Populare Darstellung einer proportionalen Theorie fiir den Zuschnitt der Herrenkleider. Zum Selbstunterrichte verfasst und herausgegeben von M. Kunc, ’ r Schneidermeister in Laibaoh. .Kit lO griisscii TatVlu umi 50 Original - Figuren. Laibach, \ Selbstverlag. — Druck von Klein & Kovač. 1890 . * r* I Populare Darstellung einer proportionalen Theorie fiir den Zuschnitt der Herrenkleider. Zum Selbstunterrichte / verfasst mi d lierausgegeben von M. Kunc, hneidermeiatsr in Laibach. Mit lO grossen Tafeln im d 50 Original - Figuren. Laibach, Selbstverlag, — Druck von Klein & Kovač, 1890 . p3ooitxcl.' 2 - Alle ISeclite vorbelialten, Dem unermudlichen Forderer (les gewerl)liclien Unterrichtswesens in Krain Wohlgebornen Herrn JOHAII IUEIIK, Kitter des Franz Josefs - Ordens, kaiserliehen Eath, Sekretar der Handels- uud Gewerbekammer in Krain, Landtagsabgeordneten etc. etc., eh ri ur eh te v o 11 gewidmet Verfasser i* Itiotto : „Wenn das Zusclinoiden aufhoren wird eine Kunst zu sein, dami wird das Schncider- Gewerbe eine Kunst werden. tt tfoh. Richter, ziiv clentsclien Ausgabe. Is ist zweifellos, dass die Zusehneidekunst in den, sagen wir, fhoheren Fachspbaren duroh die nie rastende Thatigkeit der Zu- §|ffschneide-Akademien in Deutschland eine vorher ungeahnte Holie erreicht hat. Ebeiiso wabr ist es aber, dass die breiten Schichten der Fachwelt aus den miihevollen Študien „unserer besten Meister“ nicht jenen geistigen Nutzen ziehen, den ilire Arbeit verdient! Es fehlt zwar nicht an den ,,auch zum Selbstunterrichte 11 herausge- gobenen Biichern; obwohl jedes eine andere Zuschnittmetbode belian- delt, findet der praktische Fachmann in allen eine gute venvendbare Anregung. Aber nicht der Anfanger! Der Wertli einer wirklich fiir den Selbstunterricht verfassten Zu- schnittmethode iiegt nach meiner Ansicht weniger in der Oomplication des Systems als in der Einfaehheit. Dass man mit let-zterer auskommt, beweisen unzahlige Facbgenossen, welche mit den einfacbsten Metboden die schdnsten Erfolge erzielen. Nothwendig ist aber, dass die' Belelirung in einer metbodischen Art geschieht; dass sie dem allgemeinen Auffassungsvermogen angepasst, den Lernenden zum Nachdenken und selbststandigen Schaffen anleitet. Ist die Lehrmethode nicht derart beschaffen, so treibt sie den Anfanger, welcher nicht in der Lage ist, eine Fach- schule zu besuchcn, der Schablone, das ist der Umvissenheit, direct in die Arme! — »♦< VI >♦•— Mein Buch soli den Zweck haben das veraltete gedankenlose Zu- schneiden nach dem sogenannten Reductionsschema und nach diversen Schablonen entbehrlich zu machen. Solche Zuschneidebehelfe, mit wel- clien die Handwerker heutzutage iiberflutet werden, otfnen nicht nur der Pfusoherei Thiir und Thor, sondern verhindern auch jeden Fort- schritt, indem sie die .. Meister" zu reinen Copirmasehinen herab- vviirdigen. In der harten Schule der Praxis babe ich selbst den Mangel eines methodischen Lelirbuches empfunden, trotzdem ich mich im Laufe der Zeit in den Besitz der meisten Lehrbiicher setzte. Erst die Zusammenkunft mit Herrn Johann Richter aus Tetschen a. d. Elbe im Jahre 1884 in Wien gab mir die erwunschte Glelegen- heit, jene zum Selbstunterrichte geeignete Lehrmethode zu finden, vvelche meinen Ansichten zusagte. Herr Johann Richter , heute mein verehrter Freund, gab im Jahre 1879 eine „kurze Anleitung in der Technik des Zuschnei- dens“ heraus, und verfasste spater auch jene Zeichen-Vorlagen fiir die gewerblichen Fortbildungsschulen, welche vom hohen k. k. Mini- sterium fur Oultus und Unterricht mit Erlass vom 14. April 1881 approbirt, und auch bei der Triester Ausstellung im Jahre 1882 pramiirt wurden. Jene Zuschnittmethode, nach welcher auf Grundlage des einzigen Masses der Oberweite ein fiir den „Normalkorper“ pas- scnder Schnitt construirt werden kann, war mir zwar schon friiher bekannt, ist auch da dem alten franzosisehen Systeme Lavignes, dessen Schiller Herr Johann Richter im Jahre 1845 in Pariš gewesen ist, ahnlich, bei vielen Fachgenossen noch in Anwendung, doch ent- nahm ich erst der ausgezeichneten methodischen Lehrweise Richters jene wissenschaftliche Begriindung des Systems, ohne vvelcher, nach meiner Ansicht, jedes Wissen eine Halbheit bleibt. Diese Kenntniss erleichterte mir vvesentlich die Venvendung der Normalmodelle verschiedener Methoden zu praktischen Vergleichen und Versuchen. Die einfache, aller uberflussigen Erklarungen freie, wissenschaft- lich begriindete und theoretisch richtige Lehrmethode Richters erklart uns die hohe Auszeichnung der Approbation seiner Zeichen-Vorlagen, obvvohl zu jener Zeit im Jahre 1880 die lobliche Handels- und Goiverbe- kammcr fiir Nicderosterreich za demsolben Zwecke ein umfangreiohes „Lehr- und Lesebuch fur Manner- und Frauenkleidermacher zum Schul- und Selbstunterrichte“ herausgab. Dieses umfassende Werk, welches alle Facher des bei unserem Gewcrbe nhthigen Wissens enthalt, war cberi in mancher Beziehung dem allgemeinen Auffassungsvermogen zu wenig angepasst, um jenen allgemeinen Nutzen zu stiften, welchen die Handels- und Gewerbe- kamrner in so dankeswerther Weise beabsichtigte. Es war daher fur mich gar nicht zweifelhaft, welche Lehrmethode ich anwonden solite bei Verfassung dieses Lehrbuches. Obwohl in neuester Zeit dureh die wahrhaft geniale Erfindung von Messapparaten fiir die directe Oonstruetion in wissenschaftlicher Hinsicht die vollendotste Leistung in der Zuschneidekunst vollbracht wurde, bleibt docli die Kenntniss der Grundlagen eines propor- tionalen Systems mehr ais je ein unabweisliches Bedurfniss fur jeden Fachmann. Diese Kenntniss dem Selbstlernenden so beizubringen, dass er sie vollkommen begreift, ist die Hauptaufgabe eines fur den Selbstunterricht verfassten Buclies, damit sich das Talent des Ler- nenden unbeengt dureh Apparate und nichtbegriindete Lehr- satze in der Praxis frei entfalten, und stets Besseres sehaffen kann. Audi Richter fiilirt uns in seinem AVcrke iiber das Normal- Modell hinaus zur direeten Oonstruetion; ich aber glaube seinem in den Schulen als Lehrmittel eingefiihrten Normal-Systeme, unbeschadet seiner ausgezeichneten Lehrmethode, jene Veranderung gegeben zu haben, welche es zu einem, wie ich aus Erfahrung sagen kann, brauchbaren Proportional-Systeme fiir die allgemeinen Bediirf- nisse der breitesten Schichten unserer Standesgenossen macht. Mein Werk ist also eine praktische Fortsetzung des in den ge- werblichen Fortbildungsschulen in Oesterreich eingefiihrten Fachzeich- nens, zur Selbsterlornung eines Proportional - Systems. In diesem Sinne empfehle ich dasselbe der Oeffentlichkeit und der wohlwollenden Beurtheilung meiner Fachgenossen. Laibacll, im Monate Juli 1890. J Der Verfasser. — .-K VIII >♦• Inhalts - V erzeichniss. Seitc I. Ueber die Theorie des proportionalen Zuselinittsystema. II. Ueber die Constructionsmasse . III. Das Verhaltniss der Constnietionsmasse zu einander . IV. Erkliirung der Zeiehen. V. Die Construetion des Grundrisses. VI. Die Construetion der Stellpunkte und Hilfslinien im Grundrisse. VII. Das Zeichnen der Taillenrock-Conturen. VIII. Die Construetion des Saeeo. . IX. Die Construetion und Zeichnung der Roeksehosse. X. Die Construetion des Talilen-Jaquets nebst der Sehoss . XI. Die Construetion des Fraeks nebst der Sehoss . XII. Die Zeichnung der Riickentheilsehoss. XIII. Die Construetion des Aermels. XIV. Die Construetion des Taillenroekes fiir eorpulente und dieke Personen .... XV. Die Construetion der Roeksehosse und des Aennels fiir dieke Personen .... XVI. Die Construetion des Gilet. XVII. Die Construetion des Dienst- und Gallaroekes zur Beamten-Uniform. XVIII. Die Construetion der Beinkleider. XIX. Die Construetion eines Ueberroekes naeli einern Taillenroek-Modelle. XX. Construetion eines Mantels (fiir die Beamten-Uniform und fiir Mentschikoffs) . . XXI. Construetion des Saeeo fiir dieke Personen. XXII. Die Construetion des Ueberroekes nach deni Proportional-Systeme. XXIII. Darstellung der Sehossriehtungslinie. XXIV. Ueber das Massnehmen und die Construetion der Sehnitte fiir abnormale Korper- haltung. XXV. Darstellung der Hilfsmessungen . XXVI. Darstellung der Construetion fiir die vorgebogene Korperhaltung. XXVII. Darstellung der Construetion fiir die zuriickgebogene Korperhaltung. XXVIII. Darstellung der Construetion fiir die abnormal grosse Statur (aufgeschossener Wuchs) XXIX. Darstellung der Construetion fiir die abnormal kleine Statur (kurzgedrungener Wuchs) XXX. Darstellung diverser Hilfseonstructionen fiir die Pra.vis . Sehlusswort . 1 2 3 4 5 6 8 9 11 12 13 14 14 15 17 18 19 20 24 26 27 28 29 30 31 33 35 36 37 38 39 I. Capitel. Ueber die Theorie des proportionalen 2uschnittsystems. j||eh stimme mit der Ansicht Richters in seiner „Theorie des Zuschneidens der Herrenkleider", dass die Kleidung den Mensehen nicht allein zeigen soli, wie er ist, sondern wie er aueli sein soli, dasist: „ebeniniissig sch«n“, vollkommen iiberein, nnd lege sogar auf den letzteren Satz das grossere Gewicht. Um aber diese Idee praktisch durchfuhren zu konnen, ist es unbedingt noth- wendig sich mit der normalen Bauart des menschlichen Korpers (der Anatomie) wenigstens in der Hauptsache vertraut zu maehen. Es ist mir nicht moglich dieses Thema so ausfuhrlieh zu behandeln, als dies in dem bereits envahnten Lehnverke, \velches die niederosterreichische Handels- und Gewerbekammer lierausgegeben hat, geschehen ist; doch hoffe ich, dass die beiden Normalfiguren auf Tafel I mit dem auf dem Korper ausgefiihrten Grund- risse dem Lernenden jene uotlnvendigsten Anhaltspunkte zeigen werden, welche er zuin besseren Verstandnisse der Schnittconstruetion bedarf. Indem ich mich in der Hauptsache an die Lehrmethode Richters halte, werde ich aus seinem bereits genannten Werke *) so viel entnehmen, als es mir zum Verstandnisse der Proportionslehre iiberhaupt nothwendig scheint. „Fur die Messungen der Korperverhaltnisse zu einander hatte die Wissen- schaft schon im Alterthume als Masseinheit entweder ein beliebiges Liingen- mass oder hervorragende Korpertheile, wie „Kopfliinge“, angenommcn, um theils bei der Ausiibung mit Sicherheit zu Werke zu gehen, theils ihren Schtilern ein bestimmtes Verfahren mittheilen zu konnen. Nach Leonardo da Vinci sind die Proportionen des menschlichen Korpers durch folgeude geometrische Eintheilung nachge\viesen: „I)ie Natur" (heisst es in seinen hinterlassenen Schriften) „hat bei Bildung des menschlichen Korpers die Ordnung beobachtet, dass das Gesicht vom Kinn bis zum Vorderkopf den zehnten Theil der ganzen Korperlange bildet. Der gleiche Abstand iindet sich in der Hand wieder, wenn man sie vom Gelenk bis zur Spitze des Mittelfingers misst. Der Kopf vom Kinn bis zur Spitze des Scheitels ist der achte Theil und der Fuss der siebonte Theil des normalen menschlichen Korpers. Vom Kopf bis zu den Sohlen ist es genau so weit, als von der Spitze der ein en zur anderen Hand, bei ausge- breiteten Ai-men." *) Das Werk selbst kann vom Autor dessolbon, Herrn Johann Richter in Tetschen a./d. Elbe, bezogen werden. 1 -—• ♦< 2 >♦ • — Solcher feststehender Normen gibt es mehrere. Uns interessiren am meisten jene bei normalen Kopern stets tibereinstimmenden Verhaltnisse, deren wir uns auf Grund der praktischen Erfahrungen, zn m Zwecke der Eintheilung einer normalen Schnittconstruction, ohne zu zweifeln bedienen dtirfen. In der Vorrede schon envahnte ich des altesten Zusehnittsystems, nach wel- chem man auf Grund der gemessenen Oberweite allein einen fur den normal grossen Korper, dessen Riickenlange mit der halben Brustbreite iibereinstimmen muss, construiren kann. Dieser Erfahrungssatz geniigte nun zum Zuschnitte der Bekleidung des Ober- korpers so lange, als man nichts Besseres hatte. I)ie Fehler in den Langenveihiilt- nissen, welehe entstehen mussten, \vurden so gut es ging berichtiget. Die Erfin- dung der anthropo-trigonometrischen Methode und die Vervollkommnung der Gor- porismetrie brachte nun neues Liclit in die Saclie; man fand das Verhiiltniss der Riickenlange (sogenannte kurze Taille), Ober- und Untenveite zu einander, und begriindete damit die Oonstruetion nach Breiten- und Liingenmassen. Dadurch wurde es moglich den Begriff „normaler Korper 44 auf fast alle Grossen und Breiten auszudehnen, so dass heute mit dem Namen „nicht-normal“ fast nur die verwachsenen oder verkrtippelten Korper zu bezeichnen sind. Dieser grosse Fortschritt erleichterte wesentlich das Zusehneiden, ermog- liclite die Amvendung schonef Formverhaltnisse zu jedem Korper und vereinfaehte ungemein die ganze Lehre der Oonstruetion, da die Zahl abnormaler Korper ge- ringer wurde. II. Gapitel. Ueber die Constructionsmasse. Ich babe zur Oonstruetion eines Roekschnittes drei Makse angenommen, und zwar: 1. Oberweite G — 13 (Brustbreite). Dieselbe wird ober dem Gilet miter den Armen iiber den stiirksten Theil der Sehultcrn und der Brust genommen und betriigt bei unserem Normal-Modelle 9(3 cm, welebe, da die Oonstruetion des Schnittes fur den halben Korper, von der Brustmitte bis zur Riickenmitte gesehieht, zur Halfte notirt wird, daher 48 cm betragt. Diese Messung erfordert strenge Genauigkeit, wesshalb man sorgen muss, dass das Massband nieht von den Schulterblattern rutscht. Eine unriehtig ge- messene Oberweite verdirbt die wichtigsten Oonstructionspunkte. 2. Unterweite J — C (Bauchvveite bei dicken Personen). Diese wird dieht ober den Huftenknochen in vvagrecbter Linie gemessen ohne zu spannen und gleiclifalls zur Halfte notirt. Bei unserem Modelle betragt dieselbe 84 cm. Zur Halfte also 42 cm. - •♦< 3 - 3. Die Riickenlange A—C (kurze Taille). Diese wird gefunden, werin man mit dem Centimeter vom Halsrvirbel, wo die Kragennaht hinzukommen bat (ohne Zugabe fiir die Nalit), bis zu jener wag- rechten Linie in der Taille misst, welche bei der Messung der Unterweite das angelegte Massband bildet. Bei unserem Modelle betragt diese Lange 45 cm, welc-he ganz notirt werden. Um sicher zu gehen, empfehle ich Anfangern zur Messung dieses wichtigen Langenpunktes die Anlage eines beliebigen Bandes, besser noeh eines gew5hn- liehen Hosenriemens in wagrechter Linie dicht ober den Hiiften. Gemcssen wird dann bis zur unteren Kante des Riemens. Ein Mehr iiber das Massnehmen zu erklaren ist noch niebt arn Platze, bis sieh der Lernende die Oonstruction des Schnittes auf Grund dieser 3 Masse voll- kommen einubt, da bei dieser Methode alle iibrigen Masse, mit Ausnahme der Aermellange und Rock- oder Giletliinge, lauter Controlmasse oder Erganzungsmasse sind. III. Capitel. Das Verhaltniss der Constructionsmasse zu einander. Dargestellt auf Tafel I, Fig. 1 und 2. Die genommenen drei Masse genilgen um die Dimensionon des Oberkorpers in eino ebene Flache zu entwickeln und derselben durch Zugaben und Ausschnitte jene Form zu geben, welche eine durch Gewohnheit und Mode eingefuhrte Hiille (Bekleidung) liaben muss. Der normale Korper steht zu diesen drei Massen in einem solchen Verhalt- nisse, dass sich aus letzteren durch Theilung jene Stellpunkte ergeben, welche wir zur Ausfiihrung des Schnittes benothigen; dahcr die Benennung proportio- nales System. Wir werden auf Grund dieser Masse mit der Oonstruction des am Korper anliegenden sogenainiten Taillcnrockes beginnen, wobei ich mir vorbehalte die theoretische Begrundung der vorkommenden Stellpunkte zum besseren Verstand- nisse erst bei der Oonstruction zu erklaren. Aus triftigen Griinden habe ich gleieh Richter die Oonstruction aus einem Stiieke, Rucken- und Vordertheil zusammengestellt, obwohl auch jedes separat construirt werden kann, \vortiber spiiter gesprochen werden soli. Diese Methode gibt dem Lernenden ein klares Bild der Oonstructionsverhaltnisse unter einander, was der Hauptzweck meiner Aufstellung ist. Teli habe soweit mir die heutige Mode zuliess, die Stellpunkte des Riehter- schen Modelles beibehalten, ebenso mit unbedeutender Veranderung seine Be¬ nennung der Linien und Punkte. Ich wollte dadurch jenen Lernenden ent- gegenkoinmen, welohe in den Fortbildungssehulen die Zeichen-Vorlagen Richters 1 * beniitzen, daiiiit sie flir (las i« dov Scliule Erlernte olincweiters prak- tisclie Verwendung linden. Bei meiner Aufstellung braucht man fur clie gewohnliehen schmalen Niihte keiner weiteren Zugaben, da dieselben in die Bereehnung mit einbezogen sind. Zur Theilungs-Einheit ansschliesslich der sicli aus der Ruckenlange erge- benden Funkte bestimmte ich den Betrag der Yiertcl-Oberweite, da die kleine Zalil die Division erleichtert. Ich construirte wo es nur anging mit egaler Tliei- Inng ohne Briiche. Wo letztere vorkommen, ist es nur der Theorie wegen; obwohl z. B. 7s cm ' n der Praxis nichts bedeutet. Bei beiden Figuren 1 nnd 2 auf der Tafel I sind die Constructionslinien am Korper ausgefiihrt. Ich unterliess es be- kleidete Figuren zu zeichnen, da die Linien am blossen Korper ersichtlicher sind nnd sich der Lernende dieselben oline Selnvierigkeit ober den Kleidern denken kann. Audi ist bei dieser Methode viol nothwendiger zu wissen, \vie sich die Stellpunkte zum blossen Korper verhalten, als zur Bekleidung, welche uns leicht tiiuschen kann. Die Oonstruction des Schnittes beginnt an der Brustmitte Punkt O und endet bei der Ruekenmitte Punkt 01, so dass man sich die linke Seite der ersten Figur mit der linken Seite der zweiten Figur an der Linic 02 vereint denken kann. IY. Capitel. Erklarung der Zeichen. Bei der Oonstruction benothigen wir verschiedene Zeichen und Linien, deren Erklarung hier folgt: Es bezeichnet: * Einheit (Viertel-Obenveite), + plus (mehr), -f- minus (weniger), = gleich, — bis, — wagrechte Linie, | senkrcchte Linie, I - rechter Winkel, □ Quadrat, /-n Kreisbogen, X Durchschnittspunkt. • ♦< Q >♦ • Y. Capitel. Die Construction des Grundrisses. Dargestellt auf Tafel I, Pig. 3. Der Lernende nehme zur Hand einen Bogen gentigend grosses Papier, eiu Wiukellineal, einen Bleistift und ein Oentimeterband, welches gentigend fest sein soli, damit es sicli nicht dehnt. Die Zeichnung wird in natiirlicher Grosse auf- gestellt und erfordert die grosste Genauigkeit, da sie die einzige in allen Formen wiederkehrende Grundlage bildet. Man zeichne nicht weitere Linien, bis man die begrtindete Stellung der vorherigen nicht verstanden hat. Nun ziehe man einige cm unter dem oberen Bande des Papiers die crste vvagrechtc 48 cm (halbe Oberweite) lange Linie und bezeichne, wie Fig. 3 an- zeigt, den Anfangspunkt mit O, den Endpunkt mit 01. Von diesen beiden Punkten ziehe man im Winkel senkreelitc Linien in der beiliiufigeu Lange der oberen vvagrechten Linie. Auf der senkrechten Linie O messe man 24 cm (Viertel-Obenveite) tief, und ziehe von da nach der Linie 01 die zvveite vvagreehte Linie, deren vorderer Punkt mit 6r, der ruckwartige mit B bezeichnet wird. Nun benothigen wir das Mass der Riickenliinge (kurze Taille), welche hier 45 cm betriigt. Wir logen das Massband mit dem halben Betrage (22'/ 2 cm) an den Punkt B und bezeichnen unter dem Punkte 01 den Anfangspunkt des Massbandes mit A, unten aber die Riickenliinge (45 cm) mit C. Mit anderen Worten heisst das: der Betrag der halben Riickenliinge (hier 22 1 / 2 cm) wird vom Punkte B hinauf und herunter eingestellt. Nun legen wir den Winkel an und ziehen vom Punkte C aus die dritte vvagreehte Linie nach vor. (Punkt J.) ■Jetzt theilen wir die obere \vagrechte Linie in die Halfte (hier je 24 cm) und ziehen die dritte, d. i. die mittlere senkreehte Linie, vvelehe oben mit 02 an der Kreuzung der O — B Linie mit I ), an der J—G Linie mit II be¬ zeichnet vvird. Ober dem Punkte 02 notiren wir den Betrag der „Yiertel - Obervveitc 44 (hier 24 *), vvelclier Betrag uns als Einheit zur Thcilung dienen vvird. Diese ebene Fliiche geniigt uns nun, um den halben Oberkorper, dessen grosste Breite von der Brustmitte Punkt O bis zur Riickenmitte Punkt 01 48 cm betragt, vom Halse an (siehe Fig. 1 und 2) bis zur Taille zu umhullen. Die Linie G—B zeigt uns die Anlage des Massbandes bei der Messung der Oberrveite, und fihdrt die Arniloclitiefe, vvelehe hci normalen Kdrpcrn stets V 4 der ganzen Obervveite betriigt. Die Linie J— C bezeichnet die richtige Taillenlange oder die Anlage des Riemens ober den Hiiften. Die senkreehte Linie 02—H durchschneidet an der Achsol das Schlussel- bein und tlieilt den Korper in den vorderen und hinteren Theil. —• ♦< 6 >♦ •— VI. Capitel. Die Construction der Stellpunkte und Hilfslinien im Grundrisse. Dargestellt auf Tafol I, Fig. 4. Wir beginnen mit dem Eiickentheil. Vom Punkte A stellen wir ’/ 4 * + 1 cm — 7 cm tur die obere Breite des Riickentheiles ein; ziehen von dort eine Lime uud bezeiehnen vom Endpunkte l l j 2 cm hoher den Punkt mit M. Die Entfernung zwischen A—B wird halbirt und betriigt hier 11'/ 4 cm, Punkt Al. Eine Linie von da bis zur mittleren senkrechten gezogen, gibt uns die gebrauchliche Spitze der Achselnaht des Riickentheiles, desson Breite normal 3 / 4 * + 2 cm = 20 cm betriigt und mit N bezeichnet \vird. Vom Punkte N wird bis zur Linie G—B eine Hilfslinie gezogen und 5 cm von N herunter fur die Breite des Rtickentheilspiogels der Punkt NI notirt. Pur die untere Riickentheilbreite stellen wir vom Punkte G aus 5 cm ein, und bezeiehnen den Punkt mit Gl. Nun schreiten wir zur Construction des Vordertheiles. Vom Punkte I) stellen wir nach vor 1 / i * (hier 6 cm) ein fur den Armlochvortritt Punkt E (Avance- ment), ziehen eine senkrechte parallele Linie und bezeiehnen diese an der oberen wagreehten Linie mit El an der unteren mit E2. Vom Punkte El aus stellen wir % * (hier 8 cm) nach vor den Punkt F, weleher uns die Halsspitze des Vordertheiles angibt. Vom Punkte O stellen wir herunter gleiehfalls 1 / s * (8 cm) Punkt L, welcher die llalsgrube (normale Tiefe des Halsausschnittes) bedeutet. Nach der Lehre vom Knochenbaue befindet sich die Halsgrube mit dem Schltisselbein (dem tiefsten Punkte der Sehulter), vvelchen die senkrechte Linie 02 durchschneidet in gleicher Hiihe. Es ware somit naturlich, wenn die Achselnaht des Vordertheiles vom Punkte I' 1 aus bis zur Verbindung der L Linie mit der 02 Linie laufen vvurde. Ebenso musste dann der Punkt M, das ist der Endpunkt der Ruckentheilnaht in der gleichen Hbhe mit der L Linie zu stehen kommen, um die richtige Verbindung herzustellen, vvodurch die Achselnaht gerade liber die Mitte der Sehulter laufen \vtirde. Nachdem wir jedoch der Mode und des besseren Anschlusses \vegen den Punkt N tiefer verlegen, so folgt daraus, dass die Achsel¬ naht dafur ergiinzt, resp. liber der Linie L um so viel erhiiht vverden muss, als die Ruckentheilnaht an dem Zusammensetzungspunkte mit der Vordertheilnaht tiefer liegt. Ein Blick auf den Punkt L1 und N erkliirt uns diesen Cmstand deutlich. Aus dieser Erkliirung ergibt sich der Zusammenhang resp. die Stellung der Achselnaht zur Ruckentheilnaht und ist leicht zu finden. Nun haben wir aber ein durch die Praxis bevviihrtes, sowie auch in der Theorie riehtiges Mittel, um den Punkt TA ohneweiters zu bestimmen. Der Erfinder dieser Construction ist mir nicht bekannt, doch wurde dieselbe an der Europaischen Modenakademie gelehrt. Nacli derselben orgibt stets die halbe Entfernung der Punkte A — Al des Riickentheiles, welche auf Fig. 4 mit 5 s / 8 cm angegeben ist, den riclitigen Betrag zur Stellung des Punktes L1 vom Punkte 02 herunter. Nachdem man nun eine kurze 3—4 cm lange Linic Liber die Linie 02 hinaus gezogen liat, misst man die Liinge der Achselnaht des Riickentheiles vom Al—N und zieht sich eine gleich lange Hilfslinie vom Punkte F nach L1 , indem man fiir die nothige Eundung eine Erhohung von s / 4 cm zugibt. Nun handelt sich darum, die Untenveite, welche in Wirklichkeit sowohl kleiner als grosser wie die Oberweite sein kanu, richtig zu vertheilen. Dies geschieht einerseits durch Einstellung des Punktes K, weleher den Taillen-Einbug markirt, anderseits aber durch Versetzung des Punktes J an jene Stelle, welche das Mass anzeigt. Obvvohl die proportionale Vertheilung der Unterweite in manehen Pallen durch abnorme Fleisch- oder Fettanlagen in der Weichengegend oder am Bauche beeintrachtiget wird, woruber spater noch ausfuhrlich gesprochen wird, so gibt uns die Form der Wirbelsaule fast absolut sicheren Anhalt zur Einstellung der Taillenpunkte. Richter schreibt daruber Folgendes: „Nach der Lehre vom Knochenbaue ist bei jedem Menschen ohne Ausnahme die Form des Lendemvirbels eine gebogene, nach vorne gerichtete. Der Durclunesser dieser Kriimmung betrSgt bei nor- malem Korper (> cm (oder 1 / i *). u Aus diesem Lehrsatze ergibt sich also die Nothvvendigkeit eines unter den Schulterblattern beginnenden und zwischen den Punkten H — C l j i * betragenden Ausschnittes. Nachdem aber das Avancement (Vortreten des Armloches) iiber die Mittel- linie Punkt I) normal gleichfalls 1 / i * betriigt, so vereinfachen wir uns die Con- struction in folgender, auch in der Praxis erprobten Weise, indem wir statt des Punktes H den Punkt E2 als Durchsclinittspunkt (X) zur gleiclimiissi- gen Theilung der Unter>veite bestimmen. Selbstverstandlich sind aber jene Zugaben nothig, welche die entfallenden Niihte und Su^ons, sowie die Form des Rockes die Unterlagen und die Korperausdehnung bedingen. Diese Erklarung gilt im Allgemeinen. Bei der Constrnction unseres normalen Modelles, welches einen ansehlies- senden Taillenroek ergeben soli, brechen wir den Betrag der Riickenbreite C — Gl = 5 cm ab, indem wir das Massband mit diesem Betrage an den Punkt E2 legen. und das Viertel der Untervveite (21 cm) mit einer Zugabe von 2 cm, zu- sammen also mit 23 cm fiir den Punkt K cinstellen. Die Gesammtflache zwischen E2 — C wird dann in fertigem Zustande nach der Zusammensetzung 21 cm — 1 j i der ganzen Unterweite betragen. Das andere Viertel der Untervveite wird vom Punkte E2 aus nach vom, hier also gleichfalls 21 cm mit einer Zugabe von 4 cm, zusammeu daher mit žo cm fiir den Punkt J eingestellt. Die Zugabe von mindestens 4 cm nach vorn bedingt der Brust-Su^on und die nothige Enveiterung iiber den Vorderleib. Somit gelangen wir zur Versetzung des Punktes G. • ♦< 8 >♦-« — Wir wissen, dass die nach genommenemBreitonmasse aufgestellto Flache B — G in VVirkliehkeit wohl einen festen unbe\veglichen Korper knapp umhiillen wurde, dass sie aber fur einen lebenden Korper, welcher unter Ausdehnung des Erust- korbes athmet und sich be\vegt, niclit genligen kanu. Audi verliert das Modeli einiges an der rilckwartigen Partie durch Abfall von 2 Niihten, sowie dureh Unterlagen (Futter etc.). Die Theorie sowohl, als auch die Praxis weisen uns nun an fur die geschilderte Brusterweiterung 6 cm = % :i: von der urspriinglichen Linic O an zuzugeben, oder was das Gleiche ist, den Punkt G mit 1 / i Oberweite (= 1 *) vom Punkte E aus einzustellen. Aus ahnlichen Grunden wird Punkt L um 2 cm vor die Linie gestellt, oder vvas das Gleiche ist, von der E Linie bis zum Punkte L wird die Buckenbreite (20 cm) eingestellt. Somit ist die proportionale Construction der Stellpunkte zu einem Taillenrocke beendet. Die Verlangerung der Taille ist Sache der Mode und varirt auch nacli dem Zwecke des Kleidungsstuckes; beides beruhrt somit die eigentliche Construction niclit. Der jetzigen Mode entsprechend verlangem wir nun die Taille um 3 cm von C aus, ziehen die wagrechte Linie nach Ji. Auch verlangern wir das Vordertheil von Ji aus um J / 4 * und die Linie E um 1 cm iiber die Linie der verlangerten Taille, und verbinden beido Punkte mit einer Hilfslinie. Auch verbinden wir die Punkte F—L und El—Gl mit Hilfslinien. Fig. 4 gibt daruber genauen Aufschluss. Das Zeichnen der Conturen liisst sich schwer beschreiben. Dieses bleibt Auf- gabe der Schule und der Uebung. Um dem Lernenden davon einen Begriff zu geben, machte ich die Zeichnung in halber wirklicher Grosse und babo durch eingefugte Hilfslinien die Ausfuhrung erleichtert. Der Lernende findet in dieser Figur sowohl den Grundriss, als auch die tibrigen Constructionspunkte wieder. Die Division der Stellpunkte nach der Einheit habe ich weggelassen und geben die angesetzten Betrage in Centimetern von der Theilung der Einheit sowie der Ruckenliinge cin klares Bild, Avie in jedem beliebigcn MassverhSltnisse durch gleiche Theilung beider zu verfahren ist. Zu bemerken ist noch: Bei A wird in der Hohe eine Nalit zugegeben, damit beim Annahen des Kragens von der gemessenen Buckenlange nichts verloren geht; ebenso kommt zur Ruckenbreite Punkt E 1 j 2 cm Zugabe. TIL Das Zeichnen der Taillen-Rock-Conturen. Dargestellt auf Tafel II, Fig. 5, in halber wirklieher Grosse. ♦< 9 >♦ • Ati der obereu Seiteutheilspitze ist % cm Einsehlag deshalb nothwendig, damit von der Biickentheilbreite beim Annahen nichts verloren geht, da das Riicken- theil mit dem Vordertheil an der Lime G — B genau zusammengefiigt werden muss, um die Construction bei der Ausfiihrung nicht zu verderben. Das Euekentheil ist unter dem Punkte Cl an der Taillenverlangerung um knapp 1 / 2 cm verlangert, was, wie wir spiiter sehen werden, die Anlage an den Stoff bodingt. Die Verlangerung der Seitentl)eilspitze liber die Linie ergibt sicli aus der bei der Zusammensetznng benothigten Liinge der Etiekentheilnaht. Von der 1 / i * betragenden Verlangerung des Vordertheiles an der O—J Linie wird 1 cm zur Zeiehnung der riehtigen Oontur abgebrochen. Die Oontur des Armloches beginnt bei N, durehsehneidet die beiden senk- rechten Linien im Winkel, geht zvvischen D uiid E um 1 cm tiefer, an der Brust von der Linie E um V/ 2 cm vor und endet 3 / i cm unter der Linie Ll. Zur Zeiehnung der Achselnaht geniigt die Erklarung, dass die Punkte M und F zusammengesetzt werden; die Lange der Vordertheilachselnaht sich daher aus der Lange der Hintertheilaehselnaht ergibt. Die Brust-Contur L—G—J wird der Zeiehnung conform im Bogen aus- gefuhrt, und nach der Vervollstandigung der Zeiehnung des Abschnittes des Seiten- theiles (Kaiserschnittes) zvvischen den Linien D—E und des zur Mitte der Brust verlaufenden Brustausnahers (Su^ons), wird das Ruckentheil vom Vordertheile getrennt. Hiedureh ist das normale Modeli zur Anlage an den Stoff behufs Zuschnei- dens fertig. An der Brust-Oontur zeichnete ich das Revers mit einer Breite von 6 cm um die Anlage an das Theil ersichtlich zu machen. Diese Zeiehnung bedarf keiner vveiteren Erklarung. Bei der ganzen Figur konnen die Proportionen naehge- messen werden. Ein Centimeter auf der Zeiehnung gilt fur z\vei wirkliche cm. Das Avancement betragt von B aus gemessen 1 / s der ganzen Oberweite — 1 cm daher 31 cm. Der Durchmesser des Armloches V 2 * = J 2 cm. Der Halslochausschnitt 21 cm. Diese Proportionen gelten bei allen normalen Korpern. YHL Capitel. Die Construction des Sacco. Dargestellt auf Tafel III, Pig. 6 und 7. Entgegen dcr in vielen Lehrbiichern iiblichen Methode den Sacco unter An¬ lage eines Taillenrockmodells umzuformen, was iibrigens leicht gesehehen kann, hab e ich dasselbe in direeter Aufstellung ausgefuhrt, und bringe es vor der Zeieh¬ nung der Schosse, welche zum Taillenroeke gehoren, um dem Lernenden ein bes- seres Bild der veriinderten Stellpunkte beider Rockformen zu geben. Der Sacco kann atn leichtesten als Grundlage zur Construction jener Be- kleidungsstiieke beniitzt werden, welche seiner Form entsprechen. Ich vverde von einer Wiederholung jener Stellpunkte absehen, welche un- veriindert bleiben. Nachdem man don gleichen Grundriss, wie zn m Taillenrocke gemaeht, theilt man das Eiickentheil wie frulier, stellt bei Punkt G (siehe Fig. 6) 1 7 2 cm hinein, und zieht von A herunter cine Linie. Die Riickenbreite wird nun gleich wie friiher, jedoch von der inneren Linie aus gemessen, eingestellt, da sonst das Eiickentheil schmaler vviirde. Nun erhoht man von der Linie N aufwarts die Ruckentheilnaht um l*/ a cm. Dies bedingt nicht die Oonstruction, da diese Nalit auch beim Sacco gleich tief bleiben komite. Es ist jedoch modern und schoner die Nalit beim Sacco hoher zu stellen. Von diesem erhohten Punkte aus stellt man nun fiir den Euckentheil- spiegel 8 cm herunter den Punkt NI. Dieser Punkt ist der Trennungspunkt der Theile, kaun daher auch noch tiefer gestellt werden, je nachdem es die Mode verlangt. Die Breite des Riickentheiles bei C stellt man tnit 1 / 2 * — 12 cm ein, wo- durch man Gl erhalt. Ziehe dami von N bis NI und von dort nach Gl eiue Hilfslinie, sovvie 1 cm von Gl entfernt eine dritte herunter. Der Punkt K wird ebenso wie beim Taillenrocke vom Punkte E2 aus miter Abbruch der Riickentheilbreite (hier 12 cm) mit J / 4 Unterweite + 4 cm einge¬ stellt. Die grossere Zugabe als beim Taillenrocke bedingt der grossere Taillenaus- schnitt zwisehen E — H. Auch wird der Sacco gewohnlich nicht ganz anliegend getragen. Es ist iibrigens leiclit, demselben dureh eine Terminderung oder Vergrosserung der Zugabe jeden beliebigen Taillenansehluss zu geben. Punkt J” wird gleichfalls von El aus mit 1 / i Dntenveite -f- 4 cm eingestellt. Weil wir die Achselnaht des Riickentheiles um 1 1 j 2 cm erhoht haben, erubriget uns noch die Achselnaht des Vordertheiles um eben diesen Betrag zu kiirzen. Dies erreiehen wir damit, dass wir die Hilfslinie direct auf Linie L1 ziehen, und bei der Conturzeiehnuug (siehe Fig. 7) um 2 cm miter der Linie L1 die Armloehcontur beenden. AUe iibrigen Punkte bleiben wie beim Taillen-Eocke; ebenso die Zugabe fiir die Brust-Erweiterung Punkt G und L. Das Vordertheil wird vorne 3 bis 4 cm verliingert. Bei der Conturzeiehnuug (Fig. 7) beobachte man, dass sich die Theile am Gesasspunkte circa 15 cm miter der Talile kreuzen, resp. das Vordertheil liber das Eiickentheil hinausgeht. Die Rundung der Seitennaht soli an der Abtrennungs- linie nicht liber 2 cm von der Hilfslinie aus betragen, damit die Naht nicht zu ge- bogen wird. An der Linie G — E miissen die Theile ebenso genau an einander gefiigt werden, wie beim Taillenrocke, weshalb es gut ist, sich die Stelle der Linie an beiden Theilen dureh „Sticheinziehen“ zu bezeiclinen. Der Taillenaussehnitt wird in die Mitte zvvischen H — E2 verlegt und kann 1—3 cm betragen. Fiir den Ueberschlag geniigen (selbstverstandlich bei genauer Messung der Oberweite) 3 cm fiir den in der Mitte zu knopfenden einreihigen Sacco. Bei einem zweireihigen ist eine Zugabe von 8 — 12 cm, je nach Wunsch der Kunden uothig. Die Entfernung der Knopfe von der Kant wird folgend berechnet und gilt im Allgemeinen; bei genauer Oonstruction miissen die zur Enveiterung eingestellten Punkte L G J, welche die hier mit _ bezeichuete Brusi - Con tur ♦♦ (larstcllon, bcirn fcrtigcn Kocke gcracle zusammcnstosscn ; rechnet man mm vom Ueberschlage deti Einbug der Kante, sowie den Abstand der Loeher von der Kante ab, so bildet der iibrigbleibende Betrag von der Brusteontur her- eingestellt die Knopflinie. Nachdem die Saceoform wegen ihrer praktischen Eignung zn verschieden benannten Rockgattungen verwendet, sowohl ganz anschliessend, als auch weit (namentlich fur Jagdrocke) angefertiget wird, wodurch auch die Fagoti des Ueber- schlages eine verschiedene wird, so bemerke ich hier um spater nicht noehmals darauf zuruckkommen zu miissen, dass bei allen Veriinderungen der Form die Grundlage der Construetion stets dieselbe ist, wie die hier angefiihrte, und es ein Leiehtes ist dem Sacco jede gevvunschte Form und Weite zu geben, indem man die Sch\veifungen vermindert oder sie auch ganz weglasst. Solite der Sacco mit einem dicken Futter unterlegt werden, so zeichne man auf den Stoff dieselben Oonturen, gebe jedoch beim Zuscltneiden f tir die K tih te sowohl in der Mitte des Riickens, bei den Seitentheilen und an der Achselnaht beiderseits zu. Diese Erweiterung geniigt fur jedes Stofffutter. Die Tieflage der Seitentaschen ergibt sich aus der Aermelliinge und wird in einem spateren Capitol niilier besprochen. Das Modeli (Fig. 7) ist unten sowohl ganz schliessend als auch mit rundem Abstich gezeichnet. Fig. 8 stellt vor die einfachste Construetion des Roekkragens. Indem man am Modelle einen beliehigen Umfall bezeichnet, legt man ein Stiick Papier unter den Halsausschnitt und fiilirt die Bruchlinie des Kragens in gerader Forlsetzung des bezeichneten Umfalles aus. Man zeichnet sodami die Contur des Halsausschnittes conform der Zeichnung ab und gibt unter Halsspitze F bis liick- \varts circa B cm fur den Stehkragen zu. Die entsprechende Dressur des Kragens ist Sache des geschickten Arbeiters. IX. Capitel. Die Construetion und Zeichnung der Rockschdsse. Dargestellt auf Tafel IV, Fig. 9. Die Schosse zu Roeken, Jaquets, Fracks &c. konnen am besten mit der ent- sprechenden Anlage des Vordertheiles und Seitentheiles gezeichnet werden. Mir schien jedoch diese Methode nicht geeignet fur den Selbstunterricht, da bei einer unrichtigen Anlage dieser Theile grossere Fehler entstehen konnen, als sie bei der Construetion vom Winkel aus moglich sind. Die Construetion der Schoss eines zvveireihigen Taillenrockes mit 6 cm breitem Eevers geschieht in folgender Weise: Man zieht von A aus im Winkel (siehe Fig. 9) eine wagrechte und eine senk- rechte Linie. Auf der vvagrechten liisst man vor dem Punkte A einen Einschlag von 2 — 3 cm fur den Einbug, auf Fig. 9 mit .... bezeichnet. Von A aus stelle man fur die Breite des Revers 6 cm, Punkt Ji, dami fur das Einbiigeln, resp. An- halten der Schoss, noch 3—4 cm und mache einen Strich. Jetzt messe man die Lange der unteren Oontur des Vordertheiles mit dem Seitentheile, auf welelie die Schoss angenaht werden soli, ab, und stelle diesen Betrag vom letzten Striche aus ein, den Endpunkt mit 1) bezeichnend. Diese Breite der Schoss betragt bei unserer Zeichuung, welche in halber Grosse aufgestellt ist, dem Vordertheile entsprechend 1 / 2 Untenveite — 42 cm. Theile nun diesen Betrag in die Hiilfte und bezeichne den Punkt C. Filr die Erweiterung iiber das Gesiiss, welches normal gleicli (ler Ober- weite ist, werden 1 / i * + 2 = 8 cm, fur den Punkt E zugegeben und eine senkrechte Parallellinie gezogen. Nun stellt man vom Punkt D aus 5 cm hinauf, zieht vom Punktc B nach dort eine Hilfslinie und ftihrt die Oontur eonform der Zeiehnung bei Punkt C um 1 cm iiber die Hilfslinie erhoht aus. Riickwarts durch- schneidet die Oontur in einer Tiefe von 16 cm bei Punkt F die Gesasslinie und geht in fast gerader Richtung nacli unten, je liinger desto weiter von dieser Linie entfernt. An der vordern senkrechten Linie von A herunter kann 1 cm nach unten zur Kante zugegeben werden. Bei einer richtigen Oonstruction ist aber ein Aus- eiuandergehen der Schoss auch ohne dieser Zugabc nicht zu befurchten. Der untere Abschnitt der Schoss ist nach ruckwarts um 4 cm gekiirzt (Punkt G). Der mit.bezeichnete riickwartige Einschlag hat eine Breite von 3—4 cm und dient fur die Falte. Die Lange der Vorderthoilschoss sowohl vorne als ruckwiirts ergibt sich aus der Messung oder durch Anlage der Ruckentheilschoss (Capitel XII). X. Capitel. Die Construction des Taillen- Jaquets nebst der Schoss. Dargestellt auf Tafel IV, Fig. 10 und 11. Die Construction des einreihigen geschlossenen Taillenroekes und die eines Jaquets ist dieselbe, wie die des in den vorigen Capiteln behandelten zweireihigen Taillenroekes. Der einzige Unterschied ist bei dem Ueberschlage. Wahrend beim zweireihigen Taillenrocke das Revers den Ueberschlag bildet, wird fur einen ein¬ reihigen geschlossenen Rock 4 cm Ueberschlag iiber die Brustcontur L — G — J zugegeben (siehe Fig. 10). Die Oonstruction der Schoss bleibt fur den geschlossenen Taillenrock die gleiehe mit dem Unterschiede, dass statt 6 cm fiir das Revers, 4 cm als Zugabe fur den Ueberschlag eingestellt werden. Das Jaquet (Fig. 10) kann vorne eine beliebige Form haben; es wird ma¬ mit einem oder auch mit 2—4 Knopfen geschlossen getragen. Die entsprechende Verauderung des Uebersehlages allein bewerkstelliget jede Form. Die Aufstellung der Schoss (Fig. 10) ist jedoch eine andere als fur die ge¬ schlossenen Ročke. Man zieht eine wagrechte Linie von A nach E und von E aus eine senkrechte. Die Oonstruction der Schoss beginnt hier ruckwarts. Vom Punkte E stellt man die hintere Schossspitze von der wagrechten 2 cm und von - • ♦< der senkreehten 3 cm entfernt hinein und maeht einen Punkt. Nun misst man ebenso die benothigte Breite der Sclioss von der Spitze des Seitentheiles bis zum vordern Abstiche, und stellt diese Lange mit einer Zngabe von circa 3 cm fiir das Anhalten der Sclioss iiber den Huften, von E naeh A ein; gelit von A aus je nach dem Abstiche des Vordertheiles um 27* cm hefer und zeichnet die an- gedeutete Contur der Schoss. Man kann sich die Zeichnung derselben in folgender Weise erleichtern, wenn man dieselbe riickwarts mit theihveiser Anlage des Seitentheiles und vorne mit Anlage des Vordertheiles zeichnet, oline jedoch aus der Oonstruction zn kommen. Die grosste Erhdhung der Schoss ist iiber den Huften, wohin die Zn¬ gabe von 3 cm kommt. Dort muss die Schoss die ivagrechte Linie beruhren. Riickwarts geht die Contur im Bogen bis zum Punkte F und dami an der senk- rechten E Linic bis G zur Schossliinge. Die vordere Contur ist con form dem Abstiche des Vordertheiles auszufuhren. XI. Capitel. Die Construction des Fracks nebst der Schoss. Dargestellt auf Tafel IV, Fig. 12 und 13. Der Frack wird sowohl gesehlossen, meist jedoch offen getragen, und zwar derart, dass die Brustkanten gerade zusammenstossen. Das Bevers bekommt eine Breite von 3—4 cm. Um nun im letzteren Falle diese Lage der vorderen Brustkanten zu er- reichen, wird das Modeli (siehe Fig. 12) bei Punkt L um 1 cm, bei G um 2 cm und bei J um 3 cm schmaler, als es die mit .. bezeichnete Brustcontur darstellt, gesehnitten. Die ubrige Construction bleibt sich gleich. Die TaillenverliLngerung, sowie die Fa^on ist jedoch Saclie der Mode, vvelche bei diesem Kleidungsstiicke allein massgebend ist. Die Form der Schoss eonstruirt man ahnlich der Jaquetschoss und habe ich eine solche gezeichnet, welche ohne Eiicksicht auf die sehnelhvech- selnde Mode einen Anhaltspunkt zur regelrechten Construction bildet. Beinerken muss ich vor allein, dass zur Ausfuhrung des richtigen Applombs einer Fracksehoss nicht blos der Zuschnitt derselben gehort, sondern audi ein geiibter Arbeiter. Ein Frack ohne vorziiglichster Ausfuhrung der Arbeit bleibt stets ein Unding. Die Schoss (Fig. 13) wird in der Hauptsache conform mit der Jaipietschoss, also von ruekwarts angefangen, aufgestellt. Der Stoff muss in der Falte fadengerade liegen. Die Einstellung von der \vagrechten Linie hinunter be- tragt 2 1 /, cm, von der senkreehten nach innen aber 3 cm. Die Breite des Schluss- stuckes, eigentlich die Verliingerung des Vordertheiles soli im fertigen Zustande 3 cm betragen, und geht nur bis zum Revers. ♦< 14 >♦ • Um das anzudeuten, ist boi Fig. 13 ein Stiick Revers- mit 3 cm Breite dem Sehlussstiicke angefiigt. Die Lange dos Schlussstuckes, hi er mit 1—2 be- zeichnet, soli 1 / s der ganzen Schossbreite betragen. T)io untere Breite der Sehoss varirt, ein mittleres Verhaltniss ist 15 cm. Boi G karm die Sehoss um */ a cm von der Linic hereingestellt \verden ; an der unteren Kante ist sie vorne um 1 cm zn kiiržen. XII. Capitel. Die Zeichnung der Riickentheilschoss. Dargestellt auf Tafel V, Fig. 14. Die Riickentheilschoss, welche mit dem Riiekentheil aus eiiiem Stričke zu bestehen bat, wird folgend aufgestellt; man legt das Riiekentheil - Modeli bei A 1 cm, bei C 5 cm von der Stoffkante entfernt an, zeichnet zuerst die Riicken- theilcontur ab, lasst dann circa 3 cm fiir den sogenannten Hacken und zeichnet wie Fig. 14 auzeigt die hintere Schosskante. Der Rest von 2 cm verbleibt fiir den Einbug. Fiir die Falte ist der gleiche Einschlag wie bei der Vordertheilschoss zuzugeben. Bei dieser Gelegenheit verweise ich auf die Bemerkung im VII. Capitel, weshalb das Riiekentheil unter Gl an der Spitze verliingert rvurde. Dureh die schiefe Anlage auf den Stoff ist jene Verlangerung jetzt ausgeglichen. XIII. Capitel. Die Construction des Aermels. Dargestellt auf Tafel V, Fig. 15. Zur Construction des Aermels dient der Umfang des Armloches, bei normalen Verhaltnissen betriigt derselbe die halbe Oberweite -J- 4 cm. Wir nehmen daher wieder die Einheit von 24 cm oder 1 / i Obenveite als Grundlage der normalen Aermelconstruction. Wir ziehen nun (siehe Fig. 15) von A nach E eine wagrechte und von A nach I) eine senkrechte Linie. Auf der wagrechten stellen wir fiir den Punkt E 1 * -f- 2 das ist 22 cm ein und ziehen wieder eine senkrechte Linie. Von A stellen wir nach E 1 j 2 * — 12 cm tief Punkt B ein, 2 cm unter dem Punkte E markiren wir den Punkt F und ziehen dann von B nach F eine Linie, \velche halbirt uns dureh Anlage des Winkels den Punkt K angibt, rveleher den hochsten Punkt der Kugel bedeutet. Die Linie B—F hat eine Lange von 1 j 2 *. Jetzt stellen wir von F herunter die gemessene Lange des Aermels bis zum Ellbogen Punkt G und die ganze Lange des Aermels Punkt H ein. Von diesen Punkten ziehen wir rvagrechte Linien nach C und I). r — «-k 15 >♦ •— Bei C stellen wir 2 cm fiir die Sehwcifung des Aermels cin, geben jedoch boi G den gleichen Betrag wieder zu. Von J) anfvvarts kiirzen wir den Aermel um 2 cm, stellen die benothigte untere Breite hier 16 cm ein nnd zeichnen die Oontur des Aermels in der an der Fig. 15 ersichtliehen Weise. Damit die vordere Aermelnaht nicht zn siehtbar vvird, konnen wir dem Aermel einen Einbug von 2—3 cm lassen, um welchen Betrag dami der Unterannel schmaler zu schneiden ist. Die Oontur des Einbuges und Uiiterarmels ist. sovveit dieselbe vom Oberarmek verschieden ist, durch .... ersichtlich gemacht. Bei Aer- meln, welche wattirt werden sollen, oder bei solehen, welehe fiir Oberkleider be- stimmt sind, kann man fiir die obere Breite den ganzen Betrag einer * einstellen. Es ergibt sich dann die Notlnvendigkeit, dieselben auch unten eirea 2 cm breiter zu maehen. Die Breite der Aermel bestimmt, ausgenommen die Armlochvveite, iibrigens aueh die Mode und der Wunsch des Ivunden. XIY. Capitel. Die Construction des Taillenrockes fiir corpulente und dicke Personen. Dargestellt auf Tafel V, Fig. 16. Bei diesem Capitel ist es vorerst niithig zu erklaren, welehe Personen wir mit „schlank,“ „corpulent“ oder „dick“ bezeichnen wollen. Unsere Construetionsmethode gibt in der vom Punkte O ausgehenden senk- rechten Linie den besten Anhaltspunkt zur Beurtheilung der unteren Oorpulenz in ihrem Verhaltnisse zur Obenveite. Bei schlanken Personen, deren Untervveite weniger betriigt als die Ober- weite, wird der Punkt J stets in ziemlich paralleler Entfernung mit dom Punkte G von jener Linie aus einzustellen kommen. Es gibt selten nocli schlankere Per¬ sonen und selbst in solchem Falle ist es besser die geringere Untenveite beim Seitentheile oder durch einen grbsseren Brustausnaher auszugleichen, als den Punkt J, unter die gleielie Entfernung des Piinktes G von der Linie hereinzustellcn. Zu corpulenten Personen recbhen wir jene, deren halbe Oberweite iiber 50 cm betriigt, wenn aueh die Dnterweite eine diesem Verhaltnisse entsprechende ist, jedoch die Obenveite nicht uberschreitet. J)ieke Personen nennen wir jene, deren Untervveite grosser ist, als die Obenveite. Eine ziffermiissige Grenze zur Unterscheidung liisst sich nicht anfstellen. Bei diesen Personen spielt iibrigens die TVeichenbreite, vvoriiber spiiter nocli gesproclien vverden soli, eine zieinliche Bolle, so dass eine richtige Verthei- lung der Untervveite olme genaueres Mass keine proportionale Berechnnng fiir aile ESI le geben kann. Es gibt Personen, welche um die Taille gleichimissig rund und fleischig sind. Andore wieder, mit dem sogenannten Spitzbauche, sind riickvvarts ebenso wie schlanke Personen eingebogen, weshalb sie die Verbreiterung in grosserem Verhiiltnisse nach vorne benothigen. Fig. 16 ist fiir dicke Personen berechnet und zwar nach einem mittleren Verhiiltnisse. Obervveite 54, Untervveite 56, Riickenliinge 45 cm. Die Aufstellung ist dieselbe \vie fiir das Normal-Modell und unterliegt nur folgenden Veriinderungen einiger Stellpunkte. Die Arinlochtiefe Fnnkt G vvird so w e hi bei corpulenten als audi hei dickeu Personen nicht mehr mit '/4 * eingestellt, sondern vermindert sich naehfolgend: Fiir die Obenveiten his 50 cm Arinlochtiefe O — G 1 * » )1 von 51 — 54 cm Arinlochtiefe O—G 1 * 1 cm „ 55—60 „ „ „ „ 1 * -4- 2 „ „ 61—65 „ „ „ „ 1 * -4- 3 „ Die Construction fiir corpulente Personen unterliegt weiter keinor Veriinde- rung; das Nachfolgende gilt nur fiir dicke Personen. Beim Punkte A (sielie Fig. 16) wird das Riickentheil um 1 / 2 cm hereinge- stollt um Raum fiir den bei dicken Personen gerundeten Riicken zu bekommen. Punkt F unterliegt insoweit einer Veranderung, als er von der E Linie aus nicht wie beim Normal-Modelle mit 1 / B *, sondern mit y 4 * eingestellt vvird. Als Zugabe zum Viertel der Untervveite von E2 nach C geniigt 1 cm, da der Ausschnitt beim Seitentheile gering sein soli. Dafiir vergrossert man aber die Zu¬ gabe von E2—J um jenen Betrag; stellt daher E2 J — 1 / i J—G -j- 5 cm ein. Punkt L wird mit 1 / s * -4- 1 cm eingestellt, die Brusteontur gelit bei L um 1 cm hinter die Linie. Die Veriinderungen sind, nachdem in der Hauptsache die 3 Masse aiiein schon eine angemessene Construction herstellen, nicht be- deutend, und konnen die einzelnen Stellpunkte nach einigen Erganzungsmassen leicht berichtiget vverden. Die Construction des Sacco fiir corpulente und dicke Personen, insovveit sie nicht unter Anlage des Rockmodelles geschieht, ist dieselbe vvie beim Normal- Modelle unter der gleichen Veriinderung obenervvaluiter Stellpunkte. Der Zvveck meiner Lehrmethode liegt vveniger darin, um dem Lernenden empirische Grundsatze einzupriigen, als ihn uber das „warum,“ und den Zusaminen- hang der Stellpunkte aufzukliiren. Weiss er dieses, so gibt ihm sovvohl die Praxis, als auch jedes einzelne Ergiinzungsmass bald Mittel an die Hand, vvonach er sich richten kann. Es ist hier der Ort eine allgemeine Bemerkung einzufiigen, betreff der rich- tigen Vertheilung der Untervveite. Es liegt vveniger, bei den in der Taille nicht geschlossenen Rocken, fast gar nichts daran, ob der Punkt K (vvelcher den Taillen - Einbug markirt) um 1 cm mehr oder vveniger hereingestellt ist. Wichtig ist nur die riehtige Einstellung der Untervveite von (lem Mittelpunkte E2 nach vorn zum Punkte J. ♦< 17 Bei einer zu grosseo Vorstellung des Punktes J w(irde der gesehlossene Rock vom Leibe abstehen, bei einer zu geringen aber den Punkt F (Halsspitze) aus der riehtigen Lage bringen. Das grossere Uebel liegt daher im letztercn Falle. Benke man sich einen gescblossenen Rock oder eine Uniform, wie dieselbe in der Taille vorne zu eng, — wenn geknopft, — die obere Rockpartie unter das Kinu sehiebt, wahrend dei Kragen vom Halse absteht; — oder einen Ueberroek, welcher trotz uberfliissiger Weite um die Taille, vorne auseinandergeht, und man wird von der Wichtigkeit der riehtigen Einstellung des Punktes J uberzeugt sein. Meine. Methode ist darauf eingerichtet, diesem irreparablen Fehler miiglichst auszuvveichen. Entgegengesetzte Fehler ergeben sich selten und konnen dureh Messung der Weichenbreite oder dureh die in zweifelhaften Fallen ohnehin iibliche Anprobe leicht beseitiget werden. Wie man tibrigens dureh Messung der Wei- ehenbreite die entsprechende Vertheilung der Untenveite jederzeit bewerkstelligen kanu, wird in einem spateren Oapitel — bei Erklarung der Messungen, behandelt werden. XY. Capitel. Die Construction der Rockschosse und des Aermels fiir dicke Personen. Tafel V, Fig. 17. Die Aufstellung der Rockschosse gesehieht in der bisher gelehrten Weise mit dem Untersehiede, dass man dem bei dicken Personen nach vorne stets liingeren Vordertheile Rechnung triigt, daher die rordere Contur um 2 cm unter den Punkt A, oder unter die vvagreclite Linien stcllt (vertieft). Als Zugabe fiir das Anhalten der Schoss geniigen bei dicken Personen z cm , unter Umstanden sogar nur 1 cm, wenn die Hiiften ganz flach sind. Als Zugabe fiir das Gesass sind je nach der Starke desselben 6 — 8 cm einzustellen. Fig. 17 gibt im Uebrigen ein klares Bild von der Aufstellung der Schoss, und gilt alles fiir die Construction der Schosse in den vorigen Capiteln Gesagte, nainentlich beziiglich der Anlage und Messung der Theile, auch fiir diese Schosse. Die obere Breite des Aermels tur dieke Personen kann nach der Ein- heit, besser aber noch nach der gemessenen Armlochvveite eingestellt werden, da die Starke des Armes unabhangig von den anderen Proportionen eine sehr ver- schiedene sein kann. • ♦< 18 >♦ XYI. Capitel. Die Construction des Gilet. Dargestellt auf Tafel VI, Fig. 18, 19 u. 20. Das Gilet kann obenso aufgestellt werden wie der Eock, da es die Bestim- mung bat denselben Korpertheil zu bekleiden. Da man jedoch uber den Zusammenhang beider Tlieile geniigend aufgeklart ist, so ist es einfacher, zuerst das Vordertheil und dann das Riickentheil, jedes separat, aufzustellen. Zur Construction dient das Mass der Obenveite und der Unterweite, wozu noch die Lange des Gilets von der Ruckenmitte aus zu messen ist. Man zielit von O nach 0,2 (siehe Fig. 18) eine wagrechte, 1 / i Oberweite oder 1 *, lange Linie, und von beidon Punkten senkrechte Linien hinunter. Auf der vordern O-Linie stellen wir zuerst den Punkt der Armlochtiefe, Punkt G, mit 1 / i Obenveite = 1 *, dann von dort nach J den Betrag der halben kurzen Taille, liier bei 45 cm also 22 7 2 cm, Punkt J. ein und ziehen nach D und II wagrechte Linien. Vom Punkte J hinunter stellen wir die gemessene Giletlange, Punkt Ji ein. Normal betriigt die Verliingerung des Gilets von der Taillenlinie zum Punkte Ji 15 cm. Diese Entfernung \vird halbirt und der Punkt Ji mit derselben miter dem Punkte H mit einer Linie verbunden. An der senkrechten 05-Linie stellen wir 3 cm filr die Schulterspitze Punkt L1 ein, \velcher 1 cm von der Kant nach Innen bezeichnet wird. Vom Punkte D wird wie beiin Ročke V 4 * = 6 cm die Armlochvortritt-Linie E nach El gezogen und von dort die Halsspitze J’mit J / g * +• 1 cm eingestellt. Die halbe Unterweite wird beiin Gilet vom Punkte H nach vorn eingestellt und Punkt Jje nach Mass hinaus verlegt. Zur Ervveiterung liber die Brustcontur Punkt G und J geniigen fur ein einreihiges Gilet 3—4 cm. Nun ivird die Contur in der auf Fig. 18 ersichtlichen Weise gezogen. An der Linie E ist ein Hereingehen der Contur um 2 cm vor die Linie und bei Punkt H ein gleiches von l*/j cm nothwendig. Zur Aufstellung des Ruckentheiles (siehe Fig. 19) wird von O nach M eine kurze wagrechte Linie gezogen und die obere Rtickentheilbreite mit 1 / i * + 1 cm eingestellt. Punkt A wird 1 cm unter der Linie bezeichnet und von demselben aus fur die Hohe der Schulternaht Punkt Al 1 / 3 * = 8 cm, sodann der Betrag der Armlochtiefe des Vordertheiles = 1 * mit Zngabe von 1 cm, Punkt B, und endlich von dort mit der halben Taillenlange Punkt C eingestellt. Beim Punkte C werden fur die nothige Ausbreitung 3 — 4 cm eingestellt und von A aus eine schršige Linie hinunter gezogen. Die Breite des Ruckentheiles liber die Schulter ergibt die Messung der Schulternaht des Vordertheiles von F bis Ll, \velcher Betrag vom Punkte M nach N eingestellt wird, dieselbe betriigt normal 3 /i * = 18 cm. «. ♦< 19 >* • I)ie Breite des Buckentheiles wird im Armloehe gleieh dem Vordertheile mit '/ 4 *, in der Hiifte mit der lialben Untenveite von der inncren Linic ans gcmcssen, eingestellt. Es kann auch das Vordertheil an das Biickentheil angelegt werden und die ganze Weite zusammen nacli vorn bis zur Brustmittenlinie gemessen vverden. Bei dicken Personen geniigt die Einstellung der Achselspitze des Vorder- theiles mit nur 1 / s * (ohne Zugabe) von der JS-Linie aus. Auch ist boi H eine geringere, oft gar keine Schweifung fiir die Htiften nothig. Im Uebrigen bleibt diese Aufstellung bei allen normalen Korpern die gleiche. Fig, 20 zeigt ein Gilet ohne Kragen. Dasselbe wird genau so construirt \vie bei Fig. 18 und 19 erklart wurde. An der Achselspitze F ist ein Einschnitt zu machen, wohin ein 8 cm breiter Zwickel, dessen Verlangerung zum Stehkragen iiber das Biickentheil dient, einzusetzen ist. und welcher den nothigen Anschluss an den Hals beiverkstelliget. Diese Form ist genau jene des Gilets zur Beamten- Uniform. Fiir diesen Zweck sind laut Vorschrift 7 Locher einzuschneiden. XYn. Capitel. Die Construction des Dienst- und Gallarockes zur Beamten-Uniform. Dargestellt auf Tafel VI, Fig. 21, 22, 23, 24 und 25. Nachdem in Folge der Verordnung iiber die Uniformirung der k. k. Be- amten voraussichtlich mancher Fachcollege in die Lage kommen wird, Uniformen anzufertigen, babe ich anstatt anderer Fa^onzeichnungen dieser Tabelle zwei Uni¬ formen angefiigt. Wie der Lernende aus dem Mangel jedweder Veriinderung an der Zeichnung ersieht, ist die eigentliche Construction ganz dieselbe, wie fiir die geschlossenen Taillenrocke. Durch.ist bei Fig. 21 u. 22, welche den sogenannten Dienstrock vorstellen, an der Achselnaht des Buckentheiles eine Erhohung, an der des Vor- dertheiles aber die entsprechende Vertiefung angedeutet. Es ist namlich iiblich bei Uniformen die Achselnaht hoher iiber die Schultern zu construiren. Diese Veriinderung zeigt iibrigens auch wie man in jedem beliebigen Falle verfahren kann, falls man die Achselnaht hoher stellen vvill. Die Breite der anzusetzenden Bevers bestimmt die Vorschrift und ist auf der Zeichnung ersiehtlich. Das Biickentheil (Fig. 22) ist mit der Biickentheilschoss aus einem Stticke. Fig. 23 zeigt den Aermel zum Dienstrocke. Derselbe erhšilt namlich einen 9 cm breiten Aufschlag mit einem Passepoil von der Farbe jenes Bessorts, welchem der Beamte angehort. Beim Aermel, welcher gewohnlich zu construiren ist, kann in der Hohe des Aufschlages ein Einschlag von 2 — 3 cm in der Lange gelassen werden, da sonst eine etwa nbthige Verlangerung des Aermels nicht moglich wšire. Fig. 24 zeigt die Construction des Kragens und verweise ich diesbeziiglich auf die im Capitel VIIT, betrpffend die Kragenconstruction, gegebene Erkliirung. 2 * ♦< 20 >♦• Fig. 25 stellt das Vordertheil des Galla-Uniformrockes dar. Das Kevers ist liier mit dem Vordertheile aus einem Stiicke, weshalb ein grosserer Brustaus- niiher als gewohnlich nothvvendig erscheint, derselbe inuss jedoeli dur eh cine entspreehendc Melirzugabe bcim Pnnkte J ivieder ersetzt vverden. Die Etickentheilschoss zu diesem Eoeke wird separat gesehnitten und an das Ruekentheil angesetzt. Da die Entfernung der Knopfe von der Kante vorgeschrieben ist, so ver- weise icli auf die im Oapitel VIII, beztiglich der Berechnung der Entfernung der Knopflinie von der Kante, gegebene Erklarung. Im allen Uebrigen ist sicli naeh der Vorsehrift zu halten, welche in jeder Buchhandlung erhaltlieh ist. XYIH. Capitel. Die Construction der Beinkleider. Bargestellt auf Tafel VII, Fig. 26, 27, 28 und 29, und auf Tafel IX, Fig. 38-41. Wie ich zur Construction der Bekleidung fur den Oberkorper die einfachste Metliode angewendet habe, ebenso construirto ich das Beinkleid in einer Jeder- mann verstandliahen Weise. Zu einem Beinkleide benothigen wir folgende Masse, deren nilhere Erklarung hier folgt: 1. Seitenliinge vom Hiiftenknochen bis zum Knie, und ganze Lange, 2. Schrittlange (vom hochsten Punkt des Spaltes, bis unten), 8. Bundweite, 4. Huften- oder Bauchvveite, event. Gesiissvveite, 5. Schenkehveite, 6. Knieweite, 7. Untere Weite. Die Messung der Htiftenweite (bei dicken Personen Bauchvveite) gibt uns genau an wie gross der Htiftenabstich beim Punkte O (siehe Fig. 26) zu machen ist, iudem wir das Plus zur gemessenen Bundvveite eino Hiilfte bei der Vorderhose als Abstich, die andere bei der Hinterhose als Einschnitt herausbringen und so einen guten Taillenschluss erzielen. Das Beinkleid lasst sich tiberdies auch mit Weglassung dieser Messung construiren, indem vvir bei schlanken Personen an der Vorderhose 4 — 5 cm, bei dicken Personen einen solchen von 1—2 cm machen, und an der Hinterhose einen Einschnitt von 2—3 cm herausnehmen. Streng an- liegende Beinkleider sind im Allgemeinen ohnehin nicht beliebt, und erhalten iiber- dies die nothige Correctur durch die Schnallenriemen. Auch die Messung der Gesiissvveite ist in den meisten Fiillen entbehrlich. Die hier dargestellte Construction der Beinkleider basirt zum Theile auf dem Eicliterschen Systeme, gibt einen guten Sitz des Beinkleides und ist als Modeli ausgeschnitten und mit vveit schvvierigeren Oonstructionen anderer Sjsteme ver- glichen, deuselben trotz der einfaehcn Aufstellung gleichvverthig. Das Beiukleid vvird in der Praiis ohne vorher ein Modeli auf dem Papiere zn zeichnen, sofort auf dem Stoffe gezeichnet und ausgeschnitten. Die Construction der Vorderhose (siehe Fig. 26), geschieht folgend: An der vor sich liegenden Stoffkante legt man den Winkel ari und zieht von O nach G eine wagreehte Linie. Vom Punkte O stellt man fiir schlanke Personen 4 cm fiir den Hiiftenabstich ein. Dann stellt man die Lange bis zum Kniepunkte G (hier 62 cm) und die Seitenlange (Punkt A) 108 cm ein und zieht vom letzten Punkte wieder eine vvagrechte Linie. Die Breite der Vorderhose wird unten gevvohnlich mit 20 cm eingestellt (Punkt L) und diese Breite halbirt (Punkt A'). Nun stellt man vom Punkte A hinauf die Schrittlange (Punkt B) hier 82 cm ein und zieht von dort als aucli vom Kniepunkte aus wagreehte Linien. Vom Hiiftenabstiche aus wird nach vor V 4 der Bundvveite (hier 21 cm) eingestellt und Punkt G bezeichnet. Nun verbindet man die Punkte G und F, vvodurch man eine schriige Linie erhiilt. Hat man die Hiiftenvveite gemessen, so vvird das Viertel derselben vom Punkte D, welcher sich circa 10 cm unter Punkt O befindet nach Dl eingestellt. Sodann legt man den Winkel an die schriige Linie G — F und zieht nach demselbem die obere Oontur, welche sich je nach der sehragen Linie unter den Punkt G vertieft. Ebenso vvird die Schrittspitzenlinie Punkt H mit Anlage des Winkels an die schrage Linie gezogen, vvodurch sich dieser Punkt unter die urspriing- liche von B aus gezogene Linie vertiefen muss. Die Entfernung des Punktes H vom Schrittvvinkel vvird mit 1 / 3 -J- 2 des Vicrtcls der Bundvveite eingestellt. Nachdem hier das Viertel der Bundvveite 21 cm betragt, so ist die Schrittspitze der Vorderhose Punkt H mit 1 / 3 — 7 + 2 == 9 cm einzustellen. Die Breite der Vorderhose beim Knic kann bei einem mitt- leren Verhaltniss mit der halben getnessenen Breite (hier 28 cm) eingestellt vverden. Jedenfalls ist zu beobachten, dass die Sehrittnahtcontur ziemlich gerade lauft, wenn auch (bei engen Hosen) dadurch die halbe gemessene Knievveite Iiberschritten vvare. Zur Erleichterung des Zeichnens einer richtigen Sehrittnahtcontur ziehe man sich unter Anlage des Lineals am Punkte K eine gerade Linie nach unten derart, dass dieselbe 1 cm hinter den Punkt L verlauft, nach ohen aber beiliiufig die Schrittspitzenlinie halbirt, wie dies auf Fig. 26 dargestellt ist. Sodann zieht man die Oontur vom Punkte L bis zur halben Entfernung des Punktes K mit Anlage des Lineals und von K aufvvarts massig geschvveift mit freier Iland bis zum Punkte II. Fiir die Schvveifung zum Punkte E vverden vom Schrittvvinkel aus 6 cm bezeichnet, fiir den Punkt Dl und G circa 1 cm von der Schraglinie aus zuge- geben und sodann die Schrittcontur von H bis E , D und G in mSssigcr Schvvei- fung ausgefiihrt. Eine Vorderhose vvird gevvohnlich „ausgeschnitten," zumeist die rechte. Der Ausschnitt betragt in der Schrittspitze 2 — 8 cm. Die Oontur dieses Ausschnittes ist aus der Zeichnung ersichtlich. Die Construction der Hinterhose (siehe Fig. 27) geschieht unter An¬ lage der Vorderhose in nachstehender Weise: Die Vorderhose ist mit der Schrittnaht moglichst parallel zu der gegeniiber liegenden Stoffkante aufzulegen. Durch diese Anlage wird erreieht, dass der Stoff ari der Gesassnaht der Hinterhose schriig geschnitten kommt, was sowohl fttr die Bequemlichkeit als anch fiir die Haltbarkeit der Hinterhose dient, da sich der Stot!' dehnen kann. Auch wird dadureh an der Seitennaht (bei gestreiften oder carrirten Stoffen) der richtige Streifenlauf erzielt. Nun bezeichnen wir uns zuerst jene Punkte, welche zum richtigen Apploinb der Hinterhose erforderlich sind, mag nun die Mode dictiren was sie will. Von der Schrittspitze H aus stellen wir mit dem Betrage yoii 4 cm die Schrittspitze der Hinterhose fest. Jetzt ziehen wir von der Mitte der Bundcontur der Vorderhose aus eine 12 cm hohe Linie nach JV, fiir die riickvvartige Spitze der Hinterhose und ver- binden diesen Punkt (JV) mit der Schrittspitze der Vorderhose (Punkt H) durch eine Linie. Nun verlangern wir die Bundcontur der Vorderhose nach Ol und stellen vom Punkte JV nach dort 1 / i Bundvveite mit Zugabe toii 4 cm ein. Vom Punkte Ol wird eine gerade Hilfslinie bis zu jenem Punkte beim Knie gezogen, welchen wir als Breite der Hinterhose bestimmen wollen. Auf Fig. 27, bei vvelcher die Vorderhose mit der halben erforderlichen Knie\veite aufgestellt wurde, lauft diese Linie von Ol direct auf die Kante der Vorderhose (Punkt C). Von der 4 cm betragenden Zugabe von JV —Ol wird 1 cm bei Ol abgebrochen und der Rest von 3 cm als Ausschnitt an der Hinterhose herausgeschnitten. Die Oontur der Gesiisslinie JV — H wird durch Verbindung der Schrittspitze der Hinterhose mit der Gesiisslinie der Zeichnung entsprechend ausgefiihrt, und ist somit die Oonstruction der Hinterhose in der oberen fiir den guten Sitz arn Unterleibe massgebenden Partie beendet. Die Breite der Hinterhose nach unten wird aber ausschliesslich durch die Mode oder den Wunsch des Kunden bestimmt, vvesshalb sich daruber bestimmte Vorschriften nicht aufstellen lassen. Im Allgemeinen gilt Nachstehendes: Bei mittelbreiten Beinkleidern wie sie auf Fig. 26 und 27 dargestellt sind, kann, falls die Vorderhose beim Knie mit der halben Knievveite construirt wurde, die Oontur der Hinterhose die Contur der Vorderhose beim Knie beiderseits be- riihren. Eine Zugabe fiir die Niihte soli stets an der Schrittnaht geschehen. Soli die Hose noch enger construirt werden, so kann die Linie von Ol bis unter den G Punkt der Vorderhose (siehe Fig. 29) gezogen vverden, vvodurch die Hinterhose beim Knie schmiiler als die auliiegende Vorderhose construirt wird. Diese Ver- engung der Hinterhose kann beliebig an der Seitennaht, darf jedoch nie bei der Schrittnaht, vorgenommen vverden. Der Fali einer Verbreiterung der Hinterhose beim Knie ist durch- bei der Fig. 27, ein anderer auf Fig. 29 ersichtlich. Eine sehr weite gerade Hose (dies gilt auch fiir den Zuschnitt von Unterhosen) kann durch die Oonstruction der Seitennaht der Hinterhose mit einer geraden Linie vom Punkte Ol nach A hinunter aufgestellt vverden. Die untere Weite der Hinterhose ist dem Masse entsprechend auf beiden Seiten (siehe die Punkte A und L) moglichst gleich zu vertheilen. >♦ • • ♦< 23 Die Coustruction dor Beiukleidcr fiir (ličke Personen, dargestellt auf Fig. 28 und 29, gesehieht nach denselben Grundregeln. Als Huftenabstich geniigt je nach der Banchweite 'J — 2 cm. Fiir dicke Personen wird die Bundcontur O — G ničli t mit Anlage des Winkels an die Schraglinie gezogen, soudern ist die Vorderliose iiber die ivagrechte Linie liinauf um 2 — 3 cm zu erholien (siehe Fig. 28), um fiir den hervortretenden Bauch die geniigende Hohe zu sehaffen. Als Zugabe fiir den Ausschnitt der Hinterhose von N — Ol geniigen 2—3 cm. Hat man die Gesassweite gemossen, so kanu dieselbe, vvie mit . - auf Fig. 29, angcdeutet mit einer Zugabe von 4 cm eingestellt und die Hilfslinie an der Seite darnaeh berichtiget werden. Bei den fiir dicke Personen aufzustellenden Beinkleidern ist iibrigens stets eine Verbreiterung der Schrittnahtcontur der Hinterhose beim Knie um 2 — 3 cm zu empfehlen, wogegen die nothige Verminderung der Weite an der Seitennaht vorgenominen werden soli. Nur dureh strenge Beachtung dieser in der Praxis bewahrten Regeln ist man im Stande ein tadelloses Beinkleid zu construiren, was desto wichtiger ist, da Constructionsfehler bei einem Beinkleide fasst irreparabel sind. Das die Hosentheile an den Kniepunkten genau zusammengesetzt iverden miissen, setze ieh als bekannt voraus. Der Hosenbund karm in einer Breite von 4 — 5 cm separat geschnitten und angesetzt, oder auch bei den Theilen zugelassen werden. Eine niihere Erklarung dariiber lialte ich fiir iiberfliissig. Fig. 38 und 39 auf Tafel TX zeigt die Coustruction einer eng anliegenden sogenannten Stiefclhose, welche namentlich zu Jagdcosttimen getragen wird, ebenso aber auch als Reithose Verwendung finden kann. Die Liingenmasse zu dieser Hose iverden ebenso genommen, wie zu den Pantalons und konnen dann nach Belieben unten gekiirzt werden. Die Breiten- rnasse werden straff um die Beine gemessen. Die Masse der Hiiften und Gesiiss- weite konnen hier mit Vortheil verwendet werden. Die Aufstellung der Vorderliose (Fig. 38) ist dieselbe als jene der Pan¬ talons. Bei der Conturzeichnung der Seitennaht ist unten ein Hereingehen von 4 cm, beim Knie ein solches von 3 cm nothwendig. Von diesen hereingestellten Punkten aus ist dann die halbe gemessene Weite einzustellen. Die Weite iiber die Wade kann ebenso gemessen und eingestellt werden. Die Construction der Hinterhose (Fig. 39) gesehieht miter Anlage der Vorderliose unter besonderer Beriicksichtigung der parallelen Anlage der Schritt- naht zur Stofifkante, damit die Gesasslinie moglichst schrag auf den Stoff con- struirt werden kann. Vom Schenkel herunter sind beide Theile gleich. Dureh _vom Schrittwinkel aus nach O und N habe ich angedeutet wie die riickwartige Spitze der Hinterhose gemessen werden kann, indem man vom Winkel aus die gleiche Lange zum Punkte O fiir die Hohe des Punktes N ein- stellt. Dies kann ebenso bei Pantalons geschehen. Fig. 40 u. 41 zeigt den Schnitt des Hosenbundes und der Sehnallenriemen. ■k 24 >♦ •— XIX. Capitel. Die Construction eines Ueberrockes nach einem Taillenrock-Modelle. Dargestellt auf Tafel Vlil, Lig. 30 u. 31. Die Grundlage zur Construction eines Eockes, welcher den Zweck hat, liber einem anderen Eocke getragen zu werden, mag nun derselbe welch’ immer eine Benennung haben, bildet das Modeli eines gewohnlichen Taillenrockes event. Saccos. Hitlt man sich vor Augen, dass ein Uebcrrock ohne Eueksicht auf die Form, welche man ihm geben will, denselben Korpertheil zu umhiillen hat als das zu- grundeliegende Modeli und dass er den unteren Eock vollstiindig bedecken soli, so ist es niclit zu schwierig den Ueberrock mittelst der erforderlichen Zugaben in der Breite und Lange resp. Holie dieser Bestimmung gemass zu construiren. Diese Methode ist schon deshalb praktisch, weil jeder verstandige Fachmann im Besitze eines guten ausprobirten Eock- oder Saeco-Modelles seines Kunden sein soli, wonach er dann alle beliebigen Ueberrocke construiren kann. Unter Zugrundelegung eines Taillenrock-Modelles konnen alle Arten Joppen, Eocke, Paletots, Miintel etc. construirt werden. Die Construction eines gewohnlichen saccoformigen Paletots kann auch direct nach jenen Grundsiitzen wie der Sacco aufgestellt werden; ebenso ein Taillen-Paletot. Ieh werde in einem nachfolgenden Capitel diese Aufstellung, welche sich namentlich fflr den Zuschnitt von Paletots auf Lager eignet, speziell behandeln. Die Construction eines Paletots (Ueberzieher, Winterroek), unter Zugrunde¬ legung einer Eock-Taille, geschieht in nachstehender Weise: Man beginnt mit dem Eiickentheil; nachdem man an der Stoffkante eine schrage Linie fur den erforderlichen Schlitz gezogen hat, legt man das Eiicken- theil des Modells (siehe Fig. 30) 1 cm von dieser Linie entfernt an und zeichnet das Eiickentheil beim Halse mit einer Zugabe von 1 cm, an der Spitze der Achsel mit 8V, cm Erhohung ab. Jetzt bestimmt man die beliebige Breite des Eticken- theiles bei C und legt das Seitentheil so an, dass es liber die Schulter und im Armloche mit dem Eiickentheile zusammenschliesst, worauf man die Armlochcontur wieder mit einer Verbreiterung von 1 cm abzeiehnet. Die geringste Breite des Eiickentheiles eines ganz anliegenden Ueberrockes soli in der Taille Punkt C—Gl nie unter 1 / 3 der lialben Untervveite betragen. Bei diesem engen Anschlusse erscheint eine Verbreiterung liber das Gesiiss nothig, weshalb man 1 —2 cm vom Punkte Gl entfernt eine rechtwinkelige Linie nach unten zieht und sodann die angedeutete Contur von Cl nach unten beendet. Ver- afiderungen bedingt hier lediglich die Mode und der Zweck des Kleidungsstlickes und geben namentlich die Modenzeitungen stets die zeitgemassen Veriinderungen der Formen an. Das Vordertheil (Fig. 81) wird folgend aufgestellt: An der Stoffkante bestimmt man zunaehst die Breite des Ueberschlages. Fur einen einreihigen Ueberrock genligen daflir 6—8 cm, fur einen zweireihigen 10 — -12 cm und zieht sich die Ueberschlagslinie. Nun legt man das Vordertheil- • ♦< 25 >♦ • Modeli bei J um 1 cm hinter diese Lime entfernt so an, dass die wagrechte Taillenlinie J—K mit der Ueberschlagslinie in einen rechten Winkel zu stehen kommt. Diese Lage des Modells ist auf Fig. 31 mit Anlage eines Winkels angedeutet. Jetzt ftihrt man von J aus die Ueberschlagslinie gleichmassig 1 cm vom Modelle entfernt bis L aus. Audi bekommt das Ueberrock-Vordertheil am Halsloche und an der Aehselnaht 1 cm Zugabe. An der Spitze der Vorder- theilaehselnaht im Armloehe ist eine Zugabe deshalb nicht nothwendig, weil an jener Stelle das Ruckentheil um den doppelten Betrag erhoht wurde. Nun wird zum Abschnitte jenes Stuckes vom Seitentheile, welcher hier mit X X X X (Durchsehnittspunkten) bezeiehnet ist, eine Verbreiterung von 2 cm zugegeben und daran die Kichtungslinie ftir die Seitennaht gezogen. Die Oontur wird sodann in der Taille mit einer Schweifung von 1—2 cm ausgefiihrt. Besondcre Vorsicht empfehle ieli bei der Bezeichnung der Seitennahtspitzen im Armloehe. Punkt NI des Riickeutheiles karm beliebig hoher oder tiefer gc- stellt werden; zu beobachten bleibt dabei, dass die Erhohung oder Vertiefung desselben im gleiehen Masse auch beim Vordertheile vorgenommen wird. Das Armlocli des Ueberrockes wird um 1 cm vertieft und soli entgegen der am Taillenrock-Modelle befindlichen eiformigcn Form, eine runde Form bekommen. Das Vordertheil bekommt ahnlich dem Sacco vorne nach unten eine Ver- liingerung von 3—4 cm. Fig. 31 zeigt das Vordertheil des Ueberrockes in einreihiger Form, als auch mit.angedeutet in zweireihiger Form. Es ist hier der Ort die Bemerkung liber die Ticflagc der Scitentasehen der Ročke einzufugen. Diese Einstellung ergibt sich selbstverstiindlich aus der Armliinge und wird folgend bestimmt: Man legt ftir Ueberrocke das Oentimeterband mit dem Betrage der Rticken- breite, hier 22 cm (auf Fig. 31 bei Punkt F 1 angedeutet), an der Halsspitze des Vordertheiles an und bestimmt die Lange des Aermels (hier mit 82 cm angedeutet) als Tieflage der Taschen. Bei Saceos werden die Taschen hoher angebracht. Man bricht den Betrag der Riickenbreite ebenso bei F ab, und stellt die Taschen 3—4 cm hoher, als es die Aermellange angibt, ein. Die Seitentaschen sind uberhaupt so einzustellen, dass der Arm bei einer geringen Krummung desselben darin einen Ruhepunkt findet. Ein genaues Studium der Zeichnung gibt im Uebrigen dem Lernenden bes- sere Anhaltspunkte, als es eine noch so genaue Beschreibung zu geben vermag. 26 XX. Capitel. Construction eines Mantels (fiir die Beamten - Uniform und fiir Mentschikoffs). Dargestellt auf Tafel VIII, Fig. 32, 33 u. 34. Man beginnt mit der Construction des Eiickentheiles. Nachdem man sich 12 cm vom Stoffbruche entfernt eine zu demselben parallele Linie fiir die Quetsch- falte gezogen hat (siehe Fig. 32) zieht man von A 1 cm und von C 4 cm ent¬ fernt eine schriige Linie nach unten, an welche das Rtickentbeil-Modell angelegt wird. Die Anlage des Eiickentheiles an diese Schraglinie hat den Zweck das Aus- einandergehen der Quetschfalte liber dem Eiicken zu verhindern. Das Seitentheil wird nun zum Etickentheile so angelegt, dass es im Arm- loche bei NI schliesst und wird mittelst Anlage des Winkels von der Seitentheil- spitze aus eine mit der Schraglinie parallel laufende Eichtungslinie fiir die Seiten- naht des Riickentheiles nach unten gezogen. Die Zugaben zum Modeli sind an der Zeichnung ersichtlich und betragen im Armloche und Halsloche je 1 cm, vvahrend an der Achselspitze eine Erhohung von 27 2 cm stattfindet. Die Patte und die Schlussspange sind bei Uniform manteln Sache der Vor- schrift. Dei Mentschikoffs oder Manteln fiir den civilen Gebrauch vverden Spangen mit 2 oder 4 Knopfen zum Schliessen angebracht. Fiir das Vordertheil (Fig. 33) wird ebenso wie beim Paletot zuerst die Ueber- schlagslinie, welche beim Uniform-Mantel 12 cm von der Stoffkante entfernt sein soli, gezogen. Sonst richtet sich die Construction der vorderen Partie ganz nach Belieben und Mode. Nun wird das Vordertheil-Modeli je nach der Dicke der Unterlage, welche der Mantel bekommen soli bei J" um 1—2 cm von der Ueber- sehlagslinie nach innen entfernt. vvieder so angelegt, dass die Taillenlinie J—K des Modelles in einen reehten VVinkel mit der Ueberschlagslinie zu stehen kommt. Bei der Ausfiihrung der Ueberschlagslinie nach oben kann bei G stets 1 cm mehr als bei J zugegeben vverden , damit die Brusteontur die zum Einbiigeln iiber die Brust nothige Rundung erhiilt. Die Zugaben im Halsloche und an der Aehselnaht, ebenso die Vertiefung des Armloches ergibt die Zeichnung. Zur Be- zeichnung der Eichtungslinie fiir die Seitennaht des Vordertheiles werden vom mit X X X X (Durchschnittspunkten) bezeichneten zum Riickentheile zugegebenen Abschnitte des Seitentheiles gleichmassig 4 cm zugegeben und daran die Richtungs- linie fiir die Seitennaht gezogen. An der Spitze des Vordertheiles im Armloche kann die Contur J cm nach innen, ebenso auch eine Schvveifung in der Taillo construirt vverden. Figur 34 stellt dar die Construction eines Kragens zum Uniform-Mantel, vvelcher jedoch in ahnlicher Weise auch fiir jeden Rock mit sogenanntor „Steh- brust,“ d. h. vvenn derselbe unter dem Halse geschlossen getragen vverden soli, construirt vvird. Im Allgemeinen bemerke ich noch, dass die Zugaben von je 1 cm Verbreiterung nur dann geniigen, vvenn der Ueberrock ein gevvohnliches • ♦< 4i i >♦ * diinnes Futter erhalten soli. Wollte man jedoch den Uoberrock oder Mantel mit einer sehr dieken Unterlage versehen oder wattiren, so sind nach Massgabe alle Zugaben bis zu hochstens 2 cm zu vergrossern. Ueberroeke uod Mantel konnen iibrigens auch unter Zugrundelcgung dcs Saeco-Modelles eonstruirt werden, indem man zum letzteren an der Riicken- naht, bei den Seitenniihten und an der Brust, Zugaben von je 1- — 2 cm einstellt und ebenso an der Achsel und zum Halse die nothigen Zugaben macht, welehe die Bedeckung des unteren Rockes bedingt. Die Riickenbreite in der Taille muss selbstverstandlich dem Zweeke des Kleidungsstiickes entsprechend eingestellt werden. Eine Erhohung an der Achselspitze entfallt, falls beim Sacco-Modeli jener Punkt bereits erhoht wurde, und gen.ligt in diesem Palle eine gleichmiissige Ver- breiterung von 1 cm iiber die Achselnaht des Modells. Das Armloeh ist gleichfalls um 1 cm zu vertiefen, soli jedoch an der Brust nie mehr als das Modeli ausgesehnitten werden, da die nothige Erweiterung durch Zugabe bei den Seitenniihten erzielt \vird. XXI. Capitel. Construction des Sacco fiir dicke Personen. Dargostellt auf Taf. IX, Fig. 42. Um dem Lernenden die Construction des Rockschnittes unter veriinderten Masssiitzen vor Augen zu fiihren, habe ich in Fig. 42 einen Sacco auf Grundlage nachstehender Masse ausgefiihrt: Oberweite G—B 54 cm; Unterweite J—C 58 cm; Ruckenliinge (kurze Taille) A — C 44 cm. Eine Person mit diesen Mass- verhaltnissen gehort nach den im Capitel XIV gegebenen Erklarungen zu den dieken Personen, und sind die Stellpunkte daher genau nach jenen Grundsiitzen aufgestellt. Zur Construction der Richtungslinie der Seitennaht beim Sacco erwiihne ich, dass eine Linie vom Punkte NI herunter iiber den Gesasspunkt bis zur Rtieken- theilcontur (circa 15 cm unter der Taillenlinie) gezogen die sicherste proportionalle Construction der Seitennaht des Vordertheiles bildet. Diese Construction resultirt daraus, weil bei normalen Verhiiltnissen die Gesassvveite gleich der Ober\veite ist. Der Punkt K wird vom Punkte E2 aus mit Zugabe von 1 — -2 cm einge¬ stellt und richtet sich nach dem gewiinschten Anschlusse des Saccos. Keinesfalls darf Punkt K iiber die Richtungslinie hinaus eingestellt vverden. Die Nahtcontur muss jedoch vom Punkte K hinunter stets so ausgefiihrt \verden, dass sie am Gesiisspunkte die Richtungslinie wieder beriihrt. Abvveichun- gen hievon bedingen nur verminderte Gesassweiten. Soli der Sacco vorue ganz geschlossen getragen werden, so bildet der an der Taillenlinie J—K angelegte Winkel die Erkliirung, wie der Lauf der vorderen Kante von J herunter zu con struiren ist. —28 >♦ • — Bei dem filr dicke Personen aufgestellten Taillenroek- Modelle. auf Tafel V, Fig. 16, hat das Riickentheil beim Punkte A 1 I 2 cm grossen Abstich, wahrend beim Sacco auf Fig. 42, welcher gleichfalls fiir dicke Personen construirt ist, dieser Abstich am Riickentheile nicht ersichtlich ist. Durch die Hereinstellung des Riickentheiles bei C um 2 cm von der geraden Linie und Ziehens der Schrag- linie fiir die Riickentheilnaht vom Punkte Al aus habe ich dasselbe erreicht. Dieses Beispiel zeigt, wie man bei mancher Construction aus verschiedenen Ursachen oft auf anderem Wege das Gleiche zu erreichen trachten muss. Soli der Rock aus einem auffallend gestreiften oder carrirten Stoffe geschnitten werden, so wiirde der Abstich des Riickentheiles bei A keinesfalls am Platze sein; bei carrirtem Sacco ist es sogar nothig, das Riickentheil im Bruche zu schneiden und demselben durch Einbiigeln in der Taille jene Form zu geben, welche das Modeli darstellt. Um das Papier-Modell unter dem Gesiisspunkte, wo die Seitennahtcontur des Vordertheiles iiber das Riickentheil hinauslauft nach dem Absehnitte des Riickentheiles nicht anstiickeln zu miissen, karm das Riickentheil an der mit bezeichneten Stelle abgeschnitten werden, da die Terlangerung nach unten beim Zusehnitte auf den Stoff gezeiclinet werden kann. Das Gleiche gilt bei der nach- folgenden Figur. XXII. Gapitel. Die Construction des Ueberrockes nach dem Proportional-Systeme. Dargestellt auf Tafel IX, Fig. 43. Es diirfte gewiss jedem Lernenden die Erklarung willkommen sein, wie man einen Ueberrock ohne Zugrundelegung eines Taillenrock-Modelles, oder wie es bei manchem Systeme tiblich ist — Grundmodelles — construiren kann. Ich nehme an und bin davon iiberzeugt, dass der Fali sehr oft eintritt, dass man dem Kunden zuerst einen Ueberrock anfertigen muss. Ist nun derselbe „gut gebaut“ (so dass man keine Hilfsmasse benothiget), so liisst sich nach meiner Erfahrung fiir denselben ein Ueberrock ebenso sicher direct aufzeichnen, als cin Taillenroek oder ein Sacco. Ich wiirde sogar behaupten, dass diese Methode fiir den noch nicht prak- tischen Anfiinger sicherer ist, als die Construction unter Zugrundelegung eines Modells. Ausserdem eignet sich aber dieselbe bestens fiir die Construetion von Modellen fiir den Lager-Zuschnitt und ist, da ich die direete Construction des Sacco gelehrt habe, ebenso leicht ausfiihrbar als die letztere. Nachdem ein Ueberrock die Bestimmung hat, iiber einem anderen Ročke getragen zu \verden, welehen er vollstiindig bedecken soli, so muss derselbe, ob er nun ein saccoformiger oder ein Taillen-Paletot sein soli, im Ganzen entsprechend breiter und beim Halse hoher sein. 29 >~- Die Oonstruetion bleibt also, abgesehen von den durch die Mode und Form bedingten Veriinderungen, den ober dem Gilet zu tragenden Rocken vollkommen gleich. Das Modeli Fig. 43 ist daher genau nach jenen Grundsatzen aufgestellt, als der Saceo, und bedarf nur einer unwesentlichen Erklarung. Ftir einen gewohn- lichen Ueberrock genugt in der Breite von O —Ol eine Verbreiterung von 2 cm. Wenn wir nun ftir eine iiber dem Gilet gemessene Oberweite von 48 cm zur Oonstruetion eines Ueberrockes eine solehe Ton 50 cm annehmen, wie dies auf Fig. 43 dargestellt ist, so haben wir die Oonstruetion um 2 cm , den Rock daher im Ganzen um 4 cm verbreitert. Die Tbeilungseinheit nun betragt 25 cm. Die Armloehtiefe wird vom Punkte O mit 74 * + 1 cm eingestellt. Beim Riickentbeile wird die HalscOntur bei A um 1 cm und bei Punkt M, welcher mit 73 * eingestellt werden kan n, um 2 cm erhoht. Diese Erhohung ge- nligt, da auch der Stelikragen ftir den Ueberrock breiter sein soli. Die Riickenbreite wird mit 3 /i * + 3 cm eingestellt. Die Breite des Ruckentheiles in der Taille ist Sache der Mode; bei Fig. 43 betriigt dieselbe 16 cm. Eine Hilfslinie vom Punkte Cl um 1 cm liinaus entfernt gezogen, verbreitert die Riickentheilcontur nach unten um 1 cm. Punkt NI karm beliebig tief gestellt werden. Das Armloch wird rund ausgefiihrt. Die Richtungslinie ftir die Seitennaht des Vordertheiles lauft vom Punkte NI herunter iiber die Kreuzung des Riickentheiles am Gesiisse circa 15 cm unter der Taillenlinie. Punkt K wird vom Punkte E2 aus mit ebensoleher Zugabe wie beim Sacco gelehrt wurde (4 cm) eingestellt. Die Halsspitze F wird mit 1 / 3 * + 1 cm ein¬ gestellt. Punkt L kann je nach geiviinsclitem Schlusse unter dem Halse beliebig eingestellt \verden. Die Linie vom Punkte Ll ergibt sich wie gewohnlich aus der halben Lange des Ruckentheiles von A — Al. Zur Brustcoritur L — G—J kann je nach Bedarf fiir diinne Stoffe weniger, fur dicke mehr, uberall 1—2 cm mehr als fiir den Sacco zugegeben werden. Der Ueberschlag ist fiir einen einreihigen Ueberrock mit 6 cm, fiir einen zwei- reihigen mit 12 cm angezeichnet. XXIII. Capitel. Darstellung der Schossrichtungslinie. Tafel IX, Fig. 44. Zum Schlusse der Abhandlung iiber die proportionalen Schnittconstructionen eriibriget mir noch die Erkliirung, wie man sich durch Anlage des Seitentheiles an die nach unserer Methode bereits fertig gezeichnete Schoss, von der dem Taillen- einbuge resp. der Gesassstiirke entsprechendeu Wolbung der riickiviirtigen Schoss- partie iiberzeugen, oder dieselbe je nach Umstiinden berichtigen kann. • ♦< ;] O >♦ * Man lege das Seitentheil wie Fig. 44 darstellt an die gezeichnete Schoss- contur, welche der Oontur des Seitentheiles von der riickvvartigen Spitze bis zum Punkte II egal sein muss, an, und verbinde das Seitentheil an der Schulterrun- dung hier Punkt O mit dem Gesasspurikte F durch eine Liuie. Bei ganz an- schliessenden Eocken und starkem Gesilsse kann nun der Tailleneinbug (resp. die Gesasswolbung der Schoss) 8 cm betragen. Im Gegentheile kann der Abstand der riickvvartigen Schossspitze derart berichtiget werden, dass deren Entfernung von der Richtungslinie nur 1 —-2 cm betriigt. Dies wird damit bewerkstelliget, dass man das Seitentheil entsprechend nach riiekvvarts sehiebt und die Schosseontur vom Gesilsspunkte auftviirts darnach berichtiget. oder dass man den Gesasspunkt F um 1 — 2 cm hereinstellt und sich von dort aus die Richtungslinie nach unten zieht. Ueber das Massnehmen und die Construction der Schnitte fiir abnormale Korperhaltung. Schon derUmstand, dass ich fiir abnormale Korperhaltung und Bauart auf besondere Hilfsmessungen verweise, deutet darauf, dass der Massnehmer bereits beim Nehmen der gevvohnlichen Masse durch das Auge von der Abnormitat des Korpers iiberzeugt werden muss. Freilich gehort dazu ein ziemliches Stiick Praxis, vvelche aber dadurch, dass man jeden zu messenden Korper genau ins Auge fasst, das Mass also nicht blindlings nimmt, in kurzer Zeit erworben werden kann. Es gibt Falle, wo uns das Mass eher trugt als das Auge. Die Schvvierigkeit einer absolut sicheren Korperausmessung betonen alle Fachautoritaten und selbst die grundlegende bis ins kleinste Detail vvissensehaftlich durchgedachte Theorie Gustav Adolf Miillers, des vveltbekannten Begriinders der europaischen Moden- akademie in Dresden, die Anthropo-Trigonometrie, konnte diese Schwierigkeit nicht vollends ubenvinden. Deshalb scheiterten auch alle Versuche mit der soge- nannten „directen“ Construction, bei wclclier alle Stellpunkte des Sclinittes durch blosse Messung gcfunden rverden miissen. Erst die Erfindung eines Messapparates durch Herrn Anton Gunkel, Zuschneidelehrer an der Dresdener Akademie, ermoglichte die sichere Anwendung eines Sjstems, an dessen Vervoll- kommnung sowohl G. A. Miiller als auch Gunkel Jahrzehente lang arbeiteten. Aus diesem Gfrunde lialte ich bei jeder proportionalen Metiiode ein gutes Augenmass fiir das beste und unentbehrlichste Hilfsmittel sowoiil beim Massnehmen als beim Zuselineiden. Meine Methode hat auch den ausgesprochenen Zweck, dem Lernenden einen genauen Begriff von den Korper- und Constructionsverhaltnissen in ihrem Zusam- menhange zu geben, und zwar fiir den schonen ebenmiLssig („normal“) gebauten XXIY. Dargestellt auf Tafel X. * ♦< 31 >* •—' Manneskorper. Je mehr man sieh die Bauart und Haltung solcher normaler Korper vergegenvvartiget, desto empfindlicher wird das Auge fiir Abnormitiiten. Nachdem aber der Schnitt nichts weiter sein kann als ein Abdruck der Korperverhaltnisee, wird es einem denkenden Fachmanne nicht sehwer fallen, die normale Construction an jenen Stellpunkten zu venindern, an welchen das Auge am Korper Fehler (Abnormitaten) fand. Das Verfahren der Abanderung ist ein zweifaches. Entvveder stellt man zu- erst den sicli aus den Oonstructionsmassen ergebenden Sehnitt auf und berichtiget denselben, oder man stellt denselben sofort der Bauart oder der Korperhaltung entsprechend, mittelst Veranderung der beziigliehen Stellpunkte, auf. In beiden Fallen dienen uns als Anhaltspunkte fiir die verlinderte Construc¬ tion neben dem Augenmasse gewisse genau zu nchmende Hilfsiucssungen. Bevor ich diese Hilfsmessungen erkliire, bemerke ich, dass dieselben in ihrer Giinze. d. h. zusammengenommen die Korperhaltung bestimrnen, dass aber auch jede einzelne Messung fiir sich speziellen Werth hat und als solche auch bei der Construction zu venvenden ist. Es ist unmoglieh alle vorkommenden Falle abnormaler Haltung und Korper- verhaltnisse zu envahnen, welche, wenn auch geringftigig, docli den Sitz der Klei- dung beeintrachtigen, da es auch solche gibt, welehe nicht durch den Zuschnitt allein, sondern in grosserem Masse durch eiue entsprechende Bearbeitung des Kleidungsstiickes behoben werden konnen; doch glaube ich, dass jedermann mit den auf Fig. 45 dargestellten Hilfsmessungen in den meisten Fallen (wenn wir noeh die Anprobe dazu rechnen) das Auslangen finden wird. In der vorliegeuden Figur 45, bei welclier durch Anlagc des abge- schnittenen ltuekentheiles gezeigt uird, wie sicli die Contur desseibeu znr Seitentlieilcontur verlnilten limss, und welche gleichzeitig die separate Aufstellung des Riickentheiles und des Vordertheiles andeutet, ist durch Anlage des Centiineter-Bandes das Nehmen von funf Hilfsmassen dargestellt. Wir benonnen dieselben: 1. Das Avaneement oder „Yortreten des Armloehes." Man setzt das Massband mit dem Anfange an die Eiiekenmitte Punkt B an und misst von dort unter dem Arine sovveit nach vor, als es fiir den Aus- schuitt des Armloehes nothig scheiut. Wenn man sich eine senkrechte Linie am Vorderarme herunter gezogen denkt (siehe Fig. 1 auf Tafel I), oder ein Lineal knapp an jene Stelle anlegt. iindet man leicht das richtige Mass des Avance- XXY. Darstellung der Hilfsmessungen. Tafel X, Fig. 45. — • ♦< 82 >♦ • ment. Bei normalen Verhaltnissen betragt dasselbe wie schon erwahnt 1 cm we- niger als 1 / 3 der ganzen Oberweite. 2. Die IVeiehenbreite. (Siehe die Punkte II—G auf Fig. 2, Tafel I and auf Tafel X, Fig. 45.) Die Wichtigkeit dieser Mcssung wurde schon im XIV. Ca- pitel erwahnt. Es gibt nicht leiclit eine Methode, bei \veleher dieses Mass ohne /jusammenliang mit den ubrigen Messungen so sicher zu uelimen ware, als bei unserer Aufstellung. Wenn wir die gemessene Obenveite halbiren und von der Eiickenmitte Punkt B aus mit dem Centimeter den Punkt, aus welehem das Viertel der Ober- •vveite unter dem Arme trifft, bezeichnen, so haben wir damit an der mittleren senkrechten Linie den Punkt D am Korper festgestellt. Lassen wir nun von dort das Centimeterband in senkrechter Richtung auf die Hiifte fallen, so haben wir den Punkt II an seiner richtigen Stelle gefunden und messen nun von dort nacli Punkt C die IVeichenbreite. Damit entfiillt die proportionale Vertheilung der Unterweite vom Punkte E2. Bei der Construction ist nun der Betrag der Wei- chenbreite von H — C einzustellen (selbstverstiindlieh mit der fur den beliebigen Taillenanschluss benothigten Zugabe), wahrend der Rest der Untenveite nacli vor fiir den Punkt J mit den bereits erwahnten Zugaben einzustellen ist. Erwiihnen will ich noch, dass im Bedarfsfalle von II nach I) hinauf oder von D nach II herunter bis zum unteren Rande des angelegten Giirtels die Sei- tenhdlie zur Feststellung der natiirlichen Armlochtiefe gemessen werden kann. 3. Die Riickcnbiiste, Punkt A—H. Wenn wir dieses und die nachfolgenden Masse richtig nehmen wollen, so ist das Anlegen eines Giirtels oder Riemens wie dasselbe schon zur Messung der Ruckenliinge erklart wurde. unbedingt nothrvendig. Man bezeichnet sich die Stelle des Punktes II schon bei Messung derWei- chenbreite mit einem Kreidestriche oder dgl. Nun ist es leiclit die Lange der Rlickenbuste vom Punkte A nach H (siehe auch Fig. 2 auf Tafel I) richtig zu messen. 4. Die Vorderbiiste wird ebenso von der Halsmitte riickvvarts, Punkt A nach H (siehe Fig. 45), gemessen. Bei gerader Korperhaltung und nor- maler Bauart betrSgt die Liinge der Torderbiiste 5 cm melir als die Liinge der Itiiekenbiiste. Diese bis nun erklarten Messungen geben uns in ihrem Zusammenhange eine genaue Fixirung der Korperstellung. Wir ersehen namentlich daraus, ob die Korperhaltung eine normale, vorge- bogene oder zuriickgebogene ist. Eine nach unserer Methode aufgestellte Schnittzeichnung liisst sich durch Anlage dieser Hilfsmasse, dem Mhichse und der Korperhaltung entsprechend, ge- nau corrigiren, indem von dem festen Punkte II aus, die Punkte A und F nach Mass hoher oder tiefer zu stellen sind, wobei jedoch nur das Achselstiick des Vordertheiles einer Verliingerung oder Verkiirzung unterliegt, das Riickentheil aber meistens durch die Correctur an der Schulterblattrundung des Seitentheiles, indem dieselbe zu vergrossern oder zu vermindern ist, richtig gestellt wird. Will man sich auf diese Masse verlassen, so ist es unbedingt nothwendig, dass der Kunde vviihrend des Messens der Itvicken- und Vorderbiiste in — 83 >♦•— der gewohnliclien ungezwungenen Stellung verliarren muss. Das Mass der Vorderbiiste darf etwas stramm, also niclit zu lang genommen werden. 5. Die Torderliinge. Dieses Mass ist in den meisten Fiillen entbehrlich, da demselben Mangels eines festen Gegenpunktes, welchen nur die Messung der Bodenlinie geben konnte, die absolute Sieherheit mangelt. Die Torderliinge, \velche ebenfalls vom Punkte A aus bis zum u n teren Bande des angelegten Giirtels in der vorderen Mitte (Punkt J) zu messen ist, tritt gewohnlich 3—4 cm je nacli dem Bauchvorsprunge unter die wagrechte Linie C — J auf. Um soviel liegt niihmlich der ganz wagrecht angelegte Giirtel infolge der Brustwolbung, iiber welche dieses Mass geht, — hoher. Mit einigem Vortheile ist dieses Mass bei stark hervortretendem Bauche verwendbar. XXVI Capitel. Darstellung der Construction fur die vorgebogene Korperhaitung. Tafel X, Fig. 46. Zum besseren Terstiindnisse der im vorigen Capitel behandelten Korpermes- sungen zeigt uns Fig. 46 eine Construction oder Abiinderung des normalen Schnittes fur eine vorgebogene Korperhaitung. Solehe Falle sind hilufig, namentlich bei iilteren Personen. Ein getibter Zuschneider beurtheilt diese Korperhaitung auch oh ne Hilfsmasse. Anhaltspunkte dazu geben ihm die nach- vor- gebogenen Schultern in Verbindung mit flacher Brust und die das Normalverhaltniss stets iibei’stei- gemle Itiickcnbreite. Fig. 46 zeigt mit.ausgefiihrt den veranderten Schnitt an, ilberdies ist das Normalmodell mit der Ziffer 1 , das veriinderte mit der Ziffer 2 be- zeichnet. Die bei dieser Korperhaitung genommenen Hilfsmasse zeigen eine iiber das Normalverhaltniss lange Riickenbiiste, dagegen aber eine Terkiirzung der Vorder- buste. Auch der Betrag des Avancement wird grosser. Der Riicken erscheint lilnger und ist die halbe Riickenlange vom Punkte B nach A ebenso wie beim nor¬ malen Modelle einzustellen. Punkt A kommt daher in vielen Fiillen iiber die obere vvagrechte Linie zu stellen. Dies alles beriieksichtigend, ergibt sieh Folgendes: Fur die vorgebogene Kor¬ perhaitung empfiehlt sich je nach dem Grade ddrselben beim Riickentheile Punkt A ein Abstich von 1 / 2 — 1 cm. Die normale Breite nach M ist sodann vom Abstiche aus einzustellen. Aus der grosseren Einstellung der Rtickenbreite ergibt sich von selbst die verbreiterte Contur vom Punkte N nach M. Das Riickentheil hat im iibrigen keiue Veriinderung, hochstens dass es sich bei einer sehr grossen Riicken- lange empfiehlt die Achselspitze (Punkt N) hoher zu verlegen, dafiir aber beim Vorder- theil zu vertiefen. Andernfalls wiirde die Achselnaht zu tief stehen, was unschiin wiire 3 —• ♦< 84 Das Vordertheil bat die durch das Mass bedingten Veranderungen: Das Armloch wird dem grosseren Avancement entsprechend ausgeschnitten, wird aber dadurch nicht grosser, da das Riickentheil breiter wurde. Die Achsel wird um jenen Betrag, um welehen die Riiekenpartie uber die Aehsel erhoht resp. verbrei- tert erseheint, gekiirzt und die Halsspitze (Punkt F) mehr nach vor (hoher an den Hals) gesteilt. Die Vertiefung des Punktes L sowie des Armloches ergibt sich aus der Kiirzung der Achsel. Die Verbreiterung der Oontur bei L aus der Nach- Vor- Stellung des Punktes F. Die Tailleneinbiigung (Punkt K) erseheint bei vorgebogener Kor- perhaltung infolge der starkeren Schulterpartie grosser, weshalb die Einstellung der Untenveite vom Punkte F'2 aus nach K um 1—2 cm gegen das Normale zu vermindern ist. Diese Verminderung ist jedoch zum Punkte J nach vor tiber das Normale zuzugeben. Dadurch wird wie Fig. 46 zeigt, die Brustcontur L—G J flaeher, was der Korperhaltung entspricht. Diese Veranderungen betragen bei gering vorgebogener Haltung —1 cm, konnen jedoch auch bis zu 8 cm betragen, was sich aber nur durch genaues Mass ermitteln lasst. Das Vordertheil ist vorne bis zur mittleren senkrechten Linie um 1—2 cm zu kiirzen, was sich aus der vorgebogenen Korperhaltung ergibt. Bei einer sehr vorgebogenen Haltung in Verbindung mit starkem Riicken kanu auch eine Zugabe zur Seitentheilrundung tiber den Schultern nothig werden, was tibrigens auch durch das Mass der Ruckenbiiste angezeigt wird. Dieser Fali wird jedoch selten eintreffen, da die Construetion ohnehin fiir starke Schultern geniigt. Wie ich bereits erwiihnt babe, lassen sich diese Veranderungen sehr gut durch Abanderung eines fiir die betreffende Person nach den Oonstructionsmassen aufgestellten Modelles bevverkstelligen. Anfangern empfehle ieli ausnalimslos dleses Verfahren als das sicherste. Die direete Aufstellung fiir die vorgebogene Korperhaltung ist aber nach- folgende: Nachdem der sich aus den Oonstructionsmassen ergebende Grundriss aufgestellt wurde, construirt man das Riickentheil nach Mass wie vorher. Nun wird um jenen Betrag, um welchen das Riickentheil gegen das normale Verhaltniss breiter wurde, die Linie F auf Fig. 46 mit Punkten und mit der Ziffer 2 be- zeichnet, nacli vor gesteilt, resp. eine zvveite i?-Linie gezeichuet. Die Einstellung der Punkte nach der normalen Einheit von dieser nach vor gestellten .B-Linie aus ergibt die gleiche Veranderung wie vorher, wobei selbstverstandlich die Kiir¬ zung der Vordertheilaehsel durch das Mass der Vorderbiiste bestimmt wird. Blos die Einstellung des Punktes G wird nicht veriindert. Falls die Seitenhohe ge¬ ni essen wurde, kann mit Hilfe derselben eine direete Vertheilung der Riickenliinge von B nach A und C vorgenommen werden, wobei jedoch eine verliissliche Mes- sung vorausgesetzt werden muss. AufTafel VIII, Fig. 35, ist der fiir die vorgebogene Korperhaltung abgeiin- derte Aermcl dargestellt, wobei fiir die Abanderung die mit.bezeichnete Contur gilt. ♦< 35 >♦•- XXYII. Capitel. Darstellung der Construction fiir die zuriickgebogene Korperhaltung. Tafel X, Fig. 47. Fasst das gerade Gegentheil der vorher erklarten Veranderung zeigt uns Fig. 47. Massgebend zur Beurtheilung der zurtickgebogenen Korperhaltung ist die abnormal verminderte Riickenbreite, zuriickgebogene Sehultern und volle Brust. Die Messung der Riiekenbtiste ergibt eine Verminderung; jene der Vorderbtiste eine Verlangerung des Masses iiber das Normale. Das Avaneementmass ist geringer. Die Rtickenlange ist verhiiltnissmassig ktirzer, weshalb Punkt A gew6hnlich tiefer als beim Normalmodelle einzustellen kommen wird. Aus der Verminderung der Riickenbreite ergibt sieh die gegen das Normalmodell versehmalerte Rticken- partie; aus derselben und aus dem Masse der Vorderbtiste die Verliingerung der Vordertheilachsel. Punkt F (Halsspitze) ist zuriickzustellen. Aus der Zurtickstellung (vom Halse) des Punktes F und der Verlangerung der Vordertheilachsel ergibt sich die Erhohung beim Punkte L und das Hereingehen der Oontur daselbst. Aus demselben Grunde wie vorher die Vertiefung des Armloches stattgefunden, muss dasselbe hier erhoht werden. Punkt G bleibt wie vorher unverandert, woraus sich hier, da die Armlochcontur nach zuriickgestellt wurde, eine grossere Breite fiir die volle Brust ergibt. In den meisten Fallen sind bei zuriickgebogener Haltung die Sehulterblatter nicht stark, weshalb am Seitentheile eine Verminderung der Rundung stattfinden kann, was iibrigens auch das genau genommene Mass der Riiekenbtiste anzeigt. Die Einstellung des Punktes K und J ist jedoch auch hier, falls das Mass der VVeichenbreite nicht anderes anzeigt, die gleiche, wie bei der vorgebogenen Haltung, da die Tailleneinbtigung auch bei der zurtickgebogenen Haltung eine starkere ist. Die directe Aufstellung fiir die zuriickgebogene Korperhaltung ist auch bei dieser Figur mit der der verminderten Riickenbreite entsprechenden Zuruckstellung der AJ-Linie markirt, und ist sohin Punkt F von dieser Lime aus mit der nor¬ malen Einheit einzustellen. Das Vordertheil ist vorne entspreehend der Korperhaltung zu verlangern. Der Betrag dieser Veranderungen ist wie mit.angedeutet bei einer so- genannten aufrechten Haltung 1 cm, bei sehr zuriickgebogener Vj 2 —2 cm gross. Die beiden auf Fig. 46 und 47 dargestellten Korperhaltungen kommen sehr oft vor und konnen, insolange die Veranderungen nicht mehr als 1 cm betragen, auch als normal vorgebogen oder normal zuriickgebogen (aufrecht) bezeichnet werden. Eine Messung ist bis zu diesem Grade fasst entbehrlich, da man diese Haltungen gegen die gerade (normale, welche wissenschaftlich detinirt eigentlich schon vorgebogen ist) leicht beurtheilen kann. Um die richtige Gontur des Seitentheiles bei diversen Abanderungen nicht zu storen, muss, nachdem die Construction vollkommen aufgestellt wurde, das Riiekcntheil zuerst ausgfischnitten werden. Nachdem dies geschehen, soli 3 * • ♦< 86 >♦ dasselbe zur Oontrole mit den verschiedenen Massen ebenso zur Oontrole, ob die Seitentheilcontur richtig gezeichnet wurde, an das Seitentheil so angelegt werden, dass es an der Lime G B an die Seitentheilrundung und der Punkt Gl mit dem Punkte K schliesst, wie dies auf Fig. 45 dargestellt ist. Innerhalb der Brustlinie und der Taille muss nun eine geringe Ausschweifung beider Theile sichtbar bleiben, Punkt Ni des Ruckentheiles muss aber von der Seitentheilspitze je nach dem Grade der Schulterwolbung bis zu 2, mindestens aber um 1 cm abstelien. Sind dre beiderseitigen Conturen nicht derart, wie Fig. 45 genau andeutet, be- schaffen, so sind sie bevor das Vordertheil ausgeschnitten wird, zu berichtigen. Ebenso konnen zur Oontrole die Aehselnahte beider Theile, wie gleichfalls Fig. 45 anzeigt, zusammengestellt werden und kann, nachdem die Punkte A? und A 7 zusammengesetzt rverden inii.sscn, nach dem Ruckentheile die Lange der Vor- dertheilachselnaht berichtiget werden. Dieses Verfahren empfiehlt sieh auch beim Ausschneiden jedes normalen Modelles, und rettet den Anfangor, wenn er auch die Breitenmasse controlirt, vor manchen Trrungen. Figur 36 auf Tafel VIII zeigt die Abandertmg des Aermels fiir zuriickgebogene Haltung. XXVIH. Capitel. Darstellung der Construction fiir die abnormal grosse Statur (aufgeschossener Wuchs). Tafel X, Fig. 48. Unsere Normalfigur mit der Taillenlange von 45 cm stellt zwar schon die Statur eines sehr grossen Mannes vor, wir nennen sie aber normal mit Bezug auf die Schnittconstruction deshalb, weil durch die Einstellung des Viertels der Oberweite fiir die Armlochtiefe Punkt G und durch Theilung der Riickenliinge am Punkte B die Construction des Schnittes derart erfolgt, dass die Spitze des Ruckentheiles (Punkt ilij und die Halsspitze (Punkt F) in gleiche Hohe kommen, somit beide Punkte die obere wagrechte Linie O —Ol beruhren. Es kommen aber Falle vor, bei welcheu entweder infolge aussergewohnlich grosser Statur in Verbindung mit einer geringen Obenveite, nach vvelcher die Brustmittenlinie G—B aufgestellt wird, die gemessene Riickenliinge (Punkt A) somit auch Punkt M iiber die wagrechte Linie O—Ol einzustellen kommt. Tritt dieser Fali ein, was selbstverstilndlich nur bei gerader (normaler) Kdrperhaltung gilt, so zeigt uns die Construction des Ruckentheiles an, dass wir einen sogenannten hoclraufgeschossenen Wuchs vor uns haben. Dies wird namentlich bei Construction der Knabenbeklcidung, fiir welche sich unsere Methode vorziiglich eignet, sehr oft eintreffen. Ein genau genommenes Mass der Bustenliingen wiirde uns zwar in jedem Falle anzeigen, um wie viel wir das Achselstuck des Vorderthoiles verlangern, -♦♦< 37 >- resp. erhohen mtissen. Haben wir jedoeh kein verliissliches Mass genommen, so ziehen wir uns in solchen Piillen jedoeh nur bei gerader Korperlialtung (da oine aussergewohnliehe Eiickenlange wie sehon erwahnt, auch bei vorgebogenein Wuchse vorkommt) von der Spitze M naeli vorne cine neue parallele auf die obere Linie ein, desgleichen wird die Linie Ll von der oberen Linie aus eingestellt. Somit erreichen wir die dem Eiickentheile entsprechende Verlangerung des Vordertheiles, sowie die nothige Vertiefung des Armloches ohne weiterer Manipulation. Um diese Oonstruction deutlich zu erklaren, habe ieh fur die Fig. 48 den aussergewohnlichen Fali einer Obenveite von 44 cm und einer Eiickenlange von 46 cm angenommen, welcher obwohl sehr selten doch auch in meiner Praxis sehon vorgekommen ist. Jedenfalls empfehle ieh aber bei besonders extremen Fžillen das Nehmen aller Hilfsmasse, um Anhaltspunkte fur die richtige Einstellung aller Stellpunkte zu erhalten. Auf den Achselconturen habe ieh bei dieser Figur mit.angedeutet wie fur hohe Schultern eine Erhohung, und fur die niedere (abschiissige) Schulter eine Vertiefung gegen das Normalverhaltniss vorzunehmen ist. Auf Fig. 37, Tafel VIII, ist die entsprechende Abiinderung des Aermels dargestellt. Bei sehr tieferi Schultern soli jedoeh die Oorrectur wenigstens zum Theile mit Unterlage von Watte vorgenommen werden, da sonst die Statur ein keines- wegs schones Aussehen besitzt. Darstellung der Construction fur die abnormal kleine Statur (kurzgedrungener Wuehs). Tafel X, Fig. 49. Hier sehen wir das Gegentheil der vorigen Figur. Dieser Wuchs kommt hiiufiger vor und sind die aussergewohnlich kleinen Personen meist sehr beleibt. Auch diese Veriinderung gilt nur fiir die sonst normal gerade Korperlialtung (da eine sehr kurze Taille auch die Folge einer sehr zuriiekgebogenen Haltung sein kanu). Das Mass der Obenveite, nach welcher diese Figur aufgestellt ist, be- tragt 50 cm. Die Eiickenlange hingegen blos 40 cm. Aus diesem Grunde kommt im Gegensatz zum hoch aufgeschossenen Wuchse die mit.angedeutete neue parallele vvagrechte Linie vom Punkte M aus nach vorne unter die ursprungliche Linie O—01 zu ziehen, und sind dementsprechend die Punkte F und L einzustellen. Auch hier empfehle ieh die genaue Ausmessung der Bustenliinge sowie der natiirlichen Seitenhohe. Eine weitere Beschreibung ist angesichts der beiden deutlich erklarenden Figuren iiberflussig. lvagreclitc Linie auf Fig. 48 mit ausgefiihrt und stellen den Punkt F XXIX. — • ♦< 38 XXX. Capitel. Darstellung diverser Hilfsconstructionen fiir die Praxis. Tafel X, Fig. 50. Auf ciiesor Figur zeige ich diverse nicht zusammenhangende Oonstructionen. Das Modeli ist aufgestellt fur eine Oberweite von 48 cm und eine Riiekcnlange (kurze Taille) von 45 cm. Zwischen dem Riickentheile und dem Seitentheile, welches mit starker Oontur ausgefiihrt ist, sehen wir einen Abstand von 2 cm schon bei der Seitentkeilspitze und ist derselbe abnormal gross bis zur unteren Seitentheil- spitze. An der Brust (Punkt G) finden wir dagegen eine Zugabe von 8 cm, daher um 2 cm mehr als uns die Theilungseinheit vorschreibt. Im Uebrigen ist mit Ausnahme einer nur 2 cm betragenden Taillenverlangerung an der nach unserem Normalmass aufgestellten Figur keine Veranderung vorgenommen. Wer die bisher erklarten theoretischen Grundsatze meiner Methode erfasst bat, wird sieh iiber diese Figur auch ohne weitere Aufklarung klar werden. Diese oder eine iihnliche Veranderung der normalen Construction wird oft eintreffen und stimmt fur eine Person mit aufrechter Kiirperhaltung, sclimalem (auch liolilem) Riicken, zuriickgebogenen Schultern und breiter, rollcr Brust. Man konnte eine solche Person fiir zuruckgebogen balten, was jedoch mit Eiicksicht auf die Riickenlange keineswegs der Fali ist. Die Bauart dieses Korpers ist eine solche, dass die mittlere Durchschnitts- linie 02 unserer Construction den abnormal gebauten Korper nicht am richtigen Punkte theilt, da die riickwartige Halfte schwacher, die vordere dagegen starker ist. Wir konnten nun hier, da die Riickenbreite blos 18 cm, daher 2 cm weniger als normal betrSgt, die Durehschnittslinie 02, um 2 cm iiher die Halfte nach riickwarts vcrlegcn, wodurch wir ebenso vorstehenden Schnitt erhielten. Ich halte es jedoch fur einfacher, die riiekwartige Breite dort zu vermindern, wo ich sie nach Mass iiberfliissig finde, da mir dadurch die Uebersicht der normalen Stellpunkte nicht verloren geht. Jene 2 cm, welche nun das Modeli beim Riicken- theile und beim Seitentheile verliert, mtissen, damit die gemessene Obervveite nicht vermindert wird, an der Brust zugegeben werden. Punkt K ist nach Messung der Weiehenbreite einzustellen. Sonst geniigt aber bei dieser Bauart die Einstellung mit V 4 der IJnterweite, ohne Zugabe fiir Punkt K, wofiir jedoch die Zugabe fiir den Punkt J zu erganzen ist. Ich wiederhole hier, dass die Contur des Seiten- theiles nach dem ausgeschnittenen Riickentheile derart controlirt werden muss, wie ich es auf Fig. 45 dargestelit und am Schlusse des XXVII. Capitels erklart habe. Im Uebrigen gebe ich bei dieser Figur noch einige praktische Andeutungen. Bei normaler Korperhaltung sollen die beiden Spitzen des Vordertheiles vom Punkte F aus gemessen die gleiche Liinge zeigen. Die Messung dieses Verhfiltnisses gibt dem Anfanger sehr gute praktische Anhaltspunkte dafiir, um wieviel sich dieses Verhaltniss bei vor- oder zuriickgeneigtem Korper verandern muss. Durch Einstellung der Punkte (.) von der senkrechten A-Linie aus nach vor und nach ruckwarts deute — • ♦< 39 >♦»— ich an, wie man die Theile separat eonstruiren kann, um die Aufstellung direct auf dem Stoffe auszufiihren. Da ich jedoch solche Versuche Anfangern, fiir welche dieses Bnch ja verfasst wurde, nicht empfehlen kann. unterlasse ich die nahere Erklarung daruber. Das vorherige Zeichnen der Modelle auf das Papier empfehlen iibrigens alle Fachmanner. Diese Zuschneidemanier bietet fiir Anfanger die meiste Sieherheit und nur damit kann man beim Stoffe sparen, resp. denselben eintheilen. Ausser- dem erspart man vici an der Zeit, da man bei gleichen Massverhaltnissen ein bereits vorrathiges Modeli verwenden und nicht neuerdings zu eonstruiren braucht. Wenn man die Kleider probirt, ist man im Stande durcli Abanderung. des zu- grundegelegten Modelles fiir denselben Kunden ein zweitesmal ohne Anprobe zu arbeiten. Der Selbstlernende mache sich zur Uebung Modelle mit diversen Mass- sittzen, wejche er bei Ausfuhrung seines Geschiiftes wird verwerthen konnen. Jenen Lernenden, welchen die Theilung der Einheit bei diversen Masssatzen schwer talit, erleichtern sich solche leicht damit, dass sie einen 1 * langen Papier- streifen in 3 und 4 Theile umbiigen und somit das genaue Drittel und Viertel der jeweiligen Theilungs-Einheit ohne Berechnung fiir die Einstellung beziiglicher Stellpunkte verwenden konnen. Die Stellpunkte des Ruekentheiles konnen ebenso ohne Berechnung dureh Umbiigen des Centimeter-Bandes in die beziiglichen Theile eingesteltt werden. Es ist uberhaupt bei dieser Methode moglich mit den geringsten Hilfsmit- teln; ja selbst in Ermanglung eines Centimeter-Bandes Mass zu nehmen und eine ganz correkte Schnittzeichnung aufzustellen, was gegeniiber jenen Zuschneide- systemen, bei welchen Messapparate unbedingt erforderlich sind, von eminent praktischen Werthe ist. Zur Anfertigung eines Kleidungsstuckes geniigt aber nicht allein der eorreete Zuschnitt desselben, sondern audi eine entsprechende „Behandlung“ des Stiickes in der Arbeit. „Der Zuschnitt des Stoffes, — sehreibt P. A. Hoffmann, Iierausgeber der „Internationalen Modezeitung" in Wien, — kann seiner Natur nach nur gerade Fliichen liefern; die Rundungen des menschlichen Korpers miissen daher dureh Rundungen der Niihte oder dureh Dressiren der Pliichen zu gerundeten Formen umgestaltet \verden, um sich dem menschlichen Korper passend anzuschmiegen. Es besteht also ein inniger Zusammenhang zwischen Zuschnitt und Arbeit. Wenn ein harmonisclies Ganze geliefert werden soli, miissen Zuschnitt und Arbeit sich gegenseitig ersetzen und erg3nzen.“ Mit Vorstehendem schliesse ich die Abhandlung ab. Ich musste hie und da manche Erfahrungssatze unberiicksichtiget lassen, damit die theoretische Darstel- lung verstiindlicher und die Zeichnungen nicht complicirt wurden. . Inwieweit es mir gelungen ist, den Selbstlernenden fiir ihren schvvierigen Beruf ein Hilfsmittel zu schaffen, daruber werden Jene selbst urtheilen. Das eine —• ♦< 40 >♦ •- ist gewiss: Fiir die Zuschneiderei gibt es keine Methode, welche fiir alle Verhalt- nisse geniigen wiirde. Selbstdie ersehopfendsten theoretisehen Abhandlungen konnen die Praxis nicbt ersetzen. Letztere allein schalt aus jeder Methode den goldenen Kern heraus. Es gibt sehr gute auf blosser Empirik aufgebaute Systeme, welehe, wie Roussel selbst vom Seinigen sagt, keine wissenschaftliche Grundlage haben, son- dern nur auf zufiillig gefundenen Erfahrungssatzen begriindet sind. Dem Anfanger kann aber nach rneiner Ansicht nur eine wissenschaftliche aus dem Korperver- haltnisse selbst ob nach Mass oder Proportion hergeleitete Theorie ein in allen Fiillen verlasslieher Wegweiser sein. Es geniigt auch nicht einen Korper nur zu bekleiden; das „Passen“ der Kleider macht dieselben noch uicht schon. Es gehort viel Schonheitssinn dazu, um die Harmonie der Kleidung mit dem Korper herzustellen. Man hat daher nicht zu fiirehten, dass mit der Verbreitung der Zuschneidewissenschaft die Ooncurrenz schwieriger wird. Auf dem Gebiete des Geschmackes und der Aesthatik liegt fiir den Schneider ein derartig weites Feld, der natiirlichen und lobenswerthen Ueber- bietung, dass dasselbe von keinem Ruche je beengt werden kann. „Die Erfahrung lehrt uns“, schreibt Richter in seinern Werke, „dass als Mass- stab der Achtung, die man einem Handvverke zollt, im Allgemeinen die Leistuug desselben dient, und dass der geschickte, der kunstfertige und wissenschaftlich gebildete Arbeiter an Werthschiltzung gestiegen und selbststilndiger geworden ist.“ Wenn wir diese Ansicht, deren Wahrheit wir im Erwerbsleben hundertfach be- grfindet finden, beipfliehten, so kommen wir zum Schlusse, dass angesichts der Zeitverhiiltnis.se das einstige primitive Handwerk aus seinen beengten Grenzen hinaus jenem Fortschritte zustreben muss, welcher das Haruhverk mit der Kunst verbindet. In der Kunstfertigkeit liegt fiir den im Kleinen produeiren- den Hamhverker die Biirgsehaft seiner Existenz! Und so geselle sich auch mein bescheidenes Werk zu jenen grossern, welche gleichen Zielen dienen! Es wird mieh freuen, wenn mir die geschiitzten Fach- genossen liber die mit rneiner Methode in der Praxis erreichten Resultate gunstig werden berichten konnen. I I Kf. r3. 24 * l- H M i 1 ! I | | zo Jo kO So So JI IV I I Z¥ * Ei u /v z m n r /z H-S n M-Kkivc del. lij it Klein i( Kovcco KS/a ra. ji; J ra. V.