Gorzer Pranellenindustrie mit besonderer Riicksichtnahme auf das „Sehwefeln” des Obstes. A. Devarda, Adjunkt der k. k. landwirtschaftlich-cliem ischen Versuchs&afcion in Grdrz. Sonderabdruck aus der „Zeitschrift fttr das landwirrschaftliche Versuchs- wesen in Oesterreich” 1906. f fckjm k2>Z\ D M Wo III I n h a 11. Seite 1. Einleitung. Die Zwetschenkultur. i II. Bereitungsweise der Prunellen. 5 III. Beschaffenheit und Zusammensetzung der Gorzer Prunellen .... 7 IV. Vervrertung der Nebenprodukte. 10 V. Rentabilitat der Priinellenerzeugung. 10 VI. Vorziige und Mangel der Gorzer Prunellenindustrie. 12 1. Qualitat und Reifegrad des Obstes fur die Priinellenerzeugung . 13 2. Das eigentliche Trockenverfahren. 15 3. Das 8 ehwefeln des Obstes. 19 a) Zweck und Vorteile des Verfahrens. 19 h) EinfluB des Schwefelns und Trockuens auf den Gehalt der Prunellen an sehwefliger Saure. 23 4. EinfluB des Lagerns und Alterns auf den Schrvefligsauregehalt der Prunellen. 34 5. Der Schwefelsauregehalt der Prunellen. 38 VII. Vorkehrungen, um das kiinstliehe Troeknen der Prunellen bewerk- stelligen zu konnen . .'. 40 VIII. Die organisch gebundene schweflige Saure in den Prunellen ... 41 1. Einleitung. 41 2. Die jodometrische Titriermethode zur Bestimmung der freien und organiseh gebundenen schwefligen Saure in den Priinellen- auszugen. 47 3. Das chemische Verhalten der in den Prunellen vorhandenen schwefligen Saure in wasserigen Auszugen und in den Prunellen selbst. 64 4. EinfluB der Bereitungsweise, Aufbewabrung und kuehenmaBigen Zubereitung der Prunellen auf den Gehalt an schwefliger Saure, beziehungsweise an organisch gebundener schwefliger Saure . . 102 IX. Das Schwefeln der Prunellen vom sanitatspolizeilichen Standpunkte und im Lichte der Nahrungsmittelkontrolle beurteilt.108 X. Untersuchung und Beurteilung der Prunellen.128 Anhang. — Tabellen I bis XII. 1 Die Gorzer Piimellenindustrie mit besonderer Eiictsiclit- nahme auf das „Schwefeln” des Obstes. Von A. Devarda Adjunkt der k. k. landwirtscha£tlich-chemisehen Versuchsstation in Gorz. I. Einleitung. Das Gorzer Gebiet mit semen gunstigen, klimatischen und Bodenverhaltnissen eignet sich ganz besonders fiir die Obst- kultur, welehe sich durch die Bemiihungen der Landwirtschafts- gesellschaft in Gorz und der dortigen Handelskammer auch tatsachlich von Jahr zu Jahr entwickelt und fiir das Land von grofier okonomischer Bedeutung ist. Besonders mit friihreifendem Obste, welches hauptsachlich das Hugelland produziert, wird ein grofier Export betrieben, da dasselbe im Auslande sehr gesucht und gut bezahlt wird. Hingegen wurde fiir die Konservierung des Obstes durch Verarbeitung desselben, was bei einem rationellen landwirt- schaftlichen Betriebe mit der Produktion Hand in Hand gehen und auch zu ihrer Riickdeckung dienen solite, bis heute ver- haltnismafiig wenig getan, denn nur geringe Mengen der grofien Produktion werden jahrlich zu Dorr- und kandiertem Obste verarbeitet. Nur in der Umgebung von Gorz, in dem nahegelegenen Isonzo- und Wippachtale, besonders aber im obstreichen Collio, bliiht seit mehr als einem Jahrhundert eine wichtige Haus- industrie, welche sich mit der Prunellenerzeugung beschaftigt. Den Traditionen nach soli diese Industrie noch von den Franzosen eingefuhrt \vorden sein und seit jener Zeit wurde sie in den gleichen primitiven Verhaltnissen weiter betrieben und belassen. 2 Je nach dem Ausfalle der Zwetschenernte, welche stets grofien Schtvankungen ausgesetzt ist, sowie der mehr minder giinstigen Marktpreise, wird jahrlich ein grofier Teil derProduktion zu Priinellen verarbeitet und unter der beliebten Marke „Gorzer Priinellen”, „Amoli Goriziani” nacb den nordlichen Provinzen, grofitenteils jedoch nacb Deutschland und Rufiland verkauft. In friiheren Jahren wurde mit Gorzer Priinellen auch ein grofier Export iiber Triest und Hamburg nach Nordamerika betrieben, bis durch die gewaltigen Fortschritte der kalifornischen Dorrobstindustrie dieses giinstige Absatzgebiet beinahe ganz verloren ging. Den Ausweisen der letzten 10 Jahre zufolge wurden jahrlich durclischnittlich 60.000 bis 70.000 5 frisches Obst dieser Industrie zugefiihrt, welche mehr als 2000 Familien beschaftigt, und ob- zwar nur durch einen Monat hindurch betrieben, eine jahrliche Produktion von ungefahr 10.000 q *) getrocknetem Obst im Werte von 1 , 000.000 K aufweist. Die Zwetschenkultur. Die hier kultivierte Zwetschen- sorte, welche zur Prunellenbereitung verwendet wird, ist die gewohnliche Hauszwetsche, ,.Susini” genannt, welche uberall, in Giirten, sowie langg den Strafien und sonstigen minder fruchtbaren Boden gut fortkommt und je nach der Lage und den Witterungsverhaltnissen von Mitte August bis Mitte Sep¬ tember zur Reife gelangt. Diese Zwetschensorte ist sehr zucker- reich und eignet sich ganz gut zur Priinellenbereitung, obgleich nicht zu leugnen ist, dafi mit Riicksicht auf die giinstigen klimatischen und Bodenverhaltnisse des Landes, welche sich besonders fiir die Kultur von friihreifendem Obst, in erster Linie edlem Tafelobst, eignet, die Einfiihrung anderer, friiher reifender, auch zur Dorrobstbereitung geeigneter Zwetschen- sorten angestrebt werden solite, um die viel kraftigere August- sonne zum Trocknen des Obstes besser auszunutzen. Besonders das Hugelland und das Isonzotal wiirden sich fiir die Zwetschenkultur ganz besonders eignen, wo diese un- beschadet der anderen Kulturen, ohne viel Miihe um Bedeutendes i) Im Jahre 1902, weiehes eine aufierordentlich gunstige Ernte ergab, stieg die Prunellenproduktion auf zirka 12.000 g, im folgenden Jahre hingegen war eine MiCernte zu verzeichnen, so daB beinahe ausschliefilich importierte Ware verarbeitet \vurde. enveitert werden konnte und wiirde es den Landwirten sicher nicht schwer fallen, fiir die erhohte Produktion, sei es als frisches oder als Dorrobst, einen lohnenden und sicheren Absatz zu finden. Aber durch eine Erweiterung der Zwetschenkultur allein ware den Bediirfnissen der Prunellenindustrie noch nicht ge- niigend Rechnung getragen und fiir ihre weitere Entwicklung nicht geniigend gesorgt, da nicht nnr auf eine vermehrte, sondern auch fiir eine wenigstens jahraus jahrein gesicherte Obst- produktion gedacht werden mufi. damit diese Industrie den komraerziellen Anforderungen des Weltmarktes iminer nach- kommen und die bereits einmal ervvorbenen Absatzgebiete gegen die gewaltige iiberseeische Konkurrenz behaupten konne. Es kommt nicht selten vor, dah die Prunellenindustrie infolge einer ganzlichen Mifiernte lahmgelegt wird und ge- zwungen ist, um ihren Verpflichtungen halbwegs nachzu- kommen, minder\vertiges Obst zu importieren und zu ver- arbeiten, welches nicht nur eine Verteuerung der Produktion zur Folge hat, sondern wegen der Minderwertigkeit der Ware auch den Handelsruf der Gorzer Priinellen schadigt. Die bis jetzt im Lande beobachteten oft und periodisch wiederkehrenden MiBernten der Zwetschen deuten hauptsachlich auf eine ungeniigende Ernahrung der Obstbiiume hin, welche in ungediingten und minderwertigen Boden aufgezogen, nach einem reichlichen Erntejahr einige Jahre derErholung bediirfen, um \vieder ertragsfahig zu werden. Aus den nachfolgenden Tabellen iiber die Zusammen- setzung der hier kultivierten Zwetschen und deren Asche lafit sich die Menge der Nahrstoffe, welche der Zwetschenbaum zum Fruchtansatze bedarf, leicht berechnen. Durch 100 kg frisches Obst wird dem Boden ungefahr 148 g Stiekstoff, 44 g Phosphorsaure, 243 g Kali entzogen, welche Menge an Nahrstoffen nur fiir den Frucht- ansatz allein dem Boden nach der Ernte wieder zugefiihrt werden muB. Nimmt man nun als normalen Durchschnittsertrag eines Zwetschenbaumes 8Q kg , so wiirde sich empfehlen, fiir den humusarmen trockenen Boden des Hiigellandes die Baume jedes zweite Jahr mit je 1 q Stalldiinger zu diingen. 4 — Das durchschnittliche Gewicht der hier kultivierten Zwetschen betragt 16 bis 17 g 1 ) und dieselben sind folgender- maBen zusammengesetzt: Schale.13'4% Fruchtfleisch.82'0°/ 0 Kerne.4'6°/o 100 ' 0°/ 0 Die chemische Untersuchung eines Musters gesunder, schoner, jedoch nicht ganz hochreifer Zwetschen ergab folgende Zusammensetzung: Die prozentische Zusammensetzung der Reinasche ist folgende: ’) Auf' 1 kg gehen 60 bis 70 Sttiek Zwetsclien. 2) Da die Einascherung der Substanz direkte uber einer Gasflamme er- folgte, so entsprechen die gefundenen Sehwefelsauremengen nicht dem tatsaeh- o Der Marktpreis fur gute, gesunde Zwetschen variiert naturlich, je nach Ausfall der Ernte, naeh der Qualitat der Frueht und je nach der jetveiligen Nachfrage fiir den Export. Im Jahre 1902, in welchem die Ernte qualitativ und quantitativ sehr giinstig war, betrug derselbe 6 bis 10 K pro 1 q. Im Jahre 1903 hingegen zahlte man fiir importierte Zwetschen 14 bis 15 A pro 1 q, tvahrend fur den Konsum als frisches Obst der Marktpreis sogar 20 bis 27 K pro 1 q betrug. II. Bereitungsvveise der Priinellen. Abgesehen von einigen ldeinen Unternehmungen, wird die Priinellenindustrie als Hausindustrie von den Kleinprodu- zenten betrieben; die Bauern pflegen namlich, wenn sie fur das frische Obst keinen geniigend lohnenden Absatz finden, ihre Zwetschenernte im Hause selbst zu verarbeiten, was meistens die Frauen und Madchen, als billige Arbeitskrafte, besorgen. Das Obst wird in nicht ganz reifem Zustande ein- geerntet, \venn das Obstfleisch noch eine gewisse Konstistenz besitzt und die Frueht sich gut schalen lafit, jedoch schon so weit reif ist, daB sie sich leicht vom Kerne lost. Gleich nach der Ernte tverden die gut ausgebildeten, ge- sunden Zwetschen mit der Hand gešchalt, wozu man sich eines eigens dazu bestimmten, sichelartigen Messers bedient. 1 ) Die Durchschnittsleistung einer Arbeiterin rechnet man auf 60 bis 70 leg taglich, doch bringt es eine geiibte Arbeiterin auch auf 80 bis 90 kg pro Tag, allerdings bei 15- bis 16 stiindiger Arb eitszeit. Das geschiilte Obst wird nebeneinander auf Horden gelegt und sogleich einer starken Schweflung ausgesetzt. Die Horden bestehen aus starken Holzrahmen mit Querstaben und haben eine Fassungsflache bis zur Aufnahme von 1 / 2 q Zwetschen. Zn m Schwefeln des Obstes bedient man sich jetzt fast allgemein einer groBen tlolzkiste mit gut verschliefibarem Deckel, velcher beim Einlegen der Horden mit den Fruchten auf- und zugeschlossen wird. Im Inneren des Kastens sind an den Seiten- licfaen Gehalte des Obstes an Schwefelsaure, welcher in allen Fallen ein bedeutend niedriger ist, wie z. B. im Fmehttieisehe der Zwetsclien, wo dieser Gehalt bloB 1'2 bis l'5°/o der Asehe ausmacht. t) Diese kleinen Messer werden in Kormons meistens aus ausgemusterten Sensen angefertigt und um den Preis von 8 h pro Stiick verkauft. 6 \vanden eine entsprechende Anzahl von Seitenleisten angebracht, welche zum Auflegen der Horden dienen. Im Boden der Kiste befindet sich eine kleine, mit einem Schieber verschlieBbare Oeffnung, durch welcbe der auf gliihende Kohle geschiittete Schwefel, gewohnlich auf einem Dachziegel, oder sonst in einem GefaB hineingeschoben wird. Man verwendet hiezu den aus Italien in den Handel kommenden, gut gereinigten Schwefel, welcher nur eine kaum in Betracht kommende Menge Arsen enthalt. Zu je einer Operation verwendet man gewohnlich zur Bereitung von 1 q Priinellen ungefiihr 1 bis 1'5 kg Schwefel und auch mehr. Nach 2 bis 3 Stunden werden die Horden herausgenommen und das Obst an der Sonne getrocknet. Durch diese lange andauernde Schweflung des Obstes wird dasselbe nicht nur stark gebleicht, sondern auch miirbe gemacht, so dati esschonwahrend dieses Prozesses manchmal einen Teil seines Wassers abgibt. Nach 2 bis 3 Tagen sind die Zwetschen bei giinstiger Witterung soweit getrocknet, daB sie mittels eines sanften Druckes mit der Hand entkernt und flachgedruckt werden konnen. Nachher wird das Obst manchmal noch einmal ge- schwefelt, weitere 1 bis 2 Tage an der Sonne, im letzten Stadium aber im Schatten getrocknet, damit die Frucht nicht zu sperr werde, sondern miirbe und geschmeidig bleibt. Um schone, gleichmaBig groBe Priinellen zu erhalten, pflegt man gewohnlich bei dem Plattdriicken der Fruchte 2, auch 3 kleinere Zwetschen in einem zu formen. So einfach und schneli das Trocknen des Obstes bei giinstiger Witterung vonstatten geht, so sclrvver geschieht dies bei Regenwetter, besonders wenn der oft lange andauernde Siidwind, der feuchte Semocco, die Oberhand gewinnt, da in diesem Falle die Bauern, welche nicht iiber luftige, heizbare Lokale verfiigen, gezwungen sind, das Obst mehrere Tage hin- durch unter ungiinstigen Raumverhaltnissen zu trocknen und um es vor Faulnis zu bewahren, vviederholt zu sch\vefeln. Diese Erzeugnisse sind selbstverstandlich in der Qualitšit viel minder- wertiger und trotz ihres viel hoheren Gehaltes an schwefliger Saure weniger haltbar als sonst. Die fertigen Priinellen werden am Gorzer Platze von den Ex- porteurenangekauftundinMagazineningro6enHaufenaufbewahrt. 4 7 Je nach den Anforderungen der verschiedenen auslandischen Markte wird die Ware dann sortiert, in Holzkisten verschiedener GroBe von 1 / i bis 25 kg, meistens aber zu 1 2 1 / 3 kg verpackt und versendet. In obstarmen Jahren, wenn die Marktpreise fiir Rohobst giinstig sind, ziehen viele Produzenten vor, das frische Obst direkt zu verkaufen und wird dafiir zur Priinellenbereitung Obst aus Krain und sogar aus Kroatien bezogen. 1 ) Dieses Obst, welches an und fiir sicb in der Qualitat schon minderwertiger als das Gorzer Obst ist, wird im unreifen Zustande gepfliickt, um den oft tagelangen Transport per Achse auszuhalten und kann infolgedessen in keinem Falle ein gutes und konservierbares Dorrobst geben. Der Marktpreis fiir gute Priinellen variiert von Jahr zu Jahr auBerordentlich je nach der Jahresproduktion selbst und je nach der Nachfrage, so daB in friiheren Jahren Preise von 66 bis 90, 96, 124, sogar bis 160 AT pro l q erreicht wurden. Im Jahre 1902 schwankten die Marktpreise infolge der auBer- gewohnlich groBen Produktion und der regen Nachfrage von 64 bis 70 K, durchschnittlieh wurden 66 K pro 1 q erreicht. Am Ende der Kampagne stieg der Preis allerdings bis auf 80, sogar auf 92 K pro 1 q, was durch eine spatere groBe Nachfrage hervorgerufen wurde. Im vergangenen Jahre hingegen wurden fiir die meist aus den Nachbarlandern importierten Waren Durchschnittspreise von 114 bis 120 K pro 1 q gezahlt. III. Beschaffenheit und Zusammensetzung der Gorzer Prunelien, Obwohl das von den Bauern angewendete Troekenver- fahren sehr primitiv ist, ei'zielen dieselben doeh bei giinstiger Witterung, bei Verarbeitung der eigenen Produktion, und wenn sie dem Trocknen des Obstes besondere Sorgfalt angedeilien lassen, ein vorziigliches, zartes, wohlschmeekendes, getrocknetes Obst, welches sich lange hinaus konservieren laBt und als solches sowohl im In- als auch im Auslande sehr gesucht und gut gezahlt wird. !) Es kommt auch vor, daB in solchen Jahren ganze Familien nach ICrain und Kroatien ziehen, um dort an Ort und Stelle die Prunelien zu bereiten. 8 Gut bereitete Priinellen sind gleichmiiGig licht bis braun- lich-gelb gefarbt, weich und saftig im Fleische, mit einem feinen Fruchtgeruch, schmecken angenehm sauerlich, siifilich und kochen sich sehr leicht. Wenn die Priinellen gut getrocknet sind, diirfen dieselben, wenn man eine Handvoll zusammenballt, nicht aneinander haften bleiben, keine Feuchtigkeit in der Hand hinterlassen und nicht nach schwefliger Saure riechen. In trockenen Raumen aufbewahrt, verlieren die Priinellen ,gewohnlich noch immer etwas Wasser und allmahlich bedecken sich dieselben mit ejnem wei6en mehligen bis fein kristallinischen Zuckeriiberzug, iihnlieh wie es bei kandiertem Obste der Fali ist. Ebenso tritt ein eigenartiges feines Aroma immer mehr und mehr hervor. Auch nimmt das Obst durch das Altern all¬ mahlich eine dunklere Farbe an. Gut getrocknete Priinellen sind wegen ihrem verhaltnis- miiBig noch hohen Wassergehalt natiirlich nicht so hygroskopisch, als z. B. gedorrte Apfelringe, wie aus folgenden Versuchen zu ersehen ist, \veshalb fiir ihre Verpackung, Versendung und Aufbewahrung nicht so viele Kautelen erforderlich sind, wie bei der letztervviihnten Sorte von Dorrobst. Jedenfalls ist es unumganglich notwendig, auch die Priinellen nur in trockenen, gut ventilierbaren Raumen aufzubewahren und sie, wenn geniigend getrocknet, womoglich gut zusammen- geprefit, in Kisten zu konservieren.') In luftigen, trockenen Raumen offen aufbewahrt, geben die Priinellen bei anhaltend trockener Witterung, je nach dem Feuchtigkeitsgrade der Luft und dem Trockenzustande der Frucht, fort\vahrend mehr oder weniger von ihrem Wasser ab. Dagegen bei anhaltend feuchter Sciroccowitterung liefi sich bei feingeschnittenen, in einem offenenGefaBe aufbewahrten Priinellen eine Wasseraufnahme konstatieren bis zu einem Wassergehalt von ungefahr 29%. i) Vom Aufstapeln der frischen Priinellen zu grofien Haufen, wie dies meistens vor der Sortierung in den Magazinen geschieht, ist entschieden abzu- raten, da nnter solchen Umstanden das Obst infolge des eigenen Druckes be- deutende Mengen von Fruohtsaft, beziehungsvveise Zucker verliert. 9 — Versuche uber h ygroskopisehe Eigenschaften der Priinellen ausgefiihrt in den Jahren 1902/03. skopischen Eigenschaften der Priinellen empfehlenswert, die- selben soweit zu trocknen, dali deren Wassergehalt nicht mehrals28 bis 30% betragt, da m it dieWare beimLagern nicht allzugroGen Gewichtsschwankungen unterliegt. Zwei Priinellenmuster verschiedener Provenienz, jedoch beide von der Ernte 1902, ergaben bei der Untersuchung fol- gende Zusammensetzung: 10 IV, Verwertung der Nebenprodukte. Bei der Priinellenerzeugung erhalt man als Abfallprodukt erstens die Zwetschenschalen — wozu auch das ausgeschiedene faule Obst getan wird — und zweitens die Kerne, welche Pro¬ dukte von den Produzenten verkauft werden, um zur Deckung eines Teiles der Produktionsauslagen — wie Anschaffung von Schwefel und Brennmaterial — zu dienen. Die Schalen werden in groBen Bottichen gesammelt und zur Obstbranntweinbereitung verwendet. Der Preis hiefiir betragt zirka 4 K pro 1 q. Der Zuckergehalt der Abfallschalen stellt sich natiirlich noch hoher als der in der Tabelle „Schalenanalyse” angefuhrte, da bei den Abfallschalen mehr Fruchtfleisch und Abfallobst vorhanden ist. Ein solches Muster ergab bei einem Wassergehaite von 79'9% einen Gesamtzuckergehalt (Invertzucker) von 6\89%. Aus l hi Abfallschalen geivinnt man in den kleinen Trester- brennereien gewohnlich 7 bis 8 l 45 bis 50%igen Branntwein, wahrend aus 1 hi frischen Zivetschen durchschnittlich 10 l Branntwein gewonnen werden. Die Kerne hingegen werden von den Handlern um den Preis von zirka 2 K pro 1 q gekauft und an Kaffeesurrogat- fabriken wieder verkauft. Z\vei im groBen ausgefiihrte Versuche ergaben, daB in der Praxis bei der Verarbeitung der Zwetschen an Schalen und Abfallobst .... 17 bis 18% an Kernen .4'5 bis 5% als Nebenprodukt erhalten wird. V. Rentabilitat der Priinellenerzeugung. Je nach der Qualitat, dem Produktionsort und dem Reife- grade des Obstes, sowie nach dem Trockenzustande der er- zeugten Priinellen sind zur Bereitung von 1 q Priinellen 5: bis 7 q frische Zwetschen erforderlich. Im Durchschnitte kann man jedoch annehmen, daB 6 q frisches Obst 1 q Priinellen geben. Fiir die iveitere Berechnung kann man den Preis der Zwetschen — welche zur Priinellenerzeugung vervvendet \verden 11 — im Durchschnitte mit 6 K ansetzen, \vahrend fiir die Prii¬ nellen, bei Annahme einer giinstigen Ernte wie im Jahre 1902, der Marktpreis von 66 K angenommen werden kann. Folgende Berechnung gibt nun eine Uebersicht, wie sich die Einnahmen und Ausgaben bei der Priinellenindustrie ge- stalten. Erzeugungskosten fiir 1 Priinellen. Ausgaben: aj Fiir 6 q frische, nicht sortierte Zwetschen k & K .36 K — h h) Fiir Schalen der Zwetsehen, was im Akkord gevvohulich mit 2 K pro 1 q gezahlt wird, wobei meistens auc,h das Entkernen des Obstes mit inbegriffen ist.12 K — h c i Fiir Anschaffung von Schwefel, Brennmaterial und sonstigen Mani- pulations- und Transportspesen.8 K — h Snmma . . .58 K — b Einnahmen: Ei trag fiir 1 q Priinellen.6 G K — h Fiir 17 kg Schalen und Abfallobst, 4 K pro 1 q .— K 68 h Fiir 4'5 % Kerne, 2 K pro 1 q .— K 09 h Summa . . . 66 K 77 "h Daher betriigt der Reinertrag pro 1 q Priinellen 10 bis 11 K. Wenn man jedoch bedenkt, daB alle zur Priinellenerzeu- gung erforderlichen Arbeiten meistens von den Familienmit- gliedern selbst besorgt werden, sowie dafi der Marktpreis fiir Priinellen meistens ein hoherer als der angefiihrte ist, so stellt sich fiir den Kleinproduzenten die Nettoeinnahme selbstver- stiindlich noch viel giinstiger, als nach dieser Berechnung. Ferner lafit sich aus der Berechnung ersehen, daB die Ver- arbeitung der Priinellen nur dann wirklich lohnend ist, wenn der Marktpreis der frischen Zwetschen nicht iiber 6 bis 7 K pro 1 q steigt, -vvidrigenfalls die Produzenten durch den direkten Obstverkauf besser auf ihre Rechnung kommen wiirden. Nachdem sich jedoch die Obstproduktion im Lande von Jahr zu Jahr steigert und die Landivirte endlich auch zur Ueberzeugung gelangen \verden, daB die rationelle Dungung der Obstbaume ebenso rentabel und unerlaBlich ist, wie die Diingung aller anderen Kulturen, so ist es als sicher anzu- nehmen, daB sich auch fiir die Priinellenindustrie immer ein reichliches und billiges Material zur Verarbeitung finden wird, •vvelcher Umstand fiir die Obstziichter und besonders fiir die — 12 — kleinen Landwirte des Collios und der Umgebung von Gorz von groBer Wichtigkeit ist, da denselben durch die Prunellen¬ industrie ein bedeutender materieller Gewinn erwachst. VI. Vorzuge und Mange! der Gorzer Prunellenindustrie. Aus der vorhergegangenen kurzen Schilderung iiber den heutigen Stand der Prunellenindustrie laBt sich deutlich ersehen, wie diese bescheidene Hausindustrie, welche weder in technischer noeh in kommerzieller Richtung einen Fortschritt aufzmveisen hat. dennoeh ein Jahrhundert hindurch bestehen konnte, ja sogar mit dem primitivsten Verfahren imstande war, eine weltbekannte Handelsmarke, die „Gorzer Prunellen 1 ’, zu schaffen. damit die wichtigsten euimpaischen und iiber- seeischen Markte zu gewinnen und der in Deutschland mit allen Mitteln arbeitenden kalifornischen IConkurrenz bis jetzt stand zu halten. Diese Vorzuge verdankt die Industrie allerdings in erster Linie dem auserlesenen Materiale, \velches das Land zu pro- duzieren vermag, sowie den giinstigen klimatischen Verhalt- nissen, welche dem Obstziichter die Moglichkeit bieten, das Obst in verhaltnismaBig kurzer Zeit an der noch kraftigen Septembersonne zu trocknen und somit auf billige Weise ein vorziigliches, feines Produkt zu erzeugen. Infolge der steten Entwicklung und dem allmahlichen Fortschreiten des Obstbaues im Lande, was in erster Linie dem zielbewufiten Vorgehen aller maBgebenden Faktoren und den hierzu alljahrlich vom Sta ate bewilligten Geldsubventionen zu verdanken ist, wird allerdings in nicht zu ferner Zeit mit der Steigerung der Produktion auch fiir eine mannigfaltige und rationelle Vervvertung des Obstes Sorge zu tragen sein. Allein auch dann kanu unseres Erachtens nach die Prunellen¬ industrie bei Einfiihrung einiger Verbesserungen getrost auf ihrer jetzigen Basis auch neben anderen ahnlichen Industrie- unternehmungen weiter bestehen und gedeihen, da gerade in dem Charakter als Hausindustrie eine Hauptbedingung fiir ihren weiteren Fortbestand liegt. Es ware daher ein groBer Fenler, wollte man dieser Industrie ihren jetzigen Charakter nehmen, sei es durch Ein- fiihrung sogenannter rationeller Dorrverfahren, sei es durch 13 Umgestaltung derselben in groBe Industrieunternehmungen, weil dies den sicheren Untergang dieser fiir das Land so wichtigen Hausindustrie zur Folge hatte. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Industriezweiges, nicht nur in materieller Hinsicht, sondern auch als Riickdeckung der Produktion selbst, liat sioh im Jahre 1902 bei der enormen Zwetschenproduktion glanzend bewahrt, da trotz der groBen Ausfuhr an frischem Obst von ungefahr 25.000 q Zwetschen. noch etwa 72.000 q von dieser Industrie mit Nutzen verarbeitet wurden, welche sonst entsveder um billigen Preis verschleudert worden waren oder dem Verderben hatten preisgegeben werden miissen. Schwerlich wiirde es gelingen, durch Einfuhrung anderer, wenn auch rationellerer Verfahren die typische, wohlschmeckende und iiberall beliebte „Gorzer Priinelle” zu erzeugen, die in ihrer Art eine Spezialitat bildet. Allerdings laBt es sich nicht leugnen, daB diese Industrie sowohl in technischer, als auch in kommerzieller Hinsicht einer Reihe von Verbesserungen bediirftig ware, um den immer strenger \verdenden Anforderungen des Weltmarktes gerecht zu werden und um ihr lohnendes Absatzgebiet auch fernerhin zu behaupten. Das bis jetzt angewendete, nur auf Ueberlieferungen be- ruhende Verfahren entbehrt in mancher Richtung einer tech- nischen Begriindung, um rationeil und einwandfrei zu er- scheinen; ebenso will man den jetzigen Charakter der Industrie auch fernerhin beibehalten. Daher ist, um sie weiter zu vervollkommnen, noch manche technische Schwierigkeit zu ubemvinden, damit die Produktion in jeder Richtung und unter allen Umstanden den Anforderungen der modernen IIygiene und des Welthandels entsprechen kann. Diese Notwendigkeit einsehend, fuhrten wir eine Reihe technischer und praktischer Versuche aus, welche teils als Grundlage zu einer rationellen Vervollkommnung der Industrie, teils aber auch als Richtschnur fur dieObstziichter dienen sollen. 1. Qualitat und Reifegrad des Obstes fiir die Priinellen- erzeugung. Eine Hauptbedingung zur Erzeugung von gutem Dorrobst als Handelsartikel ist, nur tadelloses Obst zu verwenden, 14 da eine schlechte oder minderwertige Frucht auch gedorrt schlecht bleibt. Em solches Produkt diirfte nie in den Handel gebracht, sondern nur zum eigenen Gebrauche vervvendet werden, um sich auf diese Weise den Markt nicht zu ver- derben. Eingedenk dessen sollten die Obstziichter der Gorzer Umgebung zur Ueberzeugung gelangen, daB sie einzig mit ihrem vorziiglichen Rohmaterial ein gutes Produkt erzeugen konnen und es im Interesse der Gesamtindustiue ware, im Falle einer Fehlernte oder wenn die eigene gute Rohware ander- weitig nutzbringender vervvertet werden kann, die Priinellen- industrie lieber einzuschranken, als unreife Ware aus anderen Landern zu importieren, zu dorren und als „Gorzer Priinellen” in den Handel zu bringen. Die zur Priinellenbereitung impor- tierten Zwetschen sind gewohnlich minderwertiger Qualitat, verhaltnismaBig stark saurehaltig, zuckerarm und noch zu unreif. Die daraus erhaltenen Dorrprodukte sind demnach im Geschmacke zu herbe und sauer und dem Schimmeln leicht ausgesetzt. Beziiglich des Reifegrades hat die Erfahrung gezeigt, daB entgegen allen bis jetzt aufgestellten Regeln — iiber das Dorren der Zwetschen — sich das hochreife Obst zur Priinellen- erzeugung nicht gut eignet; die Schale darf noch nicht runzelig, die Frucht muB hingegen doch soweit reif sein, daB sie sich mit dem Messer leicht und rein schalen und entkernen IšiBt. Das Fruchtfleisch darf nicht mehr griin, sondern muB schon gelblich geworden sein, bei welchem Reifegrade dasVer- haltnis zwischen Zucker- und Sauregehalt zur Priinellenbereitung das allergiinstigste ist. Die Zwetschen lassen sich dann leicht und ohne irgend welchen Verlust an Saft und Fruchtfleisch zu Priinellen ver- arbeiten und das erhaltene Produkt laBt an feinem Wohl- geschmack sowie an Haltbarkeit nichts zu wiinschen iibrig. Diese wichtige Vorbedingung fiir die Herstellung guter Priinellen ist jedenfalls auch den meisten Obstziichtern bekannt, jedoch gibt es noch deren viele, besonders unter den GroB- produzenten, welche unreifes Obst verarbeiten, indem sie ihren Obstbedarf zum Teile am Markte decken, wo meistens nur die fiir den Export bestimmten, noch unreifen Zwetschen erhaltlich sind. Ein solches Obst laBt sich naturlich viel schwerer 15 bleichen und trocknen, schmeckt sehr sauer und gibt ein nur wenig konservierbares Produkt. In solchen Fallen hilft man sich allerdings durch oft- maliges Schwefeln des Obstes, wodurch das Obst wohl etwas bleicher, aber an Qualitat nicht besser wird, von welchem Ver- fahren, wie wir spater sehen werden, abzuraten ist. Die Untersuchung eines solchen Produktes, welches nach einem Monat bereits stark schimmelig war, ergab folgende Zusammensetzung: Obwohl man heute mit dem Fortschreiten der Technik iiber eine grofie Anzahl von Dorrapparaten verfiigt, welche sich sowohl fiir den Hausbetrieb als auch fiir den Mittel- und Grofi- betrieb gut eignen und welche unter allen Umstanden ermog- lichen, ein gutes Dorrobst zu erzeugen, so erscheint es uns mit Rucksicht auf das Wesen und den Charakter der Gorzer Prunellenindustrie sowohl in technischer als okonomischer Hinsicht dennoeh angezeigt, an den Grundpfeilern dieser Industrie — dem natiirlichen Trockenverfahren — womoglich nicht zu iditteln und auch fernerhin zu tracliten, die billigste und zugleich auch maclitigste Warmequelle, die Sonue, ge- biihrend auszunutzen. Mit vorziiglich funktionierenden Dorrobstapparaten „System Herzog” (und Geisenheim) wurden Versuche angestellt, die Priinellen kiinstlicb zu trocknen. Das erhaltene Produkt war gut. jedoch gelang es nicht, so tadellose und schmackhafte Priinellen zu erzeugen, wie man solche durch Trocknen an der Sonne, unter gunstigen Witterungsverhaltnissen zu produzieren vermag. Allerdings ist auch das alleinige Trocknen an der Sonne mit grofien Umstanden verbunden, da besonders bei anhalten- dem Regen die ohue Hilfsmittel dastehenden Produzenten das Trocknen des Obstes nur mit groBen Schwierigkeiten bewerk- stelligen konnen. Zucker . . Gesamtsaure Wasser . . 35- 98% 4-79 o/ 0 36- 50% 2. Das eigentliche Trockenverfahren. 16 Um solchen Fallen vorzubeugen, benotigt die Industrie unbedingt entsprechende d^rockenanlagen, welche hauptsachlich den Zweck haben miissen, das Trocknen des Obstes auch bei Regenwet,ter unverziiglich auf kiinstlichem Wege fortzusetzen, wovon iibrigens noch spater die Rede sein wird. \Vie bereits oft envahnt wurde, gestalten sicb auch die klimatischen Verhaltnisse in der Umgebung von Gorz fur das naturliche Trocknen des Obstes sehr giinstig. Die mittlere Temperatur in Gorz betragt im Sommer -(- 22-1° C, im Herbst -(-13° C. Die Sommertage haben durchschnittlich 20 bis 25° C. Die hochsten, von Mitte August bis Mitte September 1902 be- obachteten Temperaturen an der Sonne waren 40 bis 51° C. ‘) Ebenso was die Luftstromung anbelangt, herrscht im Sommer und Herbst mehr der trockene Nordostwind (Bora) als der feuchte Sudwestwind (Scirocco), welcher Umstand dem Trocknen des Obstes sehr zustatten kommt, so daB es moglich ist, die geschalten und geschwefelten Ztvetschen binnen 3 bis 5 Tagen genugend zu trocknen. Einige Versuche, welche in dieser Richtung ausgefiihrt wurden (siehe Tabelle S. 21), ergaben, daB frisch geschalte, geschwefelte Zwetschen unter normalen Verhaltnissen an der Sonne getrocknet, nach 24 Stunden ungefahr . . 50%, nach 18 „ - . 70% Wasser verlieren, so dafi dieselben am dintten Tage leicht ent- kernt werden konnen und am folgenden, spatestens am nachst- folgenden Tage genugend getrocknet sind. Bei trockener Witterung laBt sich das geschwefelte, ge¬ schalte Obst sogar im Schatten bei verhaltnismaBig niedriger Temperatur gut trocknen, wenn es nur im Freien oder in einem luftigen Raume aufgestellt wird, wie folgender Versuch be\veist. i) Nach Beobachtangen der meteorologischen Station im Monate August die mittlere Temperatur.21'9 U 0 die relative mittlere Feuehtigkeitsmenge 66-0% die Regenmenge.4t’7 mm die Gewitterregen.4 in Gorz war z. B. September 1902 18-9° C 62-70/ 0 52 3 mm 5 1? Versuch: Friscli geschwefelte, geschiilte Zwetschen in einem luftigen offenen Raume getrocknet, Maximaltemperatur 290 o Wassergehalt o/ 0 Gesamtverlust an Wasser o/ 0 Am 31. August geschalt und geschwefelt .... 84'1 — „ 2. September nach 2 Tagen.79'9 24 - 7 „4- „ „ 4 „ .56'3 75-7 ,, 7. „ „ 6 „ (geniigen d getrocknet) 31'4 91'3 Durch das bereits friiher angedeutete, allgemein in Ver- wendung stehende Verfahren, die Zwetschen im letzten Stadium nicht mehr der Sonne auszusetzen, sondern im Sehatten weiter zu trocknen, verzogert sich das Trocknen allerdings um 1 bis 2 Tage, dafiir aber behalten die Priinellen eine sehonere lichtere Farbe, bleiben miirbe im Fleische und vermindert sich entsprechend auch deren schivefliger Sauregehalt erheblich. Da die Haltbarkeit des Dorrobstes hanptsachlich von dessen Trockenheit bedingt wird, so wurden auch in dieser Richtung Beobachtungen angestellt, um feststellen zu konnen, wie weit unter normalen Verhaltnissen die Priinellen getrocknet werden miissen, um denselben die erforderliche Haltbarkeit zu verleihen, ohne dadurch deren andere gute Eigenschaften zu beeintrachtigen. 1 ) Zu diesem Zwecke wurden mehrere tadellose Priinellen- muster von verschiedenem Wassergelialte in Holzkisten auf- bewahrt und von Zeit zu Zeit untersucht. Im allgemeinen liefi sich hierbei feststellen, daB gute, frische Priinellen 25 bis 30 % Wasser enthalten durfen, um einerseits gut konservierbar und fiir den Export geeignet zu sein, anderseits aber damit die’ Frucht noch miirbe und saftig bleibe; wahrend hingegen Waren mit einem hoheren Wassergehalte, \venn dieselben nicht besonders sorgfaltig in trockenen, luftigen Raumen auf- bewahrt iverden, leicht dem Verderben ausgesetzt sind. i) a. Beythien: Ueber die Verwendung der scbwe£Iigen Saure als Konservierungsmittel etc. (Zeitschrift fur Untersuchung der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 46) fiihrte als Beweis fur die Haltbarkeit des unge- schwefelten Dorrobstes die Ringapfel und Pflaumen an — wovon die ersteren, nebenbei bemerkt, auch geschwefelt werden — allein wir halten dieses Beispiel in unserem Falle nicht fur stichhaltig, da diese Waren einen bedeutend niedri- geren Wassergehalt als die Prunellen aufweisen. 18 Die Untersuckung einer groBen Anzahl von Priinellen — ungefahr 50 Muster — ivelche im Jabre 1903 aus groBen Partien verschiedener Produktionsorte des Landes entnommen wurden, ergaben einen Wassergebalt von 25 bis 36%. Die meisten jedoch schwankten zwischen 26 bis 29%. Daraus ersieht man, daB manche unserer Priinellenprodu- zenten teils aus Unverstandnis, teils aber auch um Nutzen zu ziehen, einen groBen tecbnischen Fehler begehen, indem sie ikre Priinellen entschieden zu wenig troeknen und dadurch ilire Ware fiir den Handel ganz und gar unbrauchbar machen. Um solche Produkte noch durch eine Zeit hindurch konser- vieren zu konnen, pflegt man das Obst manchmal im letzten Stadium des Trocknens noch ein zweites, eventuell ein drittes Mal zu schwefeln, welches Verfahren, wie wir spater ersehen werden, entschieden zu verwerfen und als unstatthaft zu be- zeichnen ist. Obzwar solche Ware verhaltnismaBig in geringer Quantitat auf den Markt gebracht wird, so wirken doch diese Produkte wie der „Fluch einer bdsen Tat”, da sie begreiflicherweise nicht lange konserviert werden konnen und daher ohne irgend eine Kontrolle angekauft und dem Exporte iibergeben, oftmals den Importeuren bedeutende materielle Schaden verursachten, was dem guten Rufe der „Gorzer Priinellen” entschieden nicht zum Vorteile gereichte. Ebenfalls streng zu verurteilen und als fraudulose Handlung ist jenes Verfahren anzusehen, welches hie und da vorkommen soli, namlich schimmlige oder in Garung iiber- gegangene Ware durch eine iveitere Behandlung mit schwefliger Saure wieder handelsfahig zu machen. Solche Waren sind unbedingt als gesundheitsschadlieh zuerklaren und demKonsum nicht freizugeben. Um diesen groBen Uebelstand beseitigen zu konnen, miiBten einerseits die Produzenten wohl bedacht sein, die Priinellen lieber mehr als zu wenig zu troeknen, so daB der Wassergehalt 25 bis 30%, hochstens 31% betragt, was in der Praxis bei einiger Debung nicht so schwer zu erkennen ist; anderseits aber sollten die Exporteure von nun an im eigenen, als auch im Interesse der Industrie beim Einkaufe der Ware viel strenger voi’gehen und nur geniigend getroeknete Ware fiir den Export bestimmen. 19 3. Das Sclnvefeln des Obstes. a) Zweck und Vorteile des Verfahrens: Ueber den richtigen Zweck und iiber die Wichtigkeit des Schwefelver- fahrens bei der Priinellenerzeugung im allgemeinen und be- sonders bei der Gorzer Priinellenindustrie herrschen leider nooh viele irrige Anschauungen, und nicht nur unter den Laien, wie es die Priinellenproduzenten sind, welche manchmal mit dem Sclnvefeln zuviel des Guten tun, sondern auch unter den Nahrungsmittelchemikern, welche in letzter Zeit in die Lage kamen, iiber die Erzeugnisse dieser Industrie ein Urteil ab- zugeben. Fiir die Gorzer Priinellenindustrie ist das seit altersher angewendete Schwefelverfahren von groBer Bedeutuug, man konnte sogar behaupten, es sei unentbehrlich, wie es in der Kellerwirtschaft der Fali ist, da es ohne schweflige Saure unseres Eraclitens nach kaum mehr moglich ware, die so beliebten typischen Gorzer Priinellen weiter zu erzeugen. Ein allgemein irriger Begriff, der sogar auch von Fach- leuten geteilt wird und manchmal Ursache ist, daB die Produ- zenten dem Sclnvefeln des Obstes mehr Wichtigkeit beimessen, als einem geniigenden Trocknen desselben an der Sonne, ist der, dafi das Sclnvefeln hauptsiichlich den Zweck hatte, das Obst zu konservieren. Dies trifft aber bei der Priinellenerzeugung nicht zu, da ein gut bereitetes Dorrobst auch ohne Sclnvefeln haltbar sein mufi, wahrend, wenn die Hauptbedingung fiir die Haltbarkeit des Obstes, der geniigende Trockenzustand und Zuckergehalt, fehlen, auch durch das Sclnvefeln des frischen Obstes, wie es ein rationelles Verfahren erfordert, keine oder nur eine vor- iibergehende Konservierung desselben bewirkt iverden kann, nachdem die in den fertigen Priinellen vorhandene sclnveflige Saure fiir sich meistens viel zu gering ist, um in solchen Fallen eine geniigende und anhaltende antiseptische Wirkung zu iiben. Die Erfahrung zeigte, daB, wenn die oben angefiihrten Bedingungen erfiillt werden, auch gute, reife Zivetschen fiir sich, wenn geniigend getrocknet, mit einem Wassergehalte von 26 bis 29% ebensogut aufbewahrt werden konnen, wie die geschwefelten Priinellen. 20 Durch das Schwefeln des Obstes soli eigentlich bezweckt ■vverden: 1. Dafi das Obst nicht dunkelbraun bleibt, sondern eine schone, appetitlicho, gleichmaBige, liehtgelbe Parbe bekommt. 2. Ein Lockerwerden des Fruchtfleisehes, so dafi das Trocknen an der Sonne viel schneller und gleich- maBiger von innen nach auBen vor sich geht. 3. DaB das frische, geschalte Obst -svahrend der Troekenperiode, besonders aber wahrend der Nacht- zeit, nicht von Schimmel- und anderen Pilzen befallen wird. 4. DaB \vahrend des Trocknens gewisse chemische Veranderungen im Fruchtf leische stattfinden, \vie z. B. die vollstandige Umwandlung des Rohrzuckers in Invertzucker, Bildung von aromatischen organischen Verbindungen usw., welche Veranderungen fiir die Qualitat der Priinellen spezifisch sind. Das Trocknen der Zwetschen an der Sonne ohne vorher- gegangenes Schwefeln geschieht langsam und ungleichmaBig, indem sich an der Oberflache sehr bakl eine hautartige, sch\ver durchlassige Schicht bildet, welche das innere Frucht- fleisch schwer trocken werden laBt. Die Priinellen bleiben dunkelbraun, an der Oberflache klebrig, sind im Inneren dagegen speckig und zu wenig miirbe. Durch das Sclrvvefeln hingegen wird das Trocknen an der Sonne nicht nur um 2 bis 3 Tage beschleunigt, ohne dabei Schimmelbildung befiirchten zu miissen, sondern man erzielt eine gleichmaBige Austrocknung des Fruchtfleisches, welches miirbe bleibt und sich leichter konservieren laBt. Das Obstverliert nicht im geringsten weder amGeschmacke noch am Geruche und die gleichmaBige Entfširbung, velche damit erzielt wird, kann sogar unter Umstanden als Anhalts- punkt dienen, ob die Priinellen \virklich aus gesundem, reifem Obste bereitet wurden. Durch eine leichte Schweflung werden namlich nur die geniigend reifen und vollkommen gesunden Zwetschen gleich- miiBig gebleicht, wahrend zu unreifes Obst gewohnlich am Rande braun wird und fehlerhafte Zwetschen fleckig bleiben. 21 Um den Verdunstungsgrad des gesehwefelten und nicht geschwefelten Obstes zu ermitteln, tvurden verschiedene Muster von geschalten Zwetschen zu je 2 kg zur Halfte geschwefelt und beide Teile unter denselben Bedingungen an der Sonne und in einem DSrrapparate getrocknet. Geschalte Zwetschen im Dorrapparate getrocknet: Wassergehalt des Dorrobstes Partie aj nicbt geschmefelt. 34’5% „ 0 ’/i Stunde geschwefelt. 26'4% Hieraus ersieht man, daB das Trocknen des gesclrvvefelten Obstes viel rascher vor sich geht, \velcher Umstand fur die Priinellenerzeugung von grofiem Belange ist. Die frisch geschalten Zwetschen besitzen ein groBes Absorptionsvermogen fur schiveflige Saure, so daJ.1 die Saure- dampfe bereits nach kurzer Zeit (V 4 bis 1 / 2 Stunde) das Frucht- fleisch geniigend zu durchdringen vermogen, um die beabsich- tigte Wirkung hervorzurufen. Aus der folgenden Versuchsreihe ersieht man, daB das Fruchtfleisch derZwetschen bereits nach ViStundigem Schwefeln bis zum Kerne geniigend gebleicht und gelockert wird und ungefahr 70 mg schweflige Saure pro 100 g Substanz absorbiert, welche Menge geniigt, um das Obst unter normalen Umstanden \vahrend des natiirlichen Trocknens vor Faulnis zu beivahren, selbstverstandlich wenn die Frucht den normalen Reifegrad besitzt. 22 — Die Versuche Nr. 1 und 4 wiirden ferner beweisen, dafi bei gleichem Wassergehalte die Absorption der schwefligen Saure bei den im Fleische viel starkeren Zwetschen mindestens gleich wie bei den diinneren Apfelschnitten ist. Eine Iangere Einwirkung der Schwefeldampfe auf das Obst ist daher ganz iiberfliissig, wenn nicht sogar sckadlich, da dadurch unter Umstanden eine zu weit gehende Lockerung des Zellgewebes und infolgedessen eine nachteilige Absonderung des Fruchtsaftes stattfinden kann. Auch bezuglieh des Schwefelverbrauches geschieht in der Praxis eine grobe Verschwendung, indem fiir die Erzeugung von 1 q Priinellen gewohnlich l bis 1 1 / % kg Schwefel verbraucht wird, wahrend hierzu im hochsten Falle 600 g geniigen. Ein diesbezuglicher Versuch im groben wurde mit einem normalen Schiveflungsapparate —- in welchem 11 Horden a 40%, zusammen 4-4 q Zwetschen eingelegt wurden — angestellt. Bei Anwendung von 500 g Schvvefel, bei einer VrSt^ndigen Ein- wirkungszeit, erhielten wir schone, bis zum Kern gleichmaBig gebleichte Zwetschen, welehe ein vorziigliches Produkt ergaben. Trotz der kurzen Einwirkungszeit war die Absorption der schwefligen Saure in allen Hordenetagen die gleiche, wie folgende Untersuchungen betveisen werden. Eine andere wichtige Frage fiir die Industrie war es, festzustellen, wie lange geschalte und gesehwefelte Zwetschen in luftigen Raumen bei gewohnlicher Temperatur aufbewahrt und getrocknet werden konnen (z. B. bei Regenwetter), ohne Schaden zu nehmen. 23 a) Muster, entnommen aus der obersten Etage und an der Sonne getrocknet. 27-6 0-018 b) Muster, entnommen aus der untersten Etage und unter denselben Bedingungen wie aj getročlcnet. 28-0 0-018 i Einige Versuche ergaben, daB das Obst unter diesen Um- standen durchschnittlich 4 bis 5 Tage aufbeivahrt werden kann, bevor sich die ersten Schimmelpilze zeigen, nach welcher Zeit ge- \vohnlich ein Wasserverlust von 60 bis 70% zu konstatieren war. Friseh geschalte, jedoch nicht geschwefelte Zwetschen unter den gleiehen Bedingungen aufbevvahrt, wurden bereits nach 12 Stunden von Schimmelpilzen befallen. Demnach ist ersichtlich, daB ohneSonne oderkunst- liche Warme das vollstandige Trocknen der Zwetschen nur durch ein wiederholtes Schwefeln ermoglicht werden kann. Beim Trocknen der Zwetschen wurde ferner konstatiert, daB durch die Einwirkung der organischen Sauren nur ein Teil des vorhandenen Rohrzuckers in Invertzucker iibergeht, wahrend bei den geschwefelten Priinellen die Umsetzung immer eine vollstandige ist, wie folgende Versuche ergeben: b) EinfluB des Schtvefelns und Trocknens auf den Gehalt der Priinellen an šchwefliger Saure. Die geschalten Zwetschen, den Schwefeldampfen ausgesetzt, absorbieren — - wie bereits gesagt — erhebliche Mengen schtvefliger Siiure. Dieselbe ist im Anfang im freien Zustande vorhanden und geht 24 wahrend des Trocknens groBtenteils mit den Wasserdampfen ab. Ein kleiner Teil wird langsam zu Sclmefelsaure oxydiert und nur ein ve^haltnismaBig kleiner Rest bleibt als schweflige Saure zuriick. Versuchsreihe. Bei zwei frisch geschwefelten Zsvetscken- mustern 1 ) wurden nach der Jodtitrationsmethode sowohl die freie als die gesamtschweflige Saure bestimmt und bei Muster Nr. I stellte man ferner durch die Titration der entspreclienden frischen, ungeschwefelten Zwetschen den durch fremde Substanzen bedingten Jodverbrauch fest. Die Z\vetschen-, beziehungsweise die Priinellenausziige wurden in diesem Falle immer mit derselben Menge Substanz, auf Trockensubstanz berechnet, bereitet. i) Es sei hier gleich bemerkt, daB bei allen in dieser Avbeit angefiihrten Versuchen die gesamtscinveflige Saure •— wenn nioht ausdriicklich erwahnt — mmer naeh dem Destillationsverfahren bestimmt wurde. (Siehe Untersuchung der Priinellen.) Um spatere Wiederholungen zu vermeiden, wurden ferner in die folgenden einzelnen Tabellen gleiehzeitig auch die nach der Jodtitrations¬ methode erhaltenen Resultate der gesamt- und der freien schwefligen Saure eingetragen. Unter freier und organiseh gebundener schwefliger Saure sind jene Mengen zu verstehen, welche in dem wasserigen Auszuge der Priinellen durch direkte Titration mitJodlosnng unter Zusatz von Schwefelsaure, beziehungsweise nach der Verseifung mit Lauge bestimmt wur;ien. (Siehe Untersuchung der Priinellen.) 25 Wie die Versuclie 2 und. 5 zeigen, enthalten die frischen, unter normalen Verhaltnissen geschvefelten Zwetschen nur freie schweflige Saure und erst beim fortschreitenden Trocknen ist die Bildung von organisch gebundener schwefliger Saure im Fruehtfleiche nachweisbar. Im allgemeinen behalten normal geschvefelte und ge- trocknete Priinellen mehr schweflige Saure zuriick als die Ringapfel, welche bei einer gleichen Behandlung, jedoch bei einer viel starkeren Austrocknung bedeutend weniger schweflige Saure enthalten. (Siehe Tabelle.) Dies liiBt sich dadurch erklaren, dafi bei den Ringapfeln unter gleichen Bedingungen die Austrocknung viel schneller und vollstandiger als bei den Priinellen vor sich geht und infolgedessen beinahe die ganze Menge der vorbandenen schwefligen Saure als solche mit den Wasserdampfen entiveicht. 1 ) Eine irrige Anschauung ist ferner die, daB je liinger das frische Obst den Schwefligsauredampfen ausgesetzt vir d — selbstverstandlich innerhalb der in der Praxis iiblichen Zeit- dauer — desto haltbarere Produkte sich ergeben. Diesbeziigliche Versuche mit frisch geschalten Zvvetschen, velche unter gleichen Bedingungen, aber durch eine verschie- dene Zeitdauer hindurch geschvvefelt und dann an der Sonne ohne weiteres normal getrocknet \vurden, ergaben, daB ein ali - l) Die geringen Mengen schwefliger Saure, bis 4 my, we!che in Ringapfeln gefunden -vrurden, veranlaBte nun irrtumlicherweise manehe unserer Nahrungs- mittelchemiker, die Vermutung auszusprechen, daB dieses Dorrobst nicht ge- sehwefelt wird. (Siehe unter anderem A. Bejthien, Vortrag uber dieVerwendung der schwefligen Saure als Konservierungsmittel etc., Zeitscbrift fur Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 46; Schmidt, Arbeiten aus dem kais. Gesundheitsamte XXI, 1904, S. 246.) Allerdings sei hier nicht unervvahnt, daB einige Apfelsorten auch ohne Schwefel oder sonstige Bleichmittel im Dorrapparate schone, lichte Pro¬ dukte geben, so daB'in diesen Pallen ein Schwefeln des Obstes tatsachlich ganz zwecklos ist. 2 G zulanges Schwefeln des frischen Obstes, wie dies in der Praxis gewohnlich geschieht,, auf den schwefligen Sauregehalt der normal getrockneten Prunellen belanglos ist. Bei rationell bereiteten Prunellen, welehb nur einmal, und zwar in der Dauer von bis V 2 Stunde geschwefelt werden, schwankt der Schwefligsaure- gehalt innerhalb verhaltnismaBig engen Grenzen, und zwar nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen zwischen 6 bis 35 mg. A-nders verhalt es sich hingegen, wenn man die Prunellen schon nach dem ersten Stadium der Trockenheit \viederholt sclrvvefelt. in welchem Falle je nach dem Trockenzustande der Frucht und nach der Einwirkungsdauer des Sclrvvefelns neue Mengen schweflige Siiure vom Fruchtfleische absorbiert werden, welche — wie wir spjiter sehen — beim weiteren Trocknen nur teihveise mit den noch ubrigen Wasserdampfen abgehen, beziehungsweise zu Schwefelsaure oxydiert \verden, der grofiere Teil aber als schweflige Saure zuruckbleibt. 27 Versuch I. Ein Muster vorjahriger Priinellen wurde heuer zum zweiten Male noch % Stunde geschwefelt und einige Stunden an der Sonne gelassen. Ursprungliches Muster D as neuerdings geschwefelte Muster Schweflige Saure, Milligramm in 100 g Substanz Gesamtsaure, in Prozenten. Wasser, „ „ ... 2'0 2-78 2810 17-0 300 27-50 Versuch II. Ein Muster frisch geschalter Zwetschen wurde 1 / i Stunde hindurch geschwefelt und dann zum Trocknen an die Sonne gelegt. Am ziveiten Tage, nachdem die Priinellen bereits 63% Wasser verloren hatten, \vurde die Hiilfte des Musters einer abermaligen Schwefelung von y 2 Stunde unterzogen und dann beide Muster unter den gleichen Be- dingungen an der Sonne weiter getrocknet. Versuch III. Gleichwie der Versuch Nr. 2 ausgefiihrt, jedoch mit dem Unterschiede, daB die zweite Schwefelung erst am dritten Tage vorgenommen wurde, als die Priinellen bereits ungefahr 75% Wasser verloren hatten. Versuch IV. Ein Muster frisch geschalter Zwetschen wurde am 26. Oktober ungefahr ’/ 2 Stunde geschwefelt, dann in zwei Teile geteilt, wovon der eine Teil ohne weiterer Schwefelung an der Sonne, der zweite Teil aber in einem luftigen Raume im Schatten langsam (innerhalb 5 Tagen) ge¬ trocknet und wahrend des Trockuens noch am 2. und 7. No¬ vember je y 2 Stunde den Schwefeldampfen ausgesetzt wurde. Das auf diese Weise geniigend getrocknete Produkt wurde zuletzt vor der Untersuchung noch einige Zeit an der Luft gelassen. Versuch V. Eine Partie halbgetrockneter Prunellen wurde nochmals stark geschwefelt; ein Teil vem dieser sogleich untersucht, ein zweiter Teil nur unvollstandig, ein dritter Teil aber an der Sonne vollstandig getroeknet und der Unter- suchung zugefiihrt. Versuch VI. Eine Partie halbgetrockneter Prunellen evurde nochmals stark gesch\vefelt; ein Teil davon gleich unter¬ sucht, ein zweiter Teil an der Sonne getroeknet, ein dritter Teilkunstlichbei 60 bis 70° C 5 Stunden imLuftstrom getroeknet. Das Ergebnis dieser verschieden angelegten Versuchs- reihen lehrt: 1. Dafi, wenn die Prunellen in einem bereits weit fortgeschrittenen Stadium der Trockenheit ein zweites Mal, jedoch nur kurze Zeit geschwefelt werden und zu allerletzt bis zum normalen Trockenzustand an der Sonne oder an der Luft liegen, sich deren Gehalt an schwefliger Saure nur um ein geringes erhoht. Dieser Fali ist eben in der I J raxis der haufigste, da die Produzenten ge- wohnlich nach dem Entkernen — allerdings unniitzerweise — eine zweite leichte Schwefelung des Produktes vornehmen. 29 2. Wenn die Priinellen in sehr nassem Zustande wiederholt geschwefelt werden, dann weisen dieselben auch nach ihrer vollstandigen Trocknung an der Luft einen bedeutend hoheren Schwefligsauregehalt auf, und zwar gleichviel ob sie zu allerletzt an der Sonne oder nur an der Luft vollstandig getroeknet wurden; nach unseren Versuchen bis 60 auch 70 mg schweflige Saure pro 100 g Substanz. Dieser Fali tritt in der Praxis gewohnlich dann ein, wenn die Produzenten bei anhaltend schlechter Witterung gezwungen sind, die Priinellen bereits im ersten Stadiumfdes Trocknens ofter, ,wenn auch nur durch kurze Zeit, zu schwefeln. 3. DaB besonders im letzten Stadium des Trocknens die groBte Menge schweflige Saure aus den Priinellen entfernt wird (Versuch V, 1. 2. 3), so daB auch mit Riicksicht auf diesen Umstand eine stiirkere Trock¬ nung der Priinellen sehr vorteilhaft und daher emp- fehlenswert ist. 4. DaB auch bei dem kiinstlichen Trocknen der Priinellen nicht mehr und nicht weniger schweflige Saure aus dem Fruchtfleische zu entfernen moglich ist, als durch das natiirliche Trocknen an der Sonne. (Versuch VI, 2. 3.) Die \viederholt geschwefelten Priinellen (frisehe Ware) erkennt man gewohnlich am Geruche nach schwefliger Saure, sowie an einem unangenehmen Nachgeschmack. Im allgemeinen fanden wir, daB frisehe, normal getroeknete Priinellen, welche mehr als einmal ge- schwefelt wurden, gewohnlich einen Gehalt an schwef- liger Saure von uber 40 mg pro 100 g Substanz auf- weisen. Die oben angefiihrten Zahlen gelten natiirlich nur fiir normal geschwefelte (15 bis 30 Minuten) und normal getroek¬ nete Ware. — Aus naheliegenden Griinden konnen halb- und iiberhaupt ungeniigend getroeknete Priinellen einen bedeutend hoheren schwefligen Sauregehalt als die oben angefiihrten auf- \veisen, wie wir spater auch aus der Analyse minderwertiger Marktware ersehen werden. 30 1. Ungeniigend getrocknete, mehr- mals geschsvefeite Priinellen (Zuckergehalt 44'4 ,j /q). 2. Nr. 1, weitere 12 Stunden ge- schwefelt nnd 4 Stunden an der Luft gelassen. 3. Nr. 1, seehs Monate spater, sehr trocken, sveiters 12 Std. gescbsve- felt und 4 Std. an der Luft gelassen 4. Nr. 1, acht Monate spater, sehr trocken, weitere 24 Stunden ge- schwefelt und einige Stunden an der Sonne gelassen. 5. Nr. 1, acht Monate spater, sehr trocken, weitere 36 Stunden ge- schsvefelt und einige Stunden an der Sonne gelassen. 1. Un geniigend getrocknete Priinellen einmal gesclisvefelt (Zuckergehalt 43-40/ 0 ). 2. Dieselben weitere 12 Stunden geschwefelt und 4 Stunden an der Luft gelassen. 3. Nr. 1, sechs Monate spater, schwach gegoren, weitere 12 Stunden ge- schsvefelt . .. III | 1. UngeniigendgetrocknetePriinellen 2. Dieselben weitere 12 Stunden ge- schwefelt, dann einige Stunden an der Sonne gelassen. II IV 1. Priinellen stark in Giirung iiber- gegangen . 2. Dieselben 3 Stunden geschwefelt und einige Stunden an der Luft gelassen. 3. Nr. 2, sveitere 12 Stunden ge- schwefelt und nachher einige Stunden an der Luft gelassen . 4. Nr. 3, sveitere 12 Stunden ge- schsrefelt und nachher einige Stunden an der Luft gelassen . . Beziiglich der Einwirkungsdauer des Schwefelns ware hier noch zu ertvahnen, dafi durch ein auBer- ordentlich langes, mehrstiindiges (6 bis 12 Stunden) Schwefeln die getrockneten und besonders die halb- getrockneten Priinellen allerdings noch erheblichere 31 Mengen schweflige Saure absorbieren konnen, als die oben angefiihrten, \velche auch durch ein spateres an- haltendes Trocknen an der Luft und an der Sonne nicht mehr so leicht zu entfernen moglich sind, be- sonders dann, wenn die Priinellen bereits einen ge- wissen Grad der Trockenheit erreieht hatten. Die Ursache dieses Verhaltens liegt, wie wir spater sehen werden, in der direkten Bildung von grofien Mengen organisch gebundener schwefliger Saure im Fruchtfleische, welche Ver- bindungen fiir sich viel bestandiger und nur in belangloser Menge fliichtig sind, wie die eigentliche freie schweflige Saure, und sich daher beim Trocknen viel schwerer entfernen, beziehungsweise zu Schwefelsaure oxydieren lassen. Diese letztangefuhrten Versuche beweisen ferner: 1. DaB Priinellen verschiedener Provenienz, jedoch mit ungefahr gleichem Wasser- und Zuckergehalte, wenn auch unter denselben Bedingungen geschwefelt, nicht die gleiche Menge von schwefliger Saure zu binden vermogen. (Versuche I, 2 pnd II, 2.) 2. DaB die Aufnahme schwefliger Saure um so rascher vor sich geht, je hoher der Wassergehalt der Priinellen ist; dem- zufolge sclireitet diese Aufnahme bei stark getrockneten Priinellen verhaltnismaBig sehr langsam fort (Versuch I), ivahrend dieselbe bei feuchten Priinellen viel intensiver erfolgt. (Versuche I, 1 . 2. III.) 3. DaB, je langer die Priinellen den Sclnvefligsaure- dampfen ausgesetzt werden, desto mehr schiveflige Saure — bis zu einem gewissen Grade — absorbieren. (Versuch I, 3. 4. 5.) Gut getrocknete Ware miiBte jedoch auBerordentlich lange geschwefelt werden, um so hohe Gehalte an schwefliger Saure zu erreichen, \vie einige Chemiker im Dorrobst gefunden haben;leider aber wurde bei diesen letzten Angaben unterlassen, auch den jeweiligen Trockenzustand der Waren anzufiihren, \velcher in diesem Falle vor allem zu berucksichtigen ge- wesen ware. ') A. Beythien: Vortrag iiber die Verwendung der schwefligen Saure als Konsemerungsmittel etc. (Zeitschrift fiir Untersuchung der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 46), fand im geschwefelten Obst schweflige Saure bis zu 0-362%. 32 Der praktische Wert dieser Versuchsergebnisse liegt jedoch, unserer Meinung nach, darili: 1. Die Priinellenproduzenten darauf aufmerksam zn machen und zu iiberzeugen, daB iiberhaupt ein un- vorsichtiges zu langes Schwefeln der halbgetrockneten Priinellen, unter Umstanden, eine unnotige, jedenfalls schiidliche Vermehrung der schwefligen Saure im Fruehtfleische zu veru.rsachen imstande ist. 2. Wie es uberhaupt irrationell und bei schlecht- getrocknetenWaren sogarverwerflich ist, die Priinellen vor dem Versand in Kisten oder Fasseru, wie es hie und da vorkommt, nochmals stark zu schwefeln, da dadurch besonders im letzteren Falle das Obst mit grofien Mengen schwefliger Saure bereichert wird, welche nicht mehr so leicht zu entfernen sind. Auch durch das Nachsehvvefeln von bereits verdorbenen und in Garung iibergegangenen Waren — wodurch hauptsachlich das Verdeeken des iiblen Geruches und ein besseres Aussehen derselben bezweckt werden soli — erhoht sich leicht um Betraehtliches der Schwefligsauregehalt der Priinellen (Ver- such IV). Diese Waren sind jedoch — wie wir spater sehen vverden — an ihrem verhaltnismaBig hohen Gehalt an fluchtigen organisclien Schwefligsaureverbindungen zu erkennen. Ueberblickt man nun das Ergebnis aller in diesem Kapitel angefiihrten Versuche, so wird man ersehen: 1. DaB nur ein tadelloses reifes, jedoch nicht uberreifes Obst erforderlich ist, um gute, haltbare Prunellen bereiten zu konnen. 2. DaB es nur dann moglich ist, \virklich handels- fahige haltbare Produkte zu erzeugen, wenn die Prii¬ nellen normal getrocknet werden, d. h. wenn de r Wasser- gehalt 25 bis 30°/ 0 i hochstens 31% betragt. 3. Waren mit einern hoheren Wassergehalte als 31% sollten von dem Export als leicht verderblich ausgeschlossen werden. 4. DaB das Schwefeln des Obstes bei der Gorzer Prunellenindustrie, wenn es mit MaB und Ziel ange- wendet, als ein unentbehrliches, teclinisches Mittel 33 angesehen werden mufi, nicht vielleicht um das trockene Obst haltbarer zu machen, oder um dasselbe bloB zu bleichen, sondern um uberhaupt die typische Gorzer Prunelle erzeugen zu konnen. 5. Wie die Produzenten, welehe bis jetzt rein empiriseh arbeiteten, oft mit dem Sehwefeln irrationell vorgegangen sind, besonders wie nutzlos, sogar nach- teiiig das bis jetzt iibliche Verfahren ist, das frische Obst 2 bis 3 Stunden hindurch zu schwefeln, da durch diese viel kostspieligere und umstandliche Operation nur ein Saft-, beziehungsweise Zuckerverluststattfindet. 6. Wie nutzlos und schadlich es ist, das Obst a.uch bei gunstiger Witterung wiederholt zu schwefeln, da man dadurch unter Umstanden Produkte mit iiber- flussig hohen Gehalten an sclnvefliger Saure erhalten kann, \velche spater auch durch ein anhaltendes Trocknen nicht mehr so leicht zu entfernen gelingt. 7. DaB, selbst im Falle einer anhaltenden Regen- periode, wenn das Obst behufs Konservierung ofters geschwefelt werden muB, von diesem Mittel nur der allernotwendigste Gebrauch gemacht \verden darf, um das Obst nicht unniitzerweise mit schwefliger Siiure zu bereichern. 8. Wenn die Prunellen rationell bereitet werden, weisen diese gleich nacli der Erzeugung einen Schwef- ligsauregehalt von 6 bis 35 mg auf, welcher sich nur in unglinstigen Jahren mit anhaltenden Regenperioden (bei mehrmaligem Schwefeln) bis auf 60 bis 70 mg pro 100 g Substanz steigern kana. 9. Ein Nachschwefeln des normal getrockneten Obstes vor dem Versand ist, wenn nicht sogar nach- teilig, zum mindesten iiberfliissig: ein Nachschwefein von ungeniigend getrockneter Ware ist aber jedenfalls unzulassig, da eine solche Ware nur vorubergehend haltbar gemacht \verden kann. Schadhafte oder gar bereits verdorbene Ware zu schwefeln, ist unbedingt strafbar. Nach allem bisher Gesagten konnen wir beziiglich des Schwefelns den Prunellenproduzenten nur folgendes Vorgehen dringend empfehlen: 34 1. Das Obst \vomoglich nur einmal und da nur wahrend ungefahr 20 bis 30 Minuten zu schwefeln, in welcher Zeit man mit ungefahr '/ 2 kg Sehwefel 5 bis 6 q geschalte Zwetschen gleichmaBig bis zum Kerne zu lockern und zu bleichen vermag, ohne dabei einen Saftverlust befiirchten zu miissen und ohne denselben eine iib.ermaJBige Menge schivefliger Saure einzuverleiben. 2. Bei anhaltenden Regenperioden -vvomoglich das Obst kiinstlich zu trocknen und in Ermanglung der hierzu erforderlichen Anlagen dasselbe wahrend der Regenzeit in gut ventillierten Raumen aufzubewahren und nuralle4bis5 Tage einmal, und zvar nicht langer als 1 U Stunde zu schwefeln, mit der weiteren Vorsicht, das Obst nachher noch einige Zeit an der Sonne oder wenigstens an der Luft frei liegen zu lassen und nur in geniigend getrocknetem Zustande aufzubewahren. 3. Fiir den Versand miissen die Priinellen unbe- dingt normal getrocknet sein und diirfen vor dem- selben nicht mehr geschwefelt werden. 4, EinfluB des Lagerns und Alterns auf den Schweflig- sauregehalt der Priinellen. Die friiher angefiihrten Daten iiber den Schwefligsaure- gehalt der Priinellen gelten nur fiir frisch bereitete oder hochstens einige Wochen alte Ware, da auch die normal ge- schwefelten Priinellen wahrend des Lagerns und beim Altern stets schweflige Saure verlieren; auch die in den Priinellen vorhandene organisch gebundene schweflige Saure zersetzt sich allmahlich und verfluchtigt als freie Saure, zum Teile aber wird sie zu Schwefelsaure oxydiert und gebunden. Auch bei normal getrockneten Priinellen schreitet dieser ProzeB verhalt- nismaBig rasch vor und ist, wie die folgenden Versuche beweisen werden, nicht so belanglos, wie Schmidt 1 ) in seiner Arbeit behauptet, besonders dann, wenn die Ware in trockenon luftigen Raumen und nicht in allzu groBen Massen zusammen- geprefit aufbewahrt wird, da in diesem Falle, wie bereits i) Schmidt: Arbeiten aus dem kais. Gesundheitsamte, XXI. Bd. 1901, S. 284. 35 ervvahnt, die Prunellen infolge ihrer Hygroskopizitat leicht Feucbtigkeit abgeben, beziehungsweise aufnehmen, wodurch die Entfernung der vorhandenen freien schwefligen Saure be- giinstigt wird. Bei obiger Versuchsreihe waren die Versuche Nr. III und IV so angelegt, daB von jedem Muster die einzelnen 36 Priinellen in vier gleiche Teile gesehnitten und die auf diese Weise erhaltenen vier gleichen Muster in kleinen Holzkistchen unter denselben Bedingungen im Zinimer aufbewahrt und zu verschiedenen Zeiten untersucht wurden. Bereits nach einem Monat verlieren frisch bereitete Prii- nellen, welche frei lagern und in nicht zu groben Massen auf- bewahrt werden, 22 bis 49%, nach 2 bis 3 Monaten sogar bis zu 75% von ihrem urspriinglichen Schwefligsauregehalt. Bei einem Muster, welches in einer iiblichen Handelskiste von 12 V 2 % verpackt war, vermindei’te sich nach 3 Monaten die urspriingliche schweflige Saure um 22-5%. Nach ungefahr einem Jahre kann sogar die schweflige Saure der Priinellen ganz oder beinahe vollstandig verschtvinden, wie wir auch bei alten Handelsmustern wahrnehmen konnten (siehe Versuch Nr. I, III, IV, Tab. S. 35), so daB in solehen Fallen durch den gewohnlichen analytischen Gang allein nicht mehr festzustellen moglich ist, ob die Priinellen iiberhaupt geschwefelt waren. Wenn jedoch die Priinellen stark wasserhaltig sind und in geschlossenen Raumen in groben Massen zusammengepreBt aufbewahrt werden, kann sich der Schwefligsauregehalt auch nach langerer Zeit nicht wesentlich andern (Versuch VII, S. 35). Es wurde ferner beobachtet, daB stark geschwefelte Pru- nellen (uberschwefelte), besonders im nassen Zustande, kurze Zeit nach dem Schwefeln, oder im Glasgefafie aufbexvahrt, beim 37 Liiften bereits nach 1 bis 2 Tagen, selbst ohne einen nennens- werten Wasserverlust zu beobachten, verhaltnismaBig grobe Men gen, bei unserem Versuche bis zu 38% schweflige Saure, verlieren. (Siehe Tab. S. 36.) Diesen Umstand wollen wir hier nur deswegen ervvahnen, weil aueh in der Praxis ahnliche Falle vorzukommen pflegen, was ubrigens auch von anderen Chemikern ohne Angabe einer plausiblen Erklarung konstatiert wurde x ) —welche unter Umstanden leicht zu divergiereuden Untersuchungsergebnissen fiihren konnten. Diesen Fali kann man besonders dann beobachten, wenn das fiir den Export bestimmte, noch zu nasse Dorrobst knapp vor dem Verpacken in Fassern oder Kisten nochmals ge- sch\vefelt wird. Durch dieses unerlaubte Verfahren bleiben die zusammengepreBten Priinellen in den gut verschlossenen Ge- fiiBen mit schwefliger Siiure gesattigt \vie in einer Schwefel- kammer, so daB bei Luftzutritt bereits kurze Zeit nacli dem Oeffnen der Fiisser und nach der Probenahme eine starke Verfliichtigung der vorhandenen freien schwefligen Saure statt- findet, was gleichzeitig einen raschen Verfall der organisch gebundenen schwefligen Siiure bedingt und somit ein betracht- liches Zuriickgehen der gesamtschwefligen Saure zur Folge h at. Auf diese Behandlung des Obstes sind wahrscheinlich die aufierordentlich hohen Saurebefunde, sowie die diesbezug- lichen stark divergiereuden Untersuchungsergebnisse einzelner Nahrungsmittelchemiker zuriickzufiihren. Nicht mit Unrecht empfiehlt Marpan den Handlern vor allem den Inhalt der Kisten zu liiften und dann das Obst um- zupacken, weil tatsachlich durch diese Behandlung — entgegen der von Dr. Schmidt * 2 ) vorgebrachten Bedenken-—bei Waren, welehe vor dem Verpacken stark geschwefelt wurden und zu naB waren, bereits nach 24 Stunden eine starke Herabsetzung der schwefligen Saure erzielt werden kann, und zwar ohne dadurch den Verkaufswert der Friichte im mindesten zu ver- ringern. J) Marpan, Suddeutsohe Apotheker-Zeitung 1902. — Dr. Schmidt (i. o. S. 277) erklart die spater eintretende Verzogerung in der Abnalime der schwefligen Saure damit, daB die Obststilcke bald an der Oberflache trocknen und daher das Innere mehr geschulzt wird. 2 ) Ebendort, S. 277. 38 Jedenfalls soli hier nicht unbemerkt bleiben, daB die abnorm hohen Schtvefligsauregehalte, welche ans dem ange- gefiihrten Grunde hie und da in einzelnen Dorrobstmustern gefunden ivurden, nicht als allgemein gelten und auf dieganzeDorr- obstproduktion ausgedehnt werden diirfen, sondern dies sind nur einzelne Falle, welehe auf einer unstatthaften Behandlung des Exportdorrobstes von Seite einzelner Exporteure beruhen. Beim Lagern in luftigen'Raumen vermindert sich der Schwef ligsauregekalt der Priinellen ganzbedeutend, so daB dieser nach zirka einem Jahre sogar ganz ver- schwinden kann. 5. Der Sehwefelsauregeh.alt der Priinellen. Die ungeschwefelten getrockneten Zwetsehen enthalten fiir sich nennenswerte Mengen von Sulfaten (Tabelle, Versuch 3), welche durch das Schwefeln erhoht \verden. Der Schwefel- sauregehalt der Priinellen hangt aber von der Dauer und An- zalil der vorgenommenen Schwefelung, ferner vom Altern des DSrrobstes ab. Die Hauptmenge davon wird aber bereits \vahrend des Schwefelns vom Fruchtfleische absorbiert und betragt bei normal getrockneten Priinellen 0‘10 bis hochstens 0'25%. (Siehe folgende Tabelle.) Zur Ermittlung des Schwefelsauregehaltes der Priinellen wurde jedesmal der Destillationsriickstand von der Schweflig- saurebestimmung benutzt. 39 Wahrend des Trocknens entweiclit die schweflige Saure meistens als solche, \vie man an dem intensiven Geruch leicht erkennen kann, \velcher in der Nahe der kiinstlichen, als auch der natiirlichen Trockenanlagen wahrzunehmen ist, und nur eine verlialtnismaGig geringe Menge der Saure wird hierbei zu Schwefelsaure oxydiert. Einen wesentlichen Unter- schied im Sehwefelsauregehalt zwischen Waren, welche kiinst- lich, und solchen, welche an der Sonne getrocknet \vurden, konnten wir bei dem von uns angestellten Versuch Nr. l L (Tab. S. 38) nicht beobachten. Aber auch wahrend des Lagerns der Priinellen, wenn dieselben in luftigen Raumen und nicht geprefit aufbevvahrt iverden, findet gleichzeitig mit einer Verfliichtigung eine Oxy- dation der schwefligen Saure statt. Dafi das erstere tatsachlich geschieht, kann man sich leicht iiberzeugen, \venn normal getrocknete, jedoch stark schweflige Saure haltige Priinellen in einem Glasgefafi, worin ein feuchter, mit KaliumjodatlSsung impragnierter Papierstreifen hangt, auf- bewahrt \verden. Infolge der Bildung von freien Schweflig- sauredampfen bemerkt man nach einiger Zeit eine blaue Farbung des Reagenspapiei’es. Ebenso \venn normal getrock¬ nete Priinellen durch lange Zeit in einem gut verschlossenen Glasgefafi aufbewahrt werden, ist gleich nach Liiften des Stopels ein Geruch nach schwefliger Saure -vvahrnehmbar. Zum Beweise, dafi auch wahi’end des Lageims eine teil- weise Oxydation der schwefligen Siiure stattfindet, \vurden von einer Partie sehr nassei’, wiederholt geschvvefelter Priinellen die einzelnen Stiicke in vier moglichst gleiche Teile geteilt und die somit erhaltenen ziemlich gleichen Muster in Kistchen auf- bewahrt und zu verschiedenen Zeiten auf ihren Aschen- und Schwefelsauregelxalt untersucht. Um aber eine Differenzierung besser hervortreten zu lassen und um den Versuch von dem Wassergehalte der Muster unabhangig zu machen, wurde die gefundene Menge an Schwefel- siiure in Prozenten der Asche berechnet. (Siehe Tab. S. 40.) Dieser letzte Versuch \viirde ferner darauf hindeuten, dafi sich wahrend des Trocknens, besonders im ersten Stadium, die Hauptmenge der schwefligen Saure ver- fliichtet und nur geringe Mengen davon oxydiert werden; ivahrend hingegen beim Lagern infolge der 40 hygroskopischen Eigenschaften des Dorrobstes bei der Spaltang der organisch gebundenen schwefligen Saure eine nennenswerte Bildung von Schwefelsaure statt- f indet. x ) VII. Vorkehrungen um das kiinstliche Trocknen der Prunellen bewerkstelligen zu konnen. Wie wir nun zu selien Gelegenheit hatten, hangt die Gorzer Priinellenindustrie in ihrem jetzigen primitiven Zustande ganz und gar von der Gunst der Witterung ab, weshalb im Falle eintretender langer Regenperioden, welche sich gliicklicher- \veise zu jener Jahreszeit nur selten einstellen, die Produzenteu nolens volens zum wiederholten Sehwefeln Zuflucht nehmen miissen, um ihre Ware vom sicheren Verderben zu retten. Um daher den Obstproduzenten aus der Ztvangslage, mancli- mal iibermafiig schwefeln zu miissen, zu befreien, ware es unum- ganglich notwendig, daB in den einzelnen wichtigsten Produktions- orten des Landes Dorranlagen errichtet \viirden, 2 ) um das t) Schmidt (1. e. Seite 277) versuchte ebenfalls diese Prage zu losen, indem er bei einem Versuche mit zerkleinerten, an der Luft aufbewahrteu Aprikosen zunachst den Destillationsriickstand eindampfte, veraschte und auf den Schwefelsauregehalt nntersnchte; er konnte jedoch keine RegelmaBigkeit in den gefundenen Zahlen beobachten, was wahrscheinlieh darauf zuriickzuffihren ist, daB Schmidt trotz der zu ervrartenden geringen Differenzierung entweder dem jeweiligen Wassergehalte oder die gleichmaBige Znsammensetzung des Musters oder enalich der Art der Einascherung nicht geniigend Riicksieht ge- nommen hat. ■) Die Gorzer Handels- und Gevverbekammer (sielie Vorschriften fiir das administrativ-technische IComitee zur Griindung einer Dorranstalt fiir Obst und Gemiise der Handels- und Gewerbekammer in Gorz 1887) versuchte bereits im Jahre 1887 durch Griindung einer kleinen Musterdorranstalt in Gorz, besonders fiir Obst und Gemiise die Obstproduzenten mit der Technik des kilnstliehen Dorrsystems vertraut zu machen und dasselbe speziell fiir den Kleinbetrieb ein- zufiihren und zu verbreiten. 41 Trocknen des Obstes auch bei ungunstiger Witterung ohne Verzug fortsetzen zu konnen und selbst auf jenen Grad der Trockenheit zu bringen, weleher von einer handelsfahigen Ware erfordert wird. Jedoeh mit Riicksicht auf das Wesen und den Charakter der Gorzer Priinellenindustrie miiBten diese Dorranlagen von groBer Leistungsfahigkeit sein, um in kurzer Zeit das grofie Quantum Obst bewaltigen zu konnen; anderseits aber miiBten dieselben auch einfach und mit verhaltnismaBig geringen Kosten Hergestellt werden, da erstens die jahrliche Zwetschen- produktion heute noch eine sehr sclnvankenae ist und zweitens, weil diese Anlagen nur im Ausnahmsfalle, d. h. bei ungunstiger Witterung, in Tiitigkeit zu treten hatten. Unseres Erachtens nach wiirden sich einfache „Trocken- kammern”, bei deren Anlage nicht soviel auf Erzeugung hoher Temperaturen, als vielmehr auf eine gute Luftventilation Riicksicht zu nehmen ware, fiir diese Industrie am besten eignen. Allerdings konnten diese Dorranlagen, welche auf ge- nossenschaftlichem Wege, z. B. durch Griindung pomologischer Vereine, zu schafren waren, auch zu anderen Zwecken, wie zum Dorren verschiedener Obstsorten und Gemiise und anderer landwirtschaftiicher Produkte dienen, was zur Hebung des gesamten Obst- und Gemiisebaues nur beitragen konnte und eine bessere Ausnutzung der Anlagen mit sich brachte. Vlil. Die organisch gebundene schweflige Saure in den Prunellen. 1. Einleitung: Bereits im Jahre 1902 machte Far n Steiner die vorlaufige Mitteilung, daB es ihm gelungen sei, nach der Schmitt-Ripperschen Methode in dem geschwefelten ameri- kanischen Dorrobst organisch gebundene schweflige Siiure nachzuweisen und fand, daB man nach dieser Methode ebenso genaue Resultate erzielen kann, wie nach dein Destillations- Es wuvden 4 Dorrapparate, System Alden, Eyder (mittlere GroBe), Geisenheim (Ideine Apparate) angeschaift und damit im ersten Jahre bereits verschiedene praktische Versuche angestellt und fiir Private, Handler und Land" wirte zirka 85 q verschiedene Obst- und Gemusesorten gedorrt. Leider war dieser lobliche Versuch der Handelskammer damals aus ver- schiedenen Grvinden nicht von dem enviinschten Erfolge begleitet. 42 verfahren. Er gab ferner der Vermutung Ausdruck, daB dieselbe walirscheinlich an den Zucker gebunden sei. 1 ) Spater ivaren es Fresenius und Griinhut, 2 ) tvelche in einigen Dorrobstmustern (Apfelringe, Pflaumen, Birnen, Apri- kosen und Pfirsiche) nach demselben Verfahren den Gehalt an freier und organisch gebundener schwefliger Saure ermittelten und dabei zu nachfolgender SchluBfolgerung gelangten: 1. DaB im Dorrobst nur der kleinste Teil der gesamt- schwefligen Saure frei oder in Form ihrer durch Schwefel- saure direkt zerlegbaren Salze vorhanden ist, wahrend ein groBer Teil in einer anderen, wohl organischen Bindung auf- tritt, aus der sie erst durch kalte Verseifung mit ivasseriger Lauge oder durch Kochen mit Wasser abgespalten wird. 2. DaB die nach der Jodtitration getvonnenen Zahlen fiir gesamtschiveflige Saure mit denen des Destillationsverfahrens ausreichend iibereinstimmen, so daB die erste Methode sowohl zur Bestimmung der freien als der gebundenen sch\vefligen Saure fiir Zwecke der Marktkontrolle empfolilen werden kann. Fresenius und Griinhut sclilagen folgendes titrime- trische Verfahren vor: 50 g feingewiegtes Dorrobst werden in einen MaBkolben von 500 era 3 Inhalt gebracht, mit 400 cm 8 ausgekochtem, kaltem, destilliertem Wasser iibergossen und eine halbe Stunde lang mit Hilfe der Schiittelmaschine geschiittelt, dann mit Wasser bis zur Marke aufgefiillt, nochmals kraftig geschiittelt und durch ein groBes Faltenfilter filtriert. Das etwas gefarbte, triibe Filtrat dient zu folgenden Bestimmungen: a) Gesamte schweflige Saure. In eine Stopselflasche werden 50 cm 3 NormalnatroDlauge gebracht und 100 cm 3 obiger Losung derart hinzugefiigt, daB die Pipettenspitze wahrend des Auslaufens in die Lauge eintaucht. Nach mehrmaligem vor- sichtigen Umschwenken laBt man die Mischung 15 Minuten stehen. Hierauf fiigt man zu der alkalischen Fiiissigkeit 20 cm 3 verdiinnte Schwefelsaure (1 :5) und Starkekleister hinzu und titriert die Fiiissigkeit mit einer Jodlosung, die 1 g Jod im Liter enthiilt, bis die blaue Farbe der Jodstarke nach 1) Zeitschrift fur Untersuclmn^ der Nahrungs- und Genufimittel, o. Bd., 1124. 2 ) Zeitschrift fur anairt. Cheraie, 1903. Bd. 42, 33. 43 vier- bis fiinfmaligem Umschiitteln bestehen bleibt und minde- stens eine halbe Minute lang anhalt. b) Freie schweflige Saure: Man versetzt 100 cm 3 des kalt bereiteten Obstauszuges mit 10 cm 3 verdiinnter Scbrvvefel- saure (1:5) und titriert sofort in der oben beschriebenen Weise mit Jodlosung. A. Beyt.hien und Bohrisch 1 ) stellen in einer Erividerung die Brauchbarkeit des Jodometrischen Verfahrens fiir Ztvecke der Marktkontrolle in Abrede, da nach dieser Methode weit niedrigere Resultate als nach dem Destillationsverfaliren er- halten werden sollen, und empfehlen daher zur Bestimmung der gesamtschivefligen Saure im Dorrobste die Destillations- metliode. AnliiBlich einer umfangreichen Untersuchung iiber die aldehydschweflige Saure stellte aueh K er p 2 ) Versuche iiber diesen Gegenstand an. Aus dem Versclrvvinden der Blaufarbung nach der direkten Titration eines mit Starkelosung versetzten Auszuges aus geschwefelten Friichten mit Jodlosung schloB Kerp auf die Gegenwart von organisch gebundener schwefliger Siiure und sprach auf Grund eines ahnlichen Vei’suches mit schweflige Saure enthaltender Glykoselosung die Vermutung aus, daB Zucker die Ursache dieser Bildung sei. Kerp betrachtete ferner diese Frage uuter dem Gesichtspunkte der Lehre des chemischen Gleichgewichtes, indem er den Zerfall der aldehydschwefligeu Saure in wasseriger Losung auf eine hydrolytische Spaltung zuriickfiihrte, bei ivelcher sich ein Gleichgeivichtszustand zwischen schivefligsaurem Natrium, Aldehyd und aldehydschwefligsaurem Natrium herstellt. Dieses Gleichgewicht hangt aber von der Temperatur und der Kon- zentration der Losung ab, bleibt jedoch solange konstant, als sich die beiden genannten Faktoren nicht andern. In einer spater erschienenen Arbeit 3 ) bestatigte Farn- steiner an der Hand einer groBen Anzahl von Versuchen, daB einige Zuckerarten, darunter als wichtigste die Glj^kose, ein 1) Zeitsehrift far Untersuehurig der Nahrungs- und GenuSmittel, 6. Bd., 356 (1903). 2 ) (Vorlaufige Mitteilung), Ebendort. S. 66. 3 ) Zeitsehrift fiir Untersuchung der Nahruugs- und GenuCmittel, 7. Bd. 449 (1904). 44 mehr minder starkes Bindungsvermogen fur schweflige Saure besitzen, ferner fand er: 1. DaB die Grenze des Bindungsvermogens, d. h. das Maximum des Verhaltnisses von organisch-gebundener schwef- liger Saure zur gesamtsehwefligen Saure in erster Linie von der Konzentration der Glykoseldsung abhangt und mit letzterer steigt, ohne jedoch derselben proportional zu sein. 2. DaB von geringem EinfluB auf dieses relative Maximum die Konzentration der schwefligen Saure ist, dagegen das absoluteMaximum, im Einklang mit dem Gesetze des chemischen Gleichgewichtes, von der Konzentration der schwefligen Saure abhangt. 3. Auf die Geschwindigkeit, mit welcher das Maximum der Bindung erreicht wird, ist der Gehalt an freier Saure von verzogerndem EinfluB. 4. In stark konzentrierten GIykoselosungen findet eine sehr weitgehen.de Bindung statt. 5. DaB im geschwefelten Dorrobst ohne Zweifel eine orga- nische Bindung der schwefligen Saure vorliegt. 6. DaB in natiirlichen Produkten betrachtliehe Mengen von schwefliger Saure enthalten sind. welche aber an andere Stoffe als die Glykose organisch gebunden sein miissen; daher der Frage nach der Natur der in Betracht kommenden Stoffe zurzeit eine positive Antwort nicht gegeben werden kann. 7. DaB durch die Eimvirkung von Wasser ein Zerfall der Schwefligsaureverbindungen stattfindet und erst nach einer gewissen Zeit die einzelnen Komponenten sich langsam zu dem neuen durch die Verdunnungsverhaltnisse bedingten endgiltigen Gleichgewichtszustand gruppieren. 8. Je langer daher die Extraktion der Fruchte mit Wasser dauert, desto mehr freie schweflige Saure wird der Auszug ent¬ halten, so daB selbst bei der kiirzesten Dauer der Extraktion nach Fresenius, Grunhut (V* Stunde) eine Spaltung der organischen, Schwefligsaureverbindungen zu erwarten sei. 9. DaB es zurzeit noch keinen Weg gibt, den wahren Gehalt der geschwefelten Fruchte an freier und gebundener sctnvefliger Saure zu ermitteln und lediglich der jeweilige Zustand festgestellt werden kann, in welchem sich die schwef- lige Saure in den aus den Friichten erhaltenen Auszugen befindet. 45 Bezuglich des jodometrischen Verfahrens zur Bestimmung der freien und organisch gebundenen schwefligen Saure in naturlichen Produkten, beziehungsweise Ausziigen aus Friichten u. dgl., kam Farnsteiner zu folgenden Ergebnissen: 1. DaB bei einem niedrigen Gehalte an schwefliger Saure dem Verfahren kein allzu groBes MaB von Genauigkeit zuzu- erkennen ist, da eine ganze Reilie der verschiedenen Fehler- quellen bald in positivem, bald in negativem Sinne Storungen verursachen konnen. Fast alle Ausziige aus Friichten nahmen, auch wenn sie keine schweflige Siiure enthielten, Jod auf, besonders nach der Verseifung. Der hierdurch entstehende Fehler kanu bis zu 10 mg schiveflige Saure auf 100 eni 3 be- tragen. Anderseits fand er, daB, wenn die zu titrierende Fliissigkeit mit einer Mineralsaure angesauert wird, die Titra- tion, besonders der gebundenen schwefligen Saure, zu niedrig ausfallen kann, was Farnsteiner auf eine Autooxydation zuriickfiihrt, da die meisten natiirliehen Produkte Stoffe ent- halten, welche mit Mineralsauren Jod frei machen. BloB in den Fallen, wo die Ausziige stark pektinhaltig waren, hat er die Dauer der Verseifung von D /2 bis 2 Minuten nur auf 5 bis 10 Minuten ausgedehnt. Trotz der oben genannten moglichen Fellerquellen kann jedoch, nach Farnsteiner, bei hohem Gehalte an schwefliger Saure, durch das titrimetrische Verfahren eine hinreichende Genauigkeit erzielt werden. In letzter Zeit veroffentlichte das kaiserliche Gesundheits- amt eine Reihe von sehr interessanten Abhandlungen iiber das Verhalten der schwefligen Saure in Nahrungs- und GenuB- mitteln, 1 * ) wovon wir hier speziell die Arbeit Dr. H. Schmidt „Ueber das Vorkommen der schwefligen Saure im Dorrobste und einigen anderen Lebensmitteln” anfiihren und nachstehend die SchluBsatze mitteilen wollen, in welchen er die Ergebnisse seiner Versuche zusammengefafit hat: 1. Zum Nachweis der schwefligen Saure in Nahrungs- mitteln eignet sich am besten das Verfahren, an einem Uhr- glase einen Tropfen sehr verdiinnter Kaliumjodat-Starkelosung 1 ) Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte, 21. Bd., 2. Heft, 1904. Der Abhandlungen vonKerp: ,,Znr Kenntnis der geb. schwefligen Saure” wird — soweit diese Arbeit mit unseren Versuchen im Zusammenhange steht — im Laufe dieses Kapitels Erwahnung get.an. 46 liber das zerkleinerte und in einem Glasschaichen mit Phos- phorsaure angesauerte Untersuchungsobjekt zu bringen. 2. Die Bestimmung der schivefligen Saure erfolgt am sichersten nach dem Destillationsverfahren. Da einzelne Natur- erzeugnisse, nach diesem Verfahren untersucht, mitunter die Gegenwart von schwefliger Saure vortauschen, ohne daB dieser Stoff vorhanden ist, mufi bei der Beurteilnng eine geivisse Vorsicht walten. Werden nach dieser Untersuchungsmethode nur sehr geringe Mengen von Baryumsulfat gefunden, so bleiben diese am besten unberiicksichtigt. S. Die schiveflige Saure wird den Nahrungsmitteln meistens in der Absicht zugesetzt, ihnen ein schones Aussehen zu ver- leihen: insbesondere trifft dies bei dem Dorrobste zu. 4. Die schweflige Saure kommt im geschivefelten Dorr¬ obste in gebundener Form vor. Das Verhalten bei der hydro- litischen Spaltung und gegeniiber verdiinntem Alkali spricht dafiir, daB sie an aldehyd- oder ketonartige Stoffe, und zwar wahrscheinlidh an Glykose, gebunden ist. 5. Wie im geschivefelten Wein und in den geschivefelten Friichten ist wahrscheinlich auch in anderen Nahrungs- und GenuBmitteln die schiveflige Saure in gebundener Form vor¬ handen. Die bisherigen Beobachtungen sprechen dafiir, daB auch EiiveiBstoff und Zellulose die Saure anzulagern vermogen. 6. Ein Beweis dafiir, daB die sclivreflige Saure im ge- schivefelten Dorrobst auBer in gebundenem Zustande auch in freier Form vorhanden ist, konnte bisher nicht erbracht iverden. Wo die freie Saure bei solchen Waren beobachtet ■svurde, ist ihr Auftreten auf eine hydrolitische Spaltung der gebundenen Saure zuriickzufiihren. 7. Der Gehalt an schivefliger Siiure geht beim Lagern des gescliwefelten D6rrobst.es an der Luft allmahlich zuriick. Die Abnahme findet jedoch so langsam statt, daB in der Praxis durch ein Liiften der Gehalt der Frtichte an schwefliger Saure in nennenswertem MaBe nicht herabgesetzt werden kann. 8. Bei der kuchenmaBigen Zubereitung des geschivefelten Dorrobstes verringert sich der Gehalt an schivefliger Saure. Diese Verminderung hiingt hauptsachlich von der zum Wassern und Kochen benutzten Wassermenge ab. Je groBer die Wasser- menge ist, um so mehr sinkt der Gehalt an schivefliger Saure in den zubereiteten Friichten. 47 SchonEnde des Jahres 1902 war vorliegende Arbeit 1 ) in ihrem ganzen Umfange — jedoch ohne besondere Riicksichtnahme auf die organisch gebundene schvveflige Saure — fiir den Bruck bereit, als Fresenius und Griinhut 2 ) ihre Arbeit: „Ueber geschivefeltes DSrrobst und seine Beurteilung” veroffentlichten, welche Arbeit wichtige Gesichtspunkte sowohl fiir die teehniscbe Begriindung der Priinellenindustrie, als auch fiir die Beurteilung ihrer Produkte zu schaffen versprach. Daraufhin wurde damals von der Veroffentlichung dieser Arbeit abgesehen, um dieselbe durch weitere Studien auch in dieser Richtung zu vervollkommnen, was natiirlich eine Wiederholung der meistenpraktischen Versuche mit sich brachte und iiberhaupt spezielle Studien iiber die Brauchbarkeit und Ge- nauigkeit des jodometrischenTitrierverfahrens fiir die Bestimmung der freien und organisch gebundenen schivefligen Saure in den Priinellenausziigen, sowie iiber das Wesen und Verhalten der in den Priinellen bereits konstatierten organischen Ver- bindungen der schwefligen Saure erforderte. Die umfangreichen und wichtigen Arbeiten, welche in letzterer Zeit — besonders iiber organisch gebundene sch\veflige Saure in Dorrobst — erschienen, konnten \vir, nahe am Ab- schlussemnserer Versuche, leider nicht mehr eingehend beriick- sichtigen. Nur soweit die Ergebnisse dieser Arbeiten, besonders jener Dr. Schmidts, 3 ) sich mit unseren Versuchen nicht ganz decken oder sogar im Widerspruche stehen, haben wir die- selben zitiert oder einer kurzen Besprechung unterzogen. 2. Die jodometrische Titriermethode zur Bestimmung der freien und organisch gebundenen schwefligen Saure in den Priinellenausziigen. Noch sehr geteilt sind die Meinungen der Chemiker iiber die Brauchbarkeit dieses Verfahrens im allgemeinen, sowie iiber dessen praktischen Wert, was unserer Meinung nach hauptsachlich darauf zuriickzufiihren ist, daB man bis jetzt noch zu wenige Erfahrungen gesammelt hat und der Erprobung 1) Bericht an das k. k. Ackerbauministerium, Januar 1903. 2 ) a. a. O. 3 ) Schmidt, ]. c. S.' 226 . 48 dieses Verfahrens noch zu wenig Aufmerksamkeit gescheiikt wurde. Besonders Schmidt 1 ) gab, ohne die erforderlichen Unter- suchungen anzustellen, ein abschlagiges Urteil liber dieses Ver- fahren, und zwar deswegen, weil man damit unter Umstanden nicht unerhebliche Mengen schweflige Saure in Gegenstanden findet, die iiberhaupt keine enthalten; er fiihrt als einziges Beispiel an, daB „die aus frischen Aepfeln bereiteten wasserigen Ausziige, je naeh der Menge des Obstes, bis zu mehreren Kubik- zentimetern Jod verbrauchen”. Der ge\vichtigste Umstand jedoch, \velcher nacli Schmidt gegen die Brauchbarkeit des jodo- metrischen Verfahrens spricht, ware, weil ,,die Menge der beim Behandeln des Dorrobstes mit Wasser in dieses iibergehenden schweflige Sauren von der Menge des Wassers selbst abhangt”. Als Beweis fiihrte er folgenden Versuch an: Von einer Aprikosensorte mit 0-181% schwefliger Saure wurden je 100 g unzerkleinerte Fruchte a) mit 300 cm B Wasser und b) mit 1500 cm 3 Wasser iibergossen, und 42 Stunden unter haufigem Umriihren stehen gelassen. Dann wurde die Flussig- lceit abgegossen, der Riickstand mehrmals mit Wasser schnell abgespiilt, durch Zerdriicken zerkleinert und nach dem Ansauern mit Wasser destilliert. Bei Versuch a) lieferte der Riickstand noch 0-1045 g (80%), bei Versuch b) 0'0367 g (42%) sclrvveflige Saure. Auf Grund dieses Versuches erklarte nun Schmidt, daB esFresenius und Grunhut bei ihren Versuchen nicht gelungen ware, die ganze schweflige Saure aus den Friichten zu entziehen. DaB unter den angefuhrten Umstanden, namlieh bei einer so starken Konzentration (Versuch a) und bei Amvendung von unzerkleinerten Friichten, Schmidt unmoglich zu giinstigen Resultaten gelangen konnte, ist nicht zu wundern; wir werden jedoch sehen, wie unter normalen Verhaltnissen — wie solche in ahnlichen Fallen bei Ausfiihrung von chemischen Unter- suchungen ailgemein iiblich sind — fiir die Untersuchung des Dorrobstes ganz brauchbare Ausziige erhalten werden konnen. Wie ailgemein bekannt, laBt sich die schweflige Saure in verdiinnten, reinen wasserigen Losungen durch direkte Titration mit einer Jodlosung hinreichend genau bestimmen, und z\var i) Schmidt, 1. c. S. 259. 49 — auch dann, wenn die Losung mit Sch\vefelsaure schwach ange- sauert wird. Eine praktische Amvendung dieses fiir sich so einfachen Verfahrens zur Bestimmung der freien und organisch gebun- denen schwefligen Saure in Dorrobstausziigen ist jedoeh mit manchen Umstanden verbunden, welche eine Anzahl von Fehler- quellen in der Gehaltsbestimmung vorausseben lieBen, die ent- weder im positiven oder im negativen Sinne storend \virken konnen und deren Feststellung daher als notwendig erschien, um diese Methode zur Ausfiihrung der nachfolgenden Studien, eventuell auch fiir die Nahrungsmittelkontrolle brauchbar machen zu konnen. A. Bereitung der wasserigen Priinellenausziige. 1. Bei der Auslaugung der Priinellen mit kaltem, ausgekochtem, destilliertem Wasser findet eine teilweise Zersetzung der darin vorhandenen organisch gebundenen schwefligen Saure in freie statt, was gleichzeitig eine partielle Oxydation der freien sehwefligen Saure in der Losung zur Folge hat. Der erste ProzeB schreitet — wie wir spater sehen werden — besonders im Anfang sehr rapid vor, und zvvar je mehr der Auszug ver- dunnt ist, so daB bei der Titration der freien schwefligen Saure nur der jeweilige Gehalt eines Priiuellenauszuges an freier schwefliger Saure ermittelt werden kann. Drei auf- einander folgende direkte Titrationen von je 100 cm 3 eines frisch bereiteten Priinellenauszuges (80 g Substanz auf 1000 cm 3 ) verbrauchten der Reihenfolge nach Kubikzentimeter Jodlosung 1 * ) 22-8, 24-0, 25'0 cm 3 , entsprechend: 57’4, 60-4, 63-0 mg schweflige Saure in 1000 cm l 2. Der OxydationsprozeB schreitet in der Losung un- aufhaltsam ixnd besonders \vahrend der Bereitung des Auszuges um so rascher und starker vor, je verdiinnter die Losung ist und je rascher die Zersetzung der organisch gebundenen schwefligen Saure vor sich geht, wie aus folgenden Versuchen ersichtlich ist. Diese Fehlerquelle bei der Bestimmung der gesamt- schwefligen Saure im Dorrobste muB selbstverstandlich auch i) Zur Titration der sehwefligen Siiure wurde bei allen Versuchen stets eine Jodlosung: l cm* = 0’000252 g S0 2 , verwendet. 50 dem Destillationsverfahrenanhaften und wahrscheinlich in noch grofierem Mahe, so dah jedenfalls auch durch diese Me- thode immer niedrigere Gehalte erzielt werden, als in Wirk- lichkeit vorhanden sind. Auf Grnnd vergleichender Versuche fanden wir z. B., dafi bei der Bereitung von ivasserigen Auszugen in der Konzentration von 40 y auf 500 cm i) * 3 ungefahr 10 mg schiveflige Saure durch Oxydation verloren gehen. Mit Riicksicht auf diese Fehlerquelle ist es daher not- \vendig, um vergleichende Resultate erzielen zu konnen, die Bestimmung der schtvefligen Saure im Dorrobste sowohl nach dem jodometrischen, als auch nach dem Destillationsverfahren immer unter denselben Bedingungen auszufiihren und speziell bei Amvendung des ersteren Verfahrens womoglich schnell und mit konzentrierten Losungen zu arbeiten. i) Versuche, um diesen Fehler auch bei dem Destillationsverfahren wenig- stens annahernd festzustellen, und zwar durch eiue gleichzeitige Bestimmung des Schvrefelsauregehaltes der Prunellen, als auch des Destillationsiiickstandes, fiihrten zu keinem brauehbaren Resultate, da auch bei einer noch so vorsichtigen EintUcherung der Substanz ein Tell der schwefligen Saure oxydiert wird. 51 3. Bei der Auslaugung der fein gevviegten Prunellen mit kaltem Wasser wurde ferner beobachtet, dafi dieselben infolge ilires Gehaltes an Pektin und sonstigen harzahnlichen Stoffen verhaltnismaBig langsam aufquellen und nur durch Anwendung von nicht zn* starken Konzentrationen und bei langerem Di- gerieren unter oftmaligem Schutteln eine vollstandige Extraktion der Verbindungen der sclnvefligen Saure, beziehungsweise der schwefligen Saure aus dem Fruchtfleische gelingt Wie folgende Versuehe zeigen, ist in den meisten Fallen die von Fresenius und Griinhut 1 ) angegebene Extraktions- dauer von >/ g Stuilde nicht hinreichend, anderseits jedoch fanden wir, dafi auch die von Farnsteiner 2 3 ) empfolilene Extraktion des Dorrobstes durch Zerreiben der vorher zerkleinerten und aufgequollenen Friichte im Morser — abgesehen davon, daB dieses Verfahren irrationell ware — nicht notwendig ist. Eben- sowenig ausschlaggebend ist die Hohe, welche der Extraktgehalt der Losung erreicht, da die Schwefligsaureverbindungen viel rascher diffundieren und aufgelost werden als viele andere Extraktivstoffe des Fruchtfleisches. Der Umstand, daB Fresenius und Griinhut bei einigen Mustern durch das Titrationsverfahren annahernd iiberein- stimmende Resultate wie durch die Destillationsmethode er- hielten, ist jedenfaJls nicht, wie Schmidt*) angibt, darauf zuriickzufiihren, weil die zwei von ihm angegebenen Fehler — namlich zu hoher Jodverbrauch infolge des Gehaltes an jod- absorbierenden Stoffen und zu geringer Jodverbrauch fiir die Oxydation der schwefligen Saure wegen mangelhafter Auslau¬ gung — sich annahernd aufheben, da in diesem Falle die Re¬ sultate Fresenius’und Griinhuts unbedingt kleiner als nach der Destillationsmethode hatten ausfallen miissen. Wenn in diesem Falle eine Fehlerkompensation stattfand, so geschah diese, wie wir aus den nachfolgenden Versuchen ersehen werden, hauptsachlich zwischen dem Minderbefund infolge der etwas unvollstandigen Auslaugung des Obstes und des Titrationsfehlers bei der Verseifung und dem Mehrbefund infolge der in der Losung vorhandenen jodabsorbierenden Stoffe. !) a. a. O. S. 38. 2 ) Zeitschrift fiir Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 469. 3 ) a. a. O. S. 260. 52 Nach einer Anzahl von Versuchen, welche wir mit ver- schiedenen Priinellenmustern ausfuhrten und gleichzeitig mit dem Destillationsverfahren verglichen haben, konnten wir uns uberzeugen, dafi nach einer lV 2 - bis 2stiindigen Digestion der fein ge\viegten Priinellen — einerlei, welchen Trockenzustandes — immer eine vollstandige Extraktion der Sclnvefligsaureverbindungen erreieht tvird, wenn die Ausziige in einer Konzentration von hochstens 40 g Sub- stanz 1 * ) auf 500 c m 3 bereitet werden und der mit ausgekochtem, destilliertem Wasser bis zur Marke gefiillte Kolben in der Zeit hiiufig (alle 5 bis 10 Minuten) geschiittelt wird. 4. Eine weitere Fehlerquelle, welche wir bei der Be- reitung der wasserigen Ausziige beobachteten, liegt in der Filtration der schwefligsaurehaltigen LSsungen, welche je nach ihrer Konzentration durch dieses Verfahren immer einen kleinen Verlust an schwefliger Saure erleiden. Als Beispiel hierfiir wurden folgende Schvvefligsaure- losungen so\vohl vor als auch nach der Filtration durch ein gewohnliches Faltenfilter (Schleicher & Schiill) filtriert: i) Aehnliche Tersuche mit Aepfelringen ergaben z. B., dafi die oben an- gegebene Konzentration zu stark ist und hochstens solche von 30 ;/ auf 500 cm 3 geniigen. 53 in 100 cm 3 ungefiihr limg schweflige Saure enthalt, durch das Filtrieren ein Verlust an schwefliger Saure von 1 mg stattfindet. Bei den Priinellenausziigen, vvorin die sclrvveflige Saure zum groBten Teile gebunden ist, ervveist sich dieser Fehler allerdings geringer, dessenungeachtet empfiehlt es sich, auch solche Ausziige vvomoglich nicht allzu konzentriert zu bereiten, um sie leichi filtrieren zu konnen. B. Die eigentliche Ausfiilirung der Titration der Priinellenauszuge. Sowohl die direkte Titration als auch die nach erfolgter Verseifung der Losung, nach Fresenius und Griinhut, verlaufen, besonders bei Anvvendung verdiinnter Losungen, geniigend scharf und der Endpunkt der Titration ist erreicht, wenn die blaue Farbung nach mehrmaligem Um- schiitteln mindestens 1 / i Minute lang anhalt. Eine Storung in dem Verlauf der Titration bei Gegenwart von Schvvefelsiiure, vvenn diese in geringem Ueberschufi zugesetzt wird, konnten wir nicht beobachten. Allerdings erhalt man bei Bereitung der Priinellenauszuge mit verdunnter Schvvefelsiiure niederere Zahlen fur freie schvveflige Saure als in vvasserigen Auszugen gleicher Konzentration. Diese Erscheinung ist jedoch nicht auf einen Titra- tionsfehler zuriickzufuhren, sondern vvird von einem anderen Um- stande bedingt, aufvvelchenvvir spiiter nochzuriickkommenvverden. 1. Z ur Verseifung der organi sch gebundenen schvvefligen Saure darf man nicht allzu verdiinnte, respek- tive zu vvenig Lauge, anwenden, da sonst die Titrationsergeb- nisse zu niedrig ausfallen konnten (siehe folgenden Versueh 4); vvir fanden jedoch, daB in allen Fallen die von Fresenius und 54 Griinhut angegebene Menge von 50 ero 3 Normalnatronlauge zur Verseifung von 50 bis 100 cm 3 der Priinellenauszuge voll- auf genugt. 2. Hingegen wurde, nach der fur die Bestimmung der gesamtsehwefligen Saure erforderlichen Verseifung der Ausziige mit Normallauge, ein kleiner Verlust an schwefliger Saure konstatiert, und zwar aueh dann, wenn diese Operation mit den reinsten Reagentien und mit aller Vorsicht ausgefiihrt wird, z. B. indem man die Pipettenspitze wahrend des Aus- laufens in die Lauge eintaucht, die Losung nachher vorsichtig durchmischt und erst nach 15 Minuten titriert. Man sieht, daB sich der Verlust an schwefliger Saure mit der Konzentration der Losung steigert, was eben beweist, daB die Ursache dieses Fehlers nicht ausschlieBlicli von geringen Ver- unreinigungen der Lauge oder vielleicht von einer Oxydation 1 ) der schwefligsauren Salze in alkalischer Losung wahrend der Verseifungsdauer (Versuch 7 und 11, Seite 539) herriihrt, sondern hauptsiichlich durch eine bei der Verseifung, namiich bei der Bindung und spaterem Freiwerden der schwefligen Saure statt- findenden partiellen Oxydation der Saure, bedingt wird. 2 ) Will man daher mit dem Titrationsverfahren moglichst genaue Resul- tate erhalten, so mufi man unbedingt diesem Fehler Rechnung tragen und womoglich mit nicht zu konzen- trierten Seh\vefligaurelosungen arbeiten. 1) Bei sehr schwetligesaurehaltiger Losung findet allerdings aueh wahrend der Einwirkungsdauer der Lauge ein erheblicher Saureverlust durch Oxydation statt (Versuch 11, Seite 55). 2) Kerp (Zeitschrift fur Untersuchung der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 54) fand ebenfalls nach dem Verfahren von Eipper in einer wasserigen Losung von aldehydschwefligsaurem Natrium fiir gesamtschvvetlige Saure zu niedrige tVerte, was er aber der Geschwindigkeit der Vereinigung vor. Azet- aldehyd und schivefliger Saure zusehreibt. 00 Biu za9J? j gi(i 8 mo zu 0 J«jjt0HH č- G) *#£- £~ čo »h čc to H T}l H ^ 'Č> 05 H W H CO M r)< rJUO i?*> !'• t- »O O tp tH {- Čv) rnOhOlOtOOH CO O O O lO O NffliON | «03 wp i- Oi čo o ^ čo »b 1 4* t- čo >b n N O W H CO ^ rj< © CO :rt Ul z vjd 0U9racciou0S noirBJlli, anz ; Snnsoq ^3 © ~. &s>~ w ® 2 ® * £ b£S 3 2 o N . -a S H «2 a S . N 'S «J © p co ; g k s S g S S) ;•§! i s z. tS3 IS oooooooooooocoo OOOOOJOiOOOOOtOO*«*« .^Xrj*» 0 > 0 Ot*t*C 0 ®OHHN 56 Dieser Verlust ist bei einem niedrigen Schwefligsaure- gehalte der Losung verhaltnismaBig gering, kann jedoch bei hoherem Gehalte einen Titrationsfehler iiber 2 mg schweflige Saure ergeben. Ganz betrachtliche Differeuzen ergeben sich aber, wenn znr Verseifung nicht absolut cbemisch reine Lange (Natrium hydric. puriss. e Natrio) verwendet wird. Diesem Umstande wurde jedenfalls bis jetzt bei der jodometrischen Bestimmung der gebundenen schwefligen Saure zu vrenig Rechnung getragen und er war sicher eine der Ursachen der nach diesem Verfahren oft erzielten zu niedrigen Resultate. Als Beispiel wollen \vir hier nur einige Resultate anfiihren, welche bei reinen schwef- ligen Siiurelosungen und bei Anwendung folgender 2 Priiparate erhalten wurden, namlich einer Lauge, bereitet aus Natrium hydricum depuratum (Merck) (Versuch I) und aus Natrium hydricum purum (Alkoh. depur. in bacili.) (Merck) (Versuch II), welch letztere Lauge fiir gew5hnlich verwendet wird. 3. Aber auch die Dauer der Verseifung ist auf die Bestimmung der gesamtschwefligen Saure von groBem Ein- flusse. Es hat sich namlich gezeigt, dafi bis zu einem gewissen Grade, je langer die Lauge einwirkt, desto hohere Resultate bei der Titration erhalten \verden, anderseits aber, daB die Verseifung nicht zu lange fortgesetzt werden darf, ohne er- hebliche Siiureverluste befiirchten zu mussen. Die von Fresenius angegebene Einwirkungsdauer von 15 Minuten fiir die Untersuchung der Priinellen ist eher zu gering als zu hocli bemessen und eine Verseifungsdauer von 57 nur 5 bis 10 Minuten, wie sie F arnstein er 1 ) bei stark pek- tinhaltigen konzentrierten Ausziigen wahlte, ist fiir die Prii- nellenausziige entschieden zu kurz, wie folgender Versuch be^eist, Versuch: Von einem Priinellenauszuge (40 .bp m g £ s *§ a2 bp o s-s s s si co sfl rQ Sl eu * ** «3 'o «5 «45 > £ I Jč co s -Dna . fij fl c £ s £ so cc 2 ^ . ‘S £ a) rji O ja-= «3 0 0 'S si si fe&iz; ^ S ® rt bo "3 š '»gl > «3 © O) M O »2 ® ®2 1 g’!® c$ o : 'o 3 =5 Cs>fr* o ® 00 c bo fl S o « < u . o 'Tl c a> 'g S W HH N CD • £ rQ Q > I m r)i lO a h 76 Losungen 1 ) sich viel langsamer zersetzen und viel niedrigere Gleicligewichtszahlen aufweisen als in wasserigen Ausziigen. Bei dem Versuch I (siehe Tabelle S. 75) sehen vvir z. B., daB in dem schwefelsaurehaltigen Priinellenauszug die Gleich- gewichtszahl von nur 48'4 erst nacli 184 Stunden erreicht wurde, wahrend das gleiche Muster in einem vvasserigen Aus- zuge gleicher Konzentration bereits nach 36 Stunden die Gleich- gewiehtszahl von 70'6 erreichte. Es geniigt eine geringe Menge freier Schvvefelsaure, wie sich solche manchmal in stark geschwefelten und sehr vvasser- haltigen Priinellen vorfindet, um eine merkliche Aenderung der Verhaltniszahlen bei Bereitung der v/asserigen Aysziige zu ver- ursachen, wie die Versuche III und IV zeigen. Ein ahnliches Verhalten konnten wir auch bei Anwendung von schvvachen phosphorsaurehaltigen Losungen beobachten, was \vir hier nur deswegen erwahnen, weil — wie wir spater sehen vverden — andere Erscheinungen in dem Verhalten der organisch gebundenen schwefligen Saure auf diesen Umstand zuriickzuiiihren sind. 6. EinfluB der Wassermenge bei Bereitung der Auszuge auf die Spaltung der organisch gebundenen schwefligen Saure. Aus den vorhergehenden Versuchen sahen vvir, daB mit der Konzentration der Auszuge auch die relative Menge der freien schwefligen Saure zunahm. Um die Ursache dieser Er- scheinung zu ergriinden, wurden aus einigen Priinelleninustern Auszuge verschiedener Konzentration bereitet und damit eine Reihe von Parallelversuchen angestellt, bei welchen der je- weilige Zersetzungsgrad der organisch gebundenen scliwefligen Saure bis zur Erlangung des Gleichgewichtszustandes der Losung von Zeit zu Zeit bestimmt wurde. Versuch I. Mit einem Priinellenmuster wurden 3 Aus¬ zuge verschiedener Konzentration bereitet und gleich nach dem Filtrieren auf deren Gehalt an gesamt- und freier schvvefliger Saure untersucht. i) Schmidt, a. a. O. S. 267, glaubte, daB die Minderbefunde in schwefel- sanrehaltigen Ausziigen von einer rascheren Oxydation der schwefligen Saure durcli den Luttsauerstoflf bei der Bereitung solcher Auszuge herruhren. 77 Obwohl bei dem Auszuge Nr. 1 infolge zu hoher Kon- zentration keine vollstandige Auslaugung erreicht werden konnte, ersieht man aus den Verhaltniszahlen, daB auch in frisch be- reiteten Ausziigen die relative Menge der schwefligen Saure mit der Verdiinnung der Losung zunimmt. Die folgenden Versuche (siehe Tabelle Nr. II) wurden mit 3 Priinellenmustern ausgefuhrt, und zwar: Versuch I. Mit einem stark wasser- und schwefligsaure- haltigen Priinellenmuster. Die Auszuge in der Konzentration von 80, beziehungsweise 40 und 20 cj auf 1000 cm 3 waren in Flaschchen aufbewahrt und wurden zu gleicher Zeit der Titration unter- zogen. Versuch II. Mit demselben Muster, welches jedoch durch langes Liegen an einem feuchten Orte ungefahr den gleiclien Wasser- aber einen viel niedrigeren Schwefligsauregehalt aufwies. Versuche III, IV, V. Es wurde ein stark schwefligsaure- haltiges Muster gewahlt, die Versuche jedoch so zu verschiedenen Zeiten angestellt, dah der Schwefligsauregehalt des Musters von 421 mg auf 261 und endlich auf 3 bis 4 mg in 100 g Substanz gesunken war. Versuche VI, VII, VIII wurden hingegen mit einem Priinellenmuster ausgefuhrt, welches durch wiederholtes Schwe- feln immer hohere Schwefligsauregehalte aufwies. Sowohl bei dieser Versuchsreihe, als auch bei den fol¬ genden sind einige der wichtigsten Titrationsergebnisse durch Ermittlung der Titrationsfehler richtiggestellt worden (siehe Tabelle Nr. X). Das Resultat dieser Versuche war: 1. Der Einflufi der Zeitdauer auf den Zerfall der gebun- denen schwefligen Saure bis zur Erreichung des Gleiehgewichts- zustandes ist nicht so unbedeutend, wie Schmidt 1 ) behauptet. 1 ) Schmidt, a. a. O. S. 269. 78 Die Geschwindigkeit in dem Zerfalle der organisch gebundenen schwefligen Saure ist im Anfange betrachtlich und nimmt dann allmahlich ab. Dieselbe hangt jedenfalls zum Teile von der Zusammensetzung der Priinellen selbst ab (Versuch I, la, III, 1) wird aber hauptsachlich von dem Verdiinnungs- grade des Auszuges bedingt. (Versuch Nr. I, 1, 2, 3.) Bei stark geschwef'elten und wasserhaltigen Mustern beobachtet man einen viel trageren Verlauf des Zerfalles, als bei gut getrockneten, was sehr \vahrscheinlich auf das Vor- handensein von geringen Mengen freier Sch\vefelsaure zuriick- zufiihren ist. Man sieht z. B., daB er bei Ausziigen in der Kon- zentration von 80 g auf 1000 cm 3 aus gut getrockneten Priinel- len der Gleichgewichtszustand bereits nach 18 bis hochstens 36 Stunden erreicht wird, wahrend derselbe bei Auszugen aus nassen, stark geschwefelten Mustern gleicher Konzentration erst nach 96 Stunden eintritt. (Versuch I.) In sehr verdiinnten Losungen erfolgt der Zerfall bis zum Gleichgevvichtszustande bereits in einigen Stunden. (Versuch VI, VIII.) 2. Die Gleichgewichtszahlen, der mit den einzelnen Mustern bereiteten Ausziige verschiedener Konzentration, nehmen mit der Verdiinnung des Auszuges zu. Auch durch Wasserzusatz wird der Gleichgewichtszu- stand eines Auszuges zerstort, indem eine weitere Spaltung der vorhandenen organisch gebundenen sclnvefligen Saure entsteht. (Versuch VIII, lb, 3a.) Die Gleichgewichtszahlen der aus normal getrockneten Priinellen bereiteten Ausziige in der Konzentration von 80 g auf 1000 cm 3 schwanken zwischen 70 und 75. Jedoch die wichtigsten, bis jetzt noch nicht bekannten Tatsachen, welche sich aus diesen Versuchen ergeben haben, sind folgende: 1. Durch eine weitgehende Verdiinnung 1 * ) der Ausziige findet ein vollstandiger Zerfall der Sclrvvefligsaureverbin- dungen zu freier schwefliger Saure statt, und zwar unab- hangig von dem Schwefligsauregehalt der Losung, d. h. mit i) Kerp behauptet auf Grund seiner Versuohe mit reiuen organisch schvvefligsauren Salzen, daS der Dissoziationsgrad von dem Gehalte der Losung an solchen Verbindungen abhangt. 79 anderen Worten: Unterhalb eines bestimmten Konzentrations- grades des Auszuges (Extraktgehalt) kanu die gebundene Schwefligsaure nicht mehr bestehen. 2. Der Dissoziationsgrad der gebundenen schwefligen Saure in den wasserigen Obstausziigen hangt entweder gai’ nicht oder bloB in einem kaum bemerkbaren Grade von dem Gehalte der Losung an Schwefligsaureverbindungen ab. 1 ) 3. Dieser Zerfall wird hingegen von anderen im Obste vorhandenen Stoffen besonders Zucker und organischen Sauren — welche wir kurzweg als Extraktivstoffe bezeichnen wollen — beeinfluBt. Manche bis jetzt unaufgeklarte Erscheinung iiber das chemische Verhalten der organisch gebundenen schwefligen Saure in Dorrobstausziigen findet somit ihre Erklarung. Aber aucli fiir die pharmakologische Beurteilung dieser Verbindungen sind die angefiihrten Tatsachen von Bedeutung, da nun festgestellt ist, daB die im Dorrobst vorhandenen orga¬ nischen Schwefligsaureverbindung um so bestandiger sind, je kon- zentrierter der Auszug ist, wahrend dieselben rasch und voll- standig zu freier Saure zerfallen, wenn die Auszuge einen gewissen Verdunnungsgrad erreichen. 7 . EinfluB der Wassermenge auf den Zerfall der organisch en Schwefligsiiureverbindungen in schwefel- saurehaltigen Ausziigen. Auch bei Prunellenausziigen, welche mit schwefel- saurehaltigem Wasser bereitet werden, findet durch eine weitere Verdunnung immer eine entsprechende Erhohung der Gleichgewichtszahlen statt, jedoch in geringerem MaBstabe als bei wasserigen Losungen gleicher Konzentration (siehe Tabelle Nr. III). Ist jedoch die Hauptbedingung (Extrakt- gehalt) fiir den Bestand dieser Verbindungen in wasserigen Ausziigen nicht vorhanden, dann laBt sicli deren vollstandiger Zerfall auch durch einen Schwefelsaurezusatz nicht hint- anhalten. 8. EinfluB des Zucker- und Sauregehaltes des Aus¬ zuges auf den Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Saure. i) Siehe Note S. 78. 80 Durch die Verdiinnung der wasserigen Ausziige findet — wie wir friiher bewiesen haben — immer eine entspre- chende Erhohung der Gleichgewichtszahlen statt, welche jedoch in keinem Verhaltnisse zu der Konzentration der Losungen an Schwefligsaureverbindungen steht, wie Kerp bei seinen Versuchen mit reinen, organisch gebundenen schwefligsauren Salzen beobachtete. In Anbetracht der bedeutenden Verdiinnung jedoch, welehe die Schwefligsaureverbindungen in den Priinellen- ausziigen erreichen, war eigentlich vorauszusehen, daB die Ursache dieser Erscheinung, nainlich die Gleichgewichtsstorung, von der Wirkung anderer, in den Priinellen in weit groBerer Menge vorhandener wasserloslicher Stoffe, bedingt sein muBte. Aus naheliegenden Griinden versuchten wir vor allem den EinfluB des Traubenzuckers und der Aepfelsaure, zweier wichtiger Bestandteile der Priinellen, auf die Gleichgewichtszahlen zu ermitteln. Zu diesem Zvvecke bereiteten wir aus drei Priinellen- mustern Ausziige verschiedener Konzentration, und zwar mit reinem Wasser sowie mit Losungen von reinem Trauben- zucker und Aepfelsaure. Die fiir die einzelnen Versuche bestimmten Ausziige wurden in gleicher Weise und zu gleichen Zeitintervallen titriert. Da aber bei diesen Versuchen die Moglichkeit nicht aus- geschlossen war, daB einerseits durch kleine Verunreinigungen der angewendeten Praparate groBere Titrationsfehler, besonders nach der Verseifung, entstehen konnten, anderseits, daB die Traubenzuckerlosung fiir sich moglicherweise eine \veitere Bindung der in dem Auszuge vorhandenen freien schwefligen Saure bewirken konnte, ergab sich die Notwendigkeit, einige Vorversuche mit reinen Schwefligsaurelosungen anzustellen. Wie aus der nachstehenden Tabelle zu entnehmen ist, erfolgt unter den angefiihrten Versuchsbedingungen, durch Traubenzucker keine weitere Bildung von organisch gebundener schwefliger Saure, hingegen verursachen sowohl Traubenzucker als Aepfelsaure betrachtliche Fehler in der Titration, besonders nach der Verseifung, \velche bei den Hauptversuchen unbe- dingt beriicksichtigt werden miissen. 81 Die Hauptversuche, deren Ergebnisse in der Tabelle Nr. IV verzeichnet sind, 'vvurden in folgender Weise ausgefiihrt: Versuch I A wurde mit zwei Auszugen (Konzentration 80 g auf 1000 cm 3 ) angestellt. Der Auszug Nr. 1 war ein wasse- riger, Nr. 2 aber ein mit einer Losung voii Traubenzucker und Aepfelsaure bereiteter, in welcher Losung diese Stoffe ungefahr in gleicher Menge wie im Auszug Nr. 1 enthalten waren. Versuch I B wurde mit vierfach verdtinnten Auszugen als Nr. I A ausgefiihrt, und zwar Nr. 1 mit Wasser, Nr. 2 mit Traubenzucker, Nr. 3 mit Aepfelsaure und Nr. 4 mit einer Losung beider Substanzen. Die Konzentration der Losungen war so bemessen, daB die betreffenden Auszuge ungefahr die gleiche Menge dieser Stoffe enthielten wie bei dem Versuch Nr. I A i. Bei den Versuchen II und III wurde dieselbe Anordnung getroffen. Das Resultat dieser Versuche war nun, daB soivohl der Traubenzucker als auch die Aepfelsaure fiir sich die Gleich- gewichtszahlen der Auszuge leicht zu unterdriicken vermogen, und zwar um so mehr, je konzentrierter die Losungen sind, die zur Amvendung gelangen. 82 Eine Losung beider Salze in jenem Verhaltnisse, wie diese in den Prunellen enthalten sind, bedingt ungefahr denselben Gleichgewichtszustand der organisch gebundenen schwefligen Saure wie der Extraktgehalt eines Prilnellenauszuges gleicher Konzentration. Damit ist der Beweis erbracht, daB der Dis- soziationsgrad der Schwefligsaureverbindungen in den Aus- ziigen nicht oder nur in geringem MaBe von dem Verdunnungs- grade dieser Verbindungen abhangt: derselbe wird vielmehr von dem Konzentrationsgrad der in LSsung iibergegangenen Extraktivstoffe (hauptsachlich Traubenzucker und organiscbe Saure) der Prunellen bedingt. Demzufolge kann ein wasseriger Priinellenauszug mit einer beliebigen Menge Wasser verdiinnt werden, ohne daB gleichzeitig eine Erhohung der Gleichgevvichts- zahl stattfindet, wenn man bei Bereitung der Losung darauf bedacht ist, durch entsprechende Zusatze den Zucker- und Sauregehalt der L5sung konstant zu erhalten. Diese Dis- soziationserscheinung der Scliwefligsaureverbindungen in den Primellenausziigen stimmt librigens auch mit den Versuchs- ergebnissen Farnsteiners iiberein. Er fand namlich in reinen Glykoselosungen, „daB die Konzentration der schwefligen Saure auf das Maximum der Verhaltnisse zwischen organisch gebun- dener schwefliger Saure zur gesamtschwefligen Saure von ge¬ ringem Einflusse ist und daB bei gleicher Konzentration der Gljlcose nahezu unabhiingig von der wechselnden Konzentration der sch\vefligen Saure ist”. In dieser Hinsicht wiirden sich daher die Schwefligsaureverbindungen der Prunellen, ahnlich wie die Glykose, schweflige Siiure verhalten. 9. Verhalten wasseriger Prunellenausziige ver- schiedener Konzentration bei fortgesetzter Titration mit Jodlosung. Ker p 1 ) war der erste, der auf die hydrolitische Spaltung der organischen Schwefligsaureverbindungen in wasserigen Losungen aufmerksam machte und hierbei zu nachstehenden SchluBfolgerungen gelangte: „Die gebundene schweflige Saure und ihre Salze befiuden sich in wasseriger Losung in einem Zustande der hydrolitischen !) Vorlaufige Mitteilung — Zeitsohr. f. Untersuch. der Nahrungs- und GenuB- mittel 1903, S. 66. 83 Dissoziation, welche abhangig ist einerseits von der Starke der Bindung zwischen der schwefligen Saure und den Aldehyden oder Ketonen, und anderseits von der Temperatur und der Konzentration der Losung. Fiir jedes dieser Salze ist in wasseriger Losung ein Gleichgewichtszustand zivischen nicht dissoziertem Anteil einerseits, Aldehyd oder Keton und Natrium- bisulfit anderseits vorhanden, welche durch die Temperatur und Konzentration bestimmt ist; und zwar nimmt die Dis¬ soziation mit steigender Temperatur zu, dagegen mit steigender Konzentration der Losung ab.” A Is Ursache des raschen Verschwindens der Blaufarbung bei der Jodtitration der organisch gebundenen schwefligen Saure in wasseriger Losung gibt Kerp den stufenweisen Zer- fall dieser Verbindungen an, welcher infolge der Storung des Gleichgewichtszustandes durch das Entfernen der freien schwef- ligen Saure stattfindet. Farnsteiner 1 ) liiilt auf Grund einiger Beobachtungen die angefiihrte Erscheinung iiber den Riickgang der Jodstarke- farbung nach Absattigung der freien schwefligen Saure eher fiir eine Wirkung des durch die Jodlosung bedingten Wasser- zusatzes als die Folge der Entfernung der freien Saure. In seiner spater erschienenen ausfiihrlicheren Arbeit halt jedoch Kerp 2 ) an seiner ursprunglichen Anschauung fest und schildert diesen chemischen Vorgang folgendermafien: Durch Zusatz von Jod wird das in einer im Gleich- ge\vichtszustande befindlichen Losung von organisch gebun¬ denen schwefligen Sauren vorhandene Natriumbisulfit oxydiert und es bilden sich, entsprechend des Massenwirkungsgesetzes, durch Zerfall des schwef.ligsauren Salzes neue Mengen Natrium¬ bisulfit, bis das neue Gleichgewicht erreicht wird. Sobald dies geschehen ist, kann man mit dem Jodzusatz fortfahren, bis schliefilich die ganze vorhandene Menge des Salzes zerlegt ist. Speziell iiber das Verhalten des reinen glykoseschweflig- sauren Natriums in wasserigen Losungen verschiedener Kon¬ zentration bei fortgesetzter Titration mit Jodlosung sagt Kerp, 3 ) dafi: „wie beim azetonschwefligsauren Natrium, auch hier die 1) Zeitschrift f. Untersueh. der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 470. 2 ) Kerp, Zur ICenntnis der gebundenen schwefligen Sauren, Arbeiten des kaiserlicben Gesundheitsamtes 1904, S. 183. 3) Daselbst S. 214 bis 215. 84 „blaue Endreaktion bei der Titration bestehen blieb, ehe nach „dem Verbrauch an Jodlosung scheinbar die Gesamtmenge des »Salzes zersetzt war. Audi sind daher die in der Spalte 3 »(Tabelle 15) angefiihrten Zahlen iiber die Gesamtmenge des „ dissoziertenglykoseschwefligsaurenNatriums nach der jeweiligen „Titration ausgedriickt in Prozent des anfangs in Losung befind- „iichen Salzes alle um etiva 1% zu niedrig, durften jedoch den „stufenweisen Zerfall des glykoseschwefligsauren Natriums, „wenigstens am Anfang, annahernd ricbtig wiedergeben.” Be- sonders charakteristisch fand Ker p den groben Zerfall des Salzes am Anfang und die in der Folge nur ganz geringe Zu- nahme der Dissoziation. Nicht ohne wissenschaftlichem Interesse und pharmakolo- gisehem Wert schien uns die Losung dieser Frage fiir die Beurteilung der Schwefligsaureverbindungen im Dorrobste, um so mehr die vorhergehenden Beobachtungen iiber das Verhalten dieser Verbindungen uns zu neuen Anschauungen, als die bis jetzt geltenden, berechtigten. Bereits bei dem Versuch (S. 73) wurde bemerkt, daB in einer im Gleichgewichtszustande befindlichen Losung eine all- mahliche Oxydation, beziehungsweise Abnahme der freien schwefligen Saure stattfand, ohne daB hierbei ein weiterer Zerfall der organisch gebundenen Saure zu beobachten gewesen ivare. Dieser Versuch konnte damals aber in dieser Richtung nicht fortgesetzt werden und fiir die angefuhrte Erscheinung lieBe sich am Ende eine plausible Erklarung auch in einem momentanen „Uebergleichgewichtszustand” der Losung finden. Um auf experimentellem Wege die EinfluBnahme der freien schwefligen Saure auf den Gleichgewichtszustand einer Losung zu studieren, wurde in einem Priinellenauszuge nach verschiedenen Zeitabschnitten die gesamt- und die freie schwef- lige Saure bestimmt und gleichzeitig dureh Naehtitrieren mit Jodlosung die allmahlich frei werdende sehiveflige Saure, bis zum Bestandigbleiben derReaktion ermittelt. (Siehe folgende Tabelle.) Bei letztem Verfahren wurde der Auszug behufs Titrierung ebenfalls mit etwas verdunnter Schwefelsaure sehr sch\vach angesauert. Das Ergebnis dieses Versuches war, daB dureh das Fort- titrieren der freien schivefligen Saure ein Zerfall der organisch gebundenen Saure erfolgt, und zwar im Anfang ungefahr in 85 CD \0 D* iO Di ib O »h oo 7^ D* i- iC I do I 1 O) o 7^ Di C0 (N a rO © bc i*H d CD bD rO O d O 'd bD d d bc o f3 *>. £>1 d ° 9*S “ m'® ” § O ® 2 a gg g'“5 O »•§ :« g fe- Ste *» S.S o © _ t- tH ** T < CO i) Der ursprilngliche Gehalt der Losun; 86 demselben Verhaltnisse, wie in der urspriinglichen Losung bis zur Erreichung des Gleichgewichtszustandes. Spater aber ist der Zerfall sehr gering und trage. Im vorliegenden Falle z. B. sind bis zum Eintreten der Endreaktion 174 Stunden verlaufen. Durch Forttitrieren wurden 107'6 nuj schweflige Saure, d. i. 21 m j mehr als die im Gleichgewichtszustande befindliche LSsung an freier schwefliger Siiure (86 - 4 mg) enthielt, gefunden. Der Gesamtbefund entspricht jedoch ungefahr 85 8% des ur¬ spriinglichen Gesamtschwefligsauregehaltes der Losung. Dieser Minderbefund wiirde nun darauf hindeuten, daB auch durch das Forttitrieren eine vollstandige Spaltung der Sclnvefligsaureverbindungen in Prtinellenausziigen nicht er- reicht werden kann; es war jedoch die Moglichkeit nicht ausgeschlossen, daB dieser Sch\vefligsaureverlust einzig und allein von dem durch Luftsauerstoff bedingten Oxydations- prozeB \vahrend des tagelangen Aufbeivahrens der Losung herruhre. Es wurden nun mit einem Priinellenmuster drei Ausziige verschiedener Konzentration bereitet und der Versuch durch Fortsetzen der Titration wiederholt und soweit erganzt, daB man nach Einstellung der Endreaktion und nach Abstumpfung der freien Schwefelsaure die Losung auf einen eventuellen Gehalt an organisch gebundener schwefliger Saure priifte. Hierbei wurden nach dem bewufiten Verfahren die entsprechenden Titrationsfehler ermittelt. (Siehe Tabelle Nr. V.) Bei der Losung Nr. 1 (Konzentration 80 g auf 1000 cm' 6 ) fand man nun durch Nachtitrieren ungefahr denselben Prozent- satz (86'2%) von der Gesamtschwefligsaure an freier Saure wie bei dem fruheren Versuch. Der ermittelte Minderbefund (5-7 mg) riihrte aber nur zum Teile von einem Schwefligsaure- verlust durch den Luftsauerstoff her, wahrend der groBere Teil (3 mg) von noch unzersetzter, in der Losung vorhandener organisch gebundener sch\vefliger Saure bedingt war. Bei den Losungen Nr. 2 und 3 hingegen gelang es durch Nachtitrieren beinahe die Gesamtmenge der in den urspriing- lichen Ausziigen vorhandenen schwefligen Saure als freie zu finden, was auch die nachtraglich ermittelten Verseifungszahlen dahin bestatigten, daB der Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Siiure in diesen zwei Losungen ein vollstiindiger war. Das Ergebnis dieser Versuche ist daher folgendes: 87 1. Durch das Nachtitrieren der freien schwefligen Saure in den Prunellenausziigen geht der Zerfall der organisch ge- bundenen schwefligen Saure ungefahr in demselben Verhaltnisse vor sich, wie in den entsprechenden wasserigen Ausziigen, bis zur Erreichung des Gleichgewichtszustandes. Nur infolge des Schwefelsauregehaltes der Losung verliiuft der DissoziationsprozeB etwas trager und ist aueh etwas weitgehender als der Gleich- gewichtszustand der Losung tur sich erfordern wiirde. Diese letztere Erscheinung glauben wir auf die durch Nachtitrieren eingetretene Verdiinnung der urspriinglichen Losung, haupt- sachlich aber auf die Entfernung der freien schwefligen Saure zuriickfiihren zu konnen, welche jedenfalls einen giinstigen Ein- fluB auf den Bestand der organisch gebundenen schwefligen Saure in wasserigen Ausziigen auszuiiben vermag. 2. Die organisch gebundene schweflige Saure kann unter Umstanden sogar ohne Vorhandensein von freier schwefliger Saure in Losung bestehen, wenn hierfiir die bereits ermittelten Bedingungen (Extraktgehalt etc.) gegeben sind. 3. Nur im Falle, daB diese Bedingungen fiir das Bestehen der organisch gebundenen schwefligen Saure in wasseriger LSsung fehlen sollten, tritt durch fortgesetzte Titration der freien schwefligen Siiure deren vollstandiger Zerfall ein. Es ist nicht zu leugnen, daB auch die freie schweflige Saure einen gewissen EinfluB auf den Gleichge\vichtszustand der Schwefligsaurevei’bindungen ausiibt. Die Frage aber, ob die freie Saure hierbei nur eine ahnliche Rolle spielt, wie dies bei- anderen Mineralsauren bereits beobachtet wurde, oder ob dieselbe mit den organisch schwefligsauren Salzen in chemischer Verbindung steht (z. B. als saure Salze), welche Ver- bindungen in wiisseriger Losung moglicherweise eine groBere Be- stiindigkeit besitzen oder schlieBlich, ob diese Erscheinung auf das Massemvirkungsgesetz zuriickzufuhren sei, ebenso die Frage, ob und in welchem Grade unter Umstanden die Gegemvart der freien Saure zur Erhaltung der Schwefligsaureverbindungen in wasseri- ger Losung unentbehrlich sei, wollen wir als fiir unsere Aufgabe zu weit fiihrend unberiicksichtigt lassen, und wir begniigen uns hiermit, den Beweis erbracht zu haben l. DaB in den Priinellenauszugen die vorhandene schweflige Saure eliminiert werden kann, ohne dadurch den vollstandigen Zerfall der organisch gebundenen Siiure zur Folge zu haben. 88 2. Die von Kerp angefiihrten Behauptungen iiber člen Zerfali der organisch gebundenen sclnvefiigen Saure bei fortgesetzter Titration der freien schwefligen Saure wurden durch unsere Versuche bei den Priinellenaus- ziigen nicht bestatigt gefunden. Bei einer naheren Prufung der Kerpschen Versuche, die er mit einem glykoseschwefligsauren Natrium anstellte, fanden wir allerdings, daB dieselben nicht ganz einwandfrei ausgefiihrt wurden und demzufolge auch fiir die daraus gezogene SchluBfolgerung nicht zwingend sein konnen. Sehr auffallend ist es, daB Kerp bei seinen Versuchen iiber das Verhalten wasseriger Losungen, ver- schiedener Konzentration von glykoseschwefligsaurem Natrium (Tabelle IB) unterlassen hat, sich zu iibei’zeugen, ob beim Eintreten der Endreaktion die Gesamtmenge des Salzes tat- sachlich zerlegt war, besonders bei den Versuchen mit den Losungen l/l N und 1/10 N. Er nahm bei seinen Versuchen ebenfalls zu wenig Riicksicht auf die besonders im Anfang durch Nachtitrieren entstan&ene groBe Verdiinnung der Losung, welclie fiir sich schon nach jeder Titz’ation einen neueidichen Zerfall der organischen Verbindungen verursachen muBte. So Avurden z. B. bei dem Versuche 1/1 N zur Titration von 2‘5 cm 3 der Salzlosung bei der ersten Titration 21 - B cm 3 , bei der zweiten sogar 44*2 cm 3 Jodlosung verbraucht, was einer 9-, beziehungsweise 27maligen Verdiinnung der LSsung entsprach. Letzterer Umstand war jedenfalls auch die Hauptursache des von Kerp im Anfang der Titration beobachteten rapiden Zer- falles des Salzes und wahrseheinlich auch ein Grund, weshalb bei der Losung 1/1 N eine so weitgehende Dissoziation stattfand. Kerp unterlieB ferner sich naher zu iiberzeugen, ob und in welchem MaBe im Laufe des Versuches durch den Luft- sauerstoff eine Oxydation der scirvvefligen Saure stattfindet. Daher konnen, unserer Meinung nach, auch die von Kerp in der Spalte 3, Tabelle 15 angegebenen Werte nicht der richtige Ausdruck „fiir die Gesamtmenge des dissozierten glykose- schwefligsauren Natriums in Prozenten des anfangs in Losung befindlichen Salzes nach der je\veiligen Titration” sein. 10. EinfluB der Temperatur auf den Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Saure. a) In wasserigen Losungen. Die diesbezuglichen Ver¬ suche (Tabelle Nr. VI) erstreckten sich nur auf das Verhalten 89 der Schwefligsaureverbindungen in wasserigen Losungen bei Temperaturen von 37° C (Bluttemperatur) und bei 100° C und wurden in folgender Weise angestellt: Versueh I. Von einem Priinellenmuster wurden unter sonst gleichen Bedingungen zwei wasserige Ausziige, a) bei Zimmertemperatur, b) bei 37° C bereitet und gleichzeitig auf freie und gebundene schweflige Saure gepriift. Versuche II, III, IV. Wasserige Ausziige verschiedener Konzentration, deren Gleichgewichtszahl bekannt war, wurden in Kolbchen mit RiickfluBkiihler eine Stunde in kochendem Wasser erhitzt, rasch abgektihlt und gleich untersueht. Man benutzte dazu Kolbchen, aus welchen vorher die Luft durch Kohlensaure verdrangt war. Versueh V. (Parallelversuch mit IV.) Von demselben gewiegten Muster wurden 1 . 40 g, 2. 20 g mit je 150 cm. 3 Wasser, wie oben angefiihrt, erhitzt, abgekiihlt, sodann 1. auf 500 cm 3 , 2. auf 250 cm 8 verdiinnt und das Filtrat sowohl gleich, als auch nach 24 Stunden untersueht. Versueh VI. (Parallelversuch mit IV.) Von demselben Muster wurden unter sonst gleichen Bedingungen 1 . 40 g, 2. 20 g in gleichen Porzellanschalen mit je 150 cm 8 Wasser versetzt und am Sandbade unter fortvvahrender Erganzung des abgedampften Wassers eine Stunde gekocht, abgekiihlt und 1. auf 500 cm 3 , 2. auf 250 cm 8 verdiinnt und untersueht. Versueh VII. Mit einem stark schwefligsaurehaltigen Muster wurde ein \vasseriger Auszug Nr. 1 von der Konzen¬ tration 80 g auf 1000 cm 3 bereitet und sofort, sowie nach 96 Stunden im Gleichgewichtszustand untersueht. Gleichzeitig ■\vurden 40 g und 20 g des gewiegten Musters mit je 100 cm 3 Wasser, wie oben angefiihrt, in einer Schale eine halbe Stunde gekocht,sodannmitWasser auf 500 cm 8 , beziehungsweiseauf250 cm 3 verdiinnt (Ausziige 3 und 4) und sowohl gleich als auch nach 72 Stunden untersueht. Die Ausziige 1 und 4 wurden ferner mit Wasser stark verdiinnt und erst im Gleichgewichtszustande untersueht. Es hat sich nun gezeigt, daB der Dissoziationsgrad der organisch gebundenen sehvvefligen Saure in wasserigen Aus- ziigen bei Bluttemperatur ungefahr derselbe bleibt wie bei Zimmertemperatur. Durch das Erhitzen der Ausziige bei 100° C findet hingegen ein rapider Zerfall statt, welcher jedoch 90 nicht ein vollstandiger ist. Der Dissoziationsgrad ist in diesem Falle nur um ein geringes hoher, als es dem Gleich- gewichtszustande der Losung entsprechen wurde. Es tritt namlich ein unbedeutender Uebergleichgewichtszustand beziig- lich der freien Saure in der Losung ein. Bei dem Versuch VII in offener Schale, wo dem Entweichen der freien schwefligen Saure nichts im Wege steht, findet man, daB unter sonst gleichen Bedingungen aus den verdiinnten Losungen, namlich solchen mit hSheren Gleichgervichtszahlen, relativ groBere Mengen schwefliger Saure entweichen. (Versuch VI und VII.) Bei dem Versuch VII z. B. betrug dieser Ver- lust beim Auszug 3 zirka 63%, beim Auszug 4 (verdunnter) jedoch 77% der vorhandenen gesamtschwefligen Saure. Hingegen erweist sich der Konzentrationsgrad der Losung an freien organischen Sauren von geringer Bedeutung. Durch das Kochen im offenen GefaBe, beziehungsweise Destillieren der wasserigen Ausziige laBt sich daher die orga- nisch gebundene schweflige Saure allmahlich, jedoch voll- standig, spalten und aus der Losung entfernen. Nur die Ver- hiiltniszahlen verhalten sich in solchem Falle ganz anders als bei dem Versuch mit dem RiickfluBkiihler, indem die ver- diinnten Losungen nach dem Kochen anstatt groBere, niedrigere Verhaltniszahlen als die konzentrierten Losungen aufvveisen. Dieser scheinbare Widerspruch findet aber im nachstehenden Verhalten der erhitzten Auszuge seine Erklarung. Beim Erhitzen der wasserigen Auszuge bei 100° C wurde die interessante Beobachtung gemacht, daB die organisch ge¬ bundene schweflige Saure nach dem Erhitzen der Losung eine weit groBere Bestiindigkeit aufweist. So sieht man z. B. bei den Versuchen V und VII, daB die vorher erhitzten Auszuge bis zu einem gewissen Grade eine weitere Verdiinnung vertragen konnen, ohne ihre Verhaltniszahlen besonders zu andern. Wir fiihren diese Erscheinung — woriiber spater die Rede sein wird —• hier nur deswegen kurz an, weil wir das eigentumliche Verhalten der Verhaltniszahlen der in offenen Schalen ge- kochten Auszuge darauf zuriickzufuhren glauben. b) In Auszugen, welche Mineralsauren enthalten. Wir haben bereits gesehen, wie bei Gegenwart von geringen Mengen Minei'alsaurendiePrunellenauszuge, bei gewohnlicher Temperatur, viel niedrigere Gleichgewichtszahlen als die wasserigen aufweisen. 91 Wenn man aber solche Ausziige in einem Kolbchen mit RiickfluBkiihler bei 100° C erhitzt, tritt — entgegen den bis jetzt geltenden Anschauungen — ein vollstandiger Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Saure nicht ein. Die Dissoziation geht vielmehr ungefahr in demselben Verhaltnisse vor sich, wie in den Avasserigen Losungen. Die diesbeziig- lichen Versuche, welche in derselben Weise wie die vorherigen angestellt wurden, sind in der Tabelle Nr. VII verzeichnet. Die organisch gebundene schweflige Saure Aveist dalier auch in der Warme eine groBe Bestandigkeit gegeniiber Mineralsauren auf. Dieses Verhalten widerspricht allerdings der allgemein bekannten Tatsache, namlich, daB bei der Destillation der Obstausziige durch Zusatz von nicht fliichtigen Mineralsauren eine leichtere und schnellere Spaltung, beziehungs- weise Trennung der freien schAvefligen Saure erfolgt. Wie aus nachf olgenden Beobachtungen hervorgeht, istesjedochhochst Avahrscheinlich, dafi die schweflige Saure, vvelche in den im Gleichgewichtszustande befindlichen Ausziigen als freie Saure bezeichnet, beziehungsvveise bestimmt Avird, in Wirklichkeit nicht als solche vorhanden sei, sondern viel¬ mehr, daB dieselbe in einer gewissen chemischen Ver- bindung zu der organisch gebundenen stehe. Unter dieser Voraussetzung lieBe sich gerade in dem friiher bezeichneten Verhalten der Scliwefligsaureverbindungen in mineralsaurehaltigen Ausziigen auch eine Erklarung fiir die oben erwahnte Erscheinung finden. Durch das Erhitzen der mineralsaurehaltigen Ausziige tritt namlich — im Gegensatze zu den wasserigen — eine, liber das GleichgeAvicht weit hinaus- gehende, Spaltung der organisch gebundenen schAvefligen Saure ein, Avas in der Losung einen bedeutenden Uebergleichgevrichts- zustand beziiglich der freien Saurebedingt. Infolgedessen geht auch die Entfernung der freien schAvefligen Saure viel leichter als aus reinen Avasserigen Losungen vor sich. 11. Versuche iiber die GeschAvindigkeit der Bindung der freien schAvefligen Saure in Avasserigen Ausziigen. Schon die praktischen Versuche mit dem Schvvefeln des Obstes ergaben, daB sich unter normalen Verhaltnissen im frisch- geschwefelten Pruchtfleische nur freie Saure vorfindet und nur in halbgetrocknetem und getrocknetem Obst erfolgt gleich beim 92 Schwefeln eine partielle Bindung der freien Saure, \velche um so grofler ist, je langer man dasObst den Sehwefeldampfen aussetzt. Diese Erfahrung lehrt nun, daB die Geschwindigkeit der Bindung der freien schwefligen Saure unter sonst gleichen Bedingungen von der Konzentration des Auszuges abhangt und mit dieser bis zu einem gewissen Grade steigt. Bei einem Extraktgehalt der Losung von 16 bis 18%, gleichwie im Fruchtfleische der Prunellen, erweist sich die Bindung der freien schwefligen Saure noch als sehr trage. Um die Bindungs- kraft der freien schwefligen Saure in verdiinnten wasserigen Zvvetschenausziigen zu studieren, benutzten wir einen Auszug (Konzentration 80 g auf 1000 cm 3 ), welcher mit einer schwachen Sehwefligsaurelosung (zirka 84 mg schweflige Saure auf 1000 cm 3 ) bereitet war. Derselbe wurde zu verschiedenen Zeitintervallen untersucht. (Siehe Tabelle Nr. VIII.) Nach Richtigstellung der Titrationsergebnisse dieses Versuches ersieht man, daB die Bindung der schwefligen Saure in ver- diinnten Zwetschenausziigen sehr langsam vor sich geht. Im vorliegenden Falle war eine Stunde nach der Bereitung noch keine Bildung von organisch gebundener schwefliger Saure wahrzunehmen und erst nach 94 Stunden erreichte die Losung den Gleichgewichtszustand, mit der Gleichgewichtszahl 71 5. Diese Tendenz der freien schwefligen Saure sich in wasserigen Ausziigen zu binden, und zwar bis der der Kon¬ zentration des Auszuges entsprechende Gleichgewichtszustand erreicht wird, tritt naturlich auch dann hervor, wenn der Gleiehgewichtszustand eines Auszuges, z. B. durch Erwarmen, momentan zerstort wird. Nach Erkaltung der Losung tritt auch dann allmiihlich wieder eine Bindung der frei gewordenen sch\vefligen Saure ein, und zwar bis der urspriingliche Gleich- gewichtszustand \vieder erreicht wird. Diese Erscheinung kann man eben bei den friiher angefiihrten Versuchen Nr. II, 2 &, Tabelle Nr. VI und Nr. I, 1 d, 2c, II, id, 2c, III, 2 b, Tabelle VII wahrnehmen. Die angestellten Beobachtungen ergaben daher: Die Bindung der freien schwefligen Saure in wasserigen Zwetschenausziigen geht sehr langsam, jedoch soweit vor sich, bis die freie Saure zu der gebundenen in einem bestimmten Verhaltnisse steht (Gleichgewichtszustand), welches von der Konzentration der Losung an Extraktivstoffen bedingt \vird. 93 Befindet sich ein Auszug im „Untergleichgewichtszustande” — z. B. durch vorheriges Erwarmen einer Losung, welche sich friiher im Gleichgeivichtszustande befand — dann tritt immer eine weitere partielle Bindung der freien schwefligen Saure ein. 12. Der durch den OxydationsprozeB (durch Luft- sauerstoff) bedingte Schwefligsaureverlust in wasseri- gen Priinellenausziigen. Bei den meisten vorangehenden Versuchen lafit sich der durch denLuftsauerstoff bedingte Schivefligsaureverlust verfolgen und dabei beobachten, wie dieser ProzeB, \venn auch in geringem MaBe, doch unaufhaltsam auch dann fort- schreitet, wenn die Ausziige mit ausgekochtem ,Wasser bereitet und in gut verschlossenen vollgefiillten Flaschen im Dunklen aufbewahrt werden. Besonders in frisch bereiteten Ausziigen ist der Sch\vefligsaureverlust stark bemerkbar, und je verdiinnter die Ausziige sind, um so starker verlauft im Verhaltnisse der Oxydationsprozefi. (Siehe Versuch Nr. I, Tabelle II.) Eine Erklarung hierfiir konnte moglichertveise in dem Umstande zu suchen sein, dafi in verdunnten Losungen gleich im Anfange verhaltnismafiig groBere Mengen schweflige Saure frei werden, welche Saure „in statu nascendi” viel reaktions- fahiger. Bei hoherer Temperatur ist der durch den Luftsauerstoff bedingte Scbwefligsaureverlust ein viel grofierer. In wasserigen Ausziigen erfolgt die Oxydation jedenfalls nur auf Kosten der freien Saure, wiihrend die organisch gebundene, wie wir ge- sehen haben, sich gegen Oxydationsmittel sehr widerstands- fahig ei^eist. 1 ) (Siehe auch Versuch S. 83.) Auch der Schwefligsaureverlust, welchen man beim Lagern normal getrockneter Priinellen beobachtet, wird ebenfalls durch die Oxydation der freien Saure bewirkt, welche sich allmahlich aus der organisch gebundenen frei macht. i) Der von Dr. Kerp (a. a. O., S. 215) angefuhrte Versuch, welcher als Beweis dienen solite, dafl das glykoseschwefligsaure Natrium durch den Luftsauerstoff, entgegen der anderen Salze, ganz erheblich oxydiert wlrd, ist unserer Meinung nach nicht zutreffend, da durch Streichenlassen eines leb- haften Luftstromes duroh eine sehr verdtinnte Losung vou glykoseschweflig- saurem Hatrium nicht das Salz selbst, sondern die bereits abgespaltete schwef- lige Saure oxydiert wird. Der Versuch beweist blofi, dajB das hezeichnete Salz in wasserigen LSsungen einem groBeren Zerfall ausgesetzt ist, als die anderen untersuehten schvrefligsauren Salze. 94 13. EinfluB des Erhitzens dei' Priinellen bei 100° C auf das Verhalten der organisch. gebundenen sch\vef- ligen Saure in wasserigen Auszugen. Bei den vorhergehenden Versuehen wurde nur erwahnt, daB durch Erhitzen der wasserigen Ausziige gleichzeitig mit dem Gleichgewichtszustande der Losung eine groBere Bestandig- keit der organisch gebundenen schwefligen Saure zu beobachten ist. Letztere Tatsache erschien uns einer naheren Erforschung besonders wichtig, um zu sehen, ob sich aus diesem Verhalten der schwefligsauren Verbindungen moglicheriveise neue Anhalts- punkte, besonders fiir die pharmakologische Beurteilung der Priinellen, ergeben wiirden. Unsere diesbeziiglichen Studien erstrecken sich vorlaufig nur auf das Verhalten der organisch gebundenen schwefligen Saure in \vasserigen Auszugen ver- schiedener Konzentration, \velche vorher auf 100° C erhitzt wurden. Hierbei wurde der Bestandigkeitsgrad, den die Schweflig- saure verbindungen gegeniiber einer nachtraglichen Verdiinnung der Losung mit Wasser, sowie nach Entfernung der freien schivefligen Saure aufweisen, beobachtet. Durch das Erhitzen eines Auszuges schreitet, wie bereits bekannt, der Zerfall der Schweflig- saureverbindungen nur um ein geringes \veiter vor als der Gleichgewichtszustand der Losung erfordert und erweist sich derselbe um so geringer, je extraktreicher der Auszug ist. Fur unsere Versuche benutzten wir als konzentriertesten Auszug die normal getrockneten Priinellen selbst, welche vorher 1 bis 2 Stunden im Trockenschrank bei 100° C ohne Wasser- verlust erhitzt wurden und zur Bereitung der verschiedenen wasserigen Ausziige dienten. Aus den Ergebnissen dieser Versuchsreihe, welche in der Tabelle Nr. IX verzeichnet sind, laBt sich ersehen, daB durch Erhitzen der Ausziige, beziehungsiveise der Priinellen selbst, ein der Konzentration der Ausziige, beziehungsweise Wasser- gehalt der Priinellen, entsprechender Gleichgewichtszustand der organisch gebundenen schivefligen Saure herbeigefiihrt wird, welcher jedoch auch durch eine nachtriiglich ziemlich iveitgehende Verdiinnung der Losung durch Wasserzusatz nur verhaltnismaBig wenig verschoben ivird. So sieht man z. B. bei Versuch III (wobei die wichtigsten Titrationsergebnisse richtig gestellt sind), wie der aus erhitzten Priinellen bereitete Auszug eine bedeutend niedere Gleichgewichtszahl (23 - 6) als 95 der entspreehende wasserige Auszug (66-4) aufweist, ferner wie der erste Auszug auch durch eine nachtragliche Verdiinnung nur einen verhaltnismafiig geringen Zerfall der Sctnveflig- saureverbindungen erleidet. Wahrend der erhitzte Auszug Nr. 6 a bei einer Verdiinnung (1 : 100) eine Gleichgewichtszahl von 76-4 ergab, zeigte der gleiche, aber nickt erhitzte Auszug la bereits bei einer viel geringeren Verdiinnung (8:100) eine nur um etwas geringere Gleichgewichtszahl (66'4) und bei einer noch weiteren Verdiinnung bis zu (2'7 : 100) sogar di e Gleichgewichtszahl = 100, namlich den vollstiindigen Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Saure in der L5sung. DaB die Schwefligsaureverbindungen in solchen Priinellen auch nach Entfernung der freien Saure widerstandsfahiger sind, geht aus folgendem Versuch hervor. In dem Auszuge vom Versuche III, 3 a, Tabelle IX, wurde durch Fortsetzen der Titration bis zur Endreaktion die freie schweflige Saure bestimmt und durch eine nachherige Verseifung die noch vorhandene gebundene Saure ermittelt. In 100 cm 3 des Auszuges wurden: A. Durch Fortsetzen der Titration als freie schweflige Saure bestimmt: Summe Titriert am: 15./5., 16./5., 18./5., 20./5., 22./5., 24./5., cm 3 Jodlosung: 15'40, 6’14, 4'80, 3'20, 2'40, l - 40, Titriert am: 26./&., 28./5., 30.,'5., 1./6., 3./6. . . =19 Tage cm 3 Jodlosung: 1'20, 0‘80, 0'80, 0’60, 0'60 . . =37'34 cm 3 Es ergeben sich daher in 1000 cm . 3 des Auszuges schweflige Saure . 84 - 00 my ab Titrationsfehler, siehe Tabelle X, Versuch IX, III, 3 b . . • a) = 7-60 mg tatsachlich als freie schweflige Saure gefunden . . 74M0 mg B. Durch nachherige Verseifung als organisch gebundene schweflige Saure bestimmt: Verbrauchte cm 3 Jodlosung . . . 21-00 cm B Ermittelte Titrationsfehler . . . 7'00 cm 3 Differenz . = 14‘00 cm 3 = 35‘40mg S0 2 . In 1000 cm 3 des Auszuges als organisch gebundene schwef- lige Saure gefunden 35'40 mg. 96 Es \vurden somit von der in der Losung im Gleich- gewichtszustande vorhandenen y8 mg gebundenen schwefligen Saure (siehe Tabelie IX, beziehungsweise X, Versuch III, 3 6) — 35'4 mg (entsprechend 36°/ 0 ) als solche \vieder gefunden. In diesem Falle blieb daher ein groBerer Teil der organisch gebun¬ denen Saure unzersetzt zuriick, als bei dem Auszuge gleicher Konzentration, welcher mit gew6Imlichen Priinellen bereitet war. Obwohl diese Versuche noch nicht als abgeschlossen zu betrachten sind und iiber die Ursache dieser Erscheinung noch Unklarheit schwebt, so laBt sicli doch daraus entnehmen: 1. DaB durch das Erhitzen der Priinellenausziige (z. B. bei Kompottbereitung) gleichzeitig mit einer Herabminderung des Schwefligsauregehaltes auch eine groBere Bestandigkeit und Widerstandsfahigkeit der vorhandenen organisch gebundenen schwefligen Saure erzielt wird, und zwar sowohl gegen eine weit- gehende Verdiinnung mit Wasser,als auch gegen Oxydationsmittel. 2. Der letzte Umstand wurde aber hindeuten, daB die Ursache dieser Erscheinung nicht auf einen auBeren EinfluB, wie z. B. auf chemische Veranderungen in der Zusammen- setzung des Extraktgelialtes beruht, sondern vielmehr auf eine molekulare Umsetzung der schwefligen Saui*everbindung in eine viel bestandigere zuriickgefuhrt werden muB. 14. In welcher Form kommt eigentlich die schwef- lige Saure in den Priinellen vor? Bereits Fresenius und Griinhut 1 ) erbrachten denBeweis, daB die schwefiige Saure im Dorrobste zum grofiten Teile als organisch gebundene vorkommt. Ebenso wurde von mehreren Autoren die Beobachtung gemacht, daB beim Oeffnen der Kisten oder Glaser, in welchen geschwefeltes Dorrobst auf bewahrt wird, sich die schweflige Saure durch den Geruch zu erkennen gibt und daB sich das Kaliumjodatstarkepapier beim Einlegen in die Behalter blaut. Nur Schmidt 2 ) schrieb auf Grund seiner Versuche folgendes: ,.Die Moglichkeit, daB freie schweflige Saure in den Friichten vorhanden ist, erscheint nicht ausgeschlossen, da selbst die Friichte etwa 30% Wasser enthalten und somit die in den Friichten enthaltene glykoseschweflige Saure bis zu einem 1 ) a. a. O. 2) Schmidt, 1. c. S. 274, 284. 97 gewissen Betrage hydrolytisch zerlegt sein kann. Der folgende Versuch scheint indessen darauf hinzudeuten, daB naclrvras- bare Mengen an freier schwefliger Saure nicht vorhanden sind.” Schmidt 1 ) fiihrte seinen Versuch in folgender Weise aus: Er spaltete eine stark schivefligsaurehaltige Aprikose und driickte sofort einen mit Kaliumjodat- und Starkelosung be- feuchteten Filtrierpapiersti-eifen auf die frische Schnittflache und fand, daB das Papier mitunter bis zu 5 oder 10 Minuten die Farbe nicht andert. Erst nach dieser Zeit traten einzelne blaue Flecken auf. Er kam daher zu der SchluBfolgerung: „Ein Beweis dafiir, daB die schweflige Saure im geschwefelten Dorrobst auBer im gebundenen Zustande auch in freier Form vorhanden ist, konnte bisher nicht erbracht werden. Wo die freie Satire bei solchen Waren beobachtet wurde, ist ihr Auftreten auf eine hydrolytische Spaltung der gebundenen Saure zuruckzufiihren.” Unverstandlich ist es aber, wie Schmidt nur das Er- gebnis des angefuhrten Versuches beriicksichtigen konnte, \velches unserer Meinung nach et\vas zu problematisch erscheint, wahrend er seine friiheren Beobachtungen bei dem Versuche Nr. 3 auf S. 278 nun ganz auBer acht liefi. Dieser Versuch bestand namlich darin, liber feingeschnittene Aprikosen einen reinen trockenen Wasser- stoffstrom bei gewohnlicher Temperatur streifen zu lassen und denselben nachher in eine Volhardsche, mit Jodlosungbeschickte Vorlage einzuleiten. Hierbei konnte er nachweisen, daB ein Teil der sehivefligen Saure in die Vorlage iibergeht. Durch diesen Versuch war unstreitig der Beweis erbracht, daB das untersuchte Aprikosenmuster tatsachlich freie schivef- lige Saure enthielt, ferner, daB in Anbetracht der eingehaltenen Versuchsbedingungen diese freie Saure nicht etwa von einer wahrend des Versuches eingetretenen hydrolitischen Spaltung der gebundenen Saure herruhren konnte, sondern im Obste selbst vorhanden war. Wir haben bereits gesehen, daB unter normalen Verhalt- nissen in frisch geschwefeltem Obst nur freie schweflige Saure vorhanden ist und daB erst ivahrend des Trocknens eine Bil- dung von organisch gebundener schwefliger Saure erfolgt. Es wurde ferner emviesen, dafi fiir den Bestand der organisch 1) Schmidt, 1. C. S. 274, 278. 98 gebundenen schtvefligen Saure ein gewisser Konzentrationsgrad des Extraktes erforderlich ist, sowie daB mit steigender Kon- zentration desselben immer relativ geringere Mengen freier schwefliger Saure aus diesen Verbindungen abgespaltet werden. Es ist einleuchtend, daB mit dem Fortschreiten des Trocknens bis zum normalen Trockenzustande der Be- standigkeitsgrad der Sch\vefligsaureverbindungen im Frucht- fleische immer mehr zunimmt, anderseits daB die vorhandene freie sehweflige Saure durch die Verdunstung und durch den Luftsauerstoff schnell abnehmen muB. Die Frage, welche noch zu beanttvorten ware und ein gewisses wissenschaft.liches Interesse besitzt, ist die, ob bei einem hohen Konzentrationsgrade des Fruchtfleisches, \vie z. B. bei gut getrockneten Primellen, welche 26 bis 30% Wasser 1 ) enthalten, die vorhandene gebundene schtveflige Saure eine solche Bestandigkeit erlangen kann, um nach dem Verschwinden der freien Saure noch unzersetzt fortbestehen zu konnen; mit anderen Worten, ob die schweflige Saure in gut getrockneten Primellen trotz eines verhaltnismaBig hohen Wassergehaltes nur in gebundener Form vorhanden sei. Nach der GesetzmaBigkeit, welche die organischenSchwefligsaureverbindungeninwasserigen Ausziigen bei dem Zerfall, beziehungsweise bei der Bildung aus ihren Komponenten aufweisen, fiel die Losung dieser Frage auf experimentellem Wege nicht mehr schwer. Aus den vorhergehenden Versuchen wissen wir, daB jeder Prunellenauszug eine konstante Gleichgewichtszahl besitzt, welche (abgesehen von der Temperatur) der Zusammensetzung des Musters und dem Konzentrationsgrade des Auszuges ent- spricht. Ferner, daB besonders in verdunnten Ausziigen die Bindung der freien sch\vefligen Saure, wenn dieselbe nur in geringem Ueberschusse vorhanden ist, sehr trage verlauft, so daB erst nach einigen Stunden eine nennenswerfe Bildung von organisch gebundener sclrvvefliger Saure nachweisbar wird. Wenn man nun zum Auslaugen der Primellen anstatt Wasser eine reine Schwefligsaurelosung anwendet, deren i) Wie wir bereits an anderem Orte die Veramtung auszusprechen Ge- legenheit fanden, ist es nicht ausgeschlossen, daB der groCte Teil des in normal getrockneten Priinellen vorhandenen Wassers nicht frei, sondem chemisch gebnnden sei und demzufolge im Fruchtfleische keine Spaltung der organisch gebundenen schwefligen Saure entstehe. 99 Konzentration so bemessen ist, daB im Auszuge die im vor- hinein zugesetzte freie schtreflige Saure zu der Gesamtschtveflig- saure der Priinellen in demselben Verhaltnisse steht, tvie die Gleichgetvichtszahl eines gleichen tvasserigen Auszuges, dann miiBten sich in dem fertigen Auszuge selbst (wenigstens ftir einige Stunden) die aus den Prunellen ausgelaugte schtveflige Saure in demselben Zustande vorfinden, wie dieselbe im Frucht- fleische tatsachlich vorhanden tvar. Versuch: Mit einem gut getrockneten und abgelagerten Priinellenmuster von bekanntem Schtvefligsauregehalte tvurde ein tvasseriger Auszug von der Konzentration 25 g auf 500 cm 3 bereitet und sowohlim frischen als auch im Gleichgevvichtszustande auf freie und gesamtsehtveflige Saure untersucht. Dasselbe Muster diente nun dazu, um ztvei weitere Auszuge von ange- fuhrter Konzentration zu bereiten, tvozu anstatt Wasser reine Schtvefligsaurelosungen verschiedener Konzentration (LosungM und B ) benutzt tvurden. Der Schtvefligsauregehalt dieser Losungen war so bemessen, daB in dem fertigen Auszuge A die zugesetzte freie schtveflige Saure zu der aus dem Muster ausgelaugten gesamtschtvefligen Saure ungefahr in demselben Verhaltnisse stand wie die gebundene zur freien schtvefligen Saure in dem im Gleichgewichtszustande befindlichen tvasserigen Auszuge, wahrend im Auszuge B die zugesetzte Saure etwas mehr als bei dem Auszuge A betrug. Mit Riicksicht auf die bekannten Fehlerquellen des jodometrischen Verfahrens wurde nicht ermangelt, mit den Losungen A und B sowohl bei der Bereitung als bei der Titration so vorzugehen, \vie es mit den Ausziigen selbst geschah. (Siehe nachstehende Tabelle.) Aus den angefiihrten Daten ersieht man, daB in den mit schwefligsauren Losungen bereiteten Ausziigen A und B bei- nahe die ganze Menge der aus dem Frucktfleische ausgelaugten schtvefligen Saure als organisch gebundene vorhanden ist und nur sehr geringe Mengen (Spuren) davon sich als freie Saure vorfinden. Hiermit ist nun der Beweis erbracht worden, daB im Fruchtfleische normal getrockneter Prunellen die schtveflige Saure sich als organisch gebunden vorfindet, jedoch daB sehr geringe Mengen (Spuren) davon immer auch als freie Saure vorhanden sind, trie auch die vorangehenden Beobachtungen vollauf bestatigen. 100 SchluBsatze: Die Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen lassen sich in folgende Satze zusammenfassen: 1. Die von Schmidt angefiihrten Untersuchungen iiber die Bindungsf or m der schwefligen Saure im ge- schwefelten Obste sind nicht als einwandfrei anzu- nehmen, und daher sind seine diesbeziiglichen SchluB- folgerungen entweder nicht ganz zutreffend oder sie werden durch seine Versuche nicht geniigend bewiesen. 2. Im Fruchtfleische normal getrockneter Prii- nellen findet sich die schweflige Stiure als organisch gebunden vor, nur sehr geringe Mengen (Spuren) da- von sind stets als freie Saure vorhanden. 3. Die in den Priinellen gebildeten Verbindungen der schwefligen Saure verhalten sich in mancher Richtung, besonders beziiglich ihrer Bestandigkeit gegen Oxydationsmittel und ihres leichten Zerfallens in oxy die r bare Sch\vefligsaureverbindungen dure Wasserzusatz, ahnlich wie die von Farnsteiner und Kerp untersuchten Verbindungen aus der Aldehyd- gruppe und aus den Zuckerarten. Der Betveis jedoch, 101 daB dieselben mit der glykos6schwefligen Siiure iden- tiseh seien, ist noch nicht erbracht worden. 4. Ein kleiner Teil der im Fruchtfleische der Prii- nellen vorhandenen schwefligen Saure ist an mit Wasserdampfen fliichtige Stoffe gebunden. Diese Ver¬ bindungen zeigen in wasseriger Losung eine groBere Bestandigkeit als die iibrigen. 5. Die im Dorrobste vorhandenen Schweflig- saureverbindungen konnen in wasserigen Obstaus- z ii g e n bei gew5hnlicher Temperatur nur dann bestehen, \venn der Extraktgehalt (Zucker- und Sauregehalt) der Losung eine bestimmte Konzentration besitzt. 6. Das Bindungsvermogen und die Geschwindig- keit der Bindung dieser Stoffe hangen von dem Kon- zentrationsgrad der '\vasserigen Ausziige, beziehungs- weise des Fruchtfleisehes ab. Sie steigen mit letzterem bis zu einem gewissen Grade. 7. Der Dissoziationsgrad und die Geschwindigkeit des Zerfalles der aus dem Dorrobste ausgelaugten Verbindungen hangen von dem Verdiinnungsgrad des Auszuges ab und steigen mit letzterem. Sie werden jedoch von dem Schivefligsauregehalt des Obstes nicht beeinflufit. 8. KleineMengenMineralsauren, so auchorganische Sauren, wenn auch im geringeren Grade, wirken bei gewohnlicher Temperatur wesentlich verzogernd auf den Zerfall der Verbindungen der schivefligen Saure in wasserigen Ausziigen, so daB solehe Losungen einen geringeren Dissoziationsgrad und eine geringere Ge- s chvvindigkeit des Zerfalles aufweisen. Sie konnen jedoch deren vollstandige Spaltung nicht hintanhalten, 9. Durch Entfernung der f es nicht, eine vollstandige Spalt verbindungen zu erzielen. 10. Durch Envarmen der wiisserigen Ausziige bei Bluttemperatur andert sich der Gleichge\vichtszustand kaum; bei hoher Temperatur (100°C) findet ein rapider, besitz aus den wasserigen Ausziigen 102 jedoch nieht vollstandiger Zerfall der Schwefligsaure- verbindungen stati Der Dissoziationsgrad geht auch in diesem Falle nur um ein Geringeres hoher, als es dem Gleichgewichtszustande derLosung entsprechen wiirde. In mineralsaurehaltigen Ausziigenerreichtman da dur eh ungefahr denselben Dissoziationsgrad wie in den wasserigen. 11. Sowohl in den Priinellen selbst, als auch in wasserigen Priinellenausziigen schreitet der Oxyda- tionsprozefi allmiihlich, aber unaufhaltsam vor, und zwar immer auf Kosten der freien schwefligen Saure. 12. Durch das Erhitzen der Priinellen, beziehungs- weise der wasserigen Ausziige erlangen die Schweflig- saureverbindungen eine groBere Bestandigkeit sowohl gegen einen Wasserzusatz als auch gegen Oxydations- mittel. 4. EinfluB der Bereitungsweise, Aufbewahrung nnd kiichen- mafiigen Zubereitung der Priinellen auf den Gehalt an schwefliger Saure, beziehungsweise an organisch gebundener schwefliger Saure. A. Verhalten bei der Bereitung undAufbewahrung: Das Fruchtfleisch des Obstes stellt eigentlich einen konzen- trierten wasserigen Auszug dar und verhalt sich daher beziig- lich der aufgenommenen sclrvrefligen Saure ahnlich, wie wir bei diesen gesehen haben. Beim Fortschreiten des Trocknens, beziehungsweise des Konzentrationsgrades des Obstes findet einerseits eine rapide Verfliichtigung und gleichzeitige Oxy- dation der freien schwefligen Saure statt, anderseits eine štete Abnahme der Gleichgewichtszahl entsprechend der Konzen- tration des Fruchtfleisches, bis dieselbe in normal getrockneten Priinellen beinahe gleich Nuli wird. Die Priinellen enthalten dann beinahe nur ausschlieBlich gebundene schweflige Saure. So findet man z. B., daB langsam getrocknete Priinellen fiir gewohnlich armer an schwefliger Saure sind als ein rasch an der Sonne getrocknetes Obst. Diese Erscheinung kann man auch in der Praxis beobachten, namlich dann, wenn das geschwefelte Obst infolge minder giinstiger Witterungsver- haltnisse etwas liinger als sonst getrocknet werden muB. 103 Aus demselben Grunde erzielt man eine Verminderung des Schw efligsauregehaltes durch das bereits envahnte, hier iibliche Trockenverfahren, \vonach das Obst im letzten Stadium der Trockenheit anstatt an der Sonne im Schatten, dafiir aber etwas langer getrocknet wird. Der leiehte Zerfall der organisch gebundenen schwefligen Saure in stark wasser- haltigem Obst verursacht ferner, daB schlecht getrocknete Priinellen trotz einer starken Schwefelung keine haltbare Ware geben und deswegen wiederholt geschwefelt werden miissen. In normal getrockneten Priinellen verhalt sich die orga¬ nisch gebundene schweflige Saure wie die Alkalibisulfatsalze, welche, wie allgemein bekannt, bei Luftzutritt allmahlich ihre freie schtveflige Saure abspalten. Infolgedessen spielen diese organischen Verbindungen beim Aufbewahren der Priinellen eine wichtige Rolle, indem zweifellos diese geringen Mengen geniigen, um das Dorrobst trotz seiner Hygroskopizitat und eines verhaltnismaBig liohen Wassergehaltes (bis zu 30%) fur langere Zeit noch haltbarer als sonst zu machen. Bei gut getrockneten Priinellen geht der Zerfall, beziehungsweise der Verlust der organisch gebundenen schwefligen Saure allerdings auch um so starker vor sich, je mehr das Obst Feuchtigkeitsschwan- kungen ausgesetzt ist. Nach unseren Beobachtungen tvird fiir gewohnlich der Schwefligsaurevorrat der Priinellen erst ungefahr nach einem Jahre verbraucht. B. Die kuchenmaBige Bereitung der Priinellen. Viele Angaben iiber die Schwefligsaureverluste, welche bei Anvvendung verschiedener Verfahren zur Kompottbereitung beobachtet wurden, finden sich bereits in der Literatur vor. 1 ) Besonders Schmidt 2 ) beschaftigte sich eingehend mit dieser Frage und trachtete dieselbe auf Grund seiner Anschauungen „iiber den EinfluB wechselnder Wassermengen auf das ge- schwefelte Obst” zu losen. Er fuhrte als Bevveis hierfiir fol- genden Versuch an: „Je 50 g Aprikosen (welche 224 mg schwef- lige Saure in 100^ enthielten) wurden mit 100 cm 3 und 1000 cm 3 Wasser iibergossen und 24 Stunden lang stehen gelassen. Die 1) Beytiiien und Bohrisch, a. a. O., S. 405. — Marpmann, a. a. O., g_ 881. — Farusteiner, Zeitschr. f. Unters. d. Nahrungs- u. Genuflmittel 1902, 1904, S. 466. — Hermann Matthes und F. Miiller, Zeitschr. f. Unters. d. Nahrungs- u. GenuBmittel 1905, S. 610. 2) Schmidt, a. a. O., S. 279. 104 vollig aufgequollenen Friichte wurden nach dem AbgieBen des Einweichwassers abgespiilt und mit Zucker und 100 cm 3 neuem Wasser y 4 Stunde Jang gekocht. Die Kompottmenge betrug 160 bis 170 g. Das Kompott aus dem wenig gewasserten Obst lieferte 49 - 3 mg, das aus dem stark gewasserten Obst 16'6 mg schweflige Saure. Im ersten Falle waren also 44%, im zweiten Falle 15% der Gesamtmenge zuriickgeblieben.” Obwohl Schmidt mit diesem Versuche nicht mehr als den Beweis erbrachte, daB, je mehr Wasser man zum Wassern des Obstes benutzt, desto mehr schweflige Siiure aus dem Frueht- fleische naturgemiifi entfernt wird, lautete seine diesbeziigliche SchluBfolgerung: „Bei der kiichenmaBigen Zubereitung des geschivefelten Dorrobstes verringert sich der Gehalt an schvvefliger Siiure. Diese Verminderung hiingt hauptsachlich von der zum Wassern und Kochen benutzten Wassermenge ab. Je groBer die Wasser- mengen sind, um so mehr sinkt der Gehalt an schvvefliger Saure in den zubereiteten Fruchten.” Nach den im vorhergehenden Kapitel mitgeteilten Studien fallt es nicht mehr schwer, auch iiber das Verhalten der schwef- ligen Saure bei der kiichenmaBigen Bereitung der Prunellen eine richtige Erklarung zu geben, nur darf dabei das prak- tische und wirtschaftliche Moment nicht auBer acht gelassen werden. Bei der Kompottbereitung aus gedorrtem Obst muB man vor allem bedacht sein, ein appetitliches, wohlschmeckendes, nahrhaftes und dabei moglichst okonomisches Gericht zu be- reiten. Zu diesem Zwecke muB das Obst vor allem mit etwas kaltem Wasser kurze Zeit gewasehen und gereinigt werden. Ein Wassei‘n des Obstes, wie die meisten Versuchsansteller anwendeten,') wurde nur eine unnutze Entwertung des Obstes verursachen und ist dah er dieses Verfahren zu vervverfen, da hierdurch das Obst von seinen wertvollen Bestandteilen beraubt ■vvird und dabei der beabsichtigte Z\veck, namlich die Ent- fernung der schwefligen Siiure, nur sehr unvollkommen erreicht werden kann. Hingegen erscheint uns ein vorheriges Ein- weichen des Obstes in jenem Wasser, in welchem es spater eingekocht werden soli, als sehr zweckmaBig, \veil dadurch !) Schmidt, a. a. O., S. 279, 281. 105 moglichst viel von den Schwefligsaureverbindungen aus dem Fruchtfleische ausgelaugt werden, welche dami beim Kochen leichter zu entfernen moglich ist. Zu diesem Zwecke geniigt es aber nicht, das Obst mit moglichst viel Wasser und durch langere Zeit — wie die meisten Autoren angebeni) — in Be- riihrung zu lassen, sondern es ist ein ofteres Umriihren der Masse unbedingt erforderlich, wenn man eine reichliche Aus- laugung erlangen will. Die Anwendung von warmem Wasser ist hierbei jedenfalls vorzuziehen. Die Anschauung Schmidts, daB bei der kiichenmafligen Bereitung der Verlust an schwefliger Saure von der Wassermenge abhangt, und zwar wegen der hydrolytischen Spaltung der schwefligen Saureverbindungen, entbehrt jeder praktischen Bedeutung. Wir diirfen nicht vergessen, daB zum Eimveichen des Obstes nicht iiber eine bestimmte Wassermenge hinaus gegangen werden darf, wenn das Wasser einkochen soli. In der Praxis geniigt es gewohn!ich, dem Obste die zwei- bis dreifache Menge Wasser zuzusetzen. Die konzentrierten Ausziige, 1 2 ) die man clabei erreicht, zeigen aber, wie die friiheren Versuche bewiesen haben, voneinander wenig differierende Gleichge- wichtszahlen, so daB unter solchen Umstiinden auch die durch das Kochen des Kompotts erreichten Schwefligsaureverluste von dem Wasserzusatz nur sehr wenig abhangig sind. Wie aus dem Versuch Nr. YII 3 a 4 a, Tabelle YI und X zu ersehen ist, wurde z. B. unter den giinstigsten Verhaltnissen durch Zusatz einer doppelten Wassermenge, unter sonst gleichen Bedingungen, nach dem Kochen ein Mehrverlust von nur 12% der gesamt- schwefligen Saure konstatiert. Es ist jedenfalls eine bewiesene Tatsache, daB je lšinger der Auszug (Kompott) gekocht wird, desto groBere Mengen schweflige Saure daraus entfernt werden konnen, allein nach- dem aus naheliegenden Grunden auch die Kochdauer nicht zu lange fortgesetzt werden darf und fiir gewohnlich eine viertel bis halbe Stunde geniigt, so laBt sich in der Praxis durch das Kochen des Kompotts nicht soviel schweflige Saure abtreiben, \vie 1) Siehe Schmidt, a. a. O., S. 280, beziehungsiveise 267. 2) Bei der Kompottbereitung wird aufierdem dem Obste anch etwas Zucker zugesetzt. 106 bei einem Laboratoriumsversuche mit gevviegtem Obst erreioht werden kann. Versuche: Je 100 g eines stark geschwefelten, gut getrockneten Priinellenmusters (Schwefligsauregehalt 239 - 9) wurden zur kiichenmaBigen Bereitung vem Kompott ver- wendet: Kompott A: Ohne das Obst zu waschen, mit zweifacher Menge Wasser versetzt, und nach fiinfstiindiger Digestion eine halbe Stunde gekocht: Sch\vefligsauregehalt auf 100 g ursprungliche Substanz berechnet, 73'2 mg, entsprechend einem Schwefligsaurever- lust von 69’4%. Kompott B: Ohne das Obst zu waschen, mit dreifacher Menge Wasser versetzt, nach vierstiindiger Digestion eine halbe Stunde gekocht: Schwefligsauregehalt, auf 100 g ursprungliche Substanz berechnet, 45 7 mg, entsprechend einem Schwefligsaureverlust von 80’9%. Nach dem angefuhrten praktischen Versucli gehen daher bei der Kompottbereitung ungefahr drei Viertel der im Obste vorhandenen sclrvvefligen Saure verloren. Enthalten jedoch die Priinellen nur geriDge Mengen schvvefliger Saure, dann 1'indet man im fertigen Kompott iiber- haupt bloB Spuren dieser Saure. Nach dem Kochen befindet sich die organisch gebundene schweflige Saure im Kompott im Uebergleichgewichtszustande und tritt nach dem Abkiihlen keine weitere nennenswerte Zersetzung von gebundener Saure ein. Im fertigen Kompott er- reichen die Schwefligsaureverbindungen durch das Kochen eine weit groBere Bestandigkeit gegen eine Verdiinnung mit •Wasser und auch gegen Oxydationsmittel, als im ungekochten Auszuge der Fali ist. SchluBfolgerungen: A. Beziiglich der Bereitung und Aufbevvahrung der Prii- nellen. 1. Die frisch geschwefelten Zwetsclien enthalten nur freie schweflige Saure und erst beim Trocknen wird ein Teil derselben organisch gebunden. 107 2. Besonders im letzten Stadium des Trocknens werden vom Fruchtfleisch groBere Mengen schwefliger Saure gebunden, und zwar um so mehr, je liinger das- selbe den Schwefeldampf en ausgesetzt wird. 3. Im letzten Stadium des Trocknens empfiehlt es sich, das Obst womoglich langsam zu trocknen und z. B. bei schoner Witterung die letzten Tage das Trock¬ nen lieber im Schatten als an der Sonne vorzunehmen, da sich hierdurch groBere Mengen gebundener sehwef- liger Saure abspalten und als freie Saure leichter entfernt werden, 4. Auch durch eine starke Schwefelung werden schlecht getrocknete Priinellen nicht haltbar gemacht, weil in diesem Falle eine rasche Zersetzung der ge- bundenen schwefligen Siiure stattfindet. 5. Beim Altern zersetzt sich die gebundene schwef- lige Saure in gut getrockneten Priinellen nur all- mahlich zu freier Saure, so daB dieselben ungefahr nach einem Jahre nur Spuren davon enthalten. 6. Die geringen Mengen gebundener schwefliger Saure, welche sich in gut getrockneten Priinellen vor- finden, wirken, wenn auch in geringem Grade, auf langere Zeit hinaus antiseptisch und tragen zur besseren Konservierung des Obstes jedenfalls bei. B. Bezuglich der kiichenmaBigen Bereitung der Priinellen: 1. Die von Schmidt angefiihrten Behauptungen iiber die Verminderung des Schwefligsauregehalte s durch groBere Wasserzusatze sind von keiner prakti- schen Bedeutung. 2. Zur Kompottbereitung empfiehlt es sich, das Obst mit nur wenig kaltem Wasser zu waschen und zu reinigen, dann mit der 2- bis 3fachen Menge warmen Wassers einige Stunden unter ofterem Umriihren ein- zuweichen und erst dann in demselben Wasser zirka eine halbe Stunde einzukochen. Auf diese Weise werden aus dem Obst ungefahr drei Viertel der vorhandenen schwefligen Siiure entfernt, wahrend von der zuruck- bleibenden Menge sich ungefahr dieHalfte als gebu.nden vorfindet, welche eine viel grSBereBestandigkeit gegen 108 eine weitere Verdiinnung der Kompottmasse mit Wasser soivie gegen Oxydationsmittel besitzt. Bei einem geringen Schwef ligsauregehalt des Obstes gelingt es sogar durch die Kompottbereitung die ganze schiveflige Saure aus dem Obste zu ent- f ernen. IX. Das Schwefeln der Prlinellen vom sanitatspolizeilichen Standpunkte und im Lichte der Nahrungsmittelkontroile be- urteilt. Einleitung. Seit altersher findet der Schwefel in der Praxis zur Bereitung von Dauerobst, besonders beim natiirlichen Trocknen der Frucht seine Vervvendung und bereits in alteren Lehrbuchern liber Obstkonservierung findet man nabere An- gaben iiber dieses Verfabren. Es war daher fiir den Tecbniker seit jeher kein Geheimnis, daB das gescbwefelte Obst und somit aucb die Gorzer Prunellen (auch italienische Priinellen genannt) mebr oder weniger schweflige Saure enthalten diirften. Trotz alledem wurde dieses Dorrobst aber gerne gekauft und mit Vorliebe als GenuBmittel verwendet und wurden speziell die Prunellen seit Jahren sowohl im In- als auch im Auslande als ein feines vorziigliches Obst anerkannt, ohne daB je von irgend einer Seite Bedenken liber eventuelle gesundheitsschad- liche Eigenschaften entstanden waren. Erst in neuerer Zeit, als die amerikanischen Erzeugnisse die deutschen Markte, unter Verdrangung der einbeimischen Produktion, zu iiberschivemmen drohten, schenkte man von Seite der Nahrungsmittelchemiker auch diesem Importartikel ein besonderes Augenmerk. Es war vor allem das hygienische Institut in Hamburg, \veJches in einigen Partien importierten, gebleichten Dauer- obstes betrachtliche Mengen schweflige Saure fand und daher deren GenuB vom gesundheitlichen Standpunkte als bedenklieh erscheinen lieB. Dieser Veroffentlichung folgten nun eine ganze Reihe diesbeziiglicher Arbeiten, worunter, wie bereits erwahnt, die von Beythien und Bohrisch, von Fesenius und Griinhut und zuletzt die vom kaiserlichen Gesundheits- amte als die interessantesten und wichtigsten genannt werden miissen. i) Berioht des hygLenischen Institutes, Hamburg 1898/99. 109 Auch die kompetenten Sanitatsbehorden ermangelten nieht auf Grund eingeholter medizinischer Gutachten besondere Ver- ordnungen iiber die Zulassigkeit der schwefligen Saure im Dorrobste zu erlassen. Das Hamburger Medizinalamt entschied, daB „der Be- urteilung des Obstes der Gehalt der frischen Friichte an schwefliger Saure zugrunde zu legen sei, weil dieselben auch im rohen Zustande genossen werden” und erklarte „Proben mitmehrals 0'125°/ 0 scliwefliger Saure fiir gesundheitsschadlich”. Hingegen wurden bereits Mengeu vou 80 bis 100 mg schwefliger Saure in einem Gutachten der \vissenschaftlichen Deputation fiir das Medizinahvesen in Berlin 1 ) fiir gesundheits¬ schadlich erklart und die Festsetzung einer Grenzzahl als untunlich bezeichnet. Das koniglich sachsische Ministerium lieB auf Grund eines ersten Gutachtens des sachsischen Landesmedizinalkollegiums vom 5. Juni 1902 den Kreishauptmannsehaften die Anweisung zugehen, die Bevolkerung vor dem Genusse sclrvvefligsaure- haltigen Dorrobstes in geeigneter Weise zu warnen und darauf hinzuweisen, dafi der Verkauf des letzteren unter die Straf- vorschriften von § 12 des Nahrungsmittelgesetzes fallen \viirde. Infolge des lebhaften Widerstandes jedoch, welchen diese Verordnung in den Handelskreisen hervorrief, fand sich das genannte Ministerium veranlaBt, von dem Landes-medizinischen Kollegium ein zweites Gutachten einzuholen und auf Grund dessen eine neue Verordnung vom 21. November 1902 zu er¬ lassen. In dieer Verordnung erklarte man bis auf weiteres den Gehalt von O’l25°/ 0 schivefliger Siiure noch als zuliissig, jedoch mit dem ausdriicklichen Bemerken, dafi die schweflige Siiure als unzulassiges Konservierungsmittel angesehen werden muB. Gleichlautende Beschliisse faBten nach und nach das groBherzoglieh badische Ministerium 1903 und der preuBische Kultusminister und der Minister fiir Handel und Gewerbe 1904, welche letztere die Bekanntmachung erlieBen, daB „im Interesse eines moglichst gleichmaBigen Verfahreus, nach dem Vorgange anderer Bundesstaaten bis auf weiteres ein Zusatz von schvvefliger Saure bei Dorrobst bis zu dem HSchstbetrage l) Konservenzeitung 1901, S. 310, auch Beythien, Zeitschrift fiir Untersuehung der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 46. 110 von 0'125°/o nicht zu beanstanden sei. Bei einem hoheren Gehalte sei jedoch in allen Fallen das Strafverfahren herbei- zufiihren”. Diesbeziigliche Beschlusse fiir die Beurteilung des ge- schwefelten Obstes sind in Oesterreich noch nicht erlassen tvorden. 1 ) Auchvom Standpunkte der NahrungsmittelchemikerDeutsch- lands wurde die Frage des Scfrvvefelns des Obstes verschieden beurteilt. So findet man unter den Beschliissen der auf An- regung des kaiserlichen Gesundheitsamtes einberufenen Kom- mission deutscher Nahrungsmittelchemiker zur einheitlichen Untersuchung und Beurteilung von Nahrungsmitteln, GenuB- mitteln sowie Gebrauchsgegenstanden im Kapitel Gemiise und Fruchtdauervvare folgenden Passus: „Die sclvvveflige Saure ist auf alle Falle zu beanstanden.” Auch die freie Vereinigung deutscher Nahrungsmittel¬ chemiker befaBte sich eingehend mit der Frage des gesch\vefelten Obstes und im Jahre 1904, anlafilich der in Stuttgart statt- gefundenen Jahresversammlung, war Dr. A. Beythien mit diesem Referate betraut, welcher in einem ausfiihrlichen Vortrag 2 ) der Versammlung folgende SchluBsatze zur Erwagung, be- ziehungsweise BeschluBfassung unterbreitete: 1. Das Schvvefeln des Dorrobstes erscheint nicht erfor- derlich, um haltbare Waren zu erzielen, sondern es ermoglicht in erster Linie, den Erzeugnissen den Anschein besserer Be- schaffenheit zu verleihen, beziehungsweise nach langdauernder Aufbewahrung zu erhalten, und ist daher als eine Verfiilschung im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes zu beurteilen. i) Nur iiber das Schwefeln der Nusse und Mandeln liegt ein vom obersten Sanitiitsrate in Wien abgegebenes Gutachten vor, welches in der Zeit- sebrift „Das osterreichiscbe Sauitatswesen” 1903 veroffentlicbt wurde (siehe Zeitschrift fiir Nahrungsmitteluntersuehung, Hygiene 1903, S. 418) und besagt, dafi beim Genusse mafiiger Quantitaten derartiger geschwefelten Hufi- und Mandelkerne eine Schadigung der Gesundheit des Konsumenten nicht zu be- sorgen sei, dafi aber die Aufmerksamkeit des Publikums darauf gelenkt werden miisse, dafi durch diesen Schweflungsproze£ der alten verdorbenen Ware ein gleiehes Aussehen wie der frisehen und die Moglichkeit gegeben wird, ver- dorbene alte Nusse und Mandeln in den Handelsverkekr zu bringen. J ) n Ueber die Vervvendung der sehvvefligeu Saure als Konservierungsmittel, insbesondere der jetzige Stand der Beurteilung geschwefelten Dorrobstes”, Zeit- schrift fiir Untersuchung der Nahrungs- und GenuJ3mittel 1894, S. 36. 111 2. Die Bestimmung auf S. 114 II der Vereinbarungen: „Schweflige Saure ist auf alle Falle zu beanstiinden” ist daher aufrecht zu erhalten. 3. Die Tatsache, daB die schweflige Saure des Dorrobstes zum groBeu Teile oder ganzlich an Zucker gebunden ist, geniigt nicbt zur Entscheidung ihrer physiologischen Wirkung. Viel- mehr ist an letztere im Hinblick auf das Vorkommen reich- licher Mengen freier schwefliger Saure in den wasserigen Aus- zugen und die leichte Dissoziierbarkeit der organischen Sch\vefligsaureverbindung durch praktische Versuehe zu er- mitteln. 4. Unter Berucksichtigung des stetig wachsenden Konsums und der zunehmenden Bedeutung des geschwefelten Obstes fur die Volksernahrung empfiehlt es sich, an den Herrn Reichs- kanzler das Ersuchen zu richten, beim kais. Gesuudheitsamte 1 ) Untersuchungen liber die etwaige Gesundheitsschadiichkeit des geschwefelten Dorrobstes anzuregen und je nach dem Ausfalle derselben geeignete MaBnahmen zu treffen. Ueber AntragvonDr. W. Fresenius und Dr. Kerp beschloB jedocb die Versammlung ohne Widerspruch, von einer Stellung- nahme vorerst abzusehen. Bei der Diskussion trat besonders W. Fresenius einer endgiltigen Formulierung der Frage entgegen, weil die Frage des physiologisehen Verhaltens noch nicht abgeschlossen sei, und bei der Gelegenheit betonte er ebenfalls die Notwendigkeit einer Revision des in den „ Ver¬ einbarungen” enthaltenen, bereits erwahnten Beschlusses iiber die schweflige Saure, welcher jedoch erst auf Grund eingehen- der Versuehe erfolgen soli. Aus dieser kurzen Schilderung der Sachlage ersieht man, daB die Frage der hygienischen Beurteilung der scliivefligen Saure im Dorrobste heute nichts weniger als spruchreif ist. Mit Riicksicht darauf, sowie mit Rucksicht auf die Wichtigkeit und Schwierigkeit dieser Frage verhielten sich bis jetzt auch die kompetenten Fachkreise und Sanitatsbehorden bei der Urteilsfallung sehr vorsichtig und zuriickhaltend, dabei immer i) Schon gelegentlich dieser Versammlung erstattete Dr. Kerp einen kurzen Bericht iiber das Ergebnis seiner, sowie Dr. Schmidt, respektive Dr. Rost und Dr. Franz im kais. Gresundheitsamte bereits ausgefiihrten Unter- suchungen. (Kerps Bericht, Zeitschrift fiir Untersuoh. der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 53.) 112 darauf hindeutend, daB ein eingehendes Studium dieser Frage noch unbedingt notwendig sei. Alle Bundesstaaten fanden es fiir angemessen, bis auf weiteres das Hamburger Gutachten anzunehmen und als zulassige Maximalgrenze des Schweflig- sauregehaltes im Dorrobste 0'l25°/ 0 festzustellen. Auch im Kreise der Nahrungsmittelchemiker verhalt man sich diesbeziiglieh ebenfalls sehr abwartend und reserviert, und vom Standpunkte der amtlichen Nahrungsmittelkontrolle liegt bisher noch keine Entscheidung vor, ob das gebleichte, ge- schwefelte Dorrobst im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes tat- sachlich als gefalscht zu beanstanden sei. Eine Ausnahme unter den Fachgenossen maehte aller- dings der friiher zitierte Referent Dr. Beythien, welcher bereits in einer friiheren, gemeinschaftlich mit Bohrisck heraus- gegebenen Publikation 1 ) in dieser wichtigen Frage eine merlc- wiirdige Stellung einnahm, indem er ohne weiteres die Frage von seinem Standpunkte aus als gelost betrachtete und in seinen SchluBfolgerungen leider nicht immer die erforderliche Objektivitat bewahrte, so daB wir uns veranlaBt sehen, an dieser Stelle, bevor wir noch auf den sachlichen Teil der Frage iiber- gehen, den genannten Herren einige Worte der Enviderung zu widmen. Auf Grund vereinzelter Wahrnehmungen hielten sich die genannten Herren fiir berechtigt, nicht nur die kompetenten Sanitatsbehorden und das konsumierende Publikum auf die abnorme Menge schwefliger Saure, welche diese in einigen Ddrrobstmustern fanden, pflichtgemaB aufmerksam zu machen, fsondern sie ei'achteten es gleichzeitig fiir dringend geboten, dem importierten geschwefelten Obst im allgemeinen den Krieg zu eroffnen, indem sie alle solche Erzeugnisse ohne weiteres als gesundheitsschadlich annehmen und das Publikum vor dessen Genusse warnen. Dieses Vorgehen begriinden die Autoren erstens dadurch, daB „die medizinischen Sachverstandigen aller Wahrscheinlichkeit nach sich fiir die Gesundheitsschadlichkeit der geschwefelten Kompottfriichte aussprechen wiirden”, zwei- tens, „daB es sehr wohl denkbar ware, daB bei der Unmog- lichkeit, alle importierten Vorrate fortlaufend auf ihren Gehalt an schwefliger Saure zu priifen und bei der bekannten Riick- Zeitsehrift fiir Untersuch. der Nahrungs- und GenuBmittel 1902, S. 401. 113 sichtslosigkeit der auslandischen Fabrikanten noch weit starker geschwefelte Waren als die beobachteten in den Handel ge- langen konnen.” Weiters stellten dieselben sogar die Behauptungen auf, dafi ,.das vortreffliche Aussehen dieser auslandischen Erzeug- nisse, durch welches unser kaufendes Publikum bestochen wird, nicht etwa auf Verwendung auserlesener Friichte oder sorgfaltiger Verarbeitung derselben, sondern einfach auf riick- sichtslosestes Schwefeln zuruckzufuhren ist”, und fanden es bereits damals fiir angemessen, darauf hinzuweisen, „dafi einem entschiedenen Einschreiten der Behorden gegen diese neue Erfindung (namlich das Schwefeln des Obstes) kaum irgend- \velche \virtschaftliche Bedenken entgegenstehen diirften, und dafi iibergroBe Zartheit den riicksichtslosen Auslandern gegen- iiber durchaus unangebracht ist”. Aus dem soeben Angefiihrten ist es wohl leicht begreif- lich, dafi sich auch die Priinellenproduzenten, \velche ihre Er- zeugnisse zu schwefeln gezwungen sind, schwer getroffen fiihlen miissen, erstens nach dem Urteile der genannten Herren, als „gewissenlose Auslander” an den Pranger gestellt zu werden, und zweitens zu horen, dafi „das vortreffliche Aussehen ihrer Erzeugnisse einfach durch ein rucksichtsloses Schwefeln bewerkstelligt werde”. Ob sich ein solches Vorgehen nur auf eine strenge Hand- habung des Nahrungsmittelgesetzes zuriickfiihren lafit, wollen wir dahingestellt sein lassen! Unbegreiflich erscheint uns aber, wie ein so anerkannt tiichtiger Fachmann wie Beythien, ohne sich vorher mit der Sache eingehender zu befassen, blofi auf Grund einiger analytischen Ergebnisse, solche un- zutreffende, ungerechte Anschuldigungen in die Oeffentlichkeit bringen konnte, welche gerade, weil allgemein gehalten, dazu angetan sind, auch iiber einer reellen und gesunden Industrie den Štab zu brechen und derselben grofien Schaden zuzufiigen. 1. Das Schwefeln der Priinellen vom Standpunkte der Nahrungsmittelkontrolle. Es wurde bereits erwiihnt, dafi einige Nahrungsmittel- chemiker die Frage beziiglich des Schwefelns des Obstes in dem Sinne beantworten, dafi diese Behandlung des Obstes als unzu- lassig zu bezeichnen sei. Als Griinde hierfiir fiihrt z. B. das hygieni- 114 sche Institut zu Hamburg 1 ) an, daB gut getrocknete, zucker- reiche Fruchte erfahrungsgemaB ohne Konservierungsmittel geniigend haltbar sind. Ebenso glaubte Beythien 2 ) aus dem Umstande, daB er in den Pflaumen und Aepfelringen keine schweflige Saure vorfand, schlieBen zu konnen, „dafi das Schwefeln nicht nur fur die Haltbarkeit des getrockneten Obstes, \vie bei den Pflaumen, entbehrlich ist, sondern daB sich sogar, wie bei den Ringapfeln klar ersichtlich ist, auch ohne dieses nicht unbedenkliche Hilfsmittel tadellos weiJ3e Produkte erzielen lassen”; aus einer weiteren Erwagung, namlich, „da8 diese geschwefelten Produkte dem dunklen, einheimischen Backobst keinesivegs an Geschmack und Aroma, sondern ledig- lich an schonerer Farbung iiberlegen sind”, hatte Beythien den weiteren SchluB gezogen, daB dieselben nicht eine bessere Beschaffenheit, sondern nur den tauschenden Anschein einer solchen besitzen. Das ist aber nach dem Autor „das Tatbestand- merkmal der Verfalsehung, denn gleichwie bei der kiinstlichen Farbung der Wurst, kommt es nicht darauf an, ob das Mittel sofort den Schein besserer als der wirklichen Beschaffenheit geben solle, oder bezweckt, daB spater, wenn die Ware durch Altern im regelmaBigen Verlaufe unansehnlich zu werden pflegt, der Anschein noch frischer Ware erhalten werden soli”. Nach dem Erachten Beythiens ist die Schwefelung der Fruchte weit mehr zu verwerfen als diejenige des Fleisches, da der bei letzterem im gewissen Grade vorhandene Notstand nicht besteht! Auch Schmidt 3 ) schlieBt sich im allgemeinen den An- schauungen Beythiens an, nur glaubt er, daB durch das Schwefeln zu mindestens die MSglichkeit bestehe, minder- \vertigem Obste ein besseres Aussehen zu verleihen und darauf hin die Frage zu untersuchen sei, ob darin nicht ein VerstoB gegen die allgemeinen Bestimmungen des Nahrungsmittel- gesetzes erblickt werden muB. Zieht man nun die verschiedenen Griinde, welche vom Standpunkte der Nahrungsmittelkontrolle gegen das Schwefeln des Obstes voi’gebracht wurden, in Ervvagung, so mufi man 1) Berioht des Hyg. Institutes Hamburg 1898/99. 2) Zeitschrift fur Untersuoh. der Nahrungs- und GenuBmittel 1904, S. 45. 3) a. a. O., S. 282. 115 wieder einmal zur Ueberzeugung gelangen, daB zur Ldsung gewisser Fragen der Nahrungsmittelkontrolle unbedingt auch einschlagige chemisch-technische Erfahrungen erforderlich sind. Im Laufe dieser Arbeit wurde zur Geniige der Bevveis erbracht, daB zur Bereituug der Priinellen und iiberhaupt bei dem natiirlichen Trockenverfahren das Schwefeln des Obstes ein unentbehrliches technisches Hilfsmittel ist, ohne welchem so wertvolle typische Produkte nicht erzeugt werden konnen. Diese Produkte finden nicht nur zur Kompottbereitung ihre Verwendung, sondern werden auch in rohem Zustande gerne genossen und sind wegen ihrer vorziiglichen Eigen- schaften gerne gesucht und gut bezahlt. Auch Beythien, wie aus seinem Referate zu entnehmen ist, erhielt seinerzeit nach Befragung auslandischer Gewahrs- leute den Bescheid, „daB es ohne schweflige Saure iiberhaupt nicht geht”, aber trotz alledem glaubte er auf Grund seiner friiher erwahnten Beobachtungen, beziehungsweise Feststellungen, daB Pflaumen und Ringapfel keine schweflige Saure enthalten, auf diesen Bescheid kein besonderes Gewicht legen zu miissen. Hatte jedoch Beythien auch liber diesen Umstand einen Obst- techniker befragt, so hatte er diesbeziiglich andere Aufschliisse erhalten. Die Pflaumen werden nicht auf natiirlichem, sondern auf kiinstlichem Wege getrocknet. Pflaumen und Priinellen stellen daher auch beziiglich ihrer Qualitat zwei ganz verschiedene Produkte der Dorrobstindustrie dar. Auch bei der Bereituug der Priinellen konnte man am Ende das Obst ohne zu schivefeln im Dorrapparate zu Dauer- ware trocknen. Ein solches Produkt aber ware, was die Qualitat betrifft, weit davon entfernt, die Priinellen zu ersetzen und konnte nur als mindemvertige Ware um billigen Preis trotz erhohter Erzeugungskosten in den Handel gelangen. Beziiglich der Aepfelringe ware einzuwenden, daB erstens der grofite Teil der im Handel vorkommenden Ware tatsiichlich geschvvefelt ist und nur wegen des geringen Gehaltes an schwefliger Saure von vielen Nahrungsmittelchemikern als nicht geschwefelt er- klart wird. Zweitens, daB die Aepfelringe wegen ihrer chemischen Zusammensetzung und wegen ihrer Struktur sich auch ohne Schwefeln viel leichter und vollstandiger trocknen 116 und auch mit anderen chemischen Mitteln — manche Obstsorten sogar ohne besonderer Beihilfe — schon bleichen lassen, was bei den Zwetschen, Aprikosen etc. bis jetzt noch nicht gelungen ist. Ebenso ist uns zu beweisen gelungen, daB die in normal getrockneten Priinellen vorhandene schweflige Saure nicht als Konservierungsmittel im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes an- gesehen werden kann, nachdem eine gut getrocknete Ware mit 28 bis 30°/ 0 Wasser und frei von schwefliger Saure sich gut und auf lange Zeit konservieren liiBt, wahrend schlecht ge¬ trocknete Priinellen auch mit hohem Gehalte a n schwefliger Saure keine Dauerware zu geben vermogen. Demzufolge ist auch das Schwefelverfahren beim Dorrobste unter einem ganz anderen Gesichtspunkte zu beurteilen, als das von den Fleischern aus ganz anderen Griinden iibliche Versetzen des Hack- und Schabefleisches, sowie ge\visser Wurstfiillungen mit Konserve- salz. Somit wird auch die weitere Behauptung, daB das Scliwefeln des Obstes deswegen als Verfalschung zu erklaren sei, weil dadurch bloB der Anschein der Frische zu erhalten bezweckt werden soli, hinfallig. Diese Behauptung wiirde iibrigens, strenge genommen, auch der Tatsache \vidersprechen, da, \vie jeder Praktiker weiB, das gebleichte Obst durch das Altern immer dunkler wird, und dadurch im Vergleiche zum Backobst sein Alter leicht verrat. Durch Behandlung des frischen Obstes mit Schwefligsauredampfen \vird dasselbe naturgemaB gebleicht; es bekommt eine gleichmaBige liehte, die Priinellen eine gold- gelbe Farbe, welche jedenfalls dazu beitragt, die Ware viel appetitlicher und sauberer erscheinen zu lassen. Bei normal geschwefeltem Obst kann der Praktiker sogar auch aus dem Aussehen der Ware die Qualitat besser beurteilen, als beim gew5hnlichen Dorrobst der Fali ist. Aber, sowie der Praktiker, lafit sich auch der kleine Konsument bei seinem Einkaufe von der Farbe des Obstes allein nicht irrefiihren und erfahrungsgemaB macht er auch von der Kostprobe gerne und ausgiebigen Gebrauch, bevor er seine Wahl trifft. Durch diese fallt es aber dem Konsumenten nicht schwer, die Qualitat des Obstes zu beurteilen und zur Ueberzeugung zu gelangen, daB gerade diese verponten Erzeug- nisse so\vohl im Geschmack als im Aroma viel feiner sind, als das dunkle Backobst; ja in der Qualitat weit besser sind, als dasselbe Obst, welches kiinstlich ohne Schwefeln gedorrt 117 wurde. Ein maBgebendes Urteil dariiber braucht nieht erst der Fachmann zu geben, dasselbe wurde bereits vom konsumieren- den Publikum selbst gefallt. Man sieht daher, daB das Schwefeln des Obstes ebensowenig eine Vortauschung ist, wie z. B. bei der Zuckerindustrie das Zusetzen von Ultramarin in den ver- koehten Klarsel, behufs Erhdhung der weiBen Farbe des Zuckers oder die Anwendung des Kochsalzes usw. zum Bleichen gewisser Dorrobstsorten, als eine Verfalschung bezeichnet werden kann. Wollte man aueh den Anschauungen Bejthiens und Schmidts beipflichten, daB durch das Schwefeln die Moglichkeit besfehe,minderwertigemObst ein besseres Aussehen zu verleihen, dann miiBte man zu der logischen SchluBfolgerung gelangen, daB auch das einfacbe Dorren des Obstes zu verbieten sei, da dadurch das Obst eine solche Farbe annimmt, daB eine Unter- scheidung derQualitat nach dem Aussehen zur Unmoglichkeit wird. Alle bis jetzt ins Treffen gefiihrten Argumente sind daher bei einer noch so strengen Handhabung des Nahrungsmittelgesetzes nicht geniigend, um das rationell bereitete geschwefelte Dorrobst im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes als gefalscht beanstanden zu konnen. 2. Ergebnisse der in den Jahren 1902 und 1903 aus- gefuhrten Kontrolle iiber die Erzeugnisse der Gorzer Prunellenindustrie. Anhaltspunkte zu d er en Beurteilung. Es gilt, wie bereits er\vahnt, als eine alte Begel, daB im allgemeinen ein besseres Obst auch ein besseres Dorrprodukt liefert. Dies trifft zweifellos bei dem geschwefelten Obste, speziell aber bei den Priinellen zu. Es ist daher leicht begreiflich, daB die Erzeugnisse dieser Hausindustrie je nach dem Ausfalle der Ernte und nach dem Produktionsorte in der Qualitat verschieden seien und auch nach der Bereitungsweise, besonders was das Schwefeln und Trocknen • des Obstes anbelangt, im Sclrvvefligsauregehalte variieren konnen. Um bei dem jetzigen Stande der Industrie die Beschaffenheit der Priinellenerzeugnisse, sowohl bezuglich der Qualitat, als auch des Schwefligsauregehaltes, richtig beurteilen zu konnen, unterzogen wir seinerzeit die Gesamt- produktion dieser Industrie einer eingehenden Kontrolle und mit Rucksicht auf die Verschiedenheit des zur Verarbeitung 118 gelangten Rohmateriales, wahlten wir hierzu die Kampagnen 1902 und 1903. Die Zwetschenernte war im Jahre 1902, wie bereits erwahnt, qualitativ wie quantitativ eine aufierordentlich giinstige, wahrend im Jahre 1903 infolge der Fehlernte, zur Priinellenbereitung aus- schlielilich importiertes Obst aus Krain, Kroatien und Slawonien verwendet wurde. Behufs Ausfiihrung dieser Kontrolle wurden von allen wichtigen Erzeugungsorten des Landes bei Grofi- und Klein- produzenten, sowie auch am Marktplatz und bei grofieu Ex- porteuren Muster entnommen und noch im frischeii Zustande auf ihren Gehalt an Wasser, schvvefliger Saure, Gesamtsaure und Zucker gepriift. Die diesbeziigliehen \vichtigsten Resultate sind in den Tabellen Nr. XI und XII verzeichnet. Wie vorauszusehen war, zeigte sich vor allem ein gewaltiger Unterschied in der Qualitat der Produktion der Jahre 1902 und 1903, namlich zvvischen jener Ware, welche aus einheimischen und jener, welche aus importiertem Obst erzeugt worden war. Dem vorziiglichen Rohmaterial, welches der Industrie im Jahre 1902 zur Verfugung stand, war auch die Ware, welche trotz einer intensiven Produktion, trotz der notwendigen In- anspruchnahme wenig geschulter Arbeitskrafte, am Markt ge- bracht wurde, durchaus entsprechend. Fast alle untersuchten Muster, einerlei ob von Grofi- oder Kleinproduzenten stammend, waren in der Qualitat tadellos, normal getrocknet und geschwefelt. Der Sclrvvefligsauregehalt der untersuchten Partien, worunter viele auch zweimal ge- schwefelt waren, schwankte zwischen 6 und 45 mg pro 100 g Substanz. Der Hochstbefund war 45 mg, der durchschnittliche Gehalt etwa 50 verschiedener Muster 25 mg. Der Wassergehalt schwankte z\vischen 26 bis 34°/o- Aus dem Gesamtsauregehalte der Muster war ferner zu ersehen, dafi, ob\vohl beim Trocknen ein Teil der schwefligen Saure in Schwefelsaure iibergeht, der Gesamtsauregehalt der Priinellen niclit bedeutend erhoht wurde. Anders gestaltete sich die Priinellenproduktion im Jahre 1903 durch die Verarbeitung fremden minderwertigen Obstes. Die meisten Waren, besonders jene nicht im Lande selbst verarbeiteten, waren ungeniigend getrocknet, darunter einige Partien so wasserhaltig, dafi diese sich unmoglich als „haltbare Ware” fur den Konsum eigneten. 119 Infolge eines mangelhaften Trocknens zeigten die meisten Partien auch einen verhaltnismaBig hohen Schwefligsaure- gehalt, welcher sich jedoch, mit wenigen Ausnahmen, immer noch innerhalb der erlaubten Grenzen, d. h. unter 125 mg pro 100 g Substanz bewegte. Mchtsdestoweniger aber stellte ein grofier Teil dieser Produkte keine handelsfahige Ware dar und im grofien und ganzen waren die aus dem importierten Obste bereiteten Priinellen in der Qualitat weit minderwertiger als die einheimischen Erzeugnisse, welche die Industrie fiir ge- w6hnlieh auf den Markt zu bringen pflegt. Das Ergebnis dieser einfachen Kontrolle hat nun einerseits bewiesen, daB unsere alfe, bis jetzt rein empirisch arbeitende Hausindustrie auch beziiglich des Schwefelns nicht „gewissenlos” vorgeht und der gute Ruf ihrer Erzeugnisse tatsachlich begrundet, anderseits aber, daB die Industrie in technischer und hygienischer Richtung noch vieler Verbesserungen be- durftig ist, zu deren Ausfiihrung die Ergebnisse der vorliegenden wissenschaftlichen und praktischen Ver- suche den Fingerzeig geben. Ferner, daB dieEinfuhrung einer angemessenen Marktkontrolle auch im Interesse der Industrie gelegen ware. Anhaltspunkte fiir die Beurteilung der Priinellen bezuglich ihres Schwefligsauregehaltes. In vollem Ein- verstandnis schlieBen wir uns der Ansicht unserer deutschen Kollegen an, indem wir der Notwenaigkeit beipflichten, daB die Erzeugnisse der Dorrobst- und speziell der Priinellen- industrie, als Hausindustrie, unbedingt einer angemessenen, dabei aber strengen Kontrolle unterzogen werden miissen, um verhindern zu konnen, daB sowohl von Seite der Produzenten, als auch der Handler Waren dem Konsum iibergeben werden, welche den Anforderungen der Hygiene und des Handels nicht vollauf entsprechen und nur den guten Ruf der Industrie schadigen wiirden. Dies gilt aber besonders fiir den Trocken- zustand und den Schwefligsauregehalt des Obstes. Es solite daher in erster Linie streng darauf gesehen werden, daB nur normal getrocknete Waren in den Handel gebracht werden, da erstens das Obst sonst iiberfliissigerweise bedeutende Mengen schweflige Saure enthalten kann und, wie wir oft betont haben, ein ungeniigend getrocknetes Obst auch durch starkes Schwefeln keine Dauer\vare liefert und nur allzuleicht zu unlauteren Manipulationen Veranlassung gibt. Priinellen mit mehr als 31% Wassergehalt sollten dahei’ unbedingt zum Konsum nicht zugelassen iverden. Boziiglich des Schivefelns des Obstes solite dieses Ver- fahren nur in dem MaBe, als es fur die rationelle Bereitung der verscliiedenen Dorrobstsorten erforderlich ist, erlaubt sein und dementsprechend sollten auch fur die verschiedenen Er- zeugnisse der Industrie nur solche Schwefligsauregehalte als zulassig angenommen \verden, welche, abgesehen von den gestellten Anforderungen der Hygiene, dureli eine rationelle Bereitungsweise des Obstes selbst bedingt werden. Auf diese Weise iviirde man auch jedem MiBbrauch mit dem Schwefeln, sei er beabsichtigt oder unbeabsichtigt, den Riegel vorschieben. Speziell fiir die Priinellenindustrie als Hausindustrie darf man allerdings bei Feststellung dieser Grenze nicht unberucksichtfigt lassen, dafi dieselbe manchmal mit ungiinstigen Witterungs- verhiiltnissen zu kampfen hat und unter solchen Umstanden auch der Schwefligsauregelialt der Priinellen et\vas hoher als sonst ausfallen muB. Nach unseren Erfahrungen aber lafit sich unter normalen Verhiiltnissen durch eine rationelle Anwendung des Sch\vefelverfahrens der Schwefligsauregehalt gut getrockneter, frischer Ware von 60 bis hochstens 35 mg herunterbringen und nur bei ungiinstigen Witterungsverhalt- nissen, wahrend der Trockenperiode, kann derselbe auf 60 bis hochstens 70 mg pro 100 g Substanz steigen. Zu diesen giinstigen Resultaten konnte aber auch die Industrie gelangen, wenn die Produzenten liber das Wesen des Sehwefel- und Trockenverfahrens entsprechend belehrt und auf die Nachteile und eventuellen Gefahren, die ein iibermafiiges Schivefeln mit sich bringt, aufmerksam gemaclit werden wiirden. Fiir die Bediirfnisse dieser Industrie und gleichzeitig als deren Schutz geniigt daher vollauf die hochst zu- lassige Grenze fiir den Schwefligsaur egehalt der Priinellen mit 60 bis hochstens 70 mg pr o 100 g Substanz festzustellen. 3. Die schweflige Saure in den Priinellen vom hygienischen Standpunkte aus beurteilt. Die Losung dieser wichtigen Frage fallt naturgemaB der ausschlieBlichen Kompetenz der maBgebenden medizinischen 121 Sachverstandigen zu, velche bereits festgestellt haben, dafi die schwe£lige Saure und ihre Salze, sowolil furMenschen als Tiere unter Umstanden giftig 1 ) seien, auch wenn dieselben inLosungin den Magen gelangen, jedoch sind sie dariiber noch nicht einig, ob und bis zu welchem Mahe die praktiseh in Frage kommen- den Mengen schwefliger Saure, welche in einigen unserer wichtigsten Nahrungsmitteln enthalten sind, ohne Schaden dem Organismus zugefuhrt werden konnen. Diese Frage ist auch mehrmals Gegenstand der Erorterung gevvesen, und wurde in letzterer Zeit um so komplizierter und schwieriger, als sieh nach den Untersuchungen Schmidts 2 ) und Rippers, 3 ) von Farnsteiner, 4 ) Fresenius und Griinhut 5 ) und Kerp, 6 ) ergab, dafi in vielen Nahrungsmitteln die schweflige Saure nicht nur als freie Saure, sondern auch organisch gebunden vorkommt; und in diesem Zustande sich diese Saure chemisch anders ver- halt als in den schwefligsauren Salzen; ferner als nach den Beobachtungen von Marischler 7 ) und Leuch 8 ) erwiesen wurde, dah speziell im Wein eine dieser Verbindungen, die aldehydschweflige Saure, fur den menschlichen Organismus bei weitem unbedenklicher ist, als die freie Saure. 1) Aeltere therapeutische Versuehe von Bernatzig und Braun (Wien. Medizinische Woohensohrift 1869) mit schwefliger Saure ergaben, dafi davon 80 bis 109 mg, auf 24 Stunden verteilt, von Menschen sehr schlecht vertragen werden. L. Pfeiffer wies zuerst nach, dah die sehvreflige Siiure ein spezifisches Gift fur die nervosen Elemente des menschlichen Korpers ist und daB mehrere gesunde Leute bereits nach dem Genusse von 125 mg sehwefliger Saure deut- liche Storungen des Wohlbefindens zeigten. Kienke (Zeitschrift fur Hyg. und Iufektionskrankheiten 1896) fand ebenfalls, daB bereits kleine Mengen von 0 ' 025 % schweflige Saure im Fleische im Laufe der Zeit sehvrere Schadigungen verschiedener Organe hervorriefen. A. Schulze (Deutsche Medizinische Woehenschrift 1902) bat in letzter Zeit dureh Tierversuohe nachgewiesen, daB 75 bis 175 mg schvveflige Saure gesundheitssohadlich vrirken. 2 ) Schmidt (Die Weine des herzoglichen Kabinettkellers 1892). 3 ) Ripper (Jour. prakt. Chem. 1892, S. 428). 4 ) Farnsteiner (Zeitschrift fur Untersuchung der Nahrungs-und GenuB- mittel 1903, S. 1124 und 1904 S. 449). 5 ) Fresenius und Griinhut (Zeitschrift fur analyt. Chem. 1903. S. 33). 6 ) Kerp (Zeitschrift fur Untersuchung der Nahrungs- und GenuBmittel 1903, S. 66 und Arbeiten des kaiserlichen Gesundheitsamtes XXI, 1904). 7 ) Marischler ("iViener Klinische Wochenschrift 1896). 8) Leuch (Korr.-Blatt fiir Schweizer Aerzte 1895). 122 Zu nicht minder interessanten Ergebnissen liber die pharmakologische Wirkung dieser Verbindungen gelangten in letzterer Zeit Dr. Rost und Dr. Franz 1 ) durch ihre Versuche mit einigen im Laboratorium des kaiserlichen Gesundheits- amtes bereiteten chemisch reinen Verbindungen von Formaldehyd-schwefligsaurem Natrium Acetaldehyd- „ „ Glukose- „ „ Aceton- „ „ Nachstehend die SchluBfolgerungen der genannten Autoren: 1. Das hauptsachliche Ergebnis vorliegender Versuche ist zunachst die Feststellung, daB die schweflige Saure durch ihre Anlagerung an Aldehyde, Zucker und Aceton ihre giftigen Eigenschaften fiir alle Verhaltnisse keineswegs verliert. Die Additionsprodukte sind weder umvirksam, wie von mancher Seite behauptet worden ist, noch kommt ihnen eine eigenartige, von den Eigenschaften der Einzelbestandteile unabhangige "VVirkung zu, sondern sie wirken ihrem Wesen nach nicht anders als das schwefligsaure Natrium, beziehungsweise die schweflige Saure. 2. Die Losung der in den gebundenen schwefligen Sauren vorhandenen organischen Bindung ist die notwendige Vor- aussetzung fiir den Eintritt der Wirkung. Die Schnelligkeit, mit der diese Zerlegung vor sich geht, bedingt die Menge und die Konzentration des sich abspaltenden wirksamen, fiir alle untersuchten Verbindungen einheitlichen Bestandteiles und damit die Starke der Giftwirkung und die Schnelligkeit des Eintrittes derselben. 3. Die unter den eingehaltenen Versuchsbedingungen fest- gestellte Giftigkeitsreihe verlauft gleichsinnig der Reihe, in welche sich die betreffenden vier Verbindungen nach ihrem in wasseriger Losung stufenweise vor sich gehenden Zerfall ein- ordnen, gemessen an dem durch Jodlosung (bei gewohnlicher Temperatur) titrierbaren Anteil der gebundenen schwefligen Saure. J-) Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte XXI, 1904, S. 312. 123 Nach dieser feurzen Schilderung der Sachlage, ist es einer- seits ein Gebot der Vorsicht, anderseits aber recht tmd billig, solange man durcb exakte klinisehe Versuche die physiolo- gische Wirkung der schtvefligen Saure, beziehungsweise deren organischen Verbindungen, nicht genau ermittelt hat, daB vom gesundheitlichen Standpunkte, bei der Feststellung der noch zulassigen Maximalgrenzen fiir schweflige Saure in Nahrungs- mitteln —- unter Zugrundelegung der bis jetzt auf hygienischem Gebiet gesammelten Erfahrungen — von folgenden allgemeinen Grundsatzen ausgegangen werde: 1. DaB [das Schwefeln der Nahrungsmittel, wenn es zur Darstellung und Konservierung nicht unbedingt notwendig ist, verboten werde. 2. Nur bjei Nahrungsmitteln, zu deren Darstellung und Konservierung sich die Ahwendung der schwef- ligen Saure als eine absolute technische Notwendig- keit erwiesen hat, solite das Schivefelverfahren ge- stattet sein, jedoeh bloB in solchem MaBe, daB die Produkte nicht hohere Gehalte an freier, beziehungs- weise an gebundener schwefliger Saure aufweisen, als sie sich durch eine rationelle Bereitungsweise von selbst ergeben. Erfreulicherweise ist nun zu konstatieren, daB auch die meisten medizinischen Sachverstandigen und die Sanitats- behorden bis jetzt bei der gesundheitlichen Beurteilung der noch zulassigen Schwefligsauremengen in Nahrungsmitteln diese Grundsatze nicht ganz unberiicksichtigt liefien und somit bestrebt \varen, soweit als rnoglich die Anforderung der Hygiene mit den Bedurfnissen des Handels und der Industrie in Einklang zu bringen. Ein leuchtendes Beispiel hiefur bieten uns die fiir sich sonst sehr strenge gehaltenen zwei Gutachten „iiber die Beurteilung des Weines” der Wiener medizinischen Fakultiit vom Jahre 1887, beziehungsweise des Obersten Sanitatsrates, 1 ) welche Gutachten sich hauptsachlich auf die therapeutischen Versuche Bernatzig und Braun, beziehungsweise auf spater bekanpt gewordene Forschungen stiitzen, jedoeh auf Grund eingeholter Gutachten von maBgebenden Oenotechnikern wurde der zu- i) Oesterr. Chenaiker-Zeitung 1899, S. 38. 124 lassige Gehalt des Weines an freier schwefliger Saure mit nur 8 mg pro Liter festgestellt, beziehungsweise im zweiten Gut- achten der Maximalgehalt an organisch gebundener schwefliger Saure mit 200 mg pro Liter angenommen. Letzterer haupt- sachlich mit Rucksicht darauf, daB eventuell leicht Verfal- schungen mit kiinstlicher aldehydschwefliger Saure erfolgen konnte. Nur Medizinaiweine diirfen keine schweflige Saure enthalten. Zweifellos gingen auch die deutschen Sanitatsbehorden bei Bestimmung des Maximalgehaltes des Dorrobstes an scliwef- liger Saure von denselben Anschauungen aus, nur zogen sie, unserem Dafiirhalten nach, wahrscheinlich infolge der damals noch zu wenig vorliegenden Erfahrungen, die Maximalgrenze etwas zu hoch, d. h. hoher als die Industrie im allgemeinen tatsachlich erfordert. Zur Losung der Frage, speziell was das geschwefelte Dorrobst betrifft, hat daher nicht nur der Hygieniker, sondern auch der Chemiker noch ein Wort zu sprechen, letzterer namlich insoweit es sich darum handelt, die Frage vom rein chemischen, beziehungsweise chemisch-technischen Standpunkte aus richtig zu beleuchten. Dies war auch eine der Aufgaben unserer Arbeit, selbstverstandlich insoweit diese die Gorzer Priinel- lenindustrie betrifft. A.Beziiglich des chemischen Verhaltens der schwef- ligen Saure in den Prunellen lafit sich aus dem im vor- stehenden Kapitel gelieferten Beitrag zum Studium der oi-ga- nisch gebundenen schwefligen Saure im Dorrobste entnehmen, daB im geschwefelten und normal getrockneten Dauerobst, die schweflige Saure, abgesehen von Spuren freier Saure, nur in organischen Verbindungen vorkommt, iiber deren nahere Zusammensetzung noch nichts Positives bekannt ist, in ihrem chemischen Verhalten jedoch bereits soweit erforscht sind, um ivichtige Anhaltspunkte flir das weitere Studium der physio- logischen Frage zu gewahren. Diese Verbindungen gehoren jedenfalls der Gruppe der aldehydschwefligen Saure an, sie besitzen dieselben Eigen- schaften, namlich gegen Oxydationsmittel sehr bestandig zu sein und durch Wasserzusatz in oxydierbare schweflige Saure- verbindungen leicht zu zerfallen. Ihre Bestandigkeit aber in wasseriger Losung scheint unter Umstanden eine geringere 125 als die bei der aldehydschwefligen Saure beobachtete zn sein und in dieser Beziehung reihen sich diese Verbindungen eher der glukoseschwefligen Saure 1 ) an. Die letztertvahnte Eigenschaft dieser Stoffe scheint aber fur deren pbarmakologisches Verhalten von eminenter Be- deutung zu sein, da Dr. Rost bei Einhaltung gewisser Ver- suchsbedingungen erwiesen hat, daB die physiologische Wirkung von ahnlichen rein dargesteilten Verbindungen lediglich von dem abgespalteten wirksamen Bestandteil, der schwefligen Saure, abhangt, und daher die Starke der Giftwirkung und die Schnelligkeit des Eintrittes derselben von der Schnelligkeit, mit der diese Zerlegung vor sich geht, bedingt wird. Unter dieser Voraussetzung lassen sich aus dem chemischen Ver¬ halten der im Obste vorkommenden Schwefligsaurever- bindungen manche neue und wichtige Momente gewinnen, Avelche auch die physiologische Frage von einem neuen Ge- sichtspunkte erscheinen lassen. und unserer Meinung nach, auch bei Anlegung klinischer Versuche nicht unberiicksichtigt bleiben diirfen. Der Dissoziationsgrad und die Geschnvindigkeit in der Zersetzung der im Dorrobste vorkommenden Verbindungen werden, wie wir gesehen liaben, von vielen bis jetzt noch un- bekannt gewesenen auBeren Faktoren wesentlich beeinfluBt, welche auch mit dem Ernahrungsprozesse in einem gewissen Zusammenhange stehen. Als besonders wichtig wollen wir hier zuerst den EinfluB des Extraktgehaltes der wasserigen Obst- ausziige auf den Bestandigkeitsgrad der Schwefligsaurever- bindungen in verdiinnten Losungen erwahnen, welcher EinfluB sogar so weit geht, daB das Bestehen dieser Verbindungen iiberhaupt davon abhangig ist. Demzufolge miiBten sich diese Verbindungen beim Obstgenusse pharmakologisch ganz anders verhalten, als wenn dieselben in reiner wasseriger Losung — angenommen, daB die Darstellung dieser Stoffe gelingen wiirde — in den Magen gelangen. Nicht minder wichtig sind die Beobachtungen, daB der Dissoziationsgrad der Sclnvefligsaureverbindungen in Dorr- !) Damit ist aber noch nicht bevviesen, daB die im Dorrobst vorkommenden Verbindungen mit der glukoseschwefli?en Saure identisch seien. Wir betonen dies hier nochmals, da Dr. Rost in seinen SchluBbetrachtungen (Seite 352) es als eine gevvissermaSen enviesene Tatsaehe hinstellt. 126 obstauszugen nicht vom Gehalte an gebundener Saure abhangt, sondern daB derselbe, entgegen den jetzigen Anschauungen, durch das Vorhandensein von organischen Sauren, speziell aber von Mineralsauren, stark herabgedriickt wird: ein Moment, welches auf das Schicksal dieser Verbindungen bei dem Ver- dauungsprozeG jedenfalls auch bestimmend wirkt. Wir sahen ferner, daB, wenn die Konzentration der Aus- ziige fur den Bestand der Schwefligsaureverbindungen hin- reichend ist, der Zerfall, gleichgiltig, ob bei normaler oder Bluttemperatur, viel langsamer vor sich geht, als angenommen wird. so daB der Gleichgewichtszustand erst nach vielen Stunden erreicht wird. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daB diese langsam vor sich gehende Abspaltung des wirksamen Bestand - teiles auch im Organismus stattfindet, was die schadliche Wir- kung dieser Verbindungen jedenfalls stark herabmindern wiirde. Die von Dr. Rost wiederholte Kerpsche Behauptung, daB bei aceton- und glukosesctnvefliger Saure sich der „stufenweise Zerfall” bis zu Ende fiihren laBt — was jedenfalls auch ein wichtiges Moment ware — konnten wir bei Obstauszugen nicht bestatigt finden, da auch durch Fortsetzen der Titration mit Jodlosung ein Teil der Schwefligsaureverbindungen nicht oder bloB in belanglosen Mengen weiter zersetzt werden kann, selbstverstiindlich immer unter der Veraussetzung, daB der erforderliche Extraktgehalt vorhanden sei. Durch Anwendung hoherer Temperaturen erreicht man, wie unsere Versuche gezeigt haben, allerdings einen schnelleren Zerfall der organischen Verbindungen, jedoch keinesfalls einen vollstandigen, wie bis jetzt behauptet wurde, da auch in diesem Falle die Spaltung ungefahr nur so weit fortschreitet, bis der Gleichgewichtszustand im Auszuge erlangt ist. Dieser Erscheinung aber, in Verbindung mit dem weiteren Verhalten der gebun- denen schwefligen Saure, namlich nach dem Erhitzen eine groBere Bestandigkeit gegen Wasser und Oxydationsmittel zu erlangen, kann man eine gewisse px*aktische Bedeutung nicht absprechen, wenn man bedenkt, daB diese Prozesse bei der Kompottbereitung tatsachlich vor sich gehen und die schvveflige Saure erst in diesem Zustande dem Organismus zugefuhrt wird. Durch praktische Versuche trachteten wir auch das Schick¬ sal der gebundenen schwefligen Siiure bei der Bereitung der Priinellen als Kompott zu verfolgen und dabei gelang es uns — 127 festzustellen, da!3 bei der Kompottbereitung nacli unseren An- gaben durch das Kochen ungefahr % der Gesamtschwefligsaure entfernt wird, wahrend von der iibrig bleibenden Menge zirka 50% noch immer organisch gebunden sind und eine verhaltnis- maBig grofie Bestandigkeit gegen eine weitere Verdiinnung mit Wasser besitzen. Nach dieser kurzen Schilderung des cliemischen Verhaltens der organisch gebundenen schwefligen Saure in den Prunellen selbst, sowie in wasserigen Ausziigen und bei der Kompott¬ bereitung, ferner aus den Betrachtungen, welche wir iiber den moglichenveise vorhandenen Zusammenhang zwischen diesen chemischen Vorgangen und dem physiologischen Prozefi angestellt haben, ist zu ersehen, da!3 beziiglich des geschwefelten Dorrobstes die hygienische Frage sich als viel kompli- zierter und schwieriger als beim Wein gestaltet und zur Feststellung der pharmakologischen Wirkung der im Dorrobste vorhandenen Schwefligsaureverbin- dungen noch vielseitige exakte klinische Versuche er- forderlich sind, welche jedoch unter denselben Bedin- gungen angestellt werden miifiten, wie diese Stoffe tatsachlich mit dem Obste dem Organismus zugefuhrt werden. B. Die chemisch-technische Seite der Frage glauben wir im Laufe dieser Arbeit zur Geniige erortert zu haben, um ohne weiteres zu dem Ergebnisse zu gelangen, dafi: 1. das Schwefeln des Obstes bei der Bereitung der Prunellen ein unentbehrliches technisches Hilfs- mittel ist, welches, rationell angewendet, nur geringe Mengen schwefliger Saure im Obste hinterlaBt. Ein nachtragliches Schwefeln von bereits getrockneten Prunellen soli nicht erlaubt sein. 2. Bei einer rationellen Bereitungsweise enthalten Prunellen im frischen Zustande hochstens 70 mg Ge- samtschwefligsaure auf 100 g Substanz, so dafi die In¬ dustrie, bei Feststellung dieser Zahl als Maximalgehalt, gar nicht beengt, sondern vielmehr geschiitzt ware. Die jetzt geltende Grenze von 125 ing auf 100 g Substanz ist daher fiir die Prunellen und unserem Erachten nach fur das geschwefelte Dorrobst im allgemeinen als zu hoch gehalten. 128 3. Hohere Schwefligsauregehalte beweisen, daB das Obst entweder ungeniigend getrocknet war, oder daB man mit dem Schwefeln nicht richtig hauszuhalten verstand, oder daB unter Umstanden mit demselben unerlaubte Manipulationen vorgenommen wurden. 4. Fiir die hygienische Beurteilung der Priinellen solite auch ihr Wassergehalt maBgebend sein, da sonst Waren in den Handel gesetzt vverden konnen, welehe dem sicheren Verderben anheim fallen miissen und somit das Erhalten derselben leicht zu einer neuerlichen Schweflung verleiten konnte. 5. Durch das Lagern vermindert sich allmahlich der Schwefligsauregehalt der Priinellen, so daB unter Umstanden im Notfalle fiir die Gesamtschwefligsaure noch etwas niedrigere Grenzzahlen als die oben ange- fiihrten festgestellt werden konnten. 6. Bei der kiichenmaBigen Zubereitung der Prii¬ nellen vermindert sich der Schwefligsauregehalt der Friichte ungefahr um 3 / i , wenn nach den angefiihrten Weisungen vorgegangen wird, wahrend sich die Prii¬ nellen hingegen durch die Wasseraufnahme bei der Kompottbereitung ungefahr um das Doppelte ver- mehren. 7. Zur Bestimmung der Gesamtschwefligsaure im Dorrobste besitzen wir noch keine Methode, \velche den strengen Anforderungen der Hygieniker vollauf entsprache. Unter den jetzigen Verfahren kanu nur die Destilla ti ons methode empf ohlen w er de n, doch erhalt man auch nach dieser Methode weit niedrigere Gehalte an schwefliger Saure als im Obste tatsachlich vorhanden sind. Zur Marktkontrolle eignet sich hingegen die jodo- metrische Methode ganz gut. X. Untersuchung und Beurteilung der Priinellen. Mit Riicksicht auf die Bereitungsweise der Gorzer Prii¬ nellen, welche eine leichte Schwefelung erfordert und auf deren oft stark variierenden Wassergehalt, wodurch nicht nur 129 cler reelle Wert, sondern auch die Haltbarkeit der Ware ab- hangt, ferner in Anbetracht dessen, daB solche Ware, besonders wenn sie schlecht bereitet, beziehungsweise schlecht aufbewahrt wurde, leicht dem Verderben ausgesetzt ist und leicht zu un- lauteren Manipulationen Veranlassung geben konnte, erscheint es unumganglieh notwendig, daB aueh dieser Handelsartikel einer Kontrolle von Seite der Nahrungsmitteluntersuchungs- amter unterzogen werde. Die Qualitat des Dorrobstes lafit sich am besten nach dem Aussehen und durch eine Kostprobe beurteilen, wahrend die Fragen, ob das Dorrobst geniigend getrocknet und nicht iibermafiig geschwefelt wurde, nur durch die chemische Analyse beantwortet werden konnen, wie auch nur durch eine mikro- skopische Untersuchung festgestellt werden kanu, ob die Ware nicht bereits von Schimmelpilzen oder Fermenten befallen wurde. Gut bereitete Priinellen miissen gleichmafiig gebleicht sein, nicht, oder — wenn in geschlossenen Gefafien aufbewahrt — nur sehr schwach nach schwefliger Saure riechen, ebenso im Geschmacke die schweflige Saure nicht erkennen lassen. Eine Handvoll davon gepreBt, darf sich nicht zusammenballen, ge- schweige denn Wasser abgeben. Waren, welche von Milben und sonstigen Insekten ange- griffen oder schimmelig sind, oder bereits in Garung oder Faulnis iibergegangen sind, miissen vom Verkehre unbedingt ausgeschlossen werden. Die fiir die Untersuchung bestimmten Muster mufi man vollgefiillt in gut verschliefibaren Glasgefafien aufbewahren. Die chemische Untersuchung erstreckt sich hauptsachlich auf die Bestimmung des Wasser-, eventuell des Zucker- und Gesamtsauregehaltes, sowie auf den Schwefligsaure-, respek- tive Schwefelsauregehalt der Prunellen. Bestimmung des Wassergehaltes. Da die Prunellen sehr schwer ihr Wasser vollstiindig abgeben und beim Trocknen sehr leicht eine Zersetzung erfolgen kann, so empfiehlt es sich, fiir diese Bestimmung 20 g recht fein geschnittene Prunellen in einer Glasschale ungefahr 12 Stunden hindurch in einem Wassertrockenschrank ununterbrochen zu trocknen, zu wagen und dann wieder je zwei Stunden weiter zu trocknen, bis der Gewichtsverlust nicht mehr als 0'2°/o betragt. Gut getrocknete 130 Priinellen enthalten 25 bis 30% Wasser. Der Wassergehalt der Priinellen solite 31% nicht iibersteigen, da sonst dieselben leieht dem Verderben ausgesetzt sind. Die Bestimmung des Wassergehaltes ist daher in vielen Fiillen fiir die Beurteilung der Priinellen sowolil als Handelsware als auch vom hygieni- schen Standpunkte ebenso wichtig wie die Bestimmung der schwefligen Saure selbst. Zuckerbestimmung. Da der in den frisehen Zwetschen vorhandene Rohrzucker durch das Trocknen der bereits ge- schwefelten Friichte vollstandig invertiert wird, geniigt es, den Zucker direkt in dem Wasserauszug nach Meifil zu ermitteln und als Invertzucker zu berechnen. Der Zuckergehalt gut ge- trockneter Priinellen betragt durehschnittlich 43 bis 4 4%. Die Bestimmung der Gesamtsaure wurde in der Weise ausgefiihrt, daB 20 g der fein geschnittenen Priinellen ofter mit Wasser ausgekocht und unter Zusatz einer starken neutralen Lackmuslosung mit Vi Normallauge titriert wurden. Der Sauregehalt guter Priinellen, als Aepfelsaure berechnet, schwankt innerhalb der Grenzen: 2’5 bis 4%- Die Bestimmung der schwefligen Saure. Die bis jetzt als beste erkannte Methode fiir die Bestimmung der schwef- ligen Saure im Dorrobst ist das Destillationsverfahren, 1 ) welches ahnlich wie bei der Weinuntersuchung am besten in folgender Weise ausgefiihrt wird: Man versetzt 50 <7 der fein geschnittenen Substanz in einem ungefahr % ^ fassenden Kolben mit zirka 500 cm 3 de- stilliertem Wasser und etwa 5 cm 3 sirupdicker Phosphorsaure (Dichte 1 : 7) und laBt sie im Kohlensaurestrom unter Anwen- dung eines Kiiklers am Sandbade destillieren, nachdem vorher alle Luft aus dem Apparate verdrangt wurde. Als Vorlage dient ein Erlenmeyer-Kolbeii, welcher mit einem Varrentrap-Will- Rohr versehen wird. In allen Fallen geniigt es, den Kolben mit 30 bis 35 cm 3 , die Rohre mit 5 cm 3 Jodlosung (bereitet durch Auflosen von bg reinem Jod und 7 - 5 g Jodkalium in Wasser zu 1 l) zu beschicken. Die Destillation ist beendet, wenn unge- !) I 11 letzterer Zeit wurde von Schuhmaeher und Feder (Zeitschrift fiir Untersucli. der Nahrungs- und GenuBmittel 1905, S. 649) eine Modifikation des Destillationsverfahrens zur Bestimmung der schwefligen Saure in einigen Nahrungsmittelii empfohlen, welche wir zu iiberprufen niclit mehr Gelegenheit hatten und die dalier hier nur envahnt werden soli. 131 fahr 250 cm 3 iiberdestilliert sind. Obwohl sich bereits in den ersten 150 cm 3 beinahe die ganze Menge der schwefligen Saure vorfindet, so mufi die Destillation doch bis auf zirka 250 cm s Destillat fortgesetzt werden, damit die letzten Saurereste iiber- gehen, was im ganzen ungefahr 1 V 2 bis 2 Stunden dauert. Versuch: 50 g fein geschnittene Priinellen wurden mit 600 cm 3 aq. und 5 cm 3 sirupdicker Phosphorsaure der Destilla¬ tion untervrorfen: 1. Destillat bis 150 cm 3 . . . BaSO t = 0’1936 ab blind = 0’0034 0'1902 g entspreehend S0 2 = 0'05221 g 2. Destillat bis 250 cm 3 . . . Ba SO t = O'O092 ab blind = 0'0034 0 0058 g entspreehend S0 2 = 0'00159 g 3. Destillat bis 350 cm 3 . . . BaSO t = 0’0040 ab blind = 0'0034 0‘0006 g entspreehend S0 2 = 0 00016 g Sirnima . . . 0'05396 g Das noch braune Destillat wird amWasserbade mit Spiritus- lampe unter Zusatz von etwas Salzsaure stark eingeengt, wenn notwendig filtriert und daraus die Schtvefelsaure mit Chlor- baryum ausgefallt. Auf diese Weise geht die Fallung des Baryumsulfates auch bei geringem Schivefelsauregehalte sehr schnell und glatt vor sich, ohne daB, wie Schmidt angibt, 1 ) ein mehrstiindiges Stehen in der Warme erforderlich sei. Da die besonders aus Marmor bereitete Kohlensaure ge- wohnlich Schwefelwasserstoff enthalt, ist es selbstverstandlich, daB dieselbe vorher durch eine Kupfersulfatlosung gereinigt werden soli. Nichtsdestoweniger ist es unerlaBlich, mit den vorhandenen Reagentien auch einen blinden Versuch auszufiihren, da, \vie wir uns iiberzeugten, manchmal selbst mit den Reagentien allein sich Destillate mit 0'004 g schwefelsaurem Baryt, ent- sprechend 0'001 g schweflige Saure, ergaben. Ungeschwefelte, frisch getroeknete Zivetschen der Destil¬ lation untervvorfen, geben fur sich keine oder nur eine unbe- deutende Menge sclrvveflige Saure ab. i) a. a. O. S. 234. 132 Einmal geschwefelte und normal getrocknete frische Gorzer Prunellen enthalten hochstens 35 mg schwefligo Saure. Priinellen, \velche wegen ungiinstiger Witterung wahrend des Trocknens zwei- bis dreinial sehwach geschwefelt, zu allerletzt jedoch normal getrocknet \vurden, enthalten im frischen Zu- stande 60 bis hochstens 70 mg schweflige Saure auf 100 g Substanz. Ein hoherer Sauregehalt deutet schon auf eine iiber- maBige Schweflung hin, sei es im letzten Stadium des Trocknens oder zu einer spateren Zeit. Beim Altern vermindert sich allmahlich der schweflige Sauregehalt der Prunellen, so daB, ungefahr nach einem Jahre, dieselben nur Spuren davon enthalten. Fiir die Marktkontrolle eignet sich jedoch das bis jetzt angewendete in seiner Ausfiihrung sehr einfache titrimetrische Verfahren der schwefligen Saurebestimmung nach folgender Modifikation: 40 g feingewiegten Obstes werden in einen 500 cm. 3 Kolben gebracht, mit destilliertem, ausgekochtem Wasser bis zur Marke ubergossen. Die Mischung bleibt wahrend 2 Stunden unter haufigem Umschiitteln in dem verschlossenen Gefiifie bei Zimmeidemperatur stehen und wird nacbher durch ein Falten- filter filtriert. Zur Titration werden in eine Stopselflasche 50 cm 3 Normalnatronlauge gebracht und 100 cm 3 (von stark geschwefelten Prunellen geniigen 50 cm 3 ) des obigen Filtrates derart hinzugesetzt, daB die Pipettenspitze wahrend des Aus- laufens in die Lauge eintaucht. Nach zirka dreimaligem vor- sichtigen Umschwenken lafit man die Mischung 15 Minuten stehen. Hierauf setzt man zu der alkalischen Fliissigkeit 20 cm 3 verdunnte Schwefelsaure (1 : 5) und 2 cm 3 Stširkekleisterlosung hinzu und titriert die Fliissigkeit mit einer zirka Vioo Normal- Jodldsung, bis die blaue Farbe der Jodstarke nach einem kraftigen Schiitteln mindestens x / 4 Minute lang anhalt. Die nach diesem Verfahren erhaltenen Resultate fallen immer um etwas hoher, bis zu 18 mg, aus, als nach dem Destillations- verfahren. Demzufolge konnen alle jenePriinellenmuster, welehe nach diesem Verfahren einen unter der erlaubten Grenzzahl stehenden schwefligen Sauregehalt auf- weisen, ohne weiteres dem Konsume zugelassen werden. Die Muster hingegen, deren schweflige Saurege¬ halt die zulassige Grenze biszu 18 mg (auf 100 g Substanz) iiberschreiten, miissen als verdachtig einer genaueren 133 Untersuchung zugefiihrt werden, wahrend alle Waren mit einem noch hoheren Schwefligsauregehalt ohne weiteres als fiir den Konsum ungeeignet zu bean- standen sind. Im Zertifikate mufi jedenfalls neben dem Schwefligsaure- gehalte auch der Tag der Untersuchung des Musters angefiihrt werden. Bestimmung der fliichtigen Verbindungen der schwefligen Saure. 40 g der tein gewiegten Substanz werden, wie friiher angegeben, jedoch ohne Phosphorsaurezusatz der D estillation unterworfen. Das Destillat wird in einem 250 cm$ MeBkolben gesammelt, bis zur Marke gefiillt und erst nach 24 Stunden auf organisch gebundene schweflige Saure unter- sucht. Bei normal bereiteten tadellosen Priinellen findet man im Destillat 2 bis hochstens 13 mg (auf 100 g Substanz berechnet) schwef lige Saure als organisch gebundene vor,wahrend bereits ver- dorbene und durch Schwefeln wieder aufgefrischte Waren ge- •vvohnlieh iiber 12 mg gebundene schweflige Saure enthalten Bestimmung der Schwefelsaure in der Asclie. Es kommt manchmal vor, daB ungesehwefeltes Dorrobst auch geringe Mengen sclrvveflige Saure enthalt, wenn dasselbe mit geschwefeltem Obste zusammen getrocknet, oder neben dem- selben aufbewahrt wurde, was bei einer Kontrolle leicht zu Kontroversen fuhren konnte. Wir fanden z. B. bei solchen Mustern einen Schwefligsaure- gehalt von 0'002 bis 0'006°/ 0 vor, welcher Gehalt, \vie wir sahen, auch bei geschwefelter, besonders alterer Ware vorkommen kann. Um in solchen Fallen den sicheren Beweis erbringen zu konnen, daB das Obst wirklich geschwefelt wurde, geniigt daher nicht immer die Bestimmung der schwefligen Saure allein, sondern es ist notwendig, noch den Schwefelsauregehaltder Asche zu ermitteln, welcher, wie die folgenden Versuche (siehe Tabelle S. 134) zeigen, bei geschwefeltem Obste immer um Bedeutendes hoher gefunden wird. Um jedoch mit diesem Verfahren brauchbare Resultate erzielen zu konnen, ist es unumganglich notwendig, daB das Obst nicht iiber einer Gasflamme, wie iiblich, sondern iiber einer Spiritusflamme eingeaschert werde. Versuch: EinfluB des Einascherns iiber eine Gasflamme auf den Schwefelsauregehalt der Asche. Der Schwefelsaiu’egehalt der Asclie von imgeschwefeltem und von geschivefeltem Obste. 134 ■£ = O) pic £ ° •O O £ Q ^ n - 03 O to 60 bfi u :s OJ 2 na g .2 S) £ g CrQ ® CD C 5- 51C C t* - 3S C <4-< 03 S £ g S as %g .2 ® (N C') o o 03 05 > CS ž£ n ^5 o "£ "ai *€? .© 2 > © © £ fcfl g 13 "© G O 03 © © > a ao o| £2 ož © £2 C ,,H ” n © o |5 e-s © c .£ *© O © £ £ :£ :£ D4 O o, O, IX PL, d, : 135 Je 10 g eines alten Priinellenmusters, bereits frei von schwefliger Saure und mit einem Aschengehalt, von l*79°/ 0 , wurden in verschiedener Weise eingeaschert und darin, wie gewohnlich, die Schwefelsaure bestimmt. Schwefelsaure Berechnet auf 100 g Art der Einascberung: in der Asche Prunellen mg % Schwefelsaure 1. (Jeber einer Gasflamme zirka 8 Stunden . . . 23'11 414*5 '-■V „ „ „ 3 „ ... 16-36 293-5 3. „ „ Spirituslampe ... •.7-15 128-0 Daraus ersieht man, dafi der Schwefelsauregehalt nicht gescirvvefelter getrockneter Zivetschen hochstens 28 mg (1-5% der Asche) betragt, ivahrend bei den Prunellen derselbe meistens 100 mg, auf 100 g Substanz berechnet (10% der Asche), iiber- steigt. Bei dem Muster Nr. 3 ersieht man ferner, daB trotz des erheblichen Gehaltes an schwefliger Saure dasselbe nicht ge- schwefelt war, was der Tatsache auch entsprach. Die in dieser Arbeit ausgefiihrten sonstigen Untersuchungen wurden nach den ublichen Verfahren angestellt. Anhang. Obzwar wir nach den gemachten Erfahrungen zur Ueber- zeugung gelangten, daB es nicht so einfach sein wird das Schwefelverfahren bei der Gorzer Priinellenindustrie durch ein anderes ebenso wirksames, gleichzeitig aber auch einfaches und billiges Mittel zu ersetzen, ohne dafi diese Industrie vom Grunde aus eine Umgestaltung erfahren miiBte, und obzivar momentan gar keine Veranlassung vorhanden ist, gegen eine — naturlich rationelle — Anwendung des Schivefelns, weder mit Rucksicht auf die Anforderungen der Hygiene, noch die des Handels, Stellung zu nehmen, unterlieBen wir bei dieser Gelegenheit dennoch nicht Versuche anzustellen, ob die be- sonders bei der amerikanischen Dorrobstindustrie bis jetzt gemachten Erfahrungen gebleichtes Dorrobst — besonders Aepfelschnitten — ohne Schivefeln zu erzeugen, sich nicht auch fur die Gorzer Priinellenindustrie mit Erfolg zur Amvendung bringen lieBe. Es wurden z. B. Versuche mit Kochsalz und Alaunlosungen verschiedener Konzentration angestellt, jedoch ohne damit gunstige Resultate zu erzielen. Desgleichen war eine Reihe 136 von Versuchen mit verscliiedenen Salzlosungen und sonstigen Mitteln, welclie sowohl mit geschaltem als mit ungeschaltem Obste ausgefubrt wurden, bis jetzt von keinem praktischen Erfolg be- gleitet. Der Vollstandigkeit halber stellten wir ferner auch einige Versuclie mit verschiedenen Losungen von Sulfiten und Disulfiten an, hauptsachlich um zu ersehen, ob sich bei einer entsprechend giinstigen Wirkung ein vielleicht noch geringerer Schwefligsaure- gehalt des Obstes erzielen lieBe. Aber auch dieses Verfahren, welches in Amerika sehr verbreitet ist — besonders die An- wendung von Natriumbisulfit 1 ) — ist nicht zu empfehlen, da abgesehen von manchen technischen Nachteilen im Vergleiche zum Schwefeln, die Anwendung desselben fiir den Kleinbetrieb viel umstandlicher und kostspieliger ist, ohne dadurch eine nennenswerte Verminderung der schwefligen Saure in den Priinellen zu erzielen. Es sei hier als Beispiel nur das Ergebnis einiger dieser Versuclie angefiihrt: 1. Mit einer l°/ 0 igen Natriumbisulfitlosung bei einer Ein- wirkungszeit von 4 Minuten gelang es uns allerdings im Aus- seben ganz tadellose Priinellen zu erzeugen, jedoch mit einem Schwefligsauregehalt von 0'026%, bei einem Wassergehalte von 26'8°/ 0 . 2. Ein ahnlicher Versuch, wobei die mit Bisulfit behan- delten Zwetschen nachher mit Wasser geivaschen wurden, ergab ein ungunstiges Resultat. 3. Mit einer 2%igen Natriumsulfitlosung bei 4 Minuten Einwirkungszeit blieb das getroeknete Obst ganz braun und zeigte einen Schwefligsauregehalt von 0'008%. 4. Durch direktes Schwefeln der ungeschalten Zwetschen wurde ein gunstiges Resultat erzielt, doch betrug der Schwef- ligsauregehalt der Priinellen auch in diesem Falle nicht weniger als 0'020% bei einem Wassergehalte von 25'1%- i) Hoesch (Verfahren zur Herstellung weifier, beziehungsvveise natar- farbiger Dorrprodukte aus Kernobst, Gemuse ete.) empfiehlt anstatt Natrium- bisulfit, Kalziumbisulfit. Wir fanden aber, daB das erstere Salz sich hiezu besser eignet und wenn in der erforderlichen Menge angewendel, das Dorrobst keinen unangenehmen, bitteren Geschmack erhalt.. Gorz, im Februar 1906. i 137 Tabelle Nr. I. Die durch Destillation bestimmbaren fliich- tigen organischen Schwefligsaure-Verbindungen. Die Destillation vvurde ausgefulirt mit a n S S cm 3 s a l S ^ : Sh 53S ;2 ^3 u 03 ! ■§■« : fl.g JS^ ^ C35 •g S 5- s e3 S ® tj) a 6- .Č/2 'S S®* O 60 o S r-i 4 h 03 g * O rt > O srt S trt 03 rt 03 bfi a E a w s ^ s o-a a “rt CQ 03 42 _ bO »h 3. 4. 5. 138 0 T5 G G ■*-* 73 a co rt 03 O &/D . ® n t« S 0 ■■& <3 W C S a 2 zu«jsqng 6' 001 J™s 19uqoeJ9q activeg •UaAs.qosiures 9 £) £wi Bvi i 9 Jj pnis aauug J 8 SlIJ 9 MqOSlTOBS -93 But, ooi «OA HOCOON-^M N O O N o o ffO 1 ^ ©OtPOo' CO b 00 ČO O ^ b t^rBOOCiO - O T-t ib ČO O A> I CO O O t- 1:0 t- CO CD CO CO CO 05 N 02 'JC-ClOo I t— 05 rlz^ 0 0 />M4 ZUdJ9,JJ!(I ajtveg 93 ig 9 Av.qos 9U9panq9£) But ui zu 9 J 9 £ia Bm ©inug 93 q -J 9 Ai.qOS 9 T 9 JJ !4 Ul ZU9J9^IQ Z >«4 9 Jtn?g 9 Sl[J 9 Ai.qOS - 1 tnU 99 -£) N W O H 7*1 O fl O rf O O t- jrt 00 CO C0 CM CO b 00 CM b t- C0 05 C3 H CO lO o © o OOCSt* OiON'0 H WM« CO O © OD t> m «p a> oo o b b co čo b čo 6o Tfiofio O M rl rl CM -iH ■^. O CD O b •b oo •rtt ir- cc co + NNWf9® oodočio I CM -i* ^ I _L «3 CM ^ -r-1 t-I 00 6^ NO ^ ^.rlNN NOOCO^N co ib -rt ib -G ta ib 00 CM 00 o n ^ o b _ __ . — . . . t-iH^OiO lO M «3 b* co CO CO iX) N ^ 'O o oo čo G I N 0^9003 NNNNMN t- CD CO 00 bob® m n o o o HHrIHO N N N N N © co -+ CO CO O G G G G b G 03 03 C 3 03 03 Os h- 00 CO co NNNN ^ Th tu -tu CM t- GO + 7* 1 0° G ib rHO© co b t- ©OvO :C3 rrt > 9 5h S 0 0 'd rt 0 rt 'g .2 § g« ■P m a S ^ N o C a? S '3 M as Sl/D b 0 r 0 03 C rt S •j& s9qonsJ9A sap stuq 9 Saa-suoti^j?TX uigp iuu u9qoqSj9 i \ ^ rž j- j- ^ u 9 pumg qouu iqonsj9?uxi ■S CO N O O N t- C 3 0 rP rt H ps •c o o c "S C? 03 w O C O O O O o § 03 "5 U> 03 Id ^ 0 ©« 3 O O 3 CD "© i Ti Ti £ rt (S (13 bfl^o O S o s ?J3 o ■«* 3 * ** « -fj O ®S co r «= .. 03 CJ) '>* * O a Jt 9 uininjq-sqon 9 J 9 A. “ ,® O r^J © III Muster stark geschwefelt, sonst normal. 139 OS Dl »O >0 o' vO CO i o OS OS ■* OS O Dl Dl Dl O O O O O vO o MNOOOi-O rji © t- © o co © os o di fr- čd di I CD CS t— rji HI t-I Dl O O ČO 1- ČO r< i i *r I ** pl rji fr- os Dl CD CO

§ © O s ?0 MO Bg-gg 3= 3 O 3 ort rt g 0.1 e. IM «3 cn S -S 5 3, H-I W o m «2 O Orl 0 > o - p S 2 * © p ^ T-I 0-> O _ 0 Q o £ i—i CO ^ M 'S • • "O .. d) bD o £ 3 +3 C N EC P M P P 2 < *g Trt o ® C3 bo rt ^5 O o « j ; o £ § 1 boo rrt © .2 © 3 bo g o o ►s t?- O ^ o s s o * ^ bo bo bo op P S ■** S5 N N m m 03 to = P P S 2 <3 < < 1 cz ^ «-a « -^r-lrH Dl J O L ) Die Zahlen in Klammern wurden aus den richtiggestellten Resultaten berechnet. Siehe Tabelle X. 140 Tabelle Nr. III. Einflufi des Konzentrationsgrades der Priinellen- ausziige auf den Zerfall der organisoh gebundenen schwefligen Saure bet Gegenwart von Mineralsauren. Tabelle Nr. V. Verhalten wasseriger Ausziige verschiedener Konzentration bei fortgesetzter Ti- tration mit Jodlosung. (Zur Titration angewendet: von Ausziigen I und II je 50 cm 3 , vom Auszug III 100 cm 3 ). 141 Der Titrationsfehler a) wird durch die jobindenden Substanzen, b) durch die Verseifung bedingt. Tabelle Nr, IV, . Einflufl des Zucker- und Sauregehaltes des Auszuges auf die Spaltung der or ganisch gebundenen schwefligen Saure. 142 143 Oh © <1 P P ^5 a p rP © 'S © bn -rt S 'S o P s N « C O ® o ^ 2 s ^ P ^ £ ^ 0> rj SP rt P< © &D n 2 p p a> :etf n3 P P rP O 'Z- bn rP O s £ -rt & 03 03 p* S bJD P ta 03 P < O o o p n3 c I S 1 03 fcj 'o 'g 5 ‘S :ce P <5j 4- 04 bn O P ^3 # -rt O O P > N ® P :e6 m £ rP P Ž M P O B fcc P N as P <4 U © r— -P © r© (D o CQ P ‘S “rt p. pr :sž "P © 0 bc prt ^ .2 c ® C5 :e« -rt Tabelle Nr. VI. EinfluB der Temperatur auf die Spaltung der organisch gebundenen schwefligen Saure in wasserigen Ausziigen. 144 rt bD fl rt bD r* rti c i S 02 CD nd 02 r- c 2 c cS "m ^ 'ČD rt ^ b£ IS3 -O « fl SZ +* g. "rt ® ffl sg »•§ e C O '■M t- S CO rt 'S -O O CO -a o •• p £fi*3 z I s • S" > o © C S « b£ g I rt -P ,P rt £ bc i 35 N (Z) P 001 n °A zuaja^ia: s os 'q aS ' Sj o zuojgjgja °OS a ! aj £ zn0J8.giC[ aaraninjšc -sqonsj0A n9ssraq9Sj0snop -^■mX U9 P JI 01 n9qon^ ja A uopmvjg ipun imonsjgjnfi a p p bD :p S S d S se st rP P :st XI P S O o o -O £ O * s £ rt £•1 « c .M* s 0 Q ^ tH ^ U J3 S ^ S fep st £ . eo N © © 2 «- N o aS .•e 3 £ S e e :p m Q N 11 O) 5 i 02 ° H O e ° © S O « 4 -J rd S O st bO cj > * a ^ ^ d w st d ~ 3 ° r?5 «5 ,0 o st co bi) N p p < j0OTain]ši-sqonBJ9A st rH t 149 a n* J0 O 'S &D M rt 0 S 0 CD < Q _*J ni CC © > 53 g 0» .S c ^ CD CD 0 . 03 ° ! 03 In O ® co . .. O j* o 3 O S 2 53 ^ O X CD £ na bc -M rt na C3 ‘S CD bc na o ‘5 3 s ^ £ 0) O b£ ?-( N ^ m o > w « en ih : rt ;3 03 rt 03 ^3 w ^ OT O a n c .S c rt £ ^ O o 0» o O S rt co ž S 03 • -i m 03 ~ ,Q 03 > 03 c*5 ‘S I « O s ° rt o tu ^ g O th rt 0 S 0 na < 0 5 53 ◄ rt o* rt co 150 Tabelle Nr. VIII. Bildung von organiscbten Schweflig- saureverbindungen in wasserigen Ausziigen, Zvvetschenauszug mit einer Schwefligsaurelosung bereitet. Konzentration: 80^ Substanz auf1000 cm 3 . Digestionsdauer 2 Stunden. In FISschchen aufbewahvt. 151 Tabelle Nr. X. Richtigstellung einiger Titrationsergebnisse von den Versuchen: Tabellen Nr. II, III, IV, VI, VII, IX. Fortsetzung der Tabelle Nr, X, 153 Fortsetzung der Tabelle Nr, X, Tabelle Nr. XI. Ernte 1902. 154 S c “ S i 3 & ' § ge- p s a ? s p o -g C c d o ■g i? a> o ^_rS D d) ■■S £3 S 60 ss dj M P ^ -2 c S ,p S ® 2 g s J bf) ^ OJ CD 2 5 p "S P S> N 1P ‘g> 2 CD bfl Ji rt b > o Tabelle Nr. XII. Ernte 1903. — 155 — P ■S ** rt i- P £ bO ^2 S c s "d O bo , bA*^ s o> en :3 ■-sa s ce :rt :rt ** rrj s<*> * o ® © 3 jq •w 60 bO ° o '3 22 •« « © 'Št S.9 »e *f'cT Jg O d S.g •§ a 'S 'o* bog M** a •“ P bo «s 5 d .i?0 S 3 M «2 a •- P S £ g S o jS rt 32 O §> O P a (j93lOIlZlJ9Ani) jespn z 9jUBspjdy sp? ejnijsinrBsat) ?I«q9Sj98ff8Ai un? iqonK.i9infl «5 CC ^ O § £ N 15 03 .13 tj 03 03 ^ o <5 i: C rt 'S® MB 5 2 Ph ^ .gg - «« c © © — o c £ -g N © a •-* N ^ S rt .£* a^ ® =