Der Seiltge Barer Pius X. hat der Re- „7 ' L-^Z*r Bezugspreise für das Jahr 1926 daktion, den Abonnenten und Wohltätern 'g» X,. Ganzjährig- Für Österreich 2 Schilden Avoftollfcben Seaen erteilt. *Süt ^ ^ ^ ^ ^ ^ linae. für Deiitfwlnnb 7 tfinlbmstrf für KMWe MWnsseiWlfk. Der Leiltge Barer Pius X. hat der Re-baktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Lberhirten von Briren, Brünn. Graz, Lettmerih, Linz, Olmütz, Marburg, Trient, Triest und Wien. Bezugspreise für das Jahr 1926 Ganzjährig- Für Österreich 2 Schillinge, für Deutschland 2 Goldmark, für Statten und Alto Adige 8 Lire, für die Tschechoslowakei 10 Tschechokronen, für Jugoslawien 24 Dinar, für Ungarn 24.000 ung. Kronen und für die Schweiz : : 2 Franken. : : : : : Lerausgegeben vom Missionshaus Graz. Paulustorgasse 10, Steiermark. fiest 9. September 1925. XXVIII. Iahrg. Cr Am (Duhlernubi. ^ Von Br. August Kag ol, F. S. C. ^ (Fortsetzung.) -JJ m folgenden Morgen, — es war bereits Samstag, — brachte uns der Streckenwärter mit seinem Trolley zur Haltestelle Rolle. Belustigend war es, wenn die Kaffern bei Steigungen den Wagen schoben und dabei mit ernstem Gesicht die tollsten Sprünge machten und die ergötzlichsten Zurufe, meist Nachahmungen englischer Redensarten, einslochten. Wir sahen zum erstenmal diesen Teil der Bahnstrecke bei Tageslicht. Gleich nach dem Meilenzeichen 87 überquerten wir auf einer schmalen, gut 50 m langen, geländerlosen Brücke einen kleinen, von Osten kommenden Fluß oder Gießbach, hier Spruit genannt, um gleich darauf auf doppelt so breiter dreispänniger Kettenbrücke den von Westen kommenden, hochgehenden Sandfluß zu überschreiten. Der Bau von Brücken, auch in kleinem Ausmaß, ist in einem so wilden Lande sicher mit großen Schwierigkeiten verbunden. Nach 200 m langten wir beim hohen, braungestrichenen Wasserbehälter zur Spei- sung d er Zugsmas chine, d ent Wahrzeichender Haltestelle Rolle, an. Das Wasser wird einmal in der Woche in einem am Sandfluß gelegenen Maschinenhäuschen hinaufgepumpt. Pietro ging mit uns zu seiner Furt. Der Weg führt in westlicher Richtung in etwa 600 m Entfernung an den Muhlemubifluß (sprich muschle-mubi! Das kaffrische Wort bedeutet gut-schlecht; gut, weil der Fluß das ganze Jahr gutes Wasser hat, schlecht, weil den tückischen, reißenden Fluten nicht zu trauen ist), der in 70 bis 80 m breitem, teilweise mit Schilf bewachsenem Bette eine bedeutende, trübe Wassermenge strudelnd und wirbelnd vorüberwälzte. Da konnte unser guter, dicker Pietro freilich nicht hinüberkommen und wir und die Schwarzen auch nicht. Der folgende Tag war ein Sonntag und daher der Ruhe geweiht. Ich erging mich ein wenig im Busch längs der Bahnstrecke und sand reife Früchte: den Rahmapfel, die Kaffernpflaume und die Kaffern-orange. Am Montagmorgen ging ich mit Pietro nach Mbumba, von wo uns der Inspektor mit seinem Trolley nach Rolle und von dort bis zum südlichen Endpunkte seiner Dienststrecke brachte. Gleich nach der Haltestelle Rolle steigt die Linie bedeutend bis zu einem Plateau, mit gutem, weichem Gras und mäßigem Busch bestanden, die höchste und schönste Lage der Farm Rolle längs der Bahn, die sich vorzüglich eignen würde Anbauzwecken die Niederung zwischen Bahn und Muhlemubifluß zu wählen, die Wohnung aber aus der Anhöhe anzulegen. Er selbst habe im Sinne gehabt, die fruchtbare Senkung anzubauen, doch habe er seinerzeit nicht die Erlaubnis erhalten können, sich östlich vom Muhlemubi anzusiedeln, da damals die Westgrenze der großen Sabie-Wildreserve am Ostufer des genannten Flusses hinlief, während sie nach für ein künftiges Wohnhaus. Die Wohnung muß in diesen, in gesundheitlicher Beziehung immerhin vorsichtig zu nehmenden Gegenden, nach dem einstimmigen Urteil der Ärzte und erfahrenen Ansiedler, auf Anhöhen gewählt werden, wo die Luft freien Zutritt hat, die Brise schädliche Insekten vertreibt und die feuchte Hitze der Niederungen mildert. Der Italiener, der sich seit 15 Jahren auf Rolle oder in der näheren Umgebung aufhält und der von unserem Vorhaben wußte, riet uns, zu neuesten Bestimmungen von der Eisenbahnlinie gebildet wird. Die Bahnlinie, die 1909 fertiggestellt wurde, ist sehr sauber gehalten und macht dem Diensteifer des Italieners alle Ehre. Merkwürdigerweise kommen die Schienen von Bochum in Westfalen; sie tragen meist die aufgewalzte Jahreszahl 1896. Inzwischen hatte der rührige Pietro sich mit Eingeborenen des jenseitigen Ufers verständigt und seiner Dienerschaft in seinem Wohnhause Auftrag gegeben, ab- zukochen und die Speisen über den Fluß herüberzubringen. Es ist nämlich der Muhlimubi an einer Stelle weiter oberhalb beiderseits mit starken Bäumen bewachsen, die den durch Kleider nicht allzu belasteten Negern den Übergang erleichtern. Doch war die Sache immer noch schwierig genug und bedeutete einen Umweg von IV2 Wegstunden. Es ist jetzt aber Zeit, daß ich den freundlichen Leser mit unserem liebenswürdigen Gastgeber näher bekannt mache. Pietro ist gelernter Bäcker. Er stammt aus Piemont und ist seit ‘21 Jahren in Südafrika. Er spricht gut Englisch und die Sprache der Eingeborenen, mit denen er lieb und väterlich verkehrt und die ihm ziemlich zugetan scheinen. In ihrer Sprache führt er den Namen „Gares Fleisch", warum konnte ich nicht herausbringen. Jeder Weiße bekommt von den Kastern einen Spitznamen und ich bin überzeugt, daß auch P. Raffeiner und ich schon einen haben. Pietro war zwei Jahre Soldat in der Ewigen Stadt, d. h., er war in der Garnisonsbäckerei angestellt. Das muß die Glanzzeit seines Lebens gewesen sein, da er so gerne von ihr erzählt. Häufig auch erwähnt er seinen Vater, der Wirt war und ein Mann voll Humor und Hausverstand gewesen zu sein scheint. Pietro, dem übrigens seine Freunde gern den Spitznamen Mussolini geben, auf den er mit Stolz hört, hat sich im Busch blühende Gesundheit und ein heiteres Gemüt bewahrt. Er scheint auch geschäftlich nicht schlecht abzuschneiden, wenn auch die Eingeborenen im Marulamonat nicht gerade ans Einkäufen denken. Inzwischen hatte sich Signor Pietro häuslich eingerichtet und kochte einen Tee nach dem andern. Und er machte ihn gut. Auch stand es ihm wohl an, wie er trotz seines Bäuchleins geschäftig werkte, bald Holz herbeitrug, das Feuer schürte, bald kunstgerecht eine Konservenbüchse öffnete, bald wieder die ausgegangene Pfeife in Gang brachte. Zur guten Stunde trafen auch drei schwarze Gestalten, ein Mann und zwei Knaben, ein, die auf ihren wolligen Häuptern Kisten und Körbe trugen. Auf einem Rollschubkarren breitete Pietro einen großen Bogen Zeitungspapier aus: das war der weißgedeckte Tisch; drei darum aufgestellte Kistchen waren die Stühle. Dann wurden Teller, Messer, Gabeln und Tassen aufgestellt und nun konnte Pietro mit dem sichtlichen Behagen eines gastfreundlichen Wirtes eine dicke Suppe, eine echt italienische Minestra, austeilen, die vortrefflich mundete und der der weite Weg die übermäßige Hitze genommen hatte. Dazu gab es prächtiges, lockeres Weißbrot eigener Erzeugung. Bald nach dem trefflichen Mahle benutzten P. Raffeiner und ich die Zeit zur Besichtigung des Geländes zwischen Bahn und Muhlemubi. Längs des Flusses ist der Grund wohl tief gelegen, doch ist eine künstliche Bewässerung aus dem in noch tieferem Bette fließenden Muhlemubi nicht leicht tunlich; allenfalls müßte man den mit starkem Gefälle strömenden Fluß weiter oben ableiten. Der Boden ist fruchtbarer, sandiger Ton und Humus. Auf dem Grunde sind fünf oder sechs Eingeborenenfamilien angesiedelt, die ziemlich ausgedehnte Mais- und Erdnußfelder bebauen. Eine Schwierigkeit ist das Wild der nahen Schonung, das natürlich auch die Bahn überschreitet und sich gern an den Feldfrüchten des Herrn der Schöpfung ergötzt. Die Eingeborenen helfen sich dadurch, daß sie nachts Feuer unterhalten und das Wild durch Schreien und Lärmen fernzuhalten suchen. In der Marulazeit ist das Aufbleiben ohnedies keine besondere Mühe. Eine regelrechte Farm müßte ihr Gebiet allerdings einzäunen, um die Kulturen vor Wildschaden zu schützen. Wir kehrten nicht mehr nach Mbumba zurück, sondern übernachteten in Pietros Vorratshäuschen. Der Findige breitete ein großes, wasserdichtes Tuch am Boden aus, legte Säcke darauf und die Betten waren fertig. Leider störten die zahlreichen Mäuse oder Ratten, die die ganze Nacht nagten, den Schlaf. Obschon der Regen aufgehört hatte, so ging der Fluß immer noch hoch und es war noch nicht daran zu denken hinüberzukommen. In der Nähe von Pietros Vorratshäuschen fanden sich zahlreiche, nächtliche Wildspuren, die zum Wasser führten, darunter auch die Abdrücke der Tatzen zweier Löwen. Am folgenden Morgen ging ich allein nochmals die Bahnstrecke ab, um sie schätzungsweise aufzunehmen. In westlicher Richtung drang ich vor, mein ganzes Augenmerk auf Richtung, Bodenbewegung und Entfernungen gerichtet, den Bleistift in der Rechten und starkes Papier in der Linken, um alle gemachten Beobachtungen gleich notieren zu können. Ich mochte 300 Meter voran gekommen sein, als ich plötzlich vor mir etwas sich bewegen sah und gleichzeitig ein schwaches Geräusch hörte. Bei näherem Hinsehen erkannte ich in etwa 150 Schritte Entfernung vor mir einen Büffel, einen Halbkreis in der Richtung auf mich beschreibend, den weichen Steppenboden wie übermütig mit den Hufen stampfend, den Kopf mit den stachen Hörnern bald senkend, bald mit jener unmißverständlichen Gebärde emporschleu- dernd, als ob er ein darauf befindliches Etwas in die Luft befördern wolle. Mir wurde heiß und kalt. Allein und ohne Waffe dem blindwütigen Tiere gegenüberzustehen, war eine fast hoffnungslose Lage, denn sovielweiß ich vom Tierleben desSudan her,daß derBüffel triebmäßig fast immer angreift und selbst dem Löwen zu schaffen macht. Mein erster Gedanke war: nieder! und ich warf mich zu Boden, mein zweiter ein Stoßgebet und der dritte: ein Baum! Unmittelbar vor mir war einer, allein der war so dornig, daß er nicht zu besteigen war; etwa 30 Meter rechts von mir war ein Dickicht mit einem großen Laubbaum in der Mitte; der war passend. Ich steckte meine Papiere in die linke innere Brusttasche meines Rockes und den Bleistift in die rechte äußere (ich weiß das noch ganz genau) und war mit Riesensprüngen beim rettenden Baume, den ich mit einer Gelenkigkeit und Raschheit erkletterte, daß mein alter Lehrer, der bezüglich dieser Kunstfertigkeit stets eine sehr schwache Meinung von mir hatte, seine Helle Freude daran gehabt hätte. Mein Baum war ein männlicher, früchteloser Marula. Leider hingen seine Aste und Zweige nach vorn so zu Boden, daß sie mir die ganze Aussicht auf die Gegend, wo ich mein unliebsames Gegenüber gesichtet, verdeckten. Ich wartete etwa zehn Minuten und stieg dann vorsichtig wieder herunter. Weit und breit war nichts mehr zu sehen. Ich hätte zwar gerne meinen Erkundungsabstecher in westlicher Richtung fortgesetzt, zog es aber vor, zur Bahnstrecke zurückzukehren, die in dieser wilden Gegend so beruhigend abendländische Kultur vorzaubert und auch beim Wild instinktiv die gleiche Empfindung, nur mit gegenteiliger Wirkung, auszulösen scheint. (Schluß folgt.) (r ♦ Nach Transvaal t ♦ ♦ ^— Reisebericht des hochwürdigen 1?. Dr. Matthias Raffeiner, F. 8. C. (Fortsetzung.) ♦ i 88 |urdj 13V2 Tage sollten wir nun nichts mehr sehen als Himmel und 5B2.3 Wasser und zwar tropischen Himmel und salziges Wasser, für Pflastertreter also eine Sauregurkenzeit. Als Zuspeise waren mir saure Gurken stets ein beliebtes Futter und so hoffte ich, auf dem Meere damit auszukommen. Und in Wirklichkeit brachten diese zwei Wochen manche Abwechslung in das gefürchtete Einerlei. Früh morgens zeigt sich am südlichen Horizont das Sternbild des „Kreuzes", von dem manches Poetlein geträumt und viele Reisende geschwärmt haben. Um diese Zeit war mein Standquartier schon um 4V2 Uhr früh vorn am Kiel, wo man so traut und einsam und doch so merkwürdig gottnahe zu den Sternlein blicken kann. Diese schauen einen viel freundlicher und sprechender an als im Trubel des Zulufrau mit typischer Haartracht. fr-----^ O Q ö 0 Alltagelebens, wenn die Phantasie mit Kunstgemälden und Karikaturbildern des menschlichen Treibens überlastet ist. Der Morgen- und Abendhimmel bietet uns auch noch ein anderes Bild, das der Künstler mit seinem struppigen Pinsel vergeblich zu kopieren sucht: Die auf- und untergehende Sonne aus dem endlosen Ozean. Diese Lebenspenderin der Erde zaubert mitunter mit ihrem Feuerpinsel Gemälde an die Wand des fernen Horizontes, die auch das Interesse des krassen Materialisten, wenn auch nur für einen Moment, wecken und einen Blick gewähren ins verlorene Paradies. Es sind Bilder voll Leben, die jeden Augenblick in einem anderen Rahmen sich zeigen. Besonders abends — morgens schlafen noch die meisten Passagiere — zeigen und blicken oft alle nach der so schönen Sonne. Und zur viel schöneren — zur großen Sonne, zu Gott — wie viele Menschen erkennen erst am späten Abend ihre Herrlichkeit! Blicken wir um uns, so bietet sich dem Auge kein Haltpunkt — es findet nirgends Ruhe, denn auch die sogenannte Horizontlinie ist in fortwährender Bewegung. Da wird man sich so recht seiner Nichtigkeit und seiner Verlassenheit bewußt. Die gottvergessene, glücksuchende Menschenseele! Blicke ich nach unten, so liegt die Meeresfläche mit ihren Geheimnissen vor meinen Füßen. Ruhig lag sie da alle die 14 Tage, nur so leicht gekräuselt von einer sanften Brise; ab und zu sieht man die kleinen Wellen sich einander jagen, gleichsam Kinderspiel treiben. Am Neujahrstag lag die ganze, unübersehbare Wasserfläche vor uns wie spiegelglattes, geschmolzenes Silber, über welches gegen Abend bald gelbe, bald rötliche, bald grüne oder blaue und schließlich violette Geisterschatten dahin- huschten. Ein Matrose versicherte mir, daß er eine solche See noch nie zu sehen bekam. Sie hat etwas Bezauberndes, Verführerisches, gleichsam als wollte sie das Schifflein in ihren Bann ziehen; so recht das Bild der modernen und der alten Welt. Und diese Spiegelfläche war nicht tot. Hatte man die fliegenden Fische unmittelbar vor und nach Las Palmas nur einzeln und dann nur selten beobachten können, so erschienen sie jetzt meistens bei Sonnenaufgang scharenweise, wie die Spatzen auf unseren herbstlichen Stoppelfeldern. In der Nähe von oben gesehen, wäre man versucht, sie für Wasserlibellen zu halten. In Wirklichkeit sind es Fische, ungefähr in der Größe unserer bekannten Heringe. Die Gelehrten streiten sich darum, ob dies älteste aller Wasserflugzeuge, vom Weltenkünstler selber patentiert, den Motor unter dem Schwanz angebracht habe oder aber unter den Armen; das heißt, ob dieser Flugfisch mittelst einesStoßes derSchwanz-flosse, oder aber kraft der Brustflossen sich in die Höhe heben und über Wasser halten und fliegen kann. Merkwürdig, während diese Herren mit ihrem bücherstaubbedeckten Hirnkasten die Floffen-muskeln zu schwach finden für eine solche Last — so steht es wenigstens im Museum in Kapstadt geschrieben —, ist das muntere, wissenschaftlich gar nicht ausgebildete Fischlein imstande, bis zu 60 m weit zu fliegen. Dann und wann sahen wir auch wiederum eine Menge Schweinsfische, bald in Gänsemarsch, bald in Schwarmlinie auf unser Schiff zuspringen. Aber für gewöhnlich schwenkten sie plötzlich um und zeigten uns die Schwanzspitze, wie wenn sie uns narren wollten. Die guten Delphine hatten dabei jedoch keinerlei schlechte Absicht, und anstatt ihnen wegen des Frontwechels böse zu sein, konnten wir nur ihren scharfen Spürsinn bewundern; sie hatten schon von Ferne die Gefahr gewittert, ehe wir in der Nähe eine Ahnung davon hatten. Erst von einem fachkundigen Matrosen aufmerksam gemacht, gelang es uns, int Steuerwasser die bekannte dreieckige Rückenstosse des von Menschen und Tieren gefürchteten Haifisches zu beobachten, ein Gast, der uns bis Durban, unserer Endstation, nicht mehr verließ. Am 3. Jänner fuhren wir über die Äquatorlinie oder den Erdgleicher. Früher sollen Fahrgäste versucht haben, diese Linie zu photographieren, aber die Armen hatten ungünstige Beleuchtung oder stets schlechte Platten — es war nie etwas zu sehen. Dafür gab es sonstige Arbeit: die „Taufe" für alle jene, die den Äquator noch nie überquert hatten. Das Weibsvolk und wir aus dem Klerus wurden aus der Liste der Täuflinge im vorhinein gestrichen. Ein junger, zu jedem Schabernack aufgelegter und brauchbarer Lehrer veranstaltete die ganze Zeremonie. Als grausiger Neptun — Meeresgott der heidnischen Römer — verkleidet, mit einigen kräftigen Gesellen als Trabanten zur Seite, wird zuerst auf dem Deck ein Rundgang gemacht, um eventuelle Fahnenflüchtige einzufangen, andere zum denkwürdigen Schauspiel einzuladen und wieder anderen einen Schabernack zu spielen. Voraus zieht die Musikkapelle, die diesmal freilich nur aus einem Instrument besteht, der Mundharmonika oder „Maulorgel". Hinter ihr schreitet ein Diener Neptuns mit einem Hexenkübel und Pinsel, womit er ab und zu, bei günstiger Gelegenheit, einem arg- losen Zuschauer einen sonderbaren Brei ins Gesicht schmiert, als Vorbereitung zur „Abwaschung". Die Taufe selbst fand auf dem Vorderdeck im Schwimmbad durch Wasserguß oder Wüssersturz statt, je nach dem Gesundheitszustand des Täuflings. Es wickelte sich alles unter allgemeinem Gaudium und Beifall ab. Einzelne ließen sich sogar um einen Schilling einen Taufschein ausstellen, um ein zweites Mal vor solch löblicher Prozedur verschont zu bleiben. Am 10. Jänner morgens kam endlich die langersehnte südwestasrikanische Küste in Sicht, die wir nun bis Kapstadt nicht mehr aus den Augen verloren. Der Freude folgte aber nur zu schnell die Enttäuschung. Besonders jene unter den vielen, die hier ausstiegen, und so zum erstenmal Chams verfluchtes Erbteil betreten sollten, machten lange Gesichter und rechtbedenkliche Mienen. Kein Wald, kein Baum, kein armseliges Sträuchlein war zu sehen; keinen grünen Fleck, ja nicht einmal einen Grashalm kann das suchende Auge entdecken, nur braungelbe, mächtige Sandhügel, von kahlen Felsen unterbrochen, an welchen die Wellen des Meeres sich schäumend brechen. Erst gegen 150 km weiter im Landinnern soll die Steppe beginnen, aus denen deutscher Fleiß und deutscher Schweiß in unermüdlicher Ausdauer freundliche Oasen geschaffen hat — Farmen, aus denen der Krieg sie vertrieben, wohin sie nun wieder zurückkehren, da seit 1. Dezember 1924 die Einreise wieder erleichtert ist. Gegen Mittag liefen wir in die Walfischbai ein. Der Hafen ist nur ein armseliges Nest mit einigen Holzbaracken. Auf der Reede lag ein kleines Kriegsschiff, das noch dazu den Seeregeln gemäß von unserem Dampfer begrüßt werden mußte. Ob es mit freudigem Herzen geschah, weiß ich nicht. — Aber der wackere Deutsche „sorcht" sich nicht. Vom ehemaligen deutschen Hafen Swakopmund. der weiter nördlich liegt, kamen sie herunter mit dem Bähn-lein und mit einem Dampfboot zu uns herüber, um ihre Landsleute zu begrüßen und mehr noch, um wieder deutsches Bier zu missär an Bord, um uns und unsere Pässe einer gründlichen Erforschung zu unterziehen. Besondere Auskunft mußte über die künftige Existenzmöglichkeit und den Zweck des Aufenthaltes in Südafrika gegeben werden. Wir zwei kamen ungeschoren durch; jedenfalls hat man es uns gleich ange- U Negerdorf. kosten. Und diese Kostprobe scheint gut ausgefallen zu sein; denn mehr als einer, der ohne Begleitung an Bord gekommen war, hatte auf der Rückkehr einen Affen anhängen, nicht einen afrikanischen Gorilla, sondern einen von jenen Unholden, die Zunge und Füße aus dem Gleichgewicht bringen. Der erste Offizier schimpfte wohl weidlich, aber was half das! Das Bier war eben gut, die Luft heiß und zu Land kein Wasser. Hier kam der englische Kom- sehen, daß wir anständige Leute sind. Zwar beanstandete ein Paragraphenreiter, die nie alle werden und überall gedeihen wie das leidige Unkraut, daß wir wohl die englische, aber nicht die südafrikanische Einreisebewilligung nach Transvaal hätten. Auf unsere Bemerkung, es handle sich wohl nur um eine reine Formalitätsfrage, gab er dies großmütig und würdevoll zu und ließ uns laufen. Es hat sich auch kein Mensch mehr um unsere Papiere geküm- Heft 9 Stern der Neger 137 wert. Zwei jungen Edelsprößlingen aus dem Stamme Juda, die sich nicht ausweisen konnten, wurden die Pässe beschlagnahmt bis zu ihrem Bestimmungshafen Port Elisabeth. Dort kamen dann telegraphisch benachrichtigte Stammesgenossen an Bord, die — man sagt mit klingender Münze — die Papiere in Ordnung brachten und die gefangenen Vögel aus dem Käfige holten! In früheren Zeiten diente das Geld in manchen Kreisen auch häufig als Leim zum Gimpelfang, heute hat es sich schon zum Rechtsanwalt emporgeschwungen und zum Wächter des Gesetzes. Möglich allerdings wäre es auch, daß in den Reihen der modernen Beamten manche Gimpel zu finden sind. (Fortsetzung folgt.) ^ P. Wilhelm :6ani)oI?er, der erste HMffionär der SchMuk. Von P. Isidor Stang, F. S. C. (Fortsetzung.) tt it ater Banholzer ging noch einen Schritt weiter. Er kam auf den Gedanken, ganz in der Nähe der Station, auf eigenem Grund und Boden, ein Negerdorf anzulegen, um dadurch die Leute noch mehr an sich zu fesseln. Sein Vorhaben auszuführen, bot sich bald eine günstige Gelegenheit. Der Großhäuptling Nikär vom nahen Distrikte Vapur hatte sich mit dem König und dem größten Teil seines eigenen Volkes überwürfen und beschlossen, von seinem Distrikte fortzugehen. Ihm schlossen sich noch zwei andere Familien an und baten gemeinsam den P. Banholzer um ein Obdach auf der Mission. Dieser griff entschlossen zu, gab ihnen Grund und hieß sie auf demselben ihre Hütten bauen. So wurde der Grundstock zum ersten Negerdors gelegt. Nach und nach vergrößerte sich dieses und bald folgte ihm noch ein zweites in unmittelbarer Nähe. Mit der Gründung des ersten Negerdorfes begann ein regelmäßiger Katechismusunterricht für Kinder und Erwachsene auf der Station selbst. Die Eltern mußten sich verpflichten, ihre Kinder jeden Morgen zum Unterricht zu schicken, und sie selbst mußten jeden Sonn- mW Festtag der Predigt und Christenlehre beiwohnen. Heute, wo zahlreiche Christen sich auf der Missionsstation Lul befinden, hat man kaum mehr eine Ahnung, welch heroische Geduld der erste Unterricht von dem Pater forderte. Wie oft wollte uns andern Missionären der schwache Geduldsfaden reißen beim Anblick der Heuchelei und des dummen Stolzes, den diese Leute gerade beim Unterricht zeigten. P. Bauhölzer nahm immer den schwersten Teil der Arbeit für sich, nämlich den Unterricht der Erwachsenen, und überließ uns die viel leichtere und angenehmere Unterweisung der Kinder. In ihre unverdorbenen Herzen senkte sich schnell der Same der heiligen Lehre und brachte auch schöne und reiche Frucht. Unerschütterlich war die Geduld Pater Banholzers und der liebe Gott hatte so sehr seine Freude an dieser Tugendübung, daß er dem armen Pater reichlich Gelegenheit verschaffte, sie zu üben. Gerade seine liebste Schöpfung, die Negerdörfer, wurde ihm zu einer reichen Quelle der Leiden. Der Oberhäuptling Nikär entpuppte sich bald als ein willenlofer Mann, voll Falschheit und Voreingenommenheit gegen alles Fremde. Er, der zur Gründung der Dörfer den Anstoß gegeben, dem P. Banholzer auf seinem Grunde ein Heim geschaffen hatte, war ein geschworener Feind des Christentums und hetzte im geheimen gegen die Missionäre. Jede Gelegenheit benutzte er, die Kinder vom Religionsunterrichte fernzuhalten. Nach einigen Jahren mußte man ihn aus dem Dorfe entfernen. Außer ihm waren auch noch andere, die sich der aufgestellten Ordnung nicht fügen wollten, die selbst voll Haß und Abneigung waren gegen die christliche Religion und auch noch andere mit ihrer schlechten Gesinnung ansteckten. Auch sie mußten ausgewiesen werden. Trotz dieser unliebsamen Vorfälle wurde der Zweck der Gründung doch voll und ganz erreicht; die Schilluk glaubten an unsere gute Gesinnung und faßten immer mehr Vertrauen zu uns. Vor der Gründung kam es nur selten vor, daß Knaben und Jünglinge nachts bei uns blieben. Sie fürchteten, wir würden sie im Schlaf überfallen und als Sklaven nach Khartum schleppen. Jetzt wurde die Sache aber schnell besser. Viele Burschen, deren Heimatdorf weiter entfernt lag und die den Tag über bei uns gearbeitet hatten, blieben jetzt im Eingeborenendorf über Nacht. Bald verbreitete sich in der ganzen Umgebung die Kunde, die weißen Fremdlinge seien recht gute Leute, man könne sich ihnen ruhig anvertrauen. Während früher nur drei Zöglinge auf der Station selbst waren, nahm ihre Zahl jetzt rasch zu und die Knaben und Jünglinge fingen an, sich über den Wauwau, den ihnen die Alten vorgemacht hatten, zu belustigen. Sie waren mit Freuden auf der Station. So schwanden die Vorurteile nnd ganz allgemein sagte man uns: „Ihr seid keine Fremdlinge mehr für uns, ihr seid weiße Schilluk. Und eure Missionsstation ist uns kein fremdes Dorf mehr, sondern genau so wie unser eigenes Heimatdorf." Unter den Zöglingen, die in der Mission erzogen und unterrichtet wurden, war auch ein jugendlicher Schillukprinz, namens Nykang, 12 Jahre alt. Er machte gute Fortschritte im Katechismus wie in den anderen Fächern und berechtigte zu den schönsten Hoffnungen. Daß diese Hoffnungen vorläufig fehlschlugen, war eine bittere Enttäuschung für unsern guten Pater. Der junge Prinz ließ sich von seinem unbändigen Schillukstolze hinreißen, die Sitten des Landes geringschätzend zu übertreten. Es ist im Schilluklande Brauch, daß man bis zum zwölften Grade der Verwandtschaft keine Ehe miteinander eingehen darf. Eine Übertretung dieser Überlieferung gilt als Blutschande. Aus diesem Grunde darf auch kein königlicher Prinz eine Heirat eingehen mit einer Prinzessin aus einem andern Königshause seines Landes, weil diese Häuser alle miteinander verwandt sind. Wie Nykang 16 Jahre zählte, nach Landessitte im heiratsfähigen Alter, wollte er sich gegen den Rat P. Banholzers aus dem Dorfe Toalong eine Braut holen. Das war ihm nicht erlaubt, denn die Bewohner von Toalong waren Abkömmlinge eines alten Königshauses, daher Quared, d. h. Königsenkel. Es wäre beinahe zu einem Kriege zwischen beiden Distrikten gekommen. Nur dem raschen und energischen Eingreifen P. Banholzers war es zu danken. daß die Heirat unterblieb und der Krieg vermieden wurde. Fadiet, der damalige i Schillukkönig, der Mission den Rücken und zog sich in den Distrikt Join zurück, wo er später heiratete. P. Banholzer konnte nichts mehr schrieb das stolze Gebaren Nykangs, in dem er schon seinen Nachfolger sah, dem Einfluß der Mission zu und faßte eine heftige Abneigung gegen sie und besonders gegen P. Wilhelm. Nykang aber kehrte für ihn tun als beten. Seinem Gebete und besonders seiner mächtigen Fürsprache nach seinem Tode im Himmel schreibe ich es zu, daß der stolze Königssohn doch endlich seinen Nacken demütig beugte, um das Wasser der heiligen Taufe über feine Stirn fließen zu lassen?) Trotz aller Leiden und Verfolgungen seitens des Schillukkönigs hat P. Banholzer niemals den Mut verloren. Wie oft hat er auch mich aufgemuntert, den Mut nicht sinken zu lassen, mnd mich getröstet mit der festen Zuversicht, die er so oft in diö Worte kleidete: „Wir säen aus mit Tränen, unsere Nachfolger aber werden einstens mit großer Freude die reiche Ernte in Gottes Scheunen einheimsen." Eine günstige Gelegenheit, den Samen des Christentums unter den armen Heiden auszustreuen, waren für P. Banholzer die Predigten und Christenlehren an Sonn-und Festtagen. Herzlich lud er dazu die Schilluk der nahen Distrikte Bin, Agodo, Toalong und Join ein. All feine Beredsamkeit und fein Können bot er auf, um die Leute zu fesseln und ihnen die heiligen Wahrheiten mundgerecht zu machen. Oft bin ich ihm am Freitag oder Samstag in *) Das zwanzigjährige Ringen der Gnade mit dem Stolz des jugendlichen Prinzen hat P. Joh. Pedrana, F. 8. C., irrt letzten Jahrgang unserer Zeitschrift, Heft 9 und 10, Seite 75 ff., geschildert. unserm Garten am Weißen Nil begegnet, wo er in stiller Zurückgezogenheit den Stoff für seine Predigt ausarbeitete. Er, der große Schillukredner, schämte sich nicht, wie ein Anfänger seine Predigten laut herzusagen und einzulernen. Deshalb waren sie aber auch so vorzüglich, so voll Kraft, daß seine zahlreichen jugendlichen Zuhörer von seinen Worten ganz begeistert wurden. Fast jeden Sonntag konnte man die Neger sagen hören: „So predigen kann einzig und allein der Abundit!" Daß die Erfolge feiner Predigten bei den Alten, wenigstens für den Anfang, doch nur gering waren, ist nicht feine Schuld, sondern ausschließlich des harten und starren Sinnes der Schilluk. Um ihre Vorurteile zu brechen, um ihren stolzen Nacken unter das Joch des Heilandes zu beugen, brauchte es einen förmlichen Gnadenregen. Vergebens waren diese Predigten aber auch für sie nicht. Wenn sie ihr Herz auch der Gnade verschlossen hielten, solange es ihnen gut ging, im Augenblick des Todes haben sich doch noch viele bekehrt und sind als reumütige Christen gestorben. (Fortsetzung folgt.) W Ftus der ?Diffionsgesd)id)te Japans, s\ ü M (Fortsetzung.) W "D WMi t Furien angekommen, ließ sich Protasius von seinem unnatürlichen Sohne und der Base des Kaisers überreden, dort zu bleiben, während sie selbst gehen und den Kaiser für die Aufnahme der Bitte günstig stimmen wollten. Protasius blieb also zurück und sein Sohn, aufgehetzt durch sein Weib, wurde zu einem zweiten Absalon. Dadurch kam die ganze Intrigue mit Dai Zachi ans Tageslicht. Der Kaiser schäumte vor Wut. Der Minister wurde zum Feuertod verurteilt und Protasius des Landes verwiesen. Dai Zachi war ebenfalls ein Christ und trug den Namen Paulus. Seine Frau sollte gleichfalls mit ihm sterben. Der Kaiser ließ sich indes bewegen, diese Strafe insoweit abzuändern, daß sie nur dem Tode ihres Mannes zuschauen mußte. Sie sollte wenigstens der Empfindung nach mitsterben. Am 21. April, es war gerade am Karsamstag, wurde Paulus auf einen alten, räudigen Gaul gesetzt und mit Schimpf und Schande durch die vornehmsten Straßen der Hauptstadt geführt. Darauf band man ihn an einen Pfahl und schichtete Holz um ihn auf. Dann wurde er so verbrannt, daß er auch noch sterbend feine Frau vor Augen haben mußte. Wenn dies auch feine Pein verdoppelte, so war ihm doch wieder ihre Gegenwart ein Trost; denn in echt weiblichem Heldenmut sprach sie ihm Mut zu und forderte ihn zum Vertrauen aus Gottes unendliche Barmherzigkeit auf, hatte er ja seine Fehltritte aufrichtig und herzlich bereut. So war fein Feuertod, im Lichte des Glaubens betrachtet, für ihn eine große Gnade Gottes. Protafius hatte gerade am Tage vorher, am Karfreitag, seine Verurteilung erfahren. Er mußte mit Frau und Bedienung sofort in die Verbannung. Aber wie ganz anders zog er jetzt fort, als er gekommen war. Wie Schuppen fiel es ihm jetzt von den Augen. Sein ganzes Unrecht stand vor seiner Seele und der Gedanke an das Kreuz mit dem blutüberströmten Leichnam feines Erlösers überwältigte sein Gemüt. „O Gott," rief er cm§/ „wie gerecht und liebreich ist deine Vorsehung ! Die aufgeblähten Segel zügelloser Begierde haben mein Lebensschifflein an die gefährlichsten Klippen geschleudert. Deine Barmherzigkeit hat mich vor dem Untergange bewahrt. Dich lobe und preise ich, barmherziger Gott, daß du in der Schule der Widerwärtigkeiten mich unterweisest in der Weisheit der Tugend. Dein Urteil ist gerecht und deine Güte unendlich. Am heutigen Tage hat dein göttlicher Sohn sein Leben hingegeben für die Sün- den der Welt, am heutigen Tage ziehe ich in die Verbannung für meine eigene Schuld. Ich nehme die Strafe willig an als ein Sühn- und Versöhnungsopfer. Nimm es gnädig an aus meiner bittenden Hand und erhalte mich durch deine Gnade im aufrichtigen Geiste der Bekehrung bis ans Ende meines Lebens." König Protafius war also in die Verbannung getrieben, ins „Elend", wie der alte deutsche Ausdruck lautet. Aber das Unglück ward für ihn zum wahren Glück. Die Leiden haben ihm statt der irdischen Krone eine schönere aufgesetzt. Sie haben ihn zum Herrscher über feine Begierden gemacht, zu deren Sklaven er sich vorher erniedrigt hatte. Seine frühere Gottseligkeit, feine kindliche Ergebung an Christi Stellvertreter, feine Gesandtschaft nach Rom, das viele Gute, das er der jungen, bedrängten Kirche in Japan stets bewiesen, haben ihm die Gnade der Bekehrung erwirkt. Er war gefallen, wie Könige fallen, er sollte jetzt Buße tun, wie auch Könige sie tun müssen. Sein größter Trost im Elend war die Gottseligkeit seiner Gemahlin Justa. Wir dürfen uns nicht einbilden, daß Protafius trotz seines guten Willens die Last des ihm aufgelegten Kreuzes nicht fühlte, daß er der Versuchung nicht zugänglich gewesen wäre, es abzuschütteln. Es kamen Seelenstürme. In solchen Stunden war Justa immer wieder der tröstende und stärkende Engel des Olberges. Wie wußte sie das stolze Herz langsam an die Nahrung der Buße zu gewöhnen: „Darf ein König verzagt sein, wenn er für sein Unrecht büßen soll, wenn Hunderte seiner Untertanen für den Glauben freudig ihr Leben hingeben?" Am liebsten wies sie den manchmal trotzigen und nachdenklich sinnenden König hin auf das Kreuz von Golgatha. „Das Kreuz," sagte sie zu ihm, „ist der wahre Nordstern, nach dem du die zitternde Nadel deines Herzens richten mußt." Die teilnehmende Liebe und weise Leitung Justas zeigten denn auch bald den besten Erfolg: Protasius wurde ge-geduldig wie ein Lamm. Er bat feine Frau, ihm alle Fehler seines vergangenen Lebens aufzuschreiben. Oft überlas er dieses Schriftstück und Reuetränen füllten fein Auge dabei. Soweit brachte er es in demütiger Bußgesinnung,daß er für jeden Fehler, dessen er sich bewußt wurde, sogar feine Diener umVerzeihungbat. Große Sorge machte ihm der Gedanke, wie es der Kirche im Königreiche Arima ergehen würde. Oft beteuerte er, er erachte es als ein großes Unglück, daß es ihm nicht möglich sei, in der Christenverfolgung, die über fein Land hereingebrochen, vor aller Welt seinen heiligen Glauben zu bekennen und sich als ein Sühnopfer darzubringen, um für feine eigenen Sünden Buße zu tun und das gegebene Ärgernis wieder gut zu machen. Wider alles Erwarten wurde ihm diese Gelegenheit doch zuteil. Sein unnatürlicher Sohn und mehr noch dessen herrsch-füchtiges Weib fühlten sich auf ihrem Throne nicht sicher, so lange der alte König noch lebte. Sie fürchteten, der Kaiser möchte ihn begnadigen und auf feinen Thron zurückführen. So sollte er also sterben. Schwarze Pläne wurden von beiden ausgesonnen und derKaiser von seiner ränkevollen Base dafür gewonnen. Am 3. Brachmonat 1612 wurde aus Besehl des Kaisers die Wohnung des Protasius von 150 Soldaten umstellt. Der Kommandant überbrachte ihm das Todesurteil. Es war ihm aber freigestellt, sich nach Landessitte durch Aufschlitzen des Leibes selbst das Leben zu nehmen. Der König nahm die Botschaft nicht nur gelassen, sondern sogar voll Freude auf. Freilich, Hand an sich selbst konnte er als Christ nicht legen. Er werde, so erklärte er, die Todesstrafe an sich vollziehen lassen ohne den geringsten Widerstand. Von seiner Bedienung ließ er sich das eidliche Versprechen geben, daß keiner ihm nach heidnischem Landesbrauch den Bauchschnitt beibringen werde. Den Kommandanten bat er, ihm nur so viel Zeit zu lassen, daß er sich als Christ auf seine letzte Stunde vorbereiten könne. Als ihm das zugestanden wurde, rief er seinen Sekretär und diktierte ihm einen Abschiedsbrief an seinen Sohn. Es war ein Schreiben, würdig eines christlichen Helden. Dann traf er die Vorbereitungen für sein Ende. Er las nochmals die Liste seiner Vergehen durch, warf sich vor einem Kreuze auf die Knie und betete laut den Akt der Reue. Dann verlangte er einen Becher mit einem japanischen Getränk, den er dem Landesbrauch gemäß seiner Gemahlin und Dienerschaft darbrachte. Hierauf segnete er sie alle mit so heiterer Miene, daß niemand annehmen mochte, er gehe zum Sterben. Als man zum Richtplatze gelangte, wurde der Boden nach japanischem Herkommen mit doppelten Matten überdeckt. Vor sich ließ Protasius ein Kruzifix zwischen zwei brennenden Kerzen aufstellen. Dann legte er seinen Leibrock ab und entblößte den Hals. Da es als Schande nicht nur für den Verurteilten, sondern auch für seine Sippe galt, von einem Schergen berührt und enthauptet zu werden, so ließ sich der König von einem seiner Bedienten den Todesstreich geben. Justa ließ es sich nicht nehmen, in diesem schrecklichen Augenblick an der Seite ihres Gemahls zu sein. Im Leben war sie sein Schutzengel gewesen, im Tode wollte sie ihm noch Trost und Mut einflößen. Als sein Haupt gefallen war, hob sie es von der Erde auf und bedeckte es mit Küssen. Dann ver- einigte sie es mit dem Körper und zog sich zurück. Sie stand nun allein in der Welt, hatte aber auch mit ihr vollständig gebrochen. Noch zur gleichen Stunde fiel ihr Haar unter der Schere zum Zeichen, daß sie von der Stunde an nur noch Gott zu dienen gewillt sei. Der Leichnam des früheren Königs von Arima aber wurde noch am selben Abend auf christliche Weise feierlich beigesetzt, wobei auf Befehl des Kaisers die 150 Kriegsknechte als Zeugen zugegen sein mußten. Von glaubwürdigen Teilnehmern, darunter auch von der Königin, wurde versichert, sie hätten während des Begräbnisses den Gesang hell singender Stimmen wie von vielen Priestern gehört, obwohl in Wirklichkeit kein einziger dabei zugegen war. So also endete Protasius, König von Arima. Der Herrgott hat ihn gleichsam als fürstlichen Grabstein errichtet mit der Inschrift: „Bei Gott gilt kein Ansehen der Person." So sehr hat sich an ihm bewahrheitet, was vieltausendjährige Erfahrung in den Satz verdichtet hat: „Worin jemand sündigt, darin.wird er auch bestraft." Protasius hatte unrechtmäßig sein Land vergrößern wollen — er hat es gänzlich verloren; seinem Sohne hat er unrechtmäßig eine Frau beigegeben — sie hat sein Haupt unter das Schwert gebracht. Aber sein gottseliges Ende ist auch ein Beweis dafür, daß im Himmel mehr Freude ist über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. (Fortsetzung folgt.) 7 -. ............ ■ Opfergeift im Dienste der Fieidenmisfionen, ----- . . — ... . . J) vier Jahren trat in unser Noviziat ein junger Mann ein, um sich als Laienbruder ganz dem Missionsdienste des Heilandes zu weihen. Seine Mutter war Witwe und hatte nur dieses eine Kind, an dem sie mit zärtlicher Liebe hing. Längere Zeit hatte der Bursche dem Drängen seines Herzens, das ihn antrieb, in die Reihen der Glaubenspioniere einzutreten, widerstanden, weil er glaubte, seine Mutter, die auf seine Arbeit angewiesen war, nicht verlassen zu dürfen. Aber da war gerade diese es, die durch ihren heldenmütigen Opfergeist alle seine Bedenken zerstreute. Sie erkannte, daß der Herr ihr Kind zu seinem besonderen Dienste ries, und zögerte keinen Augenblick, das schwere Opfer zu bringen. Sie selbst forderte ihren Sohn aus, dem Rufe der Gnade zu folgen: „Wenn der Herr dich ruft, dann geh ohne Bedenken, für mich wird er schon zu sorgen wissen!" In W . . . zählen wir eine Opferseele unter unseren Abonnenten, einen jungen Mann, Heizer in einem Gaswerk. Er hatte uns den Betrag von fünf Schilling überwiesen und auf unsere Anfrage folgende schöne ^Zeilen zurückgesandt: »Ich bin Sodale der Jünglingskongregation und ministriere zugleich in unserer Pfarrkirche zur Unbefleckten Empfängnis. Unser Herr Mesner hat mir einmal gesagt: „Sei so gut und nimm mir so ein Heftchen ,Stern der Neger" ab!" Ich habe es mir nicht zweimal schassen lassen und habe es mir genommen und zugleich habe ich für die Negerkinder 50.000 Kronen weggeschickt. Ich werde Ihnen, Hochwürden, alle Monate für die Negerkinder 100.000 Kronen schicken. Ich habe eine große Freude, wenn ich höre, ein Negerkind ist Christ geworden. Da wird meine Mutter, die seligste Jungfrau, auch eine Freude daran haben.« Einer unserer Patres hielt kurz vor der Fastenzeit in T. in Württemberg eine Missionspredigt. Es war an einem Sonntag und am gleichen Tage war eine Theateraufführung, zu der auch die Kinder gehen durften. Ein Schulmädchen hatte von seinen Eltern Geld erhalten, damit es zu der Vorstellung gehen könne. Sonst hatte sich das Kind immer so sehr aufs Theater gefreut, aber heute war es still, es nahm dankbar das Geld, ins Theater wollte es aber nicht gehen. Nach längerem Drängen gab es der Mutter auf ihre Frage zur Antwort: „Dieses Geld will ich den armen Heiden schenken!" Der'gleiche Pater erzählt auch folgendes: „An einem Sonntag sagte ich in der Predigt, daß man die Missionen leicht finanziell unterstützen könne, wenn man sich hie und da etwas im Rauchen und Trinken einschränken würde. Ein Protestant, der sich aber auf dem Wege zur katholischen Kirche befindet, war auch in der Predigt. Auf diese Weisung hin ging er, wie mir seine Frau mitteilte, an jenem Sonntag nicht ins Wirtshaus." Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Graz, Paulustorgasse Nr. 10. — Verantwortlicher Schriftleiter: Isidor Kronsteiner, Mtssionsbruder in Graz, Paulustorgafse Nr. 10. — Unioersitiits-Buchdruckerei Styria" in Graz.