlreichen Zuhörer seinen feurigen, begeisterten Worten Im Geiste ließ er die Tausende und Abertausende von Märtyrern, Jungfrauen, Bekennern und Glaubensboten vorüberziehen, die durch alle christlichen Jahrhunderte hindurch dem Heiland im Altarssakrament brennenden Glaubenseifer und hingebende Opferliebe entgegengebracht und immer wieder daselbst sich Mut und Kraft Äquatortaufe! Manche der Leser haben darüber schon einiges gehört oder sie haben dieselbe gar schon selbst erlebt, so daß dies Wort in ihnen kurzweilige oder unter Umständen auch düstere Erinnerungen wachruft. Andere dagegen geholt hatten, um im Glauben und in der Liebe dem Heiland unverbrüchliche Treue zu halten. Wie leuchteten die Augen der Irländer vor allem, als der Prediger mit hinreißender Beredsamkeit die Glaubenstreue des O'Connel, des berühmten Vorkämpfers für die Freiheit der Katholiken Irlands (des irischen Windt-horst), schilderte! In den Schwierigkeiten und der Last seiner Arbeiten habe er stets kniend vor dem stillen Tabernakel sich Kraft und Stärke geholt und nie habe er in der drückenden Last seiner Berufsarbeiten ohne Notwendigkeit eine heilige Messe versäumt. Am Schluffe forderte der Prediger seine begeistert lauschenden Zuhörer auf, dem Beispiel dieser großen Männer und Frauen zu folgen. „Haltet fest," rief er ihnen zu, „was ihr besitzt — den unschätzbaren Schatz des katholischen Glaubens — und bleibt ihm treu, dem Heiland, bis einmal der Tag kommt, an dem der geheimnisvolle Schleier des Tabernakels fallen wird und ihr den Heiland auf den Wolken des Himmels kommen seht mit großer Macht und Herrlichkeit, Jesus Christus, gestern, heute und morgen, immer der gleiche." So schloß der erhebende, glanzvoll verlaufene erste Eucharistische Nationalkongreß in Südafrika. Mit heiliger Begeisterung und echter Freude kehrten die Kongreßteilnehmer wieder heim, entschlossen, auch in Zukunft für den katholischen Glauben im öffentlichen Leben mit Tatkraft einzutreten. Gebe Gott, daß die kleine, junge Kirche in Südafrika noch viele derartige herrliche Glaubenstrinmphe sehen möge, Gott zur Ehre und den Menschen zum ewigen Heile! lesen es vielleicht zum erstenmal, so daß ihnen diese Zeilen etwas Neues bieten. Was ist denn die Äquatortaufe? Manche denken da unwillkürlich an eine religiöse Handlung, an unser Taufsakrament, weil sie das Wort Taufe Äquatortaufe. ! Von Hochw. P. Anton Pröbstle, F. S. C. <3P nur in diesem Sinne kennen. Gewiß hat die Äquatortaufe eine kleine Ähnlichkeit damit, ist aber etwas ganz anderes. Das Wort „Taufe", das abzuleiten ist von „tauchen", wird nämlich vielfach auch in übertragenem Sinne gebraucht, wenn der Beginn einer Laufbahn, eines neuen Lebens in ähnlicher Weise festlich begangen wird wie im Taufsakrament der Beginn des übernatürlichen Lebens, der christlichen Laufbahn, wobei dann gleicherweise die sehr passende Symbolik des Eintauchens oder Begießens, verbunden mit Namengebung, zur Anwendung kommt. So z. B. redet man von einer Schiffstaufe. Das bedeutsame Ereignis, wenn ein Ozeanriese „vom Stapel gelassen", d. h. vom Baugerüst hinabgelassen wird ins Meer, will festlich begangen sein. Das Eintauchen des Schiffes in die Flut und der Beginn seiner Laufbahn legen es nahe, dieser Feier das Gepräge einer Taufe zu geben. Der Reichspräsident oder sonst eine hohe Persönlichkeit wirft im Beisein eines zahlreichen Publikums nach feierlicher Ansprache von hoher Tribüne aus eine Flasche Wasser an den Bug des Schiffes, welche dort zerschellt und das Schiff benetzt; gleichzeitig gibt er dem Schiff seinen Namen. In diesem Moment werden die letzten Taue, von denen das Schiff zurückgehalten wird, alle zugleich durchschnitten und mit Blitzesschnelle fährt der Riese auf seinem Schlitten hinab in die salzige Flut, welche nach beiden Seiten in hohem Bogen hinausspritzt. Man sieht auf den ersten Blick, daß eine solche Schiffstaufe nicht eine religiöse Handlung ist. Anderseits ist sie aber auch nicht eine antireligiöse Handlung, eine spöttische Nachäffung des Tanfsakramentes, sondern eine weltliche Zeremonie, die der gleichen Grundidee halber eine ähnliche Form erhalten hat. So ungefähr ist es auch mit der Äquatortaufe. Sie ist auch ein alter Schifferbrauch, jedoch ulkiger Natur. Der Äquator, auch Erdgleicher genannt, ist bekanntlich jene Linie, welche die Erdkugel in zwei Hälften schneidet, in die nördliche und südliche Halbkugel. Es ist dies aber natürlich nur eine gedachte Linie, die wohl auf der Landkarte eingezeichnet, in Wirklichkeit aber nicht sichtbar ist. Diese Linie spielt eine große Rolle nicht nur für den Kartenzeichner, der von ihr aus die Grade- nördlicher und südlicher Breite zählt, sondern auch für die ganze Natur; sie scheidet wirklich voneinander verschiedene Welten. Nicht nur Land und Klima, Pflanzen und Tierwelt, Menschen und deren Sitten sind auf der südlichen Halbkugel anders als auf der nördlichen. Am nächtlichen Himmel erglänzen andere Sternbilder. Der Mond wächst nicht wie bei uns vom rechten Rand nach links zu, sondern vom linken Rand nach rechts zu, so daß man bei der Sichel des zunehmenden Mondes nicht mehr Z, sondern A, und bei der Sichel des abnehmenden Mondes nicht mehr A, sondern Z ergänzen kann und die entgegengesetzte Bedeutung hinzudenken muß. Auch in bezug ans die Sonne muß der Mensch umlernen. In Südafrika hat man die Sonne nicht mehr wie hierzulande im Süden, sondern im Norden, so daß man dort unter „gegen Mittag" nicht den Süden, sondern den Norden versteht. Das Wachsen der Tage geschieht in Südafrika nicht von Dezember bis Juni wie bei uns, sondern von Juni bis Dezember. Wenn wir in Deutschland Hochsommer haben, führt dort der meist zwar schneelose, aber doch kalte und leblose Winter sein Regiment, und umgekehrt: hüllen wir uns ob Eis und Schnee in dicke Mäntel, dann macht man dort eine empfindliche Schwitzkur durch, weil es zu dieser Zeit Hochsommer ist. Erwacht bei uns in Deutschland die Natur zu neuem Leben, so legt sie dort in Südafrika ihr herbstlich Sterbekleid an, und werden bei uns die Äpfel reif, dann fangen sie dort erst zu blühen an. Also alles umgekehrt. Natürlich ist der Übergang dieser beiden verschiedenen Welten nicht unvermittelt, sondern allmählich. Die Mitte der Übergangszone ist der Äquator, jene Linie, über welcher im Frühling und Herbst, zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche, die Sonne senkrecht am Himmel steht. Wenn ein Schiff nach Südafrika oder nach Südamerika oder nach Australien fahrt, muß es diese bedeutsame Linie überqueren, und dieses Ereignis wird durch das sogenannte Linienfest gefeiert. Bei diesem Feste findet die Äquatortaufe statt. Man stelle sich aber nicht vor, daß dabei etwa der Äquator durch Begießung mit Wasser getauft wird, sondern der Täufling ist jeder, der zum erstenmal von der nördlichen Halbkugel auf die südliche kommt. Warum dieser Schritt gerade zu einer Tauffeier veranlaßt, ergibt sich aus der gleichen Grundidee wie bei der Schiststaufe. Ter Neuling kommt durch das Überqueren der Linie in eine andere Welt, taucht gleichsam in ein neues Leben ein, und da lag für die Feier dieses bedeutsamen Schrittes keine Symbolik näher, als den Betreffenden in das nasse Element einzutauchen oder ihn damit zu übergießen. Und weil das schon so etwas Ähnliches wie eine Taufe war, kam als natürliche Ergänzung die Namengebung dazu. Diese „Tauffeier" ist aber nicht an festgesetzte Zeremonien gebunden, sondern ihre Form ist der Willkür und Findigkeit der Schiffsmannschaft anheimgestellt. Daher kommt es, daß man die verschiedenartigsten Schilderungen von Äquatortaufen lesen kann. Daß es bei diesem Seemauns-brauch mitunter zu mißliebigen Auswüchsen kommt, findet man begreiflich, wenn man bedenkt, daß diese Matrosen sozusagen jahraus, jahrein ohne Gottesdienst dahinleben. Auf manchen Schiffen soll die Äquatortaufe der Auswüchse wegen ganz abgeschafft worden sein. Doch läßt sich dieser poesiereiche und an und für sich nicht schlechte Brauch auch aus nette, anständige Weise abrollen. Nach diesen nicht überflüssigen Vorbemerkungen wollen wir uns den Verlauf dieses uralten, ulkigen Schifferbrauches näher besehen, und zwar in jener Form, wie ich ihn auf dem Schiff „Usambara" der deutschen Woermannlinie miterlebt habe. Auf einem Schiffe ist für die Fahrgäste sozusagen tagtäglich Feiertag, weil Arbeitsruhe, und darum herrscht dort meist eine aufgeräumte, gemütliche, oft sogar mutwillige Stimmung. Das war in verstärktem Grade am Vorabend jenes denkwürdigen Tages der Fall, wo wir zum erstenmal den Äquator überqueren und damit auf die südliche Halbkugel hinüberrutschen durften. Da wurden am Abendtisch allerhand lustige Ratschläge und Anweisungen gegeben, wie man sich für dies Ereignis vorsehen solle. Der eine neckte den andern, er solle das Fernglas bereithalten, daß ihm die Linie nicht entgehe. Der gab zurück, jener möge die Photokamera rüsten und die Plattenkassetten füllen, damit er den Gürtel der Mutter Erde auf die Platte bannen könne. Wieder einer riet an, int Bette sich festzuschnallen, damit man nicht herausgeworfen werde, wenn das Schiff auf dieses Hindernis stoße oder über die Erdkante kippe usw. Da ließ einer ein Wort fallen von der Äquatortaufe; es war ein Herr von Südwest, der einzige aus unserer Tafelrunde, der die Sache schon mitgemacht hatte. Doch er verriet uns nicht viel darüber, sondern spannte nur unsere Erwartung. Auch aus den Stewards konnten wir nichts Näheres herauslocken; nur das wurde uns gesagt, daß wir Missionäre dispensiert seien von dieser Prozedur, die anderen aber, sofern sie die Äquatortaufe noch nicht erhalten hätten, müßten sich mit waschechten Kleidern versehen und sollten sich jetzt einen beliebigen Taufnamen wählen, natürlich keinen heiligen Namen, sondern einen, der mit dem Wasser in irgendeiner Verbindung steht, z. B. Seerose, Hai, Nixe, Alge, Seekuh, Rhinozeros, Möve, Wal, Seeadler, Stockfisch usw. Das setzte natürlich eine gewaltige Hirn-tätigkeit und einen Mordsspaß ab, bis sich jeder seinen Namen ausgeklügelt hatte, der dann auf die Liste der Taufkandidaten neben seinen Familiennamen gesetzt wurde. Dieser Auftakt zur feuchtfröhlichen Feier des morgigen Tages sorgte für die rechte Stimmung der Leute. Beinahe aber wäre diese Stimmung ins Wasser gefallen; denn unvermutet tutete ganz gewaltig die Dampfpfeife des Schiffes. Was mochte das zu bedeuten haben, jetzt, auf offener See, wo tageweit kein Land ist? Ist etwa das Schiff in Not? Man stürzt aus den Meer. Unten hatte ein Kahn angelegt, der in der Dunkelheit unbemerkt hinabgelassen worden war, jetzt aber mit bengalischem Feuer hell erleuchtet wurde. Diesem Nachen entstieg die majestätische Gestalt des Beherrschers der Meere. Neptun war in der Götterlehre der alten Römer der Allgewaltige über Quellen, Flüsse und Meere. Die Griechen nannten ihn Poseidon. Seine Burg Speisesälen hinaus und sieht seitlich am Vorderteil des Schiffes einen Feuerschein. Das eintönige Summen und Pochen der Schiffsmaschinen hört auf; das Schiff steht still. Die Bestürzung hielt aber nicht lange an, sondern räumte schnell einem heiteren Tumulte das Feld; denn von Mund zu Mund eilt die Kunde, das Sirenensignal habe den hohen Besuch des Meergottes Neptun angemeldet. Alles strömte dem Feuerschein zu. Es war an dieser Stelle eine Schiffstreppe hinuntergelassen worden ins ist in der Meerestiefe. Als Rosse dienen ihm die jagenden Wellen. In der Hand trägt er einen Dreizack, mit dem er das Meer stürmisch aufwühlen kann und auf dem Lande Quellen aus dem Boden stampft. Da ihm das Junggesellenleben in seiner nassen Burg zu langweilig wurde, hat er sich um ein Gespons umgeschaut, welche bei den Römern Salacia oder Venelia, bei den Griechen Amphitrite heißt. Das Hirngespinst der alten Heiden hat auf unserem Schiffe also leibhafte Formen angenommen, und wir haben die große Ehre, nicht nur den Meergott selbst, sondern auch seine bessere Hälfte sehen zu können, denn er führt sie mit galanten Manieren am Arm die Treppe herauf. Mit großem Hallo werden die beiden empfangen. Die Hünengestalt Neptuns ist in einen schwarzen, wasserdichten Sturmmantel gehüllt, dessen Glanz vortäuscht, als sei Neptun frisch aus den Fluten aufgetaucht. Das braune, ver-wetterte Seemannsgesicht ist umrahmt von einem Weißen, langen Flachsbart. Auf dem grauen Haupte trägt er einen schachbrettartig karierten Zylinder, an dessen Spitze ein kleiner Dreizack emporragt. In der Hand führt er einen langen Stab, der auch in einen Dreizack ausläuft. Seine Frau Gemahlin ist ein blutjunges Ding von niedlicher Statur, trägt weder antike noch moderne Kleider, sondern die schlichte Tracht einer Bäuerin, und hat am Arm einen Korb, über dessen Inhalt wir bald Näheres erfahren sollten. Majestätisch schritt Neptun mit seinem weiblichen Anhängsel empor in die Luxusräume der I. Klasse, natürlich begleitet vom großen Haufen der neugierigen Passagiere. Dort machte I er dem Kapitän des Schiffes seine Aufwartung und stellte ihm auch seine Alte vor, die er Trine nannte. In einer wohlgesetzten Ansprache legte er dem Kapitän den Zweck seines Kommens dar und bat ihn um die Erlaubnis, morgen die Äquatortaufe vornehmen zu dürfen, was ihm gern gewährt wurde. Dann wurde dem rätselhaften Korb ein Säckchen entnommen, das er Telegrammbeutel nannte und dem Obersteward der I. Klasse überreichte. Nachdem er einen guten Schluck genommen, trollte er weiter, ihm nach der Strom des Volkes. In der II. Klasse hielt er sich auch nicht lange auf; nach einer kurzen Ansprache gab er die Telegramme fürs zweite Amt ab und zog dann weiter in die III. Klasse. Dort ließ er sich heimisch nieder. Nachdem er sich vorgestellt, packte er zunächst einige Zuckertüten für die Kinder aus, dann kamen adressierte Paketchen für die Damen, zuletzt der Telegrammbeutel an die Reihe. Ein Telegramm nach dem andern wurde herausgenommen und dessen Adresse verlesen. Dann aber geschah etwas ganz Postwidriges. Die Telegramme wurden nicht gleich dem Adressaten eingehändigt, sondern zuerst erbrochen und öffentlich verlesen, was jedesmal einen Lachsturm hervorrief; dann erst bekam sie der Adressat. Was in diesen Telegrammen alles stand? Nun, wie man es sich denken kann: allerlei liebevolle Komplimente und sarkastische Neckereien in Poesie und Prosa. Der eine wurde aufgezogen wegen zu großer Liebschaft mit dem Bier- und Weinglas; eine Sie mußte herhalten wegen Hochtragens der Nase, Kleiderprunk usw.; eine hohe Persönlichkeit war zum Gaudium aller wegen Mogelei beim Kartenspiel in die Tinte gesetzt. Es war eine Art Sündengericht vor der Äquatortaufe, wo freilich nicht die einzelnen sich selbst anklagten, sondern der allwissende Meergott Neptun den Ankläger machte. Mit seiner göttlichen Allwissenheit war es zwar nicht arg weit j her, denn die Gefeierten oder Erbosten verdächtigten schnell diesen oder jenen ihrer Freunde als Verfasser des Telegrammes. Es war mir in den letzten Tagen entgangen, daß der Leiter der Spiele angesagt hatte, man könne solche Liebesbrieflein abfassen und ihm überbringen. Er hat sie dann gesichtet und die allzu anstößigen ins Meer geworfen. Als Ordensmann wurde man unwillkürlich erinnert an einen ähnlichen Klosterbrauch, wo cs sich freilich nicht um Ulk, sondern um einen erbetenen Liebesdienst handelt. Nachdem Neptun seines Amtes gewaltet, jagte er ein Glas Bier nach dem andern wie Götternektar durch die trockene Kehle. Wenn man in den Tiefen des salzigen Meeres seine Wohnung hat, ist es kein Wunder, daß man einen Höllendurst bekommt und die gute Gelegenheit weidlich ausnützt, sich all den Verdruß vom Herzen zu schwemmen, den seine nasse Herrschaft mit sich bringt. Natürlich saß auch seine treue Trine nicht trocken da. In seiner bierseligen, gemütlichen Laune tat der alte Graubart recht tier« liebt mit ihr, was mit gleicher Münze quittiert wurde; doch konnte er ihr kein Wort über die Lippen locken. Warum wohl dieses nette Frauchen gar so schweigsam ist? Ist es Schüchternheit, unter den Menschenkindern zn weilen, oder hat sie in der Wasserburg unten das Sprechen verlernt, weil sie dort mit ihrer Dienerschar, den stummen Fischen, jedenfalls nur durch Zeichensprache verkehrt? Der gesprächig machende Alkohol löste schließlich doch auch ihre Zunge, und so verriet die Holde nun durch ihre männliche Baßstimme, daß sie eigentlich nicht eine Sie, sondern ein junger Matrose sei, dem die weibliche Kleidung sehr gut stand. Neptun selbst entpuppte sich als Bootsmann; darum also fühlte sich diese Majestät erst in der III. Klasse behaglich und wohl; wäre es ein verkappter Es ist Sonntag nachmittags. Da ich vormittags die erwachsenen Mädchen eingeladen hatte, sich um 5 Uhr herum in der Schule einznstnden, um einige Kirchenlieder einzulernen, gehe ich hinauf zur Schule, um zn sehen, wie viele kommen werden. Noch ist niemand da; selbst unsere Schulmädchen, die beständig auf der Station wohnen, sind nicht da. Ich gehe auf die Suche und bald sind sie entdeckt. Drüben auf der Wiese sitzen sie in einer Gruppe beisammen. Doch was ist denn das? So ruhig sitzend habe ich sie noch nie angetroffen. Und alle sind ganz vertieft in eine Arbeit; es scheint, daß sie Handarbeit betreiben. Was für ein Geist mag wohl in diese sonst immer so zum Spielen, Springen und Lärmen aufgelegten Kinder gefahren sein? Nun kommt ihre schwarze Lehrerin um die Ecke der Schule. Da wird es da drüben plötzlich lebendig. Wie ans einem Munde rufen ihr alle voll Freude zu: „Lehrerin, Fleisch! Fleisch!" Jetzt muß ich denn doch hinüber, um des Rätsels Lösung zu finden, und Schiffsoffizier gewesen, würde er vielleicht eine der beiden vornehmeren Klassen vorgezogen haben. Nachdem er seinen ehrlichen Seemannsdurst redlich gelöscht hatte, wackelte er mit seiner Trine befriedigt zurück in sein Quartier, das, wenn auch nicht in der nassen Meerestiefe, so doch unter dem Meeresspiegel war. Damit war das Vorspiel zur großen Komödie des kommenden Tages zu Ende. Am andern Morgen kreuzten wir den Äquator, natürlich ohne die Linie zu sehen oder einen Ruck zu verspüren. Das Linienfest aber mußte wegen Regenwetters ans den folgenden Tag verschoben werden, da es nur im Freien stattfinden konnte. Schon in der Frühe wurden Vorbereitungen hiezu getroffen. (Fortsetzung folgt.) ich hatte sie bald. Es war Handarbeit, was die Kinder so sehr in Anspruch nahm, aber Handarbeit ganz eigener Art. Jedes ist eifrig beschäftigt, eine Heuschrecke nach der andern, die tot zu ihren Füßen liegen, auf einem langen Grashalm aufzufädeln, oder sagen wir lieber aufzuspießen. „Ja, Kinder, was macht ihr denn da?" frage ich ganz erstaunt. „Heuschrecken sammeln wir." — „Wozu denn?" Da beginnen sie zu lachen, als wollten sie sagen: Bist du aber dumm! und als Antwort erhalte ich: „Die werden heute gegessen, das ist doch Fleisch." Mir wird es ganz kurios zu Mute um die Magengegend herum, wie ich diese halbzerquetschten Heuschrecken vor mir sehe und näher betrachte. Wünsche guten Appetit! denke ich mir und will mich aus betn Staube machen. Aber die Kinder laden mich ein, mit auf die „Jagd" zu gehen. Nun, warum nicht. Wie die Aufspießerei beendet ist, geht es los. Als Waffe dient eine Rute oder ein kleiner Ast oder sonst etwas dergleichen. Jagdschein und Wünsche guten Appetit! Von Hochw. P. Stieg ter. F. S. 0. Waffenpaß wird nicht verlangt. Hat man eines von diesem „Edelwild" aufgetrieben, so wird es mit Gejohle verfolgt, unbarmherzig darauf losgeschlagen, bis es ermattet und verwundet im Grase liegen bleibt. Dann stürzt sich das ganze Rudel darauf und wer schließlich die Heuschrecke, zermartert, zerschunden und zerquetscht, herauszieht, ist Sieger und Eigentümer der Beute. Ich habe wohlweislich nichts gefangen, denn sonst hätte ich es schließlich auch noch aufzehren müssen, ging also nur des Spaßes halber mit. Sind die Hände gefüllt, Heuschrecken werden aber nicht roh gegessen, sondern zuvor gut gebraten oder geröstet. Doch nicht bloß Heuschrecken sind es, auf die die schwarzen Kinder Jagd machen. So verzehren sie mit Vorliebe auch die weißen Ameisen. Während und nach dem Regen kommen dieselben in dichten Schwärmen aus ihrem Versteck heraus, schwirren zu Tausenden in der Luft herum, bis sie matt zu Boden fliegen und ihre Flügel verlieren. Das ist nun die günstigste Jagdzeit. Mit großem Eifer gehen die Kinder auf die Suche, und kaum gefangen. Fechtende Neger (Waffenspiel). beginnt die Aufspießerei von vorne. Bis die Gesangstunde anfing, war schon so viel beisammen, um diese fleischhungrigen Mägen einigermaßen zu befriedigen. Fast jeden Sonntagnachmittag finde ich bei den Kindern eine kleine Schüssel voll Heuschrecken vor. Und wenn ich hinausreite, treffe ich nicht selten Hirtenknaben an mit einem Grashalm voll aufgespießter Heuschrecken in der Hand. In der Schule bemerkte ich eines Tages an einem Mädchen eine eigenartig große Brosche am Kleide. Wie ich sie mir näher betrachtete, entpuppte sie sich als eine ganz gewöhnliche Sicherheitsnadel voll gefangener Heuschrecken. Das war wohl für die Jause berechnet! Die bringen sie dieselben auch gleich in Sicherheit, d. h. speisen sie mit Stumpf und Stiel auf. Man sagt, sie seien sehr süß. Eines Tages kam ein kleiner Knirps auf mich zu und bot mir freigebigst eine Handvoll gebratener Ameisen an. Großmütig verzichtete ich auf diese Liebesgabe und uns beiden war geholfen, denn bald verschwanden sie auf Nimmerwiedersehen hinter dem Gehege seiner Zähne und ich sah, es hat ihm gemundet. Eines Tages kommt ein Knabe zur Krankenschwester, damit sie ihm ein Loch im Kopfe verbinde. Woher stammte es? Man war auf die Mäusejagd gegangen. Eben hatte einer ein Mäuschen zur Strecke gebracht. Vorsichtig ver- barg er diesen Schatz; er wollte seinem kleinen Schwesterlein damit eine Freude machen. Doch das Unglück schreitet schnell. Einer seiner Jagdgefährten roch den Braten, sah, kam und siegte, d. h. „stibitzte" es. Ein Loch im Kopf war der Lohn, den ihm der Diebstahl eintrug. Dieser Vorfall zeigt uns, daß auch „Mäuseschnitzerl" nicht fehlen auf dem Speisezettel der kleinen Schwarzen. Einige Tage nach dem Weihnachtsfeste ließ mich die Schulschwester rufen. Die Schulkinder waren eben beim Kochen der Eingeweide eines Rindes. Die Suppe im Topfe war ganz grün, obenauf schwammen zerkaute Gräslein und Strohstücke — die letzten Zeugen dessen, was das Rind vorher gefressen. Nun dienten sie jKurzer Inhalt.) Dschembana, der anfangs viel mit den christlichen Soldaten, besonders mit seinem christlichen Freunde Anjina, verkehrte, ließ sich durch die aufregenden Gerüchte unter seinen Kameraden, daß die Weißen mit Gewalt alle Soldaten zum Christentum bekehren wollten, mehr'und Mehr beeinflussen. Da nmrden in einer Nacht heimlicherweise alle Amulette aus dein Soldatenlager gestohlen, ja selbst den schlafenden Soldaten vom Halse genommen. Natürlich, so hieß es nun, konnte das niemmtb anderer getan haben als die weißen Gebetsmänner mit Hilfe der Neubekehrten. Eine ungeheure Erregung bemächtigte sich der Heiden, es drohte zu offener Empörung zu kommen. Auch Dschentbana hatte in jener Nacht die ihm so teure Lebensmedizin, das Medizinblatt von Jamouga, verloren. Er war untröstlich; denn jetzt, so glaubte er. wäre er jeden Schutzes im Kriege beraubt, der nächste Feldzug würde sicher auch sein letzter sein. Wie die übrigen Soldaten hatte auch ihn eine grenzenlose Wut gegen die tveißeir Räuber erfaßt, er haßte die Missionäre imb schwor ihnen blutige Rache. Er gab sich alle Mühe, die Urheber des Diebstahls zu entdecken, um dann wieder in den Besitz seiner Lebcnsmedizin zu gelangen; aber sosehr er auch beobachtete und suchte, er konnte nichts Verdächtiges finden. 14. Kapitel. Eine geheimnisvolle Entdeckung. Wahrlich, ein schöner Sonntagnachmittag! Die heiße Tropensonne liegt über der schönen Jaundelanbschaft. Kein Wölkchen trübt den blauen Himmel. Im Militärlager ist es seltsam als Gewürze und ersetzten zugleich die Nudeln in der Suppe. Ich war bald wieder verschwunden von der Bildstäche, um nicht einen Teller Suppe vorgesetzt zu bekommen. Das, lieber Leser, ist einiges aus der afrikanischen Kinderküche. Fühlst du Appetit, bitte, komm, du bist herzlich willkommen. Der Schwarze ist nicht neidisch, er teilt gern mit anderen- Einmal schoß ich ein kleines Vöglein und gab es einem Kinde. Es reichte gerade für einen Bissen, aber trotzdem wurde es unter vier Kinder aufgeteilt. Und übrigens brauchst nicht meinen, der Schwarze vermöge dir nichts anderes vorzusetzen. Glaube mir, auch er kann ein Kochkünstler sein und dir Sachen vorsetzen, die dir das Wasser im Munde zusammenlaufen machen. still und ruhig. Die Wache steht träumend an-V gelehnt am gemauerten Torpfosten. Die weißen Stationsbeamten sitzen nachlässig auf bequemen Rohrstühlen drinnen in der behaglichen Kühle der schön gemauerten Ziegelsteinhüuser oder halten ein Mittagschläfchen. Mit wenigen Ausnahmen haben die Soldaten, Boys, Stationsboten und Soldatenweiber es vorgezogen, auf die heiße Sonne keine Rücksicht zn nehmen. Sie sind ausgeflogen und treiben sich in Jaunde, der Hauptstadt des Bezirks, herum. Sie lieben lustige Gesellschaft, tanzen trotz der heißen Sonne, trinken Palmwein, singen und schwatzen, rauchen und vertreiben sich die Zeit nach Soldatenart, der eine hier, der andere dort. Dschembana ist heute der letzte, der durch das Tor dahinschlendert, ganz allein, ohne Gesellschaft. Ohne eigentlich zu wissen, wohin er sich begeben will, folgt er dem kleinen Pfad, der links von der Hauptstraße zum Walde hin abzweigt. Verstört, nachdenklich, träumerisch schaut er vor sich. Seit man ihm seine Medizin gestohlen, stimmt's nicht mehr mit ihm! Die Lebensfreude ist ihm vergällt. „Soll denn alles an den Christen und an den weißen Gebetsmännern Lug und Trug sein?" fragt er sich. „Zwar kann ich kaum glauben, daß alles wahr sein soll, was man X)er Tiäuptlmgssot)n von Ländern. Der Roman eines Schwarzen von P. Johannes Emonts, S. C. J. (Fortsetzung.) im Lager sich erzählt, aber wem anders könnte etwas daran liegen, mir und den anderen Soldaten die Amulette und Medizinen zu stehlen? Den Christen ist es verboten, Zauberdinge zu besitzen. Uns konnten die Weißen es nicht verbieten, drum hat man sie uns gestohlen. Ja, ja, die weißen Gebetsmänner haben den Diebstahl veranlaßt. Es kann nicht anders sein." Sein Schritt verlangsamt sich, er bleibt sogar einige Male stehen und bohrt mit seinem Stückchen in den Boden. So bohrt es auch in seinen Gedanken, aber des Rätsels Lösung findet er nicht. Er schreitet wieder weiter und steht endlich an einer Weggabel. „Welchen Weg soll ich nehmen?" fragt er sich. „Der zur Rechten geht weiter in den Wald hinein. Der zur Linken führt zum Gehöft des Alipacka. Soll ich vielleicht den berühmten Zauberer besuchen? Man spricht von seiner Klugheit in allen Angelegenheiten. Vielleicht verhilft er mir zu meinem Medizinbeutelchen. Vielleicht auch — doch, ich höre Stimmen hinter mir. Ja, es kommt jemand." Um sich schauen und im dichten Gebüsch verschwinden, war das Werk eines Augenblicks. Noch war er nicht gesehen. Dschcmbana wünschte allein zu sein und suchte daher ein Zusammentreffen mit Kameraden zu verhüten, die sich ganz gewiß über sein einsames Wandeln lustig machen. So wartet er denn, bis die lautsprechenden Wanderer vorüber sind. Immer näher kommen sie. Dschembana erkennt schon bald die Sprecher. Es sind zwei Jaundesoldaten: Siwangu und Kapinda. Deutlich kann er ihr Gespräch vernehmen: „Von den Soldaten wird sich keiner mehr in das Buch der Weißen einschreiben lassen, das haben wir schon erreicht. Die Nachrichten, die wir über den Missionär verbreiteten, haben die Leute gewaltig aufgeregt. Am schlimmsten wurde es, als sie hörten, daß man sie zwingen würde, Christ zu werden." Siwangu lachte hellauf, dann sprach er laut und ohne zu ahnen, daß jemand in der Nähe war: „Der beste Beweis lag in dem Diebstahl, der natürlich all die Gerüchte zu bestätigen schien. Es war allen klar, daß so etwas nur von den Gebetsmännern ausgehen könne, die ja auch bereits den Christen das Tragen von Amuletten verboten hatten." Jetzt sah Dschembana die beiden vorübereilen. Er hörte noch, wie Siwangu lernt auflachte und sagte: „Alipacka ist ein äußerst kluger Kerl. Er verfällt auf so kluge Pläne, an die unsereins niemals denken würde." Dschembana rührte sich nicht in seinem Versteck. Er wußte genug und hatte nun des Rätsels Lösung. Weder die Christen noch die Bewerber um die Taufe hatten die Medizinen der Soldaten gestohlen, sondern die beiden Schufte, die soeben vorübergegangen waren. „Halunken!" murmelte er wutbebend vor sich hin. „Das sollt ihr mir büßen!" Schon wollte er ihnen nachstürmen und sein Lebensamulett von ihnen fordern, als er sich an den Kopf schlug und sagte: „Nein, jetzt nicht! Das wäre die größte Dummheit deines Lebens. Es ist besser, sie zuerst zu belauschen. Sie sind auf dem Wege zum Zauberer, dem sie gewiß Bericht erstatten, und von dem sie neue Weisungen erhalten." An die Stelle träumerischen Grübelns trat nun die alte kühne Überlegung und mutige Entschlossenheit des wilden Abenteurers. Jetzt, wo er sich anschleichen konnte und etwas Wichtiges zu entdecken hoffte, lebte er wieder auf. — Flink wie eine Wildkatze folgte er den beiden Soldaten, bis der Waldweg auf eine helle Lichtung ausmündete, auf welcher die Maisfarm des Zauberers sich ausdehnte. Zu seiner größten Freude lagen die drei Hütten des Zauberers in einem ziemlich weiten Abstand hinter dem eigentlichen Gehöft der Frauen und Kinder, die er sprechen hörte. Vorsichtig wand er sich durch ein angrenzendes Bananenwäldchen, nach allen Seiten ausspähend und lauschend. In welcher Hütte mochten sie sein? Zwei Hütten waren derart mit Zanberdingen behängen, daß er sie als Zauberhütten sofort erkannte. Daher entschloß er sich, sich sofort an die dritte, viel kleinere Wohn-hütte heranzuschleichen. Eine Anzahl Baumwoll-sträucher, die bis dicht an die Hintere Hüttenwand heranreichten, boten ihm dabei willkommene Deckung. Mit äußerster Vorsicht, so leise, daß die Leute es drinnen unmöglich merken konnten, kroch er unter den Sträuchern voran und hatte schon bald einen ausgezeichneten Lauscherposten bezogen. Sein Herz klopfte vor Erwartung. Das Anschleichen hatte längere Zeit in Anspruch genommen; der erste Teil der Unterredung war ihm daher entgangen. Immerhin war das, was er jetzt hörte, wertvoll und wissenswert genug für ihn. Wenn auch einzelne Worte unverständlich blieben, so konnte er deren Sinn aus dem Zusammenhang erschließen. Die Stimme desjenigen, der soeben sprach, hatte Dschembana noch nicht gehört, und so vermutete er, daß es der Zauberer Alipacka war: „Die weißen Gebetsmänner werden sich vor lauter Ärger die langen Haare ihrer schwarzen Bärte ausraufen“, sagte 1 er lachend. „Ja, das hätten sie nicht geträumt, daß ihnen so schnell und gründlich ihre Pläne umgestoßen würden“, sagte Siwangu. „Alle Soldaten, die sich mit Bengbina und den anderen Christen angefreundet hatten und gewiß bald den Unterricht besucht hätten, haben sich schon nach den ersten Nachrichten, die wir im Lager ausstreuten, vom Verkehr mit den Christen zurückgezogen. Die frühere Freundschaft ist nun ! die höchste Zeit, daß wir den stark wachsenden Einfluß dieser Gebetsmänner unterbinden“, fuhr Siwangu dem Zauberer in die Rede. „Immer mehr Jaundeleute gehen in den Unterricht und lassen sich ins Buch eintragen. Die erste Kirche ist bereits zu klein und in wenigen Monaten wird das neue Gebetshaus aus Ziegelsteinen fertig sein. Man hätte schon früher das Ansehen der Weißen untergraben sollen.“ — „Da hast du recht, Siwangu", sagte der Zauberer. „Wir in bittere Feindschaft umgeschlagen.“ — „Die Fortnähme der Medizinen und Zauberdinge hat die Soldaten ganz verwirrt“, hörte Dschem-bana darauf den Kapinda das Gespräch weiterführen. „Hahaha!" lachte Alipacka. „Man muß nur wissen, wie man's anfängt. Die Kerle sind alle miteinander dumm wie wilde Buschesel, ja noch dümmer. Wir werden ihnen noch andere haarsträubende Sachen über die Weißen erzählen. Noch ist der Haß gegen die weißen Eindringlinge und Verächter unserer Sitten nicht stark genug. Wir werden ihn zu einem hellen, mächtig aufflammenden Feuer anblasen.“ — „Es ist haben leider zu lange gewartet, weil wir nicht dachten, daß sie solchen Anhang fänden. Noch ist es nicht zu spät. Ich weiß schon Mittel und Wege, die neue Lehre und die weißen Lehrer verhaßt zu machen. Ich, der Zauberer Alipacka, werde mit den Weißen abrechnen!“ — „Wir müssen nur vorsichtig sein vor Bengbina. Der Hund hat scharfe Augen. In den letzten Tagen hat er überall im Lager herumgeschnüffelt“, sagte Kapinda. „Wenn er nur den kleinsten Anhaltspunkt hat, wird er gewiß mit Hilfe der Weißen so lange suchen und forschen, bis er der Sache nachgehen kann. Bengbina ist ge- jährlich." — „Na, Kapinda", rief entrüstet Siwangu, „hör doch endlich auf mit deinen Befürchtungen- Am Ende wird dir noch angst und bange vor deinem eigenen Schatten. Übrigens werden wir dem Bengbina nicht lauge mehr Zeit geben, im Lager herumzuschnüffeln; nicht wahr, Alipacka?" — „Er wird und muß verschwinden, so wahr ich der Zauberer bin und Alipacka heiße." — „Ja, er wird verschwinden, aber wie denkst du, daß wir das anfangen?" — „Dafür laß mich sorgen, Siwangu. Es wird keine drei Wochen mehr dauern, dann ist er eines Tages verschwunden, und kein Mensch wird auch nur ahnen, wie es geschah. Ja, ich werde sogar dafür sorgen, daß man im ganzen Lager und im Dorf den weißen Gebetsmännern die Schuld an seinem Tode zuschreibt." — „Da wäre ich begierig, wie du das anfangen wolltest", sagte erstaunt Siwangn. — „Ich brauche nur die Nachricht zu verbreiten, daß die Weißen schon längere Zeit nicht mehr mit Bengbina und seinen Diensten zufrieden gewesen sind. Sie hätten ihm öfter Vorwürfe gemacht, daß so wenige Soldaten sich in das Buch der Mission einschreiben ließen. Wenn man bann noch erfährt, daß Bengbina von dem Diebstahl der Amulette gewußt hat und den Missionären deshalb hätte gefährlich werden können, dann wird man gewiß vermuten, daß sein plötzliches Verschwinden mit den weißen Gebetsmännern zusammenhängt. Von Vermutungen aber ist man schnell bei einer Wahrscheinlichkeit angelangt, und bann wird aus dem Wahrscheinlich eine Gewißheit, ohne daß man auch nur mehr ein weiteres Wort zu verlieren braucht." — „Großartig, Alipacka! Du verstehst es! Und du brauchst unsere Dienste nicht?" fragte erstaunt Siwangu. — „Nein, dafür nicht, höchstens daß ihr mehr und mehr den Haß gegen die Weißen zur Flamme anblast. Wenn ein Kind plötzlich stirbt, wenn jemand krank wird, wenn ein sonstiges Unglück irgendwo und irgendwann unter seltsamen Umständen eintritt, bann muß das alles von den Missionären herkommen, die sich dafür rächen, daß man nicht zahlreich und willig genug in den Unterricht kommt. Man kann von Äußerungen sprechen, die die Gebetsmänner getan hätten. Es ließe sich hinzufügen, daß man nachts einen Weißen gesehen habe, der vom Missionshügel ins Dorf gegangen und ganz geheimnisvoll an einzelnen Gehöften vorbeigeschlichen sei. Ich habe euch schon mehrmals gesagt, bei wem man solche Nachrichten am besten und sichersten anbringt. Der Erfolg wird nicht fehlen. Die Weißen werden immer mehr gehaßt werden. Man wird sich von ihnen zurückhalten. Das Ende wird sein, daß ihr Einfluß sowohl im Dorf als auch im Lager dahin ist. Wenn bann der Haß gegen die Gebetsmänner zur hellen Flamme angeblasen ist, werde ich euch meinen eigentlichen Plan mitteilen, den ich schon in allen Einzelheiten überlegt habe, den ihr aber jetzt noch nicht zu wissen braucht." — „So sage uns wenigstens in einigen Worten, was du dir für einen wichtigen Plan ausgedacht hast." — „Kann ich auf eure gänzliche Verschwiegenheit rechnen?" — „Alipacka! — wenn ein anderer eine solche Frage an mich stellte, dann würde ich sie als eine Beleidigung auffassen! Haben wir etwa bisher unsere Sache nicht zu deiner Zufriedenheit ausgeführt! Oder hast du etwa gehört, daß wir auch nur ein Wort gesagt haben, das wir hätten verschweigen müssen?" — „Nein, im Gegenteil. Ich bin mit euch bestens zufrieden, aber was ich später vorhabe, ist gefährlich und fordert sehr viel Mut und Vorsicht. Ich fürchte beinahe, euch meinen Plan auseinanderzusetzen." — „Aus uns kannst du rechnen. Ich höre schon, daß du etwas Besonderes vorhast." — „Und wird Kapiuda auch mittun?" — „Wenn es darum geht, beit Einfluß der weißen Gebetsmänner auszuhalten und die Soldaten mit Haß gegen sie zu erfüllen, bin ich sicher dabei", sagte stolz und fest Kapinda, fügte aber hinzu: „Daß ich nicht ängstlich bin, wißt ihr, aber ich pflege bei allem vorsichtig zn Werke zu gehen." — „Das ist gut. So hört denn. Mein Plan geht dahin, die Gebetsmänner nicht nur in ihrer Arbeit der Unterwühluug der altererbten Stammessitten zu stören, sondern sie sogar ans unserem Laude zu vertreiben oder sie verschwinden zu lassen wie Bengbina." — „Wie! Das wolltest du? Wenn das möglich wäre, Alipacka, ich wäre zu jedem Dienste bereit! Ich hasse sie und ihre Lehre!" — „Auch dafür brauche ich eure Dienste nicht" — „Was, du brauchst unsere Dienste nicht?" — „Nein, nicht dafür, aber für etwas anderes." — „Ich bin gespannt, was du von uns verlangen wirst." — „Mein Streben, mein ganzes Sinnen und Trachten geht auf die Erlangung unserer früheren Freiheit. Das Land der Jaunde muß wieder den Jaunde gehören. Unser Häuptling soll wieder wie früher über uns herrschen nach den alten Stammesgesetzen. Die alten, von den Vätern ererbten Sitten, die jetzt allmählich verschwinden, sollen und müssen wieder aufleben. Die heiligen Feste werden wieder int alten Glanze gefeiert. Die Ausübung der Stammesrache, die von den Weißen mit Todesstrafe verboten wurde, tritt wieder in ihre alten Rechte." — „Alipacka", rief stürmisch Siwangu, „du machst mich sprachlos vor Erstaunen. Das wolltest du fertigbringen? So etwas hältst du für möglich und ausführbar?" — „Das hängt nur von euch ab. Schon bald wird der Tag der alten, herrlichen Freiheit uns aufleuchten, wenn ihr mir helft." — „So sag' doch, wozu du uns nötig hast." — „Ich sagte euch, daß ich schon dafür sorge, daß Beng-biua und die weißen Gebetsmänner verschwinden. An euch wäre es, die Weißen der Militärstation verschwinden zu lassen." — „Die Weißen der Station verschwinden zu lassen?" — „Das wird schwer sein, Alipacka." — „Aber nicht unmöglich, wenn ihr meinen Plan ganz zu Ende gehört habt. Sagt mir einmal, wieviel Weiße sind auf der Station?" — „Augenblicklich nur drei." — „Und wo sind die zwei anderen?" — „Der große Hauptmann Dominik ist in seiner Heimat, im Lande der Weißen. Ein anderer Weißer, der Bigmaster der Medizin (der Arzt), befindet sich seit zwei Monaten in Duala, also weit weg von hier. Man sagt, daß er vorläufig noch nicht nach hier zurückkehrt." — „Also dre.i weiße Soldaten! Drei Weiße herrschen über unser schönes Land! Von drei Weißen lassen wir uns drangsalieren! Vor drei Weißen müssen wir uns beugen! Tausende und Abertausende von schwarzen Jaundeleuten, von starken Männern sind die Sklaven von drei Weißen, die sich das Recht anmaßen, uns zu befehlen! Und wir gehorchen! Sie verlangen, und was sie verlangen, führen wir aus, ohne nur zu murren! Da frage ich mich und habe mich in der letzten Zeit oft gefragt, ob denn kein Mensch diese Schmach empfindet. Sind wir noch Männer? Gibt es niemand, der sich an die Spitze von einigen handfesten Jaunde-burscheu stellt und die paar Weißen aus dem Lande treibt oder sie verschwinden läßt? Der Häuptling ist zu alt dazu? Der erste Bigmann ist zufrieden, wenn er täglich seinen Palmwein in Ruhe trinken kann. Die anderen Bigleute haben nicht mehr Ehrgefühl und Stammesliebe als ein alter Hund, der froh ist, daß man ihn noch leben läßt." — „Alipacka! Hör'aus! Ich, Siwangu, und hier Kapinda, wir beide nehmen die paar Weißen auf uns. Es wird uns nicht schwer werden, noch einige ganz zuverlässige Jaundesoldaten ausfindigzu machen. Nicht lange mehr sollen Weiße uns beherrschen. Ja, wahrhaftig, es ist eine Schande, daß wir uns so etwas gefallen lassen. Es ist eigentlich eine Schande, daß wir uns als Soldaten dazu mißbrauchen lassen, unsere Stammesbrüder im Dienste der Weißen zu unterdrücken. Bisher habe ich nie darüber nachgedacht, aber jetzt fühle und empfinde ich es." — „Still", sagte der Zauberer leise, „es scheint jemand im vorderen Gehöft zu sein. Ich höre Männerstimmen und will nachsehen, wer da ist. Wir werden nachher über unsere Angelegenheit weiterverhandeln." Dschembana hörte, wie der Zauberer sich entfernte. Die beiden verhielten sich ruhig und flüsterten nur leise miteinander. Nach einigen Minuten kehrte Alipacka zurück und sagte: „Es sind zwei Boten des Häuptlings da. Der Bigmann Abongana ist seit einigen Tagen krank. Es ist schlimmer geworden, und ich muß sogleich hin. Wir werden uns in der wichtigen Angelegenheit des weiteren besprechen, aber vorläufig bleibt alles strengstes Geheimnis." Dschembana zog es vor, den Schluß der Unterhaltung nicht abzuwarten. Er kroch aus seinem Versteck hervor und verschwand im dichten Busch, um nur nicht gesehen zu werden. — Den Rest des Tages trug er fein Geheimnis mit sich herum, ohne zu einem Entschluß zu kommen. Sollte er mit Bengbina sprechen und durch ihn die Missionäre und die Weißen der Station warnen lassen, oder sollte er selber zum Statiousleiter gehen und ihm die wichtige Angelegenheit unterbreiten? Er entschied sich für das letztere. Sobald die Dunkelheit hereingebrochen war und die Soldaten in ihren Wohnungen zusammensaßen, ihr Abendessen bereiteten, schwatzten und lärmten, begab sich Dschembana in das Hans des Stationsleiters und verlangte den Bigmaster, den Hauptmann, zu sprechen. Dieser war gerade int Begriff, sein Geschäftszimmer zu schließen und sich in seine Privaträume zurückzuziehen, und war daher unwillig über die neue Störung. „Was willst du noch so spät?" fuhr er den Soldaten an. — „Ich habe dem Herrn Hcmplmann etwas ganz Wichtiges zu melden." — „Weshalb kommst du denn erst, wenn die Dienststunden vorbei sind?" — „Das hat seinen Grund darin, daß es eine so wichtige Sache ist, die ich gern mit beut Herrn Hauptmann besprechen möchte, ohne daß die anderen Soldaten mich bemerken." — „Wor- um handelt es sich denn?" — „Um eine geheime Unterredung, die ich heute belauschte und die ich nicht verschweigen kann. Der Herr Hauptmann und die anderen Weißen sowie die Missionäre sind in großer Gefahr?' — „Wie, in großer Gefahr? Was meinst du damit?" fragte erstaunt der Hauptmann, der nun neugierig wurde und Dschembana ins Bureau eintreten liest „Das kann ich nicht in wenigenWorten sagen; es ist einelange Geschichte, die der Herr Hauptmann erst dann verstehen wird, wenn ich sie ganz erzähle." — „Nun, so erzähle die Geschichte, aber fasse dich kurz, denn ich vermute, daß es sich zuletzt doch um eine Dummheit oder um ein Mißverständ- nicht, wie ihm geschah. Er zweifelte keinen Augenblick an der wahrheitsgetreuen Schilderung des Tatbestandes, den er soeben vernommen hatte. Schon bei der ergebnislosen Untersuchung des Amulettendiebstahts war er auf die seltsamen Gerüchte und Stimmungen im Lager aufmerksam geworden, und mehrere Male hatte er mit dem Oberen der Mission über die etwaigen Urheber der missionsfeindlichen Stimmung gesprochen. Jetzt hatte er einen Anhaltspunkt, ja mehr als das, er hatte einen unverdächtigen Zeugen vor sich, der die ganze Sachlage aufklärte. Nun hieß es handeln, und zwar schnell handeln. Er stellte noch einige aufklärende nis handelt", sagte etwas schroff der Stationsleiter, der sich gemütlich in seinen Flechtstuhl setzte und den stramm stehenden Dschembana scharf anschaute. Dschembana begann zu erzählen von den seltsamen Gerüchten, die seit einigen Wochen im Lager über die Missionäre verbreitet wurden. Er schilderte die Wirkung des Amulettendieb-stahles und sprach von seinem Erlebnis im Wald und bei der Hütte des Zauberers Alipacka. Er schloß dann mit den Worten: „Nun mag der Herr Hauptmann urteilen, ob es nur eine Dummheit ist, und er kann tun, was er für gut findet. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, alles zu sagen, obschon es gefährlich ist, die Feindschaft des Zauberers Alipacka auf mich zu ziehen." Hauptmann von Schnellenburg, der in Vertretung des in der Heimat weilenden Hauptmannes Dominik die Station leitete, wußte Fragen: „Bist du sicher, daß es sich um die beiden Soldaten Siwangu und Kapinda handelt?" — „Ja, ich bin meiner Sache ganz sicher, auch wenn ich sie nicht gesehen habe." — „Und hast du ganz deutlich gehört, daß der Zauberer davon sprach, den Bengbina, die Missionäre und die Weißen der Station zu ermorden?" — „So deutlich habe ich es gehört und verstanden, wie den letzten Satz, den der Herr Hauptmann soeben gesagt hat." —■ „Bist du auch bereit, deine Aussagen zu wiederholen, wenn ich die drei Schurken vor das Gericht ziehe und dich ihnen gegenüberstelle?" — „Wenn es unbedingt sein muß, bin ich auch dazu bereit. Aber es wird vielleicht besser sein, wenn der Herr Hauptmann meine Zeugenaussage nicht nötig hat." — „Weshalb meinst du?" — „Ich werde in den Augen des Zauberers und vieler Jaundeleute als ein Verräter dastehen. Ich bin dann keinen Tag meines Lebens mehr sicher. Man wird durch Gift oder auf irgendeine andere heimliche Weise meinem Leben nachstellen." — „Das könnte allerdings sein, aber ohne deine Aussage habe ich keinen Beweis in der Hand gegen die Schurken. Doch noch eine Frage, Dschembana: Weshalb hast du die Aussage über die geheime Unterredung gemacht? Etwa weil du mit Siwangu oder Kapinda in Streit und Feindschaft lebst?" — „Nein, das können mir alle Soldaten bezeugen, und das weiß der Herr Hauptmann selber, daß ich Zank und Streit nicht liebe. Ich habe es gesagt, weil icf). Hinterlist und feigen Mord über alles hasse und verabscheue. Ich habe niemals einen Soldaten über irgendein sonstiges Vergehen angeklagt und werde es niemals tun, aber heute habe ich es als meine Pflicht angesehen. Schon in der fernen Heimat bin ich immer ein Feind jeglicher Feigheit gewesen, aber bei kühnen und selbst gefährlichen Taten war ich stets dabei." — Hauptmann von Schnellenburg dachte einen Augenblick nach und sagte dann: „Es ist gut, Dschembana, ich werde mir die Sache überlegen und dann sehen, was ich zu tun habe. Du kannst gehen." — Die Unterredung war zu Ende und Dschembana begab sich in seine Wohnung. Sein Ausbleiben konnte niemandem auffällig erscheinen, weil die Soldaten sich um diese Zeit gegenseitig besuchten. 15. Kapitel. Schuld und Strafe. Der Stationsleiter überlegte nicht lange, sondern schrieb in Eile einige Worte auf drei Briefkärtchen, steckte sie in kleine Umschläge und rief, daß es im ganzen Hause erschallte: „Boy!" Anechengo, der zweite Boy, stürmte ins Arbeitszimmer des Hauptmanns. — „Hier bin ich!" sagte er. — „Nimm diese drei Briefe. Den ersten bringst du dem Master von Krambold; dieser hier ist für Master Schmideck und den dritten trägst du sofort zum Bigmaster der Mission. Hast du verstanden?" — „Jawohl, Herr Hauptmann!" — „Wiederhole, was du tun sollst I" — „Dieser Brief ist für Master von Krambold; diesen bringe ich zu Master Schmideck, und den soll ich beim Bigmaster der Mission abgeben." — „Richtig! Aber schnell, mach' dich bereit, nimm die Laterne und dann los!" Der Hauptmann speiste flüchtig zu Abend und ließ während- dessen sein Besuchszimmer in Ordnung bringen, stellte einige Flaschen Wein und eine Kiste Zigarren zurecht und wartete auf die drei Herren, mit denen er die große Angelegenheit besprechen wollte. An den Wänden hingen prachtvolle Elefantenzähne, Büffelhörner, Lanzen, Messer und seltsame Musikinstrumente der Schwarzen. Eine schöne Sammlung, die noch vom Hauptmann Dominik herrührte. Oberleutnant von Krambold und Leutnant Schmideck waren zuerst zur Stelle. Der Missionsobere erschien kurz nachher. Die Herren machten erstaunte Gesichter ob der plötzlichen und unerwarteten Einladung. Die Begrüßung geschah ohne viel Förmlichkeiten. „Nun, Herr Pater, greifen Sie mal in die Kiste! Die anderen Herren warten auf Ihr gutes Beispiel", sagte freundlich der Hauptmann und füllte lachend die Gläser. Bald qualmten die Zigarren. Die Gläser klirrten. Der Tropfen war gut und schmeckte nicht übel. „Niemand wird vermuten, weshalb ich Ihnen zu so später Stunde die Einladung zu einem Zusammenkommen sandte", fragte Hauptmann von Schnellenburg. — „Wird eine frohe Nachricht aus der Heimat sein", sagte daraus der Missionsobere in echt süddeutschem Dialekt. — „Daneben geraten, Herr Pater!" — „Hoffentlich tress' ich's besser", sagte lachend Leutnant Schmideck. „Ein frohes Familienereignis oder vielleicht das große Los?" — „Ha-ha! Ebenfalls daneben geraten." — „Dann werde ich das Richtige treffen, bin ja auch sonst ein guter Schütze. Es wird ein lustiger Schabernack sein, den Herr Hauptmann uns spielen will", bemerkte listig Oberleutnant von Krambold. — „Ebenfalls daneben geraten, Herr Oberleutnant!" — „Also drei Fehltreffer, Herr Hauptmann! Jetzt sind Sie an der Reihe. Sie werden hoffentlich gleich ins Schwarze schießen", sagte der Missionsobere, dem wie den beiden anderen Herren die Neugierde vom Gesicht abzulesen war. — „Ja, nun bin ich an der Reihe. Kein lustiger Schabernack, sondern eine sehr ernste Angelegenheit war der Anlaß zu der späten Einladung. Ein dunkles Verhängnis schwebt über uns, es geht um unser Leben." Die drei Gäste machten große Augen und schauten fragend auf den Sprecher, der nun ausführlich an Hand einiger Notizen darlegte, was er von Dschembana erfahren hatte. Er schloß mit den Worten: „So, nun wissen Sie, weshalb ich Sie rufen ließ. An den bestürzten Gesichtern sehe ich, daß ich keinen Fehltreffer machte." — „Allerdings", gestand der Missionär, „Sie haben direkt ins Schwarze geschossen, Herr Hauptmann. Die Angelegenheit ist wahrhaftig ernst und hätte für uns schlimm auslausen können, wenn wir nichts davon geahnt hätten." — „Nun aber wird das Verhängnis sich leicht abwenden lassen. Hätte nicht gedacht, daß es hier in Jaunde noch Schwarze gibt, die sich einbilden, das Land von Europäern zu säubern", fügte von Kram-bold hinzu. — „Ich legte Wert darauf, die Angelegenheit noch am heutigen Abend mit Ihnen zu überlegen. Vorläufig ist zwar allem Anscheine nach noch keine Gefahr, aber man kann nicht wissen, was der verfluchte Zauberer im Schilde führt. Es wird am besten sein, wenn wir sogleich unsere Maßnahmen treffen." — „Sind Sie sicher, Herr Hauptmann, daß Dschembana auch der Wahrheit gemäß berichtet hat? Wenn ein Schwarzer einen anderen anklagt, kann man sicher darauf rechnen, daß die Sache entstellt oder übertrieben ist", glaubte Oberleutnant von Krambold bemerken zu müssen, der lange genug mit den Schwarzen verkehrt, den ganzen Buschkrieg mitgemacht hatte und zu solchem Urteil sich berechtigt glaubte. Er Pflegte keinem Schwarzen zu trauen und sagte meistens: „Sie sind alle miteinander Halunken, und die besten Schwarzen sind gerade die schlimmsten." — „Vielleicht hat Dschembana Streit mit den beiden und sucht ihnen nun eins anzuhängen", sagte Schmideck. — „Meine Herren!" entgegnete darauf der Hauptmann, „ich glaube weder das eine noch das andere. Dichembana ist ein zu ehrlicher Charakter, als daß er einer hinterlistigen Anklage fähig wäre. Ich hegte ähnlichen Verdacht, aber die Art und Weise, wie er mir die Geschichte auseinandersetzte, hat mich sofort von der Wahrheit der Sache überzeugt. Und dennoch, die Sache hat ihren Haken. Lasse ich die Übeltäter auf die Aussage Dschembanas hin festnehmen, dann werden die Kerle einfach leugnen. Einen Beweis haben wir nicht in der Hand. Es darf übrigens nichts bekannt werden, von wem wir unser Wissen haben, denn sonst würden sie den Bandarimann vergiften." — „Jedenfalls läßt sich feststellen", sagte von Krambold, „ob die beiden Soldaten letzten Sonntag beim Zauberer gewesen sind." — „Das wäre zwar ein Anhaltspunkt mehr für die Wahrheit der Aussage Dschembanas, aber es liefert uns keinen Beweis, Herr Leutnant." — „Vielleicht würde eine Untersuchung die gestohlenen Amulette und Zauberringe ans Tageslicht fördern. Finden wir sie im Besitz des Zauberers oder der beiden Soldaten, dann —------------" — „Dann können Sie sagen, daß Sie die Diebe entdeckt haben, aber weiter nichts", unterbrach der Stationsleiter den Oberleutnant. — „Doch", bemerkte von Krambold, „wir werden sie dann auch als die Verbreiter der falschen Gerüchte entlarven und exemplarisch bestrafen. Vielleicht, daß sie dann auch zugeben, daß sie sich mit dem Zauberer verschworen haben, uns und die Missionäre zu ermorden." — „Vielleicht! Vielleicht aber auch, daß sie nichts zugeben, und was dann? Mit hundert Vielleicht und Womöglich ist uns nicht gedient." „Es wird eine Kleinigkeit sein, sie zu entlarven. Wenn sie, ohne etwas zu ahnen, in Einzelhaft sind, wird sich leicht aus ihren widersprechenden Angaben eine sichere Handhabe gewinnen lassen. Wenn ich dem einen sage, daß die Sache entdeckt ist, oder daß die anderen gestanden haben, wenn ich zeige, daß ich genaue Angaben habe, dann werden sie winseln, diese hartgesottenen Sünder und feigen Mordgesellen, denen man sofort die Kugel geben sollte." — „Gewiß, es ließe sich auf diese Weise manches aus den Keilen herausholen, aber ich glaube, es wird besser sein, wenn wir sie auf eine andere Weise überführen. — — Doch Herrn Leutnant Schmideck ist vor lauter Erstaunen die Zigarre ausgegangen, und es wird gut sein, einmal das Glas zu leeren. Ein guter Tropfen gibt gute Gedanken! Nun, Herr Pater, trinken Sie mal! Wenn man uns denn doch an den Kragen will, sollen die Halunken wenigstens diese Flaschen leer finden." So ernst das Thema war, auf diese Bemerkungen hin stieß man klirrend die Gläser an. Leutnant Schmideck saß nun wieder im Volldampf, und der Pater qualmte ebenfalls wie ein Schlot. Zigarren war man auf der Mission nicht gewohnt und vor allem nicht solche seine Marken. So galt es denn, die Gelegenheit auszunützen. — „Herr Hauptmann," sagte der Herr Pater mit todernstem Gesicht, „da wir das ernste Gespräch nun doch unterbrochen haben und da Sie die gute Flasche vor den Mordkerlen in Sicherheit bringen wollen, so schlage ich vor, auch die guten Zigarren in Sicherheit zu bringen. Ich glaube, die beiden Herren und wir Missionäre verpflichten uns, Ihnen zu helfen, diese guten Marken zu testen." — „Prachtvoll! Großartiger Gedanke, Herr Pater! Sie haben uns ganz aus der Seele gesprochen", sagte lachend der Oberleutnant, und Leutnant Schmideck fügte hinzu: „Ich bin bereit, ein ganzes Tausend auf mich zu nehmen. Bringe sie schon in Sicherheit, Herr Hauptmann! Und eine Anzahl Flaschen dazu!" Die anfängliche Stimmung, die auf die seltsame Nachricht von den gefährlichen Absichten der Schwarzen recht ernst geworden war, hob sich. Man lachte und plauderte, man trank und rauchte, und bald war auch die zweite Flasche „in Sicherheit". Oberleutnant Krambold griff schon wieder in die Kiste und sagte: „Nun, Herr Hauptmann, wie wäre es mit dem Vorschlag des Herrn Paters? Verpflichte mich auch für ein ganzes Tausend." — „Ich sehe schon, daß ich mich ganz auf die Herren verlassen kann. Wenn jeder von Ihnen ein Tausend auf sich nimmt, dann werden die Schwarzen demnächst statt eines Triumphgeheuls einen unbeschreiblichen Trauergesang anstimmen. So mache ich einen Vorschlag zur Güte. Ich fühle mich nicht in so mutiger Verfassung und begnüge mich mit zweihundertfünfzig. Sie sollen all die übrigen Zigarren haben, die dann noch da sind." Allgemeines Gelächter folgte, denn jeder wußte, daß es mit den riesigen Mengen Qualitätszigarren des Hauptmanns von Jaunde nicht weit her war. Nach dieser heiteren Unterbrechung kam das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema. Man sprach hin und her und erwog bald diesen, bald jenen Vorschlag. Endlich erinnerte Oberleutnant von Krambold, daß die drei Schurken sich ja verabredet hätten, am nächsten freien Tag die Angelegenheit weiterzuberaten: „Es wäre vielleicht nicht übel, wenn einer von uns zusammen mit Dschembana die Teufelskerle belauschen würde." — „Allerdings, das wäre nicht übet", sagte der Hauptmann. „Ich fürchte nur, daß es zu gefährlich ist." — „Wieso gefährlich?" — „Unsere weißen Kleider und der Tropenhut würden uns verraten, und wir verstehen es nicht, uns so leise anzuschleichen wie die Schwarzen. Dschembana sagte mir, daß er das früher oftmals und sogar in feindlichen Dörfern mitgemacht habe. Er scheint ein Meister im Anschleichen zu fein." — „Was die weißen Kleider angeht," gab von Krambold zur Antwort, „so wäre es einfach, durch Dschembana einen braunen Soldatenanzug in den Wald schaffen zu lassen und sich dort umzukleiden. Die weiße Gesichtsfarbe ließe sich durch Ruß oder Schwärze auf die richtige Farbe einstellen. Das Anschleichen verstehe ich als Buschkrieger zwar, aber so gut wie Dschembana wird's trotzdem nicht gehen. Er könnte mich vorher unterrichten. Mir jedenfalls wäre es äußerst reizvoll, mit einem Schwarzen eine solche Schleichpartie zu machen. Die Sache kann recht abenteuerlich werden." — „Es fragt sich nur, ob Dschembana zusammen mit Ihnen das Anschleichen wagt." — „Weshalb nicht? Er wird sich sogar geehrt fühlen, seinen Vorgesetzten belehren zu dürfen." — „Mir soll es recht sein, Herr Oberleutnant.. Lassen Sie ihm morgen den Befehl zukommen, zu einer bestimmten Stunde sich bei Ihnen zu melden. Besprechen Sie sich ausführlich mit ihm und führen Sie die Sache zu einem guten Ende. Wenn alles auf Wahrheit beruht, werden wir mit den Schuften kurzen Prozeß Machen und sie derart bestrafen, daß den Schwarzen jede weitere Lust zu Verschwörungen vergeht." Es wurden dann geheime Vorsichtsmaßregeln besprochen. Der Pater schlug vor, den Beugbina dadurch der drohenden Gefahr zu entziehen, daß er für einige Wochen nach Kibri oder auf eine andere Station geschickt würde, ohne daß auch nur jemand in Jaunde eine Ahnung von seinem Aufenthaltsort habe. Natürlich müsse es derart unauffällig geschehen, daß man keinen Verdacht schöpfe. Auch diese Frage wurde zur Zufriedenheit aller gelöst. Dann tauschten die Offiziere ihre Meinungen über Dschembana aus. Sie waren alle voll des Lobes über ihn, mußten aber zugeben, daß er sich in den letzten Wochen sehr zu seinen Un-gnnsten verändert habe. Sowohl dem Missionär als den anderen Herren war durch die Beobachtung des Bandarisoldaten manches klar geworden, was ihnen seit einiger Zeit seltsam und unverständlich vorgekommen war. Man sprach über die Mission und über den sichtbaren Einfluß auf die Christen und Tauf-bewerber. Ernste und heitere Fragen wurden besprochen. Leutnant Schmideck und Oberleutnant von Krambold lobten vor allem den guten Tropfen, während der Pater sich scheinbar auf die Qualitätszigarren eingeschworen hatte. Der Abend verlief äußerst angenehm und trotz der ernsten Sache sehr gemütlich. Erst kurz vor Mitternacht fand die Sitzung ein Ende. Weder auf der Militärstation noch auf der Mission änderte sich nach außen hin etwas im bisher bekannten und gewohnten Bilde des alltäglichen Lebens und Tuns, doch hätte ein heimlicher Beobachter bemerken können, daß in der Stille geheime Besprechungen zwischen den Weißen und mit Dschembana stattfanden und daß man einzelne Soldaten mit besonderer Sorgfalt überwachte. Die notwendigen Maßregeln wurden getroffen. Dabei vergaß man nicht, den am meisten gefährdeten Bengbina in Sicherheit zu bringen. Die ganze Woche herrschte ziemlich aufgeregte Stimmung im Lager, aber ohne einen besonders wichtigen Zwischenfall gingen die Tage dahin. Oberleutnant von Krambold hatte sich heimlich und unauffällig mit Dschembana über das Anschleichen an die Hütte des Alipacka ins Einvernehmen gesetzt und erwartete sehnsüchtig den Augenblick, wo er die Mordgesellen belauschen sollte. Der Sonntag war da; von Krambold hatte sich etwas früher in den Wald begeben und traf zur bestimmten Zeit mit Dschembana zusammen. Das Umkleiden in den gelbbraunen Soldatenanzug war schnell vorgenommen. Dann wurden mit angebrannten Korkstücken Hände und Gesicht geschwärzt, so daß das Anschleichen beginnen konnte. Vorsichtig benutzten sie stellenweise den Waldpfad bis in die Nähe des Zaubergehöftes, schlichen leise und behutsam durch die Farm und den dichten Busch, bis Dschembana seinem Begleiter bedeutete, er selbst wolle vorher die Gegend auskundschaften. Geschmeidig wie eine Katze schlich der Bandaribursche sich nun allein weiter, so geschickt, daß nicht das geringste Geräusch zu hören war. So ruhig und sicher verstand er es, sich überall durchzuwinden, überall Deckung zu nehmen und doch schnell voranzukommen, daß von Krambold nicht wenig erstaunte. Dschembana kehrte mit der Nachricht zurück, daß die Gelegenheit gerade jetzt sehr günstig sei. „Ist der Zauberer in seiner Hütte?" fragte von Krambold. — „Nein, er hat sich der Lange nach auf den Boden des vorderen Gehöftplatzes gelegt und läßt sich von der Sonne bestrahlen. Über sein Gesicht hat er ein grünes Bananenblatt gelegt; er scheint zu schlafen." — „So wollen wir uns jetzt schon ins Versteck begeben, noch ehe Siwangu und Kapinda kommen." —■ „Ja, wir müssen uns die günstige Gelegenheit zunutze machen, nachher wird es viel schwieriger und gefährlicher sein. Die Frauen und Kinder des Gehöftes sind in den Hütten und verhalten sich ruhig, um den Schläfer nicht zu stören." Dschembana ging voraus und half seinem weißen Begleiter, indem er hier einen Zweig abwärts, aufwärts oder seitlich zurückbog, auf Hindernisse aufmerksam machte, nach den Seiten ausspähte und die günstigen Stellen zum Durchschlüpfen aufsuchte. Langsam kamen die beiden dem Gehöft näher. Schon sah man die dichte Bananenpflanzung, die das ganze Gehöft umgab. Jetzt hieß es noch vorsichtiger sein, da sie über einen kleinen Pfad hinüber mußten, der von dem Gehöft in den Wald führt. Wenn in diesem Augenblick gerade jemand käme, könnten sie leicht entdeckt und das ganze Unternehmen vereitelt werden. Ungesehen gelangten sie in das dichte Baumwollgesträuch, das bis an die Hüttenwände heranreichte und durch das der Durchgang durch die umsichtige und diensteifrige Hilfe des im Anschleichen geübten Bandariburschen sozusagen geräuschlos ausgeführt werden konnte, v. Krambold hatte seinen Lauscherposten bezogen, während Dschembana wieder zurückkroch, um die Spuren zu verwischen und die Ankunst der beiden Soldaten irgendwo am Wege versteckt zu erwarten. Es verging eine gute Viertelstunde, ehe sich etwas ereignete. Dann hörte der Oberleutnant, wie sich die Hüttentür öffnete. Allem Anscheine nach machte sich Alipacka in der Hütte zu schaffen, um die beiden Gäste zu empfangen. Dann war wieder alles ruhig. Endlich hörte man Männerstimmen. Der Zauberer begrüßte die beiden Ankommenden schon draußen und führte sie sogleich in seine Wohn-hütte. Es dauerte nicht lange, so war auch Dschembana wieder zur Stelle. „Weißt du schon," hörte von Krambold den Siwangu fragen, „daß Beugbina für mehrere Wochen fort ist?" — „Adebo sagte es mir. Ich muß gestehen, daß mir das seltsam vorkommt", sagte Alipacka. „Sollte man vielleicht etwas gemerkt haben?" — „Nein, das ist ausgeschlossen. Der Christenhund erhielt plötzlich, als wir beim Dienst waren, vom Hauptmann den Auftrag, eine Karawane von der Küste abzuholen. Man konnte sowohl ihm als auch den Christen anmerken, daß diese Nachricht ihnen recht ungelegen kam. Bengbina ist einer der ältesten Soldaten, und wenn irgendeine Schwierigkeit auftaucht, wenden die Christen sich immer an ihn. Nun fehlt ihnen ihr Bengbina." — „Hätte ich nur geahnt, daß er fortging," sagte Ali-packa, „dann hätte er jetzt bereits seinen Lohn für seinen Verrat an unserem Volke, Wenn er wiederkehrt, wird sich hier manches geändert haben. Seine weißen Freunde, die Gebetsmänner, dürfte er wohl nicht mehr antreffen." — „So ist es dir also Ernst mit dem Plan, den du uns letzthin auseinandersetzen wolltest?" — „Gewiß ist mir das Ernst, und es ist gut, daß ihr gekommen seid. Wir wollen nun alles gut überlegen, damit unser Vorhaben einen guten Ausgang findet. Doch ich wollte euch sage», daß ihr die Sache mit Abongana gut, sehr gut gemacht habt. Ich habe mich gewundert, wie schnell es überall bekannt war. In ganz Jaunde spricht man davon." — „Ja, das hättest dn sehen sollen! Kaum war das Gerücht von dem geheimen Schlangenzeichen und dem Zauberzeichen der Christen bekannt, als die Erregung über diesen Anschlag der weißen Gebetsmänner auf das Leben eines unserer besten Bigmänner derart wurde, daß wir die Soldaten sogar vor unüberlegtem und voreiligem Handeln zurückhalten mußten. Jeder war überzeugt, daß die Krankheit Abongauas auf die Weißen zurückzuführen sei. Ich kann dir kaum sagen, was man sich da alles an Vermutungen und Befürchtungen erzählte. Das Kreuzzeichen, das ja das Zauberzeichen der Christen ist, konnte doch nur von ihnen in geheimnisvollen und böswilligen Absichten angebracht worden sein. Die Soldaten zerbrachen sich die Köpfe, ob die Missionäre selber sich an die Hütte des Bigmannes herangeschlichen hätten oder ob sie durch eine unbekannte christliche Zaubermacht dort gewesen seien. Das geheime Schlangenzeichen deutete man als Gift-zeichen. Ja, so hieß es, die Gebetsmänner haben Abongana vergiftet. Wenn er stirbt, dann haben sie es getan. Wehe den Weißen, wenn Abongana stirbt! Solches und ähnliches sagte man." — „Das habt ihr großartig gemacht. Die Nachricht hatte sich schnell auch in Jaunde rundgesprochen und auch dort glaubte man es." — „Höre weiter, Alipacka! Noch aufregender wurde es, als Abongana nun vorgestern starb und die Todesnachricht ins Lager kam. Da waren die Soldaten derart aufgebracht, daß sich sogar einige mit dem Gedanken trugen, die Mission in der folgenden Nacht anzuzünden. Ich hörte es zum Glück, und so war es mir möglich, sie noch rechtzeitig von dem Plane abzuhalten, indem ich durchblicken ließ, daß bald der Tag der Rache kommen würde, der nicht nur das Gehöft mit Feuer verzehren, sondern auch den schlechten Weißen den Tod bringen werde. Der Haß ist schon lange nicht mehr ein kleiner Funken, er ist bereits zur hellen Flamme geworden, die, wenn der große Rachetag kommt, hell auflodert, die Weißen verzehrt und ihr Andenken völlig auslöscht." — „So meinst du, daß die Stimmung günstig ist?" — „Äußerst günstig, so günstig, daß wir uns beeilen müssen, denn sonst könnte ohne uns und ganz unvermutet etwas geschehen, was man vielleicht besser unterlassen würde und was unserer Sache schaden könnte." — „Soll mir lieb. sein, wenn wir bald an die Ausführung unseres Planes herantreten. Ich habe euch ja letzthin gesagt, daß ich die Missionäre auf mich nehme, während ihr den schwierigen Teil im Lager zu erledigen habt. Seid ihr damit einverstanden?" — „Das brauchst du garnicht zu fragen, nicht wahr, Kapinda?" — „Ja, ich tue mit, wenn uns Alipacka Mittel und Wege an die Hand gibt." — „Wäre es möglich, im Laufe dieser Woche genug Helfer ausfindig zu machen?" fragte der Zauberer. — „Mehr als wir nötig haben. Ich sagte dir bereits, daß die Leute schon ohne uns daran denken, sich an den Weißen zu rächen. Aber wieviel meinst du, daß es sein sollen?" — „Für die eigentliche Überrumpelung dürfte wohl ein Dutzend genügen. Doch wäre es gut, wenn auch sonst noch etliche im geheimen von dem Anschlag wüßten, bttmit sie im geeigneten Zeitpunkt zur Stelle sind. Welches scheint euch der beste und günstigste Tag zu sein?" fragte Alipacka. — „Natürlich geschieht's in der Nacht", antwortete Siwangu. — „Ich denke mir, es ist besser am Tage, und zwar am nächsten Sonntag." — „Unmöglich, Alipacka! Bist du verrückt?" — „Ich glaube, noch ganz bei Sinnen zu sein." — „Das verstehe ich nicht. Nein, am Tage ist es unmöglich! Da werden die anderen Soldaten nicht mittun“, widersprach Siwangu. — „Wenn ich dir auseinandersetze, weshalb ich die Ausführung unseres Planes am Tage sehen möchte, werdet ihr keine Schwierigkeiten mehr machen und es ganz selbstverständlich finden." — „Ich meine", sagte nun Kapinda, „daß es besser in der Nacht geschieht, wenn alles schläft. Dann können wir die Weißen am besten überrumpeln." — „Ich habe mir die Sache so überlegt: Am Sonntagnachmittag gehen sämtliche Christen und alle Freunde der Gebetsmänner zur Mission und Die anderen Soldaten mit wenigen Ausnahmen nach Jaunde zum Tanz. 'Dann ist sozusagen niemand auf der Station, als nur die Wache am großen Tor und die paar Weißen, die in ihren Wohnungen liegen und schlafen. Wenn dann einer der Eingeweihten die Wache übernehmen könnte, wäre es nach meiner Ansicht ein leichtes, die sorglosen Weißen beim Mittag-schlaf zu überfallen und niederzuschlagen. Und nun nennt ihr es eine Verrücktheit, daß ich gerade diese Zeit wähle?" — „Du hast recht, Alipacka", erwiderte Siwangu. — „Ja, daran hatten wir nicht gedacht", gab nun auch Kapinda zu. „Das wäre die günstigste Zeit für die Überrumpelung der Weißen im Lager, aber hast du auch daran gedacht, daß es auch die allerungünstigste Zeit für dich und deine Helfer ist?" — „Wieso?" •— „Weil dann gerade alle Christen und alle, die im Buch der Mission stehen, um die weißen Gebetsmänner versammelt sind." — „Allerdings, aber ich will ja eben warten, bis die Christen sich wieder entfernt haben. Der nächste Sonntag fällt zufällig mit dem großen Markttag zusammen. Da hält sich keiner lange auf der Mission auf, selbst die Boys und die schwarzen Lehrer gehen zum Markt, so daß die weißen Gebetsmänner allein sind. Wir werden plötzlich über sie hereinbrechen und sie wie Hunde totschlagen und das ganze Gehöft verbrennen und unsere Schande mit Blut und Feuer auslöschen." — „Wir werden wieder ein freies Volk sein", sagte froh und begeistert Kapinda, und Siwangu fügte hinzu: „Es macht sich gerade gut, daß Markttag ist und alles Volk von weit und breit sich auf dem Markt befindet. Das wird ein Jubel sein, wenn auf einmal die Nachricht unter sie geworfen wird: ,Die Weißen sind alle tot, ihre Häuser brennen lichterloh; wir sind frei/" — Ganz Jaunde wird vor Freude wie toll sein. Die paar Christen werden sich verkriechen oder zu fliehen suchen. Wer sich wehrt, wird den Weißen in den Tod folgen. Der große Häuptling wird über das Land herrschen wie vorher. Die alten Sitten und Feste und Opfer werden wieder gefeiert wie früher. Wir kommen in den Besitz von Waffen und kein auswärtiger Weißer wird es wagen, uns anzugreifen. Unserem Beispiel werden die Stämme der Umgegend folgen. Überall wird man die Weißen totschlagen oder vertreiben. Das Land der Schwarzen wird wieder den Schwarzen gehören." Alipacka redete sich in eine wahre Begeisterung hinein und hätte noch weiter große und schöne Worte gesprochen, wenn nicht Siwangu ihn unterbrochen hätte. „Hör ans, Alipacka!" rief er, „du machst mich jetzt schon närrisch vor Freude und Übermut. Wenn ich daran denke, daß die Weißen alle tot und daß Land und Volk wieder frei sein werden, dann möchte ich jetzt schon allen, denen ich begegne, meine Freude mitteilen, obschon es jetzt gerade nötig ist, das Geheimnis gut zu bewahren und nur in der Stille treue Helfer zu werben." — „Wenn der Plan gelingt, und daran zweifle ich nicht mehr", fügte Kapinda hinzu, „dann wird dir und uns die größte Ehre als Befreier vom Joch der Weißen zuteil und ich bin sicher, daß der Häuptling großmütig unsere Dienste mit reichen Geschenken belohnen wird." Die drei Verschwörer waren äußerst zuversichtlich, und so sagte Alipncka: „Ich denke, daß uns jetzt einige Maß Palmwein vorzüglich schmecken. Habe überdies noch einige frische Kolanüsse und wenn ihr guten Tabak bei euch habt, dann bringe ich euch die Pseife mit." Die beiden waren selbstverständlich damit einverstanden. Es ging sodann lustig her. Sie tranken, rauchten, schwatzten und freuten sich. Alipacka gab noch einzelne Anweisungen für die näheren Vorbereitungen; sie machten zusammen Pläne für die Zukunft und sprachen von dem großen Fest der Befreiung, das sie zu feiern gedachten. — Dschembana, der schon bald nach der Begrüßung der beiden durch Alipacka sich wieder herangeschlichen und zusammen mit dem Oberleutnant die Mordbnben belauscht hatte, gab nun ein Zeichen, daß es gut wäre, den Lauscherposten zu verlassen und sich zurückzuziehen. Sie entkamen, ohne von irgendeinem Menschen gesehen oder gehört zu werden, v. Krambold hatte sich umsonst schwarz gemacht; es wäre gar nicht nötig gewesen. Nachdem er sich wieder umgekleidet und am Bach gewaschen hatte, begab er sich zur Station zurück, um dem Hauptmann Meldung zu machen. Noch am selben Abend saßen die drei Mordgesellen im Gefängnis. Wie die allergefährlichsten Verbrecher waren sie in Ketten gelegt. Niemand durfte zu ihnen eingelassen werden und damit sie sich nicht gegenseitig über ihre Aussagen besprechen könnten, hielt man sie in Einzelhaft. Wie vorauszusehen war, leugneten sie zuerst, verwickelten sich aber in Widersprüche und gestanden endlich unumwunden zu, daß sie die sämtlichen Weißen in Jaunde hatten ermorden wollen. Die beiden Soldaten wälzten die ganze Schuld auf Alipacka, während dieser vermutete, daß die beiden Soldaten ihn und die ganze Sache verraten hätten. Einige Tage nachher ließ der Hauptmann den großen Häuptling, die sämtlichen Unterhäuptlinge und Bigmänner von ganz Jaunde zur Militärstation bescheiden. Die drei Verbrecher wurden im Angesichte aller, nachdem der Tatbestand auseinandergesetzt und das Urteil verkündet worden war, an dem neuerrichteten Galgen aufgehängt und, als sie zu baumeln anfingen, erschossen. Der Hauptmann hielt darauf eine kurze Ansprache an die Versammelten, in der er vor ähnlichen Verschwörungen eindringlichst warnte. — In ganz Jaunde und im großen Soldatenlager sprach man noch lange vom Tode Alipackas und der beiden Soldaten Siwangu und Kapinda. Dschembana erhielt sein Amulett zurück, das man in der Hütte Alipackas gefunden hatte. 16. Kapitel. Im Scheine der Lichtnacht. (Kurzer Inhalt.) Die Hinrichtung der drei Verschwörer hatte einen nachhaltigen Eindruck auf die Jaundeleute wie auch auf die heidnischen Soldaten gemacht. Die Gerüchte über die beabsichtigicn Zwangsmaßregeln der Missionäre hatten sich als falsch erwiesen, der Dieb der Amulette war der große Zauberer selbst. Ja, man vermutete sogar, und zwar nicht mit Unrecht, daß niemand anderer als Alipacka den Tod des großen Bigwanns Abongana herbeigeführt habe. So war es nicht zu wundern, daß sich wieder mehr Heiden, und auch Soldaten ins Buch der Mission als Taufschüler einschreiben ließen. Auch Dschembana suchte seinen früheren Freund Anjina wieder auf und näherte sich immer mehr der Mission, wenn er auch vorläufig noch nicht getvillt war, Christ zu tverden. Es nahte das heilige Weihnachtsfest. Die Missionäre waren bestrebt, das liebliche Fest mit aller nur möglichen Pracht zu feiern. So wurde es denn auch eine wahre Lichtnacht, von einer Schönheit und Weihe, daß Christen und Heiden in gleicher Weise wie in einen geheimen Zauberbann geschlagen waren. Auch Johanni Dschembana nahm als Zuschauer an dem Feste teil. Was er da sah und hörte, erregte sein Innerstes bis in die tiefsten Tiefen. Die Kirche in ihrem farbenprächtigen Blumenschmuck, die Krippe mit dem holden Gotteskind, die rührende Andacht der christlichen Schwarzen, ihre heilige Begeisterung und Festesfreude; mehr noch die göttliche Erhabenheit des heiligen Opfers und die herzlichen Worte, die der Obere der Mission in der Festpredigt an seine schwarzen Kinder richtete, das alles war ihm so neu, dünkte ihn so unsagbar schön, daß er sich den tiefen Eindrücken nicht mehr entziehen konnte, auch wenn er gewollt hätte. Seinem Freunde Anjina schüttete er sein volles Herz aus, erklärte ihm aber auch, daß er nun fest entschlossen sei, die christliche Lehre noch näher kennenzulernen und dann sich unter die Schar der Taufschüler aufnehmen zu lassen. * * , * Dschembana besuchte von nun an regelmäßig den christlichen Unterricht und den Gottesdienst auf der Mission, und nach einigen Wochen erneuerte er den Entschluß, sich in das Buch der weißen Patres eintragen zu lassen. An einem freien Nachmittag begab er sich mit Anjina zum Missionshügel. Sie gingen zur Wohnung des Missionsoberen und klopften schüchtern an die Tür. Nachdem drinnen in der Jaundesprache der Gruß: „Gelobt sei Jesus Christus!" verklungen war, öffneten sie und traten ein. „In alle Ewigkeit, Amen", antwortete Anjina, der zuerst eintrat und den Pater begrüßte. — „Was gibt's, Anjina?" fragte freundlich lächelnd und den beiven die Hand entgegenstreckend Pater Woltring, ein gutmütiger, bärtiger Süddeutscher. — „Mein Begleiter will sich ins Buch derjenigen einschreiben lassen, die Christ werden." — „Das freut mich sehr, Anjina. Er ist gewiß dein Freund?" — „Ja, mein Vater, er ist mein Freund, obschon er kein Jaundemann ist." — „Ja, ich sehe schon, seine Stammestätowierung ist mir unbekannt. — Woher bist du denn?" fragte P. Woltring, indem er sich freundlich an Dschembana wandte. — „Ich bin ein Bandarimann. Meine Heimat liegt drüben in Togo, sehr weit drinnen im Innern des Landes, da, wo noch niemals ein Weißer gewesen ist." — „Aber wie kommst du denn nach Jaunde?" fragte neugierig P. Woltring. — „Das ist eine lange und eigenartige Geschichte", erwiderte Dschembana. „In kurzen Worten will ich sie dir erzählen. Ich ging aus meiner Heimat fort, weil dort eine furchtbare Krankheit ausbrach. Ich wollte zum großen Wasser und schloß mich einer Karawane an, die nach Abonadi zog. Die Haussah machten mich und meinen Freund Debu zu Sklaven und Lastträgern. In Lome gelang es mir zu entfliehen, und dann wurde ich Soldat und bin nun hier in Jaunde. Ich verlor meinen Vater und meine Heimat. Bei den Haussah wäre ich beinahe zu Tode gepeitscht worden, und ich verstehe heute noch nicht, daß ich am Leben blieb. Ich verlor meinen besten Freund sozusagen im selben Augenblick, als er mich retten wollte. Ich sah viel Schmerz und Kummer, und ich wäre vor Kummer und Einsamkeit gestorben, wenn ich nicht Soldaten- boy und Soldat geworden wäre. Und nun möchte ich auch Christ werden." P. Woltring schaute mit Wohlgefallen auf den strammen Burschen und freute sich besonders, daß nun auch mal einer von den Soldaten sich anmeldete, die nicht zu den Jaunde gehörten. Aber sogleich stiegen allerlei Bedenken in ihm auf. „Seit wann trägst du dich denn mit dem Gedanken, ein Christ zu werden?" fragte er. — „Ich war mit den Jaundeleuten bei der heiligen Lichtfeier, und als ich das Gotteshaus verließ, stand mein Entschluß fest", antwortete Dschem-bana. — „Nun, dann glaube ich, daß es keinen Zweck hat, dich in mein Buch einzutragen. Du hast gewiß die heilige Feier und die vielen Lichter gesehen, und da du daran Freude hattest, willst du Christ werden. Aber gewiß weißt du nicht, was von denen verlangt wird, die sich in mein Buch eintragen lassen. Wer in mein Buch eingetragen wird, muß die Absicht haben, die Lehre Gottes kennenzulernen und sich ernst auf den Empfang des heiligen Wassers der Taufe vorbereiten. Das ist keine leichte Sache." — „Doch, weißer Mann, es hat wohl Zweck, mich einzuschreiben. Ich weiß zwar nicht viel von deiner Lehre und ich war nicht lange genug hier, um sie ganz zu kennen. Was ich aber aus all den Gesprächen der Jaundesoldaten und aus den Belehrungen der heiligen Nacht und an den letzten Sonntagen gehört habe, genügt mir, um sagen zu können, daß ich sie ganz lernen will. Was du und die anderen Missionäre sagen, ist sehr schön und gut." — „Es genügt nicht, die Lehre Gottes zu hören und zu finden, daß sie schön ist. Wer Christ werden will, darf nicht stehlen und rauben, er darf nicht all das Häßliche und Gemeine tun, das bei Soldaten fast selbstverständlich ist. Er darf das nicht tun, was ich vor einigen Wochen in Nvogondo hörte und auch sonst oft genug hörte, daß die Soldaten die Nahrungsmittel und Hühner, die sie verlangen, mit den Schlägen ihrer Peitsche bezahlen, wenn kein Weißer in der Nähe ist. Der Christ darf nur eine Frau haben; er muß beten; er muß die unsittlichen Tänze meiden; er muß gut sein mit allen Menschen. Ich fürchte, daß das alles dir zu schwer fällt, und dann wirst du lieber ein freies, zügelloses Soldatenleben haben, und das Ende wird sein, daß du über unsere Lehre spotten und dich lustig machen wirst." — „Gewiß, Weißer, das alles ist schwer, sehr schwer, auch für mich, und dennoch möchte ich in dein Buch eingetragen werden. Sind nicht auch andere Soldaten Christen geworden, und hast du nicht dort meinen Freund Anjina und andere in dein Buch hineingeschrieben? Was sie können, hoffe ich auch fertigzubringen. Übrigens habe ich an all den Gemeinheiten des Soldatenlebens keine Freude. Ich habe mich immer davon ferngehalten. Es ist eine Stimme in mir, die mir sagt, daß ich Christ werden muß. So schreibe mich denn in dein Buch, weißer Vater, du wirst sehen, daß ein Bandarimann nicht zu denen gehört, die heute etwas versprechen und morgen darüber lachen." — „Nun, so sei es. Ich will dich einschreiben, wenn du mir versprichst, regelmäßig mit den anderen Jaundesoldaten in den christlichen Unterricht und in den Gottesdienst zu kommen und dich von allen Schlechtigkeiten, schlechten Tänzen und sonstigen Dingen, die sich nicht gehören, fernzuhalten." — „Ich verspreche es dir und werde mein Wort halten." — „Wie heißt du denn?" fragte P. Woltring, indem er das Katechumenenbuch hervorholte, sich im stillen aber über die Zuversicht und den Ernst des Soldaten wunderte. — „Im Buch der Militärstation heiße ich Johanni Dschembana." — „So schreibe auch ich Johanni Dschembana in das Buch der Mission. Und Bandari ist deine Heimat?" — „Ja." — „Und deine Eltern?" — „Mein Vater war Mbämbä, der große Häuptling der Bandari. Er ist tot und meine Mutter auch." — P. Woltring schrieb noch das Datum hinzu und sagte: „So, Dschembana, nun stehst du in meinem Buch; jetzt ist es an dir, dein Versprechen wahrzumachen und zu erfüllen." Dschembana war überglücklich. Der Pater unterhielt sich noch einige Augenblicke mit Anjina und entließ dann die beiden, indem er ihnen die Hand gab und einige ermunternde Worte sprach. Das Leben auf der Militärstation ging seinen gewöhnlichen Gang weiter. Die Soldaten wurden tüchtig herangeholt mit militärischen Übungen und praktischen Arbeiten zum weiteren Ausbau des Postens. Mehrere Male gingen kleine Truppenteile zu solchen Stämmen hinaus, die den Gehorsam verweigert hatten. Dschembana war einmal für einen Monat dabei. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verantwortlicher Schriftleiter: P. Al. Wilfling, Missionshaus Graz, Paulustorgasse 10. — Universitäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.