tm iteHcp katholischMirslonsrettölW Herausgegeben von der Kongregation: ______Missionäre Sohne des heiligsten Herzens Jesu._ Preis ganzjährlich 2'50 S, Deutschland 2 Mark, Italien 8 Lire, Ungarn 2'50 Pengö, Tschechoslowakei 12 öK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2'50 Franken, übriges Ausland 2 Goldmark, Unser Heiliger Vater Pius XI. hat wie schon früher Papst Pius X. der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwUrdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, Graz, Leitnieritz, Linz, Olmütz, Marburg, Trient, Triest und Wien und Druckerlaubnis des Generalobern. Left 11 November 1937 40. Jahrgang Die Gabe der Liebe. Von Erzbischof Celso C o st a n t i n i, Sekretär der Propagandakongregation und Präsident des Päpstlichen Werkes der Glaubensverbreitung. Der hl. Paulus bezeichnet die Missionsliebestätigkeit als eine ganz besondere Gabe der Liebe. Es handelt sich bei ihr nicht um eine gewöhnliche Liebesüuße-rung. Sie ist eine besonders heilige Art von christlicher Karitas, die in den Tiefen unseres heiligen Glaubens ihre Wurzeln hat. Der Weltmissionssonntag ruft uns auch in diesem Jahr zu dieser besonderen Gabe der Liebe für die Missionen der Kirche auf. Es ist ein heiliger Appell. Niemand darf ihn überhören. Es ist ein Aufruf an die ganze Welt, ein Weckruf der Kirche Christi. Sie hat ihn immer in die Welt gerufen, in allen Jahrhunderten, in allen Sprachen, an allen Orten, in den größten Städten, in den fernsten, einsamsten Dörfern. Er wurde immer gehört. Er wird auch in diesem Jahre die reichsten Früchte echter Liebe bringen. Gibt ein jeder nur sein Schecflein, so wird die Liebe aller, in eins zusammenfließend, überwältigend sein. Am Fronleichnamsfest dieses Jahres machte unser Heil. Vater Pius XI. dem Bischof der Nordpolländer einen Kelch zum Geschenk, den er selbst am Morgen beim heiligen Opfer benutzt hatte. Der Kelch trug die schöne Inschrift: „Pius XL, Christi Vicar i us Christi praeconibus"1 — „Pius XL, der Statthalter Christi den Herolden Christi". Das feinsinnige Geschenk des Heil. Vaters läßt göttliches Licht aus den wahren Geist echter Missionsliebestätigkeit der Gesamtkirche fallen. Sie muß stehen unter dem Motto: Alle Gläubigen für alle Nichtgläubigen! Seit uralten Zeiten war so das Opfer der Christen für die Missionen das Band der Liebe zwischen Gläubigen und Nicht-gläubigen. Es war und ist noch mehr. Es ist die Grundlage und der Sauerteig für die Ausbreitung des Reiches Christi auf Erden. Anderthalb Jahrhunderte nach Christus schrieb ein griechischer Kirchenschriftsteller an die Römer: „Seit den Uranfängen unseres Glaubens war es bei euch üblich, allen Brüdern auf jegliche Weife zu Hilfe zu kommen und den vielen Kirchen, die allenthalben in den verschiedenen Städten ein zerstreutes Dasein führen, das Lebensnotwendige zukommen zu lassen. So mildert ihr das Los der Armen und schickt auch jenen, die in Bergwerken arbeiten, Unterstützung." (Dionysius von Korinth; aus dem Brief an die Römer; Eusebius, Kirchengeschichte, II, 25, 3.) Diese Liebe war in der Kirche ununterbrochen wirksam. Vor stark 100 Jahren fand sie ihren heutigen organisatorischen Ausdruck durch die Gründung des Weckes der Glaubensvecbreitung. Der grundlegende Gedanke dieser Organisation ist einfach, klar und fruchtbar: die Mitglieder schließen sich innerhalb der Pfarreien zu Zehnergruppen zusammen. Ein jeder spendet jede Woche feine 5 Pfennige. So fließen die Gaben zusammen aus kleinen Pfennigstücken, so wie das Wasser des Meeres aus einzelnen Tropfen besteht. Erinnern wir kurz an die Geburtsstunde des Werkes der Glaubensverbcei-tung. An einem winterlichen Sonntagmorgen des Jahres 1820 kommen fünf Frauen aus dem Volk nach Anhören der heiligen Messe zu Lyon im Hause der Pauline Iaricot zusammen. Die Jungfrau spricht zu diesen Frauen in glühender Begeisterung von den Missionen und der Pflicht eines jeden Katholiken, der äußersten Not der Missionäre zu steuern, auf daß sie leben, arbeiten und viele Seelen für Christus gewinnen können. Ihre Worte finden bereite Herzen. „Ich bin zwar arm", sagte eine der Frauen, „aber auch ich will meine Pflicht tun. Ich trage aus dem Kopfe eine weiße Haube und muß wöchentlich für das Waschen und Bügeln dieser Haube einen Sou ausgeben. Von jetzt an trage ich eine schwarze Haube. So spare ich den Sou und gebe ihn dem Werk der Glaubensverbreitung." So legten die sechs Frauen an jenem Sonntag das Samenkorn in die Erde für den Baum der Glaubensverbreitung, der später so mächtig wurde und jetzt mit seinen Zweigen die ganze Erde überschattet. Der Weltmissionstag soll sein Wachstum fördern. Er soll die tätige Missionsliebe überall wecken. Darum ist er auch in den Missionen unter den Neuchristen einge- führt. Sie, die mit eigenen Augen die Bedürfnisse der Missionen und die Früchte der Liebestätigkeit sehen, bringen wirkliche Opfer, um ihrerseits ihren Pfennig spenden zu können. Ein Bischof schreibt mir aus China: „Der Missionssonntag wurde im verflossenen Jahr trotz der äußerst schwierigen Lage des Vikariates überall mit besonderen Gebeten für die Ausbreitung des Glaubens und mit der Einsammlung einer kleinen Gabe gefeiert. Das Ergebnis war bei der äußersten Notlage der Chinesen gering: 155 Dollar. Doch ist die kleine Gabe nicht ohne tiefere Bedeutung. Ich erwähne nur eine Tatsache: In einer kleinen, aus 40 Familien bestehenden Christengemeinde hatte der Missionär die Bedeutung des Tages erklärt. Jetzt ergriff der Katechist des Ortes das Wort in der Versammlung: ,Unsere Notlage gestattet uns nicht, große materielle Opfer für die Ausbreitung unseres heiligen Glaubens zu bringen. Aber dennoch müssen wir auf irgendeine Weise dem Wunsche des Papstes entsprechen und freiwillig opfern für die Bekehrung der Seelen, die das Gnadengeschenk des Glaubens noch nicht haben. Wir werden also heute den ganzen Tag fasten und das Wenige, was wir fönst für den Lebensunterhalt ausgeben, für die Ausbreitung des Glaubens spenden.' An jenem Sonntag brannte in der ganzen Christengemeinde kein Herdfeuer, und es wurden zehn Dollar eingesammelt." „Unser Herrgott", so schließt der Bischof seinen Bericht, „möge auf das Herz dieser guten, einfachen, christlichen Bergbewohner schauen und ihre heiligen Absichten segnen." So möge Gott mit feiner Gnade das Herz aller Gläubigen auf dem Erdenrund rühren, auf daß sie Gebete und Gaben für das große, heilige Werk der Glaubensverbreitung zum Opfer bringen. Es wird nicht verlangt, daß sie fasten wie jene chinesischen Christen, aber es wird verlangt, daß sie wenigstens ein kleines Opfer zu bringen verstehen, daß sie gerne spenden, was sie spenden können. Die Missionäre und die Neuchristen beten täglich zum Herrn, auf daß er hundertfältig mit feinen himmlischen Segnungen diese Gabe der Missionsliebestätigkeit vergelte. Südafrikanische StädLebilder. Von Br. August C a g o l, F. S. C. (Schluß.) Kapstadt. Das Jahr 1824 sah . einen Ausstand dev Sklaven, der nur nach einigem Blutvergießen unterdrückt wurde. Am 13. Oktober 1825 lies das erste Dampfschiff in die Taselbucht ein; es war die 500 Tonnen große „enterprise", ein Fahrzeug mit Seitenrädern, das von zwei Maschinen von je 60 Pserdekrästen getrieben wurde. Es hatte die Reise von England in 57 Tagen zurückgelegt. Heute brauchen die großen englischen Post-dampfer 15 bis 17 Tage dazu. 1834 wurde Sir Benjamin D'Urban Gouverneur. Sogleich ordnete er die Freilassung der Sklaven an, eine Maßnahme, die bereits das Jahr zuvor in England gesetzlich beschlossen worden war. Der Geldwert der Sklaven im Kapland betrug 3 Millionen Pfund Sterling. Das britische Parlament hatte aber nur 114 Millionen Pfund Sterling als Entschädigung für die sreiwerdenden Sklaven bewilligt. Das Geld wurde ferner nicht im Kapland selbst ausbezahlt, sondern jeder Sklavenbesitzer in der Kapkolonie hatte seine Ansprüche vor einer Kommission in London zu beweisen, b. h. durch Agenten zu betreiben, was ihn noch um ein gut Teil des Geldes brachte. Die Bürger des Kaplandes, die sich an die billige Arbeit der Sklaven gewöhnt hatten, und die sich durch die unzulängliche Vergütung geradewegs betrogen sahen, waren empört über die Maßnahme und ihre Durchführung. Dazu kam, daß sechs Jahre vorher die Hottentotten den Europäern politisch gleichgestellt worden waren, was bei den Holländern viel böses Blut gemacht hatte. Für die befreiten Sklaven war das ungewohnte Gut der Freiheit vielfach verhängnisvoll. Da für sie kein Arbeitszwang mehr bestand, gaben sie sich meist dem Nichtstun hin und trieben sich bettelnd und schmarotzend herum. D'Urban bildete einen „Gesetzgebenden Rat", in welchem die Bürger anscheinend einen bescheidenen Anteil an der Regierung haben sollten. Kapstadt vor hundert Jahren besaß eine ansehnliche Anzahl von Hotels und Gasthäusern, wurde es doch die „Schenke des Ozeans" genannt. Die „Heerengracht", jetzt „Adderley Street", war die Hauptverkehrsstraße. Die Stadt wies mehrere Kirchen, ein Rathaus, eine Schrannenhalle, eine Handelsbörse, ein Zollhaus, eine Festung und Kasernenbauten und ein Gefängnis auf. Die Kapstädter Gesellschaft war lebenslustig, besuchte fleißig das Theater und hielt häufig Bälle ab. (Auf den letzteren trug die Frauenwelt äußerst wenig Kleidung.) Damals lebte zu Kapstadt ein Arzt, ein gewisser Dr. Jakob Barry, eine schwächlich gebaute Persönlichkeit mit blauen Augen, roten Haaren, hoher Stimme und giftiger Pauline Jaricot, die Gründerin des Werkes der Glau-bensver-breitung. (Fides-Foto.) Zunge. Er war ein geschätzter Wundarzt, der auch manche Klinge im Duell kreuzte. Er starb 1866 im Alter von 71 Jahren. Bei seinem Tode stellte es sich heraus, daß er — eine Frau gewesen. Warum dieses seltsame Wesen sich seit dem 18. Lebensjahre in dieser Verkleidung gefallen, ist nie klar geworden. Unter britischer Verwaltung begann das Kapland sich allmählich größerer Religionsfreiheit zu erfreuen. Den Vorzug hatten natürlich die protestantischen Bekenntnisse, vor allen andern die englisrhe Staatskirche. Die Methodisten begannen ihre Tätigkeit 1816, die schottischen Presbyterianer 1821, die Rheinische oder Basler Mission 1829, die Pariser Evangelische Missionsgesellschaft 1830, die deutschen Lutheraner 1834. 1871 hatte der Heilige Stuhl das Kap-land kirchlich unter die Jurisdiktion des Apostolischen Vikars von Mauritius (In-sel im Indischen Ozean) gestellt, der einen Priester, Pater Seully, in die Kolonie absandte. Katholischer Kult war nur unter der Bedingung gestattet, daß Laien als Kirchenvorsteher die finanzielle Verwaltung übernahmen, die dem Priester aus den Einnahmen ein Gehalt auszahlten. Dieses Verfahren bewährte sich ober nicht. Die Kirchenvorsteher erwarben ein Grundstück, aus dem sie eine Kirche bauten, mit geborgtem Gelde, mit schlechten Baustoffen und unter mangelhaften Verträgen. Die Folge war, daß das Gotteshaus später weggespült wurde. Die Finanzlage wurde verzweifelt. Die Kirchengemeinde spaltete sich in Parteien. Tie weltlichen Behörden mischten sich ein. P. Seully schüttelte den Kapstädter Staub von seinen Füßen. Die verwaisten Katholiken baten um einen Priester holländischer Abkunft. Die Patres Wagener und Rifhton kamen an. Die Streitigkeiten hörten nicht auf. P. Wagener dankte ab. P. Rishton begab sich auf eine halbjährige Urlaubsreise, um nicht mehr nach Kapstadt zurückzukehren. Eine Bittschrift an den Heiligen Stuhl hatte das Ergebnis, daß der irische Dominikanerpater Patrick Raymond Griffith zum Bischof geweiht wurde, um an die Spitze des neu errichteten Apostolischen Vikariats Kapland zu treten. Als er 1837 in Kapstadt anlangte, empfingen ihn die Kirchenvorsteher, nur um zu erfahren, daß ihre Dienste nicht mehr erforderlich feien. Ein Raum in der Kaserne hatte an Stelle der zerstörten Kirche für den Gottesdienst zu dienen. 1839 erwarb Bischof Griffith ein Grundstück und begann mit betn Baue der Marienkirche, die 1851 eingeweiht wurde. Indien, Mauritius und Pernam-bueo hatten zum Baue beigetragen, der über 10.000 Pfund Sterling erforderte. Bischof Griffith gründete eine Psarr-bibliothek, die sich nicht bewährte. Seine Schwester eröffnete die erste Schule. 1865 begannen Dominikanerinnen und 1867 Maristen-Schulbrüder ihr Erziehungswerk in Kapstadt. 1847 wurde das ungeheure Apostolische Vikariat Kapland geteilt und der östliche Teil unter die Leitung Bischof Tevereux' gestellt. 1862 starb Bischof Griffith. Sein Nachfolger wurde Bischof Grimley, der außer der Marienkirche zu Kapstadt kein anderes Gotteshaus und im ganzen Missionssprengel nur acht Priester vorfand. Ihm folgte 1871 Bischof Leonard, der bis 1908 lebte. Er führte die Nazarethschwesteru und die Schwestern vom Heiligen Kreuz wie auch die Salesianer in Kapstadt ein. Sein Weihbischof Rooney wurde sein Nachfolger, der die Schwestern von der Heiligen Familie nach Kapstadt brachte. Er zog sich 1825 wegen Altersschwäche zurück. Sein Nachfolger wurde Bischof O'Reilly, dem vor drei Jahren der jetzige Apostolische Vikar Bischof Franz Hennemann folgte* ' Mit der Besitzergreifung der Kapkolonie durch Großbritannien kamen die beiden Völker der Briten und Buren, wie die einstigen Holländer sich nunmehr nannten, in engen Verkehr. Letztere hatten unter der eigenen holländischen Verwaltung höchst ungern Steuern bezahlt, und nie hatte ein Bürger mehr als ein Drittel seines steuerbaren Besitzes angegeben. Diese Einstellung wurde bald von den neuen Machthabern entdeckt, die davon einen schlechten Eindruck erhielten. Anderseits * C. C. Martindale, 8. J., African Angelus, London, Sheed & Ward, 1932. hatten die Engländer die unschöne Gewohnheit, die Ereignisse ihrer Geschichte stets in dem für sie günstigsten Lichte darzustellen, was den Kapbürgern sehr mißfiel. So kam es, daß ein Volk das andere als falsch imb unaufrichtig ansah. Den Briten erschienen die Buren als unwissend und rückständig. Mit Ausnahme der Kapstädter Bürger hatten sie tatsächlich wenig Schulbildung und konnten kaum lesen und schreiben. Trotzdem hatten sie guten Hausoerstand und füllten alle notwendigen Ämter in Kirche, Gerichtssaal und bei der Bürgerwehr mit Sachverständnis aus. Auch waren die Buren als unreinlich verschrien; es war das die Folge der Verwendung von farbigen Dienern und sin Fluch der Sklaverei. Den Buren hingegen erschienen die Engländer als die anmaßendsten aller Sterblichen, unersättlich in der Jagd nach Reichtum, rücksichtslos gegen andere, und alles mit nationalem Vorurteil betrachtend. Viele unliebsame Neuordnungen im Verwaltungs- und Gerichtswesen und die zwangsweise Einführung des Englischen als Amtssprache steigerten die Abneigung der Kapländer Buren gegen die Briten fort und fort. Als im Juli 1828 die von den Buren verachteten Hottentotten durch Gesetzesbeschluß den Europäern politisch gleichgestellt wurden, gerieten die Buren in die größte Wut. Als sechs Jahre später die Sklaven befreit wurden und die Herren der gewesenen Sklaven nicht die volle Entschädigung ausbezahlt erhielten, beschloß eine große Anzahl der Buren, ins Innere des Landes zu ziehen, um der englischen Herrschaft zu entgehen und sich eine neue Heimat zu suchen. Der Abgang der ausgewanderten Buren wurde zum Teil durch die Einwanderung von über 4000 Bauern und Handwerkern aus den britischen Inseln wettgemacht, die sich mit Negierungshilfe im Kapland niederließen. Es war immerhin eine gute Anzahl Buren im Kapland geblieben. Diese hatten selbstverständlich in der britischen Kolonie die zweite Rolle zu spielen. Bald sollte eine weitere Einwanderung stattfinden. Alle Sklavenschiffe, die südlich Im Winter 1820 versammelten sich an einem Sonntagmorgen in diesem Hause fünf Frauen aus dem Volke um Pauline Iarieot und gelobten, gemeinsam die Missionen zu unterstützen. Aus dieser Vereinigung erwuchs das Werk der Elaubensverbreitung, das in den Jahren 1923 bis 1986 634 Millionen Lire dem Missionswerk zur Verfügung stellen konnte. (Fides-Foto.) des Erdgleichers von britischen Kreuzern abgefangen wurden, luden in der Tasel-bucht ihre menschliche Fracht aus, die dann unter der Bevölkerung der Kapkolonie aufging, ihre Zusammensetzung aber keineswegs verbesserte. 1848 beschloß die Regierung in London, das Kapland zu einer Strafkolonie zu machen. Der Gouverneur, Sir Harry Smith, war gegen diesen Plan, hatte aber die erhaltenen Aufträge auszuführen. Das Vorhaben fand aber auch die herzliche Mißbilligung der Bevölkerung. Äls das Sträslingsschiff „Neptune" im nahen Hasen von Simonstown landete, verpflich- teten die Bewohner der Kaphalbinsel sich gegenseitig, Leute, die sich mit der Sache besassen sollten, in Verruf zu erklären und ihnen in keiner Weise Beistand zu leisten. Fünf Monate lang lag das Schiff in der Simons- oder Falschbucht vor Anker,- Besatzung und Sträflinge konnten keinerlei Lebensmittel erhalten außer Vorräten von Kriegsschiffen. Schließlich ging das gemiedene Schiff zur größten Freude der Kapbewohner gemäß neuer Weisung aus London nach Tasmania ab, und das Kapland wurde nicht Sträflingskolonie. 1853 wurde die Verfassung der Kapkolonie veröffentlicht. Es wurden zwei Kammern, der Gesetzgebende Rat und das Haus der Versammlung genannt, geschaffen. Im Juni des folgenden Jahres trat das erste Parlament in Kapstadt zusammen. Ohne Genehmigung beider Häuser und des Gouverneurs konnte kein Gesetz Zustandekommen. Die Königin von England hatte das Recht, neuen Gesetzen ihre Zustimmung zu versagest In den Jahren 1853 bis 1863 pflegte ein Riesenschiff regelmäßig die Tafelbucht anzulaufen. Es war der sechsmastige Schraubendampfer „Great Britain" von 3270 Tonnen Gehalt, das damals größte Schiff der Welt, das erste aus Eisen gebaute Fahrzeug und der erste mittels Schraube angetriebene Dampfer. Die Kritiker Bruneis, des geistreichen Erbauers, hatten die Idee verlacht, daß ein so gewaltiges Fahrzeug, dessen Rumpf aus schwerem Eisen gebildet sein sollte, sich über Wasser halten könne. Auch hatten sie sich darüber lustig gemacht, daß eine so kleine Schraube einen solchen Koloß vorwärtstreiben sollte. Im Jahre 1857 begann der monatliche Postschiffoerkehr zwischen England und der Kapkolonie, der vertragsmäßig von der Union-Dampfec-Linie gegen einen Iahreszuschuß von 30.000 Pfund besorgt wurde. Am 15. September 1857 verließ das erste dieser Schiffe, der 530 Tonnen große Dampfer „Dane" die Reede von Southampton. Von Beginn des Jahres 1868 ab wurde der Postverkehr nach und von der Taselbucht zweimal monatlich geführt. In der Folge wurden Diamanten und Gold jenseits des Oranjeflustes und im fernen Transvaal gefunden. Der daraus entstandene Wohlstand führte zu Streitigkeiten und dann zum offenen Kampfe, dem Burenkciege, der sich auch in die Kapkolonie hineinspielte. Die Zeit nach dem Kriege wurde dem Wiederaufbau des arg mitgenommenen Kapstadt. In der Tafelbucht. (Kongreg.- Archiv) Landes gewidmet. Auch wurde der Wunsch nach näherem Ztisammenschluß der vier britischen Gebiete Südafrikas rege. Eine einheitliche Verfassung wurde entworfen, und am 31. Mai 1910 trat die „Union van Südafrika" ins Dasein. Ein General-Gouverneur vertritt den britischen König, und ein Volkshaus mit jetzt 190 Abgeordneten sowie ein Oberhaus oder Senat mit vierzig Mitgliedern bilden die gesetzgebenden Körperschaften. Kapstadt wurde als Sitz der letzteren gewählt, während die jüngere Hauptstadt des Transvaal, Pretoria, zur Verwaltungshauptstadt erkoren wurde. 1916 erhielt Kapstadt eine der drei Universitäten der Union. Vor zwölf Jahren sah ich Kapstadt. Unser Schiss hatte die beiden Häfen Walfischbucht und Lüderitzbucht angelaufen. Am Morgen kam das abgeplattete, hochragende Massiv des Tafelberges, umlagert von anderen Becgmasfen, in Sicht. Allmählich näherten wir uns der Tafelbucht, die ihre Reize in der vollen Morgensonne mehr und mehr entfaltete. Zunächst fesselte den Blick der Löwenberg, ein langgestreckter Hügel, der einem ruhenden Riesenlöwen ähnlich sieht. Ihm vorgelagert liegen in frisches Grün eingebettet die beiden Vorstädte Green Point und Sea Point mit hellen Häusern und roten Dächern. Allmählich erschließt sich die Bucht, und vor dem Beschauer entfaltet sich das Häusermeer Kapstadts mit dem finster dräuenden Tafelberg und dem rätselhaften Teufelspik als Hintergrund von unerreichter Wucht. Die Würde des Tafelberges schmückt auch die seinen Grundfesten vorgelagerte Stadt und übergießt mit ihrem Hauche deren Bauten, die sonst nicht den Eindruck des ausnehmend Schönen hervorbrächten. Mit einem Hintergrund von solcher Großartigkeit aber gewinnt die Stadt selbst ungemein an Reiz, so daß sie ein Lieb--lingsaufenthalt Weltreisender und Erholungsbedürftiger geworden ist. Der Tafelberg macht auf alle, die einmal in seinem Schatten geweilt, unauslöschlichen Eindruck. Zahllose Künstler haben seine machtvolle Form und sein Farbenspiel festzuhalten gesucht, und Dichter haben ihn besungen. Die Kap-Halbinsel, deren Beherrscherin Kapstadt ist, hat viel dazu beigetragen, den Ruf der Stadt zu erhöhen. Hier haben Natur und menschlicher Fleiß, Land und See, Berg und Tal und ein mildes Klima sich vereint, ein irdisches Paradies zu schaffen. Der Nachmittag wurde zu einem ersten Spaziergang durch die Stadt benutzt. Kapstadt, das an der See liegt, die zu Ausflügen in die blauende Weite lockt, dessen drei Berge zu alpinem Sport auffordern, dessen Anschluß an ein vielverzweigtes Schienennetz zu Fahrten in das Landesinnere einladet, zeigt ein seines großartigen Naturrahmens nicht ganz würdiges Bild. Da kaum ein Wohnhaus drei Stockwerke Höhe erreicht, die meisten Wohnungen aber ebenerdig sind, breitet die Stadt sich mit ihren 322.221 Einwohnern (165.700 Weiße, 139.409 Mischlinge. 13.150 Schwarze und 3962 Malayen) auf einer großen Fläche aus. Die Häuser aber sind vorwiegend anspruchslose Nlltzlich-keitsbauten. Wenig hat liebevoller Kunstsinn, wie er sich in unseren mittelalterlichen Städten Europas gezeigt, getan zur Ausschmückung des Stadtbildes. Die wenigen bedeutenden öffentlichen Bauten nehmen sich in ihrem reichen architektonischen Schmucke wie protzige Fürsten unter Bettelleuten aus. Immerhin gibt es merkwürdige Gegensätze im Stadtbilde. In nächster Nähe der gotischen Kirche mit Spitzturm, die den deutschen Lutheranern gehört, erhebt sich das kuppelgeschmückte Minarett einer Moschee mohammedanischer Malarien. Kapstadt besitzt eine schöne englische Kathedrale in Haustein, die allerdings noch unvollendet ist. Der Plan stammt vom berühmten Architekten Sir Herbert Baker. Die endlichen Baukosten sollen mehr als 200.000 Pfund betragen, denn! Kapstadt ist der Sitz des anglikanischen Metropoliten für Südafrika. Die Kirche der Methodisten kostete 15.000 Pfund und enthält 1000 Sitzplätze; ihr Turm von 42 Meter Höhe ist der höchste Kirchturm in Kapstadt. Die prächtige Synagoge der Juden kostete 40.000 Pfund und wurde 1905 vollendet. Die Hauptkirche der Katholiken ist die kleine Marienkathedcale. Hier residiert der Apostolische Vikar von Westkapland, gegenwärtig Bischof Franz Hennemann aus der Gesellschaft der Pallottiner. Das Vikariat wird von Weltpriestern versehen, doch stehen ihnen Mitglieder ver- schiedener Orden, Jesuiten, Dominikaner, Redemptoristen, Salesianer und Kapuziner, hilfreich zur Seite, während die „Kleinen Brüder Mariens" katholischen Schulunterricht erteilen und etwa 240 Schwestern ans verschiedenen Orden und Instituten, Nazareth, Loreto, Heiligkreuz, Heilige Familie, Notre-Dame, Ursulinen und Dominikanerinnen, ihre Dienste in Schule, Kirche und Krankenhaus verrichten. Zu Kapstadt erscheint seit 16 Jahren die katholische Wochenschrift „The Southern Croß" („Das südliche Kreuz"). Das älteste Bauwerk Kapstadts und Südafrikas überhaupt ist das Kastell der guten Hoffnung, die Festung, die 1666 in Angriff genommen und 1680 vollendet wurde. Das meiste Baumaterial, selbst Ziegel, wurde von Holland gebracht, wodurch die Baukosten sehr hoch kamen. Obgleich das Fort heute keine militärische Bedeutung mehr hat, bleibt es seines geschichtlichen Wertes wegen als Sehenswürdigkeit erhalten. Kapstadts Straßen sind meist breit und sauber. Die Hauptverkehrsader ist die Adderley Street. An ihr liegt unweit des Buchtstrandes das Bahnhofgebäude. Die erste Eisenbahn in Südafrika wurde 1859 von Kapstadt nach Wellington, eine Entfernung von 72 Kilometer, geführt. Heute weist die Union von Südafrika ein Eisenbahnnetz von über 19.000 Kilometer Länge auf und beschäftigt ein Heer von 97.000 Eisenbahnangestellten. Das Verkehrsministerium umfaßt außer den Eisenbahnen auch die Häfen der südafrikanischen Union und ist gegenwärtig in Händen des deutschstämmigen Oswald Pirow. Einige Meilen außerhalb Kapstadts befindet sich eine große Eisenbahnwerkstatt, in der auch Eisenbahnwagen gebaut werden. Dem Bahnhof gegenüber erhebt sich das fünfstöckige ausgedehnte Hauptpostamt mit 37 Meter hohem Uhrturm. Weiterhin kommen wir zum Opernhaus, dem größten Theater Südafrikas, das 1000 Sitzplätze aufweist. Bald folgt die holländisch-reformierte Kirche, die älteste der Stadt. Endlich gelangen wir zum Parlamentsgebäude, wo die Gesetze des Landes (das Kapstadt. Im Hafen der Tafelbucht. (Kongreg.- Archiv) mit Gesetzen bereits überreichlich versehen ist) gemacht werden. Gegenüber erhebt sich die öffentliche Bibliothek, die schönste südlich des Erdgleichers, deren griechische Front den Botanischen Garten überblickt. Man sagt, diese Bücherei habe mit einem halben Dutzend alter Bände, zwei Menschenschädeln und einigen Waffen von Eingeborenen begonnen; das war 1818. Heute sind 125.000 Bände vorhanden. Bon 130 Handschriften stammen einige aus dem 10. Jahrhundert. Weiterhin folgt der stattliche Palast des Generalgouverneurs für die Union. Der städtische Botanische Garten hat einen Flächeninhalt von 514 Hektar und enthält eine Sammlung von 8000 Arten lebender Pflanzen, nebst einem Wintergarten voller Palmen und Orchideen. Inmitten des Gartens erhebt sich das Standbild Cecil Rhodes', des Gründers von Zambesien oder Rhodesien. Am oberen Ende des Botanischen Gartens befindet sich das Museum, das reiche Sammlungen von geologischem, naturhistorischem, menschenkundlichem und völkerbeschreibendem Material enthält. Hier sahen wir die Bewohner des Meeres, das wir durchfuhren, fliegende Fische. Delphine, Haie, Rochen und Tintenfische, so- wie vollständige Knochengerippe riesiger Wale. Hier auch sahen wir eine Reihe lebensgroßer Figuren eingeborener Buschmänner und Hottentotten. Wir sahen ein vollständiges Modell einer Transvaaler Goldmine und wir erblickten den PedrLo, das Gründungskreuz aus Marmor, das Bartholomäus Diaz 1486 zu Angra Pe-qitena, der heutigen Lüderitzbucht, aufrichtete. An der Westseite des Botanischen Gartens befinden sich die schönen Gebäulichkeiten der Kap-Universität. Oberhalb des Botanischen Gartens steht in beherrschender Lage das Mount-Nelson-Hotel, die schönste der zahlreichen Gast-stätlen der fremdenverkehrsfreudigen Stadt an der Tafelbucht. Das in italienischem Renaissancestil gehaltene dreistöckige Rathaus mit einem Glockenturm von 61 Meter Höhe besitzt in seinem Saale eine große Orgel. Am unteren Ende stößt die Adderlep Street an den Strand der Bucht, wo sich auf hohem Steinsockel das bronzene Standbild Jan van Riebeeks, des Gründers der Stadt, erhebt. Hinter diesem erstreckt sich als eine Art Verlängerung der Straße ein 450 Meter langer Steindamm in die Bucht hinaus, auf dem bei günsti- gern Wetter die Stadtkapelle konzertiert und wo Gelegenheit zu Seebädern und zum Rudern und Segeln geboten ist. Westlich von dieser Mole ist ein eigener Fischereihafen vorgesehen. Die Kapstädter Seefischerei liegt vorzugsweise in Händen von Italienern und Farbigen. Westlich schließen sich die Hasenanlagen für den Großschifsahrtsverkehr an, die einen Flächeninhalt von 98 Hektar einnehmen. Der größte Reiz Kapstadts ist der Tafelberg, der sich mauersteil zu einer Höhe von 1090 Meter erhebt und mit seinem vorderen Rand auf eine Länge von drei Kilometern die Himmelslinie wie eine Tischplatte abschneidet. Die veränderliche Beleuchtung gibt ihm ein stets wechselndes Gepräge, ohne ihm indes je feine Wucht und ruhige Majestät zu nehmen. Er ist mit seinen beiden Bruderbergen der würdige Hintergrund der Stadt, der sie einen Vergleich mit Neapel, Rio de Janeiro und San Franziska aushalten läßt. Der Tafelberg war es, der von unserem Dampfer aus zuerst sichtbar wurde und uns mit feinen steilen Wänden gewissermaßen herausforderte. So wurde denn der zweite Tag unseres Aufenthalts zu seiner Besteigung bestimmt. Pater Raffeiner las früh die heilige Messe. Der Bäcker an Bord, ein katholischer Bayer, allerdings ein Nikodemus-Christ, hatte gerade frische Semmeln gebacken, von denen jeder sich drei in die Tasche steckte. Dann zogen wir los. Wir waren unser drei, denn ein junger Südtiroler aus dem Val Sugana hatte sich uns angeschlossen. Es war noch nicht ganz fünf Uhr und noch finster. Wir zogen durch den stillen Hafen und die schlummernde Stadt. Der Himmel war bewölkt, und es regnete zeitweilig. Die Wetteraussichten waren nicht günstig, allein wir konnten den Ausflug nicht auf den nächsten Tag verschieben, da unser Dampfer am folgenden Vormittag abgehen sollte. Nach Durchquerung der Stadt lenkten wir unsere Schritte auf das Joch zwischen Tafel- und Löwenberg zu. Inzwischen war es Tag geworden, und Nordost- und Süd- ostwind stritten um die Herrschaft. Bei Südostwind ist eine Gefahr mit der Besteigung des Tafelberges verbunden. Die feuchte Luft verdichtet ihren Wassergehalt oft an dem steilen Berge zu einer dichten Wolkenhülle, die am Oberrande niederhängt und von der Bevölkerung „table-rloth" (Tischtuch) genannt wird. Die Wolken sind für den Bergsteiger natürlich dichter Nebel. Im Nebel aber ist schon mancher abgestürzt. Der untere Abhang des Tafelberges ist mit dichtem, frischgrünem Kiefernwald bestanden. Dann folgte offener Boden mit niederem Gestrüpp und einzelnen Steinblöcken. Endlich gelangten wir unter die obere Bergwand, die mauergleich über uns -in das Blau des sich aufheiternden Himmels hinausragte. Hier war ein Emporsteigen glatte Unmöglichkeit. Wie von Titanenhänden scheinen diese senkrecht aufsteigenden Felsenmauern gebildet zu sein, deren waagrechte Schichtung den Eindruck von Mauerwerk erweckt. Wir wandten uns nach rechts und gingen in einigem Abstand unter den rotbraunen Felswänden weiter durch Gestrüpp und Geröll, über Steinplatten und durch zerrissene, ausgetrocknete Gießbachrunfen. Eine herrliche, nie zuvor gesehene Wildblumenflora entfaltete ihre Reize. Fleischfarbene Wachendorfien, blaue Hyazinthen, geslecktfarbige Pelargonien, weißblütige, lederblättrige Anemonen, eigenartig gezeichnete Glockenblumen, silberweiße Immortellen, Kapheidekraut, Schwertlilien, Orchideen, Zuckerbüsche und Baumfarne waren da vertreten. Nach geraumer Zeit kamen wir auf einen von rechts ansteigenden bequemen Fußweg, der längs eines zeitweilig zutage tretenden Wasserleitungsrohres hinführt. Wir verfolgten ihn bis zu einer aufwärtssteigenden Abzweigung nach links, die von einer Telegraphenleitung begleitet ist. Diesen Weg schlugen wir ein. Seine bedeutende Steigung brachte uns rasch höher. Bald gelangten wir unter eine senkrechte Wand, um die herum der Weg nach rechts führte, und nun sah man, daß sich hier ein Zugang zwischen zwei Felskuppen öffnete. Wir stiegen längs der Telegraphenleitung höher und erreichten gegen 9% Uhr den hinteren, das heißt der Stadt angewandten, „Zwölf Apostel" genannten Rand des Bergmassivs. Nun ging es fast eben weiter. Vor uns war die erwähnte Aussicht durch noch höhere Rücken verdeckt. Wir kamen bald zu einem Klubhaus, einer örtlichen Bergsteigervereinigung gehörig. Es war aber keine menschliche Seele zu erblicken, somit auch keine Erfrischung zu haben. Weitergehend kamen wir zu einem massiven Steinhaus und zu einer großen Wasserfläche. Wir befanden uns am Trinkwasser-Sammel-becken für Kapstadt. In der natürlichen Senkung des Bergmassivs, auf einer Höhe von 760 Meter, ist das Wasser aller Quellen und Bäche der umliegenden Höhen gesammelt und seeartig gestaut durch eine Betonmauer an der offenen Seite des Beckens. Fußdicke Röhren leiten das Wasser in die Stadt, das gewiß guten Druck hat, wie ich selbst beobachten konnte, als in einer Straße ein Wasserleitungsrohr geborsten war und das Wasser turmhoch in die Höhe zischte. Wir stiegen weiter und höher und gelangten endlich nach weiteren zwei Stunden an den vorderen Rand, die „Tischkante", des Berges, der steil nach unten abfällt. Eine Aussicht von zauberischer Schönheit lohnte die aufgewandte Mühe. Die ausgedehnte Stadt liegt unmittelbar zu unseren Füßen, darüber hinaus die blauende Bucht, durch die Entfernung landkartenartig verjüngt. Aus ihrer feuchten Umarmung steigt sandiggelb Robben-Island, die verrufene Aussätzigeninsel, auf. Spielzeugartig schiebt sich das regelmäßige Viereck des Viktoria-Binnenhafens mit den lächerlich klein erscheinenden Dampfern, darunter unsere schwimmende Behausung „Usaramo" mit lieben Bekannten, die vielleicht gerade ihre Blicke zum Bergesrand heraufschweifen lassen, in die Bucht hinein. Zu unserer Rechten drängt sich der Teufelspik ins Bild, der mit feinen 1005 Metern wenig niederer erscheint, während der nur 550 Meter hohe Löwenkopf zu unserer Linken wie zusammengedrückt anmutet. Nach Süden umfaßt das Auge die ganze Kaphalbinsel, mit dem Kap der Guten Hoffnung am fernen Ende, die Falsche Bucht und die Hottentotten-Hollands-Berge am Festlande. Wir versuchten, auf der Vorderseite des Berges abzusteigen, mußten uns aber von der Unmöglichkeit, an den glatten Wänden mit heiler Haut hinabzukommen, überzeugen. Wir umgingen den Bergrand auf der Nordostecke auf stellenweise hals- Der jßßroenfopf' bei Kapstadt (Kongreg.- Archiv) brecherifchem Pfade, immer in der Hoffnung auf einen möglichen Abstieg. Es blieb uns aber schließlich nichts übrig, als auf dem gekommenen Wege zurückzukehren. Um halb 3 Uhr waren wir endlich wieder in der Stadt, durstig, hungrig, müde. Heute braucht man sich solcher Mühe nicht mehr unterziehen, denn im Jahre 1929 wurde eine Drahtseilbahn gebaut, mittels derer es eine Spielerei ist, auf die Höhe des Tafelberges zu gelangen. Leider wird die gerade Linie der „Tischkante" durch das Gebäude der Ankunft-station der Schwebebahn unterbrochen und verunziert. Zwischen Anfangs- und Endstation der 2000 Meter langen Bahn, die im Winkel von 45 Grad ansteigt, ist kein Stützpunkt, doch sind die Drahtseile viermal so stark als es notwendig wäre. Die Käfigmagen hängen an zwei Seilen, während ein drittes Seil dem Zuge dient. Während ein Wagen, der 19 Fahrgäste saht, ansteigt, gleitet der andere zu Tal, denn beide arbeiten zusammen an endlosem Seil und kommen gleichzeitig an ihrem Ziele an. Die Kraft von 11.000 Volt Spannung wird vom städtischen Kraftwerk geliefert. Der Tafelberg ist umsungen und sagenumwoben. Wenn der Südostwind eine Decke von weißen Wolken über die „Tischkante" hängt, dann ist das nicht Gewölk, sondern — Tabaksqualm, denn seit mehr als hundert Jahren rauchen die Teufel und ein Holländer, namens van Hunks, um die Wette. Die Tafelbergbildung, wie sie auch im südafrikanischen Innern vorkommt, baut sich aus waagrecht geschichteten Schiefern und Sandsteinen aus, während die Decke aus hartem Grünstein gebildet ist. Sie ist durch allmähliche Abnagung der weicheren Umgebung hervorgegangen. Vor vielen tausend Jahren muß nur der Gipfel des Tafelberges als eine Insel aus dem Meere aufgeragt haben, denn noch jetzt findet man hoch droben Spuren des Seewassers und seiner muscheltragenden Bewohner. Hohe Beachtung hat seit der Gründung von Kapstadt dort der Weinbau gefunden. Schon Jan van Riebeek führte Reben vom Rhein, von der Mosel und aus Südfrankreich ein und pflanzte den ersten Weinberg am Fuße des Tafelberges an. Unter den ersten Ansiedlern befand sich auch eine Anzahl deutscher Winzer, die sich der Holland - Ostindien - Gesellschaft angeschlossen hatten und die bei der Begründung des Weinbaus irrt Kapland eine führende Rolle spielten. Ein halbes Jahrhundert später landete in der Tafelbucht eine größere Schar französischer Hugenotten, die, der Rebenkultur und Weinbereitung kundig, sich der Sache mit großem Eifer an-itahmen. Es war zu Ende des 18. Jahrhunderts, daß die Weine des südlich von Kapstadt gelegenen schönen und fruchtbaren Constantia-Tales in größeren Mengen ausgeführt wurden und sich in kurzer Zeit Weltruf verschafften. („Der Deutsch-Afrikaner", Pretoria, 11. Juli 1935.) Kapstadt weist in der Zusammensetzung seiner Bevölkerung eine reiche Mischung auf. Da gibt es zunächst die Nachkommen der ersten weißen Siedler, die heutigen Kapburen, vermischt mit deutschem und französischem Blut. Dann sind da die ursprünglichen Eingeborenen, Hottentotten und Buschmänner. Ferner sind vertreten die Abkömmlinge einstiger Verbrecher von den malayischen Inseln, die das mohammedanische Element der Stadt bilden. Neben ihnen leben Nachkommen einstiger Negersklaven von der afrikanischen Westküste. Seit Beginn des vorigen Jahr- hunderts bilden die Briten einen bedeutenden Teil der Bevölkerung. Ihnen folgten Juden aus aller Herren Ländern, und besonders aus Rußland, und Inder. Außerdem gibt es hier ziemlich viele Italiener, ferner Portugiesen, Franzosen, Spanier, Skandinavier und Deutsche späterer Einwanderung. Aus der Mischung von Holländern und Hottentotten ist eitle eigene Rasse, die „Coloureds" oder „Kapleute", entstanden. Diese bilden heute ein beachtliches Volk. Verachtet von den Weißen, sind sie wegen des ist ihren Adern rollenden „weißen" Blutes von unglaublichem Stolze, und ihre Verachtung des schwarzen „Niggers" kennt keine Grenzen. Ihre Umgangs- spräche ist das „Afrikanisch" der Buren oder auch das Englische. Wo sie können, ahmen diese „Farbigen" die Weißen nach in Kleidung, Sport und — Laster. Sie sind geschickte Erbeiter, bringen es aber selten auf einen grünen Zweig. Sie sind unreinlich und diebisch.. Schwarze Bantu finden sich nur wenige in Kapstadt. Mota Saheb.* Von Erlebnis zu Erlebnis im Wunderland Indien. Von Johann Baptist Müller, 8. J. (Fortsetzung.) Nachdem ich ihm bestimmte kleinere Arbeiten in der Sakristei angewiesen, war ich natürlich gespannt, wie er dieselben ausführen werde. Und so ging ich nach gut zwei Stunden wieder einmal hin, um nachzusehen. In der Sakristei war niemand. Fast neben der Sakristei, direkt unter meinem Schlafzimmer, hatte ich für Francis ein kleines Zimmerchen eingerichtet. Ich machte die Türe auf und — da saß mein seliger Francis in seinem Sonntagsanzug mit einem aufgeschlagenen Buche auf den Knien, in dem er süß lächelnd las. „Sin, Francis, Arbeit schon fertig?" „Oh, ein schönes Buch, Pater, ganz wunderbar! Da kann man gar nicht aufhören", sagte er ganz unbetroffen und breit lächelnd. „Will ich dir glauben, Francis, aber zum Bücherlesen habe ich dich nicht angestellt, sondern zum Arbeiten." ,Kommt alles noch, Pater, es ist noch Zeit", kam es lächelnd von Francis. Gemächlich zog er seinen Rock aus und begab sich in die Sakristei, wo die hölzernen Kerzenständer, die er * Der Abdruck erfolgt mit Zustimmung des Verlages Herber & Co. in Freiburg (Breisgaus, Baden. reinigen sollte, bereit standen und alles zum Reinigen Nötige daneben. Breitspurig stellte er sich bor die Ständer hin, stemmte seine Hände in die Hüften und fragte mit unübertroffener Ruhe, natürlich wie immer lächelnd: „Die also soll ich putzen?" „Hoffentlich bald, Francis!" Gemessen und lächelnd, die Hände immer noch in den Hüften, ging er' die Sakristei auf und ab, als ob er etwas suchte; dann in sein Zimmerchen, holte sich einen Stuhl, setzte sich breit bor die Ständer, nahm einen derselben in die Hand, betrachtete ihn lächelnd von oben bis unten und äußerte, den Kopf schüttelnd, ebenso lächelnd: „Sonderbare Dinger, diese Ständer! In Karachi hatten wir andere; die waren ganz anders." „Aber, Francis, jetzt mal dran und fix gearbeitet! Das macht man so!" —Ich kniete mich auf den Boden, nahm einen Ständer, säuberte denselben mit dem Kratzmesser von allem Wachs, tauchte einen rauhen Lappen ins ivarme Seifenwasser, ivusch damit den Ständer und trocknete ihn mit einem andern Lappen ab. Francis schaute lächelnd zu und sagte dann gedehnt: „Äh so! — Das kann ich auch." Krieg in Schanghai. Ein Bild von den Straßenbarrikaden in Chinas größter Stadt. Obgleich seit Beginn der Feindseligkeiten noch kein Opfer unter den Missionären zu verzeichnen ist, so sind die in den vielen Erziehungsund Wohltätigkeits-Än-stalten arbeitenden Priester, Brüder uttd Schwestern in schwerer Sorge, um so mehr, da sich viele dieser Anstalten im Chinesenviertel außerhalb der internationalen Konzession von Schanghai befinden. Außer den Jesuiten arbeiten drei Männerkongregationen und zehn verschiedene Frauenorden in Schanghai. (Ftdes-Foto.) „Ausgezeichnet, Francis, dann mal bran 1 Die Ständer schreien schon nach dir!" Und wirklich, Francis hub an zu beginnen, sein stierendes Lächeln auf den nächsten Ständer gerichtet. Die unbeholfene Art aber, wie er denselben in Angriff nahm und das Kratzmesser handhabte, war nicht zum An-fehen. Es wurde mir schwül, und ich ging schweigend von dannen. Ich hatte für diesmal genug. Als es nach anderthalb Stunden Zeit zun: Angelus war, ging ich wieder zu Francis, um ihn ans Angelusläuten zu mahnen. Da stand er, vergnügt lächelnd und die Arme in die Seiten gestemmt, und schaute mit größter Zufriedenheit auf sein Werk wie auf eine Herkulestat. Und was hatte er geleistet? In der ganzen Zeit hatte er, sage und schreibe, einen einzigen Ständer halbwegs in Ordnung gebracht. Das waren schöne Aussichten! Nun konnte er auch zeigen, was er vom Läuten verstand. Mit sichtlicher Freude ging er zum Turme hin. Die drei Anschläge fielen bestimmt und kräftig aus, aber die Pausen dazwischen waren so lang, daß man darin beinahe einen halben Rosenkranz hätte beten können. Dann aber wurde Franz energisch; mit Vollschwung läutete er drauf los und läutete und läutete, als ob er das Ende der Welt einläuten wollte. Da er keine Mene machte, endlich einmal aufzuhören, wurde es mir doch zu bunt. Was mußten die Leute denken! Schnell lief ich zum Turm, um den Francisco furioso zur Besinnung zu bringen. „Francis, was fällt dir ein, so maßlos lang zum Angelus zu läuten, du bringst ja den Turm in Gefahr!" „Es klingt so schön, Pater, und es geht so leicht", erwiderte entzückt lächelnd der eifrige Küster Francis. — Offenbar lag ihm das Läuten besser als alles andere. Hier war er wirklich in seinen: Elemente. „Allerdings, Francis, klingen die Glocken gut", sagte ich, „aber wenn sie zu lange tönen, dann ist es nicht mehr schön. Beim Angelus wird. nach den Anschlägen nur kurz nach-geläutct und nicht wie jetzt, sonst meinen die Leute, hier ginge es nicht mehr mit rechten Dingen zu." Francis wischte sich den Schweiß von der Stirne, schaute verwundert drein und — lächelte. Am folgenden Morgen kam eine neue Überraschung. Als ich die Sakristeitüre aufmachte, wurde ich beinahe auf den Rücken geworfen von dem dichten Weihrauchgualm, der den ganzen Raum erfüllte. Francis war eben mächtig an der Arbeit und lächelte vergnügt. „Aber, Francis, wozu denn das glühende Rauchfaß und diese Weihrauchverschwendung? Heute, am Samstag, ist doch keine Aussetzung und kein Segen!" „Das macht gar nichts, Pater, aber der Weihrauch gibt der Sakristei so einen guten Geruch. Den habe ich so gern. Den hatten wir auch in Karachi!" „Mag sein, Francis, aber das ist mir ein zu teures Vergnügen. Meinst du denn, ich bekomme den Weihrauch geschenkt? Den muß ich teuer bezahlen. Wenn du unbedingt geräuchert sein willst, dann kaufe dir selber Weihrauch und verbrenne ihn in deinem Zimmer; nur stecke mir das Haus nicht in Brand, verstehst du?" „O ja, Pater, das muß ich einmal versuchen", meinte Francis und lächelte. Und nun kam der Sonntag, der große entscheidende Tag für den lächelnden Francis. Der Tag, an dem er zum ersten Male vor der versammelten Gemeinde auftreten mußte. Der Tag, an dem er im Schlaglichte schärfster Beobachtung aller anwesenden Gläubigen stehen und sein Ansehen begründen oder verwirken sollte. Born ersten Eindruck hängt eben alles ab. Und Francis war, wenn auch lächelnd, entschlossen, den allerbesten Eindruck zu machen und sich die Herzen der Pfarr-kinder wie im Sturme zu erobern. Alle sollten die unerschütterliche Überzeugung mit nach Hause nehmen, daß der Padre einen wahren Glücksgriff getan und in der ganzen Welt keinen fähigeren, geschickteren und in jeder Beziehung würdigeren Sakristan hätte finden können. Nach dem bereits Erlebten war ich natürlich neugierig, mit welchem Schneid Francis seinen ersten öffentlichen Auftritt machen werde. Sollte es eine Komödie oder eine Tragödie werden? Die Mutmaßung war begründet genug, es würde wohl eine Mischung von beiden sein. Und so sollte es auch wirklich kommen. Als ich kurz vor Beginn des Hochamtes in die Sakristei kam, traf ich Francis in ungewöhnlich feierlicher Stimmung. Er war tadellos frisiert, sein pechschwarzes, geöltes Haar-aufs feinste geglättet und gescheitelt. Seine Manschetten ragten auffallend weit aus den Ärmeln heraus, wahrscheinlich der bestechenden Knöpfe wegen. Mehr als nötig machte er sich im Chor zu schaffen. Einmal ging er hinein, um nach bet Ewigen Lampe zu sehen, die noch in Ordnung war. Nach einer Minute wiederum, um auf dem Altare das Meßbuch aufzuschlagen, wovon er aber nichts verstand. Dann wieder zum Kredenztisch, um ein Tüchlcin über die geschlossenen Kännchen zu legen. Und jedesmal, wenn er hineinging, geschah das mit feierlich gemessenem Schritt, gefalteten Händen, gesenkten Augen und tieffrommem Lächeln; und dann machte er mit vorgebeugtem Körper eine so tiefe Kniebeugung, als ob er sich hinlegen wollte. Soweit mochte er einen überwältigend erbaulichen Eindruck gemacht haben. Aber nun kam das Verhängnis: das Kcrzenanzünden. Schon vorher hatte er sich die Löschhornstange ordentlich hergerichtet und dieselbe von ihrer Mitte an bis oben übers Löschhorn hinaus mit neuer Wachsschnur umwickelt. Den Meßdienern aber hatte er bedeutet, er werde das Anzünden selber besorgen. Das tat er auch. Aber wie? Die Uhr hatte bereits geschlagen, und ich ging doch sonst immer, wie es sich ziemt und die Gemeinde es mit Recht erwartet, Punkt Glockenschlag an den Altar. Da stand ich am Ankleidetisch und wartete vergebens auf die Rückkehr des Küsters. Er kam nicht, und die Sache schien mir verdächtig. Ich ging deshalb an die Chortüre, um zu sehen. Die Meßdiener lachten vergnügt, und in der Kirche war man am Kichern. Da stand mein guter Francis am Altar mit hocherhobener Zündstange und schaute lächelnd empor. Aber noch keine einzige Kerze ivar angezündet. Statt die Flamme nach oben zu halten, hielt er sie immer nach unten, und so war immer gleich die Schnur am Brennen. Rasch senkte er dann die Stange, um den herunterhängenden brennenden Teil der Schnur abzureißen und das unversehrte Ende derselben wieder hinaufzuwickeln. So konnte das Manöver nicht weitergehen. Ich rief ihn herunter und übergab die Stange einem Meßdiener, der dann auch im Nu die Kerzen richtig anzündete. Der erschöpfte Francis aber wischte sich den Schweiß vom lächelnden Antlitz. Er war bei allen erledigt. Ein gefallener Stern! Es mußte ihm jetzt auch allmählich einleuchten, daß er fürs Amt eines Sakristan keinen Beruf hatte. Das frische oberste Altartuch war derart durch Franzens Anzündekunst mit rußigen Wachstropfen verunreinigt, daß es unbedingt ersetzt werden mußte. Im Laufe des folgenden Morgens nahm ich deshalb Francis mit zum Altar, um es abzunehmen. „Schau dir einmal all die Flecken an", sagte ich zu ihm, „die du gestern auf dies frische Tuch hingezaubert hast. Das wird mir eine teure Geschichte, denn so viele Altartücher habe ich nicht, daß ich leben Tag ein neues auflegen kann." „O Pater", erwiderte der lächelnde Francis, „die paar Flecken machen doch nichts: — die sieht ja kein Mensch, und vorn ist es doch noch schön." „Wie kannst du so was sagen, Francis; sehe ich denn diese ivüsten Flecken nicht bei der heiligen Messe? Und vor allem, — sieht der allheilige Gott hier sie nicht? Für den Allheiligen ist doch das Reinste nicht rein genug! Das Tuch muß jetzt herunter, und wie schwer wird es halten, dasselbe wieder ganz rein zu bekommen!" „Nicht so schlimm", meinte der naive Francis, „der Dhobie wird es schon wieder rein kriegen." Daß der Dhobie dafür auch gut bezahlt sein wollte, das machte Francis absolut keine Sorgen. Er war eben ein großes Kind, dachte tote ein Kind und handelte wie ein Kind. Ans dem „Götterweg". Ein japanischer Pilger rastet vor dem Sanno-tempel in Tokio. Die 20 Millionen Anhänger des Shintoismus in Japan haben ungefähr 196.000 Tempel oder „Götterschreine" zur Verfügung. Das charakteristische Einganastor zum Chintotempel (japan. „Torii") ist zugleich Sym-bol des Shintoismus. Mr gewöhnlich find diese Torii aus unbenialtem Holz gefertigt, doch sieht man auch solche aus Granit und in jüngster Zeit sogar aus Eisenbeton. (Mdes-Foto.) Darum konnte es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß er für seinen Posten ganz und gar untauglich war. Ich mußte daher sehen, ihn auf eine friedliche Art loszuwerden. Es ging leichter als ich dachte. Die Jungens trieben ihren Spott mit ihm, und die andern ließen ihn auch merken, was sie von ihm dachten. Das wurde ihm ctivas ungemütlich. So kam er denn eines Tages und sagte zögernd, aber doch lächelnd, er müsse wieder in seine Heimat, denn das Klima bei uns fei ihm zu heiß. Das war ja eine ausgezeichnete Lösung, und ich gab ihm meine volle Zustimmung mit dem Bemerken, es sei sehr vernünftig von ihm, rechtzeitig für seine Gesundheit zu sorgen. Nach Vollendung des Monats zog er dann auch in Frieden. Seit längerer Zeit war mir ein älterer Madrassi-Jüugting, der immer hinter Öen Gläubigen auf dem Boden (miete, durch seine Bescheidenheit und Frömmigkeit ausgefallen. Ich erkundigte mich bei zuverlässigen Leuten nach ihm und hörte nur Gutes von ihm. Er hieß Anton, war der Sohn eines angesehenen Madrassi-Ältesten und Arbeiter in den Reparaturwerkstätten der Eisenbahn. Ich ließ ihn kommen und fragte ihn, ob er Lust habe, deu Posten des Sa-kristans zu - übernehmen. Er sagte gleich zu, und ich war glücklich, den richtigen Mann gewonnen zu haben. Tatsächlich war er, wie die Folge erwies, für sein Amt wie geschaffen; denn er war verständig, fleißig, fromm und bescheiden, sprach fließend Tamil, Marathi, Hindustani und leidlich Englisch, kannte alle Leute in der Station und war allgemein beliebt. Es ist ein überaus wohltuendes Gefühl, gerade für diesen Posten einen zuverlässigen Mann zu besitzen, der einen von vielen kleinen Sorgen befreit. Anton brauchte nicht lange Zeit, um sich in seine neue Tätigkeit einzuleben. Er packte gut au und hielt Sakristei und Kirche blitzblank, daß es eine wahre Frende war. Für Symmetrie und Geschmack beim Schmücken der Altäre zeigte er wenig Sinn. Da mutzte ihm immer eine ältere irische Dame helfen, die mit der Sorge für alles Altarleinen betraut war und das Schmücken meisterhaft verstand. Diese um die Pfarrkirche sehr verdiente Frau verstand beim Kleiden und Schmucken des Altares keinen Spaß. Da mußte alles nett und sauber, schön und würdig sein. Und Anton, der bei all seiner Selbständigkeit doch gelehrig war wie ein Kind, hat im Laufe der Zeit in der Schmückkunst viel von ihr gelernt. Als Südindier war Anton sehr dem Betel-kauen ergeben, war aber dabei ausfallend reinlich und taktvoll. Morgens mußte er mir die Weckuhr ersetzen. Er hatte die Weisung, mit einer langen Stange Punkt halb sechs gehörig gegen meinen Zimmerboden zu stoßen. Das hat er mit erstaunlicher Pünktlichkeit getan. Ganz unbezahlbar war er mir als Begleiter auf meinen Besuchen und nächtlichen Versehgängen. Denn da gereichte er mir zum Schutz, nicht so sehr gegen wilde Tiere, als vielmehr gegen wilde weiße und Halbweiße Menschen, die mir, weil ich in meinen Predigten ganz besonders ein gewisses Laster geißelte, aus jede Strt und Weise nachstellten und meinen priesterlichen Charakter durch Verleumdungen niedrigster Art zu beschmutzen suchten. Bei Versehgängen zu Pest- und Cholera-kranken aber mußte ich Anton vom Mitgehen dispensieren. Ich hatte nämlich gemerkt, daß es ihm bei einem oder zwei solcher Versehgänge recht kreidig zu Mute war. Und weil Furcht der Ansteckung Vorschub leistet, so verzichtete ich gerne auf seine Begleitung und ließ mich von einem Verwandten des Kranken führen. Am Anfang jedes Monats mußte Anton mit dem Zahlbuche zu allen Familien der Pfarrei gehen, um die von den Pfarrkindern gern übernommenen Kirchenbeiträge einzusammeln. Dabei ivar er immer so treu und gewissenhaft, daß alles genau klappte und nie auch nur ein Pfennig fehlte. Für diese Gänge bekam er dann regelmäßig ein entsprechendes Trinkgeld. So hat mir dieser gute Küster Anton all die Jahre bis zu meiner Gefangenschaft (Ende 1914) die besten Dienste geleistet und mir bewiesen, daß mir die gütige Vorsehung in ihm den rechten Mann für das Küsteramt zugeschickt hatte. — Wegen seiner ansgezeichneten Berufseigenschaften Habei: ihn auch meine Nachfolger im Amte beibehalten bis auf den heutigen Tag. Ich aber werde ihm zeitlebens ein dankbares Andenken bewahren. — Gott segne meinen treuen Küster Anton! Opa T h o m a s. Die Kinder der Madrassis, die bei den Europäern und Eurasiern als Köche int Dienste stehen, gehen in keine Schule. Damit sie aber in den Gebeten und den notwendigsten Gkaubeuswahrheiteu unterrichtet werden, müssen ihre Eltern sie ivenigstens einige Male in der Woche zur Pfarrschule bei der Kirche schicken, wo sie der Madrassi-Katechist, der Kovilpillay, in feine Obhut nimmt. So hatte auch ich einen Katechisten, der dieses Amt schon jahrzehntelang ausübte und von den Madrassis wie ein Vater verehrt wurde: Opa Thomas. Er war ein alter, schwerer Mann mit rundem, glänzend schwarzem Antlitz und schneeweißen kurzen Haaren, eine kindlich fromme Seele und ein edler, liebenswürdiger Charakter. Er kam immer pünktlich, jedoch wegen seines Alters langsamen Schrittes, auf einen dicken Knüppel gestützt, zum Unterricht. Eine geräumige Veranda hinter der Sakristei, wo einige kleine Bänke standen, war für den Religionsunterricht der Madrassi-Kinder reserviert. Sobald der alte, immer freundliche Opa erschien, tourbe er mit vielem Lärm begrüßt. Da die dunkelbraunen, beinahe schwarzen Kleinen keine Bücher hatten und weder lesen noch schreiben konnten, wurde alles laut nachgesagt. Zuerst wurden ihnen die Gebete in Tamil, ihrer Muttersprache, und dann auch in Hindustani, der gewöhnlichen Landessprache, beigebracht. Die Katechismnsfragen wurden in Hindustani gelernt und auch erklärt. (Fortsetzung folgt.)