Praktisches Heilverfahren bei den lieMhnlWkn innerlichen Krankheiten des Pferdes. Director der Hufbeschlaglchranstalt und des Thierspitales in Laibach, k. t. Professor der Seuchen- lehre und Veterinärpolizei an der gcw. Laibacher mcd. chirurg. Lehranstalt, Sekretär der krainischen Landwirthschaftgesellschaft, Mitglied der Gesellschaft der Aerzte in Wien und mehrer anderer gelehrter Vereine und landwirthschaftlichen Gesellschaften. Fünfte verbesserte Auflage. Men, l854. Wilhelm Vraumüllcr, 'MME NlliNik illl. 'jkiNIttlF Lrnmn '«psUfM si'^ori'i ri^r chi mr»n§ ,ch- tch'sluittl ^s4rsskrn-)i n^rim kl^tzjni) rim ,rrf ;sl-6 usck ctnu nliilü'ch-ch lischiil^llMich ms? j)6 snichichuib Stziti' c's m klStzkchM nS7rch":-!s m-r schirm iScknn ns'ilrjmrttik'/ .SÜSUM lirD. U5 Umsch'l ssmG mrchski !-tchs!I!^ ->4 S'NI!: '/ 7i? ili chül» N^chSUl!'!! SlÄ Mk-Vili n.s'lchs-.? k!sr^-U-!i-7ji, srli chj S'ivsi ,c/u. i' ,,siln Mlulij'ichlyG mr'M kttlL lSsiisK nsch'livklkcs.. esnirm SlUlivrnM nschiichmni -/SS ni ttSttN(,'Mf- snmjsu.. I.chll lSHll» rrs 1'krik-mr ^tzurilim !XH! !j«l sfjsM ,j(k chj .sch-^j llchslli'lStt ll;chs!Üft chl^i - u/^ ich ,chl-(ijl»^ -Hch-lsE ssL Inhalt Seite Allgemeine practische Grundsätze. 1 Specielle Pathologie und Therapie. Krankheiten des Gehirns..25 Blutcongestion zum Gehirn und Gehirnentzündung .... — Koller...35 Schwindel und Fallsucht.48 Schlag oder Schlagfluß und Schlaglähmung.53 Stätigkeit oder Stützigkeit.60 Krankheiten des Rückenmarks.64 Starrkrampf, auch Hirschkrankheit, Maulsperre genannt . . — Kreuzlähmung.76 Krankheiten des Auges.83 Neber die Krankheiten des Auges im Allgemeinen .... — Bindehaut-Entzündung.88 Entzündung der Hornhaut, der Gefäßhaut (Regenbogenhaut und Traubenhaut), der Linsenkapsel, der Glashaut und der Netzhaut ..95 Monatblindhett auch Mondblindheit, Mondfluß, im gemeinen Leben auch »Wechsler,« am besten periodische Augenent¬ zündung genannt.97 Hornhautflecken, auch Augenflecken, im allgemeinen Leben Blü- meln genannt.103 Ergießungen von Blut, Lymphe, Serum, Eiter in die Augen¬ kammern .106 Augenfelle, Flügelfelle, auch Augenhäute genannt . . . . 107 Grauer Staar, auch weißer, gelber Milchstaar u. s. w. genannt A— Schwarzer Staar, auch Schönblindheit genannt.114 Krankheiten der Ohren.121 Ohrenentzündung und ihre Uebergänge .122 Krankheiten der Athmungswerkzeuge, als der Nase, Luft¬ röhre und Lunge.- . . 127 Strengel. — Drüsenkrankheiten.130 Gutartige Drüse.134 Bösartige Drüse.141 Bedenkliche Drüse.149 Verdächtige Drüse (Rotzverdächtige).154 Rotz, auch Ritzigkeit,Hauptsichtigkeit, Hauptmörtigkeit u. s. w. genannt.157 Diagnostische Uebersichtstabelle der Drüsenkrankheiten ... 171 Entzündung der Luftröhre, auch Halsentzündung, Kehlsucht, Kehle, Bräune u. s. w., an unserer Klinik gemeiniglich »Entzündung der Luftwege« genannt.172 Lungenentzündung, Lungen-Brustfellentzündung, auch Brust¬ entzündung genannt.178 VI Seile Dampf, auch Engbrüstigkeit, Keuchen, Athemkeuchen, Kurzath- migkcit, Hartschnaufigkeit, Herzschlägigkeit, Herzschlechtig¬ keit, Bauchbläsigkeit, Haarschlechtigkeit, Schlagebäuchen, Bauchschlag, Blasen, Pfeifen u. st w. genannt.208 Chronischer Husten.215 Krankheiten der Verdauungsorgane.217 Entzündung der Schleimhäute des Maules und der Schlingwerk¬ zeuge, auch Maulweh, Halsentzündung u. st w. genannt . — Gastrisches Leiden, auch Mangel an Freßlust, Unverdaulichkeit, Verfüttern, Ueberfüttern u. dgl. genannt.225 Kolik.230 Magen- und Gedärmentzündung, häufig auch Gedärmentzündung schlechtweg oder Entzündungskolik genannt.262 Durchfall, auch Durchbruch, Abweichen, Bauchstuß, Ruhr u. st w. genannt.273 Abzehrung oder Abmagerung wegen Gekrösdrüsenentartung, auch Gekrös-Darre genannt.282 Leberentzündung.284 Milzentzündung.288 Krankheiten der Harnwcrkzeuge.295 Nieren- und Blasenentzündung.— Blutharncn. 304 Harnverhaltung .305 Harnstuß, auch Harnruhr, Lauterstall, kalte Piste u. st w. genannt.313 Krankheiten der Geschlechtstheile.316 Krankheiten der äußern Haut.321 Schäbe, auch Räude, Krätze, Grind u. st w. genannt. ... — Wurm, auch Wurmbeulen-Krankheit, Hautwurm, Schnurwurm, fliegender, reitender, aufwerfender Wurm, Hühuerarsch, innerer Wurm u. st w. geuannt.328 Krankheitendes Hufes.339 Hufentzündung, auch Nähe, Rehkrankheit, Rehe, Verschlag, Verfangen u. st w. genannt.— Behandlung der Entzündung.347 Behandlung der Entzündungsübergänge.350 Anhang. Ueberficht aller Hauptfehler beim Pferde nach dem k. k. österr. Gesetze 355 Formulare eines kurzgefaßten Gutachtens über einen oder den andern der obgenannten Hauptfehler, nach Prof. Veith's Handbuch der gerichtlichen Thierarzneikunde.— Formulare eines weitläufigeren Gutachtens, worin die Gründe ange- geführt find, durch welche die Entscheidung durch Anführung der Symptome erwiesen wird.356 Formulare für thierärztliche Krankheitsgeschichten nach der an der Wiener medicinischen Klinik gebräuchlichen Methode .... 357 Verzcichniß der gebräuchlichsten Arzneimittel, sammt ihrer lateini¬ schen Namenclatur.366 —-Er- Allgemeine praktische Grundsätze ak Einleitung in das specielle thierärztliche Heilverfahren. I. >Doll der Thierarzt im Stande seyn, eine Krankheit zu heilen, so muß er sie vorher erkennen, denn die Sicherheit des Heilver¬ fahrens beruht aufrichtiger Erkenntniß der Krankheit. Es ist zwar die Möglichkeit, zuweilen auch ohne diese Erkenntniß eine Heilung glücklich zu Staude zu bringen, nicht zu läugnen; sie ist aber vom Zu¬ fall abhängig, der allerdings manchmal den Ruf des erbärmlichsten Quacksalbers begründet. II. Die Aufgabe des praktischen Thierarztes ist daher eine doppelte: 1) Erkenntniß, 2) Heilung der gegebenen Krankheit; mit ersterer beschäftiget sich die sp e c i el l e P a t h o l o g ie oder besondereKrank- heitslehre — mit letzterer die specielleTherapie oder beson¬ dere Heilungslehre. III. Die Erkenntniß (vir— Die Krankheitserscheinungen verrathen den Krankheitszustand des Thie¬ res; sie sagen dem Arzte, daß das Thier krank ist, wo es krank ist, wie es krank ist, wie stark es krank ist, und oft auch, warum es 5 krank ist. Daraus leuchtet ein, wie wichtig ein sorgfältiges Aufsuchen aller Krankheitserscheinungen sey, und welchen großen Einfluß eine richtige Deutung derselben auf das Heilverfahren habe. XVI. Jede Krankheit beginnt örtlich und nmß örtlich beginnen, weil die Gelegenheitsursachen niemals den g e sam mten Organismus auf allen Punkten und überall gleich stark treffen und beleidigen; jederzeiterfolgt der Anfall mehr auf eine oder die andere Lebensseite, auf ein oder das andere System, auf ein oder mehrere Or¬ gane, welche entweder der Schädlichkeit mehr ausgesetzt waren und von ihr feindlicher und stärker getroffen wurden, oder aber für die Verletzung mehr empfänglich waren, und ihrer Einwirkung den geringsten Widerstand (Resistenz, Reaction) zu leisten ver¬ mochten. Disposition und Gelegenh eitsursachen beweisen daher, daß jede Krankheit örtlich beginnen müsse. XVII. Die meisten Krankheiten der Thiere spr e ch e n sich entweder durch Entzündung, oder durch das, was dieser vor¬ geht, nämlich Blutevngestion, oder durch das, was ihrnachfolgt, nämlich Entzündungs üb ergänze, aus. XVIII. Die Gründe aber, warum man in den meisten Krankhei¬ ten unserer Hausthiere die En tzü n d n n g a l s S t a m m l e i d e n findet, sind, kurz angedeutet, folgende: 1) Jede Krankheit ist eine Folge der örtlichen Verletzung; 2) die verletzende Ursache reizt die getrof¬ fene Stelle zur Gegenwirkung gegen die Schädlichkeit, denn die Wirkung jeder äußerlichen Einwirkung auf ein Gebilde des Organismus ist alle Mal ein Reiz; 3) diese Gegenwirkung, vermehrte Erregung oder Reaction des verletzten Gebildes steigert sich immer, wenn die verletzende Schädlichkeit nicht ans irgend eine Art schnell entfernt und beseitigt wird- entweder zur Blutcongestion oder Entzündung, oder wohl gar zu Eutzündungsübergängen, was uns die Krankheitserschei- uu n g e n in lebenden, und die S e c t i o n e n an umgestandenen Thieren beweisen, die uns allezeit mehr oder weniger die genannten Krankheits- äudcrungen finden lassen; 4) je geringer und sch w äch er die Rcac- tionskraft ist, desto langsamer und weniger lebhaft wird die Entzündung austretcn, wofür die geringe oder gar keine Wirkung der revellirenden Mittel bei den mit wenig Lcbenscnergie begabten kranken Thieren, als ein Beispiel statt mehreren, dienen soll; 5) wirkt aber vollends die Schäd¬ lichkeit so heftig und stürmisch auf ein oder mehrere Organe des Thierkörpers, daß entweder plötzlich das getroffene Organ abstirbt oder das Leben wie mit einem Schlage, z. B. bei tödtlichen Verletzungen der edelsten Organe, Gehirn, Rückenmark u. dgl. endet, dann tritt freilich keine Entzündung ein, weil die Natur gar nicht Zeit hat, dagegen zu 6 reagiren, was wieder als (negativer) Beweis gilt, daß jede Reactivn des Organismus bei einer bedeutenden Verletzung desselben, in Blute ongestiou, Entzündung und ihren Übergängen be¬ stehe. — Es geht nun aus dem eben Gesagten hervor, daß wohl meistens, aber nicht immer, die Entzündung der Krankheiten zu Grunde liegen müsse, wodurch der Vorwurf einer einseitigen Entzün- dnngstheorie abgelehnt wird. XIX. Die Entzündung ist daher aus dem oben angegebe¬ nen Grunde ein Ansgleichnngsproceß zu nennen, der immer ans die Entfernung des durch die Verletzung Gestörten oder Zerstörten und auf den Ersatz des dadurch Verloren- g eg an gen en hinarbeitet. Dadurch wird der Sitz der Entzündung im Cap illargcfäßsy steine der entzündeten Organe, weil diesem vor¬ züglich die doppelte Function obliegt, erwiesen. Das bei jeder Entzün¬ dung in größerer Menge zu den verletzten Theilen hinströmende Blut ist das Mittel zur Erreichung beiderZwecke. XX. Ans diesem Grunde ist auch die Entzündung überall und im¬ mer die nämliche und nur Eine; doch theiltman stein eine ent¬ zündliche und faulige ein, weil der Grund und Boden, wo die Entzündung sich befindet, einmal eine entzündliche, das andere Mal eine faulige Organisation ist. XXI. Die Merkmale der Entzündung sind: 1) hohe Röthe, 2) höhere W ärme, 3) Geschwulst, 4) Schmerz, 5) gestörte Verrichtung des leidenden Theiles. Diese Merkmale bietet im hö¬ her» oder geringeren Grade jede Entzündung dar, ob sie nun in äußer n odcrinnerlichen Organen ihren Sitz hat. — Auch die Blute oli¬ ge stiou (Blutandrang) hat ähnliche Merkmale, doch ist sie, als die Folge leichterer Verletzungen, meistens leichter und schneller heilbar, schneller vorübergehend, wenn nicht etwa durch den Druck des Blutes auf die naheliegenden Nerven Lähmungen, oder durch zu große Überfüllung Riffe der Blutgefäße und Blutaustritt aus denselben (Bluteetravasate) entstehen. Sonst aber bleibt bei der C o n g e st i o n das in seiner Mischung unveränderte Blut in den gewöhnlichen Blutgefäßen. — Bei der Entzündung hingegen, die immer Folge größerer Verletzungen ist, enthalten nicht nur die gewöhnlichen Blutgefäße mehr Blut als im normalen Zustande, sondern auch die fein¬ sten Haarg efäßchen (Capillargefäße), die sonst kein rothes Blut (Blutkügelchen) führen, sind bei der Entzündung mit rothem But ge¬ füllt; ja es erzeugen sich dabei durch den erhöhten Bildungsproceß ganz neue Blutgefäße oft in erstaunlicher Menge; das Blut selbst gerinnt mehr im langsamem Flusse und es zeigt sich eine größere Anhäufung der 7 Blutkügelcheu im Haargefäßsystcm. Die E o n g e st i o n macht endlich n i e die Ü b erg ä n g e der Entzündung. XXII. Obgleich die Entzündung immer ein wohlthätigcs Heil be¬ mühen der Natur ist, so mnß man sie doch insofern einen krankhaf¬ ten Proceß nennen, weil sie sich immer nur in verletzten und kranken Gebilden entwickelt, und weil sie bei all ihrer Nützlichkeit den¬ noch eine Abweichung von den gewöhnlichen, normalen Äußerungen des Lebensprocesses darstellt. Diese kranke, wenn gleich wohlthätige, Be¬ schaffenheit der Entzündung ist auch der Grund, warum der Thierarzt die Entzündung behandelt; dort, wo sic zu wenig thut, weil sie zu schwach ist, sie unterstützt und hebt, dort aber, wo sie zu heftig und stürmisch zu Werke geht, sic mäßigt und beschränkt. XXIII. In jenen Fällen aber, wo die Entzündung, das Fieber und auch die Kunsthülfe nicht alles, durch die Verletzung Beleidigte nnd Zer¬ störte aus dem Wege räumen können, und keine Zertheilung der Ent¬ zündung erfolgt, bleibt dieses Zerstörte an Ort und Stelle, macht weitere Änderungen, und stellt sammt dem während des Entzündungs- processes rascher Abgelebten nnd Ausgeschiedenen die soge¬ nannten Entzündungsübergänge dar, als 1) krankhafte Trennung und krankhafte Erzeugung hornartiger Ge¬ bilde, 2) krankhaft vermehrte und veränderte Schleim- absvndernng (Schleimsecretion), 3) Wasserergießung (oder mit einem andern Worte: Ergießung seröser Flüssigkeiten), 4) Aus¬ schwitzung gerinnbarerLymphe, 5)Verhärtung, 6)Wurm- bildung, 7)Eiterun g, 8) V er sch wä rung (auch Verja u chung genannt), 9) Brand. XXIV. Das Fieber ist immer die Folge des örtlichen oder Localleidens, der Congestion, Entzündung oder ihrer Übergänge, man kann es daher nicht ein Grundleidcn, sondern nur das Folge- leiden der mannigfaltigen Localaffectionen waren. Das Fieber verhält sich daher zur Entzündung, wie die Wirkung zur Ursache; Fieber ohne Localaffectionen kommen bei Thieren nicht vor, und noch niemals hat das Fieber ohne ein örtliches Leiden ein Thier umgebracht, wie es die Leich en Untersuchung en deutlich zeigen. XXO Unter Fieber versteht man beschleunigte, kranke Kreislaufsbewegungen, die durch hinreichend starke Localaffectionen bedingt werden, und deren Zweck da- hingeht, das in Folge der größeren Verletzung rascher und in größerer Menge Abgelebte aus dem Organis¬ mus zu führen (auszuschci den)und durch bessere Er näh- rung wieder zu ersetzen. 8 Es gehört demnach zur Gegenwart und zum Begriffe des Fiebers 1) Beschleunigung der Kreislaufsbewegungen, die sich durch einen schneller« Puls- und Herzschlag zu erkennen gibt; 2) krankhafter Zustand der Kreislaufsbewegungen; das K r a n k h a fte der Kreislanfsbewegungen besteht darin, daß Zusam¬ menziehung und Ausdehnung des Herzens und der Arterien nicht im gleichen Verhältnisse zu einander stehen, sondern einmal die Zusammenziehung, ein andersmal die Ausdehnung überwie¬ gend ist. Aus diesem Grunde ist daher, trotz der Beschleunigung der Kreislaufswerkzeuge, im Ganzen doch der Butumlauf oder die Be¬ wegung der Blutkügelchen verzögert; denn ist die Zusam¬ menziehung im Herzen vorwaltend, so enthält das Herz verhältniß- mäßig weniger Blut, kann also auch nicht so viel in die Arterien trei¬ ben; ist aber die Ausdehnung verwaltend, so enthält das Herz zwar noch mehr Blut als im gesunden Zustande, allein es kann das¬ selbe, wegen mangelnder Zusammenziehungskraft, nicht forttreiben; von diesem Zustande des Herzens rührt daher der im Fieber oft so verschiedene Puls, der einmal stark oder schwach, voll oder leer, groß oder klein, hart oder weich, deutlich oder kaum fühlbar, gleich oder ungleich u. s. w. ist; 3) hinreichend starke Lo cala fse ction en als Ursächliches; denn nur auf einen höhern Grad gesteigerte oder einen bedeutenden Umfang einnehmende Localleiden verursachen ein Fieber; durch Intensität und Ertensität geringe Localaffectionen ver¬ laufen ohne Fieber; 4) vermehrte Ausscheidung und bessere Ern ährung als Bewirktes; denn der Nutzen und der Zweck der Kreis¬ laussbewegungen ist aus der Physiologie bekannt, und bleibt auch im kranken Zustande des Organismus der nämliche; was doch so viele Ärzte nicht einsehen wollen. So wie man die Entzündung nach ihren äußern Merkmalen be¬ schreibt, so kann man dieß auch beim Fieber thun und dieses also beschreiben: Fieber ist nach diesem ein Allgemeinleiden, welches sich meistens durch Kälte und darauf folgende oder mit ihr wechselnde Hitze, krankhaften beschleunigten Puls, Mattigkeit und Abgeschlagen¬ heit, Schweigen der natürlichen Triebe (mit Ausnahme des Durstes, der meistens vermehrt ist) und Störung der meisten Ab- und Aus¬ sonderungen zu erkennen gibt. XXVI. Was der Zweck der Entzündung, als Localleiden, ist, das ist der Zweck des Fiebers, als Allgemeinleiden; wo die örtliche Ver¬ letzung nicht zu heftig war, da gleicht die Entzündung ohne Fieber Alles allein aus; wo aber die Verletzung heftig war, da ruft die Ent¬ zündung so wie jedes andere bedeutendere Entzündungsübergangsleiden 9 das Fieber (als eine allgemeine Blutgefäßreaction) zu Hülfe. Es besteht nämlich im thierischen Organismus, der ein aus verschie¬ denartigen, aber auf das genaueste und innigste zur Einheit verbunde¬ nen Theilen zusammengesetztes Ganze ist, jene wundervolle Einrich¬ tung, daß, wenn ein Theil krank ist, auch viele andere in Mitleiden¬ schaft gezogen werden und nach Maßgabe der Sympathie oder des An¬ tagonismus Reactionen entfalten. Durch diese Reaction oder Gegenwir¬ kung des Gesammtvrganismus entsteht das Fieber. Entzündung und Fieber hielten daher schon die ältesten Aerzte für die allgemeinsten Hülfsmittel, durch welche die Natur die Krankheiten bekämpft, und Wollstein sagt in seinen Anmerkungen über das Aderlässen 1791 — »Was wäre die Heilkunst im Ganzen, wenn ihr die Natur die zwei be¬ sten, größten und allgemeinsten Mittel, Entzündung und Fieber, nähme?« XXVII. Das Fieber ist daher 1) der verläßlichste Maßstab für die Größe und Heftigkeit des Localleidens; denn das Fieber vermehrt sich in dem Verhältniß, als die Localaffection intensiv oder ertensiv znnimmt, und läßt nach oder vergeht ganz, so¬ bald jene sich vermindert oder ganz aufgehört hat; daher gilt uns in der Regel das Fieber, mit 50 Pulsschlägen in der Minute, als Zei¬ chen eines geringern Localleidens; mit 60 Pulsschlägen für ein mittelgradiges; mit70—80 als einhochgradiges; mit90und darüber als Zeichen höchstgradiger Leiden. Aber auch 2) über den Character des Grundleidens gibtuns das Fieber wichtigen Auf¬ schluß ; denn beschleunigte Kreislaufbewegungen mit überwi e g e n d er Zusammenziehung und daher rührender Unfühlbarkeit des Herz¬ schlages, Härte und Gespanntheit der Arterien, zeigenden entzünd¬ lichen Character, und das Gegentheil davon den fauligen Character an.—>Die Quantität der Fieberbewegungen zeigt dem¬ nach die Höhe; die Qualität derselben den Character der Krankheit an. XXVIII. Sv wie die Entzündung in ihrem Wesen nur immer Eine ist, so ist auch das Fieber immer dasselbe, immer ein wohl- thätiges Bestreben der Natur: Ausscheidung und Wiederersatz zu bewerkstelligen, und so die nothwendigen Heilbedingungen zu erfül¬ len. Nur der Character des Fiebers ist einmal entzündlich, das andere Mal faulig, aus welchem Grunde das Fieber in ein ent¬ zündliches und fauliges eingetheilt wird. XXIX. Entzünd ungs- und Faulfieber sind nur durch die entzündliche oder faulige Organisation desThieres begrün¬ det; entzündliches Fieber ist dasjenige, welches in Folge der Lo- calaffectionen bei entzündlich organisirten Thieren vorkommt 10 (stehe 8. 12.); fauliges Fieber hingegen ist dasjenige, welches in Folge der Localaffection bei fanlig organisirten Thieren vor¬ kommt. Diese faulige Organisation ist nun oft schon wegen mangel¬ haften Lebensbedingungen vor dem Beginn der Erkrankung zugegen; oft aber entwickelt sie sich erst im Verlaufe der Krankheit bei früher entzündlich organisirten Thieren, wenn die kranken ed¬ leren Organe mit Lebensbedingungen nicht gehörig verkeh¬ ren, und das anfänglich entzündliche Fieber geht dann in ein fauliges über; daher begleitet die meisten übergegangenen Entzündun¬ gen ein fauliges Fieber, weil Thiere mit solchen Leiden eine schlaffe Bildung, vorwaltende Erpansion in der Bewegung und eine gestei¬ gerte Empfindlichkeit bemerken lassen. XXX. Es gibt daher nur zwei, in ihrem Character wesentlich von einander verschiedene Fieber, nämlich das Entzündungs- und Faul fieber. Alle andern Fieber, z. B. katar¬ rhalisches, rheumatisches, gichtisches, typhöses, gastrisches, Nerven¬ fieber, Zehrfieber, Wurmfieber, Wundfieber, Anthrarfieber u. s. w. sind nichts anders, als entweder Entzündungs- oder Faul fie¬ ber; nur haben sie diese Zunamen und besonder» Benennungen entwe¬ der von dem verschiedenen Sitze des Localleidens, oder von den ver¬ schiedenen Grundleiden, veranlassenden Ursachen u. s. w. XXXI. Das Fieber behandelt der Thierarzt für sich allein niemals, sondern nur die Localaffection, durch die das Fieber bedingt ist. Ist die Localaffection gehoben, so vergeht das Fie¬ ber gleichsam als Schatten des Localleidens von selbst; dauert aber die Localaffection fort, so mag der Thierarzt gegen das Fieber thnn was er will, er wird nie seine Absicht erreichen. Doch wird das Fieber immer früher vergehen, als die ganze Localaffection, weil gemäßigte und dadurch geringer gewordene Entzündungen fieberlos verlaufen. Es ist daher die längere oder kürzere Dauer, die Zunahme oder Abnahme des Fiebers immer von der Localaffection abhängig, nicht aber von gewissen sogenannten kritischen Tagen, an welchen man bei Thierkrankhei¬ ten weder Besserung noch Verschlimmerung des Fiebers erwarten soll. XXXII. Alle Ursachen, die zur Erzeugung einer Krankheit beitragen, werden eingetheilt: 1) in vorbereitende, 2) Gele¬ genheit s-, 3) nächste Ursachen. (Aetiologie oder die Lehre über die Ursachen der Krankheit.) XXXIII. Unter den vorbereitenden oder geneigtmachenden Ursachen, die man mit andern Worten auch Anlage oder Dispo¬ sition nennt, versteht man alles dasjenige, was die Thiere für die 11 Einwirkung der Gelegenheitsnrsache empfänglicher macht, oder was der Gelegenheitsnrsache die Beleidigung erleichtert. Man unterscheidet hier eine allgemeine, gemein schäftlichc oder natürliche Anlage, wodurch jedem sterbliche» Weseu, also auch dem Pferde, die Fähigkeit zu erkranken, zukommt; uud eine zweite Anlage, die nur einzelnen Thieren eigen ist und besondere oder eigenthümliche Anlage heißt. Die vorbereitenden Ursachen, die die besondere Anlage ausmachen, sind in Gattnng, Race, Abstammung, Alter, Geschlecht, Körper beschaffe nheit, angebornen oder erworbenen Bildnngs- fehler», v v r a n s g e g a n g e n e n Krankheiten und überhaupt in allen, den Gelegenheitsursachen entgegengesetztenErtremen in der Lebensart des Thieres, z. B. in grellen Übergängen von warm zu kalt, von trocken zu feucht, von wenig Nahrung zu vieler, von leicht verdaulicher zu schwer verdaulicher u. s. w. zu suchen. Die bloße Anlage zu einer Krankheit ist aber noch nicht hinrei¬ chend, damit ein Thier erkranke; immer muß auch eine Gelegenheitsur¬ sache einwirken. Je größer aber die Anlage ist, desto geringer darf die Gelegenheitsursache seyn, damit die Thiere erkranken; je geringer im Gegentheil die Anlage, desto größer muß die Gelegenheitsursache seyn. Es steht daher die vorbereitende Ursache zur Gelegenheitsursache immer im umgekehrten Verhältnisse. XXXIV. Unter den Gelegenheitsursachen, die man auch veranlassende Ursachen nennt, versteht mau alle diejenigen äußern (in der Außenwelt) oder auch innern (im Organismus selbst liegenden) Einwirkungen, die die Thiere verletzen und eine Krankheit wirklich Her¬ vorrufen. Alle Gclegenheitsnrsachen theilt man l) in mechanische (wenn Körper ans Körper wirken), 2) chemische (wenn Stoffe auf Stoffe wirken), 3) dynamische (wenn bloß Kräfte auf Kräfte wir¬ ken, weil ÜMUmi8 Kra ft heißt) ein; und man findet sie außer dem thierischen Körper in Mißverhältnissen 1) der Witterung, 2) der Fütterung, 3) der Pflege, 4) der Verwendung, 5) des Aufenthaltes; — im thierischen Körper aber, als nicht entleerte normale oder abnorme Ab- und Ausso n derungsstvffe, als fremdartige unorganische Körper, z. B. Gedärm-, Gallen-, Nieren- und andere Steine, als fremdartige organische Körper, z. B. Eingeweidewürmer, Jnsecten u. dgl. Nicht selten sind die Verhältnisse der Witterung, Fütterung, Ver¬ wendung, Pflege und des Aufenthaltes ohne Fehler, und doch erkran¬ ken die Thiere, oft in großer Anzahl, zu gleicher Zeit und auf die näm- 12 liche Art. In solchen Fällen beschuldigt inan mit Recht andere Ein¬ flüsse, die man Miasmen und Contagieu nennt. Miasmen find unbekannte äußere Einflüsse, vorzüglich ei- genthümliche atmosphärische Verstimmungen, die man auch eigene Wltternngscoustitution nennt, ohne sie übrigens näher zu ken¬ nen. Der gemeine Mann sagt iu einem solchen Falle: »es steckt was in der Luft.« Sie find gleichsam als Gifte in der Atmosphäre zu betrachten, die auf den Organismus nachtheilig einwirken, und ent¬ weder in der Lnft sich ursprünglich entwickeln, oder ihr erst von anderswo mitgetheilt werden. Eontagien oder Ansteckungsstoffe sind Krankheitspro- ducte, die durch eine besondere Krankheit erzeugt worden sind, und welche die Eigenschaft haben, die nämliche Krankheit in einem an¬ dern dafür empfänglichen Thiere wieder zu erzeugen. Sobald mehrere Thiere, zu gleicher Zeit, auf gleiche Art und Weise (d. i. mit gleicken Krankheits-Erscheinungen in gleichen Organen) und durch gleiche Ursachen erkranken, nennt man dieß eine Seuche. Miasmen sowobl als Eontagien können seuch en artige Leiden erzeugen, doch unterscheiden sich die Miasmen von Evuta- gien vorzüglich durch ihre Entstehungsart; die Miasmen bilden sich immer außerhalb des Thierkörpers, die Eontagien bilden sich im Thierkörper selbst. Miasmatische Krankheiten können aber auch, wenn sie an¬ steckende Krankheitsproducte erzeugen, zu contagiösen Krankheiten sich gestalten, wovon die Seuchenlehre genug Beispiele gibt. So wie die Anlage allein nicht hinreichend ist, eine Krank¬ heit zu erzeugen, so kann auch iu den meisten Fällen die Gelegen¬ heitsursache für sich allein, ohne besondere Anlage, keine Krank¬ heit hervorbringen. XXXV. Unter der nächsten Ursache der Krankheit (die man mit andern Worten auch das Wesen, die Natur der Krankheit, oder die Krankheit selbst nennt) versteht man die durch Gelegen¬ heitsursachen hervorgebrachte Verletzung eines Organs. Ist ein Organ auf welche Art immer verletzt worden, so wird es in seiner normalen Bildung, Bewegung und Empfindung mehr oder weniger geändert, und diese organische Änderung oder Verletzung ist die nächste Ursache jeder Krankheit. Die nächste Ursache der Krankheit darf man aber nicht mit der Entzündung verwechseln; denn die Entzündung ist nie die nächste Ursache der Krankheit, sondern die Entzündung ist immer 13 die Folge der nächsten Ursache oder Verletzung, die durch die Entzün¬ dung gerade ausgeglichen werden soll. Nehmen wir als Beispiel eine Schnittwunde mit einem Messer, die wir dem Pferde an den Hinterbacken beibringen; was ist in diesem Falle die nächste Ursache der Krankheit? Die Verletzung und Trennung der Haut, des Zellgewebes, der Muskeln, Adern, Nerven u. s. w. ist es, und nicht die Entzündung; denn in dem Augenblicke, als ich diese Theile mit dem Messer dnrchschneide und auch eine Zeit darnach, ist noch keine Entzündung zugegen. Allein in Folge dieser Verletzung wird sich bald eine Entzündung entwickeln, die durch ihre Übergänge (Aus¬ schwitzung gerinnbarer Lymphe oder Eiterung) den getrennten Zusam¬ menhang der verletzten Theile wieder herstellt. Aus diesem einfachen Beispiele geht deutlich hervor, daß die Entzündung nicht die nächste Ursache oder die Krankheit selbst, sondern nnr die Folge der Ver¬ letzung und das wohlthätige Heilbestreben der Natur sey, überall die Verletzungen, äußerliche und innerliche, a n s z n g l e ichen. Nus diesem Grunde sind streng genommen alle unsere Benennun¬ gen der Krankheiten: als Gehirnentzündung, Lungenentzündung, Huf- enizündung u. s. w. nicht ganz richtig, weil die Entzündung ja nur das wohlthätige Heilbcstreben der Natur ist, die den Kör¬ per auf eine oder die andere Weise zugefügte Verletzung auszn glei¬ ch en; nnr deßwegen, weil wir die, durch die Verletzung hervorgebrach¬ ten inner» Änderungen nicht genau anzugeben wissen, weil wir durch die Erscheinung der Entzündung meistens erst darauf aufmerksam gemacht werden, daß eine Krankheit da ist, und weil der Entzündungsproceß — obgleich ein wohlthätiger — doch ein von der Normalität abweichen¬ der Lebensproceß ist: wird die Entzündung gcradeweg Krank¬ heit genannt. XXXVI. Man fordert ferner vom Thierarzte nicht bloß, daß er die Krankheit erkenne, sondern der Eigenthümer will auch den Verlauf und das Ende der Krankheit erfahren; da nun die Ausgänge aller Krankheiten von dreierlei Art: nämlich s) in Gesundheit, b) in andere Krankheiten, o) in den Tod seyn können — so fordert er, daß der Thierarzt v o rau s b esti m m e (Prognose macke): 1) ob überhaupt die Heilung der Krankheit möglich sey, oder nicht? 2) ob die Heilung schnell oder langsam, 3) vollständig oder nicht, 14 4) und ob sie mit ökonomischem Vortheil oder Nach¬ theil zn Stande kommen wird. XXXVII. Damit der Thierarzt ans diese Fragen dem Eigenthümer so viel als möglich verläßliche Antwort geben könne, so mnß er die Krankheit in allen Beziehungen zu beurtheilen und zu schätzen wissen, und dabei ans folgenden Hauptnmstand, als Anhaltnngs- punct der Prognose, Rücksicht nehmen, nämlich: Ist die Erfüllung der nothwendigen Heilbedin¬ gungen möglich oder nicht? Um aber wieder über diese Möglichkeit oder Unmöglichkeit mit sich in's Reine zu kommen, ist Rücksicht zu nehmen: 1) auf die Organisation des Thieres, und den daher rührenden CH ar a eter der Krankheit, 2) auf den Sitz derselben in mehr oder weniger edlen Organen, 3) ans die Art des stattfindenden Krankheitsprocesses, ob dieser in Blutcongestionen, Entzündung, oder schon Entzündungs¬ übergängen besteht, 4) auf den Grad, Umfang, das Stadium und die Dauer der Krankheit, 5) auf die Menge (Quantität) und Beschaffenheit (Qualität) der eingewirkten Schädlichkeiten, 6) auf den Erfolg der etwa schon angewendeten zweckmäßigen oder zweckwidrigen Heilmittel. ö. Zweiter Abschnitt. Die Heilung (llierupie) der Zfranlcheiten betreffend. XXXVIII. Nach vollendetem ersten Hauptwerke, nämlich nach möglichst festgestellter Diagnose geht nun der Thierarzt zum zwei¬ ten Haupttheile über, nämlich an die Heilung der Krankheit. Bevor jedoch der Thierarzt die Behandlung (Iliernpw) eines kranken Thieres unternimmt, muß er zuerst einen Heilplan entwer¬ fen, die Heilmethode bestimmen und die Heilmittel wählen, die er in Anwendung bringen will. Jeder Heilplan, jede Heilmethode, und alle Heilmittel müssen aber immer auf die Erfüllung der fünf Heilbedingungen dergestalt gerichtet seyn, nm so viel als möglich auch den Forderungen der Eigen thümer zn entsprechen. XXXIX. Die fünf Heilbedingnngen (Heilungsbedingungen) sind folgende: 15 1) Entfernung und Entfernthaltnng der Gele¬ genheitsursachen; denn so lange die Gelegenheitsnrsachc nicht entfernt ist, wirkt sie als Schädlichkeit immerfort, unterhält das Lei¬ den und muß es sogar bis zur tödtlichen Höhe steigern. 2) Entfernung des Krn n kh ei tspr o du ctes; denn wird das kranke Prodnct (bei der Blutcongestivn und Entzündung Blut, bei der Schleimsecretion Schleim, bei Wasserergießungen Serum, bei Lymphausschwitzungen Lymphe, bei Eiterung Eiter, bei Ver¬ jauchung Jauche, beim Brand Brandmaterie) nicht entfernt, so wirkt eS wieder auf die kranken oder auch nachbarlichen gesunden Ge¬ bilde zurück, macht neue Entzündungen und diese wieder ähnliche Über¬ gänge, bis das Thier zu Grunde geht. Auf diese Art, nämlich durch Rückwirkung der Krankheitsproducte und Erzeugung neuer Entzündun¬ gen und ihrer Übergänge entstehen die sogenannten chronischen oder langwierigen Entzündungen und Krankheiten. 3) Umstimmung oder zuweilen gänzliche Zerstörung des krankhaftproducirenden Gebildes; denn so lange das krankhaftproducirende Gebilde (d. i. die örtliche kranke Stelle) nicht ungestimmt (d. h. zum normalen Geschäfte zurückgeführt) wird, wird immerfort Krankhaftes nachgebildet, und was heute entfernt wurde, wird morgen wieder von Neuem erzeugt (producirt). Wo aber die Organe eine solche Änderung erlitten haben, daß sie nie mehr zur Normalität zurückgeführt werden können, z. B. bösartige Geschwüre, brandige Theile, Aftergebilde n. s. w., dort ist gänzliche Zerstörung und Entfernung dieser Gebilde, z. B. durch das Messer, Glüheisen oder durch Ätzmittel, das einzige Heilmittel, das helfen kann. 4) Vollständige oder doch möglichste Ruhe des lei¬ denden Theiles; denn ein krankes Organ kann nicht das leisten, was ein gesundes leistet und wird nur noch mehr krank, wenn man es seines Geschäftes nicht so viel als möglich enthebt. Das kranke Ange soll daher nicht schauen; die kranke Lunge nicht durch Bewegung angestrengt werden; das kranke Gehirn aller Sinnesreize entbehren; der kranke Ma¬ gen oder Darm keine Nahrung bekommen; der kranke Fuß nicht gehen; die reine Wunde durch nichts gereizt und beunruhigt werden u. s. w. Ruhe ist oft die ganze Cur. — Es gibt zwar Organe im thierischeu Körper, z. B. das Gehirn, Herz, die Lunge, die zur Erhaltung des Lebens immerfort beschäftigt seyn müssen, weil mit ihrer gänzli¬ chen Ruhe nothwendigerweise der Tod eintreten müßte, allein gerade deßwegeu gehören die Krankheiten dieser Organe zu den schwierigsten und bedeutendsten, was aus dem nämlichen Grunde anch von den 16 Krankheiten der Füße gilt, denen der Thierarzt nicht immer die ost so nothwendige Ruhe gebieren kann. 5) Ersatz des während der Krankheit Versäumten oder Verl oren gegangen en; denn sollen die Thiere zu ihrer Ver¬ wendung wieder tauglich werden, und nicht am Werthe verlieren, so muß das durch verlorne Freßlust, Blutverlust, Schweiß, Eiterung, Verjauchung, Brand u. s. w. Vcrlorengegangene wieder ersetzt wer¬ den.—Die Erfüllung dieser Heilbedingung folgt immer den vor- ausgegangenen, geschieht meistens in der Wiedcrgenesungsperiode durch eine kräftige U n terstütz u n g des B i l d u n g s l e b e n s (der Er¬ nährung) und Beschränkung des Empfindungs- und Be¬ wegungslebens. Die eben genannten unerläßlichen Heilbedingungen sind aber keine thierärztliche Erfindung, sondern eine bloße Nachahmung der heil¬ kräftig wirkenden Natur in den thierischen Organismen. Xst. Nur in der Erfüllung dieser fünf Heilbedingun¬ gen beruht die Heilbarkeit aller Krankheiten; und nur in der Nichterfüllung dieserHeilbcdingungen und in nichts anderem liegt der Grund der Unheilbarkeit so vieler Krankheiten! Obgleich alle diese fünf Heilbedingungen bei jeder Krankheit erfüllt werden müssen, so sind doch nicht immer alle gleich wichtig; bald ist die eine, bald die andere dringender angezeigt. Der gebildete Thierarzt muß daher im¬ mer bestimmen können, welche der fünf Heilbedingungen zu allererstund am meisten Noch thut. Ebenso muß jeder rationelle Thierarzt wissen, daß es zuweilen Umstände, Complicationen mit einer andern Krankheit n. dgl. gibt, welche die Anwendung des einen oder andern Heilmittels verbieten, wenn auch die Anwendung dieses Mittels sonst noth- wendig wäre. Solche Curverbote nennt man Gegenanzeigen. XUI. Der Heilplan des Thierarztes muß aber nebst der Erfüllung der Heilbedingungen, auch die Forderungen des Eigenthü- mers berücksichtigen, denn die Thiere haben — mit wenigen Ausnah¬ men der Liebhaberei (prelium uüevlionis) — nur Geldwerth; und die Erfüllung der Heilbedingungen muß in den meisten Fällen mit dem ökonomischen Vortheil Hand in Hand gehen. Die Forderungen der Eigenthümer sind gewöhnlich fünf; nämlich: daß der Thierarzt 1) bald, 2) vollständig, 3) schonend, 4) wohlfeil das Thier curire, und daß der Thierarzt 5) auch gegen den Eigen¬ thümer sich so benehme, wie dieser es wünscht. Ein kluges Be- ncbinen gegen die Eigenthümer oder Überbringer kranker Thiere ist für den praktischen Thierarzt ein höchst wichtiges Erforderniß, wenn er sich das Vertrauen seiner Parteien erwerben will. Man nehme daher 17 d en Ei g en thüm er immer so, wie er genommen zu wer¬ den wünscht: dies sey stets die Hanptregel des klugen Thiemrztes. XIlll. Alle Heilmittel werden in drei Hcinptc lassen einge- theilt: 1) in pharmacentische, 2) chirurgische, 3) diäteti¬ sche. Die pH arm aceu tisch en sind die eigentlichen Arznei¬ mittel der Apotheke, die der Thierarzt und oft Apotheker zugleich, vorzüglich ans dem Pflanzen- und Mineralreiche, aber auch aus dem Thierreiche bezieht. Diechirurgisch en sind kunstgemäße Hülfeleistungen mittelst der Hände und thierärztlicher Instrumente. Die diätetischen bestehen in zweckmäßigen Änderungen der Fütterung, Tränke, Pflege, Verwendung und desAus- e n t h a l t e s. XIllll. Obgleich der Thierarzt von allen diesen Heilmitteln An¬ wendung macht, so sind ihm doch im Allgemeinen die diätetischen und chirurgischen oft viel wichtiger als die pharmaceutischen oder die sogenannten innerlichen. Die höhere Wichtigkeit ist in der b e s- sern Erfüllung der H eilbedingu n g en begründet. Was wäre der Thierarzt ohne Schnäpper, Klystierspritze, Eiterbandnadel, Leder, Strohwisch u. dgl.?*) *) Ganz abweichend von diesen Grundsätzen unserer sogenannten allopathischen Thierheilkunde verfährt die H o m ö o p a t h i e, die den deutschen Arzt Hahnemann als ihren Urheber 18tü anerkennt. Weil die Homöopathie auch in der Thierheil¬ kunde ihre Anhänger hat, und einige Thierärzte, noch mehr aber Laien sich ihrer annehmen, so wird es nicht am unrechten Platze seyn, hier die Grundziige dieser Heilmethode in Kürze mitzutheilen, damit Jedermann die Heilkunst kenne, die so viel Aufsehen in der Welt gemacht hat, und wisse, was von ihr zu hal¬ ten sey. Homöopathie (nach dem Wortbegriffe) ist eine Heilkunst, die solche Arzneien anweudet, die ein höchstähnlicheSLeiden hervorbringen, wie es die Krankheit selbst ist, die man heilen will; ihr Grundsatz ist: Ähnliches wird durchÄhnliches geheilt! dagegen unsere gewöhnliche Heilkunst, welche man Allopathie genannt hat, solche Arzneien verordnet, die das Geg enth eil der Krankheit bezwecken. Von beiden unterscheidet sich noch eine dritte Heilmethode, nämlich die Jsopathie, welche die Krankheirsprodukte selbst als Heil¬ mittel anwendet, weil sie „Gleich e s mit Gleichem« zum Grundsätze bat. Um mit einem Beispiele alle drei Heilmethoden zu beleuchten, nehmen wir z. B. den Strengel. Wir Allopathen wenden gegen den Strengel entzünd ung Sw i- drige und solche Mittel an, die geg en Schleimsecretioncn wirken ; die Homöo¬ pathen verordnen solche Mittel, die in großen Gaben bei gesunden Thieren gerade den Strenge! erzeugen; die Jsopathen nehmen Nasenschleim, und geben ihn, homöopathisch verdünnt, dem Thiere ein. Der homöopathische Arzt heilt demnach seine Kranken dadurch, daß er eine neue, der zu heilenden Krankheit möglichst ähnliche Krankheit künstlich erzeugt, welche letztere (Kunstkrankheit) die vorige (Naturkrankheit) verdrängt und aufhebt, und dadurch den Kranken gesund macht. Um aber diesen Hergang zu erklären, Vlciweis Heilverf. S. Aust. 2 18 Xl.IV. Herrschen aber seuchenartige Leiden, dann sind ost die p o li z ei l ich en M a ß regeln die wichtigsten aller Heilmit- unterscheiden die Homöopathen bei jedem Arzneimittel eine doppelte Wirkung: Erstwirkung nämlich und Nachwirkung. Die Erstwirkung besteht darin, daß durch sie eine neue Krankheit erzeugt wird, welche die schon vorhan¬ dene Naturkrankheit an Stärke um ein Un merkliches übertrifft; daher kommt cs auch, daß auf die homöopathischen Arzneigaben anfänglich eine kleine Erhö¬ hung der Krankheit eintritt, die sie homöopathisch Verschlimmerung nennen, und als ein gutes Zeichen und als sichern Beweis halten, daß das voll¬ kommen paffende Arzneimittel angewendet worden seh. Die zweite Wirkung einer homöopathischen Arzneigabe nennen sie Nach Wirkung oder Gegenwirkung, die darin besteht, daß durch sie das Gegentheil der Krankheit: also Gesund¬ heit erzeugt wird; die Homöopathen glauben nämlich, daß eine Arznei, die in ihrer Erstwirkung ein höchst ähnliches Leiden erzeugt, als es die zu heilende Krankheit ist, in der Nachwirkung einen dem Leiden gerade entgegengesetz¬ ten Zustand, mithin die Gesundheit bewirken muffe. Auf dieser Nach Wirkung beruht die Grundlage des ganzen homöopathischen Heilverfahrens; darin liegt auch der Grund der so unendlich kleinen Arz¬ neigaben, denn — sie sagen — wären die Gaben größer, so würde die künst¬ lich erzeugte Krankheit zu groß ausfallen, und an die Stelle der vertriebenen eine künstliche und noch größere treten, und daher keine Heilung erfolgen. Die Wirksamkeit dieser unendlich kleinen Gaben besteht nach der Meinung der Homöopathen in der geistigen Kraft der Arzneistoffe und nicht in ihrer kör¬ perlichen Masse; welche geistige Kraft durch gewisse Manipulation, die sie Ver¬ dünnung oder Kraft entwi cklu n g , P o t en zirun g !! nennen, noch erhöht wird, wie z. B. in dem Electrophor durch das Reiben oder Peitschen mit einem Fuchsschwanz die vorher in dem todten Stoffe (Harzkuchen) schlummernde elektrische Kraft erregt und gesteigert wird. Die Homöopathie fordert daher, daß der Arzt l) sich bloß an die K r ankh ei t ssy mp t om e halte; L) diejenige Arznei wähle, welche in Gesunden die ähnlichen Erscheinungen hervorbringt; 3) auf einmal nnr Eine Arznei anwende; 4)daß er diese Arzneien in der rein¬ sten und kräftigsten Form als Pulver, Essenz, Tinctur anwende; S) sie in ungeheuer kl ein er Ga b e reiche, und ihre Wirkung abwarte, bevor er eine zweite Gabe reicht; 8) strenge Diät dabei beobachten lasse. Dieß sind die Grundsätze der Homöopathie, wobei sich von selbst versteht, daß sie keine äußerlichen, sogenannten chirurgischen Mittel anwende, sondern alle Krankheiten mit pharmaccutischen und diätetischen Heilmitteln bekämpfe. Was die Diät betrifft, so lassen die meisten Homöopathen die Thiere ihr gewohntes Futter nach ihrem Belieben fressen, weil sie behaupten, daß die Thiere nur na¬ turgemäß fressen, trinken und sich begatten, und daß ihr Futter immer bloß rei¬ nen Nahrungsstoff (?) enthalte, mit Ausnahme des Stubenhundes, der von dein Tische seines lecker» Herrn gespeiset wird. Daß während der homöopathischen Cur andere Arzneimittel nicht gebraucht werden dürfen, verstebt sich von selbst. Die besondere Vcrfahrungsweise der Thierhomöopathen, die wir den Angaben des Thierarztes Lur, des Hahnemann'S für die Thierheilkunde, entlehnen, ist folgende: J. I. W. Lur gibt etliche fünfzig Arzneimittel an, die alle durch reine Erfahrung erprobt sind, daß sie bei gesunden Thiere» in großen Gaben die nämlichen Krankheiten hervorbringen, die sie dann bei Kranken in kleinen Ga¬ ben heilen, z. B. die Tollkirsche, Opium u. s. w. macht Rasen und Koller, also helfe» sie beim Koller; die Kamille macht Kolik, also hilft sie bei Kolik u. s. w. Von diesen Arzneimitteln wendet er das Pulver, die Essenz oder das Ertract an, auf folgende Art bereitet: Er tröpfelt von der Essenz 2 Tropfen in 19 tel, weil ste wieder zur Erfüllung der ersten und vorzüg¬ lichsten Heilbedingungen unerläßlich sind. ein Glas von 100 Tropfen Weingeist, und schüttelt dieses so lange recht stark, bis man während dieses Schüttelns bequem »on 1 bis 3» gezählt hat. Dieses Gläschen bezeichnet er sodann auf dem Stoppel mit Nr. 1, und dieß heißt die erste Verdünnung oder Potenzirung. Zwei Tropfen hieraus in ein an¬ deres Gläschen ebenfalls mit lüg Tropfen Weingeist gethan, werden wieder 3» Mal derb geschüttelt und das Gläschen mit Nr. 2 bezeichnet, 2. Potenzirung. Go geht es auf die nämliche Weise fort bis Nr. 3V oder 30. Potenzirung, welche früher gewöhnlich, in der neueren Zeit aber auch eine niedere, nach Genzke bei größeren Thieren sogar die erste zur homöopathischen Heilung an- gewendet wird. — Von dieser Flüssigkeit nun aus dem 30. Glase gibt Lur den Pferden und Rinder» 3 bis 3 Tropfen mit einem Kaffeelöffel voll Weizen¬ mehl gut verarbeitet trocken in das Maul auf die Zunge aus einem hornenen Löffel. In der Regel wird allen Patienten (Schafe und Ziegen bekommen 1—3 Tropfen, Hunde und Katzen 1 Tropfen, Federvieh und Vögel 1 Tropfen in das Trinkwasser) nach dem Eingeben der Medicin alles Futter und Getränke eine Stunde lang weggenommen. Die Gabe wird nach Bedarf in kürzerer oder längerer Zwischenzeit wiederholt. Auf ähnliche Weise wird mit den Arzneimitteln in Milchzucker oder trockener Form verfahren; gewöhnlich werden mit einem Tro¬ pfen dieser Potenzen 488 aus Satzmehl und reinem Milchzucker bereitete, etwa mohnsamengroße Streukügelchen befeuchtet, deren 200 ungefähr einen Gran wiegen. Es ist freilich nicht wohl einzusehen, wie in den 3-S Tropfen aus dem 30. Glase noch eine Arzneiwirkung enthalten sehn könne, allein die Homöopathen be¬ haupten : gerade durch diese Verdünnung wird die geistige Kraft der Arznei im¬ mer mehr entwickelt und erhöht, weil die Reibung der Kügelchen der Arznei mit den Kügelchen des Weingeistes die Kräfte der Arznei steigere oder potenziere. Schade, daß sie dieses Kunststückchen noch nicht mit einem potenzirten Ha¬ se r k o r n vorgenommen haben, vielleicht könnten sie mittelst eines solchen Hafer¬ korns ein Paar Tausend Pferde sättigen, oder mit einem potenzirten Gras¬ halm eine Kuhheerde sättigen. Freilich können sie uns einwenden: Nahrungs¬ mittel sind nicht Arzneistoffe! allein wenn Lur mit potcnzirtem Hundskoth (LIbin genannt) Durchfälle heilt und Günther Mensch enkoth potenzirt und Verstopfungen der Hunde damit curirt, dann ist Alles potenzirbar. Was nun aus dem Vorausgeschickten von der Homöopathie zu halten sey, wird Jeder leicht einsehen, der nur die ungeheuer kleinen, oder besser ge¬ sagt, in ein Nichts ausgehenden Gaben der Medikamente betrachtet; und daß aus Nichts nichts werden kann, ist eine wohlbekannte Sache, soviel die Homöopathen auch Thatsachen und Erfahrungen dagegen anführen wol¬ len; denn es bleibt das heilige Recht der Pernunft, allen That¬ sachen zum Trotz, das ihr Widersprechende zu verwerfen! Auch habe» die Homöopathen die Behauptung noch nicht erwiesen, daß die Wirkung eines Reizes auf einen mit gesunder ReactionSkraft versehenen Körper diesel¬ ben Änderungen hervorbringen müsse, wie auf den mit krankhafter Reaktion begabten Organismus; daher uns ihre Meinung von der Erst- und Nach¬ wirkung der Arzneimittel, wie sie gegeben, eingebildeterscheint. Zwar berufen sie sich hierbei auf ihre glücklichen Erfahrungen, allein man weiß, daß die sogenannten Erfahrungen tagtäglich mehr in Mißkredit kommen und wir bald aus lauter Erfahrungen keine echte Erfahrung mehr besitzen werden. Man kann den Homöopathen nicht widersprechen, daß während der homöopathischen Behandlung (aber nicht durch sie) viele Menschen und Thiere gesund geworden 2 - 20 Xl^V. Präservativmittel, d. h. solche Mittel, die eine zukünftige Krankheit verhüten sollen, haben wir in uusern Apotheken nicht, sosehr auch U n ku n d i g e nach solchen Recep- teu sich sehnen', und so viel solcher Recepte auch Betrüger her¬ umgeben. Die Gründe, warum es keine solche Präservativ-Arzneimittel ge¬ ben kann, sind sehr einfach: 1) wir kennen keine Arznei, welche die Natur der Thiere so umstimmen würde, daß sie für Schädlichkeiten ganz unempfänglich gemacht werden; höchstens nimmt man in manchen seuchenartigen Leiden, z. B. im Milzbrände, zu einigen chirur¬ gischen Mitteln, als: Aderlaß, ableitendcn Mitteln, die Zuflucht, um wo möglich die Anlage für das Leiden zu vermindern, nie aber in der Meinung, sie ganz aufheben zu können; auch ist uns 2) kein Mittel bekannt, welches den Krankheitsursachen die krank machende Kraft benehmen würde. Und gibt es solche Mittel nicht, dann gibt es auch keine Präservativmittel aus der Apotheke, sondern nur solche, die in zweckmäßigen diätetischen Änderungen, in polizeilichen Maßregeln und bei einigen Ansteckungskrankheiten in der Im¬ pfung bestehen. XDVI. Das gerichtliche Verfahren des Thierarztes be¬ steht darin, daß er in gewissen Fällen beim Kauf oder Verkauf der sind: des nämlichen konnte jedes schon längst verschollene System sich rühmen — und wer heilt die wilden Thiere? — — die Natur allein!! Die Homöopathen thun mit ihrem Nichts von Arzneimitteln auch nichts gegen die Krankheit, und wenn die gute Mutter Natur Hilst, dann sagen sie: sie haben geholfen. Sie entfernen nur die G el eg enh c i ts u rsa ch en und geben Ruhe dem leidenden Theiie — allein da mau in jedem einzelnen Falle nicht in voraus wissen kann, ob die Heilkraft der Natur allein aus reich en wird, die Krankheit zu heben, so beißt die Thiere homöopathisch curiren, mit dem Leben derselben ein zu leichtes Spiel treiben, und dieß darf sich kein Thierarzt zu Schulden kommen lassen. Eine noch neuere Heilmethode, die Krankheiten der Thiere zu behandeln, ist die H y d r op a t h i e (Wasserheilkunde). Mit dem re in en W a sser allein, äußerlich und innerlich, sollen dieser Methode zu Folge alle Krankheiten der Thiere behandelt werden. Wir wollen dieser Behandlungsweise in einigen Fällen ihre Wirksamkeit nicht in Abrede stellen, wie sich dieß aus vorliegender Schrift auch ergeben wird, und gestehen dem kalten Wasser, besonders in verschiedenen Lntdrux- oder Milzbrandformen außerordentliche Wirkun¬ gen zu; allein zu einem Universal mittel dürfen wir das kalte Wasser nie erheben! Und wer kann verbürgen, daß nicht in einigen Jahren auch ein Mag¬ netiseur unter den Thierärzten auferstehen wird, der mit dem Magnetis¬ mus gegen alle Thierkrankheiten zu Felde ziehen wird: gegen die Mo natr ei¬ teret der Kühe, so wie gegen die Win d k o li k der Pferde; gegen die Kreuzlahme alter Beschälhengste, wie gegen den D urch fa l l der Lämmer u. s. w. So entstehen und vergehen die Systeme, wie die Moden des Tages: nur das Wahre besteht! 21 Thiere über die Gegenwart gewisser Krankheiten, die den Kauf rückgängig machen und Hauptfehler oder Gewährs- Mängel heißen, entscheide; auch zuweilen den Grad, die Gefahr, Heil- oder Nichtheilbarkeit irgend einer den Thieren beigebrachten, am bänfigsten mechanischen, seltener chemischen nnd dynamischen Verletzung bestimme, und so in beiden Fällen dem Richter (da¬ her der Name gerichtliche Thierheilkunde) die Mittel zur gesetzli¬ chen Entscheidung an die Hand gebe. Da in solchen Fällen der Thierarzt keinen Heilplan entwirft, auch keine Heilmittel in Anwendung bringt, und auch nicht in Anwendung bringen darf, damit der gerichtliche Gegenstand (Thier) unverändert derselbe bleibe; so versteht es sich von selbst, daß das gerichtliche Ver¬ fahren nicht in die Therapie (oder Heilungslehre) der Krankheiten gehöre. XUVII. Die eigentliche Ursache jeder Genesung besteht in der Herstellung des normalen Verkehrs der betreffen¬ den Organe mit den lebensbedingenden Einflüssen, in Folge der vollständigen Erfüllung der obgenannten Heilbedingungen. Die sogenannten kritischen Entleerungen durch dieHaut, Lungenausdünstung, Harn, Mist u. s. w. sind daher nur die Folge des örtlich gebesserten Leidens, nicht aber, wie Viele glauben, die Ursache desselben. XUVIII. So wie die nächste Ursache jeder Krankheit in der Ver¬ letzung eines Organes und in der daraus erfolgenden Störung des Verkehrs mit den betreffenden Lebensbedingungen liegt, so ist die eigentliche Ursache des Todes in dem ganz aufgehobenen Verkehr der O r g a ne mit d en leben sb ed in g en d e n Ein¬ flüssen in Folge der nicht erfüllten Heilbedingnngen zu suchen. XUIX. Die Ursache aber, warum dieser Lebensverkehr aufgeho¬ ben ist, liegt entweder 1) in den L ebensbedingungen selb st; oder2)inden Organen, welche damit verkehren; oder 3) in beiden zugleich. Die Lebensbedingungeu können entweder ganz fehlen, oder zu stürmisch aus die damit verkehrenden Organe einwirken. In einem solchen Falle sterben die Thiere z. B. erfrierend, erstickend, ersaufend, verhungernd, vor Durst verschmachtend, vom Blitze er¬ schlagen u. s. w., oder sie verfallen nur in den sogenannten S ch e in- tod, wo der Lebensfunke nur noch im Innern fortglimmt, sich über¬ reicht mehr in den drei Lebensseiten (Bildung, Bewegung, Empfin¬ dung) sichtlich ausspricht, und das Thier nur insofern dem Leben an¬ gehört, als noch die Möglichkeit gegeben ist, dieses in ihm neu 22 zu erwecken, was meistens »nr durch eine geregelte, stufenweise Her¬ beiführung der mangelnden Lebensbedingung noch möglich ist. Es gibt daher so viele Arten vom Scheintod, als es Lebens beding« n- gen gibt, doch kann die Ursache des Scheintodes auch in den Or ga¬ lt e n liegen; was jedoch bei Thieren seltener der Fall ist. — Häufi¬ ger aber als die Lebensbedingungen sind die mit ihnen im Verkehr stehenden Organe die Ursache des Todes, wenn sie durch Krankhei¬ ten aller Art, unfähig werden, mit den Lebensbedingungen wei¬ terhin zu verkehren. Die Sektionen umgestandencr Thiere zeigen uns dann immer sichtliche, mehr oder weniger bedeutende Än¬ derungen der kranken Gebilde durch Blutcongestion, Entzündung oder ihre neuen Übergänge, zur vollen Bestätigung unserer Grundsätze! U. Tod aber muß seyn; dieß ist der Plan der Natur für die großartigen Zwecke ihrer Gesammterhaltung. Esmuß daher Krank¬ heiten geben, die unheilbar sind, damit durch sie Thiere zu Grunde gehen und anderen Platz machen. »Der Thierarzt erkenne im Tode — natürlich im unabwendbaren — den langen Arm der Natur, dem er die Bezeichneten nur hier und da auf eine Spanne weit entrücken kann.« Specielle Pathologie und Therapie oder besondere Krankheits- und Heilungslehre. > Erste Abtheilung. Krankheiten des Gehirns. i. Blutcongestion zum Gehirn und Gehirnentzündung. 83eide Krankheitsformen, sowohl die Co n gesti o n als auch die Entzündung des Gehirns find bei Pferden, vielleicht vorzüglich in Folge ihrer Verwendung, ziemlich häufig vorkommende Gehirn¬ leiden. In ihren Erscheinungen ost sich ganz ähnlich, stellt die Congestion nur den ntedern, die Entzündung den Hä¬ hern Grad des Leidens dar. Wir werden sie hier deßhalb in Einem ab¬ handeln, mit der Bemerkung, daß die Blutcongestio n zum Ge¬ hirn, ob sie nun entweder durch Betäubung oder Raserei, Schwindel oder Fallsucht sich verräth, schneller als die Entzündung verlaufe, oft in kürzer Zeit wieder vergehe, immer leichter h e i l b a r sey und deßhalb eine günstigere Prognose zulasse; doch ist eine sichere Diagnose der Blutcongestion zum Gehirn, wegen der großen Ähnlich¬ keit mit der Gehirnentzündung, oft nur erst nach der Cur aus der schnell erfolgten Besserung oder Genesung möglich. Der Sitz beider Leiden ist das Gehirn, entweder in seiner Substanz (Gehirnentzündung) oder in seinen Häuten (Ge¬ st irnhäuteentzündung), oder in beiden zugleich; doch leiden häufiger die an Blutgefäßen reichen, das Gehirn von außen und in¬ nen umkleidenden Gehirnhäute, als das Gehirn selbst. Das Grundleiden ist im ersten Falle bloße Blutconge¬ stion, im zweiten ausgebildete Entzündung. Obgleich Störungen in den Verrichtungen aller drei Lebensseiten bei der Gehirnentzündung eintreten und eintreten müssen, weil das Ge¬ stirn das edelste aller Organe, sowohl die Empfindung, Bewe¬ gung als auch Bildung beherrscht, so wird die Erkenntniß der Ge¬ hirnentzündung doch durch die Beachtung der örtlichen Trübun¬ gen des Gehirns, als leidenden Organs, zunächst begründet. Die Untersuchung des Kopfes ist hier die Hauptsache, denn im Kopfe 26 befindet sich das kranke Organ (Gehirn). Man kann zwar das Gehirn mit den Augen nicht sehen und mit den Händen nicht fühlen, um sich von den fünf Entzündnngsmerkmalen durch unmittelbare sinnliche An¬ schauung zu überzeugen, weil es eingeschlossen liegt in einem festen Knochengewölbe, allein aus den gestörten Verrichtungen des Gehirns und der mit dem Gehirn im organischen Verbände oder Geschäftsverkehr stehenden, nachbarlichen Ge¬ bilde (Schädelknochen, Sinneswcrkzengen) werden sich mehr oder weniger alle Entzündungsmerkmale erkennen lassen. Also nur den Kopf genau untersucht! — und man wird die höhere Wärme an der Stirne, am Scheitel, am Hinterhaupte füh¬ len; die hö h e r e Röthe an allen sichtlichen Schleimhäuten der Sin- neswerkzeuge, z. B. der Augen, der Nase, des Maules sehen; die Geschwulst an den oft strotzenden, mehr hervorgetriebenen Augen bemerken; den Schmerz aus dem tobenden oder betäubten Beneh¬ men des Thieres, oft selbst durch das Befühlen des Kopfes, durch das Einführen eines Fingers in die Ohren, welches beides das Thier häufig gar nicht duldet, erkennen und die gestörten Verrichtungen des leidenden Gehirns nicht bloß in der gesteigerten oder verminderten Em¬ pfindung , sondern auch in der regelwidrigen Bewegung und Bildung bemerken, weil das Gehirn als Centralorgan der Empfindung, auch das Bewegungs- und Bildungsleben beherrscht und leitet. Doch sind die Trü¬ bungen bei der Gehirnentzündung, besonders im Empfindungs- lebcn, d. i. in den Verrichtungen der Sinueswerkzeuge, der Gehirn- thätigkeiten und der willkürlichen Bewegung, vor allen andern auffallend und wesentlich; die Störungen des Bildungslebens aber und jener Empfindung und Bewegung, die im Dienste der Bildung steht, sind nur das Folgeleiden des erkrankten obersten Organs zu nennen. Nachdem wir in den fünfEntzündungsmerkmalen die wesentlichen und immer bleibenden H aup tkennzeichen der Gehirnentzündung angeführt haben, halten wir es für unnöthig, das Bild der Gehirn¬ entzündung ins kleinste Detail zu zeichuen; denn der Plan dieses BucheS ist, nur überall das Wesentliche, Hauptsächlichste, Wichtigste herauszuheben und so zu verhindern, daß man vorlau¬ ter Bäumen den Wald nicht sehe. Aber wohl zu merken und für die Praris höchst wichtig ist die Erfahrung, daß die Gehirnentzündung (und auch Congestivn) in einer zweifachen Form auftritt, entweder 1) als Raserei und un¬ gewöhnliche Aufgeregtheit, oder 2) als Be täubung und auffallende Abgestumpftheit. Wer die Pferde mit Gehirnentzündung mir immer tobend und 27 rasend sich denkt, und nur den rasenden Zustand für Gehirnentzündung hält und behandelt, würde sich sehr irren; denn es gibt auch Gehirn¬ entzündungen mit dem gerade entgegengesetzten, betäubten, abgestumpf¬ ten Zustande, weil die Trübungen des Gehirns sich entweder durch g e- steigerte oder verminderte Empfindung aussprechen, in Folge dessen die Thiere ein ganz verschiedenes Benehmen in den Be¬ wegungen, Stellungen u. s. w. zeigen. Bei der ersten Art der Gehirnentzündung, die sich durch ungewöhnliche Aufgeregtheit und Raserei ausspricht, ver- rathen die Thiere alle Zeichen einer gesteigerten Empfindung, wobei gewöhnliche Eindrücke schon ungewöhnliche Empfin¬ dung veranlassen. Dieser Zustand spricht sich oft plötzlich bei früher ganz gesunden Thieren, oft auch nach vorausgegangenen Vorboten als erhöhte oder verminderte Empfindlichkeit, Unruhe, Trägheit, lang¬ sames Fressen u. dgl., im An falle des Rasens selbst aber durch dro¬ hende Stellung und Bewegung, grimmige Physiognomie, rollende feurige Augen, Knirschen und Beißen mit den Zähnen, gewaltsames Steigen, To¬ ben und Schlagen, Drehen im Kreise oder nach links oder rechts, plötzliches Zusammenstürzen und Wiederaufstehen, beschleunigtes, gewaltsames, schnaubendes Athmen, beschleunigte (oft bis 100 und darüber), sehr kleine, gespannte, harte, oft unregelmäßige Pulsschläge, vermehrte Körperwärme, Schweiß des ganzen Körpers u. s. w. aus, welcher Zustand, obgleich dem rasenden Koller ganz ähnlich, doch unrichtig, rasender Koller genannt wird, weil er neu entstanden ist. Beider zweiten Art der Gehirnentzündung, die sich durch ungewöhnliche Ab gestumpstheit und Betäubung aus¬ spricht, verrathen die Thiere alle Zeichen einer verminderten Em¬ pfindung, so daß nicht einmal ungewöhnliche Eindrücke die gewöhnliche Empfindung bewirken. Dieser Zustand spricht sich ganz im Gegensätze nut dem vorigen, durch ein ruhiges hinfälliges Dastehen mit gesenktem Kopfe, hängenden Ohren, ganz- oderhalb¬ geschlossenen Augen, mattem Blicke, Gleichgültigkeit gegen alle äußern Einflüsse, durch zuweilen beschleunigten, häufig aber wegen vermin¬ derter Empfindung und träger Bewegung, auch unter der normalen Zahl (unter 40) stehenden Puls, veränderte Körperwärme, ruhiges, zuweilen auch noch langsameres Athemholen u. s. w. aus, und wird häufig auch Nerv en sieb er, Pferd etyphus genannt. Daß in beiden Formen das Bildungsleben sehr darniederliege, daß die Thiere nichts fressen, zuweilen große, oft gar keine Trinklust äußern, daß die Mistentleerungen verzögert und der entleerte Mist tro¬ cken, klein geballt, dunkel gefärbt, ebenso derHarn baldfeurigroth, bald 28 bierbraun, bald wasserhell sey, versteht sich von selbst; so wie, daß der Herzschlag, nach dem verschiedenen Eharacter des Leidens, einmal fühlbar, auch pochend, das andere Mal ganz unfühlbar sein könne. Fragt man um den Grund, woher es komme, daß die Gehirn¬ entzündung einmal Raserei, das andere Mal Betäubung bewirke, so müssen wir auf den verschiedenen Sitz, Grad und Umfang der Entzündung Hinweisen; denn man glaubt, daß damals, wenn die niehr anschwellbare, an den harten Schädelknochen liegende und von diesen im geschwollenen Zustande gedrückte und gereizte harte Hirn¬ haut entzündet ist, die Raserei die Folge sey; da hingegen die Ent¬ zündung der seinen, durchscheinenden, fast gar nicht anschwellbaren, an der weichen Gehirnsubstanz anliegenden Spinnenwebenhant nur Betäubung und Abgestumpftheit bewirke. Oft ist es wirklich der Fall, daß die Gehirnentzündung sich durch keine auffallend en Erscheinun g en verräth, oder wenigstens nicht in einem solchen Grade und Umfange auftritt, daß die Verwen¬ dung des Thieres durch sie beeinträchtigt wäre, bis endlich Entzün¬ dungsübergänge sich einstellen und die Krankheitsproducte so zu¬ nehmen, daß das Gehirnleiben nicht mehr zu verkennen ist. Deutliche Beweise für dieses unmerkliche Auftreten und Verlaufen der Hirnent¬ zündung geben uns der Koller, und die Drehkrankheit bei Schafen. Solche Pferde wurden die ganze Zeit wie gewöhnlich verwendet, zeig¬ ten sich angeblich munter und lebhaft, oft noch lebhafter als gewöhnlich, die Eigenthümer hielten sogar diesen Zustand für noch bessere Gesundheit; auf einmal werden sie, ohne neue Veranlassung, betäubt und dumm, gehen oft bald darauf zu Grunde und die Sektion zeigt eine Menge seröser und lymphatischer Flüssigkeiten im Gehirn. Die Ursachen nun, warum die Entzündung des Gehirns oft so still und unmerklich verlauft, dürften in dem geringer» Grade und derminder großen Ausbrei¬ tung der Entzündung, und vielleicht vorzüglich in der weniger em¬ pfindlichen, nervenarmen Organisation der Gehirnhäute und mehrerer Stellen des Gehirns selb st liegen, da nach vielfältigen Erfahrungen und Versuchen bedeutende Verletzungen des großen und kleinen Gehirns durch Stiche, Schnitte, Wegnahme ganzer Partien der Gehirnsubstanz, wenn diese Verletzun¬ gen nicht z n t i e f gegen die Höhlen, Schenkel, gestreiften Körper n. s. w. gedrungen sind, oft ohne auffallende Nachtheile, weder für die Em¬ pfindung noch für die Bewegung, von den Thieren vertragen wurden. Der Verlauf der Gehirnentzündung ist sehr acut, besonders wenn das Rasen und Toben sehr heftig ist, in welchem Falle die Krank¬ heit nur —18 Stunden, höchstens zweiTage als solche dauert; län- 29 ger ist die Dauer im betäubten Zustande, doch niemals mit Gewißheit zu bestimmen, da die Größe des Leidens, die herrschende Witterung, die Behandlung u. s. w. die Dauer verkürzen oder verlängern können. Drei verschiedene Aus gange sind Lei der Gehirnentzündung möglich, sie gebt l) durch Zertheilung der Entzündung in Genesung über, oder 2) durch Entzündungsübergänge in verschiedene Na chkrankh eiten, z. B. Koller, Schwindel, Fallsucht, Lähmungen der Ohren, Lip¬ pen, Pupille, der Extremitäten u. s. w. oder 3) durch Schlagfluß in den Tod. Die Sektion en umgestandener Thiere zeigen im Gehirn die wesentlichsten Änderungen durch Congestion, Entzündung und ihre Über¬ gänge; daher findet man die Hirnvenen und Blutbehälter des Gehirns mit Blut überfüllt, die Rinden- und Marksubstanz geröthet, oder gelb¬ lich gefärbt, an den Schnittflächen der Gehirnsubstanz zahlreiche Blut- puncte, die Hirnhäute entzündet, seröse oder lymphatische Ergießungen in der Substanz des Gehirns und daher rührende Erweichung oder grö¬ ßere Derbheit des Gehirns, Gehirnverhärtung, Gehirntuberkeln, Blut¬ austretungen an verschiedenen Stellen, seröse oder lymphatische Ergie¬ ßungen in den Gehirnhöhlen, im Adergeflecht oder am Grunde des Ge¬ hirns, seltener Blasenwürmer, höchst selten Eiterung, niemals Brand. Sehr häufig aber findet man das Ad er gesiecht durch ausgeschwitzte Lymphe, oder eine griesartige, körnige und harte Masse vergrößert, wovon in unserem Jnstitntsmuseum ein Präparat besteht, dessen vergrö¬ ßertes Adergeflecht tanbeneigroß ist. Nebst diesen Hauptsectionsergebnissen findet man auch an der O b c r- fläche des Körpers die Spuren der Verletzungen, besonders am Kopfe, in Folge des rasenden und tobenden Benehmens; in den Brust- und Baucheingeweiden aber zuweilen gar keine krankhaften Änderun¬ gen, wenn der Tod schnell erfolgte, nicht selten hingegen Spuren von Congestion, Entzündung u. s. w. entweder als Complication der Gehirnentzündung mit andern Krankheiten, oder als bloße Folge¬ leiden des Hauptleidens im Gehirn. Ursachen der Blutcongestion und Entzündung des Gehirns. Zn den vorbereitenden gehören: eine erbliche, in der Abstam¬ mung begründete, oder angeborne Anlage, besonders in Folge gewisser Formen und Mißbildungen des Kopfes, wie z. B. bei den soge¬ nannten Rammsköpfen, Schafköpfen, überhaupt bei Pferden, deren ge¬ bogene, zuweilen auch schiefe Köpfe zugleich eine sehr schmale Hirnschale (Stirn) haben, ferner ein kurzer fetter Hals, Speckhals, Schweinhals, ein lebhaftes, feuriges, empfindliches Temperament; jugendliches Alter, besonders zur Zeit des Zahnwechsels; ein war- 30 mer, dunstiger, finsterer, durch scharfcAusdünstungen nachthciligerAufent- halt; vieles schwerverdauliche, den Bauch überfüllende und wegen Druck auf die Bauchaorta den freien Blutumlauf störende Futter u. s. w. Alle diese Umstände bewirken mehr oder weniger Blutcongestion zum Gehirn und bereiten die Thiere zu Gehirnentzündungen vor, die sich dann wirklich entwickeln, wenn mehr oder weniger bedeutende Gelegenheits¬ ursachen auf sie einwirken. Die Gelegenheitsnrsachen der Gehirnentzündung sind in Mißverhältnissen der Witterung, Fütterung, Verwendung, Pflege und des Aufenthaltes zu suchen und ihre Einwirkungsart ist theils mechanisch, theils dynamisch, seltener chemisch. Dazu gehören: eine heiße Witterung und grelles Licht, entweder der Sonne, des Mondes, oder selbst des Blitzes (daher der sogenannte Sonnen¬ stich, Sonnenkoller, Mondkokler, Blitzkoller); der Genuß vielen und schwerverdaulichen Futters, z. B. Korn, Klee, Wicken u. s. w. (Magenkoller) nnd, was wohl sehr selten der Fall ist, ge¬ wisser betäubender Arzueistoffe, z. B. des Opiums, des Stechapfels, der Tollkirsche, des gefleckten Schillings, schwarzen Bilsenkrauts, des Tau- mellolchs, des Nachtschattens, der Ölkuchen aus Bucheckern u. s. w.; ferner eine sehr angestrengte Verwendung der Pserde bei heißer Jah¬ reszeit, mit sehr engen, unpassenden Geschirren, zu engen Kehlriemen und Kumeten, zu kurzen Aufsatzzügeln u. dgl., durch das zu starke Heranbringen des Kopfes bei der Dressur des Pferdes zum Reiten, wo¬ durch der Rückfluß des Blutes vom Kopfe gehindert wird; oder wenn die früher erhitzten Thiere verkühlt werden; ferner eine vernachlässigte Pflege, in Folge deren die Pferde oft mechanischen Verletzungen des Kopfes durch Stöße, Schläge auf den Kopf u. s. w. ausgesetzt werden. Auch unbefriedigter Geschlechtstrieb wird zuweilen als Ur¬ sache der Gehirnentzündung beschuldigt und Samen- und Mutter¬ koller meistens mit Unrecht genannt; denn höchst selten ist dieser Zu¬ stand förmliche Gehirnentzündung oder wohl gar Koller, sondern mei¬ stens nur ein aufgeregter, reizbarer oder ein gleichgültiger stumpfsinni¬ ger (Cvngestions-) Zustand, in Folge des heftigem unbefriedigten Ge¬ schlechtstriebes mit öfterer Aufrichtung der Ruthe, Bewegung (Öffnen und Schließen) der geschwollenen rötheren Schamlippen und des Schwei¬ fes, Ausfluß einer schleimigen Flüssigkeit (Brunst genannt) aus der Scheide, öfterem Harnen, Unruhe des Thieres, verminderter Freßlust u. s. w. Endlich kann auch ein warmer, dunstiger, mit Mistjauche an- gefüllter und die Gernchsnerven sehr reizender Aufenthalt im Verein mit andern Schädlichkeiten die Ursache der Gehirnentzündung seyu. Übrigens muß noch bemerkt werden, daß die Gehirnentzündung oft 31 durch Ausbreitung der entzündlichen Leiden anderer Organe, also symptomatisch, entstehe, z. B. bei der bösartigen Drüse, bei den sogenannten typhösen Leiden der Lunge, der Gedärme u. s. w.; bei einigen sehr schmerzhaften Krankheiten, z. B. Kolik, Rehen, s.w., wenn von der Peripherie der Empfindungsorgane die entzündliche Rei¬ zung zum Gehirn, als dem Mittelpunkt der Empfindung, auf dynami¬ sche Art sich verbreitet. In vielen Fällen wird durch die allmälige Aus¬ breitung anderer Entzündungen auch das Gehirn in den Kreis des Lei¬ dens gezogen und das sogenannte Nervöswerden vieler Krankheiten begründet. Doch darf man nicht jedes ruhige empfindungslose Dastehen mit gesenktem Hals und Kopf, wie z. B. bei allen hochgradigen Entzün¬ dungen des Halses, der Lunge, Gedärme u. s. w., für gleichzeitige Ge¬ hirnentzündung halten; denn in diesen Fällen stehen die Thiere wie in sich vertieft, bloß mit ihrem gefährlichen oder schmerzhaften innern Zustande beschäftigt, ohne Entzündung des Gehirns. Die nächste Ursache der Blutcongestion und Gehirnentzündung ist die V e rl e tz u n g des Gehirns oder seiner Häute durch die erstgenann¬ ten Schädlichkeiten, in deren Folge Congestion und Entzündung als wohlthätige Heilbestrebnngen der Natur sich entwickeln, wobei aber die Verrichtungen des Gehirns dergestalt gestört werden, daß sowohl Em¬ pfindung, als auch Bewegung und Bildung unregelmäßig werden. Tie Prognose ist bei jeder Gehirnentzündung zweifelhaft, weil die Erfüllung, vorzüglich der 2. und 3. Heilbedingung, immer schwie¬ rig ist; indem der Sitz des Leidens in dem edelsten Organe stattfin¬ det, und schlimme und tödtliche Entzündungsübergänge so schnell eintreten. Die Häute des Gehirns sondern im gesunden Zu¬ stande beständig einen Dunst ab; bei Entzündung dieser Häute aber werden wegen der vermehrten Thätigkeit der aushauchenden Gefäße so viel Dünste abgesondert, daß sie durch die aufsaugenden Gefäße nicht gleichzeitig eingesogen werden können, sondern an Ort und Stelle blei¬ ben, ans dem dunstsörmigen Zustande in den tropfbarflüssigen übergehen und sich zum flüssigen Sernm, gemeiniglich Wasser genannt, verdich¬ ten ; welches Serum dann sowohl durch seine Menge als Beschaffenheit, wenn es nicht durch eine vermehrte Thätigkeit der Lymphgefäße hinweg¬ geschafft wird, mechanisch, chemisch und dynamisch die nachbarlichen Gebilde durch Rückwirkung beleidigt, das Leiden unterhält, wiederholt und selbst bis zur Tödtlichkeit steigert. Allen Erfahrungen zu Folge hat man Grund anzunehmen, daß die Entzündungen seröser Häute sehr bald zu vermehrten Wasserergießungen führen, die oft dann erst, wenn sie in größerer Menge angesammelt find, die Krankheit verrathen, wie wir dieß beim Koller so häufig beobachten. Nebst den Wasserergießnngen 32 ist bei der Gehirnentzündung die Ausschwitzung von gerinnba¬ rer Lymphe einer der häufigsten Entzündnngsübergänge, die, weil sie von den Lymphgefäßen noch schwerer auffangbar ist, eine noch un¬ günstigere Prognose begründet. — Je heftiger und anhalten¬ der das Toben und Rasen des Thieres ist, desto gewisser ist der u n g ü n sti g e Ausgang, entweder in Folge von Blntertravasaten, Was¬ serergießungen, oder Ausschwitzung von gerinnbarer Lymphe. Sehr hef¬ tige Tobsucht endet schon ost in 12—18 Stunden, oder noch früher mit dem Tode. — Blutcongestionen lassen häufiger eine günstigere Prognose zu. Die Anzeigen für einen g ü n st i g e n Ausgang muß man nur in dem allmäligen Wiederkehren der gesunden Empfindung und Bewegung suchen; wird die Stellung, BewegungundHaltung des Thieres regelmäßiger, kehrt das Bewußtseyn und die Thätigkeit der Sinneswerkzeuge wieder zurück, äußert das Thier wieder ein Verlangen nach Futter und Getränk und genießt cs dasselbe ordentlich, zeigt es Auf¬ merksamkeit gegen äußere Einflüsse, kehren die alten Gewobnheiten und Unarten, z. B. Koppen, Weben, Beißen u. dgl. wieder, so kann man alle Hoffnung haben und geben, daß das Thier wieder gesund wird. Therapie. Das Ersteisthier, wie überall, die Entfernung der Gelegenheitsursachen, die die Gehirnentzündung hervorge¬ bracht haben und in der Ätiologie angegeben wurden. Bei rasenden Pferden ist ein sorgfältiges Bewachen dieser Thiere, damit für Men¬ schen kein Nachtheil durch sie entstehe, und das H inw e grä u m e n al¬ ler solcher Gegenstände auS dem Stalle nothwendig, womit sich das Thier selbst beschädigen und besonders am Kopfe verletzen könnte, wodurch die Entzündung noch vermehrt wird. Daher ist es gut, sobald ein Zeitpunct der Ruhe eintritt, dem rasenden Thiere eine sogenannte Kollerhalfter anzulegen, und dieser Zeitpunct muß auch für die ärztli¬ che Hülfeleistung benutzt werden. Das Fesseln solcher rasender Pferde aber ist nicht anzurathen, weil dieses die Thiere noch mehr beun¬ ruhigt und die Krankheit verschlimmert. — Befriedigung des Geschlechts¬ triebes heilt den irrig sogenannten Samen- und Mutterkoller meistens, besonders wenn die Befriedigung desselben bei Stuten frucht¬ bar war. — Zur Erfüllung der zweiten Heilbedingung, d. i. Entfer¬ nung des Krankheitsproductes, als welches bei der Conge¬ stion oder Entzündung des Gehirns, das im Gehirn in größerer Menge angehäufte Blut zu betrachten ist, sind folgende Heilmittel, sowohl pharmaceutische, chirurgische als auch diätetische, nothwendig: Das i. Hauptmittel in der Gehirnentzündung sind tüchtige Blut- entleerungcn aus einer oder beiden Halsvenen zugleich, die 33 nach der Größe, Alter und Organisation des Thieres und nach der Hef¬ tigkeit der Entzündung verschieden, von 8—16 Pfund auf einmal, im¬ mer aber ergiebig und nach Bedarföfters wiederholt werden sollen. Wer bei Gehirnentzündungen nicht gleich im Anfang und viel Blut läßt, ist Schuld, daß die Entzündung schlimme Übergänge macht. Zwar vermag in vielen Fällen auch der kräftigste antiphlogistische Heilapparat nichts, allein wenn dieser nicht Hilst, so hilft auch kein an¬ deres Mittel. — Blutentleerungen aus der Sch lä fe narte rie, die manche Thierärzte deßwegen anratheu, weil mau nahe am leidenden Theile und arteriöses Blut entleert, sind bei Gehirnentzündungen nicht anzuempfehlen, weil 1) die Schläfenarterie mit den Blutgefäßen des Gehirns in keiner unmittelbaren Verbindung steht ; 2) an dieser Stelle die Operation viel umständlicher ist; 3) weil aus der Schläfenarterie in kurzer Zeit keine so bedeutende Quantität Blut, als durch die weite Hals¬ vene abgezapft werden kann; 4) weil die Blutstillung an der Schläfen¬ arterie oft durch kein anderes Mittel als durch einen drückenden Verband, der die Thiere noch mehr beunruhigt, zu bewirken ist. — Überhaupt ist man in der Thierheilkunde von den vielen Ad erla ßste l l e n abge¬ kommen, wie man sie früher gebräuchlich findet, und wovon man in G o rz e's Hans- und Landwirthschast vom Jahre 1701 eine Tafel fin¬ det, worauf 100 Stellen zum Aderlässen beim Pferde angegeben sind. — Bei Gehirnentzündungen mit Raserei muß die gemachte Venenöss- nung sorgfältig verschlossen werden , weil durch das Toben und den großen Blutandrang leicht die Aderlaßwunde aufgerissen nnd starke Blutung, ja selbst Verblutung eintreten könnte. Zeitweises Nach¬ schauen ist hier, dieses leicht möglichen Umstandes wegen, sehr zu empfehlen. Das 2. H a u p t m ittelist die örtliche Anwendung der Kälte durch Begießungen des Kopfes mit kaltem Wasser, besonders aus der Höhe, etwa 10 Fuß hoch, oder durch Umschläge mit kaltem Wasser, Eis oder Schnee auf den Kopf, die immer über die Augen reichen sollen, nm gleichzeitig den Lichtreiz von denselben abzuhalten. Diese kalten Um¬ schläge vermindern den Andrang des Blutes zum Gehirn, und müssen immer fleißig wiederholt, und niemals trocken und warm wer¬ den, wenn sie den Zweck nicht verfehlen sollen. Nur in jenen Fällen, wo die Thiere die kalten Umschläge durchaus nicht dulden wollen, soll man von ihrem Gebrauche abstehen, weil sonst das Thier noch mehr beunruhigt und die Krankheit verschlimmert wird. —Begießungen des ganzen Thieres mit kaltem Wasser und darauf angewendetes nach¬ drückliches Frottiren desselben und gute Bedeckung, um reichlichen Biciweis Hcilveef. - Aufl. 3 34 Schweiß zu erzwingen, haben sich schon in einigen Fällen an unserer Klinik höchst hülfreich bewiesen. Das 3. Hauptmittel sind revellirende Einreibungen aus Lorbeer öl 2 Loth, Terpentinöl 2 Loth, und Cantbari- den 2 Ouintel, in die innere Fläche d er H i n terschen kel; auck Leder st ecken oder Eiterbänder an der Brust gehören hieher; die aber bei der Gehirnentzündung jenen breiten und eingreifenden Einrei¬ bungen in die Hinterscheukel, um das Blut vom Kopfe abzuleitcn, bei weitem nachstehen. Revellirende Einreibungen, Eiterbänder, Glüheisen au deu Kopf selbst angebracht, schaden statt zu nützen, weil sie das Blut gerade zum Kopf hinleiten. Das 4. H a up tm ittel sind salzige oder sonst reizende K lystiere, z. B. mit Kochsalz- oder Seifenwaffer, Tabakblätterdecoct, weil sieden Darmcanalentleeren, und durch ihren Reiz das Blut mehr zum Hinter¬ leib leiten. Mit diesen vier chirurgischen Haupkmitteln müssen immer die d i ä- te tisch en verbunden worden: dazu gehören ein dunkler, luftiger, kühler, geräuschloser, reinlicher Aufenthalt, des Nachts oft auch im Freien; gänzlicher Futter abbruch und viel Ge¬ tränk, entweder reines Wasser, oder Wasser mit Kochsalz oder Sal¬ peter 2—4 Loth auf ein Wasserbehältniß von etwa t O—12 Maß. Und keine sonstigen innerliche Arzneimittel? wird man fragen. Die Antwort lautet: Die genannten chirurgischen und diätetischen Heilmittel sind bei weitem die vorzüglichsten, oft, besonders beim rasenden Zustande, die einzigen, die man anwenden kann, und wenn zu helfen ist, auch die meistens hin re i ch end en. Doch kann man — wenn es thunlich ist — die Ableitung des Blutes vom Kopfe auch durch, auf den Darmcanal revellirend einwirkende Mittel zu be¬ fördern suchen, und dann innerlich, z. B. Doppelsalz 4—6 Loth, Salpeter 1 Loth mit Mehl und Wasser als Latwerge, oder Doppel¬ salz 4—6 Loth, Brech Weinstein 1 Quintl mit Mehl und Was¬ ser als Latwerge, oder statt Brechweinstein versüßtes Quecksil¬ ber (Hnlomkl) 1 Quintel geben, und die Gabe zweimal des Tages wiederholen. Dieß sind die vorzüglichsten Heilmittel, so lange Congestion oder Entzündung das Grnndleiden ist; befürchtet man, besonders wegen längerer Dauer der Krankheit und eintretender Betäu¬ bung nach dem rasenden Zustande, Entzündungsübergänge, vorzüglich seröse oder lympbatische, wohl auch blutige Ergießungen; dann ist die Anzeige für das Aderlässen nicht mehr vorhanden, indem die Blutent¬ leerungen das ergossene Wasser, die Lymphe oder das ausgetretene Blut 35 nicht mehr wegschaffen können, nnd Genesung des Thieres, — mit weniger Hoffnung — nur von solchen Mitteln zu erwarte« ist, welche die Ausschwitzungen verhindern nnd die Aufsau¬ gung der schon ergossenen Krankheitsproducte befördern. Die Behand¬ lung stimmt dann ganz mit der Behandlung des Kollers überein, all- wo auch die hieher passenden Mittel angegeben sind (siebe daher dieTh e- rapie des Kollers). — Ist die Gehirnentzündung sammt ihren Folgen durch mechanische Gewaltthätigkeiten veranlaßt worden, nnd wäre dabei ein Knochenstück des Schädels eingedrückt oder z ersplit- tcrt worden, so ist zur Erfüllung der ersten Heilbedingung die Entfer¬ nung des das Gehirn verletzenden Knochensplitters oder das Emporhe¬ ben des eingedrückten Knochenstückes unumgänglich nothwendig, und die Trepanation nach den Regeln der Chirurgie vorzunehmen. Die Prognose ist in solchen Fällen meistens ungünstig. Die Gehirnentzündung ist kein Hauptfehler, daher auch die Benennung der Gehirnentzündung mit r a se n d e m Koller unrichtig ist. Eine Verwechslung der Gehirnentzündung mit der Wuth könnte, wenn das Thier rasend sich geberdet, stattfinden; doch ist bei der Ge¬ hirnentzündung und beim rasenden Koller ein gewaltsames, bewußt- und absichtsloses Toben, ohne Beiß sucht zugegen; während bei der Wuth die Beißsucht mit Bewußtseyn und ein unwider¬ stehlicher Drang lebende und leblose Gegenstände und auch sich selbst zu verletzen, characteristisch ist. 2. Koller. Wir bezeichnen alle Gattungen des Kollers, ob sie nun stiller Koller, Dnmmkoller oder rasenderKoller genannt werden, mit der allgemeinen Benennung Koller, weil das Wesen der Krankheit eines und dasselbe ist, nnd das österreichische Gesetz nur vom »Koller« spricht. Unter Koller verstehen wir demnach immer eine übergegan¬ gene Gehirnentzündung, und nennen den Koller eine chroni¬ sche, gewöhnlich fieberlose Krankheit, die ihren Sitz im Gehirn hat, in Entzündungsübergängen besteht, und dadurch ver¬ schiedenartige und verschiedengradige Trübungen des Ein p f i n d n n g s l e b e n s verursacht, in Folge deren auch Bew e g n n g und Bildung unregelmäßig werden. Tie wesentlichen Zeichen des stillen nnd Du mm ko Ilers lind Abgestumpftheit der Empfindung, des Gemeingefühles und aller Sinneswerkzeuge, mit Trägheit nnd Unregelmäßigkeit 3' 36 der Bewegung und Bildung. Alle diese Zufälle sind vorzüglich nur dem Druck e der Krankheitsprodncte ans das Gehirn znznschreiben. Worin sich aber der sti lle Koller von Dummkoller wesentlich unterscheiden, wis¬ sen wir nicht anzugeben ; denn der Dummkoller ist still, uud der stille Koller ist dumm; vielleicht ist der Dummkoller ein etwas höherer, und der stille Koller ein niederer Grad des Gehirnleidens zu nennen? Ans jeden Fall hat diese Eintbeilung keinen praktischen Werth. Der rasende Koller ist aber jenes Gehirnleiden, wo die Ab¬ gestumpftheit der Empfindung und die Trägheit der Bewegung zeit¬ weisen Steigerungen und Aufr egung en der Empfin düng und heftigen Bewegungen Platz macht, die aber nach längerer oder kürzerer Zeit wieder in den vorigen stillen oder dummen Zustand über¬ gehen; denn man bemerkt, daß dnmmkollerische Pferde rasend, und rasende dummkollerisch werden. Wohl zu unterscheiden, nicht bloß in th erap en tische r, sondern auch gerichtlicher Hinsicht, ist die Gehirnentzündung vom rasen denKoll er; denn die Gehirnentzündung ist ein Erstleiden in einem früher gesunden Thiere, und besteht in bloßer Entzündung des Gehirns, die zwar in der Folge durch Übergänge derselben in Kol¬ ler übergehen kann, oft aber in ein paar Tagen wieder ganz gehoben ist; der rasende Koller aber, obgleich im Augenblicke des Rasens der Gehirnentzündung ganz gleich, setzt eine schon über g eg an g en e Ent¬ zündung des Gehirns voraus, die jetzt von neuem angefacht wurde, ent¬ weder durch Rückwirkung der Krankheitsproduete der ersten Entzündung oder durch zufällige äußere Einflüsse, z. B. grelles Licht u. dgl., welche eine neue Cvngestion oder Entzündung veranlaßten; beim rasenden Koller ist daher die Cvngestion oder Entzündung nicht mehr ein Er stle iden, son¬ dern ein Dritt lei den. In dieser Bedeutung, nämlich als überge¬ gangene G c h irnentzünd un g, nimmt auch wahrscheinlich das österreichische Gesetz den Koller; denn wie könnte er sonst als Haupt¬ fehler gelten (was bei der Gehirnentzündung nicht der Fall ist) und 30 Tage Gewährszeit haben? Um also den rasenden Koller von Gehirnentzündung zu unterschei¬ den (und dieser Unterschied ist oft von großer Wichtigkeit, wo es sich umdas Mein und Dein handelt), ist die bloße Beobachtung während des rasenden Momentes nicht hinlänglich, sondern eine sorgfältige Beob¬ achtung vor und nach dem Rasen nothwendig. Im Augenblicke des Rasens ist keine sichere Unterscheidung möglich, weil da Gehirnentzün¬ dung und rasender Koller sich ganz gleichen. Mangel des thierischen Be- wußtseyns, — denn solche Thiere wissen nicht, was sie thun, — träges Benehmen, abnorme Verrichtungen der Verdauungsorganeu. s. w. 37 sind zwar, wie gesagt, bleibende Kennzeichen des Dnmmkollers; da aber diese Erscheinungen oft auch bei andern Krankheiten, z. B. bei hef¬ tigen Entzündungen der Brustorgane n. dgl. oder auch bei sehr abgetrie¬ benen, alten, gemeinen Pferden Vorkommen, so mnß bei der Unter¬ suchung nebst den genannten Erscheinungen auch auf den Mangel solcher Symptome, die für ein anderes Leiden sprechen, Rücksicht genommen werden, um Verwechslungen der Krankheiten zu vermeiden. Die Untersuchung kollerisch seyn sollender Pferde geschieht gewöhn¬ lich auf folgende Art: 1) Man untersucht die Empfindung des Thieres, besonders an solchen Stellen, die im gesunden Zustande die empfindlichern sind, und greift daher demThiere in die Ohren und tritt es auf die Kroue. Kollerische Pferde, deren Gemeingefühl immer mehr oder weniger abgestumpft ist, ertragen beides gewöhnlich gleichgültig, doch nicht immer; daher ist das Kitzeln der Ohren und das Treten der Krone für sich al le in noch kein untrügliches Prüfungsmittel des Kollers; denn cs gibt gemeine, träge, phlegmatische, weniger kitzliche, wohl auch fromme, an nähern Umgang mit Menschen gewohnte Pferde, die ohne kollerisch zu seyn, dieß alles ohne abwehrende Bewegung dulden; so wie wieder manche entschieden kollerische, z. B. im Anfänge der Krankheit, bei keinem hohen Grade des Dummkollers, oder wegen edler Abstammung empfindlichere, oder durch künstliche Mittel, z. B. Aus¬ brennen der Ohrmuschelhaare, scharfe Einreibungen oder Stiche in die Krone empfindlicher gemachte Thiere, diese Versuche nicht gleichgültig vertragen. 2) Man untersucht das Thier in seiner Stellung (die bei allen krankenThieren wirklich die Sprache des Gefühles zu nennen ist) und findet das duinmkollerische Pferd ganz ruhig mit gesenktem Kopf und hängenden Ohren, dummer Miene, die vorzüglich dadurch entsteht, daß das obere Augenlied einen starken Winkel oder ein Eck bildet, und am bemerkbarsten wird, wenn man die Schopfhaare zurückstreicht und uun die Physiognomie des Thieres recht ins Auge faßt, mit stieren Augen, die Augenlieder ganz oder halb geschlossen, dastehen; die Füße, besonders die vordem, unregelmäßig und ungeschickt, kreuzend oder durch den Leib ge¬ schoben, oft so gestellt, daß die Thiere kaum sich im Gleichgewicht erhal¬ ten zu können scheinen. So stehen sie, wie im Nachdenken versunken (da¬ her auch der Name des Kollers »Student«) gleichsam schlafend, die Stiche der Fliegen gleichgültig duldend, den Kopf zuweilen im Barren versteckt oder an die Wand angelehnt, meistens vom Licht weggewendet, seltener in die Höhe gerichtet (»Loser«), meistens auf einen Fleck; zu- 38 weilen aber gehen sie beständig im Kreise herum (»Dreher«), entwe¬ der immer nach rechts oder immer nach links, manchmal stürzen sie über den Kopf nm. Wenn man kvllerischen Pferden eine beliebige Stellung gibt, so bleiben sie in derselben stehen, wenn sie noch so ungeschickt ist; das gewöhnliche Prüfungsmittel in diesem Falle ist das langsame Vor¬ stellen des einen oder des andern Vorderfußes, oder das kreuz w e ise Üb e r e i n a n d e r st e ll e n derselben. Doch ist auch dieses Prüsungsmit- tel für sich allein nicht hinreichend; denn es gibt viele fromme, ge¬ lehrige oder sehr ermüdete, fanle, alte Pferde, die dieß alles mit sich thun lassen, ohne kollerisch zu seyn; und manche kollerischc, die dieses, besonders wenn es zu gähe geschieht, nicht dulden. 3) Man beobachtet sie im Gange und findet diesen langsam, als wenn Blei an ihren Füßen hinge, unregelmäßig, plump, schwerfällig, wie gelähmt, mit ungewöhnlich hohem Aufheben der Füße, die dann wie- dermit ganzer Sohleniedcrgesctzt werden. Kollerischc Pferde sind oft gar nicht von der Stelle zu bringen, legen sich stark in den Zügel, drängen immer zur Seite oderschieben vorwärts (Schieber), lassen sich meistens nur mit Mühe zum Rückwärtsschreiten zwingen; lassen sich auch schwer wenden, und achten dabei den Zurnfdes Führers und selbst dessen Peit¬ schenhiebe wenig oder gar nicht. Überhaupt scheinen diejenigen Bewe¬ gungen, wo der Kopf höher gerichtet und etwas rückwärts gehalten werden soll, kvllerischen Pferden besonders schmerzhaft oder sonst be¬ schwerlich zu sepn. Diese Prüfungsmittel im Gange sind immer bei kvllerischenPferden vorzunehmen, obwohl sie auch nicht ganz untrüglich sind, denn so ist z. B. das Schwere und Widersetzliche beim Zurücktreten oft bei wirklich kvllerischen Pferden nicht zu bemerken; da im Gegen- theile oft ganz gesunde Pferde, die ein schwaches Hintertheil haben, schwächlich und jung, oder sonst unbeholfen und nngelenksam sind, schwer oder gar nicht zum Rücktreten zn bringen sind. 4) Man beobachte dicThiereim Fre ssen und Saufen. Kolle- rische Pferde zeigen es deutlich, daß sie—wegen mangelhafter Empfin¬ dung — weder zn fressen noch zu saufen wissen. Sie zeigen wenig oder gar kein Verlangen nach Futter, werden oft durch die daneben ste¬ henden gesunden Thiere erst anf's Fressen aufmerksam gemacht; fressen langsam ohne Seitenbewegungen der Kiefer und ohne Lust, man sieht es ibnen an, daß sie das Gefühl des Hungers gar nicht haben; sic ver¬ gessen sich im Fressen, d. h. sie behalten das Futter oft lange im Maul uud lassen es wieder herausfallen, oder behalten einige Stroh- oder Heu¬ halme im Maul, die ihneu dann lange noch bei den Maulwinkeln ber- ausstchen; sie kauen zuweilen bei vollem Maule nicht, oder kauen, ohne Futter im Maule zn baben. Überhauptfressen sie lieber vom Boden, als 39 -ms der Krippe oder Rauft, weil ihnen das Emporrichten des Kopfes, wahrscheinlich wegen Eingenommenheit nnd Schwere desselben, schmerz¬ hastoderbeschwerlichfällt. Eben so verhalten sie sich beimTrinken; auch zum Trinken müssen sie so zu sagen gezwungen werden, und wenn sic trinken, so geschieht dieß sehr plump und bewußtlos, indem sie — gleich¬ sam als würden sie wegen Druck derKrankheitsproducte auf den Sehner¬ ven nicht gnt sehen—den Vorkopf weit über die Nasenlöcher ins Wasser hineinsenken, und dann langsam ohne Lust sausen. — Die Beobach¬ tung der Thicre beim Fressen u n d Tri n k e n ist daher bei der Beur- theilung des Kollers immer uvthwendig. 5) Man untersucht den Zustand der K r e i s l a n fsbew e g u n g e n nnd der Respiration, und findet gewöhnlich beide Verrichtungen beim Dummkoller wegen v e rm in d erterEmpfin d ungnberhaupt träge und langsam: Puls und Athemzüge häufig unter der nor¬ malen Zahl. Nur wenn der Dnmmkoller schon dem Tode sich nähert, wird der Puls, wie bei allen Krankheiten, beschleunigt; beim rasenden Koller, der im Momente des Rasens der Gehirnentzündung ganz gleich sieht, ist natürlich, wegen g e st e i g e rter Empfindung, Puls und Athemholen beschleunigt. 6) Man untersucht die V er dau ungs thätig k e i t und findet bei kollerischen Pferden, daß sich die verminderte Empfindung und die Trägheit der Bewegung auch auf die wurmförmige Bewegung der Gedärme verbreitet, daher der Mist zwar gut verdaut, aber selten, hart und klein, gewöhnlich dunkler gefärbt abgesetzt wird; die Bewußtlosig¬ keit ist oft so groß, daß das Thier während des Mistens das weitere Aus¬ drängen desselben vergißt. Gewöhnlich sind auch die Schleimhäute des Maules blaß oder gelblich gefärbt, wegen Störungen im Pfortadersystem und der Gallenanssonderung. 7) Man findet, daß sich kvllerische Pferde gewöhnlich nicht nie¬ der l e g e n, und wenn sie es thun, bald wieder aufstehen; beide Umstände beweisen, daß solche Thiere entweder die Ermüdung und das Bedürsniß des Niederlegens gar nicht empfinden, oder daß durch die veränderte Lage des Kopfes im Liegen ihr Zustand sich verschlimmere. 8) Nach allem diesem kommt das Hanptprüfung smittel kollerischer Pferde, was niemals, außerbeim schon von weitem leicht er¬ kennbaren, deutlich ausgesprochenen Koller, außer Acht gelassen werden darf, und dieses Mittel ist eine schnellere, angestrengtere Be- wegnng des Thieres, weil bei angestrengterer Bewegung immer ein größerer Blutandrang zum Kopfe stattfindet, wodurch, in Folge des Druckes des in größerer Menge herbeiströmenden Blutes auf das Gehirn und dessen Nerven, die Erscheinungen der Betäubung, die früher 40 nicht so deutlich waren, jetzt deutlicher hervortretcn uud den Koller offenbar verrathen werden. Zum Behuse dieser Untersuchung muß man ein Reitpferd reiten und ein Wagenpferd ein spannen, um nicht ein Reitpferd dann sür kollerisch zu erklären, wenn es, vor einen Wagen gespannt, bei dieser ungewohnten Verwendung sich schlecht benehmen würde ; nnd umgekehrt. Dieß sind die vorzüglichsten Krankheitserscheiuungen, die dem Still- und Dummkoller zukommen; der rasende Koller aber zeigt in dem Augenblicke des Rasens, der Gehirnentzündnng gleiche Er¬ scheinungen, wird unruhig und unbändig, haut mit den Füßen, bäumt sich heftig, steigt in Barren oder Raufen, und prellt oft plötzlich und so gewaltsam mit dem Kopfe an harte Gegenstände an, daß mau glau¬ bensollte, ermässe entzwei — dabei sprengen solche Rasende die Half¬ ter, schlagen und hauen bewußtlos alles zusammen, schnauben mit weitanfgcsperrten Nasenlöchern nnd heftigem Flankcnschlagen; blicken starr nnd wild nm sich, und verfallen, wenn das Toben vorüber ist, in den Still- oder Dummkoller, der sich durch sichtliche Abmattung und kürzere oder längere Ruhe zuerkennen gibt, wobei die Thiere regungs¬ los, wie schlaftrunken, höchst unregelmäßig dastehen; das Athmen, mit¬ unter durch seuszerartige Einathmungen unterbrochen, ruhiger wird, bis ein neuer rasender Anfall wieder kommt und die Scene von vorne beginnt, oder die Thiere das Gleichgewicht verlieren, umfallen und lie¬ gend mit den Beinen rudern, meistens vergeblich aufznstehen sich bemühen. Überhaupt aber ist bei der Prüfung kollerisch seyn sollender Pferde wohl zu merken, daß ein einziges Merkmal für sich allein nichts entscheiden könne, nnd daß die Entscheidung, ob das Thier wirklich kollerisch sey, oder nur eine sogenannte starke Anlage (Ansatz) zum Koller besitze, oft eine schwierige Sache sey. Es gibt hier viele Ab¬ stufungen oder Gradationen wie bei der Narrheit der Menschen; der Eine hat, wie man zu sagen pflegt, nur einen Sporn zu viel, der andere ist ein completer Narr, den man an Ketten bewachen muß. So ist es auch beim Koller; nicht immer sind die Erscheinungen alle so vorhanden, wie die Bücher den Koller beschreiben, und kein gebildeter Thierarzt kann sich dessen rühmen, jeden Koller auf der Stelle, beim ersten Anblick zu erkennen. Oft wird das Trägheit, phlegmatisches Tem¬ perament, Stützigkert genannt, was schon beginnender Koller ist. Es ist daher stets eine genaue Beobachtung des Pferdes bei der Ruhe und Bewegung, bei der Fütterung und Tränke, bei Tag und Nacht, im Stall und im Freien nothwendig, und niemals darf sich der Thierarzt auf die Aussagen anderer Leute, wenn sie auch Kunstverständige sind, verlassen, wenn von ihm ein Urtheil ab- 41 gefordert wird; er selbst muß Alles scheu und beobachte«, uud sich vor jeder Übereilung iu seinem Urtheile hüten, denn es handelt sich hier nicht bloß nm fremdes Mein und Dein, sondern auch um seinen eigenen guten Namen. Nicht selten werden Pferde als kollerisch aus¬ gegeben, die es nicht sind; weil sie nicht allen Forderungen der Besitzer entsprechen; woran aber nur eine ungewohnte Verwen¬ dungsart, unpassende Geschirre, äußerliche Wunden oder innerliche beginnende Krankheiten, faules träges Temp c- rament, gro ße Strapazen, sehr jugendliches oder h oh es Al¬ ter (daher soll man bei der Untersuchung solcher Pferde immer das Al¬ ter berücksichtigen), aufgeregter und nicht befriedigter G eschlechts- trieb u. dgl. die Ursachen sind, und was nicht Koller zu nennen ist. So wie man aber nicht koll erische Pferde als kollerisch aus- gcben will, eben so suchen oft betrügerische Pferdehändler wirklich kollerische Thierc als gesund au Mann zu bringen. Auch auf solche Roßtäuscherkünste muß der Thierarzt gefaßt seyn, und wohl berücksichti¬ gen, was oft zur Verheimlichung dieser Krankheit beim Pferdehändler die Peitsche, der Sporn, der Pfeffer, die Scharfsalbe, das Glüheisen u. s. w. — wenigstens für eine kurze Zeit — vermögen. Das Grundleiden beim Koller ist nach dem Vorausgeschickten bekannt. Der gewöhnlichste Entzündungsübergang ist Wasserergie¬ ßung in die Höhlen oder den Grund des Gehirns; dann aber auch blutige oder lymphatische Ausschwitzungen, seltener Wurm¬ bildung (Blasenwürmer). Daß Entzündung den Übergängen vorausgehe, ihnen aber auch, besonders beim rasenden Koller, Nachfolge, ist ebenfalls schon angegeben worden. Der Grund aber, warum die Gehirnentzündung, die Mutter des Kollers, oft unmerklich auftritt und verlauft, und das Gehirnleiden erst dann sich deutlich aus¬ spricht, wenn der Koller schon fertig ist, wurde ebenfalls bei der Ge¬ hirnentzündung erklärt. Die Sektion von Tbieren, welche am Koller umgestanden sind, zeigt immer im Gehirn die wesentlichsten und zwar diejenigen Ände¬ rungen, wie sie bei der Gehirnentzündung angegeben wurden (siehe Section bei der Gehirnentzündung). Findet man gleichzeitig krankhafte Änderungen der Brnstvrgane oder auch der Bancheingeweide, z. B. der Leber, der Milz, des Magens, der Gedärme, so sind das meistens Folgeleiden des Kollers, zuweilen auch C o mp l i cat i o neu mit demselbeu. Die Ursachen des Kollers sind dieselben, wie sie bei der Ge¬ hirnentzündung angegeben wurden, weil aus ihr erst der Koller her- vvrgcht. Was die vorbereitenden Ursachen anbelaugt, so ist oft 42 eine erbliche, oder eine, von dem Vater- oder Mittterthier angc- bornc und vielleicht in eigenen Schädel formen begründete Anlage beim Koller nicht zu verkennen, auch die gemeinen deutschen Pferde werden vorzüglich zum Koller disponirt angegeben, welche Disposition aber nicht einzig nnd allein in der Abstammun g, sondern vorzüglich in der sämmtlichen Lebensweise dieser gemeinen, in finstern, dunklen, unreinlichen Stallungen sich aufhaltenden, mit groben, den Banch überfüllenden Nahrungsmitteln gefütterten, zum schweren Zuge verwendeten Thiere zu suchen ist. Wallachen und Hengste sollen mehr Anlage zum Koller, als Stuten besitzen. Das was man Samen- und Mutterkvller nennt, ist kein eigentlicher Koller, was schon bei der Gehirnentzündung bemerkt wurde. Die übrigen vorbereitenden nnd Gelegenheitsursachen des Kollers sind bei der Gehirnent¬ zündung angeführt (siehe Ursachen der Gehirnentzündung). Die nächste Ursache des Kollers liegt in einer solchen Ver¬ letzung des Gehirns durch die eingewirkten Gelegenheitsursachen, daß zu ihrer Ausgleichung die Entzündung allein nicht hinreichend war, son¬ dern diese Übergänge bildete, deren Produkte Wasser, Lymphe u. s. w. nicht schnell genug durch die aufsaugenden Gefäße beseitigt wurden und nun sowohl durch ihre Menge, als Beschaffenheit auf das Gehirn be¬ leidigend zurückwirken, das Gehirn nnd dessen Nerven mechanisch drücken oder wohl auch chemisch reizen nnd so dessen dynamische Tätigkeiten: Empfindung und Bewegung beschränken, verstimmen oder ganz aufheben. Je größer die Menge dieser Krankheitsproducte, desto großer sind auch die Trübungen der Gehirn-nnd Nerventhätigkeit ; und je nachdem der Sitz dieser Krankheitsproducte verschieden ist, sind auch die Erscheinungen besonders des kranken Bewegungs- lebeus verschieden. Befinden sich die Krankheitsproducte mehr vorn oder hinten, mehr oben oder unten, mehr rechts oder links, in den zwei kleinern Gehirnhöhlen, im großen oder kleinen Gehirn u. s. w., darnach werden sich anch die Stellungen und Bewegungen des Thieres verän¬ dern, daher stehen Koller zuweilen fest auf einem Puncte, oder drehen sich nach rechts oder links, manche sind nicht vorwärts, manche nicht rückwärts zu bewegen u. s. w. Daß die meisten Koller nicht den Kopf heben, nicht aus der Raufe fressen und sich nicht vorwärts schieben las¬ sen wollen, davon glaubt mau darin den Grund zu finden, daß ent¬ weder der Sitz des Leidens vorzüglich das kleine Gehirn und die vierte Hirnhöhle sey, oder daß die Krankheitsproducte beim Emporrich¬ ten des Kopfes gegen diese Theile sich hinsenken, und dadurch dem Thiere eine schmerzhaftere Empfindung veranlassen. Die Prognose des Kollers ist immer zweifelhaft, und wc- 43 gm der noch schwierigeren Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedin- gung, ungünstiger als bei der Gehirnentzündung. Unheilbar ist der Koller gewöhnlich, wenn er schon längere Zeit dauert, denn in diesem Falle vermehren sich die Krankheitsproducte: Wasser, Lymphe n. s. w. täglich mehr und ändern die ganze Substanz des Gehirns durch Erweichung, Verdichtung, Entfärbung u. dgl. dergestalt, daß die Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung zu den Unmöglichkei¬ ten gehört. Der Dummkvller mit rasend en Zufällen ist gewöhnlich tödtlich; beschwichtigt man auch die Raserei, so bleibt der Dummkoller zurück. Ein kühler Aufenthalt, eine kühlere Jahreszeit oder Witterung, weniger Fntter, sonstige passende Behandlung machen zuweilen, daß der Koller sich bessert, allein immer bleibt eine große Anlage (ein sogenannter S ti ch) zurück, und treten ungünstige Verhältnisse wieder ein, so ist der Koller wieder da. Übrigens aber erhalten sich kvllerischc Pferde lange Zeit, oft Jahrelang, bei gutem Aussehen, weil sie wegen der verminderten Empfindung und träger Bewegung nicht viel ableben und daher auch nicht viel an organischer Materie verlieren, wenn sic auch nicht viel einnehmen; das Kollerleben ist ein wahres P slan- — Über die Dauer und den Verlaus des Kollers läßt sich auf gewisse Tage nichts mit Bestimmtheit angeben; die Höhe des Leidens, die Constitution des Thieres und zufällige andere Einflüsse der Witterung u. s. w. verkürzen oder verlängern die Dauer. Die ersten Spuren des Besser») erdens wird man immer am gewissesten in dem Zurückkehren des vollen Bewußtseyns der Thiere finden, wie dieß bei der Gehirnentzündung angegeben wurde. Es gibt eine Art chronischen Koller, wobei zeitweise eine bedeutende Besserung ein¬ tritt, die aber dann über kürzere oder längere Zeit einer großen Be¬ täubung Platz macht. Solcher, ost jahrelang dauernder Wechsel läßt mit großer Wahrscheinlichkeit auf die ob- " «geführte Änderung des Adergeflechts schließen, die keine Heilung zuläßt. Die Na ch kr a n kh e i tc n, die der geheilte Koller oft zurückläßt, sind Lähmungen einzelner Theile des Körpers, z. B. eines oder beider Ohren, der Lippen, der Pupille, einer Ertremität n. s. w. Der Tod beim Koller erfolgt immer durch allgemeine Läh¬ mung, d. i. durch Schlagfluß in Folge des Drucks der Krankheits- producte auf die wichtigsten und edelsten Theile des Gehirns. Therapie. Erstens: die Entfernung oder Entfernt- haltnng der G e l e g e nheitsursachen. Zweitens: die Entfernung d er Krankheitsproducte ans dem Gehirne, die beim Koller gewöhnlich seröse oder lympha- iische Flüssigkeiten, oder auch wegen der anhaltenden Conge- 44 stioncn und wegen des sekundären entzündlichen Zustandes, in Felge der Rückwirkung dieser Krankheitsproductc, besonders beim rasenden Koller, Blut sind. Daher macht man häufig und mit Nutzen auch bei dummkollerischcn Pferden Blutentleerungen, wenn auch schon gleichzeitig Entzün- dungsübergäuge da sind, besonders wenn dieThiere jung und gut ge¬ nährt sind, da die Blutenrleerung auch die Resorption, den Aufsau- gungsproceß, der ergossenen Flüssigkeiten befördert, indem die Natur das Verlorne (Blut) durch gesteigerte Einsaugung zu ersetzen sucht — und wer kann übrigens immer mit Bestimmtheit die Gränze zwischen Ent¬ zündung und Wasserergießuug im Gehirn bestimmen? B c iui rasenden Koller aber sind Blutentleerungen niemals zu vernach¬ lässigen, weil der rasende Zustand immer von einer neu entstande¬ nen Cvngestion oder Entzündung begleitet wird. — Aus dem nämlichen Grunde passen kalte Umschläge auf den Kopf, revellirende Einreibungen indieHiuterschenkel, und reizende Klystiere. Vor Allem aber empfehlen wir das Begießen des ganzen Thicres mit kaltem Wasser (besonders aber nebstbei des Kopfes) des Tages zwei¬ mal wiederholt, mit darauf angewendetem tüchtigen Abfrottiren und guter Bedeckung des Thieres am Leibe mit dreifachen Kotzen, welches an unserer Klinik in vielen Fällen des Dummkollcrs auffallend gute, in ein paar Fällen wahrhaft wunderbare Wirkung gehabt hat. Der kalte Wasserstrahl, wenn er aus der Höhe auf den Kopf und Leib des Thieres stürzt, hat unstreitig eine gewaltige, erschütternde, die Empfin¬ dung aufregende und umstimmendeKraft, deren Nachwirkung ein wohl- thätiger, reichlicher Schweiß ist. Wir wendeten dieseBegießungcu in der Regel zweimal des Tages und so lange an, bis das Thier sich munte¬ rer zeigte, immer aber auch in Verbindung mit den andern Kollermit¬ teln, um nicht den Vorwurf sträflicher Einseitigkeit auf uns zu laden. Der Erfolg war auffallender und schneller, als bei der gewöhnlichen Behandlung; dreimal war Strengel die Folge dieser Behandlung und Verkühlung, der aber in wenigen Tagen wieder gehoben wurde, und vielleicht zum Wohl des Kopfleidens sich einstellte. Innerlich sind solche Mittelanznwenden, die die Aufsaugung und Entfernung der Krankheitsproducte aus dem Gehirne befördern, und dahin gehören: 1) Purgirmittel, 2) Nervenmittel. Die Purgirmittel entleeren den Darincanal, und stellen dadurch eine freiere Circulation des Blutes her (erste Wirkung); sie reizen als revellirende Mittel den Darmcanal und leiten mehr Blut¬ zufluß dahin, und vom Gehirn ab (zweite Wirkung); sie verursachen dadurch im Darmcanal vermehrte Absonderung, und deßhalb 45 (durch das Gesetz des Antagonismus oder der Gegenwirkung) v e rin i n- derte Absonderung im Gehirn, so wie eine verminderte Einsaugung im Darmcanal, und aus obigem Grunde eine ver¬ mehrte Einsaugung im Gehirn (dritte Wirkung). Auf diese Art bringen die Pnrgirmittel die Krankheitsproducte aus dem Gehirn weg, wenn sie anders aufsaugbar sind. — Die Purgirmittel bei kollerischen Pferden aber müssen immer die kräftiger wirkenden (drastischen) seyn und diese oft noch in größerer Menge gegeben werden, weil, wie die Empfindung im Allgemeinen, auch die Empfindlichkeit der Gedärme darnieder liegt. Unser gewöhnliches er st es Abführmittel besteht aus: D o p- pelsalz ä—6 Loth, Brechweinstein 1 Ouintel, Enzianpul¬ ver 2 Loth, als Latwerge zweimal im Tage. Wenn diese Latwerge mehrere Tage ohne besonderen Erfolg gebraucht wurde, oder wenn der Dummkoller im höhern Grade zugegen ist, wird Folgendes verordnet: Aloe 2 Loth mit 2 Loth Seife als Bis¬ sen; oder statt Aloö Erotonol 5—10 Tropfen in 5—10 Loth Leinöl als Einguß. Beide diese Purgirmittel wiederholen wir nicht früher, als wenn nach 20—30 Stunden kein Abführen erfolgt; fangen aber die Thiere zu purgiren au, so wiederhole» wir es so lauge nicht, als sie purgireu, geben ihnen während des Abführens häufig Mehltränke, entziehen ihnen das Futter ganz, bedecken sie am Leibe, und stellen sie im Winter in einen wärmern Stall, weil beide Mittel, besonders aber die Aloö, leicht gefährliche Ma gen- und Gedärmentz ündungen macht, die, wenn sie mit dem Tode endigen, den Thierarzt in große Verlegenheit bringen können. Das Crotvnöl ist nach unfern Erfah¬ rungen in dieser Beziehung weniger gefährlich, als die Aloö und wirkt ebenfalls kräftig abführend. Man kann daher die Thierärzte nicht genug warnen, mit dem Ge¬ brauche der Aloö, aber auch des Crotonöls, höchst vorsichtig zu ver¬ fahren, immer lieber mit kleinern Gaben (2 Loth Aloö oder 5 Tro¬ pfen Crotvnöl auf einmal) anzufangen, bei solchen Patienten oft nach¬ zusehen, Verkühlungen schon purgirender Thiere zu verhüten, und wirklich entstandene heftige Gedärmentzündungen mit Blntentlee- rungen, revellirenden Einreibungen in den Bauch, schleimi¬ gen oder ö l ig en E in güssenundS ei fenkly stier en zu behandeln. Nachdem auch diese Aloö, oder Crotonpurganzen ohne besonder« Erfolg ein Paarmal wiederholt wurden, gehen wir zu den sogenannten Nervenmitteln über, die eine b eso n dere (specifische) Wirkung auf das Gebirn und Nervensystem ausüben, auf die Nerven, welche 46 überall die Blut- und Lymphgefäße begleiten, reizend einwirken, und dadurch die Lymphgefäße und vielleicht auck die aufsaugenden Venen zur größeren Aufsaugungsthätigkeit anspornen. Unser gewöhnliches Mit¬ tel in dieser Hinsicht bestellt aus: Arnicablumenp ul v e r 1 Lotb, Wermuth wurzelpulver l Lotb, Zinkblumen s—1 Loth, als Latwerge zweimal des Tages, der wir zuweilen auch l Otl. Eampber wegen seiner die Nerventätigkeit erregenden, die Aufsaugung beför¬ dernden Wirkungen beigeben. Geht es mit diesem Mittel nicht, dann kann man auch auf andere pharmaccntische Mittel wenig Vertrauen setzen, und es bleibt nur eiu chirurgisches Mittel uvch übrig, und das ist die Anbohrung des Schädels und die Eröffnung der Geruchsnerven. Weil diese Operation in e inig en Fäl len schon von entschieden gutem Erfolge war, und sic auch leicht auszuführen ist, so will ich sie hier nach der Angabe des Herrn Prof. Hayn e, des Er¬ finders dieser Operationsmethode beim Koller, knrz beschreiben; sie erfordert keine besonder» und theuern Instrumente, und nur so viel Ge¬ lehrsamkeit, daß man mit dem anatomischen Bau, besonders der Stirn¬ höhlen und ihrer doppelten Knochenplatten vertraut ist. >— Zum Behufe der Operation wird das Thier geworfen und gehörig fest- gehalten, so daß der Kopf des Thieres etwas höher zu liegen kommt ; sollte die Betäubung so groß scyn, daß man glaubt, das Thier werde sich bei der Operation ruhig verhalten, wie dicß 1838 bei einem Pferde der Fall war, welches stehend, ohne die mindeste Bewegung, die Opera¬ tion an sich machen ließ und daraus vollständig genas, so kann die Operation auch am stehenden Thiere gemacht werden; meistens aber ist das Werfen nothwendig. Dann nimmt man einen feinen, etwas sorg¬ fältiger gearbeitetenTischlerbobrer,*) der ungefähr eine 1ö—2 Li¬ nien im Durchmesser große Öffnung macht, und zieht im Gedanken eine gerade Linie von dem einen obe rn Angenbogenfortsatze zum an¬ dern, und auf diese gerade oder horizontale Linie eine andere senk¬ rechte in der Mittellinie des Kopfes. In dieser geraden Linie, 2 Zoll rechts nnd links von der Mittellinie entfernt, l § 2 (wie es die Figur— —zeigt, wo 1 und 2 die Eröffnungsstel¬ len anzeigen) wird die Hirnschale an- und durchgebohrt; der Bohrer dringt dabei durch die Stirnhöhle über der horizontalen Platte des Siebbeines bis in die dort befindlichen, und durch dieWafferergießung sehr *) Prof. Hayne ließ in der neuesten Zeit einen hohlen Bohrer anfertigen, damit durch dessen Hohlgang das in den Geruchsnerven enthaltene Serum unmittelbar herausfließen könne. 47 erweiterten Geruchsnerven, die mit den Gehirnkammern communicireii, sodaß die in den Gehirnkammern ergossenen Flüssigkeiten in die Hohlen der Geruchsnerven treten können. Werden nun die Geruchsnerven durch den Bohrer eröffnet, so ergießt sich aus ihnen und den Gehirnkammern das Wasser in die Stirnbein-, und aus diesen in die Kinnbackenhöhlen, und kann dann von selbst durch die Nasenhöhlen herausfließen; wäre aber dieß der Fall nicht, so müßte man dann auch die ost dadurch mit Wasser vollgefülltcn Kinnbackenhöhlen an ihrer tiefsten Stelle mit dem Bohrer eröffnen, um so vollständig die zweite Heilbedingung zu erfül¬ len. Es ist auch gut, mit der feinen Röhre einer passenden kleinen Spritze durch die gemachten Stirnöffnungen hineinzugehen und mit ihr die daselbst ergossenen Flüssigkeiten herauszusaugen. Die gemachten Wunden werden der Natur zur Heilung überlassen. — Daß diese Operation nur die in den Gehirnhöhlen augesammelten und wäs¬ serigen Flüssigkeiten entfernen könne, versteht sich von selbst; daher ist nicht bei jedem Koller von ihr Heil zu erwarten, wenn sich die Krankheitsproducte anderswo befinden, oder Lymphe oder andere nicht flüssige Stoffe die Krankheitsproducte sind. Da man ferner diese Operation gewöhnlich auf die Letzt verschiebt, wenn die andern Mittel nicht mehr helfen, so wird durch die Krankheitsproducte die Ge¬ hirns« bstanz selbst oft so verändert, erweicht, aufgelöst, derb ge¬ macht, daß an eine Heilung, selbst wenn man die wässerigen Flüssig¬ keiten entfernt, nicht mehr zu denken ist. Daher habe auch ich in neue¬ rer Zeit diese Kolleroperation von Herrn Prof. Hayne nur zweimal mit gutem, in mehreren andern Fällen ohne Erfolg machen gesehen. Man muß daher in allen Fällen aus obangeführten Gründen mit be¬ scheidenen Erwartungen zu dieser Operation schreiten, und den Eigen- thümern nichts Gewisses versprechen. Damit man aber mit einer gewis¬ sen Geschicklichkeit an diese Operation gehe, ist es gut, wenn man sie früher an einigen tobten Köpfen, nach Wegnahme der Nasenbeine und eines Stückes der Stirnbeine versucht, und wohl aufmerkt, wo und wie der Bohrer in die Geruchsnerven dringe, damit man eine gewisse Gewandtheit in dieser Operationsmethode erlange, die wegen des nicht überall gleichen Baues der Pferdeköpfe zuweilen auf Hindernisse stoßt, wobei die Geruchsnerven nicht so leicht zu treffen sind. Was endlich die d iät e t isch en Heilmittel anbelangt, so sind sie beim Koller sehr wichtig; theils zur Erfüllung der ersten, zweiten, drit¬ ten, theils auch vierten Heilbedingung. Diese sind: ein kühler, dunkler, geräuschloser, mit reiner Luft gefüllter Aufenthalt im Stalle, in Nächten ohne Mondschein oder bei kühlen trüben Tagen selbst im Freien; hinlängliches frisches Wasser znm Getränk, und 48 gänzlicher Fntterabbruch. Der Hunger ist beim Keller ein vor zügliches, wesentliches, oft am meisten wirksames Heilmittel; denn nichts befördert die Aufsaugung sthätigkeit so sehr als die Hungercur: einen sprechenden Beweis dafür gibt unSdas Mager¬ werden, und das Schwinden des Fettes und Fleisches bei solcken Tbie- ren, die längere Zeit Hunger gelitten haben; denn in solchen Fällen, wo das Leben von außen wenig oder keine Nahrnng bekommt, verzebrt es seine eigene, in bessern Zeiten auf Fett verwendete Materie. Und thut es dieß mit den gesunden Stoffen, warum soll es das nämliche nicht mit den Krankheitsprvducten thundAuch der vielerfahrene Ten- neker betrachtet die Hungercur streng und ausdauernd ange- wend et, als das vorzüglichste Mittel beim Koller und er rätb, die¬ selbe so lange fortzusetzen, bis das Pferd beinahe zum Skelet abge¬ magert ist. Gibt man in der Genesung begriffenen Kollern in der Folge doch etwas zu fressen, so sollen es wenig nährende Futterstoffe seyn; im Frühjahr, Sommer oder Herbst ist das weuig nährende, und gelind abführende und auflösende Grün futter, Gras, am besten. Bei kollerischen Hengsten und Stuten hatmaudieCastration oder das Verschneiden angerathen; doch kann diese Operation den wirk¬ lichen Koller (der aber, wie gesagt, höchst selten aus dieser Ursache entsteht) nicht heile», weil der ausgebildete Koller schon zu einer selbst¬ ständigen Krankheit des Gehirns geworden ist, wobei die Castration keine Heilbedingung erfüllt. Verursacht aber der aufgeregte Ge¬ schlechtstrieb bloß eine zeitweise gesteigerte oder verminderte Empfindlichkeit, in Folge von C o n g e st i o n e n zum Gehirn, die sich so oft wiederholen, als der Geschlechtstrieb erwacht, und nicht nach Bedarf befriedigt wird; dann wird wohl die Befriedigung des Ge¬ schlechtstriebes das beste Mittel, oder wenn sich die Zufälle oft wieder¬ holen, die Castration von Nutzen seyn, weil man durch Entfernung der Hoden bei Hengsten die erste, und man konnte sagen, auch die vierte Heilbedingung erfüllt. Kollerische Pferde sind zum Dienst untauglich, ihr Gebrauch ist oft mitG e fahr verbunden und ihre Heilung höchst uusich er, da¬ her ist der Koller ein Hauptfehler, und die Gewährszeit nach dem österreichischen Gesetze dreißig Tage. 3. Schwindel und Fallsucht sind zwei im Ganzen nicht viel von einander unterschiedene Krank¬ heiten des Gehirns, so daß man den Schwindel nur als einen ge- 49 ringern, die Fallsucht aber als einen höheren Grad desGe- hirnleidens betrachten könnte. Nur ist die Fall sucht gewöhnlich durch krampfhafte Zuckungen (Convulsionen) ausgezeichnet; der Schwindel ist meistens von Krämpfen frei. Beim Schwindel fangen die Thiere zu zittern und zu wanken an; bleiben im Gehen stehen; benehmen sich ängstlich; beuteln den Kopf (daher auch diese Krankheit im gemeinen Leben in Österreich »das Beuteln« genannt wird), und heben ihn in dieHöhe; stellen die Füße weit auseinander, um nicht zu fallen; gehen seitwärts oder rück¬ wärts, legen sich schwer in die Halfter; stemmen, wenn sie im Stalle sind, den Kopf am Barren oder sonst wo an; fallen oft auch um, und schla¬ gen dann mit den Füßen herum, was viele Thierärzte mit Unrecht für Zuckungen und Convulsionen halten, denn dieses Herumschlagen liegen¬ der Pferdemit den Füßen sind meistens nur Versuche, sich aufzu¬ raffen und aufzustehen; athmen schnell, ängstlich, oft hörbar; dabei ist der Puls- und Herzschlag beschleunigt, oft auch unter der normalen Zahl, gewöhnlich aber ungleich und aussetzend; der Herz¬ schlag pochend; ein allgemeiner Schweiß bricht am Körper aus, mei¬ stens misten oder harnen, wahrscheinlich unwillkürlich, die Pferde nach einem solchen Anfalle, und damit ist gewöhnlich der Schwindelan¬ fall geendet. Der Schwindel dauert immer nur kurz e Z eit, ost nur wenige Minuten, selten über eine Viertelstunde: die Thiere erholen sich bald und sind wie vorher so diensttauglich, als wenn nichts vorgefallen wäre. Bei der Fallsucht geht das Bewußtseyn und die willkürliche Bewegung noch mehr verloren, womit mehr oder weniger convulsivische Bewegungen des Körpers verbunden sind; der Kopf und die Vorhand leiden am meisten, und werden ost merkwürdig verdreht; die Thiere können sich gar nicht auf den Füßen erhalten, sondern fallen um, be¬ kommen krampfhafte Zuckungen des Augapfels, der Kiefer, des Schwei¬ fes, der Füße, verdrehen daher die Augen, rümpfen die Vorderlippe, knirschen mit den Zähnen, schäumen aus dem Maul, athmen schnell und stöhnend, die Füße werden krampfhaft an den Leib gezogen und wieder fortgeschnellt. Der Puls ist oft schnell, meistens langsamer und aussetzend. Auch dieser Anfall dauert nur kurze Zeit, doch häufig etwas länger, als der Schwindel; mit dem Ausbruche eines gelinden Schwei¬ ßes am Halse, Schulternnnd Flanken hören die Zufälle auf; dieThiere sind nach dem Anfalle eine kurzeZeit wie betäubt und erschöpft, stehen aber bald wieder auf und erscheinen gesund, wie vor dem Anfalle. -- Die Schwindel-und Fallsuchtanfälle ereignen sich am häu¬ figsten während der Bewegung, besonders wenn die Pferde gegen Bleiweis Hcilverf. 5. Anfl. 4 50 die Sonne laufen mußten, seltener in der Ruhe uud im Stalle. Aus dem Gesagten geht deutlich hervor, daß die Erkenntniß dieser beiden Krankheitsformen nur w ährend der Anfälle möglich sey, weil sie außer den Anfällen gewöhnlich nichts Krankhaftes zeigen, und daß sich Schwindel und Fallsucht durch die nur vorübergehenden, kurz d auernden Trübungen des Empfindungs-und Be¬ wegungslebens bestimmt vom Koller unterscheiden lassen. Doch ist das in die Höheheben des Kopfes zur Ausmittelung, ob ein Pferd am Schwindel leide oder nicht, kein zu verwerfendes Prüfungsmittel; denn manche schwindliche Pferde, die übrigens nichts Krankhaftes zei¬ gen, fallen dadurch plötzlich zusammen oder taumeln herum, bis der An¬ drang des Blutes wieder vorüber ist; wovon wir uns schon einige Male überzeugt haben. Der Sitz beider Leiden ist das Gehirn, das Centralorgan der Em¬ pfindung ; und das G ru n d l e i d e nistin beiden Fällen während des An¬ falls eine vorübergehende Blut con gest ion zum Gehirn. Ursachen. Die Pferde haben eine viel größere Anlage zum Schwindel als zur Fallsucht, daher auch die Fallsucht, mit Ausnahme der Beschäler, bei Pferden eine seltene Krankheit ist. Diese Anlage wird aber vorzüglich durch dieAb stammung und Erblichkeit und gewisse Mißbildungender Schädelknochen, und andere organische Fehler, z. B. auffallende Dickheit der Schädelknochen, Knochenaus- wüchse, Verknöcherung der Hirnhäute oder Verwachsungen derselben mit den Schädelknochen, Hirnerweichung, Wurmblasen u. dgl. oft durch eine besondere Empfindlichkeit des Gehirnnervensystems oderdes g a n zen Ne rven system es begründet, wie z. B. bei Beschä¬ lern, die sehr feurige Springer waren, wodurch eine allgemeine Ab¬ spannung durch Überreizung im Nervensysteme entsteht. In diesen blei¬ benden organischen oder dynamischen krankhaften Änderungen des Ge¬ hirns oder seiner Umgebungen liegt auch die Hauptursache, warum bei manchen Pferden der Schwindel oder die Fallsucht sich so oft wiederholt, wenn auch die äußern Einflüsse die nämlichen sind, die auch andere Thicre treffen, ohne daß diese in Schwindel oder Fallsucht verfallen. Denn bei Pferden mitsolchen organischen Änderungen des Gehirns geht ohnehin die Emulation des Blutes im Gehirn nicht so frei und unge¬ hindert vor sich; findet nun ein nur etwas bedeutender Blutandrang durch irgend eine Veranlassung zum Kopfe statt, so werden die Unord¬ nungen der Emulation noch bedeutender, und Schwindel oder Fallsucht sind die Folge davon. Die Gelegenheitsursachen sind alle diejenigen, die einen stärkeren Andrang des Blutes zum Kops verursachen, oder den 51 Abfluß desselben vom Gehirn hindern, z. B. große Hitze, die besonders den Kopf trifft; grelles Licht; Blendung durch weiße, glänzende, beleuchtete Fläche», z. B. Schneefelder u. dgl.; warmer dunstiger zu finsterer Stall; enganliegende Geschirre; angestrengte Bewegung; Überfüllung des Bauches mit Futterstoffen oder angehäustem Mist u. s. w. Einige Thierärzte wollen auch Würmer im Darmcanal als Ursache des Schwindels und der Fallsucht beschuldigen, die entweder durch ihre Menge oder den Reiz, den sie auf die Eingewcidenerven ausüben, nachtheilig wirken, doch ist diese Vermuthung selten wahrscheinlich, weil oft nach dem Tode viel und verschiedene Gattungen Würmer bei Thieren angetroffen wer¬ den, die durch das ganze Leben keine Anmahnung vom Schwindel oder Fallsucht hatten. — Die nächste Ursache ist die Verletzung des Gehirns durch die angeführten Gelegenheitsursachen, im Vereine mit den vorbereitenden, in Folge deren ein großer Blutandrang zum Gehirn bedingt wird, der einen Druck auf das Gehirn und seine Nervenanfänge ausübt, woraus dann die Trübungen des E m- pfindungs- und Bewegungslebens (Verlust des Bewußt- seyns und der Kräfte) entstehen und so lange anhaltcn, als dieser Druck und die Unterdrückung der Gehirnthätigkeit dauert. Prognose. Wenn sich Schwindel und Fallsucht (zwei für die Fahrenden oder Reitenden oft gefährlich werden könnende Zufälle) bei einem Pferde öfters wiederholen, so hat man Grund anznnehmen, daß eine besondere Anlage in Folge obiger organischer Fehler des Ge¬ hirns zugegen sep, und in einem solchen Falle ist die Prognose ungün¬ stig zu stellen, weil wir diese organischen Änderungen des Gehirns oder seiner Umgebungen, entweder als a n g e b o r n e Mißbildungen des Schä¬ dels oder als durch vorausgegangene Entzündungen und Übergänge er¬ zeugte Krankheitsproducte, nicht entfernen, hiemit die zweite Heil¬ bedingung nicht erfüllen können. Den Blutandrang können wir wohl für den Augenblick mäßigen und den Anfall dadurch beschwichtigen und verkürzen, allein eine gründliche Heilung wird nus in diesen Fällen deswegen nicht gelingen, weil wir die ältere innere Ursache nicht entfernen können, und deßhalb fortwährend die Anlage zu neuer Erkran¬ kung zurück bleibt. Nur in jenen Fällen, wo das Übel noch n e u, und durch bloß äußere Ursachen, z. B. grelles Licht, große Hitze, große Anstrengung, viel Futter u. dgl. entstanden ist, ist Heilung möglich, weil die Erfüllung der zweiten Heilbedingung, nämlich Entfernung des Krankheitsproductes (B l u t) in solchen Fällen durch zweckmäßige Mittel leicht zu bewerkstelligen ist. Die Nachkrankheiten des Schwindels und der Fallsucht können Koller und Lähmungen einzelner Organe seyn; 4 ' 52 es kann aber auch der Tod bei einem starkem Anfall durch S ch l a g- flnß oder allgemeine Lähmung plötzlich erfolgen. Doch beobachtet man auch, daß Pferde mit diesen Zuständen oft alt werden. Therapie. In gelinden Anfällen ist die Erfüllung der ersten Heilbedingung zur Genesung hinreichend. Bekommen die Thiere am Wege während der Bewegung, was gewöhnlich der Fall ist, den Anfall (weil bekanntlich bei einer angestrengten Bewegung und Erhitzung immer ein bedeutenderer Andrang des Blutes zum Kopfe stattfindet), so ist es gut, die Thiere in einen kühlern, schattigern Ort zu stellen, den Lichtreiz abzuhalten (Fuhrleute werfen sehr vernünftiger Weise ein Tuch über die Augen schwindliger Pferde), und den Kopf, wenn es thunlich ist, mit Wasser zu begießen. Zu enge Kummete, zu enggeschnallte Kehlriemen, zu feste Gurten u. s. w. sind so schnell als möglich zu lösen. Bei bedeutenderen Anfällen muß auch die zweite Heilbedingung erfüllt werden, und hiezu paffen Blutentleerun¬ gen, kalte Umschläge auf den Kopf, revellirende Einrei¬ bungen in die Hinterschenkel, Purgirmittel und Klpstiere, wie beim Koller (stehe Therapie des Kollers). Auch diätetische Mittel sind hier nothwendig,als kühler, dunkler Aufenthalt, gänzlicher Futterabbruch, viel Getränk und allenfalls Kochsalz oder Salpeter in dasselbe. Nach der Cur dürfen die Stallungen nicht zu finster seyn, damit, wenn das Thier ins Freie kommt, keine zu grellen Übergänge stattfinden. Geht es mit diesen Mitteln nicht, was dann immer eine schlimmere Prognose begründet, so versuche man die schon beim Koller genannten Nervenmittel, und darunter vorzüglich: Werm uth,Baldrian, Arniča, Asand, Krähenaugen, Zinkblnmen, Hirsch¬ horn g eist, Kampher. Z. B. Wermuth Wurzelpulver 2 Loth, Zinkblumen t Loth,Hirsch Horngeisti Loth, alsLatwerg, zwei¬ mal des Tages; oder Arnicablumenpulver2Loth, Krähenau- gcnpulver Loth, Hirschhornöl t Quintel, als Latwerg, eben¬ falls zweimal des Tages, durch mehrere Tage gebraucht, in Verbindung mit revellirende» Einreibungen in die Hinterschenkel, oder Eiterbändern hinter die Ohren. Wo eine große Empfindlich¬ keit des Gehirns als die Ursache des Schwindels und der Fallsucht ausgemittelt werden könnte, dort empfehlen einige Thierärzte auch narkotische, die Empfindung herabstimmende Mittel, z. B. Opium, Fingerhut u. dgl.; allein weil dergleichen Mittel, in hinlänglicher Menge gegeben, immer den Blutandrang zum Kopf vermehren, be¬ täuben und Schwindel erregen, so ist ihnen in diesem Falle kaum je eine Wirksamkeit zuzugestehen; öfter können sie schaden. 53 Schwindelund Fallsucht sind in Österreich keine Hauptfehler; der Käufer kann in diesen Fällen nur auf eine Verminderung des Kaufpreises Anspruch machen, und die sogenannte M in dcrungs- klage einleiten. 4. Schlag oder Schlagfluß und Schlaglähmung. Schlag oder Schlagfluß ist Lähmung des Gehirns, d. h. aufgehobene Empfindung und Bewegung in Folge im Gehirn an¬ gesammelter Krankheitsproducte, die einen Druck auf das Gehirn und seine Nerven ausüben, und dadurch die Gehirnthätigkeit ganz oder nur zum Theile vernichten und lähmen. Diese Krankheitsproducte sind ge¬ wöhnlich entweder in größerer Menge angesammeltes, noch in seinen Ge¬ fäßen enthaltenes oder aus denselben heransgetretenes Blut (Blut¬ schlag), Wasserergießung (Wasserschlag), ausgeschwitzte Lymphe, Wurmblasen, höchst selten Eiter. Daher geschieht cs, daß Schwindel, Fallsucht, Gehirnentzündung, Koller, Starrkrampf oft mit Schlagfluß enden. Man spricht auch von einem Sch le im schlag und Nerv en schag, doch ist ersterer deßwegen nicht möglich, weil das Gehirn keine Schleimhäute besitzt, die Schleim absondern würden, da¬ her in solchen Fällen wahrscheinlich ausgeschwitzte Lymphe fälschlich für Schleim gehalten wurde; der Nervenschlag aber ist jeder Schlag, weil die Nerven immer dabei ergriffen sind, jedoch bei Thieren immer nur in Folge vorhandener Krankheitsproducte. Ferner unterscheidet man einen vollständigenSchlag, wo sowohl Empfindung als auch Bewegung ganz aufgehoben sind und allgemeine Lähmung eingetreten ist, auf die bald der Tod erfolgt; und einen unvollständigen Schlag, wo noch einiges Bewußtseyn zugegen ist, Empfindung oder Bewegung noch nicht ganz erloschen sind, und die Thiere noch fortleben; dann einen ganzen Schlag, wo der ganze Körper gelähmt wurde, und einen Halbschlag, Querschlag», s. w., wenn nur eine Seite des Kör¬ pers, die rechte oder die linke, der Vorder- oder H in tertheil, oder nur einige Theile, z. B. die Ohren, Lippen, Zunge, Augenlieder, Pnpille u. s. w. gelähmt erscheinen, welche Lähmungen, zum Unter¬ schiede von andern örtlichen Lähmungen, gemeiniglich Schlagläh¬ mungen genannt werden. Vom Schlag getroffene, früher entweder ganz gesunde, oder an Schwindel, Fallsncht, Gehirnentzündung, Koller leidende Thiere, ver¬ lieren plötzlich das Bewußtseyn, stürzen gewöhnlich zusammen, empfinden nichts oder nur sehr wenig (selbst wenn man sie mit Nadeln sticht) und können sich gar nicht bewegen, oder machen mit Kopf und Füßen Ver- 54 suche, in» wieder auszustehcn, die dann von vielen Thierärztcn unrichtig für Convulsivnen oder Krämpfe gehalten werden, dabei ist das Athmcn ganz unterbrochen oder ängstlich beschleunigt, schnarchend, röchelnd; der Puls ist ost ganz unfühlbar, eben so der Herzschlag, zuweilen unter der normalen Zahl, zuweilen auch beschleunigt; ist das Leiden bedeutend und erstreckt sich die Lähmung auch aufden Mastdarmund die Harnblase, so geht, wegen aufgehobener Zusammenziehung ihrer Schließmuskeln, Mist und Harn unwillkürlich ab ; von Freß- und Trinklust ist natürlich hier keine Spur. Oft gehen die Thiere während eines solchen Anfalls schnell zn Grunde; zuweilen zieht sich der Sterbeact durch mehrere Tage; seltenerholen sie sich wieder, stehen wieder aus und werden in längerer Zeit wieder gesund, meistens aber bleiben Lähmungen ein¬ zelner Theile zurück, z. B. eines oder beider Ohren, die dann bewe¬ gungslos herunterhängen; der Hinterlippe, die ebenfalls oom Kiefer herunterhängt; der A n g e n li e d e r, besonders des obern, welches dann fortwährend das Auge bedeckt; desSehnerven und der Pupille, was den schwarzen Staar erzeugt u. s. w. Durch die genannten Kr a n k h e i t s er sch e i n u n g e n und durch die Dauer und die Folgeleiden unterscheidet sich der Schlagfluß deutlich vom Schwindel, Fallsucht, Koller. Daß aber alle diese Krank¬ heiten, wenn sie die Thiere tödten, mit dem Schlagfluß enden, ist schon oben angeführt worden. Der Sitz des Schlagflusses ist unstreitig zunächst im Geh irn, von wo aus das Leiden sich ans die Gehirnnerven, dann auf das Rücken¬ mark und die Rückenmarksnerven verbreitet. Der oft plötzlich erfol¬ gende Tod gab der Krankheit den Namen Schlag. Das Grundleiden des Schlagflusses sind heftige Blutcon¬ gestionen, Bl utertra vasa te, Gehirnentzündung und ihre Übergänge in W a sser er g i e ßung, Lymphaussch witzung, Wurmbildung, Eiterung, welche letztere übrigens im Gehirn noch sehr zweifelhaft ist. Die Krankheitsproducte der Congestion, Entzündung und ihrer Übergänge findet man, wie die Sectiouen umgestandener Thiere es zeigen, bald an dieser, bald an jener Stelle des Gehirns, wie dieß schon beim Koller angegeben wurde, der, wcu« er zum Tode führt, immer mit dem Schlagfluß endet. Dar¬ aus geht auch hervor, daß der Schlag immer ein Folge leiden der genannten Grundleiden ist. Die vorbereitenden und auch die G e l e g e n h e i t s u r s a- chen des Schlagflusses sind denen der Blutcongestion und Entzündung des Gehirns, so wie denen des Kollers ähnlich (siehe daher Ursa¬ chen der Gehirnentzündung und des Kollers). 55 Nicht selten wird der Schlagfluß oder die Schlaglähmung bei Be¬ schälern beobachtet, deren einzige Verwendung zur Zucht das Empfindungsleben steigert und dadurch wiederholte Congestionen zum Kopf nm so mehr erzeugt, als solche Thiere meistens gut gefüttert werden, und dabei gewöhnlich nichts arbeiten. Die n ächste Ursache des Schlagflusses besteht in der Verle¬ tzung des Gehirns durch die Krankheitsproducte: Blut, Wasser, Lymphe u. s. w., durch welche die Natur zwar die dem Gehirn zugefüg- tcn Beleidigungen auszugleichen sucht, die aber, wenn sie in zu großer Menge sich anhäusen, und die Aufsaugungsthätigkeit nicht gleichen Schritt mit der Absonderung hält, die freie Thätigkcit des Gehirns unterdrücken, die Empfindung und Bewegung entweder ganz ver¬ nichten (vollständiger Schlag), oder nur tHeilweise aufheben und lähmen (unvollständiger Schlag); denn es unterliegt keinem Zweifel, daß ein Druck auf das Gehirn bei allenThieren entweder vollkommene Lähmung oder nur theilweise und unvollständige Verminderung der Empfindung und Bewegung veranlaßt. Wird dieser Druck entfernt, so kehrt die normale Empfindung und Bewegung wieder zurück, wie dieß das Anbohrcn des Schädels und Herauslassen der serösen Flüssigkei¬ ten beim Koller, nach Prof. H a y n e's Methode, schon einige Mal deutlich gezeigt hat. Daß beim Schlag häufig auffallendeLähmungen einzel¬ ner Th ei le vorkommen und nachbleiben, wie dieß früher bemerkt wurde, davon liegt der Grund in der Affection dieser oder jener Stelle des Gehirns oder Rückenmarks, woraus die betreffenden und jetzt durch die Krankheitsproducte gedrückten Nerven ihren Ursprung nehmen; immer aber ist die der gelähmten entgegengesetzte Seite des Gehirns der Sitz der Krankheitsproducte, weil aus der Anatomie und Physiologie bekannt ist, daß die Wirkungen des großen und klei¬ nen Gehirns übers Kreuz gehen; die des verlängerten Marks und Rückenmarks hingegen auf dergleichen Seite stattfinden. Die Prognose ist beim Schlagfluß immer ungünstig, weil die Erfüllung der zweiten Heilbedingnng höchst schwierig, oft unmöglich ist, und der Sitz des Leidens in dem edelsten Gebilde stattfindet. Er¬ folgt auch der Tod in seltenen Fällen nicht, so bleiben doch wenigstens unheilbare Lähmungen einzelner Theile zurück, die, wenn sie wichtigere Organe getroffen haben, die Verwendung des Thieres beein¬ trächtigen, so z. B. bleibt ost Kr euzläh m e zurück, und das Thier kann nicht gehörig gehen, oft gar nicht stehen; ist der Sehn erv e ge¬ lähmt, so bleibt das Thier zeitlebens blind; ist dieH in terlippe ge¬ lähmt, so ist die Aufnahme der Futterstoffe und des Getränkes erschwert; ist die Znnge gelähmt, so kann das Thier nicht formen und schlingen 56 u. s. w. Wen» die Pferde vom Schlage getroffen, längere Zeit am Le¬ ben nnd immerfort liegen bleiben, so liegen sie sich besonders an sol¬ chen Stellen, wo die Haut sehr nahe an Knochen liegt, wie an den Augenbögen, Jochbögen, Hüftbeinen, Rippen n. s. w., in kurzer Zeit durch, d. h. diese gedrückten Hautstellen werden brandig und ster¬ ben ab, indem sie zu schwarzen, harten, unempfindlichen Schwarten, auf denen die Haare auch ihr normales Aussehen verlieren, vertrock¬ nen. Diesem Brande geht aber Entzündung der Haut voraus, die der mechanische Druck der Körperlast auf dieseHautstellen verursacht: der Entzündung folgt der Brand, weil wegen des anhaltenden Druckes, den diese Hautgcbilde erleiden, der Blutzufluß gehemmt und die Er¬ nährung aufgehoben wird, in Folge dessen der örtliche Tod eintreten muß; doch bemerkt man um und unter dem Brandigen eine mehr oder weniger lebhafte Eiterung, durch welche die Natur sich bemüht, das Brandige, hiermit Todte vom Körper abzustoßen. Ist nun dieser örtliche Tod auf viele und große Stellen der Haut ausgebreitet, so wird das Leben der Thiere auch von dieser Seite bedroht, und die Prognose ebenfalls ungünstiger. Nur in jenen Fällen, wo das Thier vorher ganz gesund war, und nun auf einmal durch irgend eine Gelegenheitsursache vom Schlag ge¬ troffen wurde, wäre die Prognose etwas günstiger zu stellen; weil man hier annehmen kann, daß nur Blutcongestionen deni Schlagfluß zu Grunde liegen, die unter allen Grundleiden am leich¬ testen zu bekämpfen sind; nur muß das Blut sich noch in seinen Ge¬ fäßen befinden und nicht durch Zerreißung der Blutgefäße ausgetre¬ ten seyn, wie z. B. oft bei mechanischen Verletzungen des Kopfes oder sonstigen bedeutenden Blutanhäufungen, in welchen Fällen dann die Erfüllung der zweiten Heilbedingung ebenfalls sehr schwierig ist. War aber das Thier vorher an Gehirnentzündung, Koller», dgl. krank, dann ist der Schlagfluß meistens tödtlich, weil die Entfernung der hier gewöhnlichen Krankheitsproducte: Wasser, Lymphe u. s. w., selten mög¬ lich ist. Liegen die Thiere bewußt- und bewegungslos dahin, empfinden sie das Kitzeln im Ohre, das Treten auf die Krone, se lbst das Stechen des Körpers mit Nadeln nicht mehr, dann ist der Tod nicht mehr ferne, der, wie schon oben gesagt wurde, oft plötzlich in einigen Minuten, zuweilen erst in einigen Tagen durch den aufgehobenen Verkehr mit allen Lebensbedingungen erfolgt; denn das Gehirn und seine Nerven leiten und ordnen alle übrigen Organe, — stirbt das Oberhaupt, so können auch sie nicht mehr leben, und alle Lebensbedingungen umgeben dann fruchtlos solche Thiere, weil die Organe nicht mehr mit ihnen verkehren können. 57 Therapie. Nachdem man zuerst für die Entfern»» g derGe- leg enheitsursache gesorgt, gehe man ohne Zeitversäumniß an die Erfüllung der zweiten Heilbedingung, denn hier handelt es sich um schnelle Hülfe. Ist das Leiden neu entstanden, und sind auch die Er- scheinungen von der Art, daß man Blutcongestion oder Ent¬ zündung als Grundleiden vermuthen kann, so sind tüch ti g e BlUt¬ en tleerun g en , kalte Umschläge, oder noch besser, Begie¬ ßungen des Kopfes mit kaltem Wässer aus der Höhe, r e v ell iren d eMittel, Klystiereund das nämliche diätetische Verhalten wie bei der Gehirnentzündung nothwendig; inner¬ liche Mittel wird man in einem solchen Falle kaum beibringen kön¬ nend, und sind zum Glücke nicht so wichtig, wie die äußerlichen; könnte man etwas beibringen, so sollen es, im Anfänge, den D a rm- canal re izend e Salze sein, z. B. Doppelsalz 4—6 Loth, Salpeter 1 Loth mit Mehl und Wasser als Latwerg. In der Folge kann man, wie beim Koller, Schwindel oder Fallsucht, solche Mittel anwenden, die specisisch auf das Gehirn einwirken, Nervenmittel heißen, und dieAufs a u g u n g derKrankheitsproducte: Wasser,Lymphe», s. w. befördern, z. B. Arniča, Baldrian, Zinkblum en, Sal¬ miak, Hirschhornöl, Krähenaugen, Wermuth, flüchti¬ ges Lau gen salz; (siehe die Recepte beim Koller, Schwindelund Fallsucht). Immer aber muß beim Schlagfluß die ganze Behandlung auf das Gehirn, als das leidende Organ, gerichtet seyn; alles andere Behandeln der durch Schlag gelähmten Theile selbst nützt nichts, weil der Sitz des Leidens nicht in diesen, sondern im Gehirn ist. Zeigt sich in ein paarTagen bei dem Gebrauche dieser Mittel keine Besserung, kehrt die bessere Empfindung und Bewegung nicht zurück, liegen sich die Thiere an vielen Stellen des Kopfes, der Brust, der Hüf¬ ten durch, dann ist jede weitere Behandlung des Thieres nur mit ökono¬ mischem Nachtheil verbunden. Die Behandlung des Durchliegens oder Aufliegens muß dem Gru n d le i d en entsprechend seyn; vor allen ist öfteres Wenden des Thieres nöthig, damit es nicht lange auf einer Seite liege, und die nämlichen Stellen nicht anhaltend gedrückt werden. Sind die gedrückten Stellen noch heiß, geschwollen und entzündet, so sind kalte Umschläge von Wasser allein, oder Wasser in Verbin¬ dung von Ko ch salz, Salpeter, Salmiak u. dgl. Salzen, die während ihrer Auflösung im Wasser dieses kälter machen, anzuwenden, welche Auflösungen bei allen örtlichen Blutunterlaufungen und Entzün¬ dungen, die durch Quetschung, Zerrung, Dehnung, Verstauchung, Druck, Reibung bedingt werden, gute Dienste leisten. Droht durch sicht¬ liche Abnahme der Entzündungsmerkmale der Brand, dann find bete- 58 bende Einreibungen aus Kam pH er g cist oder Terpcuth i nöl vor- zunehmen; haben sich schon trockene brandige Krusten gebildet, so sind diese mittelst Messer oder Schere so wegzutrennen, daß man ja nicht in die lebendigen Theile einschneide, sondern die Stelle, wo das Todtc vom lebendigen Entzündungsproceß begränzt ist, dazu wähle. Am Schluffe dieser Abhandlung muß noch bemerkt werden, daß es Lähmungen einzelner Theile gibt, die nicht immer vom Schlage des Gehirnsherrühren, keine Schlaglähmung, sondern eine örtliche Krankheit des gelähmten Gebildes selbst sind, wenn die Nerventhätigkeit dieser Gebilde durch irgend eine mechanische, chemische oder dynamische Ursache so beleidigt wird, daß diese Gebilde ihre Empfindung und Bewegung ganz oder größtentheils verlieren; diese örtliche Lähmung ist dann für einzelne Nervenzweige das, was der Schlag oder die allgemeine Lähmung für das Gehirn ist, nämlich verminderte oder ganz aufgehobene Empfindung und Bewegung der lei¬ denden Theile; wobei wieder zwei Grade zu unterscheiden sind, nämlich ein niederer und ein höherer Grad der Lähmung; der niedere Grad heißt auch unvollkommene Lähmung, dabei sind Empfindung und Bewegung nicht ganz aufgehoben, oder wenn auch die Bewegung verloren ist, besteht noch die Emp fin dung, und um¬ gekehrt; die vollkommene Lähmung ist der höhere Grad, dabei ist Bewegung und Empfindung ganz aufgehoben. Beispiele solcher örtlicher Lähmungen sind z. B. häufig die Kr e u z- lähme, durch örtliche Einwirkungen auf die Kreuzgegend veranlaßt; Lähmung des Mastdarmes, in Folge allgemeiner fauliger Krank¬ heiten, öfterer Koliken, roher Hülfeleistung bei dieser Krankheit, des hohen Alters u. s. w., wodurch dann das sogenannte Afterathmen entsteht, weil der Schließmuskel den After nicht schließt, und die äußere Lust frei in denselben hineintreten kann, beim Drucke des Zwergfelles aber auf die Gedärme während des Einathmens, aus den Gedärmen wieder heraustreten muß; auch Lähmung der H a r nbla se, durch eine große Menge Harn, der die Harnblase mechanisch ausdehnt, ist mög¬ lich; so wie bei Koliken durch die Ungeheuern Massen des enthaltenen Mistes die Gedärme oft dergestalt ausgedehnt werden, daß eine zur Herausschaffuug des Darminhaltes nothwendige Zusammenziehung der¬ selben (wurmsörmigeBewegung) gar nicht möglich wird, und sie durch die anhaltende Ausdehnung in eine lähmungartige Schwäche oder wirk¬ liche Lähmung, meistens aber mit Entzündung begleitet, verfallen; selbst das Herz kann durch eine anhaltende und zu heftige Zusammenziehung und Ausdehnung endlich erlahmen; wie dieß bei einer gewissen Brust¬ krankheit, die mit heftigem, oft ficht-und hörbaremHerzpo chen auf- 59 tritt. Die Behandlung dieser und noch mehrerer anderen örtlichen Lähmungen muß immer nach den Vorschriften der sünfHeilbedingungeu unternommen werden; aber auch hier ist die Prognose meistens ungün¬ stig. Die Entfernung der Gelegenheitsursache ist hier eine Hauptsache; wären die Krankheitsproducte der Entzündung oder ihrer Übergänge, die veranlassende Ursache der Lähmung, dann ist die Erfüllung der zweiten Heilbedingung von größter Wichtigkeit; ist bloß Erschöpfung der Nervenkraft durch zu große Thätigkeit — ohne sonstige Krankheitsproducte — die Ursache der Lähmung, dann sind zur Umstimmung des kranken Organs oder Erfüllung der dritten H eil bedingung, belebende, geistige, stärkende, reizende Mittel, wenn es thunlich ist, örtlich angewendet, die Hauptsache; kann man mit den örtlichen Mitteln, z. B. Einreibungen, Einspritzun¬ gen u. dgl. nicht zum leidenden Organ gelangen, so sind inner¬ liche, auf die Nerv en der kranken Gebilde specifisch wirkende Mittel anzuwenden. Die nämlichen belebenden, reizenden, revellirenden Mittel sind selbst zur Erfüllung der fünften Heilbedingung zuträglich, denn die ge¬ lähmten Gebilde magern allmälig ab, weil Empfindungslosigkeit auch das bildende Leben beschränkt; wendet man nun örtlich solche Mittel an, die die gesunkene Empfindung aufregen, die Theile reizen und dadurch mehr Blut, die Quelle des Bildungslebens, hinzuleiten, so kann da¬ durch, so viel als möglich, der Wiederersatz des Verlorengegangenen bewerkstelliget werden; freilich wird das Bildungsleben so lange sich nicht bedeutend heben, bis nicht der Vermittler alles Lebens, das Empfin¬ dungsleben, wieder erwacht. Endlich ist bei solchen örtlichen Lähmungen auch die möglichste Ruhe des leidenden Theiles wohl zu beachten, weil die erschöpften Kräfte oft durch bloße Ruhe sich wieder ersetzen. Von diesen örtlichen Lähmungen ist aber das, was man gewöhnlich in der Tierheilkunde Schulterlähme, Kreuz- oder Hüftlähme nennt, wohl zu unterscheiden, denn diese Krankheiten sind selten wirk¬ liche Lähmung, nämlich ein Leiden der Nerven mit aufgehobener Empfindung, sondern meistens sind sie rheumatische oder gichti¬ sche Entzündung mit ihren Übergängen in den die Schulter oder das Hintertheil bewegenden serösen, fibrösen oder muskulösen Ge¬ bilden, z.B. Muskeln, Sehnen, sehnichten Ausbreitungen, Bändern, Nervenscheiden, veranlaßt durch Verkühlung oder auch durch übermä¬ ßige Ausdehnung, Verstauchung, Erschütterung, Quetschung, Stöße eines der erstgenannten zur Bewegung gehörigen Theiles beim schnellen Nmdrehen, Zurücktreten, Springen, Ausglitschen u. dgl., wobei der Schmerz, also gesteigerte Empfindung, die Bewegung hindert oder 60 ganz aufhebt, und dann eine e ntzün d n n g swi d ri g e und vorzüglich revellirende Behandlung erfordert. Nur in seltenen Fällen ist die Schulter- oder Hüftlähme wahre Lähmung, in Lähmung der betref¬ fenden Nervengeflechte bestehend oder vom Schlage herrührend, was dann durch das vorausgegangene und gleichzeitige Leiden des G e- hirns erkannt werden kann. 5 Stätigkeit oder Stühigkeit. Wenn wir die Stätigkeit unter der Rubrik der Gehirnkrankheiten anführen, so wollen wir damit nicht behaupten, daß die Stätigkeit eine wirkliche G e h i r n k r a n k h e it sey, sondern weil wir keinen bessern Platz wissen, an dem wir sie anführen könnten; denn eine Nerven- verstimmung oder Abnormität des Empfindungslebens ist sie doch, und als solche findet sie bei den Krankheiten des Gehirns ihre geeig¬ netste Stelle. Wir nennen Stätigkeit einen periodisch sich offenbarenden Zustand, wobei die Thiere eine ungewöhnliche und hartnäckige Wi¬ dersetzlichkeit gegen billige Forderungen ihrer Eigen- thümer äußern, deren Grund seltener wirkliche Bosheit und Trotz, sondern meistens eine unrichtige Vorstellung oder fixe Idee, oft auch eine widrige, unangenehme Erinnerung und Furcht ist. Jedes der stätigen Pferde hat eine eigene Untugend oder Unart; manches läßt sich nicht zäumen, ein anderes ist nicht von der Stelle zu bringen, geht beim Anfahren rückwärts, steigt, bäumt sich, schlagt nach allen Seiten aus; ein drittes legt sich sogar nieder, wenn man es einspannen oder reiten will; ein viertes duldet keinen Sattel, drückt den Reiter an die Wand; ein fünftes läßt sich nicht beschlagen, nicht putzen; ein sechstes will immer durchgehen u. s. w. Oft zeigen stätige Pferde, wenn sie in ungewohnten Orten und Umgebungen sich befin¬ den, keine Spur von Stützigkeit; wie sie sich aber da heimisch finden und das Terrain kennen, verfallen sie in die früheren Untugenden. An allen diesen Untugenden ist m e i st e n s eine fire Idee Schuld; denn außerdem können die stätigen Pferde die besten Thiere von der Welt sepn, wie man aber von ihnen etwas, obgleich Billiges, fordert, was dreser firen Idee, richtigen oder unrichtigen Vorstellung geradezu entgegen ist, werden sie stätig; so wie dieß bei manchen wahnsinnigen Menschen der Fall ist, die oft außer ihrer firen Idee die vernünftigsten und gelassensten Leute sind. Forscht man weiter dem Grunde nach, woher diese richtige oder 61 unrichtige Vorstellung oder fixe Idee entstanden sev, so wird man fin¬ den, daß meistens eine schlechte Abrichtung des Thieres in seiner Jugend, frühere Mißhandlungen, übermäßige Anstrengungen, harte Strafen, öfte¬ res Wechseln ihrer Herren, öfteres Wechseln sehr verschiedenartiger Ver¬ wendungsarten, Brutalität des Wärters, Ungeschicklichkeit des Führers oder Reiters, der oft die sonst folgsamsten Pferde so außer Fassung bringt, daß sie nicht mehr wissen, was sie thun sollen und sich dann widerspänstig zeigen, die Erzeuger dieser unrichtigen Vorstellungen der Pferde sind, die dann von dem Wahne befangen, es werde ihnen jetzt ein Gleiches begegnen, sich ungehorsam und widerspänstig bezeigen. So kann in kurzer Zeit, in ein paar Tagen, das gutmüthigste Pferd unter solchen Verhältnissen widerspänstig werden; denn zur Erhaltung der Pferde in jeder Hinsicht trägt die Begegnung des Wärters oder Führers nicht wenig bei. In solchen Fällen ist die Widersetzlichkeit nur ein in¬ stinktmäßiger Selb st erhalt« ngstrieb zu nennen. Eine vorzügliche Anlage aber zur Stätigkeit scheinen manche Pferd era cen, z. B. die polnischen, moldauischen, und die Fuchse und Rothschimmel zu haben; am meisten zum Durchgehen sollen die Hirschhälse geneigt seyn. Obgleich die Stätigkeit in den meisten Fällen bloß ein Seelen¬ leiden, ein Gemüths- oder Temperamentsfchler, oder ein gemeinschaftliches Resultat eines schlimmen Temperaments und einer noch schlimmer» Erziehung (nach Professor Hering) ohne krankhafte materielle Änderungen irgend eines Organs ist, wie es die Sectionen stätiger Thiere zeigen, die keine organischen Änderungen durch Congestion, Entzündung oder- ihre Übergänge ent¬ decken lassen, und wenn auch welche gefunden werden, diese nur F o l- g en der Widerspänstigkeit, der ungestümen Bewegungen, Mißhand¬ lungen und Verletzungen während des stätigen Benehmens sind, so kann es doch auch körperliche Zustände und äußerliche und inner¬ liche Krankheiten geben, die die Ursache der Stätigkeit sind, z. B. Weich- oder Hartmäuligkeit, Täuschungen des Sehens, Rossigkeit der Stuten und ein ähnlicher Zustand der Hengste; denn werden dergleichen Thiere, besonders Stuten, eingespannt und gelangt der Schweif- oder Leitriemen unter den Schweif an die jetzt empfindlichere Scham, so schlagen sie aus und sind kaum zu bändigen; das Nämliche findet statt, wenn ein aufgeregter Hengst eine Stute in der Nähe hat oder wittert. — Manche Thierärzte, be¬ sonders der vielerfahrene Tenneker, wollen jeder Stätigkeit eine krankeLeber und Unordnung des Blutumlaufes im Pfortader¬ systeme zum Grunde legen; der Fall ist möglich, aber nicht häufig, denn findet man zuweilen auch wirklich krankhafte Änderungen der Leber, 62 50 sind diese mehr die Folge als die Ursache des verstimmten Nerven¬ systems, weil es bekannt ist, welch mächtigen Einfluß das Gehirnner¬ vensystem auf das Bauchnerven - und Pfortadersystem und die Leber, wenigstens beim Menschen besitzt, von wo aus auch die Leberkrankhei¬ ten der Thiere von Waldiuger und Tenneker in die Thierheil¬ kunde übertragen zu seyn scheinen. Die Stätigkeit ist in Österreich ein Hauptfehler und dessen Gewährszeit dreißig Tage. Der Thierarzt muß aber bei der Beurtheiluug dieses Fehlers behutsam zu Werke gehen und immer auf unsere Definition der Stätigkeit Rücksicht zu nehme», stets fragend: Sind das bill ige Forderungen, bieder Besitzer an das Pferd stellt? Sind es unbillige Forderungen, z. B. fordert er vom Reit¬ pferde die Dienste eines Wagenpferdes und umgekehrt; ladet er einem schw ächlichen oderalteu Thiere zu viel und seine Kräfte Übersteigendes auf; sind die Geschirre unpassend; ist das Thier irgendwo verletzt und deswegen empfindlich; ist das Thier noch sehr jung und zu dieser Verwendung noch nicht dressirt; ist dieBehand- lung eines weichmäuligen Pferdes zu roh; ist die Stute gerade ros- 51 g u. s. w., so ist das alles nicht Stätigkeit, denn die Forde¬ rungen sind unbillig. Mit der Stätigkeit hat die Scheue viel Ähnlichkeit (nur wol¬ len die stätigen Pferde gewöhnlich nicht gehen, scheue hingegen wol¬ len durch geh en), doch ist die Scheue in Österreich kein Hauptfeh¬ ler, obgleich sie die Thierärzte, wenn sie im höhern Grade zugegen ist und die Verwendung solcherThiere unsicher und den Menschen gefahrbringend macht, unter dem Namen Stätigkeit mit Recht zum Hauptfehler ummodeln. Pferde mit Scheue behaftet, sind einmal bodenscheu, ein andersmal vogelscheu, menschenscheu, das eine erschrickt vor einem bedeckten Wagen, das andere vor jedem Gegen¬ stand, den es am Boden vor sich liegend erblickt u. s. w.; meistens liegt der Scheue nur eine eingebildete Furcht, oft auch jugendlicher Muthwille, Mangel an Dressur, widrige Erinnerung zu Grunde. Auch ist nicht zu übersehen, daß die Scheue gewiß oft die Folge un¬ deutlichen Sehens ist, wodurch dann Tänschungen des Gesichtes entstehen, welche die Tbiere erschrecken. Wahrscheinlich ist oft eine zu ge¬ wölbte oder eine zu flache durchsichtige Hornhaut, eine ähnliche Beschaf¬ fenheit der Krystalllinse, viel oder weniger Augenfenchtigkeit, wie beim Menschen, die Ursache der Kurz- und Weitsichtigkeit, deßwegen werden alte Pferde oft scheu, weil sich die Wölbung des Augapfels vermin¬ dert und dadurch das Sehen undeutlich wird. Auch Taubheit kann iu seltenen Fällen vielleicht Ursache der Scheue seyn, wenn nämlich 63 tauben Pferden schnell etwas vor die Augen kommt, ans dessen Annä¬ herung sie nicht vorher durch das Geräusch vorbereitet wurden. Von einer ärztlichen Behandlung kann sowohl bei der Stätigkeit als auch bei der Scheue keine Rede seyn; die Mittel, die hier etwas hel¬ fen könnten, bestehen nur in einer zweckmäßigen Erziehung und Behandlung der Thiere. Wenn Hunger und Durst, die zwei vorzüglichsten Schulmeister, und schonende, zur rechten Zeit aber, besonders in demselben Augenblicke, als sich das Thier zur Bosheit oder zur Scheue eben an schickt, auch st ra sende Behand¬ lung , also Güte und vernünftiger Zwang ohne Grausamkeit nichts nützen, so ist alles Übrige vergebens. Zweite Abtheilung. Krankheiten des Rückenmarks. i. Starrkrampf, auch Hirschkrankheit, Maulsperre genannt. Starrkrampf heißt diese Krankheit deßwegeu, weil die Be- wegungsvrgane vom Krampf, d. i. anhaltender Zusammenziehung, befallen sind, und die Thiere ein starres oder steifes Ansehen haben und sich deshalb nur mühsam bewegen können; — Hirschkrank¬ heit, weil die Haltung des Halses und Kopses starrkrämpfiger Pferde jener ähnlich ist, wie sie die Hirsche haben, oder weil, wie Einige glauben, diese Krankheit bei Hirschen, wenn sie erhitzt durchs Wasser gejagt werden, besonders häufig vorkommt; — Maulsperre, weil bei dieser Krankheit immer mehr oder weniger das Maul ge¬ schlossen, gesperrt ist; doch muß hier bemerkt werden, daß zuweilen die Maulsperre allein vorkommt, ohne daß der übrige Körper von Starrkrampf befallen ist. Jeder Krampf besteht in einer überwiegenden Zusam¬ menziehung solcher Gebilde, die einer Zusammenziehung und Aus¬ dehnung fähig sind; daher ist der Starrkrampf eine solche Krank¬ heitzunennen, bei der ein anhaltender Krampf über die mei¬ sten muskulösen Gebilde, besonders sichtlich aber über die willkürlichen Muskeln des Kopfes, Halses, Stammes und der Extremitäten, verbreitet ist, und überhaupt in jenen Muskeln, welche der Zahl und Stärke nach die überwiegenden sind, sich v or- waltend ausspricht. Der Beginn dieser Krankheit ist nicht immer leicht und gleich zu erkennen, denn der Anfang des Starrkrampfes ist oft sehr langsam und trügerisch: solche Thiere fangen an schlecht zu fressen, beschwerlich zu schlucken, den Hals etwas steifer zu halten u. s. w. Man könnte, diesen Erscheinungen nach, den beginnenden Starrkrampf für ein gastrisches Leiden oder Halsentzündung halten. Dagegen ist die Erkenntniß der zunehmenden oder ausgebildeten Krankheit nicht schwer und oft schon von weitem möglich. Ein starrkrämpfiges Pferd steht oft wie ein ganz 65 steifes, hölzernes Pferd, die vorder» Füße vorwärts und auswärts, mit den Hinterfüßen weit auseinander und unbeweglich (wegen Krampf der stärker» Auswärtszieher und Strecker der Füße); dcrHals ist ge¬ rade gestreckt, schwer oder gar nicht beweglich, ost nach einer Seite gedreht; der Schweis ist steif, nach aufwärts oder seitwärts gehalten, oft wedelnd; bewegt man das Thier, so ist der Gang sehr beschwerlich, breit, schwankend, und es findet bei demselben fast keine Beugung der Gelenke statt; will man das Thier umwenden, so ist die Wendung nur mit dem ganzen Körper des steifen Thieres möglich; vomNiederle- gcn ist keine Rede, und brächte den Thicren schnellen Erstickungstod. Die Haut ist anfangs trocken, gespannt und wegen Krampf des Haut¬ muskels hart; später bricht ein partieller, über einzelne Körpertheilc verbreiteter, oder ein allgemeiner ungemein starker Schweiß aus; die Muskeln des ganzen Körpers, besonders des Rückens, aber auch des Kopfes, des Halses, der Flanken und der Füße sind hart wie ein Bret. Das Gcmcingesühl dieser Thiere ist sehr gesteigert, denn siezei¬ gen sich äußerst ängstlich, empfindlich und schreckhaft, und werden durch daß bloße Annähcrn eines Menschen oder Thieres, so wie durch jedes heftigere Geräusch sehr beuuruhigt. Der Schmerz nur in e i n e m e i n- zeinen vom Krampf befallenen Thcile kann uns einen Begriff von dem martervollen Zustand eines solchen Kranken geben. Dabei ist das Auge stier, in seine Höhle zurückgezogen und zum Theil, besonders aber beim Ausrichten des Kopfes (durch die krampfhafte Zusammenziehung des Gr und muskels und der geraden Augen muskel) durch die Nickhaut bedeckt; daher ist das schnelle Emporheb en des Ko¬ pses ein gewöhnliches, nicht zu verwerfendesPrüsungsmittclbeim Starrkrämpfe, weil ein solches Hervor tret en der Nickhaut vor das scheinbar verdrehte Auge bei starrkrämpfigen Pferden, besonders beim Emporheben des Kopfes, immer beobachtet wird. Die Nasenlö¬ cher sind weit geöffnet, gleichsam eckig ausgedehnt, und ihre Schleim¬ haut roth gefärbt. Die Ohren werden steif gehalten; das Maul ist we¬ gen vorwaltenden Krampfes derjenigen Muskeln, die den Hintcrkiefer an den Vorderkieser an ziehen, mehr oder weniger festgeschlossen durch keine Gewalt weiter aufzusperren möglich; übrigens schleimt und geifert es stark, weil der Speichel und Maulschleim nicht verwendet und mit den Futterstoffen geschluckt werden können, sondern aus der Maul¬ höhle herausfließen oder in derselben zurückgehalten, verderben, scharf mrd oft widrig riechend werden. Freßlust ist zugegen, aber die Thiere können nicht fressen, weil wegen Maulsperre nnd Steifheit der Zunge die Aufnahme, das Kauen nnd Schlingen sehr beschwerlich, oder ganz unmöglich wird; eben so geht es mit dein Trinken; statt zu trinken, Weiweis Heilverf. S. Ausl. S 66 kühlen die Thiere im Wasser nur das Maul ab. Das Athemholen ist immer beschleunigt und auffallend, ost hörbar, nicht wegen Krankheit der Lunge, sondern wegen anhaltender Erweiterung und nicht ge¬ hörig erfolgender Zusammenziehung desBru st k o rbes, wahrscheinlich auch wegen krampfhafter Nnthätigkeit des Zwerchfells und der Bauche nmskeln; dadurch wird vorzüglich das m e ch a n i s ch e M o m e n t, wel¬ ches beim Athmen so nothwcndig ist als das chemische und dynamische, in Folge dessen aber auch das ch e m i s ch e (B lutumw a n d l u n gs-) Moment beeinträchtigt und das Athmen erschwert; die Muskeln näm¬ lich, die den Brustkorb erweitern, halten, vom Krampf ergriffen, den Brustkorb nun immerfort erweitert, weil sie viel zahlreicher sind als ihre Gegenwirker (die den Brustkorb verengenden Muskeln); daher die Oberhand an der Seite der zahlreichem (Erweiterer) bleibt, obgleich beide Theile vom Krampf ergriffen sind. Der Puls ist anfangs nor¬ mal, wird aber in der Folge fieberhaft und die Arterien wie ein Draht gespannt. Der Herzschlag ist nach der entzündlichen oder fauligen Or¬ ganisation bald unfühlbar, bald fühlbar. Der Mist wird seltener ab¬ gesetzt, klein geballt und trocken; der Harn ist bierbraun oder auch wasserhell, weingelb, flüssig oder zügig. Dieß ist das gewöhnliche Bild des Starrkrampfs ohne Compli- cation mit einer andern Krankheit. Man kann daher die H ä rtc der Muskeln, die größere oder geringere M a u l sp e e re, das mehr oder weniger bedeutende Vertreten der Nickhaut, die größere oder geringere Athmungsb cschw erde und das gesteigerte Ge¬ rne inge fühl zu den auffallendsten diagnostischen Kennzeichen des Starrkrampfs zählen. Die gewöhnlichste Eomplication des Starr¬ krampfs aber ist die mit Lungenentzündung, die entweder durch Verkühlung gleichzeitig mit dem Starrkrampf entstanden ist,oder aber erst in Folge des Starrkrampfs wegen des so mangelhaftbe- triebenen Blutumwandlungsprocesses in der Lunge, wobei die Emu¬ lation des Blutes daselbst gehemmt wird, die Dephlogistisation des¬ selben unterbleibt, und Stockungen dieses nicht umgeändcrten Blutes in der Lunge erfolgen, die ost zur Lungenentzündung und zur He- patisirung führen. Auf jeden Fall ist die richtige Erkenntniß dieser Eomplication sehr schwierig, weil die Erscheinungen des Starrkrampfs die Erscheinungen der Lungenentzündung verdunkeln; nur die hohe Temperatur der ausgcathmcten Luft, das gleich anfänglich heftige Fie¬ ber und der etwa vorhandene freiwillige Husten könnten darüber einigen Ausschluß geben. Die Dauer des Starrkrampfs ist sehr verschieden, oft ist er schon den zweiten, dritten, fünften Tag tödtlich; zuweilen erfolgt der Tod 67 erst dm zehnten oder zwölften Tag, selten später; die Genesung erfolgt meistens viel später. Stehen die Thiere um, so zeigen die S e c ti v n en, vorzüglich im Rückenmark oder im Gehirn, die wesentlichsten Veränderungen durch Entzündung und ihre Übergänge; als Blutüberfüllung, Wasserergießung, Ausschwitzung gerinnbarer Ly m p h e; nicht selten sind selbst die Wirbelbeinc an der Beinhaut oder in ihrer innern Substanz entzündlich geröthet und mit Blut überfüllt; das Muskel fl eis ch ist immer, besonders an jenen Stellen, die vorzüglich steif und hart waren, wie gekocht, d. i. ent¬ färbt, weich, mürbe, mit den Fingern leicht zerreiblich, macerirt. Sieht man einmal dieses Muskelfleisch, so wird man sich leicht erklären, warum es selbst in günstigen Fällen, wo der Starrkrampf geheilt wird, mit der Besserung der steifen Bewegung so lange hergeht. Oft aber findet man keine so auffallenden Veränderungen am Rückenmark oder Gehirn, oft ist die Gehirn- oder Rückenmarksubstanz nur mehr röthlichgelb gefärbt, oder etwas weicher oder fester als gewöhnlich; doch sind diese Änderungen für so edle und empfindliche Organe, als es das Gehirn und besonders das Rückenmark sind, welches ein Nadel¬ stich schon tödtlich verletzt, hinlängliche Ursachen zum Tode des Thic- rcs. Ist der Starrkrampf durch eine mechanische Verletzung ent¬ standen , dann sind auch an diesen Stellen entsprechende Änderungen in Folge der Verletzung zu finden und besonders an einem oder dem andern Nervenzweige, der von der verletzten Stelle zum Rückenmark geht, entzündliche Spuren (Nervenentzündung) zu bemer¬ ken, die aber gewöhnlich nur örtlich an der Stelle oder in der Nähe der Verletzung stattfinden, und sich nicht über den ganzen Nervcn- zweig bis zum Rückenmark verbreiten. — Alle übrigen Veränderun¬ gen in andern Organen gehören entweder nicht dem Starrkrampf, sondern nur der zufälligen C o m p l i c a t i o n der Lungenentzün¬ dung u. dgl. zu, oder sie sind nur die Folge des Starrkrampfs, so z. B. die entzündliche Röthung der Schleimhäute, der Schlingwcrk- zeuge, der Luftwege, der Gedärme, der innern Haut der großen Blut¬ gefäße, des Herzens; das dunkle, theerartige Blut in den Venen und in der mit solchem Blute meistens überfüllten Lunge; bedeutende Schleimansammlung im ganzen Tract der Luftwege, Hepatisirung der Lunge, die der gewöhnliche Übergang solcher mit Starrkrampf com- Plicirter Lungenentzündung ist. — Der Sitz des Starrkrampfs ist vorzüglich im Rückenmark und seinen Häuten, nicht selten aber auch im Gehirn und dessen Umhüllungen; denn man darfnichtglau¬ ben, daß das Gehirn und Rückenmark, weil cs die Anatomen zur Erleichterung ihrer ftnterfnchnngen als zwei getrennte Organe betrach- s - 68 ten, m der Natur wirklich zwei verschiedene Organe darstellen; beide sind nur ein einziges Organ, in ihren Verrichtungen sich ziemlich gleich und in ihren Gru ndbestan dthe il en gar nicht von einander verschieden (UgWüüiv). Sucht man die Organe, welche ins¬ besondere für die Ortsbew egung bestimmt sind, so wird man so¬ wohl im Gehirn als auch im Rückenmark solche finden, als die gestreiften Körper, der untere Theil der Sehehügel, der Großhirn, stamm, die Brücke, die Kleinhirnschenkel, die Seiten des verlänger¬ ten Marks, die untern Stränge des Rückenmarks. Ferner weiß man, daß die Flüssigkeiten in den Gehirn kümmern mit den Flüssigkei¬ ten des Rückenmarkscanals communiciren, mithin auch Was¬ serergießungen in den Gehirnkammern auf das Rückenmark einwirken können. Der Kinnbackenkrampf oder die Maulsperre kann nur von den Geh irnne rv en ausgehcn, indem die Kaumuskeln vorzüglich vom dritten Ast des fünften Gehirnnerveupaars versehe» werden. Endlich beweist auch derSchlagfluß, der zunächst doch nur im Gehirn sei¬ nen Sitz hat und zugleich die willkürlichen Bewegungsorgane, die vom Rückenmark ihre Nerven bekommen, lähmt, daß das Gehirn und Rückenmark innig mit einander verbunden wirken, daher beide im Starrkrampf als die vorzüglich leidenden Gebilde angesehen werden müssen. Warum aber die nämlichen Ursach en, z. B. Entzün¬ dung, Wasserergießung, Lymphausschwitzung im Gehirn einmal den Starrkrampf, das andere Mal aber gerade den entgegengesetzten Zustand, nämlich Lähmung oder Sch la gfluß erzeugen — ist bei dem gegenwärtigen Standpunkte der Physiologie und Pathologie mit Gewißheit anzugeben noch unmöglich. Daß aber das Rücken¬ mark und Gehirn wirklich der Sitz des Starrkrampfes sind, be¬ weiset die Physiologie, die uns deutlich zeigt, daß die willkürliche Bewegung vom Gehirn und Rückenmark abhängt, und die pa¬ thologische Anatomie, die uns immer, mehr oder weniger, in diesen Gebilden beständige Veränderungen zeigt. Das Grund leiden des Starrkrampfes geht schon aus dem Ge¬ sagten hervor und besteht in Entzündung und ihren Übergän¬ gen, besonders serösen und ly m p h atisch e n E r g ieß n n g en. Der Starrkrampf wird daher auch fast allgemein Rückenmarks ent- zündung genannt, die aber, wie alle Entzündungen der serö¬ sen Häute, äußerst schnelle Übergänge, besonders in Wäs¬ se re rgießun g en macht. Ursachen. Über eine besondere Anlage gewisser Pferde zum Starrkrampf läßt sich nichts Gewisses angeben; denn Thiere jedes Al¬ ters, Geschlechts, jeder Race und Organisation unterliegen bei gewis- 69 sen Verhältnissen demselben. Doch scheinen Pferde von edlerer Race wegen ihrer reizbarernOrganisation und mehr gesteigerten Empfindung eine größere Anlage dazu zu besitzen, als gemeine Thiere. Die Gele- g enhe itsur sach en kann man vorzüglich auf drei zurückführen: 1) und vorzüglich, eine gewisse, noch nicht genau bekannte Beschaffenheit der Witterung, besonders eine feuchte, entweder feuchtmarine oder feuchtkühle wechselnde Witterung; daher ist der Starr¬ krampf in den niedrigen und feuchten Gegenden der heißen Himmels¬ striche wie einheimisch; daher kommt er in den Küstengegenden Italiens häufig vor; daher erscheint er auch bei uns in solchen Jahreszeiten und bei solcher Witterung am häufigsten. Daß aber Witterungs¬ verhältnisse beim Starrkrampf die Hauptrolle spielen, und daß die andern Gelegenheitsursachen für sich allein selten den Starr¬ krampf zu erzeugen fähig find, bestätiget noch immer an unserem In¬ stitute die Thatsache, daß gewöhnlich immer zur nämlichen Zeit oder bald nach einander ein Paar oder mehrere starrkrämpfige Pferde in die Behandlung kommen. Im Jahre 1836 kamen im März 3, im April wieder 3 fast zu gleicher Zeit, im ganzen Jahre 11 in unser Institut; wovon 6 genesen, 5 aber nmgestanden sind. Ähnliches bestätiget sich alljährlich. 2) Verkühlung nach vorausgegangener Erhitzung, besonders wenn obgenannte Wittern» g herrscht; denn es ist bekannt, daß der Starrkrampf oft plötzlich bei Pferden, die erhitzt einer Zugluft ausge¬ setzt wurden, oder aus warmen und dunstigen Stallungen in kalte Luft kamen, erscheint. Dadurch wird die Hautaus dünstung un¬ terdrückt, und der ganze Zug der abgelebten, durch die Haut aber nicht ansgesonderten Stoffe geht nun mit dem Blute zu den mit der allgemeinen Haut im organischen Verband und Geschäftsverkehr ste¬ henden serösen Häuten des Gehirns und Rückenmarks. 3) Mechanische oder chemische Verletzungen, entweder des Rückenmarks selbst, oder eines Nervenzweiges, der zum Rückenmark von einer Sehne, Sehnenscheide, sehnigen Ausbreitung, Beinhaut u. dgl. geht, ebenfalls begünstigt durch obgenannte Witte¬ rung, denn es ist vieljährige Erfahrung, daß in manchen Jahreszei¬ ten unbedeutenden Wunden und Operationen, z. B. dem Englisiren, Eastriren, der Starrkrampf folgt. Den Starrkrampf, der auf diese Art entsteht, nennt man Wundstarrkrampf. Dergleichen Verletzungen des Rückenmarks geschehen durch das Tragen schwerer Lasten am Rücken, durch ein gähes Aufsitzen eines schweren Reiters, durch angestrengte Bewegung und viele Wendungen des Thieres, durch niedere Ein- oder Ausgänge; am häufigsten sind aber Gelenkwunden durch spitzige Kör- 70 per, Verletzungen der inner» Hustheile, besonders der Beugesehne und der Gelenke durch Ncigeltritte, Vernageln, Strahlfäule u. s. w. die Ursache des Starrkrampfes, welche, wenn sie auch von außen schon geheilt erscheinen, auf die nachbarlichen Nervenzweige eine solche verletzende Einwirkung ausgeübt haben, daß deren entzündliche Reizung sich immer weiter bis zum Gehirn oder Rückenmark verbreitet, bis nach längerer Zeit, oft erst in 2—3 Wochen, der Starrkrampf ausgebildet erscheint; auch eine ungeschickte Behandlung reiner oder guteiternder Hufwunden mit ätzenden und reizenden Salben, Pulvern u. dgl.; Schußwunden mit Quetschung oderZerreißnng der Nerven; Castratio¬ nen, wo die Kluppen oder die Unterbindung nicht so fest angelegt wurden, daß die betreffenden Theile sammt den Nerven abgestorben wä¬ ren, sondern nur schmerzhaft gereizt wurden; mit heftiger Quetschung der Nerven verbundenes Englisiren und Coupiren u. s. w. können den Starrkrampf erzeugen. In allen Fällen, wo eine Verletzung eines peri¬ pherischen Nervens stattfindet, entweder durch Druck, Stich, Zermal¬ mung, unvollkommene Zerreißung oder durch chemische Reizung, ent¬ steht an und in der Nähe der Verletzung eine Nervenentzün¬ dung, von wo aus sich dann, ohne daß der ganze Nervenstamm ent¬ zündet wäre, diese entzündliche Reizung der Nerven, zum Rückenmark oder Gehirn, als den Centralorganen der Empfindung und Bewegung, verbreitet und sodann einen Krampf mit oder auch ohne vollkommen ausgebildeter Entzündung des Gehirns oder Rückenmarks verursacht, der als Starrkrampf über alle Gebilde sich ausbreitet, die von dein Centralorgane ihre Bewegnngskraft erhalten. Die nächste Ursache des Starrkrampfes liegt daher, dem Ge¬ sagten zu Folge, in einer mitte l- oder unmittelbare n, mecha¬ nischen, chemischen oder dynamischen Verletzung des Rückenmarks oder des Gehirns, in Folge deren die Verrichtungen der Bewegungsorgane dergestalt gestört werden, daß statt einer normalen Zusammenziehung und Ausdehnung der Muskeln, zu welchen jene Nerven gehen, bloß eine vor walten de und gewaltsame Zusammenziehung mit gleichzeitiger Steigerung der Empfindung besonders im G e m e i n g e fü h l stattfindet, weil Gehirn und Rückenmark nicht bloß dieBew e gung, sondern auch die E m p fi n d n n g vermittelnde Ner¬ ven besitzt, wobei die ersten (Bewegungsnerven, untern Äste der Rückenmarksnerven) eine vorwaltende Zusammenziehung in der Bewe¬ gung, die letztem (Empfindnngsnerven, ober» Äste der Rückenmarks¬ nerven) aber eine gesteigerte Empfindung im Gemeingefühl veranlassen. Überhaupt zeigt die Erfahrung, daß mit Krampf immer gestei¬ gerte Empfindung, dagegen mit Lähmung verminderte Em- 71 pfindung vergesellschaftet sey; Beweis des erster» ist der Starrkrampf und andere krampfhafte Krankheiten; Beweis des letzter» ist der Schlagfluß und andere Lähmungen. Endlich ist nach zu bemerken, daß wir eine vollständige, nichts mehr zu wünschen übriglassende Einficht in das Wesen des Starrkrampfs noch nicht besitzen, und so lange nicht besitzen werden, so lange uns nicht die Physiologen den innern Proceß, der bei der Bewegung zwi¬ schen Muskelfieber und den Nerven stattfindet, genauer erklären. Die Prognose ist beim Starrkrampf immer sehr zweifelhaft, weil wegen des Sitzes der Krankheit in den edelsten Organen, und wegen der schnell eintretenden Entzündungsübergänge die Er¬ füllung der zweiten und dritten, beim Wundstarrkrampf auch der ersten Heilbedingung sehr schwierig ist. Man kann behaupten, daßdieH älfte der vom Starrkrampf ohne Verwundung ergriffenen Pferde stirbt, der Wu n d st a rr k r a m p f aber fast immer (ich sah unter so vielen schon beobachteten und behandelten starrkrämpfigen Pferden nur Ein en genesen) mit dem Tode endigt. Cvmplicationen des Starrkrampfs mit Lungenentzündung machen immer eine schlimme Prognose. Wichtig hinsichtlich der Prognose und des Ausganges ist dieBeachtung, ob der Starrkrampf mehr von vorn, mit heftiger Maulsperre und gro¬ ßer Athmnngsbeschwerde, oder mehr von hinten, mit besonder!» Er- griffenseyn des Hinterleibes und der Hintern Extremitäten beginnt; die erste Form ist viel schlimmer als die zweite, wegen der größer» Hem¬ mung des Verkehrs mit den Lebensbkdingungen, Luft, Nahrung und Getränk. Vor allem sehe der Thierarzt in Bezug auf Prognose auf das Zu- oder Abnehmen des allgemeinen Krampfes. Schlimme Zeichen, auf die der Thierarzt daher im Verlaufe des Starrkrampfes vorzüglich Rücksicht nehmen muß, um eine möglichst verläßliche Prognose stellen zu können, sind l) die schnell zunehmende Maulsperre (eine 2 Zoll weite Öffnung des Manles ist noch nicht gefährlich, weil das Thier noch fressen, saufe», schlucken kann); 2)die zunehmende Beschleunigung desAthemholeus über 40 und darüber (20—30 Athcmzüge sind beim Starrkrampf noch nicht gefährlich); 3) das h i n z n t r e t e n d e u n d z u n e h m e n d e F i e b er; 4) starker Schweiß; denn er ist im Starrkrampf kein kritisches Zeichen der Besserung, sondern der sehr gehemmten Lungenausdünstung, die nun fast ganz derHantansdünstnng übertragen wird; 5)dasZ it- tern des Thier es am ganzen Körper; denn dadurch scheint sich der Krampf zu lösen, und durch Zuckungen in Lä h m u n g überzugehen. Wenn sich der Thierarzt au die fünf Erscheinungen hält, so hat er die verläßlichsten Anhaltspunkte für die Prognose des nngünstigeu 72 Ausganges, denn in dieser Ordnung pflegen gewöhnlich die Symptome des zunehmenden Starrkrampfs ans einander zu folgen: zuerst nimmt die Maulsperre zu, dann steigt das Athemholen, dann ent¬ wickelt sich das Fieber, endlich fangen die Thiere übermäßig zu schwitzen an, und zuletzt zittern sie am ganzen Körper. Die schnelle Zunahme aller Krampfsymptome ist überhaupt das schlimmste Zeichen. Günstige Zeichen dagegen sind: a b n e h m e n d e oder sich mehrere Tage gleichbleibende Maulsperre (eine 2 Zoll weite Maulöffnung ist noch ein gutes Zeichen), nicht zunehmende Athmuugsbeschwerde; F i e b e rl o s i g k eit; Weichw e r d e n der früher holzharten Muskeln, besonders am Rücken; überhaupt ein gleicher Zustand aller Krankheitserscheinu ngen durch 7 oder mehrere Tage; ist der Starrkrampf durch 7—10 Tage ohne Fieber in ziemlich glei¬ chem Zustande verblieben, so kann man Genesung erwarten, die immer nur langsam, gewöhnlich erst in 3—5 Wochen vollständig eiu- tritt; denn es scheint, als müßte die ganze Substanz der vom Krampf befallenen Muskeln eine ganz neue werden, weil sie durch den anhaltenden Krampf in ihrer Bildung so beeinträchtigt und ver¬ ändert wurde, daß sie als solche zur normalen Zusammenziehung und Ausdehnung gar nicht mehr tauglich ist, sondern ganz neu ersetzt wer¬ den mnß. — Weil der Starrkrampf so sehr von Witternngseinflüssen abhängt, so verschlimmert ein regnerisches, feuchtes Wetter oder ein Gewitter im Sommer oft außerordentlich und sichtlich den Starr¬ krampf, und führt meistens zum Tode; daher hinsichtlich der Prognose dieses immer zu beachten, und ein gäher Witterungswechsel sehr zu fürchten ist. Der Tod erfolgt beim Starrkrampf entweder durch Schlagfluß oder allgemeine Lähmung den dritten, fünften bis zwölften Tag, selten später; oder aber und besonders durch Er¬ stickung in Folge des aufgehobenen Verkehrs der atmosphärischen Luft mit dem Blut, oft besonders, wenn die Thiere umfallen und nicht aufgehoben werden, in wenigen Stunden. Therapie. Auch beim Starrkrampf kann Genesung nur durch die Erfüllung der Heilbedingungen erfolgen. Da aber nach tausendfäl¬ tigen Erfahrungen keine sichern Mittel zur Erfüllung der ersten, zwei¬ ten und dritten Heilbedingung bekannt sind, indem in dieser Hinsicht schon alle erdenklichen Mittel, von dem thenersten Arzneikörper aus der Apotheke, bis zum wohlfeilste« Mistbad ohne sonderlichen Erfolg an¬ gewendet wurden, so scheint nach den Erfahrungen an unserem Thier- arznei-Jnstitute, die Erfüllung der vierten Heilbedingung beim Starrkrampf insofern die wichtigste Sache zu seyn, als man die Heil- 73 kraft der Natur durch nichts beirrt, was ihr zur Erfüllung der übrigen Heilbedingungen Hindernisse in den Weg legen würde. Unsere gewöhn¬ liche Behandlungsart des Starrkrampfes, die schon vielmal mit gutem Erfolg gekrönt wurde, besteht daher in folgendem Verfahren: Wirstellen das starrkrämpfige Pferd in einen dunklen, stil¬ len Separatstall, wo das Thier weder vom einfallenden Licht, noch von einem Getöse oder andern Thieren und Menschen beunruhigt wird. So lassen wir das Thier ganz ruhig steheu, plagen und be¬ unruhigen es weder mit dem Eingeben innerlicher Arzneimittel, die eS oft gar nicht schlucken kann, noch mit revellirenden, ebenfalls schmerz¬ haft reizenden Mitteln; sondern lassen nur 2—4 Mal des Tages ein Klystier von Tabak mit Krähenangentinctur (4 Loth ge¬ meinen Rauchtabak ans 2 Maß Wasser als Abkochung, mit 2 Loth Krähenaugentinctur, für 4 Klystiere) beibringen; geben Salpeter ins Getränk, und zum Futter gestoßenen oder erweichten Ha¬ fer. — Die Gründe für diese Cnrart sind: Die vollständige Ruhe des Thieres, mit Entziehung aller Sinnesreize, z. B. des Lich¬ tes, Getöses und anderer beunruhigenden Einflüsse, verursacht, daß bei diese» so empfindlich gewordenen Thieren neue Con gest io neu zu den Empfindungsorganen verhütet werden, die das Leiden nur noch verschlimmern müssen. Tabak und Kräh enan gen sind narkotische, krampfstillende, die Empfindung herabstimmende, ans die Empfindungs¬ organe, Rückenmark nnd Gehirn specifisch einwirkende Mittel, die so¬ wohl zur Erfüllung der vierten als auch der dritten Heilbedinguug zweckdienlich sind. Der Salpeter im Getränk erleichtert, wegen seiner der atmospärischen Luft ähnlichen Bestandtheile, den erschwerten Athmungsproceß nnd verhütet nnd zertheilt dadurch Congestioncu und Entzündungen der Lunge. Der gestoßene Hafer nährt dieThiere, ohne die Kauorgaue zu viel in Anspruch zu nehmen. Das sonst so gewöhnliche Aus w a sch en des Maules starrkräm- pfiger Pferde mit Salzwasser, Essig, mit Wasser verdünnten M i n e r a lsäur e nist anfangs nicht nöthig, nnd beunruhigt die Thiere sehr, die sich ihr Maul ohnehin in dem immer frisch seyn sollenden Wasser selbst ausspülen; nur dann, wenn das Maul wegen Zersetzung und Fäulung des angehäufteu nnd nicht verwendeten Maulschleims nnd Speichels widrigriechend und entzündet wird, soll dieses Maulans- spritz en in Anwendung kommen. Nie aber befolge mau den Rath unwissender Pfuscher, dem kranken Thiere das Maul mit Gewalt zu offnen, denn erstens ist dieß mit aller Gewalt nicht möglich, zweitens beunruhigt es das Thier, und verschlimmert die Krankheit selbst. Wäre ein Beibringen der Medikamente durchs Maul möglich, und das in- 74 ncrliche Mediciniren durch Umstände, z. B. ausdrückliches Verlangen der Eigenthümer geboten, so entspricht den Heilbedingungen am besten folgende Latwerge: Ver süßtes Que cksilber, Krähenaugen¬ pulver und Kamp her, von jedem 1 Quintet, mit Mehl und Wasser, zweimal im Tage; in Verbindung des Salpeters im Ge¬ tränk. Die genannte Latwerge, oder die Wald ing erisch e vielge¬ rühmte aus Salpeter und Kam pH er, hat den Ruf einer größer» Wirksamkeit nicht ganz mit Recht sich erworben; denn jene Fälle des Starrkrampfes, wobei die Thiere lange Zeit das Maul so aufmachen können, daß man ihnen die Latwerge beibringen kann, sind keine schlimmen und wären vielleicht auch ohne Latwerge gesund geworden. Ebenso könnte der Fall eintreten, daß die örtliche Behandlung der Maulsperre verlangt wird, die aber insofern wenig oder gar nichts nützen kann, weil der Ursprung der Maulsperre nicht in den Kau¬ muskeln, sondern in den Gehirnnerven ist; sollte der Thierarzt in die¬ ser Hinsicht doch etwas thnn, so sind Einreibungen von Mercurial- salbe, Salmiakgeist und Opiumtinctur oder Bähungen mit Tabakdecoct die rationellsten Mittel. Das Verhüten des Fallens starrkrämpfiger Pferde soll der Thierarzt ja nicht anßer Acht lassen, ans oben angegebenem Grunde; daher ist während der Cur eine sorgfältige Aufsicht bei Tag und Nacht nothwendig; deßhalb ist auch eine Vorrichtung, wodurch dem Thiere mit unter dem Bauche gezogenen Gurten das anhaltende Stehen er¬ leichtert wird, nicht zu verwerfen, wenn nicht etwa das Athemholen dadurch zu sehr erschwert wird. Die Behandlung desWu n d st a rr k r a m p fes erfordert wegen der Erfüllung der ersten Heilbedingung, das ist der Entfernung der mecha¬ nischen oder chemischen Gelegenheitsnrsache, die den Starrkrampf er¬ zeugte, nebst der angegebenen Behandlung, auch eine Berücksichtigung der örtlichen Verletzung oder der Wunde. In dieser Hinsicht untersuche man genau die verletzte Stelle, entferne die fremden mechanisch - oder chemisch-reizenden Körper oder zerstöre sie vollends durch Ätzmittel oder Glüheisen, entleere daselbst vielleicht einge- schloffene Krankheitsproducte, z. B. Blut, Lymphe, Serum, Jauche, lege die krankhaftprodncirende Stelle bloß, und behandle sie dem G rn n d- leiden entsprechend, bald mit milden Ellen, bald mit sogenannten zusammenziehenden Mitteln, bald nm Eiterung zu bewirken und zu un¬ terhalten, mit scharfen Salben, oft selbst mit Glüh eisen; ist die C a st r a ti o u oder das E n g li s i r e n durch obenangegebene Umstände die Ursache deS Starrkrampfes, so verfahre man in beiden Fällen so, daß die durch Drnck, Quetschung, Zerrung gereizten Nerven, durch 75 festem Druck oder Unterbindung zum Absterben kommen, oder durch¬ schneide und entferne sie vollständig. Oft führt ein schon ganz ge¬ heilter Nageltritt nach mehreren Tagen zum Starrkrampf; meinem solchen Falle wäre ein festes Einbinden des Fußes, z.B. am Schien¬ bein, mittelst einer starken Rebschnur, und unterlegten Tuchenden oder Werg, ein rationelles Mittel, um durch diese Unterbindung das Leitnngsvermögen der krankhaft gereizten Nerven aufzuheben; auch die gänzliche Durch schneid» ng des entzündlich gereizten Nerven oder der Entzündungsstelle wird angerathen; allein das ist keine leichte Operation, weil man von außen keine Anzeichen hat, welcher Nervenzweig der kranke ist, und die Auffindung desselben mit keinen geringen Schwierigkeiten verbunden ist. Überhaupt nützt die örtliche Behandlung des Wundstarrkrampfes deßhalb wenig, weil in einem solchen Falle schon im Rückenmark und Gehirn solche Verän¬ derungen vorgegangen sind, die nicht mehr durch die örtliche Be¬ handlung der Wunde gut gemacht werden können. Es geht nun aus dem Gesagten von selbst hervor, daß wir für den Starrkrampf kein sicheres Mittel besitzen, und daß weder B ln t- entleerungen sowohl allgemeine als örtliche, noch revellirende Mittel längs der Wirbelsäule, narkotische Mittel äußerlich, durch Maul oder Venen angewendet, Begießungen mit sieden¬ dem oder kaltem Wasser, und wie die Mittel alle heißen, etwas entschieden Wirksames geleistet haben, wie es die vielfältig angestell¬ ten Versuche an unserem Institute bewiesen haben. Aderlässe wa¬ ren meistens von nachtheiligem Erfolge, wahrscheinlich, weil die still und unmerklich verlaufenden Entzündungen in den serösen Hänten des Gehirns und Rückenmarks so schnelle Übergänge machen, daß sie dann durch keine Blutentleerung mehr gut gemacht werden können: nur in allem Anfänge, wo die Entzündung die Haupt¬ rolle spielt, oder bei Complicationen des Starrkrampfs mit Lungen¬ entzündung', könnten sie vielleicht gute Dienste leisten oder geleistet haben, wie Wal ding er und Tenncker versichern. Durch zahlreiche Erfahrungen über die Unzugänglichseit der ge¬ nannten vielen Mittel gegen den Starrkrampf belehrt, ist man am hie¬ sigen Institut auf obangegebene einfache Heilmethode znrückgekommen, und bleibt so lange dabei, bis nicht eine wirksamere Behandlungsart entdeckt wird. Das im Jahre 1836 mit dieser Heilmethode gewonnene ziemlich günstige Resultat (von 11 wurden 6 geheilt), so wie die im Jahre 1839 durch Versuche anderer Mittel gemachten ungünstigen Erfahrungen, sind Rechtfertigung genug für dieses Verfahre». — Nächst dieser Behandlung würden wir der Begießungen des Rückens 76 und Kopfes mir kaltem Wasser aus der Höhe, durch § Stunde anhaltend angewendet, und des Tages ein paarmal wiederholt, den er¬ sten Rang anweisen, worauf das Thier trocken abgerieben, und wohl bedeckt in den Stall kommt. Dieses kräftige, durch die peripherische» Nerven das ganze Empfindungsleben durch die Kälte, und den Sturz aus der Höhe gewaltig um stimm ende, die Haut iu ihrer ganzen Ausbreitung revellirende und das Hautgeschäft steigernde, schwei߬ treibende Mittel, dürfte immerhin zu den vorzüglichem Heilmitteln im Starrkrampf zu zählen scyn, wo von innerlichen Medikamenten mei¬ stens keine Anwendung stattfinden kann, und hat sich ein paarmal an unserem Institute wirksam befunden; nur muß es nach den Grundsätzen der neuesten Wasserheilkunde anhaltend, krä ftig und oft wieder¬ holt werden. — Der neueste Heilversnch aber bestand darin, daß wir mittelst des von Dr. Böttgerin einer eigenen Schrift anempfohlenen Haarvertilgnngsmittels, C a l c i n m sulfhy d r at (Schwefelwasserstoff¬ kalk), die Haare längs des Rückens in breiter Ausdehnung wegnahmen, die haarlosen Stellen dann mit scharfen Einreibungen wund machten, und ans die wunden Stellen feines Krähenangenpnlver oder Krähenangen- tinctur zur Einsaugung auflegten, jedoch in dem einen Falle ohne Er¬ folg. Bei dieser Gelegenheit aber können wir dem Calciumsulfhydrat des Dr.Böttger dasZeugniß geben, daß es die Haare sehr rein, schonend und sehr schnell (in einerStunde) wegnimmt, die in der Folge (bei¬ läufig in 20 Tagen) wieder ganz nachwachsen. Wo es sich also darum handelt, den Thieren stellenweise Haare abnehmen zu müssen, um Ve- sicatore u. dgl. daraufzu appliciren, muß zum Haarabnehmen nicht zu viel Calciumsnlshydrat anfgetragen werden, weil sonst die Haut spröd und steif und nicht leicht von den Vesicatormitteln angegriffen wird. 2. K r e u z l ä h m u n g. Die Kreuz lähme ist seltener wahre Lähmung, d. h. aufgeho¬ bene Empfindung und Bewegung zu nennen, und als solchemitder Schlaglähmnng zu vergleichen, sondern gewöhnlich ist die Kreuzlähmc ein Leiden des Hintertheils nnd der Hintern Ertremitäten, wobei dieBe- wegung dieser Theile nur wegen h e ft i g e r e ntzü n d l i ch e r S ch m er- z en beeinträchtigt oder ganz aufgehoben ist; in welchem Falle dieses Leiden viel besser rheumatischer Kreuzschmerz, als Kreuzlahme genannt wird. Doch ist diese Benennung nun einmal angenommen, nnd der verständige Thierarzt wird über dem unpassenden Namen einer Krank¬ heit nicht die wahre Natur derselben verkennen. Mit diesem aber wird 77 nicht behauptet, daß jede Kreuzlahme von dieser Art sey, sondern es gibt auch Kreuzlähmungcn, die in wirklicher Lähmung des Rückenmarks, entweder in Folge eines Schlag flusscs oder einer örtlichen, in Wassercrgießung, Lymphansschwitzung, Wurmbildung, Blutaustretung übergegangenen Rückenmarks entzünd» ng bestehen, wobei die genannten Krankheitsproducte einen Druck auf das Rückenmark und seine Nerven ausüben, wodurch die Bewegung aufgehoben und förmliche Lähmung mit verschwundener Empfindung begründet wird. Es ist also hinsichtlich der Therapie zweckmäßig, wenn wir die Kreuzlähme in drei Hauptgattungen cintheilen, 1)indieent- zkindliche, 2) in die eigentliche oder Schlaglähmc und 3) in die sympathische Kreuzlähme; e r st e re ist, wie gesagt, die gewöhn¬ lichste; kann aber in der Folge durch die Entzündungsübergänge zur eigentlichen Kreuzlähme führen; die zweite ist seltener und wie gesagt, entweder durch Schlaglähmung, örtliche Erschöpfung der Ncr- vcnkrast, oder durch Nückcnmarkscntzündungsübcrgängc veranlaßt; die dritte entsteht bloß durch Sympathie kranker nachbarlicher Gebilde, z. B. der Nieren, Blase, Geschlechtsteile, wobei das Kreuz an und für sich gesund ist. Der Sitz der Kreuzlähme befindet sich entweder im Rücken¬ mark (Substanz oder Häuten) der Kreuzgegcnd und in den hierorts entspringenden Nerven (Lenden- und Kreuznervengeflecht), denn diese haben die Bewegung des Hintertheils zu vermitteln; oder abcristcr auch häufig in den die Croup, die Hüften und die Hintern Glied¬ maßen bewegende» Muskeln, sehnichtcn Ausbreitungen, Bändern und Sehnen, besonders in dem Gelenke zwischen demlctz- ten Lendenwirbel und Kreuzbein (nach Hcrtwig und Valois) zu suchen. Auch im Pfannen- oder Hüftgelenke an der innern Seite der Pfanne, wo allein nach Zerreißung des Ergänzungsbandcs bei gro¬ ßer Gewalt ein Austritt des Schcnkelbeinkopfcs gegen das Versto¬ pfungsloch möglich ist, so wie (nach Tennekcr) im Hintern Knie¬ gelenke sollen ähnliche Zufälle begründet liegen, die mit der eigentli¬ chen Kreuz- oder Hüftlähmung in vielen Fällen so viel Ähnlichkeit haben, daß sie ost schwer von einander zu unterscheiden sind. Die Gr und leid en sind Blu tcon ge stion, Blutaustre- tungen, Entzündung, Entzündungsübergänge, gewöhn¬ lich seröse oder lymphatische Ergießungen — und in Folge dieser Übergänge und Krankheitsproducte, seltener aber ohne diesel¬ ben, Lähmung des Rückenmarks und der die genannten Gebilde bewegenden Nerven. 78 Daß aber anfänglich die Entzündung bei der gewöhnlichen Kreuz¬ lahme dieHauptrolle spielt, beweisen ihre gewöhnlichen Merkmahle, als hö h e r eWä r m e der kranken Gegend; S ch m e r z beim Befühlen oder Drücken dieser Stellen, den das Thier durch tiefes Einbiegen, Auswei¬ chen n. dgl. zu erkennen gibt, endlich auch die gestörten Verrich¬ tungen des leidenden Theils in Folge dieses Schmerzes, denn kreuzlahme Pferde haben eine mit eng aneinander gebrachten Sprunggelenken statt¬ findende, wankende Stellung mit den Hinterfüßen; ist nur eine Seite krank, so stellt das Thier im Zustande der Ruhe den leidenden Schenkel nur aufdie Zehe desHufes; sie haben einen schwankenden, schleppenden, beschwerlichen Gang, und sind oft ganz unvermögend, den Hintertheil zu heben oder zu bewegen; Wendungen, Rückwärtstreten, Traben u. s. w. vergrößern den Schmerz; auch eine schmerzhafte Anschwellung wird zuweilen, besonders nach mechanischen Gewaltthätigkeiten, von außen zu bemerken seyn; doch sind Geschwulst und höhere Rothe wegen der Verborgenheit und ost tiefen Lage der leidenden Gebilde unter den starken Muskclparthien, von außen natürlich nicht immer zu sehen. Nach der verschiedenen Heftigkeit der Entzündung wird das Leiden auch entweder fieber los oder fieberhaft seyn; ist das entzündliche Localleiden nicht bedeutend, so werden die Thiere gehörig fressen, saufen, nicht fiebern und sich sonst munter zeigen; ist aber in Folge des heftigeren Localleidens ein Fieber zugegen, so werden die gewöhnlichen Begleiter des Fiebers: Traurigkeit, verlorene Freßlust, Durst u. s. w., nicht ausbleiben. Bei der eigentlichen oder nervös en Kreuzlähme(Schlaglähmc) aber werden außer den gestörten Verrichtungen in derBcwc- gung, alle Entzündungsmerkmalc fehlen, dafür aber zu¬ weilen andere Erscheinungen, die auf Trübungen der Gehirn- thätigkeit, wie beim Schlagfluß, hindeuten, sich hinzugesellen, und somit aus dcn fehlenden entzündlichcnErscheinungen, undaus den Trübungen der Gehirnfunctioncn leicht zn erkennen scyn. Von der wahren Krcuzlähme zn unterscheiden ist die sympa¬ thische Krcuzlähmc, veranlaßt durch Entzündungen besonders der Nieren, der Blase und anderer in der Bcckenhöhle gelegenen Or¬ gane, die in der Folge des Schmerzes in diesen Gebilden, ebenfalls eine der Krcuzlähme ähnliche Stellung und Bewegung bedingen, den¬ noch aber aus den gestörten Verrichtungen der ergriffe¬ nen Organe leicht erkannt werden können; übrigens können beson¬ ders mechanische Verletzungen Krcuzlähme, und Nierenentzündung zugleich erzeugen, wobei die Gegenwart beider Leiden oft erst nach gehobener Nierenentzündung erkannt wird. 79 Ursachen. Über die v o r b e r e i t e n d e n Ursachen znr Kreuzlahme der Pferde ist nichts Gewisses bekannt, vielleicht daß eine angeborne, fehlerhafte, abschüssige Form der Croupe, welche eine Schwäche des Hiu- tcrtheils zur Folge hat, oder zu frühzeitige Verwendung der Folien zum Zuge n. dgl., eine größere Disposition begründen. Unter den G el e- g e n h e i t s n r sach e n sind die mechanisch und dynamisch wir¬ kenden die gewöhnlichsten; zu erster n gehören Schläge oder Stöße auf die Croupe, schwere Reiter, große Anstrengungen im Zuge oder Ritt, gewaltsames Wenden und Umdrehen der Thiere, Springen über Grä¬ ben, zu angestrengtes Beschälen besonders älterer kraftloser Hengste, Quetschung, Ausdehnung, Verstauchung, Verrenkung eines der obge¬ nannten Gelenke, Bruch der Wirbelbeine, der äußeren Darmbein- winkcl (Einhüftigkeit), seltener anderer Knochen dieser Gegend u. s. w.; zu den letzter» gehören vorzüglich die Verkühlun¬ gen früher durch große Anstrengung erhitzter Thiere, die ohne äußer¬ lich auffallende Änderungen ost chronische rheumatische Krenzlei- dcn veranlassen, die bei trockener warmer Witterung gebessert erschei¬ nen, bei feuchter kalter Witterung sich verschlimmern. DieP r o g n osebei der Kreuzlähme istwegen des öfter» Sitzes des Leidens in einem der edelsten Organe (Rückenmark) oder nicht leicht zu bewirkende Ruhe der Gelenke, und daherwegen der schwierigen Erfüllung der Heilbedingungen in der Regel zweifelhaft zu stellen. Bei der entzündlicher! Kreuzlähme, wo das Krankheitsproduct noch Blut, und das Leiden nicht veraltet ist, oder mehr in den Gelenksumgebungen seinen Sitz hat, ist die Erfüllung der zweiten Heilbedingnngen, von der das Heil des krankenThieres am meisten abhängt, am leichtesten möglich; ist aber schon wirkliche Lähmung, ohne entzündliche Erscheinungen, durch Erschöpfung der Nervcnkrast, durch bedeutende mechanische Verle¬ tzungen, Verrenkungen oder Brüche, oder in Folge der Entzündungsüber- gängc eingetreten, und die Lähmung veraltet, so daß der Hintcrtheil schwindet und abmagert, oder die Thiere nicht mehr stehen oder anfste- hcu können, dann ist die Prognose höchst u n g ü n st i g, und das Vertilgen eines solchen Kranken nur mit ökonomischem Vortheil verbunden. Therapie. Die Entfernung der G e l e g c n h e i t s n r sa che ist selten mehr möglich; denn sie hat eingewirkt und ihre feindliche Wir¬ kung zurückgelaffen. Zur Erfüllung der zweiten Heilbedingung bei der entzündlichen, und durch mcchanischeUrsachen veranlaßten Kreuzlähme, sind Umschläge mit kaltem Wasser, Schnee oder Eis durch 3 —STage auf das Kreuz angewendet, das beste aller Arzneimittel, denn dadurch wird der Andrang des Blutes am meisten gemäßigt. Weniger Vortheilhaft dürsten diese kalten Umschläge bei der durchVerkühlung 80 veranlaßten Kreuzlähme aus Rücksicht der ersten Heilbcdingnng zu seyn scheinen, allein da Verkühlungen für sich ohne mechanische Veranlassung seltener die Kreuzlahme verursachen, und die genaue Ermittelung der eigentlichen Ursachen kaum je möglich ist, so kann mau immerhin im Anfänge des Leidens, wenn der entzündlichcZnstand verwaltet, statt der kalten Umschläge B c gicßu ngeu des Rückens mit kaltem Wasser aus der Höhe, mit darauf folgendem tüchtigen Frottircn und Bedecken der Thicre anwcndcu, um so mehr, da dadurch die HautauSdünstung kräf¬ tiger als durch andere Mittel befördert, und das kranke Nervensystem mächtig uingcstimmt wird. Die glückliche Behandlung solcher kreuzlahmer Pferde an unserem Institute, oft ohne alle andern Mittel, spricht der kalten Wasserkur das vollste Lob. Nebst den kalten Umschlägen oder Begießungen geben wir öfters S a l z kly sticre, nm Anhäufungen des Mistes, und dadurch Congestionen zu dem leidenden Theil zu ver¬ hüten; dabei gönnen wir dem Thiere vollständige Ruhe, und be¬ schränken das Futter, weil Überfüllung des Bauches den freien Blut¬ umlauf stört, und Cvngcstioncn dorthin veranlaßt, wo ein gereiztes Organ (hier das Rückenmark) sich befindet. Ins Getränk kann Sal¬ peter gegeben werden. Sonstige innerliche Mittel braucht man hier keine. ÖrtlicheBlutentleerungcn, besonders durch blutiges Schrö¬ pfe« des Kreuzes, wären zur Erfüllung der zweite» Hcilbcdingung bei der entzündlichen Kreuzlähme sehr zweckmäßige Mittel: allein dieses blutentlcerende und zugleich revellirende Mittel kann bei Pferden dcßwegen von sehr geringem Nutzen seyn, weil es nurhöchst oberflächliche, und wenig blutende Verletzungen bewirkt, die dann nicht viel nützen können. Aderlässe sind nur bei bedeutendem Fieber angczcigt, in wel¬ chem Fall auch i n n e rliche Mittel, welchcE n tzü n d u n g sü b e rgä n g e verhüten, und speci fisch ans das Rückenmark wirken, gegeben wer¬ den, z. B. Kampher, Baldrian, Arniča, Hirschhornöl, K rä h e n a u g e n. Z. B. A r n i c a b l n m e n p n l v e r 1 Loth, K r ä- hcnaugenpulver und Kampher, von jedem Quintl als Lat¬ werge, zwcinial imTage. Diese Latwerge kann man auch bei veralteter fiebcrloscr Kreuzlähme anwenden. Ist dieKreuzlähme schon etwas älter, rein durch Verkühlung entstanden, oder mit kalten Umschlä¬ gen durch mehrere Tage ohne Erfolg behandelt worden, dann sind die Nadelstiche längs des Kreuzes wegen ihrer tief eingreifenden revclli- rendcn Wirkungen, ohne sichtliche Narben nach der Cur zurnck- zulassen, ein vortreffliches, an unserem Institute mit Erfolg gebrauchtes Heilmittel. Man nimmt zu diesem Bchufe 12—20 stahlcnc, zwei oder drei Zoll lange polirte Nadeln (lange und starke Nähnadeln), sticht die- 81 selben auf jeder Seite der Wirbelsäule am Rücken und Kreuz, in zoll- weiter Entfernung in die Muskeln ein, laßt sie durch einen oder zwei Tage darin stecken, und nimmt sie dann heraus, wenn sie nicht früher von selbst herausgefallen sind, oder oft erst durch die eiternden Wunden entfernt werden können. Nach der Anwendung dieser Nadelstiche (Acu- punctur) werden die Theile bedeutend durch Entzündung anschwellen, die sich in einigen Tagen wieder zertheilt, und darauf auffallende Besserung bewirkt, oft aber auch, besonders wenn die Nadeln nicht entfernt werben konnten, in Eiterung übergeht, und dadurch gleich¬ falls Besserung und Heilung begründet. Haben die Nadelstiche Eite¬ rung erzeugt, so sorge man für gehörigen Abfluß des Eiters durch Eröffnung der Eiterbeule und Ausspritzung der Wunde mit lauem Wasser, damit sich der Eiter nicht versenke und durch seine Rückwirkung hartnäckige Übel veranlasse. Ist aber die Kreuzlähme schon sehr veraltet, alle andern Mit¬ tel ohne Erfolg gebraucht worden, und ist schon Schwund einer oder der andern, oder beider Hüften zugegen, dann kann man mit Recht annehmen, daß wirkliche Lähmung des Rückenmarks und seiner Nerven eingetreten und Wafferergießung, ausgeschwitzte Lymphe, aus¬ getretenes Blut, erweichtes oder derber gewordenes Rückenmark das Leiden unterhalten; in einem solchen Falle kann man natürlich von den Nadelstichen nichts mehr erwarten, aber auch von geisti¬ gen Einreibungen und andern revellirendcn Mitteln, z. B. Kamphergeist, Salmiakgeist, Terpentinöl, Lorbeeröl, Cantha- riden, Eiterbändern, Glüheisen, Brenncylindern nichts mehr hoffen; denn die aufgehobene Empfindung stellen diese Mittel nicht mehr her, die Krankheitsprodncte Wasser, Lymphe, ausgetretenes Blut können sie ebenfalls nicht entfernen, und somit wird das Leiden wegen Nichterfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung un¬ heilbar bleiben. Übrigens muß bemerkt werden, daß die geistigen, reizen¬ den und belebenden Einreibungen sehr häufig bei derKreuz¬ lähme und dann mit gutem Erfolg angewendet werden, wenn von re vell iren d e n, das Blut zur Haut leitenden Mitteln Genesung erwartet werden kann; daß sie aber im Anfänge der entzündlichen Kreuzlähme dem kalten Wasser und den Nadelstichen weit nach¬ stehen müssen , wenn nicht etwa eine entschieden nur durch Verkühlung entstandene, in den Gelenksumgebungen sitzende, rheumatische Kreuz¬ lähme die naßkalten Umschläge verbietet. Der Schwund der Hin¬ terbacken ist immer eine für die Prognose ungünstige Erscheinung, und deutet auf abneh men d e Ernährung oder Bildung dieser Theile in Weiweis Heiloerf, S. Wfl. 6 82 Folge der schmerzhaft gesteigerten oder ganz aufgehobenen Empfin¬ dung; zwar bewirken die genannten reizenden Einreibungen eine ver¬ mehrte Blutzuströmung zu den mangelhaft ernährten Gebilden, und man sollte glauben, daß sie dadurch eine bessere Ernährung zu Stande bringen, allein wo einmal die Empfindung und Bewegung in den Organen aufgehoben oder bedeutend vermindert ist, da kann anch die Bildung nicht gehörig von Statten gehen. Dritte Abtheilung. Krankheiten des Auges. i. Über die Krankheiten des Auges im Allgemeinen. Die Krankheiten des Anges bestehen meistens wieder in Blut- congestion, Entzündung oder ihren Übergängen, und offenbar ist die Entzündung das Stammleiden der meisten Angenkrankheiten. Wie überall wird sich auch hier die Entzündung durch die gewöhn¬ lichen fünf Entzündungsmerkmale zu erkennen geben; als: 1) höhere Röthe der ergriffenen Gebilde, wenn nicht etwa eine eigenthüm- liche Organisation, dunkle Farbe, oder Verborgenheit des entzündeten Gebildes die Röthe verändert, verdunkelt oder ganz un¬ sichtbar macht, wie dieß z. B. bei der durchsichtigen Hornhaut, bei der Linsenkapsel, bei der Regenbogenhaut, Aderhaut, Netzhaut n. s. w. der Fall ist; 2) höhere Wärme, dadurch erkeunbar, wenn man die flache Hand auf das Auge legt; 3)Geschwulst, mehr oder weniger bedeu¬ tend, je nachdem die Entzündung die mehr äußern und anschwellbaren, oder inner», weniger anschwellenden Gebilde des Auges befällt; 4) Schmerz beim Berühren des Auges, oder selbst durch das Ein¬ fallen der Lichtstrahlen vergrößert; 5) gestörte Verrichtung des Auges, durch die mehr oder weniger bedeutende Lichtscheue, verminderte oder vermehrte Absonderung der Thränen, der meibonischen Drüsen- fcuchtigkeit, der Schleimhäute, durch vermindertes Sehen, oder wohl gar völlige Blindheit leicht erkenntlich. Heftige Angenentzündungen bedingen, wie jede andere hochgradige Entzündung, auch Fieber- bcwegungen mit allen dem Fieber zukommenden Erscheinungen, welches entweder entzündlichen oder fauligen Characters ist. So wie diese fünf Merkmale die Entzündung leicht erkennbar ma¬ chen, eben so verrathen die sichtlichen Krankheits pro duete ihre ver¬ schiedenen Übergänge, die alle neun bei den Krankheiten des Auges vor¬ kommen: 1) Trennung hornartigcr Gebilde, wie dieß bei der Trennung kleiner Blättchen von der äußern Hornhaut u. s. w. nicht 8' 84 selten der Fall; 2)Schleimsecretion, der häufigste Entzündungs- Übergang, besonders der Bindehautentzündung; 3)wässerigeoder blutige Ergießungen in die Augenkammern, in den Glaskörper, in Bläschen cingeschloffen an der Hornhaut n. s. w.; 4) A n s s ch w i tz u n g gerinnbarer Lymphe, wiedießbeidenAugenflecken, Augenfellen, grauen Staar, Verwachsungen der Regenbogenhaut mit der Hornhaut, urit der Kapsel der Krystalllinse, der Linse mit ihrer Kapsel, des Kry- stallkörpcrs mit dem Ciliarkörper u. s. w. stattfindet; 5) Eiterung, wie z. B. beim sogenannten Eiterauge; 6) Verschwärung,beson¬ ders an der durchsichtigen Hornhaut nach aufgeplatzten mit Jauche ge¬ füllten Bläschen; 7) W n r m b i l d u n g, der seltenste Entzündungsüber gang, wobei Fadenwürmer in der vordem Augenkammer Vorkommen; 8) Verhärtung, in Folge der ausgeschwitzten Lymphe, wenn diese bei unheilbaren Augenfleckcn, beim grauen Staar u. s. w. verdichtet und verhärtet; 9) Brand, bei Thieren besonders an den äußern Theilen des Auges, wie z. B. beim Autrar der Augcnlieder, oder nach heftigen mechanischen Verletzungen der äußern oder innern Augengebildc. Als Folge dieser Grundleidenoder bedeutender mechani¬ scher Verletzungen entstehen oft TrennungeN der das Auge zusammen- haltendcn Augenhäute, in Folge deren die eingeschloffenen Feuchtigkeiten a u s fließcn, und den völligen Schwund des Augapfels veranlassen. Nebst dem Schwund des Augapfels ist auch die Läh m u n g der Ner¬ ven des Auges, besondersderSehenerven (schwarzerStaar) oft die Folge der Congestion, Entzündung oder ihrer Übergänge. Dicß sind die sä m m tl i ch e n Krankheiten des Auges im Allgemei¬ nen dargestellt, und ans diese wenigen Grundformen zurückgeführt. Wie leicht wird es dem Thierarzt nun seyn, jedes Augenleiden, ob cs nun diesem oder jenem Gebilde znkommt, zu erkennen und zu behandeln, weil er, durch diese Grundsätze geleitet, weiß, daß alle Augenkrankhcitcn, und wenn deren hunderterlei Formen wären, in Congestion, Entzündung oder ihren neun Übergängen bestehen. Der Sitz der Augenkrankheiten ist verschieden und so vielfältig, als cs die festen und flüssigen Thcile sind, die das Ange ansmachcn. Sind die äußern Thcile, z. B. Augcnlieder, Bindehaut, Thräncndrüsc, Thränensack, Carunkel, die augenbewegendcn Muskeln entzündet, so nennt man sie äußere Augenentzündung; istderAugapfel selbst mit seinen Häuten entzündet, dann heißt sie innere Augencntzün- dung. Dabei ist aber zu bemerken, daß die äußere Augcnent- zündung oft mit der inucrn vergesellschaftet vorkommt, entweder wegen gleichzeitiger Verletzung der äußern und innern Augengebilde, oder wegen der Ausbreitung der äußern Augenentzündnng auf die innern 85 Theiie oder umgekehrt. Am häufigsten unter allen ist die Bindehaut der Sitz der Entzündung, weil sie der unmittelbaren Berührung der äußern Einflüsse am meisten ausgesetzt ist, und eine sehr große Em¬ pfindlichkeit, vermittelt vom Augenzweige des fünften Gehirnnerven¬ paares, besitzt; doch werden oft auch dieHornhaut, Regenbo¬ genhaut, Linsenkapsel, Netzhaut u. s. w. entzündet. Der Verlauf der Augenkrankheiten ist entweder a ent, chro¬ nisch oder p eri o di sch, wie es die specielle Abhandlung der Augen¬ krankheiten zeigen wird. Berücksichtiget man den b e s o n d e r e n E h a r a c terder Augenent- zündnng, so ist der katarrhalische bei der Schleimhaut der Binde¬ haut, bei allen andern Augenhäuten aber der rheumatische vorwal¬ tend, weil diese durchgehends mehr zu den serösen oder fibrösen Häu¬ ten gehören. Die Ursachen zerfallen auch hier in vorbereitende, Ge¬ legenheit^- und nächste Ursachen. Was die vorbereitenden anbelangt, so begründen oft eine erbliche Anlage, gemeine Race mit großen, dicken, fleischigen Köpfen, wulstigen Augenliedern, besonders aber die Ver wen dun g, Fütterung und der Aufenthalt solcher gemeiner Pferde, ferner ein jugendliches Alter, besonders die Zeit während des Zahn¬ wechsels, eine eigenthümliche Organisaton mancher Augen, z. B. der sogenannten Glasaugen u. s. w., eine besondere Anlage zu Augenentzündungen und ihren Folgen. Die Gelegenheitsnrsachen sind in der Witterung, Fütte¬ rung, Verwendung, Pflege und Aufenthalt zu suchen, und sind ent- wedermechanische, chemische oder dynamische; zudenmecha- uischen gehören Schläge, Stoße, Peitschenhiebe, Bisse in das Ange von andern Thieren, eingedrungene fremde Körper, vieler Staub, Ein¬ wärtskehren der Augenwimpern u. s. w. Viele dieser mechanischen Ver¬ letzungen bewirken wirkliche Trennung des Zusammenhanges, und diesen sind die Augenlieder und dieHornhaut am häufigsten ausgesetzt. Z» den ch e misch e n gehören ins Auge gefallener ätzender Kalk, scharfe, ammoniakalische Ausdünstungen in dunstigen, von Mist- und Urinjauche nicht gereinigten Stallungen, reizende Augen- Pulver, Wässer und Salben; zu den dynamischen, vorzüglich grelle Lichteinwirkungen, Verkühlungen, Verbrennungen, seltener Mias¬ men und Ansteckuugsstosse. Die näch st e U r s a che ist die Verletzung der äußerlichen oder in¬ nerlichen Gebilde durch die genannten Gelegenheitsursachen, in Folge deren eine Entzündung sich entwickelt, um die Gelegenheitsursachen zu 86 entfernen und geschehene Verletzungen auszugleichen, was oft erst durch Entzündungsübergänge möglich ist, wie dieß die vermehrte Schleim¬ und Thränenabsonderung , wenn ein fremder Körper ins Auge gefal¬ len ist, deutlich zeigt, und das wohlthätige Bestreben der Entzündung und ihrer Übergänge außer allen Zweifel setzt. Die Prognose bei Augenkrankheiten richtet sich nach der möglichen oder unmöglichen Erfüllung der Heilbedingun¬ gen; günstiger ist sie im Allgemeinen immer, so lange Con¬ gestion oder Entzündung die Grundleiden sind und die Ursa¬ chen keine den Zusammenhang trennenden, mechanischen, chemi¬ schen oder dynamischen waren; En tzündungs üb ergänze be¬ dingen nach dem verschiedenen Sitze des Leidens, und nach der ver¬ schiedenen Natur der Übergänge, eine mehr zweifelhafte, ost ent¬ schieden ungünstige Prognose. Augenentzündungen mit Fieber sind immer bedenklicher, weil heftige Angenentzündungcn leicht schlimme Übergänge machen. Innere Augenentzündungen sind immer gefähr¬ licher als äußere; Augenentzündungen mit Trennungen des Zu¬ sammenhangs, die sogenannte periodische Augenentzündung, sind sehr schlimm. Entzündung der durchsichtigen Hornhaut lassen gern undurchsichtige, oft unheilbare Flecke zurück; Entzündung der Re¬ genbogenhaut oder der Linsenkapsel haben leicht Ausschwitzungen von Lymphe, Verwachsung der Pupille, grauen Staar u. s. w. zur Folge; nach Entzündungen der Netzhaut entsteht häufig der unheilbare schwarze Staar. Die Bindehautentzündung ist die noch am leichtesten heilbare Angenkrankheit, allein auch diese wird häufig chronisch und macht die Cur langwierig. Die Behandlung der Augenkrankbeiten ist verschieden nachdem verschiedener^ rundleid en und nach der H öhe derselben; doch auch hier hat der Thierarzt nichts anderes zu thun, als die Heilbedingungen zu erfüllen. Man sehe also zu allererst ob man es noch mit Blutcvngestion, Entzündung oder schon mit Ent- zündungsübergängcn, und mit welchen Übergängen zu thun habe, und richte darnach die Behandlung ein. Dieß ist der Hanptgrundsatz, und der Leitfaden zu einerpassenden Auswahl unter den so vielen von Thierärzten und Curpfuschern angege¬ benen Augenpulvern, Angenwäffern und Augensalben. Wer sich nach diesem Grundsätze, d. h. nach dem Grund lei den der Krankheit rich¬ tet, der wird unter den hundert Augenmitteln leicht das rechte treffen, immer rationell verfahren, niemals schaden — wer aber nicht nach die¬ sen Grundsätzen verfährt, der wird durch die Menge der Augenmittel verwirrt, niemals mit Sicherheit und Überzeugung dieses oder jenes 87 Mittel wählen, nur durch Zufall das wahre treffen, und ost, statt zu helfen, offenbar schaden. Ist der Thierarzt einmal mit dem Grundleiden im Reinen, dann gehe er, wie überall, an die Erfüllung der bekannten Heilbedingungeu. Das Erste ist, wo es noch thunlich ist, die Entfernung der G e l e- g e n h e it s n rsache und Ruhe des leidenden Theils; die Erfüllung dieser zwei Heilbedinguugen ist oft allein hinreichend, gelindere Augen- übel zu heben, geschieht das nicht, so ist alles Andere vergebens. Zn dieser Hinsicht entferne man fremde Körper, z. B. Splitter, scharfe Gräser, einwärts gekehrte Augenwimpern, durch sorgfältiges Herauszie¬ hen mit der Hand oder einer feinen Pinzette; chemisch wirkende Stoffe mache man mit fetten, frischen Ölen oder Schleimen weniger schädlich, oder entferne sie vollends mitÖl oder arabischem Gummischleim u. dgl. befeuchteten Pinseln; scharfe und die Augen reizende Stallausdünstun¬ gen beseitige man auf eine zweckmäßige Weise; ebenso Zugluft und grelles Licht. Aus Rücksicht der vierten Heilbedingung muß aller L ichtreiz, wenn auch nicht grelles Licht die Gelegenheitsursache war, durch einen dunk¬ len Aufenthalt oder eine leichte und weiche L ein wan db e- d e ckung abgehalten werden. Nachdem man zuerst für die Erfüllung der ersten und vierten Heilbedingung Sorge getragen hat, suche man bal¬ digst auch die zweite Heilbedingung zu erfüllen, wobei die Mittel verschie¬ den ausfallen müssen, je nachdem das GrundleidcnBlutcon gesti on, Entzünd un g, ein oder der andere Entzün dun gsü Hergang ist. Bei der Entzündung muß aber noch insbesondere darauf Rücksicht ge¬ nommen werden, ob sie a cut und einErstleiden, oder chronisch und secundär, durch Entzündungsübergänge erzeugt ist; weil die Behandlung im ersten Falle ganz anders als im zweiten seyn muß. Zu den entzün düng swidrigen Augenmitteln gehören örtliche und allgemeine Blutentleerungen, örtliche Kälte, schleimige Mittel, na reo tische Mittel, äußerliche revelliren de Mittel, Ab¬ führmittel und Klystiere, schweißtreibende Mittel. Zu den Augenmitteln gegen E n t zü n d u n g sü b e r gä n g e und durch sie bewirkte ch r o n i s ch e Au g en e n t zü n d u n g e n gehören ebenfalls die auf die äußere Haut und den Darmcanal revelliren d einwirkenden Mittel, Augenpulver, Augenwässer und Augensalben aus Blei-, Quecksilber-, Kupfer-, Zink-, Eisenpräparaten und noch andern narcotischen, zusammenziehenden, auflösenden, die Krankheitsproducte umändernden und die krankhaftprodncirenden Organe umstimmenden Mitteln, über deren besondere Anwendung bei den einzelnen Krankheiten des Auges die Rede seyn wird. Nebst diesen phqrmacentischen Mitteln 88 sind zuweilen auch chirurgische erforderlich, die ebenfalls ihren Orts zur Sprache kommen werden. Die Nahrung muß während der Cur der Entzündung vermindert werden, weil das viele Kauen und die Über¬ füllung des Bauches nicht zuträglich ist, daher ein weiches und im Som¬ mer das Grünfutter allen andern vorznziehen ist. Durch die genannten Mittel, oft bloß durch die Erfüllung der ersten, zweiten und vierten Heilbedingung wird auch die dritte Heilbedingung erfüllt. Sind alle diese Heilbedingnngen erfüllt, so geschieht der Wie der ersetz des Verlo¬ rengegangenen meistens von selbst; oft ist er ganz unmöglich; beim grauen Staar aber ist sogar ein künstlich bewerkstelligter Verlust der Krystalllinse zur Erfüllung der dritten Heilbedingung ein nothwendiges Heilmittel. — Eine besondere Erwähnung verdient die Behandlung der Ätzungen und Verbrennungen des Auges. Bei ins Auge gefallenem Kalk oder anderem Ätzstoff ist das Eintröpfeln von frischem Baum- oder Leinöl oder eines Schleims die Hauptsache. Etwa an der Hornhaut¬ oberfläche gebildete Blasen werden bald geöffnet und die wunden Stel¬ len werden mit Bleiwasser behandelt. Sonst veranlaßte heftige Augen¬ entzündungen werden kräftig entzündungswidrig behandelt. 2. Bindeh aut-Entzündung. Die Bindehaut des Auges ist bekanntlich diejenige Haut, welche die innerliche Fläche der Augenlieder (Angenliederbindehaut) und die vordere Fläche des Augapfels selbst (Bindehaut des Aug¬ apfels) nebst denThränenwerkzeugen umkleidet, deßhalb den äußern Einflüssen am meisten ausgesetzt ist und am öftesten entzündet wird, daher sie auch von den meisten Thierärzten vorzugsweise Ang en ent- zündung genannt wird. Die Bindehaut ist größtentheils Schleimhaut, nur die Binde¬ haut des Augapfels ist zum Theil auch ein Mittelding zwischen Schleim- und seröser Haut, weil sie mit den Endsehnen der Augenmuskeln in Verbindung steht, deren Einpflanzung in die undurchsichtige Hornhaut sie verstärken hilft; aus diesen Gründen ist die Bindehautentzündung meistens katarrhalische, zuweilen auch rheumatische Binde¬ hautentzündung zu nennen. Die Bindehautentzündung ist leicht zu erkennen, denn die entzün¬ dete Bindehaut liegt der Beschauung offen da, und die fünf Entzün- dnngsmerkmale zeigen sie deutlich an: dieentzündeteBindehantistmehr oder weniger, oft sehr hoch- oder dnnkelroth gefärbt; die Augen¬ lieder sind oft heiß, geschwollen und schmerzhaft; ihre Ver- 89 richt« ng ist gestört, denn sie sind meistens geschloffen; ihreSchleim- absonderung unterdrückt, daher anfangs das Auge trocken; auch die Thräncnabsonderung ist entweder vermindert, ost aber auch krank¬ haft vermehrt und verändert, denn die Thränen fließen oft sehr reichlich und sind scharf, oft ätzend; in besonders großer Menge stürzen dieThrä¬ nen hervor, wenn man das geschlossene Ange gewaltsam öffnet. Daß aber dieThränenabsondernng bei jeder Bindehautentzündung sowohl in quantitativer als qualitativer Hinsicht krankhaft verändert ist, ist leicht begreiflich, da man weiß, daß die Bindehaut mit der Thräuendrüse in inniger Verbindung steht. Die genannten fünf Entzündungsmerkmale sind die wesentlichsten Kennzeichen der Bindehautentzündung, die, wenn sie im hohen Grad zugegen ist, und sich auch über andere Augenhäute ausbreitet, ein F i e- ber mit seinen gewöhnlichen schon oft genannten Begleitern, als Trau¬ rigkeit, verminderte Freßlust, vermehrten Durst, erhöhte Temperatur der Haut^ Frostschauder u. s. w. zur Folge hat; woraus aber nur die Größe und der CHara eter deS Lvcalleidens erkannt wird. Die Dauer der Augenentzündung ist entweder nur ans wenige, 5—7—lOTagebeschränkt, oder aber langwier ig erund auf mehrere Wochen ausgedehnt; im ersten Fall heißt sie acute Bindehautentzün¬ dung, im zweiten chronische Bindehautentzündung. Dieser Unterschied ist für die B e h a n d l u n gvon größter Wichtigkeit und ein wahrer Pro¬ bierstein, ob der behandelnde Thierarzt ein wissenschaftlich gebildeter Mann oder nur ein gemeiner Curpfuscher ist, der für alle Augen¬ entzündungen nur Ein Recept besitzt. Die Erkenntniß der acuten und chronischen Bindehautent¬ zündung istnicht schwer: die acute dauert nur wenige, höchstens zehn Tage; diechr o nische ist langwierig, auf mehrere Wochen oft ausge¬ dehnt ; die a c ute zeigt obenangegebene E n tzü n d u n g s m e rk m ale, diechronischeaberzeichnetsich nebst de n entzünd!!chenMerk¬ malen auch durch eine krankhaft vermehrte oder veränderte Schleim¬ st c r e t i o n aus; bei der a c u t e n Entzündung unterbleibt anfangs selbst die gewöhnliche normale Schleimabsonderung und wird nur gegen das Ende des Leidens reichlicher; bei der chronischen hingegen ist die Schleimabsonderung so bedeutend, daß die Augen meistens davon verklebt sind, der Schleim aus denselben, besonders aus den innern Augenwin¬ keln herabfließt, und die Hauthaare an dieser Stelle durch den krankhaf¬ ten Schleim und die scharfen Thränen weggeätzt erscheinen. Bei der acuten Bindehautentzündung ist demnach die Entzündung allein, alsErstleid en, anfänglich ohneü bergän g ezugegen; bei der chro¬ tt i sch en Bindehautentzündung aber istdieEntzündung mit kranker 90 Schleimsecretion fortwährend vergesellschaftet, und wird durch die R ückwi r k u n g des kranken Schleims und der kranke» Thränen immer¬ fort unterhalten ; ist daher kein Erstleiden mehr, sondern ein D ritt¬ leiden zu nennen. Das G r n n d le i d e n bei der Bindehautentzündung ist, wie gesagt, Entzündung, die sich niemals rein zertheilt, sondern stets Übergänge in Sch leimsecre tio n bildet, und dadurch bald in Genesung über¬ geht, wenn nicht durch die Rückwirkung der Krankheitsprvducte (Schleim und Thränen) die Entzündung unterhalten und dadurch zur chroni¬ sch en Bindehautentzündung wird. Der abgesonderte Schleim und die Thränen sind oft so scharf, daß sie an der Hornhaut ebenfalls eine Ent¬ zündung Hervorrufen, die zuweilen Serum enthaltende Bläschen bil¬ det, welche oftaufplatzen und ganz vergehen, oft aber Narben und Horn- hantflecken an diesen Stellen zurücklassen, wenn die geplatzten Bläschen in Eiterung, oder wohl gar Verjauchung übergehen, welche letz¬ tere nicht selten die Hornhaut durchfrißt und das Ausfließen der wässeri¬ gen Feuchtigkeit und die weitern Folgen verursacht. Die Ursachen sind die, bei den Augenentzündungen im Allgemei¬ nen angegebenen mechanischen, chemischen und dynamischen (siehe Ursachen daselbst). Junge Thiere, während des Zahnwech¬ sels oder der Drüse leiden nicht selten an dieser Augenentzündnng, die entweder durch Verkühlung mit der Drüse zugleich entsteht, oder aber durch Ausbreitung der Entzündung, von den Schleimhäuten der Nase auf die in Verbindung mit den Schleimhäuten der Nase stehenden Schleimhäute des Auges, sich entwickelt. Die Prognose bei der Bindehautentzündung ist, wenn sienicht etwa mit Entzündung anderer Augenhänte evmplicirt vorkommt, meistens günstig zu stellen, weil die Erfüllung der Heilbedingungen leicht möglich ist und die Heilkraft der Natur oft allein hinreichend ist, die Krankheit auszugleichen. Ist aber die Bindehautentzündung mit Ent¬ zündung anderer innerer Augenhäute vergesellschaftet, dann ist die Pro¬ gnose wegen dieser Complication ungünstig, wie dieß z. B. bei der Monatblindheit der Fall ist. Therapie. Das Erste, wie überall, ist auch hier die Entfer¬ nung der Gelegenheitsnrsachen, wie dießweitläufiger beider Behandlung der Augenentzündungen im Allgemeinen angegeben wurde. Bei der Erfüllung der zweitenHeilbedingnng muß den Thier¬ arzt vor allein die Unterscheidung, ob das Leiden eine acute oder chro¬ nische Bindehautentzündung ist, leiten. Ist die Bindehautentzündung acut, neu entstanden, dann ist Blut das zu beseitigende Krankbeitsproduct; ist die Bindehantentzün- 91 düng chronisch, langwierig, dann sind der Schleim und die quantitativ und qualitativ veränderten Thran en das zu entfernende Krankheitsproduct. Beider acuten Bindehautentzündung sind daher anfänglich nur entzündungswidrige Heilmittel, bei der chro¬ nischen aber Mittel gegen krankhaft vermehrte und veränderte S chl e i m se c r e ti o n anznwendcn. I. B e h a n d lu n g der acuten, neu entstandenen Bindehautent¬ zündung. Ist die Entzündung durch mechanische oder chemische Gelegenheitsursachen entstanden, so ist nach der möglichsten Entfernung derselben aus dem Auge, 1) die Anwendung der örtlichen Kälte mittelst in kaltes Wasser getauchter feiner Leinwandlappen, die aber, sobald sie trocken zu werden anfangen, sogleich wieder frisch befeuchtet werden müssen, das vorzüglichste aller Mittel zur Erfüllung der 2. und auch 4. Heilbedingnng. Den kalten Umschlägen kommt bei den durch mechanische und chemische Ursachen entstandenen Augenent¬ zündungen, wenn sie nicht so hochgradig sind, daß Bluten tleerun- gen nothwendig werden, kein anderes Mittel gleich. 2) Blutent- le ernn g en, wenn die Localerscheinungeu der Entzündung sehr heftig sind, z. B. die Augen ungemein heiß, die Augenlieder hoch- oder wohl gar dnnkelroth anssehen und sehr angeschwollen sind, oder die Augen- entzündnng mit Fieber verlauft. In einem solchen Falle mache man mit einer scharfen Lanzettein die geschwollene, hochgefärbte Bindehaut o b er- slächliche seichteEinschnitte (8 der nicht mehr zurückzubringende eingeklemmte Theil der Regenbogenhaut u. dgl. mit einer geeigneten Scheere oder Messer abgetrag en und weggenommen werden. Bei Wunden inner er und nicht durch die 97 Hornhaut vorgefallenen Häute läßt sich nichts anders thun, als für Ru he des Auges, wie oben angegeben, sorgen, bei Entzündung kalte Umschläge anwenden, bei blutigen, lymphatischen, eitrigen Er¬ gießungen aber in der Folge aufsaugende, befördernde Augen- wäffcr oder Salben. 4. Monatblindheit auch Mondblindheit, Mondfluß, im gemeinen Leben auch »Wechsler,« am besten periodische Augenentzündung genannt. Obgleich die Monatblindheit zu den schon genannten Augenent¬ zündungen gehört, und in ihren Grund lei den nichts Besonderes darbietet, sondern nur durch ihren V er lau f ausgezeichnet ist, so ist ihre nähere Beschreibung doch insofern nothwendig, als sie ein Augen¬ übel darstellt, welches zu den Hauptfehlern gerechnet wird. Die Namen: M o n a t b l i n d h e i t, M o n d b l i n d h e i t, M o n d- fluß sind obgleich uralte, doch unpassende Benennungen; denn es hat weder der Wechsel des Mondes auf die Erzeugung dieser Krank¬ heit einen Einfluß, noch erscheint dieselbe alle Monat regelmäßig, ost in einem Monate oder in mehreren Monaten gar nicht, ost zweimal des Monats. Viel besser ist die Benennung periodische Augen¬ entzündung, weil sie zu öfteren Malen wiederkehrt und zwar so oft, bis das Thier erblindet. Würde man uns um eine Definition der Monatblindheit fragen, so würde unsere Antwort also lauten: die Mo¬ natblindheit ist eine demP ferde eig enthüml i che, periodische, jedoch in unbestimmten Zeiträumen wiederkehrende catarrhalisch- rheumatische Augenentzündung, die fast sämmtliche Augenhäute ergreift, schn elle Entzün dungsüb erg än g e, besonders in Aus¬ schwitzung gerinnbarer Lymphe bildet, in der Regel zu Trübungen der wässerigen Augcnfeuchtigkeiten, durchsichtigen H ornhaut und der Krystalllinse oder zuweilen auch des Glaskörpers führt, und wegen der Nichterfüllung derzweitenund dritten Heilbedingung fast immer unheilbar ist. Merkwürdig ist diese Augenkrankheit jedenfalls hinsichtlich ihres Verlaufes, ihrer öftern Wiederholung, ihres gewöhnlichen Ausganges in den grauen Staar, so wie des Umstandes wegen, daß sie dem Pferde so eigenthümlich ist, wie der Wurm und Rotz. Daraus geht hervor, daß ihr etwas Beson¬ deres, Specifisches zu Grunde liegen müsse, was bei andern Thiergattungen nicht der Fall ist, was aber bis jetzt noch ganz unbe- Pleiweis Heilverf. S. Aufl. 7 98 kannt ist , indem wir in den Grundleiden und in den pathologischen Processen nichts Eigenthümliches auffinden können. Der Sitz der Monatblindheit ist meistens aus mehrere Au¬ genhäute ausgebrcitet, so daß man s i e eine allgemeine Au¬ ge n e n t z ü n d n u g nennen könnte, denn es leidet die B i n d e h au t, Hornhaut, Gefäß haut, Linsenkapsel, Glas haut, zu¬ weilen auch die Netzhaut. Daß diese Behauptung richtig sep, bewei¬ sen die Entzündungsmerkmale an der Bindehaut, die Trübungen der durchsichtigen Hornhaut, die Trübungen der wässerigen Feuchtigkeit, die ausgeschwitzte Lymphe, die oft in Form von Fäden von einem Re¬ genbogenhautrande zum andern sich verbreitet, der graue Staar (die gewöhnliche Folge der Monatblindheit), und zuweilen selbst der schwarze Staar. Aus dem eben Gesagten geht auch von selbst hervor, welche Grund leid en bei der Monatblindheit vorkommen, nämlich Ent¬ zündung und ihre Übergänge in Schleimsecretion, blutige, seröse, eitrige Ergießungen, vor allem aber in lymphatische Aus¬ schwitzungen, die bei der Monatblindheit oft a uß e r o r d c n tlich schnell, binnen wenigen Stunden erfolgen. Daß der Character dieser Entzündung vorzüglich rheumatisch oder gichtisch zu nennen sey, beweiset erstens: der Hauptsitz der Mo¬ natblindheit in den fibrös-serösen Häuten; zweitens die bedeu¬ tende Thränenabsonderung; drittens die große Schmerzhaftig¬ keit; viertens das Wandern von einem Auge zum andern, was vorzüglich den rheumatischen und gichtischen Leiden eigen ist; fünftens der gewöhnliche Entzündungsübcrgang in Ausschwitzung ge¬ rinnbarer Lymphe. Die Ursa chen aber, warum sich diese Entzündung so oft und ohne auffallende Anlässe wiederholt, werden von verschiedenen Thierärzten verschieden angegeben. Wir, die wir keine Erkrankung ohne Gelegenheitsursache annehmen, glauben, es sey eine außerordentliche Reizbarkeit und Empfindlichkeit des Auges, die sich immer mehr steigert, je öfter sich die Entzündung wiederholt, der Grund, daß schon d n rch geringe, g a r n i chtauf¬ fallend e An lässe, z. B. Witterungswechsel, unbedeutende Zugluft, einen etwas dunstigeren, wärmeren Stall, unreine mit scharfen Aus¬ dünstungen geschwängerte Stallluft, durch öftern Wechsel von Stall- finsterniß und Tageslicht, die Entzündung immer von Neuem Hervor¬ gernfen werde. Was aber die Ursache dieser ungeheuren Empfindlichkeit und leichten Verletzbarkeit des Auges sey, ob angeerbte Anlage, ob jugendliches Alter (denn gewöhnlich kommt die Krankheit bis in's sechste Zahr vor); ob dicke, fleischige Köpfe mit dicken, schwam- 99 migen, glänzenden Augenliedern (sogenannten F e tt a u g e n) der gewöhnlich bei solchen gemeinen Thieren tiefliegenden Augen, besonders der sogenannten Schweinsaugen, ob zu frühzeitiges Ab setz en der Follen und harte trockene Fütterung derselben, wodurch die Kauorgane sehr in Anspruch genommen werden, ob der Mond¬ wechsel, ob No r dw estwinde, ob zu frühzeitige Verwen- du n g der Thiere, ob eine rheumatische Anlage, ob Fütterung mit frischem Korn, frischen Wicken, erhitztem Klee, verdorbenem Haber, E r b s e n st r o h, wodurch die Bauchhöhle überfüllt und Con- gestionen zum Kopfe und den Auge» bedingt werden, ob Reizung eini¬ ger Zahnästchen des fünften Nervenpaares, wie ein Franzose (D n- p n y) meint — das wissen wir nicht und weiß Niemand, eben so we¬ nig als das, warum nur das Pferd eg eschlecht vorzugweise an die¬ sem bösartigen Augenübel leide, dessen Schluß fast immer der graue Staar ist. Unter allen diesen vorbereitenden Ursachen hat ohne weiters die erbliche Anlage und das öftere Erkranken die größte praktisch bewährte Gewißheit für sich. So merkwürdig die Krankheit in ihrem Verlaufe ist, so merkwür¬ dig , aber nicht zur Nachahmung empfehlenswerth ist das Verfahren vieler Thierärzte, die mit der Diagnose der Monatblindheit sogleich fertig sind, und jegliche Augenentzündung, ohne die Sache näher zu untersuchen, für Monatblindheit erklären. Um so viel als möglich eine sichere Diagnose machen zu können, wollen wir die Monatblind¬ heit in ihrem ersten Anfalle sowohl als in den folgenden beschreiben. Krankheitserscheinungen beim ersten Anfalle der Monatblindheit. Alle Zufälle nehmen in kurzer Zeit zu, und erreichen schon in 2—3 Tagen ihre Höhe. Gewöhnlich wird nur ein Auge befallen, selten beide zugleich, sondern meistens eines nach dem andern; die Augenlieder schwellen mehr oder weniger an, die Bindehaut des kranken Auges röthet sich, das Ange erscheint anfangs trocken, heiß, schwillt an, verträgt kein Licht, bald aber wird die Thränenabsonde- rung bedeutend vermehrt und die Thränen sind meistens so scharf und ätzend, daß sie die Haare der Haut, über die sie vom inner» Augen¬ winkel herabfließen, wegfreffen. Sieht man in das Innere des ent¬ zündeten Anges, so findet man es in kurzer Zeit, oft binnen zwölf Stunden nach entstandener Entzündung, auffallend verändert, die durchsichtige Hornhaut matt und getrübt, und das ganze Auge er¬ scheint in Folge lymphatischer Ausschwitzungen in die vordere Augen- kammer als eine gleichförmige, gelblich-weiße Masse; kann man den Augenstern sehen, was oft wegen Trübung der durchsichtigen Horn- 7 » 100 haut oder der wässerigen Angenfeuchtigkeit oder beider zugleich, nicht möglich ist, so findet man ihn verengert und sehr unbeweglich. Nach dem vierten, fünften Tag tritt daun Nachlaß der Entzündungszufälle in dem zuerst ergriffenen Auge ein; dagegen fängt nun meistens, jedoch nicht immer, das andere Ange sich zu entzünden an. Den Nachlaß er¬ kennt man aus der Abnahme der gewöhnlichen Entzündungsmerkmale, ans dem Verschwinden der Trübung der Hornhaut, aus der Klärung der wässerigen Feuchtigkeit in der vordem Angenkammer, so daß zuletzt nur kleine weiße Flocken in ihr hernmschwimmen, die sich endlich auch verlieren, und man jetzt wieder klar bis in das Innere des Auges sehen kann. Nach zehn, vierzehn Tagen ist meistens der ganze Entzündungs¬ und Übergangsproceß vorüber, und das Auge erscheint nun gewöh ri¬ li ch ohne Spur eines vorausgegangenen Leidens, mit Ausnahme eines leichten Scheuwerdens, was als Beweis dient, daß das Sehever¬ mögen dadurch bedeutend geschwächt wurde, und folglich durch geringe Anlässe von Neuem verletzt werden kann. Krankheitserscheinungen beim zweiten Anfalle und den folgenden. Nach längerer oder kürzerer Zwischenzeit, zuweilen erst in meh¬ reren Monaten, zuweilen schon nach zwei, drei Wochen, oder bevor noch der erste Anfall ganz gehoben ist, folgt ein zweiter, dritter, vierter Anfall oder noch mehrere. Es wiederholen sich nun die nämlichen entzündlichen Erscheinungen, nur sind sie weniger heftig als beim ersten Anfalle, jedoch verschwinden die Spuren der Entzündung und ihrer Übergänge nicht so gänzlich wieder, jeder Anfall läßt deutlichere Merk¬ male zurück; die Krystalllinse verliert ihre Durchsichtigkeit, erhält Flecken und Puncte, bis der letzte Anfall gewöhnlich mit dem grauen Staare, grünen Staare und anderen Änderungen im Auge und um's Auge endet. Die Erkenntniß der Monatblindheit ist daher, wenn das Thier schon mehrere solche periodische Anfälle gehabt hat, nicht mehr so schwie¬ rig und geht aus dem Befunde folgender Zufälle am und in der Nähe des Augapfels einer oder beider Seiten hervor: 1) das kranke Auge ist kleiner geworden nnd schrumpft in Folge der durch öftere Anfälle gesunkenen Ernährung zusammen, ist abgeplattet (durch den Ver¬ lust der Flüssigkeiten) nnd tiefer in seine Höhle zurückgezogen; 2) das kranke Auge ist fast immer mehr geschlossen als das gesunde; 3) das obere Ang en lied erscheint wegen oft wiederholter Entzün¬ dung immer etwas angeschwollen, erschlafft, und in seiner Mitte gleichsam in einen Winkel aufgezogen und gefaltet; 4) von dein schärfen Augenschleime und Thränen werden die Haare und * r 101 die Hautbedeckung unter dem Auge, besonders im innern Augen¬ winkel w egge äzt, die Stellen erscheinen daher mehr kahl; 5) die Hornhaut hat ihre Durchsichtigkeit verloren, erscheint matter und trüber, ins Blanlich-weiße spielend, oft einzelne Flecken zeigend; 6) die Pupille erscheint zuweilen erweitert und unbeweglich, nicht sel¬ ten durch Ansschitzung gerinnbarer Lymphe, welche dünne Fäden bildet, die von einem Pupillarrande zum andern gehen, verwachsen; 7) häufig erscheint die Krystalllinse ganz verdunkelt und der graue Star fertig; oder man sieht einen oder mehrere graue Puncte in der Mitte der Linse (beginnenden grauen Staar), zuweilen ist der grüne Staar (Verdunkelung des Glaskörpers) die Folge; 8) nicht selten sind Spuren der Haarseile in der Nähe des Auges sichtlich. Obwohl keines der angeführten Symptome die Monatblindheit zu¬ verläßlich characterisirt, weil sie kein nur ihr cigcnthümlichcs Symp¬ tom besitzt, und alle diese Erscheinungen auch bei andern Angenent¬ zündungen vorkommen, so kann der Thierarzt aus dem Zusammen¬ treffen der meisten oder aller genannten Erscheinungen mit großer Wahrscheinlichkeit, ja selbst Gewißheit auf Monatblindheit schlie¬ ßen. Wenn aber schon nach mehreren Anfällen die sichere Erkenntniß der Monatblindheit nicht so leicht ist, als manche Thierärzte es glauben, so ist es leicht begreiflich, daß beim erstenAnfall die Diagnose noch ungleich großem Schwierigkeiten unterliegt, weil die periodische Augcn- entzündung keine cigenthümlicheu Merkmale besitzt, und das plötzliche Erkranken des einen Augeö ohne auffallende Ursache, der bedeutende Thränenfluß, die große Lichtscheue und Schmerzhaftigkeit, das bal¬ dige Folgen der Entzündung am andern Auge, das Befallenwerden der meisten Augenhäute, die schnell ein tretenden Entzün¬ dungsübergänge, besonders schnelle Trübung der Hornhaut und wässerigen Feuchtigkeit, keine verläßlichen Kennzeichen, höchstens nur mnthmaßliche, jedoch immer wohlzubeachtende Andeutungen zur Mo¬ natblindheit abgeben. Die Prognose bei der Monatblindheit ist sehr u n günstig, denn unaufhaltsam folgen der Entzündung ihre Übergänge, besonders lymphatische Ausschwitzungen, welche die Erfüllung der zweiten Heil- bcdingung meistens unmöglich, daher die Monatblindheit unheilbar ma¬ chen. Man hat zwar Beispiele, daß die periodische Augenentzündung zuweilen bei sehr jungen Pferden nach 2—3 Anfällen verschwand, ohne daß irgend ein Heilmittel angcwendct wurde, allein dieß sind Seltenheiten und lassen noch den Verdacht zu, ob die erzählten Fälle auch wirklich die sogenannte periodische Augenentzündung waren. Aus 102 diesem Grunde ist auch die Monatblindheit ein Hauptfehler, und die Gewährszeit in Österreich dreißig Tage. Die Behandlung der periodischen Augenentzündung muß zur Erfüllung der Heilbedingungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Therapie gegen Entzündung und ihre Übergänge eingeleitet werden, so lange zur Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung keine speci fischen Mittel bekannt werden. Daß hier schon alle möglichen äußerlichen und innerlichen Mittel, ja sogar absichtlich vorgenommene Zerstörung, Spaltung des erkrankten Auges (S o lleisel) in der Ab¬ sicht um den Krankheitsproceß auf dem ergriffenen Auge früher zu been¬ den, und dadurch vielleicht das noch gesunde zu retten, in Anwendung kamen, ist zu bemerken kaum nöthig. Auch das Pulver der China¬ rinde, die bei Menschen die regelmäßige Rückkehr gewisser periodischer Krankheiten verhindert, ist bei der periodischen Ophthalmie zuerst von May neue angeblich mit Erfolg, von vielen Andern ganz erfolglos angewendet worden. Es bleibt also nichts übrig, als nach dem allge¬ meinen rationellen Heilplan zu verfahren, zuerst die Gelegenheits- Ursachen zn entfernen, wenn man dieselben kennt, dann die Ent¬ zündung durch örtliche oder allgemeine B lutentleerun- g e n (nach dem Grade der Entzündung), durch r e v e ll i r e n d e Ein¬ reibungen oder Eiterbände hinter den Ohren, an den Kinn¬ backen gezogen, Einreibungen derQuecksilb er salbe um die Augen¬ bögen und in die Augenlieder, laue schleimige narkotische Bähun¬ gen (wie sie bei der catarrhalischen Bindehautentzündung angegeben wurden, denn die kalten Umschläge werden fast allgemein wegen des catarrhalisch-rheumatischen Charakters der Entzündung als nach¬ theiligverworfen), Pnrgirmittel aus Abführsalzcn oder Aloe mit versüßtem Quecksilber, Klystiere, Futterabbruch oder weiches Futter, Abhaltung des Lichtreizes vor den Augen zu behandeln. Versuchsweise könnte man das Chinarindenpulver zu zwei oder mehr Lothen des Tags anwenden. Sind Entzündung s- übergänge eingetreten, dann passen die nämlichen Mittel; nur die schleimigen Bähungen des Auges werden mit solchen Mitteln verbun¬ den, welche die Aufsaugung der in die Hornhaut, Augenkammern, Pupille, Linse u. s. w. ergossenen Flüssigkeiten befördern, und wozu die Au g e nwässer oder Au gen salben gehören, die bei der chronischen Bindehautentzündung angegeben wurden, z. B. aus Kupfervitriol, Zinkvitriol, Präcipitat, Sub li mat, Kamph er, Opium, Be l la d o n » acrtr ac t u. s. w. Ist berg ra uc Staar ausgebildet, dann vermag keine Augensalbe und kein Augenwasser ihn wieder gut zu machen. 103 Am Schluffe dieser Abhandlung würden wir gerne die Mittel an- geben, wodurch man die Monatblindheit verhüten könnte; allein wie kann man dieß, wenn mau die eigentliche Grundursache gar nicht kennt? Alles ist hier nur Vermuthung; — Gewißheit gibt uus Nie¬ mand. Die erbliche Anlag eist noch das einzige, was die Erfah¬ rung überall bestätigt, daher Hengste und Stuten mit Monatblind¬ heit von der Zucht ausgeschlossen bleiben sollen. Wissen wir aber außer diesem kein anderes Vorbaunngsmittel mit Sicherheit anzugeben, so müssen wir doch auf eine zweckmäßige diätetische Behandlung der Thiere, besonders der Fallen aufmerksam machen, damit die Unbil¬ den derWitt e r n n g möglichst von ihnen abgchalten und Vcrkühlun gen verhütet werden; daß die Fütterung weder durch zu viel, noch durch grobe, schwer verdauliche Futterstoffe nachtheilig wirke, und be¬ sonders die Folien nur allmählig an hartes und trockenes Futter sich gewöhnen; daß die Verwendung der Thiere, besonders der Folien nicht zu frühzeitig übertrieben, bei erwachsenen Thieren aber auch be¬ sonders bei reichlicher Fütterung nicht vernachlässigt werde; daß eine sorgsame Pflege, besonders der Haut, durch Striegeln u. dgl. nicht außer Acht gelassen werde; daß endlich der Aufenthalt möglichst geräumig, reinlich, nicht zu warm, nicht zu finster, ohne Zugluft, jedoch luftig, von scharfen, auf die Augen so nachthcilig cinwirkcn- den Ausdünstungen möglichst frei erhalten werde; denn wie besonders nachtheilig und reizend die Stalllnft, wo mehrere Pferde beisammen¬ stehen und ausdünsten, und für die Entfernung des Harnesund Mistes nicht gesorgt wird, auf die Augen der Thiere und Menschen einwirken, wird Jedermann wissen, der in dergleichen unreinen Stallungen längere Zeit verweilt hat. Durch alle diese Mißverhältnisse werden die Augen der Pferde immerfort in einem gereizten Zustande nnterhalten, und dadurch zu Entzündungen vorbereitet, die dann zur wirklichen Aus¬ bildung derselben keiner heftig einwirkenden Gelegcnheitsnrsachen be¬ dürfen, nm so mehr, wenn noch eine erbliche Anlage die Erkran¬ kung begünstigt. 5. Hornhautflecken, auch Augen flecken, im gemeinen Leben Blümeln genannt. Die H o r n h a u t fl e ck e n sind T r ü b n n g e n der durchsichti¬ gen Hornhaut, gewöhnlich durch in ihre Zellen ansgeschwitzte ge¬ rinnbare Lymphe, ohne daß dabei die Hornhaut ihre Gestalt verändert hätte. Der Sitz dieses Augenübels ist daher die durchsichtige 104 Hornhaut; das Gr und le id en gewöhnlich in Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe übergegangene Entzündung. Die Erkenntniß der Augenflecken ist leicht, wenn man das Auge von vorn und von der Seite betrachtet. Man sieht an der sonst kla¬ ren Hornhaut st e ll e nw e i s e weiße, graue, oder bläuliche, mehr oder weniger große, verschiedcngeformte, unbewegliche Flecken, die nach der verschiedenen Größe und dem verschiedenen Sitze an der durchsichtigen Hornhaut, das Sehevermögen mehr oder weniger stören, ost ganz aufheben, je nachdem das Einfallen der Lichtstrahlen durch das Seheloch durch sie mehr oder weniger oder ganz gehindert wird. Wohl zu unterscheiden von diesen stellenweise verkommenden Augenflecken ist eine gänzliche, gleichförmigeTrübung oderwcißlichblaue Färbung der durchsichtigen Hornhaut, die das Zeichen einer bedeu¬ tenden Hornhautentzündung ist, und gleichzeitig die übrigen Merkmale der Entzündung als höhere Wärme, Schmerz, Lichtscheue, vermehrte Thränenabsondernng u. s. w. zeigt und wobei dieseBläuung der Hornhaut nur die Stelle der Röt he vertritt, wie wir dieß schon oben bemerkt und hier nur noch anzuführen haben, daß die Behand¬ lung einer solchen Hornhautentzündung eben so geschehen soll, wie es bei der acuten Bindehautentzündung angegeben wurde. Die eigentliche Ursache der Hornhautflecken ist voraus ge¬ gangene Entzündung in Folge mechanischer, chemischer oder dyna¬ mischer Gelegenheitsursachen, die entweder keine Trennung oderT ren- nung der Hornhautschichten veranlaßt haben, wie dieß oft schnell durch schneidende oder spitzige Gegenstände, oder sonstige Gewaltthä- tigkeiten, ost l a n g s a m durch Übergang der Entzündung in Bläs- chenbildung oder Verschwärung eintritt, worauf die Verheilung des Getrennten nur durch Narbenbildung erfolgt, welche Narben aber unheilbare Augenflecken zurücklassen. Die Prognose bei den Augenflecken ist nach der Größe, Dauer, Farbe und den veranlassenden Ursachen verschieden. Sind die Augen¬ flecke n i cht v e r a ltet und nicht in Folge der N a r b e n b i l d n n g entstanden, so ist die Prognose nicht ungünstig zu stellen; denn es ist merkwürdig, wie groß die Aufsaugnngsthätigkeit der Lymph¬ gefäße der Augen ist, die oft in kurzer Zeit die größten Flecken ohne Mitwirkung der Kunst entfernt. Sind aber die Blümeln schon alt und durch mechanische Verletzung der Hornhaut oder durch Zer¬ st ö r u n g, durch Geschwüre und darauf folgende Vernarbung ent¬ standen, dann sind sie unheilbar, beeinträchtigen übrigens aber die Verwendung des Thieres nicht, wenn sie nicht groß und dem Sehe- loche nicht gerade gegenüber sitzen, weil in einem solchen Falle durch . 105 ste das Einfällen der Lichtstrahlen in das'Auge nicht gehindert wird. Die kreideweißen Flecken sind selten heilbar; leichter heilbar sind die ncblichten und bleichweißcn. Die Behandlung der Hornhautflccken muß vorzüglich die Er¬ füllung der zweiten Heilbedingung im Auge haben. Das Krankheitspro- duct ist hier geronnene Lymphe, die von dcnLymphgefäßen wieder auf¬ gesogen und entfernt werden muß, wenn Heilung gelingen soll. Die Mittel sind hier wieder die bei der chronischen Bindehautentzün¬ dung angeführten, darunter z. B. Alaun, Zinkvitriol, Kupfervitriol, Augenstein, Präeipitat, Sublimat, Höllenstein, Opium, das Ein¬ blasen von feingepulvertem Zucker, Glas, Bimsstein, Bolus, Calo- mel, das Einschmiercu ranziger Fette u. s. w. Fragt man uns, wie alle diese Mittel hier wirken, so lautet un¬ sere Antwort: Alle diese Mittel sind mehr oder weniger reizend und Entzündung im Auge erregend; dadurch werden die Lymphgefäße zur größer» Thätigkeit angespornt und ein vermehrter Blutzufluß zum Auge bewirkt; dieses Blut verflüssigt die geronnene Lymphe und macht sie so leichter aufsaugbar. Aus diesem Gesichtspunkte betrach¬ tet, hat keines dieser Mittel einen wesentlichen Vorzug vor dem an¬ dern; uns ist die rothe Augen salbe aus rothemQuecksilbcrpräci- pitat 1 Ouintl, Schweinfett oder Butter 2 Loth erbsengroß in das Auge eingestrichen oder eingepinsclt, dcßwcgcn am liebsten, weil der rothe Präeipitat keinem andern Mittel in diesem Falle nachsteht, und die Arzneimittel in Salbensorm bei den Augcnkrankheiten der Pferde am leichtesten und wirksamsten anzuwenden sind. Statt der rothen Salbe kann man jedoch auch die andern schon oft genannten Salben und Wässer, ja selbst Augenpulver mit Vortheil gebrauchen, z. B. folgendes: weiß e n Z u ck e r 1 0uintl, Z i n k v i t r i o l s/, Ouintl zum feinsten Pulver abgerieben; oder: weiß e n Z u ck e r 1 Ouintl, rothen Präeipitat 10 Gran, Zinkblumen 20 Gran, ebenfalls zum feinsten Pulver abgericben und theilweise mittelst eines Federkiels ins Ange geblasen. Bilden sich G e schw ü r e an der Hornhaut, die oft durch ihre Vernarbung Hornhautflccken bilden, zuweilen auch die ganze Hornhaut durchfressenund zum Ausfluß der wässerigen Feuchtigkeit, nicht sel¬ ten zum Vorfall der Regenbogenhaut Veranlassung geben (welche Zufälle indessen auch durch mechanische Verletzungen sich ereignen kön¬ nen und die entzündungswidrige Heilmethode und Entfernung des vor- gcfällenen Rcgenbogenhantstückes mit dcr Scheere nothwendig machen), so ist die Behandlung dieser Geschwüre, ebenfalls zur Entfernung der Jauche und Umstimmun g der krankhaft producirenden Horn- 106 Hautstelle mit den nämlichen zusammenziehend und reizend wirkenden Mitteln, als: Alaun, Zinkvitriol, Kupfervitriol, Präcipitat u. s. w. besonders in Salb en form angezeigt. Am Schluffe dieser Abhandlung ist noch zu bemerken, daß nebst den Ausschwitzungen von Lymphe zwischen den Zellen der Hornhaut, auch Ergießungen von Blut, Serum, Eiter daselbst stattfinden können, welche d ie nämliche, Aussaugung befördernde Heil¬ methode benöthigen, oft aber auch von selbst vergehen. 6. Ergießungen von Blut, Lymphe, Serum, Eiter in die Augenkammern. So wie einmal die Zellen der durchsichtigen Hornhaut die genanu tcn Krankheitsproducte einschließen, eben so geschieht in Folge vorauS- gcgangener Augeuentzündungeu der Erguß derselben oft in die Augen- kammcr, am deutlichsten sichtbar in der vorder» Augenkammer. Ist Eiter in die vordere Augenkammer ergossen, so heißt diese Krank¬ heit gewöhnlich Eite'rauge, und dessen Diagnose ist, mit Ausnahme der Ausmittelung, ob das Ergossene Lymphe oder Eiter ist, nicht schwie¬ rig, denn man findet hinter der durchsichtigen Hornhaut den Eiter ver¬ möge seiner Schwere immer am Grunde der Kammer als einen wei߬ lichen beweglichen Körper mit wagrechter Oberfläche, deren Richtung zum Auge sich immer verändert, je nachdem das Thier den Kopf in verschiedenen Richtungen bewegt. Die Behandlung ist wie bei den Hornhautflecken. Ge¬ lingt die Aufsaugung des Ergossenen nicht — was jedoch meistens der Fall ist — so rathen einige Thierärzte auch die Eröffnung der durchsich¬ tigen Hornhaut an ihrem äußern und untern Rande mittelst einer schar¬ fen Lanzette oder eines Staarmessers; allein dergleichen Operationen sind bei Thieren immer eine höchst mißliche Sache. Zwar können wir jetzt nach der Angabe unseres verdienstvollen Professors Haync sehr gut das Auge firiren; allein wird, um den Eiter zu entleeren, bloß der Hornhautstich mittelst einer Staarnadel gemacht, so wird durch diese kleine Öffnung schwerlich der Eiter vollends herausfließen, wird aber der H o r n h a n t s chnitt mittelst eines Staarmessers gemacht und das Ange selbst auf die neueste und beste Art firirt, so wirb nicht nur die wässerige Feuchtigkeit herausflicßcn, sondern auch der Glaskörper hcr- vorstürzen und der Nachtheil dadurch ohne Vergleich großer werden, als er durchs Eiterauge für das Thier erwuchs. — Ohne Vergleich vortheil- haft aber ist die Eröffnung einiger Hornhautzellen, wenn der 107 Eiter in diesen eingesackr und dessen Entfernung durch resorbirende Mittel nicht gelungen wäre. 7. Augenfelle, Flügelfelle, auch Augenhäute genannt. Der S i tz dieser bei den Pferden sehr seltenen Krankheit ist die B i n- deh aut des Augapfels, wo sic die undurchsichtige (w e i ß c) oder die durchsichtige Hornhaut überzieht. Das Grundleiden ist verwal¬ tend Entzündung mit Ausschwitzung krankhafter Lym¬ phe nndBildung mehr oder weniger dichter, wuchernder Blut g e fäß n e tz e; weil daher diese krankhafte Wucherung an der Vor- dcrfläche deS Augapfels stattfindet, so ist auch die Er kenn tniß der Augenfelle nicht schwierig, denn man steht an der Oberfläche des Augapfels deutlich jene Verdickungen der entarteten Bindehaut, wel¬ che häufig in Gestalt eines Dreiecks meistens vom innern Angenwinkel mit ihrer Basis beginnen und sich mit der Spitze bis oder über die durchsichtige Hornhaut hin verbreiten und so die Oberfläche des Augapfels wie mit einem mehr oder weniger dünnen und häuti¬ gen, oder dicken und fleischigen Felle von bräunlich rother, schmutziger Farbe überziehen, welches an die darunter liegenden Häute oft fest, oft nur locker, mit einer Pinzette leicht aufhebbar, anhängt. Aetiologie, Prognose und Therapie wiebei den Augen¬ flecken; nur ist hier die Heilung immer langsam, oft nur durch das Los- trenncn des Felles möglich, indem man mit einer Ciliarpinzettc das¬ selbe am breitesten Rande umfaßt und von da bis zur Spitze mit einer geeigneten Scheere abträgt; ost ist wegen anderweitiger Änderungen des Augapfels jeder Curversuch erfolglos. 8. Grauer Staar, auch weißer, gelber Milch- staar u. s. w. genannt. Der Sitz des grauen Staares ist die Krystalllinsc, ent¬ weder in ihrer Substanz (Linfeilstaar) oder in ihrer Kapsel (Kapsel staar) oder in beiden zugleich (Kapsel -Li nsenstaar). Der practische Thierarzt legt auf diese und noch andere Einthcilungen keinen besondern Werth; wichtiger ist ihm dieEintheilnng in den an¬ gehenden Staar, der sich zur Bildung grauer Puncte oder Flecke (Staarpuncte ober Staarfleckcn) in der Linse anzeigt, und in den aus¬ gebildeten oder fertig en Staar, wobei die ganze Linse ver¬ dunkelt erscheint, und der ganze Krankheitsproceß beendigt ist 108 Das Grundleiden beim grauen Staar ist meistens in Aus¬ schwitzung gerinnbarer Lymphe übergegangene Entzündung, wodurch anfänglich die sonst ganz durchsichtige Krystalllinse in einen weißlich-, gelblich- oder bläulichgrauen, perlfarbigen, undurchsichtigen, weichen Körper verwandelt wird, der in der Folge ganz verhärtet, knorplig und sogar knöchern wird. Die Erkenntniß dieses Übels ist für Jedermann leicht, daher der graue Staar auch kein Hauptfehler ist; denn der weißlich-, gelb¬ lich oderbläulichgraue, mehr oder weniger runde Kör¬ per, den man durch das Seheloch und gleich hinter dem Scheloche erblickt, ist der graue Staar oder die verdunkelte Krystalllinse. Ist der graue Staar auf beiden Augen, so sind die Thiere ganz blind; ist er nur aufeinem Auge, so ist dieß der Fall nicht, und das Thier sieht mit einem Auge. Doch ist die Blindheit beim grauen Staar immer nur bis zur Lichtempfindung gediehen, denn eiu Thier mit dem grauen Staar unterscheidet zwar keine Gegenstände mehr, empfind et aber noch immer d a s D aseyndes Lich¬ tes, wodurch sich der graue Staar vom schwarzen Staar unter¬ scheidet, bei welchem sogar die L i ch t e m p si n d u n g a u fg e h o b c n i st. Die sichtliche Trübung der Krystalllinse nnd das aufgehobene Sehevermögen aufeinem oder beiden Augen sind die zwei Hauptmerkmale des grauen Staares, dessen Untersuchung — was wohl zu bemerken ist, — r einem solchen Orte geschehen muß, wo das Thier mit seinem Körper im Schatten steht und die Lichtstrahlen auf das Auge des Thieres nur vonvornhereinfallenunddasAugeso be¬ leuchten, daß der Thierarzt jede krankhafte Änderung in demselben be¬ merken könne, z. B. unter einer Stallthür oder unter einem Thorweg. Diese Stellung des Thieres ist deßhalb nothwendig, damit die Augen des untersuchenden Thierarztes nicht durch einen hellbeleuchteten oder wei¬ sen Hintergrund geblendet werden, und keine umgebenden Gegenstände, z. B. eine weiße Wand, weiße Halsbinde des Thierarztcs n. dgl. indem Auge des Thieres sich abspicgeln, was alles leicht zu Täuschungen und unrichtigen Urtheilen Veranlassung geben könnte, weil die Hornhaut nicht allein durchsichtig, sondern auch glänzend ist und einen Theil der auf sie geworfenen Strahlen zurückwirft. Nachdem das Thier nun so ge¬ stellt ist, untersucht der Thicrarzt das Auge sowohl von vorne als auch von d e r S e ite, wobei er sein Gesicht nahe an die Backen des Pfer¬ des, unter und hinter dem Auge anlegt und auf diese Weise dnrch die durchsichtige Hornhaut durchsetzend, am besten den Instand des Augapfels bcurtheilen kann. Die Versuche aber, die man mit den Thicren vor¬ nimmt, um sich zu überzeugen, ob sie wirklich blind sind oder nicht, wer- 109 den beim schwarzen Staar angegeben werden, die aber anch beim grauen Staar und jeder andern Blindheit Anwendung finden. Um daher Wiederholungen zu vermeiden, siehe schwarzer Staar, Seite 116. — Zu bemerken ist noch, daß der graue Staar nicht immer seine Lage hinter dem Seheloche habe, sondern die ver¬ dunkelte Krystalllinse zuweilen auch in die vordere Augenkammer vor¬ gefallen (Vorfall des Staares) gefunden werde. Nicht zu verwechseln istder graue Staar mit der Entzün¬ dung der Linsenkapsel, die ebenfalls einebläulichweißeTrübung der Linse, ähnlich dem grauen Staar, bewirkt und vorzüglich aus der Gegenwart der entzündlichen Merkmale, die beim ausge¬ bildeten grauen Staar fehlen, erkannt wird. Diese Verwechslungen dürfen immer dort stattgefunden haben, wo man von einer Heilung des grauen Staars mittelstAugenwässer oder Salben spricht. — Auch der grüne Staar (Zluuoom), obgleicher ebenfalls Blindheit er¬ zeugt, ist insofern nicht mit dem grauen zu verwechseln^, weil er in einer Trübung des Glaskörpers durch ergossene seröse oder lymphatische Flüssigkeiten besteht und dadurch erkannt wird, wenn das Auge des Seh¬ vermögens beraubt, tiefer im Grunde des Anges und weit hinter der Pupille grünlich oder auch bläulich erscheint. Daß das sogenannte Glasauge, häufig bei Schecken, isabell¬ farbigen und getiegerten Pferden anzutreffen, keine Augenkrankheit zu nennen sey, sondern nur eine eigenthümliche Organisation des Auges mit fehlendem schwarzen Pigment darstelle, ist Jedermann bekannt; gleiches gilt von den sogenannten Ringaugen; so wie kein der Ana¬ tomie Kundiger die 2—3 flockenartigen Verlängerungen des ober» Pu¬ pillenrandes, welche in die wässerige Feuchtigkeit herabhängen, für Aus¬ schwitzungen gerinnbarer Lymphe halten wird, denn sie sind die norma¬ len sogenannten Traubenkörner, deren wahrer Nutzen nochunbe- kannt ist. Die Ursachen des grauen Staares sind alle diejenigen, die En U zündungen der Krystalllinse veranlassen, deren Übergang in lympha¬ tische Ausschwitzung der graue Staar ist. — Zu den vorbereiten¬ de» gehört vorzüglich eine erbliche Anlage in Folge der Abstam¬ mung von staarblinden Älter». Diese erbliche Anlage unterliegt bei Tbie- ren und Menschen, vielfacher Erfahrung zu Folge, keinem Zweifel. Un¬ ter den Gelegenheitsursachen ist die periodische Augen¬ entzündung die häufigste Veranlassung zum grauen Staar, ob¬ gleich anch heftige Augenentzündnngen anderer Art ihn zur Folge haben können. Die Prognose ist beim ausgebildeten grauen Staar immer un- 110 günstig, denn die Entfernung des Krankheitsproductes Lymphe aus der Krystalllinse ist durch keine Augensalbe, kein Augenwaffer oder Pul¬ ver möglich, und die Staaroperatiou ist bei Pferden eine höchst schwie¬ rige, fast nie gelingende Operation aus Gründen, die bei derTherapie angegeben werden. Thierärzte, die durch Arzneimittel den grauen Staar geheilt zu haben sich rühmen, haben die Krankheit verkannt und Entzün¬ dung der Linscnkapsel für grauen Staar gehalten. Eben so unglücklich sielen bis jetzt die Staaroperationen aus, obgleich sich einige französische Thierärzte glücklicher Erfolge rühmen, die aber von den deutschen Thier¬ ärzten sehr bezweifelt werden. Auch die Naturheilkraft bewirkt nur in höchst seltenen Fällen eine freiwillige Aufsaugung des weichen oder flüssigen Staares nach geborstener dünner Kapsel; öfters noch be¬ merkt man, daß sich die verdunkelte Linse freiwillig, ohne Zuthun der Kunst umlegt oder vor fällt, wenn sich die Bande, diedenKry- stallkörper in seiner Lage erhalten, theilweise oder ganz lösen und so der Staar aus der Seheare tritt und dem Thiere wieder ein mehr oder weni¬ ger deutliches Sehen gestattet. DieBehandlung des grauen Staares unterliegt dem Gesagten zu Folge den größten Schwierigkeiten. Von Arzneimitteln ist durchaus kein Erfolg zu erwarten, nur die Operation, welchedie ver¬ dunkelte Krystalllinse aus der Seheare entfernt, ist das einzige Mittel, was helfen kann, weil sie die 2. und 3. Heilbedingung am vollständig¬ sten erfüllt, nämlich das Krankheitsproduct sammt dem krankhaftprodu- circnden Organe entfernt. Damit aber diese Operation hülfebringend ausgesührt werden könne, ist eine hinlängliche Fesih altung oder Fi¬ ri ru n g des Augapfels unumgänglich nothwendig, damit der operirende Thierarzt ungehindert daö erforderliche Instrument in das Auge bringen und die Operation, durch keine gewaltsame Bewegungen des Auges gestört, vollführen könne. Allein gerade dieser Umstand verursacht die größten Hindernisse; durch die Wirkung der Augenmuskeln, vorzüglich des kräftigen Grundmuskels bei Pferden, dessen Kraft man auf mehr als zwanzig Pfund anschlägt, wird die nöthige Firirung des Auges gehindert. Prof. Hayne hat uns der Erste eine sichere und leichte Fi¬ rirung des Augapfels gelehrt und was früher unmöglich schien und nur schrnnvollkommen geschah, möglich gemacht. Zudiesem Behuse wird das Thier geworfen und gefesselt; in der Mitte der ober der Augenhöhle lie¬ genden Au gen grübe des zu operirenden Auges wird mittelst eines Bi- stouri's ein senkrechter Schnitt, beiläufig einen Zolllang, durch die Haut bis zum Fettpolster gemacht; durch diese Öffnung führt nun der Gehülfe einen Finger seiner Hand gegen den Grund des Augapfels ein, drängt denselben etwas hervor und erhält ihn auf diese Artin einer so ruhigen 111 Lage, daß der Operateur bequem das Instrument ins Auge einführert und operiren könne. Man sollte glauben, die gewaltsame Hervordrängung des Augapfels dehne und zerre den Sehenerven, und verursache dadurch eine Lähmung des Sehcnervens und den schwarzen Staar; allein dieß ist der Fall nicht, wenn das Hervordrängen des Augapfels nicht etwa zu roh und gewalt¬ sam geschieht; denn die vielen, bloß zur Ermittelung dieses Umstan¬ des gemachten Operationen haben uns gelehrt, daß dieLähmung des Sehcnervens in Folge dieser Operation nicht zu fürchten sey, weil die Muskeln einer großen Ausdehnung fähig sind und die bekannteBiegung der Sehenerven dessen Dehnung und Zerrung mäßigt; denn alle Pferde sahen an dem so behandelten Auge so gut, wie vorher. Eben so heilte die Augengrubenwunde, die ersten 2 Tage mit kalten Umschlägen behan¬ delt, immer in kurzer Zeit auf das vollkommenste. Nach Prof. Hayne's Methode haben wir nun eine leichte und sichere Firirung des Augapfels kennen gelernt, und dadurch wäre das größte Hinderniß der Staaroperationen beseitigt. Der Staaroperationsarten abergibt es drei: die erste ist, wenn man die verdunkelte Linse ganz aus dem Auge herausnimmt (Staar- Aus¬ ziehung); die zweite, wenn man den Staar umlegt, undinderhin- teren Augenkammer niederdrückt (Staar-Niederdrückung); und die dritte, wenn man den Staar in mehrere kleine Stücke zerschneidet, nnd diese der Aufsaugung überläßt (Staar-Zerstückelung). Die erste Art oder die S t a a r a u s z i e h u n g wäre zur Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung ohne weiters die beste, allein sie ist leider n i ch t ausführbar. Denn wird auf unsereArt der Augapfel durch Hervordrängung firirt, und zum Behuse der Staarausziehung die untere, die obere oder äußere Hälfte der Hornhaut mitdem Staarmes- ser halbmondförmig durchgeschnitten, so stürzt, bevor man noch znm Staar kommt, sammt der wäßrigen Feuchtigkeit ein großerThcil oder der ganze Glaskörper durch die Öffnung hervor, die Regenbogenhaut drängt sich ebenfalls durch die Hornhautwunde durch, der Augapfel fällt zu¬ sammen, und die ganze Operation wird zu Nichts, denn das Thier bleibt blind wie vorher, und ist jetzt nur noch mehr entstellt durch das ausgeronnene Auge. —Die Staarausziehung bleibt also beim Pferde, obgleich wir jetzt das Ange firiren können, trotz dem eine frucht¬ lose Operation. Dagegen ist die S ta a rnied erdrückung durch unsere Firi- rungsmethode keine schwierige Operation mehr, eben so wenig als die St aarz er stückeln ng. Versuche haben gelehrt, daß nach Pros. Hapne'sFirirungs- 112 Methode diese zwei StaaroperationSarten nicht schwer auszuführcn sind; allein dadurch soll nicht behauptet werden, daß jetzt alle grauen Staare heilbar sind, und alle blinden Pferde sehend werden. Denn ist die Horn¬ haut trübe oder mit großen Flecken besetzt, die gerade dem Seheloch vis-ü-vis stehen; sind die Regenbogenhautränder mit einander verwach¬ sen, dieAugenfeuchtigkeiten entmischt, ist der Augapfel schon geschwun¬ den, und der graue Staar, was meistens der Fall ist, in Folge der Monatblindheit entstanden; ist der Staar schon vorgefallen oder ist gleich¬ zeitig der schwarze Staar zugegen, oder die Umgebung des Auges stark entzündet, dann ist an einen Erfolg der Operation gar nicht zn denken, und die Staaroperation gar nicht vorzunchmen. Selbst der Vortheil einer gelungenen Staaroperation ist selten bedeutend; wird auch das Auge dadurch wieder hell uud klar, so wird ein solches Pferd nie mehr ganz richtig sehen, wird fernsichtig (denn die sehr convere Krystalllinse ist nicht umsonst im Auge, sondern um die Brechung der Lichtstrahlen zu vermehren) und meistens scheu werden, weil man einem solchen Pferde nicht, wie oft den Staar operirten Menschen, convere Augengläser auss setzen kann, um durch sie die Verrichtung der Krystalllinse zu ersetzen; was die Verwendung dcs Thiercs dann noch unsicherer und gefährlicher macht, als vorher, wo es ganz blind war, und sich folgsam der Leitung eines vorsichtigen Führers, besonders an der Seite eines sehenden Cameraden, überließ. Übrigens ist noch zu bemerken, daß das Staarstechen nur die Sache eines g eü b te n, in der Anatomie und Pathologie des Pferdeauges wohl bewanderten Thierarztes sey, denn das Auge enthält sehr edle, zartge- bante, gefäß- und nervenrciche Theile, die durch ein unvorsichtiges Ein¬ führen der Staarnadel, und durch ein rohes Operiren leicht so bedeu¬ tend verletzt werden, daß noch größere Nachtheile, als der graue Staar es war, daraus entstehen können. Auch ist bald die eine bald die andere Operationsmethode mehr angezeigt, und diese Bestimmung der Einsicht des Arztes überlassen. Wir wollen hier die beim Pferde vornehmbaren Operationsmcthoden des grauen StaarS, nämlich die Operation durch den Hornhantstich, und die Operation durch den Lederhautstich beschreibe», wie diese nach den Regeln der Kunst und nach der Angabe des berühmten Augenarztes Prof. Rosas, der auch wir folge», vorzunehmcn ist. s) D ie Zerstückelung des Staares oder die Niederdrü- cknng der Linse durch die Hornhaut. Will man die eine oder die andere Operation durch die durchsich¬ tige Hornhaut unternehmen, so wird die Pupille oft vorläufig durch Anwendung einer Auflösung des Belladynna-Ertractes in Wasser (zu 113 i Theil auf 5 Theile Wasser) erweitert werden. Man läßt zu sol¬ chem Zwecke einige Zeit vor der Operation einige 10 Tropfen ge¬ dachter Auflösung lau ins Auge träufel«. Das Instrument, dessen man sich zu der Operation bedient, ist die gerade Staarnadel (Beer'sche Staarnadel). Die ganze Operationsweise zerfällt in drei Momente: deren ersten der Einstich und die Führung der Nadel bis zum obern Staarrande, den zweiten dieZerschneidnng undVerthei- lung des Staares, oder die Niederdrücknng desselben, den dritten das Zurückziehen der Nadel aus dem Auge bildet. Im ersten Operationsmomente wirddiegleich einer Schreibfeder in die rechte Hand (falls das linke Auge operirt wird) gefaßte Nadel in der Mitte zwischen dem Mittelpunkt derHornhautundderen äußern untern Rand, mit senkrecht stehenden Schneiden und gegen die Pupille gerichteter Spitze, durch die Hornhaut gestoßen, und sobald das Instrument durch die vordere Kammer gedrungen ist, dasselbe bei schwacher Senkung des Heftes dem obern Staarrande zugeführt. — Dieß geschehen, schreitet man zum zweiten Momente und sucht nach Bedarf die vordere Kapse loder den ganzen Krystallkörper zu zerstückeln; zu diesem Zwecke wird nun zuerst die Kapsel mit 4—6 sich schief durch¬ kreuzenden Schnitten in mehrere kleine rautenförmige Stücke zerschnit¬ ten, und wenn man nun die Linse von weicher Consistenz fühlt, so wird auch diese zerstückelt, ein Theil derselben in die vordere Kammer, ein anderer seitwärts in der Hintern verschoben — wird aber die Linse von harter Consistenz gefunden, so wird sie nach durch¬ schnittener vordem Kapsel ganz und «»gestückelt in der Hintern Kam¬ mer in die äußere untere Gegend des Glaskörpers nmgelegtund niedergedrückt, nachdem dieß geschehen, wird mit zwei sich senkrecht durchkreuzenden Schritten die Hintere Kapsel durchtrennt — und endlich im letzten Operationsmomente die Nadel in derselben Richtung, in wel¬ cher sie ins Auge eingeführt wurde, wieder zurückgezogen, womit die Operation beendet ist, Diese Operationsmethode ist wegen leichter Aus¬ führung und geringer Verletzungen des Auges, die gebräuchlichste. k) Die Zerschneidung des Staares oder die N i e d e rd r ü cku n g desselben durch die Lederhaut. Der Einstich bei dieser Operationsmethode geschieht an der Seite des äußern Augenwinkels,-z—1 Linie unter dem horizontalen Durchmesser des Augapfels, l — 1^ Linie vom Hornhautrande entfernt, mit einer Fläche der Nadel nach auf- mit der andern nach abwärts, die Spitze ge¬ gen den Mittelpunkt des Augapfels gerichtet. In dieser Richtung wird nun die Nadel so tief eingeschoben, bis die kleine trichterförmige Vertie- Bleiweis Heilverf. 3. Aufl. 8 114 fung der Lederhaut, welche sich beim Ansehen des Instruments bildet, ganz verschwunden ist. Hierauf wird die obere Fläche der Nadel nach vorne gewendet und zugleich das Heft so weit gegen die Schläfe hinge¬ drängt, bis das Instrument mit der Iris parallel steht und die Nadel¬ spitze dem innern Augenwinkel zugewandt ist. Sodann schiebt man die Spitze der Nadel zwischen dem äußern Rande der Kapsel und den Ciliar¬ fortsätzen aus dem Glaskörper in die Hintere Augenkammer und führt ste über die vordere Kapselfläche hinweggleitend, bis zum innern obern Pu- pillarrand, richtet jetzt die eine Schneide des Instrumentes schief gegen den Staar, zerschneidet solchen oder drückt ihn nieder, ganz so wie beim Hornhautstich angegeben wurde — und zieht endlich die Nadel in der nämlichen Richtung, in der man ste eingefiihrt, wieder ans dem Auge zurück. Ist es bei der einen oder der andern Operationsmethode unmöglich, die zähe Kapsel zu zerschneiden, so umgehe man den Staar mit der Nadel und drücke denselben ganz nieder. Sollte der niedergedrückte Staar wieder aufsteigen, so wiederhole man die Nie d erd rück un g. — Endlich ist eine geschickte Nachbehandlung des operirten Auges keine gleichgültige Sache zum Gelingen der Opera¬ tion, denn auf diese mechanische Verletzung des Auges entsteht eine mehr oder weniger bedeutende Au gen entz ü ndun g, die, wenn sie schlimme Übergänge bildet, alles verdirbt, was man durch die Operation gut ge¬ macht hätte. Ruhe des leidenden Theiles durch Entziehung .des Lichtes, Bedeckung der Augen mit naßkalten Umschlä¬ gen durch ein paarTage und ein zweckmäßiges Anbinden des um¬ gekehrten Thieres zwischen den Standsäulen, damit es sich am operirten, schmerzhaft juckenden Auge nirgends reibe, machen die Hauptbestand- theile der Nachbehandlung aus; dazu kommt noch gänzlicher Fut¬ terabbruch in den ersten paar Tagen, Kly stiere, und bei einer Augenentzündung mit heftigerem Fieber selbst Aderlässe. Nur nach und nach lasse man mehr Licht in den Stall einfallen, aber auch jetzt nur vom Hintertheile her; und gebe ein weicheres Futter. Findet man blutige oder lyphatische Ergießungen in der vordem Augenkammer, so behandle man sie mit den bekannten Auf¬ saugung befördernden Augensalben oder Wässern. 9. Schwarzer Staar, auch Schönblindheit genannt. Der Sitz des schwarzen Staares ist der Sehenerve, ent¬ weder in seinem Ursprünge aus dem Gehirn, in seinem weiteren Verlaufe, oder in seiner Ausbreitung in der Netzhaut. 115 Das G run dl erden ist Lähmung dieses Nerven, in Folge von Blutcongestionen, Entzündung oderEntzündungs- übergängen, selten ohne diese, und dieß nur damals, wenn die Einwirkung der Gelegenheitsursache so heftig und stürmisch war, daß, bevor es noch zu den genannten Grundleiden kommen konnte, schon Lähmung eintrat. Der schwarze Staar verräth sich, wie jede Lähmung durch Em- pfindungs- und Bewegungslosigkeit, nämlich durch Bewegungslo¬ sigkeit der Pupille und Empfindungslosigkeit gegen den Lichtreiz, d. i. durch Blindheit. Alle übrigen Theile des Auges haben meistens ihre natürliche Beschaffenheit, und das Auge erscheint sonst rein, vollkommen durchsichtig, daher derNameSchön- bl i n d h eit, und wegen des dunkeln schwarzen Hintergrundes schwa r- zer Staar. Der schwarze Staar hat ebenfalls zwei Grade, entweder 1) ist er noch nicht ganz ausgebildet, und das Thier noch nicht völ¬ lig blind ; im Gegentheil scheint hier die Empfindlichkeit des Sehe¬ nerven oft noch mehr gesteigert z» seyn, denn solche Thiere werden durch einen grellem Lichteinfluß nicht selten erschreckt, und scheu ge¬ macht; oder2)der schwarzeStaar ist vollkommen ausgebildet und völlige Blindheit und Unempfindlichkeit gegen das Licht zugegen. Der schwarze Staar befällt gewöhnlich beide Augen wegen der innigen Verbindung der beiden Sehenerven und wegen der meistens allgemeinen wirkenden Erregungsursache; selten erscheint er nur an einem Auge, wenn die Ursache nämlich nur unmittelbar auf ein Auge wirkte. In der Regel folgt dem schwarzen Staar an einem Auge bald derselbe am andern nach. Die Erkenntniß des schwarzen Staares ist nicht immer leicht und viel schwieriger als beim grauen Staare, denn dieB e si ch t i g u n g des Auges zeigt dem Laien meistens nichts Abnormes, und wenn der schwarze Staar nur an einem Auge ist, so steht das Thier gut mit dem gesunden — deßhalb ist Täuschung und Betrug leicht möglich. Wegen dieser schwierigen Erkenntniß ist der schwarze Staar auch ein Haupt¬ fehler, und die Gewährszeit dreißig Tage, was beim grauen Staar nicht der Fall ist, der durch den grauen rundlichen Körper hinter dem Seheloche für Jedermann, der nur Halbwegs die Pferdeaugen kennt, leicht auszumitteln ist. Zwar wird es auch im Pferdekauf Leute geben, die dieß nicht kennen, allein solche sollen sich an Sachverständige halten, wenn sie nicht betrogen werden wollen, »wer nicht die Augen anf- macht, muß den Beutel ausmachen,« und »wer es selbst »icht versteht, soll And ere fragen,« sind alte Klugheitsregeln, s* litt Kennzeichen des schwarzen Staars: Das staarblinde Thier hat einen ««sichern Gang; trägt den Kopf ungewöhnlich hoch, und wennBlindheit nur an einem Auge ist, etwas seitwärts; hebtchie Füße beim Gehen am ebensten Wege hoch auf, und setzt sie vorsichtig (nicht so plump, wie beim Koller), um nicht etwa an Gegenstände an der Erde anzustoßen, nieder; die Ohren werden immer gespitzt und leb¬ haft bewegt, eben so die Nasenlöchermehrals gewöhnlich erweitert, das Thier beriecht und beschnaubt daher alle Gegenstände, um so durch das Gehör, Gefühl und den Geruch den Mangel des Sehens zu ersetzen; ist das Thier an beiden Augen blind, so geht es auf die im Wege stehenden oder liegenden Gegenstände, Wände, Pfeiler, Thürpfosten u. s. w. ge¬ rade los und wird leicht scheu. Untersucht man an einem passenden Orte (wie dieß beim grauen Staar angegeben wurde) die Augen des Thie- res, so richte man sein Hauptaugenmerk aufdie Regenbogenhaut oder auf die durch die Regenbogenhaut gebildete ovale Öffnung, die man P upille oder den Stern nennt, und berücksichtige hier 1)ihren Umfang, 2) ihre Beweglichkeit, und man wird die Pupille groß, erweitert und unbeweglich, d. i. gelähmt finden. Der Grund aber, warum man beim schwarzen Staar vorzüglich nur den Zustand der Regenbogenhaut sammt der Pupille berücksich¬ tigt und untersucht, da doch die Ursache desselben in der Netzhaut und im Sehenerven zu suchen ist, liegt darin, weil man die Netzhaut nicht sehen kann, und die Bewegungen der Regenbogenhaut, die im Dienste der Netzhaut steht, im Allgemeinen ein sicheres Zeichen sind, aus dem man die gesunde oder aufgehobene Empfindung der Netzhaut erkennen kann. Die Regenbogenhaut nämlich wird, vielen Versuchen zu Folge, unmittelbar durch den Lichtreiz in keinen Bewegungszustand ver¬ setzt, sondern die Wirkung des Lichtes erfolgt durch die Netzhaut und den Sehenervcn, welcher die Empfindung des Lichtes bis zum Gehirn fort¬ leitet, und erst vom Gehirn geschieht durch die Nerven, die von da zur Regenbogenhaut gehen (Ciliarnerven), die Anregung zur Bewegung der Pupille. Es steht daher die Beweglichkeit der Regenbogenhaut (der Pupille) in genauer Verbindung mit der Empfindlichkeit der Netzhaut; wird die Netzhaut durch starkes Licht gereizt, so wird die Pupille veren¬ gert, um das folgende, zu viele Einfallen der Lichtstrahlen ins Auge zu verhindern; wirkt dagegen schwaches Licht auf die Netzhaut ein, so erweitert sich die Pupille, damit mehr Lichtstrahlen einfallen können. Ist nun die Netzhaut empfindungslos (gelähmt) so ist auch die Pu¬ pille bewegungslos und stark erweitert. Die Versuche, die man mit blind seyn sollenden Pferden überhaupt unternimmt, sind folgende: 117 1) Man fahre mit der Hand oder mit einem Stocke u. dgl. sehr langsam, ohne einen Wind zu erregen, beim Ange vorbei; das blinde Thier wird dabei weder mit den Augenliedern, noch mit dem Kopfe eine Bewegung machen. Dieser Versuch muß aber immer sehr langsam geschehen, denn das schnelle Vorbeiführen der Hand n. dgl. macht eine bedeutende Luftbewe¬ gung und bewirkt, daß auch ein völlig blindes Thier dadurch eine Be¬ wegung mit dem Kopfe »nd Augenlied macht und blinzelt, weil es da¬ durch das Gefühl bekommt, daß ein fremder Körper ihm in der Nähe sey. Eine solche schnelle Verfahrnngswcise wenden gewöhnlich die Roßtäuscher an, um deu Verdacht der Blindheit zu widerlegen. 2) Man führe die Thiere an eine Mauer, an einen vorgespannten Strick, an ein vorgelegtes Bret u. dgl. an, oder lasse sie frei darauf angehen; ganz blinde Pferde gehen, ohne ausweichen zu wollen, auf alle diese vorstehende oder vorgelegte Gegenstände los. Es versteht sich von selbst, daß ein nur au einem Ange blindes Pferd dieß nicht thun wird, weil es am andern sieht; daher muß das gesunde Ange vorher mit einem Tuche zugebunden werden. 3) Um beim schwarzen Staar über dieBeweglichkeitderPupille sich Gewißheit z» verschaffen, stelle man das Pferd unter eine Stallthür, Thorweg u. dgl., beobachte vor allem die Größe beider Pupillen und lege nun über das blind seyn sollende Auge die flache Hand vor, und halte so das Auge einige Secnnden bedeckt, dann ziehe man die Hand schnell weg, und gebe nun genau Acht, ob sich eine Bewegung des Augen¬ sternes zeigt; denn bei gut sehenden Thieren erweitert sich die Pu¬ pille im Dunklen, und verengert sich im Lichte; zieht sich daher der Augenstern zusammen, und wird die Pupille bedeutend kleiner, so sieht das Thier; bleibt aber die Pupille ganz unverändert und unbeweg¬ lich, so hat das Thier den schwarzen Staar; nur ist hier zu bemerken, daß die Pupille nur dann unbeweglich bleibt, wenn der schwarze Staar an beiden Augen ist; ist aber nur Ein Auge davon befallen, und das andere noch gesund, so verengert und erweitert sich auch der Stern des kranken Auges, wegen der innigen Verbindung beider Sehenerven, zugleich mit dem gesunden, wenn auch in einem etwas mindern Grade. Um sich also in einem solchen Falle nicht zu täuschen, verbindet man im¬ mer ein Auge, und nimmt nun die angegebenen Versuche mit dem zweiten vor, und dann umgekehrt. Findet man an einem oder dem andern Auge die Pupille dann unbeweglich, und zeigt sich das Thier im Gange blind, so bleibt kein Zweifel über den schwarzen Staar mehr übrig. Es ist also die Untersnchnng der Regenbogenhaut und der 118 Pupille hinsichtlich ihrer Beweglichkeit, das wichtigste Prüfungsmittel des schwarzen Staars; alle übrigen Änderungen, z. B. das gefaltete obere Augenlied, der hellblaue oder grüne Hintergrund im Auge (nach Prof. H ertw ig's Meinung durch theilweise Aufsaugung des schwarzen Pigmentes der Aderhaut entstanden), zufällige entzündliche Erscheinun¬ gen u. s. w. sind keine wesentlichen und bleibenden Merkmale des schwar¬ zen Staares. Zuweilen ist der schwarze Staar mit dem g ra u en Staar beider Augen complicirt, und dieser aus der grauen Verdunkelung der Krystalllinse leicht zu erkennen; allein da auch der graue Staar für sich allein schon Blindheit erzeugt, so versteht sich von selbst, daß dann die Erkenntniß des sch Warzen Staares höchst schwierig ist, und nur viel¬ leicht die gleichzeitige vollkommene Unbeweglichkeit der Pupille den gegründetsten Verdacht dieser Complication erre¬ gen dürste. Ohne Vergleich leichter ist die Erkenntniß dieser Complica¬ tion, wenn der graue Staar nur an einem Auge, und am andern der schwarze Staar zugegen wäre. Ursachen des schwarzen Staares: Unter den vorberei¬ ten d en spielt ohneweiters auch beim schwarzen Staar dieerblicheAn- lage die Hauptrolle. Zu denGelegenheitsursachen, die man in der Witterung, Fütterung, Verwendung, Pflege und im Aufenthalt findet, und welche vorzüglich dynamisch und mechanisch, selten chemisch den schwarzen Staar erzeugen, gehören vor allen eine grelle Licht¬ einwirkung, wie z. B. in Hellen und heißen Sommertagen; beim Wetterleuchten und Blitzen; im Winter, wenn ringsum alles beschneit und weiß vom Schnee erscheint u. s. w. Besonders aber wirkt das grelle Licht dann höchst nachtheilig, wenn ein plötzlicher Übergang aus einem dunkeln Aufenthalte in das Helle Sonnenlicht stattfindet; daher sind finstere und dunstige Stallung en für dieAugen derThiere so nachtheilig, daher leiden die gemeinen Pferde so häufig an Augen¬ übeln aller Art, wenn sie fortwährend aus einem Ertrem in das andere kommen. Das grelleLicht aber erschöpft, wenn es als Lebensbedingung für das Auge, zu stürmisch auf dasselbe einwirkt, oft plötzlich die Nervenkraft und lähmt das Auge, bevor es noch zur entzündlichen Reak¬ tion kommen kann, so wie ein Schnitt in das Rückenmark das Thier plötzlich lähmt und tödtet, oder eine kohlensaure Luft eingeathmet, schnelle Erstickung bewirkt, bevor es noch zu einer Lungenentzündung kommt. Meistens aber entstehen bedeutende C o n g e stionen zum Sehenerven oder Gehirn, ja selbst Entzündung, wobei durch den Druck des in größerer Menge herbeiströmenden Blutes auf die Basis des Gehirns und auf den Sehenerven, Lähmung desselben und der schwarze Staar entsteht. — Eine andere Ursache können auch mechanische Verle- 119 tzungen seyn, die eine heftige Erschütterung des Augapfels, oder des Gehirns und des Sehenerven bewirken, und so entweder unmittelbar und plötzlich, oder mittelbar durch vorausgegangene Blutcongestionen, Blutertravasate u. s. w. die Lähmung des Sehenerven verursachen. Fer¬ ner: öftereundbedeutendeÜbersüllungen des Bauches mit vie¬ len oder blähenden Futterstoffen, angehäuftem Mist, vielen Eingeweide¬ würmern nach der Meinung einiger Thierärzte u. s. w., wodurch Conge- stions zum Gehirn, und in Folge deren der schwarze Staar entsteht. Auch ein häufiger Genuß betäubender G iftpfl a nz en, wiesle bei der Gehirnentzündung angegeben wurden, wird als Ursache des schwarzen Staares beschuldigt, weil diesePslanzenbedeutendeBlutcongestionen zum Gehirn, und dadurch entweder allgemeine Lähmung des Gehirns oder zuweilen nur des Sehenerven erzeugen. Doch ist hier zu bemerken, daß alle diese Stoffe aufs Pferd, nur in großer Menge genossen, nachtheilig einwirken und diese wohl nur von ausgehungerten Thieren gefressen, sonst aber gewöhnlich verschmäht werden. Eben so können e n g a n li e g e n d e G e schirre, besonders bei anstrengenden Arbeiten im Zuge, die den Rückfluß des Blutes vom Kopfe hindern und da¬ durch Eongestionen zum Gehirn veranlassen, die Ursache des schwarzen Staares werden. Auch Augen en tzün düngen und ihre Übergänge, besonders wenn sie in der Netzhaut ihren Sitz haben, können, wie dieß die Monatblindheit beweist, den schwarzen Staar erzeugen. Endlich können alle Gelegenheitsursachen, z. B. Verkühlungu. s. w., wenn sie Blutcong estion, Entzündung oder ihre Übergänge, z. B. in blutige, wässerige, lymphatische Ergießungen im Gehirn be¬ wirken, in so fern den schwarzen Staar veranlassen, als sich dieKrank- heitsproducte in der Nähe der S e h e hü g el vorfinden, und durch ihren Druck auf dieselben Lähmung des Sehenerven erzeugen; daher ist es z. B. nichts seltenes, daß der Koller den schwarzen Staar zur Folge hat, weil es bekannt ist, daß kollerische Pferde, deren Gehirn krank ist, alle fünf Sinne mehr oder weniger verlieren; sie fühlen und empfin¬ den nicht gehörig, sie hören nicht gut, sie riechen und schme¬ cken nicht wie im gesunden Zustand, und sehen schlecht oder gar nicht. — Die nächste Ursache des schwarzen StaarsistdieVerletzung des Sehenerven durch oben angegebene Ursache, in Folge deren die normale Verrichtung des Seheorganes auf einem oder beiden Augen aufgehoben wird. Die Prognose beim schwarzen Staar ist wegen der schwierigen, meistens unmöglichen Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung, in der Regel u n gü n st i g ; gelungene Euren des schwarzen Staares ge¬ hören zu Ausnahmen. Nur dort, wo das Übel noch neu, durch ent- 120 fernbare Gclcgcnheitsursachen entstanden und durch Blntcongc- stion bedingt ist, kann man einige, wenn auch geringe Hoffnung zur Heilung haben; in allen andern Fällen ist der schwarze Staar unheilbar. Therapie. In eine Behandlung des schwarzen Staares soll man sich nur damals, wenn ein frischer C o n g cstio nszu stand die Ursache des Leidens wäre, einlassen; denn hier ist durch Entfernung des Krankheitsproductes, Blut, noch Heilung möglich. Das erste istdanndieEntfernungder Gel eg enheits Ursache, z. B. der grellen Lichteinwirkung, großer Hitze, enger Geschirre, Bauch- überfüllnug n. s. w. in Verbindung mit der vierten Heilbedingung. Darauf sorge man für die Entfernung und Ableitung des Blutes vom Kopfe durch tüchtige Aderlässe; Purgirmittel (Salz oder Atoll); kalte Umschläge über Kopf und Auge; revel- lir e n d e E i n r e i b u n g e n in die Hinterschenkel; E iterbä n d erhin¬ ter die Ohren oder an den Kinnbacken; r e i z e n d e K ly st i e r e; Fut¬ terabbruch; und verfahre ganz so, wie bei entzündlichen Gehirn¬ leiden. Geht es mit dieser Behandlung nicht, dann ist es ein Beweis, daß andere Krankheitsproducte da sind, die durch keine Knnsthülfe mehr entfernt werden können, oder daß das kranke Organ (Sehenerve) so bedeutend durch Lähmung leide, daß zur Umstimmung desselben, die bloße Erfüllung der zweiten Heilbedingung nicht mehr hinreicht. Da hilft dann kein Waschen des Anges mit aromatischen Kräutern, Weingeist, Kampher oder Salmiakgeist, keine Augensalbe, kein Haarseil, keine Electricität, kein Nervenmittel innerlich gegeben, ob es Arniča oder Baldrian, Krähenaugen oder Hirschhornöl, Salmiakgeist vdcrZinkblu- mcn u. dgl. sind; denn vo l lko mm e ne und dazu noch alte Läh¬ mungen bleiben ans immer unheilbar. Das Thier kann deswegen gesund fortleben, allein die Verwendung ist beeinträchtigt, und die¬ selbe nur in Gesellschaft eines sehenden Thteres gefahrlos. Der schwarze Staar ist ans allen diesen Gründen ein H auptfehlcr und die Ge¬ währszeit dreißig Tage, wenn auch der Staar nur erst an einem Auge zugegen ist, weil nach vielfachen Erfahrungen mit Grund zu erwarten steht, daß er auch auf dem andern bald nachfolgen werde. Vierte Abtheilung. Krankheiten der Ohren. -4^ie Krankheiten der Ohren sind beim Pferde selten; daher sind sie auch selten ein Gegenstand der Behandlung für den Thierarzt, daher steht auch die Pathologie und Therapie der Ohrenkrankheiten, in Vergleich mit andern Leiden, im Hintergründe. Obgleich diese seltenen Krankheitszustände größtenteils noch in die Veterinärchirurgie gehören, wollen wir doch eine dem Zwecke dieser Schrift entsprechende Abhandlung darüber geben. So wie das Ohr in das äußere und innere abgetheilt wird, so zerfallen auch alle Krankheiten desselben in Krankhei¬ ten des äußern und inner» Ohres. Sowohl bei den äußern als auch innern Ohrkrankheiten kann entweder vorzüglich ihre bildende, oder bewegende, oder em¬ pfindende Lebensseite leiden, denn Jedermann kennt den wun¬ dervollen, so complicirten Bau des Gehörorgans; Jedermann ist die rege Muskel- oder bewegende Kraft sowohl am äußern, als innern Ohr bekannt, so wie der empfindende Nervenappa¬ rat, welcher ihm vom Gehirne zukommt. Alle diese einzelnen Organe — auch die tief verborgenen — kön¬ nen von Krankheiten ergriffen werden, deren Erkenntniß aber desto schwieriger oder ganz unmöglich wird, je mehr diese Organe der un¬ mittelbaren Anschauung des Thierarztes entzogen sind. Doch weiset auch hier die Erfahrung die B l utcon gesti on, Entzündung und ihre Übergänge als stattfindende Grundleiden aus. Nie vergessen aber darf der Thierarzt, daß das äußere und innere Ohr seine Bewegungs-und Empfindungsnerven vom Gehirne bekommt, daß daher Krankheiten des Gehirnes an den Stellen, wo die zum Ohre gehenden Nerven entspringen, die Verrichtungen dieser Ner¬ ven stören oder ganz anfheben, daher der Grund der Ohrkrankheiten oft im Gehirne zunächst zu suchen sey, wie dieß schon beim Schlagflnß unter der Rubrik der Schlaglähmungen angegeben wurde. 122 Ohrenentzündung und ihre Übergänge. Der S i tz der Ohrenentzündung ist entweder bloß in den äußern Theilen des Ohres, oder auch im innern Ohre. Gewöhnlich leidet nur ein Ohr, selten beide; der besondere Character der Entzündung ist entweder katarrhalisch, oder rheumatisch, oder beides zugleich. Die Erkenntniß der Ohrenentzündung, zumal der äußern, ist nicht schwer, denn die bekannten Entzündungsmerkmale verrathen ihr Daseyn. Die vermehrte Wärme gibt sich durch das Befühlen des Ohres mit der Hand, oder wenn der Gehörgang entzündet ist, durch die Hitze des letztem zu erkennen, die man beim Einführen des Fin¬ gers in den knorpligen Canal wahrnimmt; — ost fehlt auch eine be¬ deutende Geschwulst nicht, und die Röthe ist vorzüglich an derin- nern haarlosen Fläche der Ohrmuschel bemerkbar; den Schmerz gibt das Thier durch das Niederhalten des Kopfes, besonders auf die kranke Seite, durch die Unruhe mit dem Kopfe, Beuteln desselben u. s. w., oft sogar, wenn der Schmerz heftig wird, durch rasende Bewegungen (wobei jedoch das Bewußtseyn nicht so wie beim Koller fehlt) zu er¬ kennen; befühlt man das Ohr oder führt man einen Finger in dasselbe, so verräth das Thier ungewöhnliche Empfindlichkeit; die gestörte Verrichtung des leidenden Ohres ist ost aus der Unbeweglichkeit des äußern Ohres und vermindertes (Harthörigkeit) oder ganz aufge¬ hobenes Gehör (Taubheit) erkennbar. Hohe Grade der Ohrenentzündung bedingen auch ein mehr oder weniger heftiges Fieber, verlorne Freßlust u. s. w. Unter den Übergängen, die eine nicht zertheilte Ohrenent¬ zündung macht, sind folgende die gewöhnlichen: 1) In Schleimsecretion (Ohrencatarrh), die oft chronisch wird und aus dem ausfließenden Schleim zu erkennen ist; 2) Wasser¬ ergießungin Bläschen und Trennung der Oberhaut, besonders nach dem sinnlosen Ausbrennen der Ohrmuschelhaare; 3) in L p mp h- ausschwitzung und Eiterung, wobei sich Ohrbeulen erzeugen, die mit einer dieser Flüssigkeiten gefüllt sind; 4) in offene O h r m u- schel-Abscesse und Verschwärung, die am häufigsten an der inner» Fläche des Ohres, am Rande oder an der Basis der Ohrmu¬ schel vorkommen, wobei die Verschwärung oft von der Haut in den Knorpel und noch tiefer und weiter greift und den Zustand begründet, der als Ohrkrebs bekannt und durch den Ausfluß eiuer stinkende» Jauche aus dem Ohre ausgezeichnet ist. Jst der Ab s ceß an der äußern Fläche der Ohrmuschel, so kann der Eiter oder die Jauche Fistelgänge 123 gegen die Ohrspeicheldrüse u. s. w. bilden. 5) Brandig es Ab st er¬ ben eines Theils oder der ganzen Ohrmuschel in Folge großer Win¬ terkälte und anderer heftig einwirkender mechanischer, chemischer oder dynamischer Einflüsse, zuweilen als Metastase bei typhösen Leiden, wie wir dieses an dem merkwürdigen, bei der bösartigen Drüse erzählten Falle beobachteten. Die Ursachen, welche Ohrenentzündung und ihre Übergänge ver¬ anlassen , sind u) mechanische: Peitschen- oder Stockschläge, Stöße, das Bremsen der Ohren, Kneipen mit Zangen, Bisse anderer Pferde ins Ohr, Ohrenstutzen, Schnitte in den Knorpel mit der Scheere beim Ausscheeren der Ohrmuschelhaare, in das Ohr eingedrungene fremde Körper, z. B. Sand, Steine, Obstkerne, Jnsecten, im Ohr zurück¬ gehaltenes verhärtetes Ohrenschmalz u. dgl. k) Chemische, ätzende Stoffe ins Ohr gebracht, Verderbnisse des Ohrenschmalzes u. dgl. o) Dynamische: Verkühlungendes erhitzten Kopfes (rheumatische Ohrenentzündung), Erfrieren der Ohren, Anbrenneu derselben beim Ausbrenuen der Ohrmuschelhaare, bei Feuersbrünsten, Übertragung eines Krankheitsstoffes von einem andern Organ ans äußere Ohr, wie bei typhösen, brandigen Leiden u. dgl. Die P r o g n o sebei der Ohrenentzündung des Pferdes ist meistens günstig zu stellen: sie bietet an sich, so lange sie neu ist und das äußere Ohr befällt, keine Gefahr, höchstens kann sie einen Schönheits¬ fehler zur Folge haben; tief greifende, in Verschwärung u. dgl. beste¬ hende Entzündnngsübergänge jedoch sind wegen schwieriger Erfüllung der 2. und 3. Heilbedingung, schwer oder wohl gar unheilbar, was jedoch zum Glück beim Pferde ein ungemein seltener Fall ist. Das brandige Abfallen der Ohrspitzen oder einer größeren Portion dessel¬ ben , ist für sich allein ohne Gefahr für das Leben des Thieres. Therapie. Die Erfüllung der ersten Heilbedingung steht auch hier oben an, daher ist es nothwendig, daß der Thierarzt vor Allem das Ohr aufmerksam untersuche, und die Ursache ausmittle, ob sie eine mechanische, chemische, dynamische, noch fortwirkende oder schon entfernte sey. Steckt ein fremder harter Körper im Gehörgange, so muß derselbe mit einem schicklichen Instrumente, einem sogenannten Ohr¬ löffel oder einem dünnen Zängelchen oder sonst einem zweckmäßig gebogenen Instrumente, damit man hinter den fremden Körper kom¬ me, herausgenommen werden. Hat man es mir einem J u se ctzu thun, wobei das Thier leb¬ hafte Schmerzen fühlt, die es durch Bewegungen des Kopfes zu erken¬ nen gibt, so führt man trockene Wolle vderBaumwolle in Form eines 124 Eylinders in das Ohr ein, damit sich das Jnsect an dasselbe anklammerc und herausgczogen werde; geht cs damit nicht, so tröpflc oder spritze man etwas laues Baumöl oder Milch ins Ohr, worauf, weil das Thier den Kopf schüttelt, um die eingespritzte Flüssigkeit herauszubringcn, oft damit das Jnsect mitkommt. Andere reizende Mittel, z. B. Kamphcröl, Zwiebelsaft, Gewürznelkenöl, Bibergeiltinctur, das acustische Öl von Paris u. dgl. einzuspritzen, ist gefährlich, weil sie zu sehr reizend und sogar entzündend wirke». Ein Klumpen Ohrschmalz, der sich am Ende des Gehörgam ges angehäuft und verhärtet hat, wird durch öfteres Einspritzen von lauem Wasser leicht erweicht. Bei allen diesen Einspritzungen gehe man aber vorsichtig zu Werke, nm die innern Gehörorgane nicht durch einen gewaltsamen Stoß zn reizen und die Entzündung zn vermehren. Sind Verletzungen des äußern Ohres durch Hiebe, Stöße, Bisse, Quetschung u.dgl. die Ursache der Entzündung, dann sind kalte Um- schlüge oder B e g ieß u n g e n an die entzündeteOhrmuschel von außen applicirt, vorzügliche Mittel. Haben diese mechanischen Ursachen auch Trenn» ng en des Zu- saui m e n h a n g e s (Wunden) bewirkt, dann erfordern einfache Haut¬ wunden der Ohrmuschel keine besondereBehaudlung; sieheilen von selbst. Ist aber der Knorpel getrennt und zwar bedeutend, dann bringe man vor allem die Wundränder zusammen, und suche sie in dieser Lage durch Heftpflaster, bis zur Zusammenheilung zu erhalten, oder wenn dieß nicht zu erwarten ist, nähe man den getrennten Knorpel zusammen; welche Nähte auch nothwendig sind^ wenn eine bedeutende Wunde an der Basis der Ohrmuschel und folglich an den dieselbe bewegenden Mus¬ keln vorkäme. Wäre dasAus brenn en der innern Ohrmuschelhaare die Ursache einer bedeutenden Ohrenentzündung, dann ist das Bestreichen der ver¬ brannten Stellen mit einem milden Öl oder mit einem Liniment, bereitet aus 6 Theilen frischem Leinöl und 1 Theil Bleiessig, oder mit der Blei salbe, ein vorzügliches Mittel bei allen Verbrennungen, so auch hier. Wäre die Ohrenentzündung, besonders mehr der innern Gehör¬ organe durch Verkühlung (rheumatische Ohrenentzündung), oder andere Ursache veranlaßt, dann ist ein warmes Verhalten, warme Umschläge, Haarseile oder Eiterbänder hinter den Ohren, und bei heftigen Ohrenent¬ zündungen mit Fieber, großem Schmerz, rasenden Zufällen, sogar Ader¬ lässe mit dem übrigen antiphlogistischen Heilapparat in Anwendung zu bringe». 152 Ist die Ohrenentzündung in Schleimsecretion übergegangen, dann ist fortgesetzte Reinlichkeit mit zeitweisem Einspritzen von lauem Wasser oder Milch, damit die Krankheitsproducte leichter abfließen und nicht im Gehörgang verweilend, zurückwirken, zur Heilung meistens ausreichend. Schickt sich die äußere Ohrenentzündung zurE i te run g an, was man an der Zunahme der schwappenden Ohrbeule bemerkt, so befördere man den Eiterungsproceß durch Wärme, Bestreichen der Beule mit fet- tenÖleu und Salben, z. B. Mercurialsalbe, und eröffne die ganz oder größtentheils weich gewordene Geschwulst mit dem Messer so, daß der Eiter nicht ins Ohr fließe, sondern nach außen entleert werde, was beim geworfenen Thiere leichter, als sonst, bewirkt wird. Duldet das Thier nach der Eröffnung einer Eiterbeule an der innern Ohrmuschelfläche das Einbringen von einem Schwamme, Wolle oder Werg, so gebe man einen Bauschen davon ins Ohr, damit durch sie der aus dem Absceß ausfließende Eiter aufgesogen und verhindert werde ins Ohr zu fließen. Eine sonstige Behandlung mit andern Mitteln ist in solchem Falle nicht nothwendig. Hätte der Absceß oder das Geschwür den Ohrknorpel selbst an¬ gegriffen, dann wird das braunglühende Glüh eisen, womit man zu¬ gängliche jauchige Stellen zerstört und umstimmt, bessere und schnellere Dienste leisten, als alle anderen zusammenziehenden, umstimmenden, ätzen¬ den Mittel. Bei bedeutender Destruktion der Ohrmuschel durch Geschwüi e oder Brand ist die gänzliche Wegnahme der kranken Partie mit dem Messer oder die Amputation vorzunehmcn, die mitunter auch am andern gesunden Ohr auf gleiche Weise geschehen, das Pferd hiermit förmlich gemäuselt werden müßte, damit das einseitige Ohrstutzen keinen zu auffallenden Schönheitsfehler gibt. Beim chronischen Ohrrinnen oder bei Ohrflüssen, wobei eine stinkende Jauche mehr aus dem Innern des Ohres kommt, werden das Krankheitsproduct und die krankhaft producireuden Organe umstim¬ mende Mitteleingespritzt, z. B. aromatische Kräuterwässer mit Bleiessig, Zinkvitriol u. dgl., oder Kalkwasser, Chlorkalkauflösung u. dgl. Treffen dergleichen Krankheitsprocesse die innern Gehörtheile, dann steht es mit der Heilung, wegen Nichterfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung, schlecht. Daß Lähmungen des einen oder andern äußern Ohres oder beider zugleich, durch örtliche Ursache, gewöhnlicher aber in Folge von G e h ir n k r a n k h e it c n als Schlaglähmungen beim Pferde zuweilen vorkommen, ist schon, so wie die Erkenntniß und Behandlung beim Schlagfluß, Seite 52 und 55 angegeben worden, daher wir, um unuöthige Wiederholungen zu vermeiden, dorthin verweisen und hier nur 12« so viel bemerken, daß dergleichen Ohrlähmungen in der Regel un¬ heilbar bleiben. Von etwaigen Bildungsfehlern der Ohren, zumal den an- gebornen, kann, da sie kein Gegenstand thierärztlicher Behandlung sind, hier keine Rede seyn. Nur eines Krankheitszustandes nämlich der Schw e r Hörigkeit und Taubh eit müssen wir noch Erwähnung machen, welche bei Pferden nur dann zu erkeunen sind, wenn sie vollkommen sind, d. h. wenn das Thier auf beiden Ohren nichts hört, und daraus zu erkennen ist, daß ein solches Pferd auch bei den stärksten Tönen die Ohren nicht wie ein hörendes bewegt, den Kopf nicht nach der Seite dreht, woher der Schall kommt und weder — bei sonstiger Empfindlichkeit — durch die Stimme seines Führers, noch durch den Peitschenknall angeregt wird. Vollkommen taube Pferde können, wie schon bei der Stätigkeit angeführt wurde, leicht scheu werden, wenn ein Gegenstand, dessen Annäherung sie vorher nicht gehört haben, nun plötzlich vor ihrem Gesichte steht. Ist die Taubheit einseitig, d. h. nur an einem Ohr, dann ist die Erkenntniß schwer, ein solcher Zustand aber auch von keinem Belange. Die Ursachen der Taubheit können vielfältig seyn: alles was die Fvrtleitung der Schallstrahlen zum Gehörnerven und dieVerrichtung des letztem hemmt oder aufhebt, kann die Schuld der Taubheit seyn, z. B. angeborne Bildungsfehler in den innern Gehörorganen, acute oder chro¬ nische Entzündung derselben, starke Blutcongestionen zum Gehörnerven oder Gehirn oder verlängerten Mark (Varolsbrücke), wo der Gehörner¬ ven entspringt; Lähmung des Gehörnervens oder des Gehirns selbst; Verschließung des Gehörganges, Zerreißung, Erschlaffung, Verdickung des Trommelfells, krankhafte Änderungen im Bau und Lage der Gehör¬ knöchelchen ; der sie bewegenden Muskeln, der innern Öffnungen und Canäle; der Flüssigkeiten im Labyrinthe, der Eustachischen Ohrtrompete u. s. w.; deren sichere Ausmittelung meistens zu den Unmöglichkeiten ge¬ hört. Daher ist auch in solchen Fällen die Taubheit in der Regel unheil¬ bar, und könnte nur in jenen Fällen, wo ein frischer Congestions-oder Entzündungszustand des Ohres oder Gehirns die Taubheit veranlaßt, durch cntzündungswidrige Mittel, als revellirende Eiterbänder hinter den Ohren, Purgirmittel, Blutentleerungen, Beschränkung der Diät, Abhaltung heftiger Geräusche u. dgl., mit Erfolg behandelt werden. Fünfte Abtheilung. Krankheiten der Athmungswerkzeuge, ak der Rase, Luftröhre und Lunge. i. S t r e n g e l. Unter Strengel (beim Menschen Schnupfen oder Strau¬ chen genannt) versteht man eine Entzündung, die ihren Sitz in den N a se n s chl e i m häu t e n hat, und gewöhnlich zu Schlei m s e- cretionen führt. Der Strengel ist daher eine katarrhalische Nasenschleimhautentzündung, und heißt mit einem Worte auch Nasencatarrh. —Diese Nasenschleimhaut ist der gewöhnliche Sitz des Strengels; da jedoch die Nasenhöhlen mit den Nebenhöhlen der Nase, mit den Lustsäcken und mit den Stirnschleimhöhlen in naher Verbindung stehen, so ist leicht begreiflich, daß auch häufig die Schleim¬ häute dieser Gebilde gleichzeitig entzündet werden und auch diese Affec- tionen unter dem Titel Str eng el Vorkommen. Nebst den genannten Gebilden sind zwar auch die Bindehaut des Auges durch den Thränen- canal, die Schleimhaut des Schlundkopfes durch die zwei obern Nasen¬ öffnungen, vorzüglich aber die Luftröhre als Fortsetzung der Luft¬ wege, in inniger Verbindung mit den Nasenhöhlen und deßhalb nicht sel¬ ten mitleidend; allein die Entzündung der Bindehaut, des Schlundkopfes, der Luftröhre gehört nicht dem Strengel zu, der seinen Sitz vorzugsweise nur in denNasenhöhlen hat. Die Augenentzündung, die Halsent¬ zündung u. s. w. sind dann nur Complicationen (eigentlich Kompo¬ sitionen) mit dem Strengel zu nennen. Eben so erhält die Entzündung der Nasenschleimhäute, wenn sie mit Anschwellungen der lymphatischen Drüsen im Kehlgange verbunden ist, nicht mehr den Namen Strengel, sondern Drüse. Das Grundleiden beim Strengel ist catar rhal i sche Ent¬ zündung und ihr Übergang in krankhaft vermehrte und veränderte Schleimsecretion. Zwar macht die Entzündung der Nasenschleim¬ häute leider nur zu häufig auch Übergänge s chl i mm e rer Art, worun¬ ter die Verschwärung oben an steht, allein dann entstehen die gefürchteten j 28 Krankheiten, die nicht mehr Strengel, sondern verdächtige Drüse, bösartige Drüse, Rotz heißen. Die Erkenntniß des Strengels ist sehr leicht; denn die leidenden Theile und die Krankheitsproductestehen der sinnlichen Beschauung offen da, und die fünf Entzündungsmerkmale sammt dem ausfließ endenSchleim werden den Strenge! leicht erkennen lassen. Die Nasenschleimhäute sind daher höher geröthet, mehr oder weniger angeschwollen, wär¬ mer anzufühlen, schmerzhaft gereizt (daher das öftere A u s b r a Il¬ sen der Thiere) und ihre Verrichtung gestört, denn der freie Durchgang der Luft wird durch die Anschwellung oft so bedeutend ge¬ hindert, daß das Athmen schnaufend wird; auch die gesunde Schleimabsonderung ist in allem Anfang der Entzündung ganz aufgehoben, daher die Nase trocken erscheint, später aber, beim Über¬ gang der Entzündung, ist jene krankhaft vermehrt und verändert, denn es fließt viel eines anfangs dünnem, dann dicklicheren, zähen, weißen oder gelblich weißen, gleichförmig konsistenten, geruchlosen, meistens milden Schleimes aus beiden Nasenlöchern heraus; endlich ist gewiß auch der Geruch des Thieres durch dieses Leiden beeinträchtigt, weil die Nase der Sitz dieses Sinnes ist. Außer diesen Erscheinungen bietet der Strengel für sich, ohne Verbindung mit andern Leid en, gewöhnlich nichts Krankhaf¬ tes dar, ausgenommenes ist die Entzündung sehr heftig, in Folge deren sich, was aber beim Strengel selten ist, ein Fieber entwickelt mit seineil gewöhnlichen Begleitern: Traurigkeit, Mattigkeit, verlorner Freßlust, vermehrtem Durst, Frostschauder, Hitze des Körpers u. s. w. Breitet sich aber die Entzündung der Nasenschleimhäute weiter aus, z. B. über die Bindehaut des Anges, durch die Stirnschleimhäute auf die Ge¬ hirnhäute, auf die Luftröhre u. s. w., dann treten natürlich alle, die¬ sen Leiden zukommende Krankheitserscheinungen ans, die aber nicht mehr dem Strengelangehören. — Die D au er des Strengels ist 7, 10 oder 14 Tage, und heißt dann acuter Strengel; dauert der Ausfluß viel länger, so wird wegen der langwierigen Schleimsecretion die Sache in so fern bedenklich, als dergleichen chronische Nasenausflüsse (chro¬ nischer Strengel genannt) meistens zu bedenklichen und verdäch¬ tigen Drüsenleiden führen. Ursachen. Über die vorbereitenden Ursachen zum Streugel läßt sich nichts mit Gewißheit behaupten; jugendliches Alter, Zahn¬ wechsel, Abstammung u. s. w. werden beschuldigt. Zu den Gele¬ genheitsursachen gehören: mechanische und chemische, z. B. viel Staub, scharfe, reizende Dämpfe, sehr heiße Luft und Rauch wie bei Feuersbrünsten, durch die Nase eingegoffene reizende Arzneimittel, am 129 häufigsten aber dynamisch durch Verkühlung, die Nasenschleim- Häute verletzende Schädlichkeiten. Verk ühlun g, besonders bet rauher und veränderlicher Frühjahr- und Herbstwitterung ist wohl die gewöhn¬ lichste Ursache; doch können auch mias matisch e Einflüsse und aus¬ nahmsweise selbst A n st e cku n g durch einen krankhaften thierischwarmen Nasenschleim anderer Pferde, den Strengel erzeugen. —Die nächste Ursache des Strengels liegt in der Verletzung der Nasenschleimhäute durch erstgenannte Gelegenheitsursachen, worauf sich eine Entzündung und vermehrte Schleimsecretion einstellt, um die Gelegenheitsursachen zu entfernen und die Verletzung auszugleichen. Auch hier zeigt sich wie¬ der die Entzündung und vermehrte Schleimsecretion als wohlthätiges Heilbestreben der Natur im schönsten Lichte, denn was ist das Ausbrau¬ sen, Niesen und der vermehrte Nasenausfluß anders, als das Bemühen der Natur, die an die Nasenschleimhaut angelangten Schädlichkeiten zu entfernen? Die Prognose ist beim Strengel, so lange er in Entzündung und kurzdauernder Schleimsecretion besteht, sehr günstig zu stellen, weil die Erfüllung der Heilbedingungen sehr leicht möglich ist, indem man zu dem kranken Organ mit der Hülfeleistung unmittelbar gelangen kann. Nicht selten kann der Strengel durch ein warmes Verhalten ohne alle sonstige Arzneimittel geheilt werden. Damit soll aber nicht behauptet werden, daß der Strengel niemals Gefahr bringen könnte; denn wird die Schleimsecretion chronisch (chronischer Strengel) und ist der Sitz dieser Schleimsecretion in den Nebenhöhlen, Stirnschleimhöhlen, Lustsäcken, dann kann der Schleim, als Krankheitsproduct, nicht leicht abfließen, verdirbt daselbst, wirkt entzündend zurück und macht bedenk¬ liche und verdächtige Drüsen und Rotz. Demnach ist der Strengel, ob¬ gleich er oft sehr leicht und ohne Kunsthülfe heilbar ist, niemals für ganz gefahrlos zu halten, aus erst angegebenen Gründen. Die B e h a n d l u n g des Strengels ist oft mit der Erfüllung der ersten und vierten Heilbedingnng abgethan. Hauptsache ist daher ein warmer Aufenthalt, gute Bedeckung, gute Streue, nicht kaltes Getränk: alles nur diätetische Heilmittel! Bei warmer hei¬ terer Witterung wäre der W e idegang zuträglich; sonstige Verwendung aber zum Zuge n. dgl. dürfte nur sehr mäßig stattfinden, und nie¬ mals bei ungünstiger, kühler, feuchter, rauher Witterung, denn durch diese Witterungseinflüffe und vernachlässigte ärztliche Pflege kann der gutartigste Strengel langwierig, bedenklich werden und in der Folge selbst zu den schlimmsten Drüsenleiden führen. Zu den arznetlichenHeil- mitteln gehören: ein paarmal wiederholte Frottirungen der Haut, um die etwa gestörte Hautausdünstung herzustellen, und Dunstbäder Bleiweis Heils erf. 6. Aust. S 130 aus gewöhnlichen, in einen passenden Sack gefüllten Säge span en oder sch l e i m i g e n Wurzelpulvern oder Kräutern bereitet, über die man heißes Wasser gießt und dann diesen Dunstsack so dem Thieremn die Nase anbindet, daß es sich das Maul nicht dadurch aubrühet und die Dünste leicht in die Nasenöffnung steigen. Diese Dunstbäder, die man des Tages drei- bis viermal, etwa durch eine ; bis ; Stunde an¬ wendet, sind nur durch die warmen Wasserdüuste heilsam, weil sie die entzündliche Spannung der Nasenschleimhäute mildern und erweichen, und durch die Verflüssigung des kranken Schleims zu dessen leichtern Ent¬ fernung aus der Nase beitragen, somit die zweite und dritte Heilbedin¬ gung besser als jedes andere Mittel erfüllen. Andere oder innerliche Mit¬ tel erfordert der Strengel für sich allein nicht; sollte man, um die Eigen- thümer zu befriedigen, dennoch innerlich etwas geben, so wäre z. B. Bittersalz 4 Loth, Wachholderbeeren 2 Loth, Goldschwe¬ fel 1 Quintl als Latwerg einmal des Tages das passendste Mittel; Bit¬ tersalz erhält die Freßlust, Wachholder und Goldschwefel wirken aufdie Hautausdünstung und sind gegen Schleimsecretionen der Luftwege zu¬ träglich. Mit den Dunstbädern und dieser Latwerge wird so lange fort¬ gefahren, bis die krankhafte Schleimabsonderung anfhört. — Wird der Ausfluß chronisch, so ist die Behandlung dann so einzuleiten, wie sie bei der bedenklichen Drüse u. s. w. angegeben werden wird. Cvmpliciren sich mit dem Strengel andere obangegebene Leiden, so ist die hier paffende Behandlung bei diesen Leiden einzusehen. 2 Drüsenkra nkh eiten. Der Strengel hört auf, Strengel zu heißen, wenn nebst dem Leiden der Nasenschleimhäute auch die Lymph d rüsen des Kehlganges oder der nachbarlichen Gebilde erkranken und anschwellen, und bekommt dann den Namen Drüse oder Druse. Ja selbst dann, wenn die Schleim- secrction in der Nase chronisch wird, oder Geschwüre in den Nasenhöh¬ len sich bilden, wenn auch iu seltenen Fällen die Kchlgangsdrüsen nicht ergriffen sind, heißt die Krankheit nicht mehr Streugel, sondern be¬ t' enklicher oder verd ächtiger Nasenausfluß und R otz. Die Drüsenkrankheiten sind daher catarrhalisch-lpmpha- t i sch e Leiden zu nennen, die vorzüglich nur dem Pferde und Pferd¬ geschlechte (Esel, Maulesel, Maulthier u. s. w.) eigenthümlich sind, in der Regel nur bei diesem einen bedenklichen, verdächtigen, bösartigen und Rotzcharakter annehmcn, und vorzüglich nur unter dem Pferde- 131 geschlechte ansteckend sind, auf andere Thiergattungen übertragen, aber nicht oder höchst selten ansteckend einwirken. Es ist also die Drüsenkrankheit als eine ganz besondere Krank¬ heit des Pferdes zu betrachten, an der andere Thiergattungen selten und niemals unter der bedenklichen oder verdächtigen Form der Drüse oder des Rotzes leiden. Fragt man um den Grund, woher es komme, daß denn nur das Pferd und seine Gattungsverwandten diesen so bösarti¬ gen Übeln unterliegen, so lautet die gewöhnliche Antwort: dasLy mp h- systcm ist bei keiner an d ernTH ierg attu ng so ausgebil¬ det, so thätig, so em pfindlichund daher so leicht ver¬ letzbar als beim Pferde, bei dem man zuerst die Lymphgefäße entdeckt und deutlich gesehen haben soll. Wir geben zu, daß darin die Ursache der Drüsen-Krankheiten liege, allein damit ist nur die Ne¬ bensache erklärt; denn die Drüsenanschwellungen sind nicht das Ge¬ fährliche dieser Krankheit, sondern in der Schleimhaut der Nasenhöhlen n. s. w. steckt der gefürchtete Feind, wie es die weitere Untersuchung zei¬ gen wird. Der viel wichtigere Grund der bedenklichen, verdächtigen Drüse und Rotz scheint daher in dem cigenthümlichen, viel mehr complicirten Bau der Nebenhöhlen der Nase bei den Pferden zu liegen, in denen der abgesonderte Schleim eingeschlossen verweilen muß, weil er ans den¬ selben nicht so leicht, als bei andern Thiergattungen ausfließen kann, sondern dort verweilt, als Krankheitsproduct immer auf die Schleim¬ häute reizend zurückwirkt, die chronische Entzündung und Schleimsecre- tion unterhält, daselbst verdirbt, scharf und ätzend wird und so durch Entzündung Geschwüre erzeugt. Es scheint demnach in der schweren Erfüllung der zweiten Heilbedingung die vorzüglichste Ursache dieser bei Pferden so gefährlichen Krankheit zu liegen, und in dem empfindlichem Lymphsysteme nur der Grund der weniger gefährlichen Lymphdrüsenan- schwellungen, als dem secundären Leiden, zu suchen zu seyn. Dennoch wollen wir uns nicht anmaßen, als die einzigen Ursachen dieser gefährli¬ chen Pferdekrankheiten den Bau der Kopfhöhlen und die Em¬ pfindlich ke it d es Lymph d rüsen sy st em s zu beschuldigen, denn dieß genügt noch bei weitem nicht, die Drüsenleiden in allen Beziehungen zu erklären. Was wird man z. B. antworten, wenn man fragen würde: Das Rotzgift vom Pferde wird auf die Nasenschleimhaut des Pferdes 3 thierischwarm übertragen, und erzeugt daselbst in kurzer Zeit ein Rotzgeschwür, — das nämliche Rotzgift vom Pferde wird aber auch eurem Ochsen aus die nämliche Art in die Nase geschmiert, allein es er¬ zeugt bei diesem kein Rvtzgeschwür? Worin liegt nun die eigentliche Ur¬ sache der Ansteckung, da doch der Anstecknngsstofs überall der nämliche war? Die Nebenhöhlen der Nase und des Lymphsystems haben zudieser 9 ' 132 örtlichen Geschwürbildung nichts beigetragen; es muß also in der Schleimhaut der Nase der eigentliche Grund liegen, warum ein und derselbeAnsteckungsstoffbeim Ochsen kein Geschwür in der Schleim¬ haut, beim Pferd hingegen Rotzgeschwüre erzeugt. Worin aber die be¬ sondere Organisation der Pferdnasenschleimhäute und auch des übrigen Pferdkörpers liege, was ihn zu dieser Krankheit geneigt macht, wissen wirnichtanzugebe», und bezeichnen es nur mit der allgemeinen, freilich wenig erklärenden Benennung: Gattungsanlage. Vor allem ist zu bemerken, daß die Lymphdrüsen im Kehlgange und überhaupt alle lymphatischen Drüsen nur dann erkranken, wenn die Lymphgefäße krankhaft beschaffene Stoffe aufge- nommenundzu den Drüsen gebracht haben, wodurch diese verletzt, in Entzündung verfallen, die, wenn sie nicht zertheilt wird, dann Übergänge in Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe, Vereiterung, Verhärtung, seltener in Verseh w ärun g bil¬ det. Es muß daher den Drüsenanschwellungen des Kehlganges immer ein anderes Localleiden, vorzüglich der Nasenschleimhäute, v o r a u s ge- h en, welches bei der gutartigen und bedenklichen Drüse in kranken Schleimsecretionen, bei der verdächtigen Drüse und Rotz in Verschwä¬ rung besteht und als das Stamm leid en oder die Quelle der Drüsenanschwellungen zu betrachten ist. Die Krankheitsprocesse in der Nase sind daher das Erstleiden (primäres Leiden); die Krankheits¬ processe in den Kehlgangsdrüsen sind das Folgeleiden (secnndäres Leiden); jeder Kehlgangsdrüsenanschwellung muß daher ein Entzün- dnngsübergang in den Nasenschleimhäuten vorausgegangen seyn, die in ihrer Schleimhaut sehr viele oberflächlich gelagerte Lymphgefäße besitze», die zu den Kehlgangsdrüsen verlaufen und durch diese ihren Lauf weiter fortsetzen. Dieß ist die einzig wahre Erklärungsart der Entstehung der ange¬ führten Kehlgangsdrüsenleiden, denn die Anatomie lehrt uns diese Entstehung und Verbindung der Lymphgefäße mit den Drüsen; die PHy siolo gie lehrt uns die Verrichtungen der Lymphgefäße und Drü¬ sen; und die Pathologie zeigt uns sonnenklar, wie nur immer nach vorausgegange neu Nasenleiden diese Drüsenkrankheiten entstehen. Es ist zwar wahr, daß nicht jeder Nasenausfluß gleich Drüsenanschwellungen erzeugt, allein diese Thatsache kann unsere Be¬ hauptung nicht umstoßeu; denn nicht jeder Ausfluß ist gleich beschaffen und dann sind ja die Lymphdrüsen keine todtcn Behältnisse, sie verarbei¬ ten (affimiliren) nicht selten ganz fremdartige Stoffe und erkranken nur dann, wenn ihre affimilirende Kraft nicht mehr hiuricht, Meister der¬ selben zu werden. Man kann die Lymphdrüsen kleine Mägen nennen 133 und fragen, ob denn nicht auch der Magen ost offenbar nachtheilige Futter- und andere Stoffe bekommt, die er trotz dem verdaut, und durch seine Verdauungskraft unschädlich macht, daher nicht immer da¬ von erkrankt. So ist es auch mit den Lymphdrüsen der Fall. Es wird daher kein gebildeter, mit den neuern Entdeckungen der Physiologie und Pathologie Vorwärtsschreitender Thierarzt eine andere Erklärungsart der Drüsen¬ leiden als die wahre annehmen können; denn die unsrige ist so einleuch¬ tend und so einfach, daß man dazu keiner Ablagerung von Fieberreizen u. dgl. bedarf, die noch Niemand gesehen und Halbwegs wahrscheinlich beschrieben hat, und die gewöhnlich bei den Drüsenleiden auch nicht vor¬ handen seyn können, weil häufig kein Fieber zugegen ist, dagegen aber immer der Drüsenanschwellung ein Ausfluß vorausgeht. Mir kom¬ men die Fieberreize vor, wie die Gespenster in den alten Zeiten; von beiden hat man viel gesprochen und hat sich viel gefürchtet, und doch hat man nichts von beiden wirklich gesehen! Diese etwas weitläufigere Erklärung hielt ich für nothwendig, da¬ mit man klar einsehe, worin dieses so häufig vorkommende catarrhalische lymphatische Leiden zunächst liege, und worauf man bei der Behandlung desselben vorzüglich Rücksicht haben müsse. Wir nehmen im Ganzen 5 Arten oder besser gesagt 5 Grada¬ tionen der Drüsenleiden an, als 1) gutartige, 2) bös artige, 3) bedenkliche, 4) verdächtige Drüse, 5) den Rotz. Alle diese Benennungen zeigen die leichtere oder schwierige, oder ganz unmögliche Erfüllung der nöthigen Heilbedingungen an. Um aber leicht zur sicheren Erkenntnis dieser 5 Drüsenleiden zu gelangen, geben wir 6 Pnncte an, auf die man, so oft ein drüsenkrankes Pferd zur Untersuchung oder Be¬ handlung vorgeführt wird, immer Rücksicht nehmen muß; wir nennen sie deßhalb Drüsen-Fra g en. 1) Wie sind die Nasenschlei mhäute beschaffen? 2) Wie ist der Na senans flnß beschaffen? 3) Wie sind die Kehlgangsdrüsen beschaffen? 4) Ist Fieber zugegen oder nicht? 5) Wie lange dauert das Leiden? 6) Wie ist der Erfolg einer schon etwa angcwendekcn Be¬ handlung? Diese sechs Fragen sind es, die sich der Thierarzt bei der Untersu¬ chung jedes Drüsenleidens stellen muß; hat er diese vollständig beant¬ wortet, dann kann er mit Sicherheit seinen Ausspruch machen, denn er hat das Leiden erkannt. Diese 6 Puncte werden auch der Leitfaden für unsere weitere Untersuchung seyn. Hierbei muß zugleich auf einen prac- 134 tischen, für alle Drüsenfälle gültigen, Handgriff aufmerksam gemacht werden, und das ist: die Nasenschleimhänte nicht bloß mit den Augen zu besichtigen, sondern sic mit einem Finger der Hant, am be¬ sten mit dem Zeigefinger zu untersuchen, den man flach angelegt, so weit als möglich an der Scheidewand hinaufführt, um sich von der Ganzheit, Auftreibung oder Verschwörunng der Nasenschleimhänte zu über¬ zeugen. u) Gutartige Drüse. Bei der gutartigen Drüse sind: 1) die Schleimhäute der Nase in der ganzen Ausbreitung gleichförmig höher geröthet als im gesunden Zustande; sie sind mehr oder weniger angeschwollcn nnd wärmer anzufühlen. 2) Der Ausfluß ist gewöhnlich aus beiden Nasenlöchern, von gleicherBeschaffenheit, anfangs etwas fl üs- siger, dann dicklich, gelblich, oder ganz weiß, geruchlos, mild, bleibt um die Nasenlöcher nicht schmierig kleben, sondern ver¬ trocknet an der Luft. 3) Die Kehlgangsdrüsen sind mehr oder we¬ niger angeschwollen, schmerzhaft, beim Berühren wärmer anzufühlen, locker und beweglich (im Anfänge), hart, fest nnd gespannt (in der Folge durch ausgcschwitzte Lymphe) oder weich nnd schwappend (bei der Eiterung). 4) Fieber ist bei höherm Grade oder Ausbreitung der Entzündung zugegen, bei geringerem Grade ist die gutartige Drüse fieberlos. 5) Die Dauer der gutartigen Drüse geht nicht leicht über 14 Tage; die Zertheilung gelingtoft früher, die Eiterung aber braucht, bis die Eiterbeule wieder vernarbt ist, etwas längere Zeit. 6) Der Erfolg zweckmäßiger Behandlung ist bei der gutartigen Drüse immer günstig, denn ist er's nicht, so verdient sie nicht mehr den Namen der gutartigen Drüse. Dieß sind die wesentlichen Krankheitserscheinungen und Merkmale der gutartigen Drüse, woraus es hervorgeht, daß die gutartige Drüse vorzugsweise durch die entzündlichenEr schein ungen ausgezeich¬ net ist. Schon beim Strengel ist bemerkt worden, daß sich die Entzün¬ d' n n g der Nasenschleimhänte auch noch weiter verbreiten könne, wodurch dann verschiedene C om plica ti o nen der gutartigen Drüse mit Am genentzündung, Halsentzündung u. s. w. entstehen, aber nicht wcsent lich zum Drüsenleiden gehören. Das Grün dieiden inden Kehlgangsdrüsen ist Entzündung, dann Ausschwitzung g e r i n n b a r e r Ly m p he, Eiterung, zu¬ weilen auch Verhärtung. In Folge dieses en tz ü n d lichen Grund¬ leidens, wenn es in höherm Grade zugegen ist, entwickelt sich auch ein gewöhnlich gelindes Fi e bermit seinen gewöhnlichen Begleitern, welches 135 daher nur ein Folgeleiden der Localaffection darstellt, nicht aber die Ursache derselben ich Ursachen. Es ist schon oben bemerkt worden, daß znr Drüse nur das Pferdegeschlecht eine vorzügliche Anlage besitze; es erzeugen sich zwar auch bei andern Thiergattungen in Folge katarrhalischer Entzün¬ dungen der Nasenschleimhäute, Anschwellungen der Kehlgangsdrüsen, allein das ganze Leiden bei diesen Thiergattungen bleibt ein gutartiges, welches nie bedenklich, verdächtig oder rotzartig wird. Unter den Pferden aberhaben besonders junge Thiere oder Folien die größte Anlage zur Drüse, wahrscheinlich deßwegen, weil die H aut junger Thiere noch zarter und schwächer organisirt ist und die Hautausdünstung bei ihnen am lebhaftesten vor sich geht, daher am leichtesten gestört werden kann, um so mehr, wenn junge Thiere vorher wärmer gehalten werden, und dann ins andere Extrem (Kälte) übergehen; wenn sie z. B. auf die Weide kommen, dort kälteres Futter und Getränk genießen und den rauhen Witterungseinflüssen ausgesetzt werden, wie dieß vorzüglich in Gestritten der Fall ist, wo dann die Drüse gleichsam seuchenartig austritt. Zuwei¬ len erscheint dieses catarrhalisch-lymphatische Leiden als eine über die Pferde mehrerer Länder ausgebreitete Epiz ovtie, bald mehr gut-bald mehr bösartigen Eharacters, und wird dann wegen ihres allgemeinen Einflusses Influenza genannt. So wie überhaupt derganzeErnäh- rungs- und Bildungsproceß mit den Verrichtungen der Haut in der innigsten Verbindung und Wechselwirkung steht, die daher in der Jugend, wo das ganze Leben nur mehr bildend wirkt, am thätigsten functionirt, so gehles auch mit dem Lymphsystem, welches, als die Wurzel des Bildungslebens, bei jungen Thieren am lebhaftesten thätig nnd daher auch leicht zu stören ist. Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß die große Anlage junger Pferde zu Drüsenleiden vorzüglich in einer lebhafter» und gereiz tern Thäti gleit d es Haut- und Ly in phsystemS, und in einer daraus entspringenden leichteren Verletzbarkeit dieser Systeme zu suchen sey. Doch darf man nicht glauben, daß jedes Follendie Drüse durchmachen müsse und dann für immer davor ge¬ schützt bleibe, denn gegen beide Behauptungen spricht die Vernunft und Erfahrung. — Man will auch behaupten, daß vorzüglich die unga¬ rische Race zu Drüsenleiden disponirt sey; ob aber diese Anlage in der Abstammung oder vielmehr in den Lebensverhältnissen dieser Thiere, wodurch sie mehr Verkühlungen ausgesetzt find, zu suchen sey, wäre schwer mit Gewißheit zu unterscheiden. — Überhaupt haben durch zu warme Bedeckung, Aufenthalt u. s. w. verweichlichte Thiere, deren Haut dadurch in einer beständigen größer» Ausdünstung sich be¬ findet, große Anlage zu Verkühlungen und dadurch zur Drüse. — Zu 136 den Gelegenheitsursachengehört vorzüglich Verkühlung durch naßkalte Witterung) daher die Drüse am häufigsten im Frühjahr und Herbst bei oft wechselnder Witterung vorkommt; ferner Verkühlung durch kalte Fütterung, Tränke, Verwendung, Pflege und Aufenthalt. Nebst der Verkühlung können aber auch eigenthümliche, unbekannte Einflüsse, die wir Miasmen nennen, Drüsenleiden seu¬ chenartig erzeugen, endlich kann auch die Ansteckung durch unmittel¬ bare Berührung des thierisch-warmen Nasenausfluffes mit der Nase eines andern Pferdes die Krankheit erzeugen. Obgleich wir die Möglichkeit der Ansteckbarkeit der gutartigen Drüse nicht läugnen, weil wir wissen, daß jeder kranke Schleim, er mag kommen woher er will, unter gewissen Verhältnissen ansteckend wirken kann, so wissen wir doch auch aus vielfacher Erfahrung an unserer Klinik, daß gutartige Nasenaus- flüffe niemals die zunächststehenden Pferde angesteckt haben; daß also die Ansteckung durch gutartige Drüsen nur höchst selten stattfindet, und die gutartige Drüse nicht zu den gewöhnlich ansteckenden Krankheiten zu zählen sey. Die nächste Ursache der Entzündung der Nasenschleimhäute liegt entweder in der unmittelbaren Verletzung der Nasen¬ schleimhäute durch die Kälte, Miasmen oder den Anstockungsstoff, oder in der mittelbaren Verletzung derselben in Folge der gestörten Hautausdünstung, wodurch es geschieht, daß das Geschäft der Haut den mit ihr in inniger Verbindung und Geschäftsverkehr stehenden und gleich¬ zeitig durch die kalte Luft gereizten Nasenschleimhäuten übertragen wird; daher der Zug der abgelebten, durch die Haut aber nicht entfernten Stoffe zu den Schleimhäuten der Nase hingeht, dieselben aber dadurch verletzt in Entzündung verfallen, welche um die Verletzung vollkom¬ men auszugleichen und Gelegenheitsursache und Krankheitsproduct zu entfernen, in vermehrte und veränderte Schleimsecretion übergeht, die als nächste Ursache der Lymphdrüsenentzündung anzu¬ sehen ist, weil die Lymphgefäße der Nase diesen kranken Schleim zum Theil aufgesogeu uud zu den Lymphdrüsen gebracht haben, wodurch diese aber verletzt, ebenfalls in Entzündung verfielen, die, wenn sie nicht zer- theilt wird, in Ausschwitzung von Lymphe und Eiterung oder wohl auch, weil drüsige Gebilde überhaupt gern verhärten, in Verhärtung übergeht. Die Prognose bei der gutartigen Drüse ist günstig zu stellen, weil die Erfüllung besonders der 2. und 3. Heilbedingnng keinen Schwie¬ rigkeiten unterliegt, wenn nur die Schleimhäute der rechten und linken Nasenhöhle der Sitz des Leidens sind. Weil aber nicht selten auch die Schleimhäute der Nebenhöhlen, Stirnhöhlen, Lnftsäckc n. s. w. mit- 137 ergriffen sind und aus diesen Höhlen der kranke Schleim nicht leicht ab- fließt, daselbst verdirbt, reizend zurückwirkt nnd die Entzündung und ihre Übergänge unterhält, so ist es leicht einzusehen, daß aus der ur¬ sprünglich gutartigen Drüse, wegen Nichterfüllung der 2. Heilbedingung, leicht die bedenkliche und verdächtige Drüse, und der Rotz sich entwi¬ ckele; hiermit selbst die gutartigste Drüse nie eine ganz sichere, ab¬ solut günstige Prognose zulasse. Doch ist diese schlimme Wendung nur dann zu befürchten, wenn der Ausfluß viel länger als 14 Tage dauert und somit langwierig oder chronisch wird. Die Beschaffenheit der Drüsen ist von viel geringerem Belange, wenn sie etwa auch in Verhärtung über¬ gehen, wenn dabei nur der Ausfluß aufhört, weil wir schon oben an¬ gegeben haben, daß die Drüse nnr Folgeleiden, nur Nebensache sey, nnd in der Nase das Stamm- und Hauptleiden liege. Die Behandlung der gutartigen Drüse zerfällt in zweiAbthei- lnngen, 1) in die Behandlung der Na se nsch leim h äu te, 2) der Kehlgangsdrüsen; in ersterer Hinsicht sind Dunstbäder, wie beim Strengel; in letzterer Einreibungen ansMercurialsalbe und Terpentinöl zu gleichen Theilen in die geschwollenen Kehlgangsdrü¬ sen, und warmes Be d ecken derselben mit Wergpolster, Fell, Kotzen u. dgl. das Ganze der Behandlung. Überall aber sind die gleichen Heil¬ bedingungen zu erfüllen, nnd das Vorzüglichste bei der gutartigen Drüse ist die erste Heilbedingung : nämlich ein warmes Verhalten der Thiere in allen Beziehungen, damit die gestörte Hantausdünstnng wie¬ der hergestellt werde. Das warme Verhalten der Thiere, d. h. warmer Aufenthalt ohne Luftzug, gute Streue, gutes Bedecken, Frottiren der Haut, Vermeidung kalter Tränke nnd Fütterung sind bei der gutarti¬ gen Drüse die Hauptsache, und oft allein zur Heilung ausreichend. (Wenn die Homöopathen dieß alles thun, dann können sie getrost ihre Streukü¬ gelchen miteingeben und sie werden helfen, — allein was hat da ge¬ holfen? Das zweckmäßige diätetische Verhalten; die Streukügelchen wa¬ ren offenbarer Lurus.) Übrigens gibt es auch allopathische Thierärzte, die da glauben, in ihren berühmten Drüsenlatwergen und Pul¬ vern liege das Heil der gutartigen Drüse, die nie aus ihren Händen kommt, ohne mit diesen Drüsenmitteln bekämpft worden zu seyn. An dem Allem ist die angestammte Gewohnheit Schuld, von vernünf¬ tiger Prüfung der Sache ist da keine Rede: »so hat es der Urgroßvater gemacht und er war ein berühmter Rvßarzt— warum soll ich es anders thun?« sprechen diese Leute, geben immerfort dieselben Mittel und wer¬ de» die Thiere gesund, so berufen sie sich auf ihre vieljährige Erfahrung, nnd behaupten dabei, nur diese Drüsenlatwergen oder Pulver habeu die Thiere curirt! Hätten aber diese Leute nichts eingegeben und die 138 Thiere nur warm gehalten, so hätten sie ebenfalls die nämliche gute Erfahrung gemacht. — Damit wollen wir aber nicht behaupten, daß man bei der gutartigen Drüse niemals innerliche Mittel geben solle; es kann Fälle geben, wo sich mit der gutartigen Drüse Hals¬ entzündung, Lungenentzündung, gastrische Leiden u. s. w. compliciren, wo dann der Thierarzt ohne weiters innerliche Mittel mit vollem Grunde anwenden kann und muß, die aber dann gegen diese Leiden, nicht aber gegen die gutartige Drüse nothwcndig sind. Der gebildete Thierarzt muß daher wissen, daß Drüsenmittel bei der einfachen, gutartigen Drüse nur Nebensache sind, und daß dieselben, wenn erste wirklich gibt, nur deßhalb zu geben sind, um die Eigenthümer, die gewöhnlich auf innerliche Mittel den größten Werth legen und oft nur darnach die Cur bezahlen, zu befriedigen. Dieser Grund rechtfertigt auch die Anwendung der Drüsenmittel, nicht aber die Meinung, als ob sie zur Cur der gutartigen Drüse unumgänglich nothwendig wären. Das gewöhnlichste Drüsenmittel als Latwerg besteht ans Bittersalz 2—4 Loch, Enzian und Kalmuspulver 1 Loch, Goldschwefel 1 Quintl für eine Gabe, doch braucht man auch Schwefel, Spießglanz, Fenchel, Wachholder, Alant u. s. w. Sind's Drüsenpulver besteht aus 17 Bestandtheilen!! Unsere gewöhnliche Behandlung der einfachen gutartigen Drüse beschränkt sich daher nur auf ein warmes Verhalten, tüchtiges Frottiren der Haut, Dunstbäder, obbenannte Einreibung in die Kehlgangsdrüsen und warmes Einhüllen derselben. Die Einreibung aus Terpentinöl und Quecksilbersalbe wiederholen wir täglich, um, wenn es noch thunlich ist, die Zertheilung der Ent¬ zündung zu bewirken, denn das Fett der Salbe ist ein schlechter Wärmeleiter, hält also die Wärme zurück und bewirkt daher die Ver¬ flüssigung und leichtere Einsaugung des in größerer Menge sich ansam¬ melnden und stockenden Blutes; das nämliche leistet das Quecksil- b e r, welches Gerinnungen auflöset und überdieß noch auf das Lymph¬ system eigenthümlich einwirktnnd selbes zur größeren Aufsaugungsthä- tigkeit anspornt; das Terpentinöl hat ebenfalls eine reizende, die Aufsaugung und Zertheilung bewirkende Eigenschaft. Diese Einreibung wiederholen wir täglich, bis wir bemerken, daß die Geschwulst kleiner wird, und die Zertheilung im Gange ist. Nicht selten aber bemerken wir, daß die Kehlgangsdrüsengeschwulst trotzdem immer größer, härter und gespannter wird, was uns als deutlicher Beweis gilt, daß die Ent¬ zündung in Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe überging (wenn wir eine solche Geschwulst aufschneiden, ist Blut uud eine weiße käsige Materie, geronnene Lymphe darin enthalten), aus der sich in 139 einigen Tagen dann Eiter erzeugt. Sobald wir diese Absicht der Na¬ tur, durch Eiterung die Krankheit zu heben, bemerken, unterstützen wir dieselbe in ihrem wohlthätigen Plane mit der frühem Einreibung, denn auch die Wärme, das Fett und Quecksilber befördern hier die schnellere Erweichung und Auflösung der geronnenen Lymphe, und das reizende Terpentinöl lockt mehr flüssiges Blut hinzu, welches das Ganze ver¬ flüssiget und in Eiter verwandelt. Ist die Eiterung vollendet, dann wird die Natur meistens sich selbst eine Öffnung in der Geschwulst bilden, denn die Haare verschwinden an dieser Stelle, die Geschwulst wird größtentheils weich und schwappend, die Haut wird im Mittel¬ punkt der Geschwulst dergestalt fein und fast durchsichtig, daß der dün¬ nere Eiter durchzusickern beginnt und die Geschwulst, wie man zu sagen pflegt, zu schwitzen anfängt. Jetzt kann der Thierarzt der Natur auch zu Hülse kommen und die Geschwulst mit dem Messer eröffnen, denn die Eiterbeule ist reif. Nie soll er aber unreife Eiterbeulen eröffnen; denn solche Geschwülste sind nur höchstens in der Mitte weich, im Umkreise noch hart, und größtentheils mit Lymphe und Blut ge¬ füllt; durch ein frühzeitiges Öffnen solcher unreifer Eiterbeulen wird die Cur sehr verzögert, und cs bleiben meistens Verhärtungen und un¬ heilbare Narben zurück, denn der schon fertige Eiter, eingeschlossen in der Eiterbeule, ist selbst das beste Auflösungsmittel für die übrige noch harte und feste Masse; wird daher eine solche unreife Geschwulst eröff¬ net, so fließt der wenige schon gebildete Eiter heraus, die äußere küh¬ lere Luft tritt in die Wunde hinein und alle nothwendigen Bedingun¬ gen der Gährung, mit der die Eiterung die größte Ähnlichkeit hat, werden gestört oder aufgehoben. Aber auch zu lange, d. i. wenn die Eiterbeule schon überreif wird, soll man mit der Eröffnung der Eiterbeule nicht warten, denn es verdirbt sonst der früher gute Eiter, zersetzt sich und wird zur Jauche, d. i. dünnflüssig, mißfärbig, widrig- riechend, die nachtheilig auf die umgebenden Gebilde einwirkt, das Leiden vergrößert und verlängert, ja selbst, von den Lymphgefäßen ciugcsogen, Wurm und Rotz erzeugen kann. Obgleich das gleichförmige Weichwerden oder das sogenannte Schwappen der sicherste Fingerzeig zur Eröffnung der Eiterbeulen ist, so wird man doch zuweilen, besonders bei Anschwellungen der lympha¬ tischen Drüsen unter der Ohrspeicheldrüse (Feifel genannt) oder der¬ jenigen, die in der Nähe des Kehlkopfes und der Schilddrüse liegen (Kropf genannt), vergebens auf dieses Schwappen warten und dann die Eröffnungszeit übersehen; denn sind die tiefer gelegenen Drüsen vereitert, oder breitet sich über sie eine gespannte Anschwellung des zel- lichten Hautgewebes aus, so wird das Schwappen viel undeutlicher 140 und schwerer zu erkennen seyn. Dieß ist gewiß eine wichtige praktische, nicht selten zu machende Erfahrung, auf die ich den behandelnden Thier¬ arzt vorzüglich aufmerksam mache« muß; damit nicht durch eine ver¬ nachlässigte Eröffnung solcher verborgener Eiterungsgeschwülste Folge¬ krankheiten entstehen, die sämmtlich in dem Verderben des früher gut¬ artigen Eiters, in schädlicher Rückwirkung desselben auf seine Umge¬ bung und die Lymphgefäße, Fistelgeschwüren u. dgl. bestehen. Wenn nun das Schwappen des Abscesses fehlt, was soll dann den Thierarzt hinsichtlich der Eröffnung der Eiterbeule leiten? Die Dauer der Ge¬ schwulst bleibt hier der einzige Maßstab; denn es ist bekannt, daß eine Lymphdrüsenentzündungsgeschwulst gewöhnlich 10—14 Tage Zeit braucht, um in Eiterung überzngehen und zur Eröffnung reif zu wer¬ den. Sind daher 14 Tage seitdem verflossen, so kann man immerhin zur Eröffnung der Eiterbeule schreiten, nur muß natürlich hier die Mes¬ serklinge etwas tiefer, als sonst, eingeführt werden, um zur Eiter¬ beule zu gelangen. Die Eröffnung der Kehlgangsdrüsen oder auch ihrer Nachbarn soll stets mit dem Messer geschehen, welches man — nachdem das Pferd gebremset wurde, — so zwischen dem Daumen und Zeigefinger faßt, daß dessen Klinge beiläufig 1 Zoll über die beiden Finger hcrvor- ragt, die man dann rasch an der erhabensten aber gleichzeitig unter¬ sten Stelle ein sticht und schneidend dann herausführt, also die ganze Operation in zwei Tempos vollführt. Durch dieses Verfahren erhält man nur Eine und gerade genug große Öffnung zum Aus¬ flusse des Eiters. Man unterstützt nun die vollständige Entleerung des Eiters durch ein angemessenes Drücken und Pressen der Eiterbeule von außen, dann durch die Einführung eines Fingers in die Wunde, nm möglichst alle Eiterzellen damit aufzuschließen, und endlich durch das H i n e i n bri n g e n eines reinen, der Öffnung angemessenen Werg- oder Eharpiebauschens, welches keinen andern Zweck hat, als, damit die Wundränder nicht sogleich verkleben und der Eiter vollstän¬ dig herausfließen könne. Diese Bauschen dürfen daher nicht zu groß ge¬ macht und nicht zu fest eingestopft werden, sie sollen nicht über 1—2 Tage darin bleiben, und mit keinen reizenden Salben u. dgl. befeuchtet, sondern ganz rein seyn, denn Ruhe der eröffneten Eiterbeule ist jetzt die Hauptbedingung, und erfordert keine andere Behandlung, als das zeitweise, sanfte Reinigen derselben mit lauem Wasser und Abhal¬ tung des Lichtes, der Luft und Kälte durch deu trockenen Wergpolster, damit der ganze Absceß in Eiterung übergehe, nnd darauf die Erfül¬ lung der fünften Heilbedingung, nämlich Wiederersatz durch Vernarbung — möglichst bald erfolge. 141 Nur in solchen Fällen, wo man zu frühzeitig die Eröffnung der Eiterbeule vorgenommen hat, und nach der Entleerung des Eiters noch harte Stellen zurückbleiben, weil die ausgeschwitzte Lymphe sich noch nicht vollkommen in Eiter verwandelt hat — oder wo man zu lange mit der Eröffnung gezögert hat, und nun der verdorbene Eiter durch Rückwirkung die Absonderung eines dünnen, nicht guten Eiters unterhält und harte, ganz glatte (sogenannte callöse) Wundränder sich gebildet haben, muß man, zur Erfüllung der dritten Heilbedingung, die Werg- oder Charpiebauschen mitScharfsalbe befeuchten und in die Wunde legen, um eine neue Entzündung zu erregen, die im ersten Falle das noch Harte durch neue Eiterung schmilzt, im zweiten Falle aber das krankhaftproducirendeOrgan umstimmt und die anhaltende schlechte Eite¬ rung hemmt. Genügt im letztem Falle die Scharfsalbe nicht, so muß man das Glüh eisen anwenden und die Wunde mit Vorsicht so aus¬ brennen, daß man die naheliegende Haut so viel als möglich unversehrt lasse und nicht zu viel zerstöre, weil der Thierarzt hier nicht bloß auf die zweite und dritte, sondern auch auf die fünfte Heilbedingung Rücksicht haben muß. — Nicht zu verwechseln ist ein solches offenes Drüsen g e- schwür mit der fistulösen Öffnung einer Backenzahnfi¬ stel, die oft mit einer kleinen äußeren Öffnung im Kehlgange mün¬ det und woraus eine dünne, übelriechende Flüssigkeit in geringer oder- größerer Menge heraussickert, die die Haare daselbst verklebt. Obwohl schon die Abwesenheit des Nasenaussiusses, die Abwesenheit einer- offenen Drüsengeschwulst und der üble Beinfraßgeruch auf die Gegenwart einer Zahnfistel schließen lassen, so wird die Untersu¬ chung mit der Sonde, mittelst welcher man den fistulösen Gang in verschiedener Richtung und Tiefe an die durch Knochenfraß ergriffene Kinnlade und den Backenzahn verfolgen kann, den Zustand vollends offenbaren. Bei der gutartigen Drüse sind in Bezug auf gerichtliches und poli¬ zeiliches Verfahren keine Maßregeln in Anwendung zu bringen. b) Bösartige Drüse. Die bösartigeDrüseist mit der verdächtigen nicht zu verwechseln, denn sie find zwei von einander sehr verschiedene Krank¬ heiten; die bösartige Drüse ist ein meistens acut (schnell) und fieberhaft verlaufendes, meistens über mehrere Organe verbreitetes, ost heilbares Leiden und kein H aup tfehl er; die v erdäch tig e Drüse dagegen ist immer chronisch und fieberlos, fast nie heilbar und ein Hauptfehler. Die bösartige Drüse hat von verschiedenen Thierärzten von verschie- 142 denen Symptomen verschiedene Namen erhalten. Einige nennen sie Pferdtyphus, weil das griechische Wort Typhus deutsch Betäu¬ bung heißt, und Pferde mit der bösartigen Drüse behaftet, oft betäubt und empfindungslos dastehen. Andere nennen sie Beu len fieber, weil an verschiedenen Stellen des Körpers Anschwellungen mit Fieber Vorkom¬ men; noch Andere belegen sie mit dem Namen Scharlach fieber, wenn die Nasenschleimhäute scharlachrotste Flecke oder petcchienartigen Ausschlag zeigen; häufig heißt sie auch acuter oder gallopireu der Rotz, weil häufig schnell entstandene Geschwüre in der Nase, Kehlkopf, Luftröhre, Gaumensegel u. s. w. mit rotzähnlichem Ausfluß vorkommen; am häufigsten heißt ste v e r s chl a g e ne, abgelagerte, wandernde Drüse, weil man glaubt, die Kehlgangsdrüsenmaterie hat sich auf andere Theile verschlagen oder abgelagert, und der verirrte Drüsenstoff wandere im Körper herum. — Wir nennen sie bösartige Drüse des¬ wegen, weil wegen den oft sehr ausgebreiteten und hochgradigen Local- affectionen die Natur- und Kunsthülfe zur Bekämpfung dieses Leidens wenig vermag und dieThiere oft daran zu Grunde gehen. Alle andern Benennungen sind weniger paffend, nicht immer wesentlich, einseitig oder wohl ganz unrichtig; so z. B. ist nicht immer Betäubung zu¬ gegen, daher in diesem Sinne derNameTyphus nicht immerpassend; die rothen Flecken in der Nase sind viel zu wenig, um die Krankheit mit Grund Scharlach fieber wie beim Menschen nennen zu können; die Geschwüre in der Nase fehlen oft ganz, und der Ausfluß ist oft gutartig, daher der Name a cuter Rotz nicht für alle Fälle anwend¬ bar; die allergröbste und zugleich ältesteBenennnug aber ist verschl ei¬ gene Drüse, wand ernde Drüse u. dgl., lauter Namen aus jenen Zeiten, wo noch die Menschen- und Thierheilkunde wenig Kenntniß von den Lebens- und Krankheitsprocessen besaß und man glaubte, daß die Krankheitsstoffe von einem Theile zum andern wie in einem tobte» Schlauche herumwandern, bald am Kops sich befinden, bald zu den Füßen heruntersallen n. s. w. Würde man uns nun um eine D e si n iti o n der bösartigen Drüse im Allgemeinen fragen, so würden wir antworten: Wenn bei den Pferden zu den gewöhnlichen Drüsenleiden noch an¬ dere vielseitige und verschiedenartige, acut verlau¬ sende, meistens fieberhafte Lo calaffecti o nen hinzu¬ kommen, in Folge deren die Erfüllung der Heilbedin¬ gungen sehr erschwert wird, so nennen wir ein solches Drü- seuleiden bösartige Drüse. Aus der eben gegebenen Definition geht daher hervor, daß der S i tz der bösartigen Drüse vielmehr ausgebreitet sey, als bei der gut- 143 artigen, und daß die Grundleiden sich nicht bloß auf Entzündung und Schleimsecretion wie bei der gutartigen beschränken, sondern in noch andern weit gefährlicheren Entzündungsübergängen bestehen. Wenn bei der gutartigen Drüse bloß die Schleimhäute der Nasen¬ höhle leiden, so sind bet der bösartigen Drüse nebstden Schleim¬ häuten der Nase nhöhlen, oft auch die Schleimhäute der Luft¬ röhre, der Lunge, des Maules, der Schlingwerkzeuge, des Magens, der Gedärme, der H arnw erkz eug e, der Ge¬ schlechtsorgane, des Auges, der Stirnschleimh öhlen und von da die serösen Häute des Gehirns, seröse, fibröse Häute andererOrgane, die äußere allgemeine Haut u. s. w. er¬ griffen. Eben so bleibt das Drüsenleiden nicht bloß aufdieKehl- gan gs drüsen beschränkt, sondern es ergreift oft auch die Ohrspei¬ cheldrüsen oder gewöhnlicher, die unter ihr und um sie ge- lagertenlymphatischenDrüsen (Feifel); ferner die Schild¬ drüse oder gewöhnlicher die um sieliegenden lymphatischen Drü¬ sen des Halses (Kropf), die Bauchdrüsen, Leistendrüsen, die oberflächlich gelagerten Lymphdrüsen der Haut und das die Drüsen umgebende Zellgewebe, daher schwilltoftderganzeKopf,Hals, Lippen, Augen, Nasenränder ungeheuer an; eben so bilden sich Anschw ellungen vorn an der Brust, unter derBrust, am Bauch, Schlauch, Euter, an den Füßen u. s. w., wodurch das Thier oft einen erschreckenden Anblick gewährt. Aus dem Ge¬ sagten geht nun hervor, daß, wegen der meistens großen Ansbreitung des Leidens, bei der bösartigen Drüse nicht alle ihre Erscheinungen unter die sechs Drüsenmerkmale gebracht werden können. Doch zeigt die Untersuchung dieser sechs Umstände bei der bösartigen Drüse Folgendes: 1) Die Nasen schleim hänte sind meistens hochroth, ja sogar dun- kelroth, aber nicht gleichförmig gefärbt, sondern dunkelroth ge¬ fleckt (ans die rothen Flecken der Nasen- und Mani¬ sch! eimhaut ist wohl Acht zu geben, denn sie fehlen selten), an ge¬ schwollen, ost mit Bläschen besetzt, ja selbst mit Geschwüren versehen, die in die Tiefe nnd Breite gehen (acnterRotz). 2) Der Aus¬ fluß ist entweder schleimig und gutartig, oder auch blutig, mißfärbig, ungleich, übelriechend, scharf beim acuten Rotz. 3) Die Kehlgangs¬ drüsen entzündlich angeschwollen, aber die Geschwulst ist mehr ausgebreitet, unmerklich begränzt in das nachbarliche Zellgewebe verbreitet; diese Geschwulst nimmt oft die ganze Kehlgegend ein, so daß sowohl das Athmen, Schlingen, als auch die Bewegung des Halses gehindert wird, »nd die Thiere den Hals steif ansgestreckt halten und ihn nicht bewegen können. 4) Die Dauer gewöhnlich kurz, nnd der 144 Verlauf acut. 5) Das Fieber fehlt selten, und meistens ist ein soge¬ nanntes typhöses Fieber zugegen. 6) Der Erfolg der Therapie ist zweifelhaft. Die Grundleidender vielseitigen Localaffectionen bei der bös¬ artigen Drüse sind Entzündung, Schleimsecretion, Wasser- ergießnngen, lymphatische Ausschwitzungen, Eiterung, Verjauchung, und zuweilen selbst Brand. Daß sich bei der bösar¬ tigen Drüse gewöhnlich ein Fieber entwickelt, ist leicht begreiflich, wenn man bedenkt, wie ausgednt oft hier die Entzündungen, und wie verschiedengradig ihre Übergänge sind. Der Character dieses Fiebers ist, je nachdem das Thier entzündlich oder faulig organi- sirt ist, entweder entzündlich oder faulig, wird aber immer sehr bald fauligen Characters, wegen des vielfach beschränkten Verkehrs mit den Lebensbedingungen der hochgradig erkrankten Organe, entwe¬ der vorzugsweise des Bildungs-, Bewegungs- oder Empfindungslebens, oder aller drei Lebensseiten zugleich, in welchem Falle — nämlich wenn mehr oder weniger alle drei Lebensseiten ergrif¬ fen sind — ein solches Fieber noch den Beinamen typhöses Fie¬ ber bekommt. Dem Gesagten zu Folge ist daher einmal die Gehirnentzün¬ dung, ein andersmal die Hals entzünd ung, häufig dieLungen- entzündung, nicht selten G e därm entzünd ung u. s. w. im Ge¬ folge der bösartigen Drüse, welche Entzündungen alle obangegebenen Übergänge machen können, wenn sie nicht zertheilt werden. Daher kann man auch kein Krankheitsbild der bösartigen Drüse entwerfen, welches anfalle Fälle passen würde, denn eine bösartige Drüse mit Lungen¬ entzündung wird sich anders aussprechen, als eine mit Gehirnentzündung, und diese wieder anders als eine andere mit Gedärmentzündung, Durch¬ fall u. s. w.; doch wird ein nach diesen Grundsätzen gebildeter Thier¬ arzt, bei allen Varietäten sich leicht zu recht finden, wenn er nur immer die gestörtenVerrichtung en d er ergriffenen Gebilde be¬ rücksichtigt, und das bei der Gehirnentzündung, Halsentzündung, Lun¬ genentzündung, Gedärmentzündung u. s. w. Gesagte hierher über¬ trägt, und mit dem lymphatischen Leiden in Verbindung bringt. Wir übergehen daher die weitere Auszählung der hierher gehörigen Krankheits- erscheinnngen, weil eine solche Weitläufigkeit außer dem Bereiche dieser Schrift liegt, die nur die Grundzüge jeder Krankheit angeben will. Doch ein Umstand muß noch bemerkt werden, daß es mehrere G ra¬ da ti v n e n dieses Leidens gibt, leichtere und höhere Grade näm¬ lich: so z. B. leiden oft nur vorzüglich die Nasenschleimhäute, aber die Kehlgangsdrüsengeschwulst ist sehr ausgebreitet und das Leiden 145 der Lymphdrüsen erstreckt sich auf die ly m p h atisch e n Dr ü se n, die in der Nähe der Ohrspeicheldrüse oder der S ch i l d d rü s e gelagert sind, und bildet bedeutende Anschwellungen an diesen Thei- len, und dadurch Hindernisse im Athemholen und Schlucken. Ein sol¬ ches Drüsenleiden ist wohl nicht mehr gutartig zu nenne», sondern bil¬ det schon einen leichtern Grad der bösartigen Drüse, weil zwei wichtige Lebensverrichtungen dadurch mehr oder weniger gehemmt werden. Sind edle Organe, z. B. Gehirn, Lunge, Gedärme, im hohen Grade ergriffen, und macht die Entzündung schlimme Übergänge in seröseoderlymphatische Ausschwitzungen, Eiterung, Verjauchung, Brand, so sind dieß alles die höher» und höchsten Grade der bösar¬ tigen Drüse. Die Dauer der bösartigen Drüse ist meistens acut, läßt sich aber niemals auf bestimmte Tage festsetzen; denn sie kann 10, 14, 20Tage, selten mehrere Wochen dauern, was jedoch 1837 ein höchst merkwür¬ diger Fall einer bösartigen Drüse an unserer Klinik bewies, die über sechs Wochen dauerte, anfänglich mit heftigem Fieber begleitet war, wo¬ bei der ganze Vorkopf und alle vier Füße geschwollen erschienen, im wei¬ teren Verlaufe die beiden Ohrenspitzen, vom trockenen Brand ergrif¬ fen, mumienartig vertrocknet abfielen, und die Nasenscheidewand am untern Ende durch ein acutes Geschwür so durchfressen wurde, daß sich ein Silberthaler großes Loch daselbst bildete, durch welches man von einer Nasenhöhle bequem in die andere schauen konnte, und in Folge die¬ ser Verschwärung ein blutiger, mißsärbiger, widrigriechender Nasenaus- fluß durch ein paar Wochen zum Vorschein kam. Die Kehlgangsdrüsen gingen schon früher in Eiterung über, die aber lange Zeit anhielt und einen dünnen schlechten Eiter absonderte. Allen diesen Erscheinungen zu Folge wurde das Thier schon als rotzig erklärt, in einen Separatstall gestellt und alle arzneiliche Behandlung, die so lange ohne Erfolg ange¬ wendet wurde, bei Seite gesetzt. Doch wie groß war die Überraschung, als wir nach Verlauf von einigen acht Tagen den früheren bösartigen Aus¬ fluß ganz verschwunden fanden, die Nasenschleimhäute, bis auf dasaus- gefreffene Loch in der Scheidewand, normal aussahen, nur dessen Rän¬ der etwas callös, aber übrigens trocken erschienen, der Kehlgangsdrü- senabsceß verheilt und vernarbt sich zeigte, das Thier überhaupt frisch und munter sich benahm, und nur durch die beiderseits abgefallenen Oh¬ renspitzen etwas entstellt erschien! Eine Eisenvitriolanflösnng in dieNase eingespritzt, brachte in kurzer Zeit die callösen Geschwürsränder zur ge¬ sunden Vernarbung, und das Thier wurde, allen Erscheinungen nach, gesund dem erfreuten Eigenthümer zurückgcstellt. — Dieses Beispiel ist gewiß eines der merkwürdigsten einer bösartigen Drüse, welches verdiente, Bleiweis Heilverf. S. Aufl. 10 146 vollständig im ganzen Verlaufe der Öffentlichkeit übergeben zu werden, allein der Raum dieserBlätter ist zu beschränkt für die ganze Krankheits- geschickste; wir wollen hier nur daraus aufmerksam machen, daß der acuteRotz oder (wie wir das Leiden nennen) die bösartige Drüse nicht zu verwechseln sey mit dem eigentlichen oder chronischen Rotz; denn der acuteRotz besteht zwar so wie der chronische in einer Verschwärung der Nasenschleimhäute und der darunter liegenden Ge¬ bilde, allein beim acuten heilbaren Rotz ist das Leiden nur local auf die Nase beschränkt, und wenn die Verschwärung an der ergriffenen Stelle vorüber ist, damit beendet; nicht so ist es beim chronischen Rotz der Fall , der eine allgemeine Krankheit geworden ist, wobei die Nebenhöhlen der Nase, Stirnschleimhöhlen n. s. w. mit Rotzmaterie überfüllt sind, wo die Lunge mit Knoten besetzt, die Gekrösdrüsen ver¬ härtet, vereitert, verjaucht sind, Wurm sich entwickelt hat u. s. w. Ungeachtet der Behauptungen einiger erfahrenen Thierärzte konn¬ ten wir uns von der Identität des acuten und chronischen Rotzes nicht überzeugen, da der chronische, durch seine characteriftischen Symptome ausgezeichnete Rotz, wenn er zuweilen langwieriger, zuweilen schnel¬ ler in seinem Verlause ist, im letzter» Falle doch nicht dasselbe Wesen darbietet, wie dasjenige stets fieberhafte Drüsenleiden, welches w i r bösartige Drüse nennen und von Andern acuter Rotz genannt wird. Ursachen der bösartigen Drüse. Zu den vorbereitenden ge¬ hören: Mißverhältnisse der bekannten, lebensbedingenden Einflüsse; ge¬ bricht es den Thieren an Luft, an einer sauerstoffreichen Luft, an hin¬ reichender Wärme, guter Nahrung und reinem Getränk, so wird dadurch nicht nur die organische Materie, sondern auch ihre Kräfte um so mehr consumirt, als gleichzeitig durch schonungslose Verwendung, unterlas¬ sene Pflege u. s. w. der Ersatz des Verlorengegangenen unterbleibt; wodurch es dann kommt, daß schon geringe Anfeindungen die Ver¬ letzung erleichtern und keine gehörige Reaction von Seite solcher schwäch¬ lichen Organismen stattfinden kann. Die Gelegenheitsursachen bei der bösartigen Drüse scheinen die Thiere vielseitiger und bedeutender als sonst zu treffen, weil so viel¬ fache Verletzungen die Folge davon sind. Eine der gewöhnlichsten Gele¬ genheitsursachen ist die Verkühlung, wodurch die verschiedenen Ent¬ zündungen der Luftwege, der Lunge, der Gedärme, des Gehirns, der Haut u. s. w. entstehen. Siebst der Verkühlung erzeugen häufig unbe¬ kannte miasmatische E inflü s s edie bösartige Drüse und machen das Leiden seuchenartig; endlich kann der durch die bösartige Drüse ent¬ wickelte A »steck« n g s st o ff, der in den Krankheitsproducten baftet, zur Gelegenheitsursachc für weitere Erkrankungen werden. 147 Die nächste Ursache liegt in der meistens mehr ausgebreiteten Verletzung der Organe, entweder des Bildungs-, Bewegnngs- oder Empfindungslebeus, häufig aller drei Lebensseiten zugleich, durch erst angegebene Gelegenbeitsursache, wodurch sich eine ausgleichende Entzün¬ dung entwickelt, die aber, wegen der geringen Mitbülfe der Natur, sel¬ ten o hne gefährliche Übergänge die Verletzungen auszugleichen im Stande ist. So wie bei der gutartigen Drüse die Lymphdrüsen in Folge der ein¬ gesogenen Krankheitsprv duete erkranken, so ist dieß auch bei der bösartigen der Fass, und der ganze Erkrankungsproceß derLymph- driisen ist hier auf die nämliche Art zu erklären ; nur die Anschwellungen der Haut an Kopf, Brust, Bauch, Erkremitäten, wenn sie nicht durch Lymphgefäß- und Drüsengeschwülste bedingt sind, sind anders zu deuten, und wir glauben der Wahrheit am nächsten zu kommen, wenn wir be¬ haupten : diese Hautgeschwülste sind Entzündungen der Haut und ihre Übergänge in seröse und l y mp h a tisch eErgießungen, zuweilen auch in Vereiterung, Verjauchung, ja selbst in Brand, veranlaßt durch die Krankheitsproducte, welche die Natur durch die äußere Haut auszuscheiden sucht, die aber bei ihrem Austritte aus derselben die Haut durch ihre krankhafte Beschaffenheit verletzen, und so Haut¬ entzündung und ihre Übergänge verursachen. Diese Hautgeschwülste und Beulen sind daher häufig als Wirkung des wohltbätigen Naturbe¬ strebens anzusehen, um die zweite Heilbedingung zu erfüllen, und aus diesem Grunde als kritische Entleerungen zu betrachten; es kommt nur darauf an, ob auf diesem Wege auch alle Krankheitsproducte entleert wurden, wovon nur die Genesung abhängt. Die Prognose bei der bösartigen Drüse ist im Ganzen zw ei¬ tel h a f t zu stellen, weil wegen der vielfältigen und oft hochgradigen Lo- calaffectionen, besonders wenn sie in edlen Organen, z. B. Gehirn, Lunge u. s. w. den Sitz haben, die Erfüllung der betreffenden Heilbedingungen schwierig, oft unmöglich wird, und die Thiere wegen aufgehobenen Verkebrs der ergriffenen Organe mit Luft, Nahrung, Getränk oft in kurzer Zeit zu Grunde gehen. Die Prognose ist daher in solchen Fällen, wie bei der Gehirnentzündung, Lungenentzündung, Gedärmentzündung, nur noch in so fern ungünstiger zu stellen, als bei der bösartigen Drüse die Lebenskräfte mehr erschöpft sind, nnd gefährliche Übergänge der fauligen Entzündung bald eintreten. Übrigens kann auch die bösar¬ tige Drüse, wenn sie auch nicht schnell tödtlich wird, in chronische Leiden der Nase übergehen, und zur bedenklichen und verdächti¬ gen Drüse oder zum eigentlichen Rotz werden, oder auch zum Wurm führen. Im Ganzen bleibt also die bösartige Drüse eine meistens schwer heilbare Krankheit (daher auch ihre Benennung), den- iu> 148 noch ist ihre Heilung ost noch möglich, und dadurch schon unter¬ scheidet sich der acute Rotz von dem unheilbaren, chronischen und eigent¬ lichen Rotz. Die Behandlung der bösartigen Drüse kann eben so wenig be¬ stimmt angegeben werden, als die Beschreibung aller Krankhcitsformen, unter denen die bösartige Drüse auftritt, angegeben werden konnte. Der vorzüglichste Sitz der Krankheit, das Grundleiden, die Größe des Leidens und der Character desselben müssen den Thierarzt bei der Erfüllung der Heilbedingungen leiten, daher bald Mittel gegen E n t- zündungen bald gegen Sch l e im se cretion, wässerige oder lymphatische Ergießungen, Eiterung, Verschwärung oder Brand, abwechselnd in Anwendung kommen müssen. Was die Blutentleerungen bei höher« Graden einer bösartigen Drüse mit Lungenentzündung, Gehirnentzündung u. s. w. anbelangt, so müssen diese wie bei jeder andern hochgradigen Entzündung im Anfänge dersel¬ ben in Anwendung kommen , nur darf man bei der bösartigen Drüse nicht zu verschwenderisch mit dem Blntlassen umgehen, weil durch den oft vielseitig gehemmten Verkehr mit den Lebensbedingungen die Lebenskräfte ohnehin mehr vermindert sind, und durch übermäßige Blu'tentleerungen noch mehr erschöpft werden, worauf dann die Reaction der heilkräftigen Natur immer geringer werden muß. Den größten Werth bei der bösartigen Dr üse haben eingreifend revellirende und auf die H a nt wir k e n d e M itt e l, z. B. B e sp ritz e n mit Ter¬ pen tin ö l, Frottiren des ganzen Körpers, scharfe Ein¬ reibungen, Lederstecken, Eiterbänder, warmes Verhal¬ ten, Dunstbäder. Innerlich sind ebenfalls die Hautausdün¬ stung befördernde Mittel die vorzüglichsten, z. B. Kamillen, Schwe¬ felleber, Wachholdcr, Kampher u. s. w., doch muß hier immer auch auf die Grundlriden Rücksicht genommen und bald die Mittel gegen die Entzündung, bald gegen Schle im fee r eti on, Wa sserer- gießung, Lpmphaus schwitz ung n. s. w. angewendet werden; daher bald Absührsalze in Verbindung mit Klystieren, bald Schwefel¬ leber, Goldschwefel, Salmiak, Calomel, Kampher, Baldrian, Arniča, Terpentinöl, Hirschhornöl, Eichen¬ rinde, roher Alaun, Stahlschwefel u. dgl. nach demBefund des Grundleidens und des Sitzes desselben in Anwendung kommen. Ge¬ gen Entzündung der Schlingw erkzeu g e sind Maulschlecken angezeigt, wie sie seines Ortes angegeben werden; für äußere Ge¬ schwülste der Lymphdrüsen oder des Zellgewebes der Haut sind warme Bedeckungen und Einreibungen wie bei der gutarti¬ gen Drüse angezeigt, nur muß man in die bösartigen Drüsengeschwülste 149 ost statt Mercurialsalbe und Terpentinöl, s ch a r se E i n r e ib n n g c n aus Terpentinöl, Lorbeeröl und Cantharidenpulver inachcn, um die träge Entzündung daselbst zn erhöhen, und den Krankheitsproceß zu beschleunigen. Droht wegen dm ost bedeutenden Drüsenanschwellungen am Halse Erstickungsgefahr, so müßte selbst der L u s t rö h r c nsch n i t t gemacht und darauf die Röhre in der Luftröhre belassen werden, damit das Thier, so lange die Geschwulst das Atheinholen hindert, durch diese Luft schöpfen könne. Daß auch hier die diätetischen Mittel nicht außer Acht zu las¬ sen sind, versteht sich von selbst; mäßig warmer, reinlicher Aufenthalt, Pflege der Haut, dem Krankheitszustand unpassende Menge der Nah¬ rung, überstandenes Getränk sind die Hauptsachen; so wie eine Sepa¬ ration der Gesunden von den Kranken vorsichtshalber immer an- zurathen ist, da sie bei dieser Krankheit leicht Ansteckungsstoffe entwi¬ ckeln, die selbst in die Entfernung ansteckend wirken können, besonders, wenn mehrere Kranke der Art, in einen Stall znsammengedrängt, bei¬ sammenstehen, und durch die Hautausdünstung, Lungenausdünstung, Gerüche des Ercremente u. s. w. Ansieckungsstoffe entwickelt, und da¬ durch noch höher proteuzirt werden können. Daß in g e r i ch t l i ch e r Hinsicht die bösartige Drüse k e i n H a u p t- fehler sey, ist schon oben gesagt worden, daher auch der acute Rotz mit dem eigentlichen chronischen nicht zu verwechseln ist. Gegen die amten Rotzgcschwüre haben sich Einspritzungcn aus in Wasser auf¬ gelöstem Eisenvi triol, Höllenstein oder Sublimat, vom erstem 1 Loth — von den beiden letztem 1 Quinte! ans 1 Seite! Was¬ ser, heilkräftig bewiesen. v) Bedenkliche Drüse. Wenn die entzündlichen Erscheinungen sowohl in den Schleimhäuten der Nase, als in den Kehlgangs¬ drüsen mehr zu rü cktr et en odergan z verschwinden, und eine langwierige Schleimsecretionaus derNase und Verhärtung in d en Kehlg an g s drü sen ein getreten ist, daun nennen wir ein solches Drüsenleiden die b e d e n kl i ch e D rüse, weil sie einerseits an die gutartige Drüse, anderseits aber schon an die verdächtige gränzt, und dadurch hinsichtlich der Heilung zweifel¬ haft oder bedenklich wird. Sie steht also zwischen der gutartigen und verdächtigen Drüse gerade in der Mitte, und neigt sich den Erschei¬ nungen zu Folge einmal mehr zu der gutartigen, wo sie gutartig¬ bedenklich heißt, ein andersmal mehr zu der verdächtigen, wo sic b e- d enklich-ver däch ti g genannt wird. 150 Stellt man beider bedenklichen Drüse die bekannten sechs Drüsen¬ fragen, so wird sich die bedenkliche Drüse durch folgende Erscheinungen characterisiren: 1) Die Nasenschleimhäute haben ihre entzündliche gleich¬ förmige Rothe verloren, sie erscheinen mehr aufgelockert und blaß, oder nur hier und da roth gefleckt, rothgestreift, rothpunctirt. 2) Der Ausfluß ist noch mehr gutartig und kommt, wiebci der gutartigen Drüse, meistens aus beiden Nasenlöchern zum Vorschein. 3) Die Kehlgangsdrüsen sind angeschwollen, beweglich oder festsitzend, in jedem Falle aber unempfindlich, schmerzlos. Zuweilen fehlt diese Drüsenanschwellung ganz, und der Kehlgang ist ganz rein anzufühlen; dann verdient die Krankheit nicht mehr den Namen der bedenklichen Drüse, sondern des bedenklichen chronischen Stren gels. 4) Die Dauer ist langwierig; denn wenn wir die Dauer der gutartigen Drüse aus 2—3 Wochen stellen, so beginnt die Drüse von dieser Zeit an bedenklich zu werden. 5) Die bedenkliche Drüse ist immer fieberlos. 6) Der Erfolg der Therapie ist hier immer unsicher, jedoch noch Heilung möglich. Diese Erscheinungen sind hinreichend, nm die bedenkliche Drüse zu erkennen; denn nur diese sind wesentlich, alle andern, wenn sie etwa vorhanden wären, sind nur zufällige Complication mit andern Leiden. Nur eines Umstandes muß hier erwähnt werden, der einige andere Er¬ scheinungen bedingt, die wohl auch zur bedenklichen Drüse gehören, und dieß ist eine chronische Schleimsecretion und Schleimansammlung in den Luftsäcken, die ebenfalls einen langwierigen Nasenansfluß unterhal¬ ten kann. Die vorzüglichsten Merkmale einer chronischen Schleimab- sondernng und Ansammlung in einem oder beiden Luftsäcken sind fol¬ gende: Schmerzlose Geschw ul st, von außen in der Gegend der Ohrspeicheldrüse zu fühlen, beschw erl icheres Athemholen und Schlingen, wegen der Lage der Luftsäcke oberhalb des Schlundkopfs ; gewaltsames Strecken des Kopfes; L>ffn en d cs M aules, als ob sich die Thiere erbrechen, oder einen fremden Körper aus dem Maule entfernen wollten; Hust en und gl eichzeitiges Ausbrau¬ sen, besonders bei der Bewegung, weil durch die Bewegungen des Kopfes die Luftsäcke mehr gepreßt werden, und nun aus ihnen der ent¬ haltene Schleim herausfließt, und den Luftröhrcnkopf zum Husten reizt; hält das Thier den Kopf zur Erde, beugt man denselben schnell hinunter oder drückt mau auf die äußere Geschwulst, so fließt viel Schleim aus der Nase. — Zur Ausmittelung aber, ob die Stirn- oder 15! Nebenhöhlen der Nase mit krankhaftem Schleim gefüllt sind oder nicht, gibt das Anklopfen (?erou88ion) mittelst eines Fingers oder eines andern harten Körpers an die entsprechenden Kno¬ chen den besten Aufschluß; hört mau dabei einen dumpfen Ton, ähnlich dem eines vollen Fasses, so ist die Höhle mehr oder weni¬ ger voll; im Gegentheil ist der Ton mehr hell. Die Ursachen der bedenklichen Drüse sind vorausgegan¬ gene gutartige oder bösartige Drüsen, die ihre entzündli¬ chen Erscheinungen größtenteils abgelegt, und nun einer chronischen Schleimsecretion Platz gemacht haben. Doch ist nicht zu glauben, als ob bei der bedenklichen Drüse keine Entzündung zugegen wäre, nur ist die Entzündung hier em secundäres Leiden, hervorge¬ bracht durch die Rückwirkung des krankhaften Schleimes. Die Prognose ist zweifelhaft — die Genesung ist zwar unsicher, allein doch noch möglich. Die gute Seite daran ist: einige Verwandtschaft mit der gutartigen Drüse; die schlimme aber, weil sie so nahe an die verdächtige Drüse gränzt, und so oft in diese übergeht. Kein gutes Zeichen ist es, wenn bei der bedenklichen Drüse aus deni n n e rnAugen¬ winkeln ein dicklicher Schleim zu fließen anfängt, weil es ein Be¬ weis ist, daß die kranke Schleimsecretion nicht bloß auf die Nasenschleim¬ häute beschränkt, sondern auch auf die Schleimhäute der nachbarlichen Höhlen ausgedehnt ist, die dann die Entfernung dieses Krankheitspro- ductes immer schwieriger machen. Die innige Verbindung der Bindehaut des Auges aber mit der Schleimhaut der Nase ist durch den Thräuen- c a n al leicht cinzusehen. — Oft hört zwar der Nasenausfluß auf ein paar Tage auf, und man freut sich schon, die Krankheit gehoben zu haben, allein kaum wird das Thier bewegt, so zeigt sich der Ausfluß wieder, welcher oft nach mehreren Tagen selbst beim ruhigen Verhalten wiederkehrt, wenn das Maß iu den Nebenhöhlen wieder- voll wird und der Schleim übergeht. Nur wenn durch 7—10 Tage selbst bei angestrengter Bewegung kein oder nur ein ganz wässe¬ riger Ausfluß sich zeigt, kann man die Krankheit als beendet ansehen. Therapie. Hauptsache ist hier die Erfüllung der zweiten und drit¬ ten Heilbedingung. Daher paffen anfänglich Dun stb äd erzur Entfer¬ nung des kranken Schleims; ist aber die kranke Schleimabsonderung ganz ohne Spur einer entzündlichen Röthe der Nasenschleimhäute, und das Leiden mit Dunstbädern schon lange behandelt worden, dann sind Dunstbäder insofern nicht mehr rathsam, als die durch die Entzündung ohnehin erschlafften Capillargefäße durcb die feuchte Wärme der Dunst¬ bäder noch mehr erschlafft, und dadurch die kranke Schleimabsonderung noch mehr unterhalten wird. Sind dakcr die Schleimhäute ganz blaß 152 und aufgelockert, dann sind (aber nie Lei hochrothen Nasenschleimhän- ten) um stimmende Mittel anzuwenden, unmittelbar auf dieselben angebracht durch in die Nase geleitete E o l o p h o n i u m - D ä m p fe, oder in der Folge durch das Einblasen oder Schnupfenlassen desl e be n- digen (ätzenden) Kalkes etwa t Hoch auf einmal, feingepulvert, und so lange täglich wiederholt, bis die Schleimhäute dadurch etwas höher geröthet erscheinen, und eine umstimmende Entzündung in denselben ein¬ getreten ist. Auchhie Einre ibu n gend erMercnrialsalbe mit Terpentinöl von außen in die N a se n g e g e nd, um eben dadurch eine Umstimmung von innen zu bewirken, empfehlen sich in eben dieser Hinsicht. Die v erhärteten Ke hlgang s d rüsen (den Stein des An¬ stoßes für so Viele) behandeln wir hier gar nicht, weil sie nur Neben¬ sache sind, indem das Stammleiden, welches Heil oder Verderben über das Thier bringt, nur in der Nase liegt. Wir beachten zwar die Be¬ schaffenheit der Kehlgangsdrüsen, ob sie entzündet oder verhärtet sind, hinsichtlich der Diagnose, wie dieß schon früher angeführt wurde; allein hinsichtlich der Therapie machen sie uns keine Sorgen, denn sie können lebenslänglich ohne Schaden bleiben; will sie aber der Ergenthümer weg¬ haben, so brennen, oder noch besser, wir schälen sie mit dem Mes¬ ser ohne allen Nachtheil aus. Jede andere Behandlung, um sie mit Salben zu zertheilen, ist fruchtlos, denn sind sie einmal förmlich ver¬ härtet durch ausgeschwitzte Lymphe, so lassen sie sich gewöhnlich durch kein Mittel mehr entzünden, und daher weder zertheilen, noch in Eite¬ rung bringen. Überhaupt kann man aus einer solchen Drüsenbehandlung sehr leicht den gebildeten Thierarzt von dem gemeinen Quacksalber unter¬ scheiden, der auf die Drüsen gemeiniglich das größteGewicht deßwegcn legt, weil die Krankheit Drüse heißt. Wie leicht wäre hier zu helfen, wenn das Hauptleiden in den Drüsen liegen würde, die selbst beim Rotz nicht immer augeschwoilen und verhärtet sind! Mit dieser äußerlichen Behandlung, anfänglich mit Dunstbä- dcrn, dann mit Eolophvnium oder lebendigem Kalk und Quecksilbersalbe verbinden wir bei der bedenklichen Drüse sehr gern innerliche Mittel, weil wir durch vielfältige Erfahrung gegen solche chronische, noch nicht verdächtige Ausflüsse als wirksam befundene Mit¬ telbesitzen. Unter allen diesen Mitteln ist das Terpentinöl als ein kräftig auf die H a r n abso n d c rung, und auf die Haut wirkendes, die Schleimhäute noch überdieß vielleicht eigenthümlich umstim¬ mendes Mittel das vorzüglichste, welches aber in große »Gaben, von k tzoth täglich, immer steigend bis 4 oderki Loth, gegeben werden muß, wenn nicht etwa Harnbeschwerden den weitern Gebrauch dieses Oles für 153 eine Zeit verbieten. Kleine Gaben Terpentinöl nützen nichts. Mit dem Terpentinöl verbinden wir den rohen Spieß glanz, oder auch Blei- zucker; z. B. Terpentinöl 1—2 Loth, rohen Spießglanz —1 Loth, mit Mehl zur Latwerge, anfangs einmal, in der Folge zweimal des Tages; oder Terpentinöl 1—2 Loth, Bleizucker 1 Quintl, mit Mehl zur Latwerge—eben sowie die vorige zu gebrau¬ chen. Dreß ist unsere gewöhnliche Eurmethvde der bedenklichen Drüse, die wir allenfalls noch mit Zusatz von Ingwer, P feffer, Lorber- beeren u. dgl. scharfen balsamischen Mitteln verstärken, die alle spe¬ ci fi sch auf die kranken Schleimhäute und Lymphdrüsen einwirken, und bei chronischen Schleimabsonderungen einen alten bewährten Ruhm ha¬ ben. Wer aber eine bedenkliche Drüse mit dem gewöhnlichen Bittersalz, Enzian, Goldschwefel behandelt, der wird meistens nicht weit damit kommen, und das Leiden in die Länge ziehen, welches so leicht in die verdächtige Drüse übergeht, wo dann auch das sonst so wirksame Ter¬ pentinöl gewöhnlich nicht mehr hilft. Von einer nachtheiligen Einwirkunffdes Terpentinöls oderBlcizu- ckers ist nichts zu befürchten; unsere vielfältigen Erfahrungen bestätigen dieß. In einem Falle einer verdächtigen Drüse haben wir — zwar ohneBessernng der verdächtig en Drüse—binnen41 Tagen l4Pfund Terpentinöl und Pfund Bleizucker ohne den geringsten nachtheiligen Erfolg weder auf die Harnwerkzeuge, noch auf die Verdauung oder ein anderes Organ gegeben. — Sollten aber die Luftsäcke durch vielen krankhaften Schleim ausgedehnt seyu, und kann dieser sich wegen der großen Menge oder dichtem Conststenz nicht aus denselben in die Spalte der Ohrentrompete, und durch ihre trichterförmige Öffnung in die Ra¬ chenhöhle ergießen, um so entweder durch die Nase heransgeworfen oder geschluckt zu werden, so wird die kün stlich e Erö ffnun g und Ent¬ leerung der Luftsäcke nvthwendig, theils um die Athmungsbc- schwerde und das beschwerliche Schlingen zn heben, theils aber um die Folgen des länger» Verweilens dieses krankhaften Schleims in den Luft¬ säcken, die als bedenkliche, verdächtige Drüse, Rotz, Wnrm nur zu gut bekannt sind, zn verhindern. Prof. H ay n e gibt folgendes Verfahren an: Nachdem man das kranke Pferd an eine spanische Wand, vor allem aber den Kopf sehr gut befestigt, und durch die nöthigen Gehülfen unbeweglich gemacht hat (das Werfen eines solchen Thieres ist oft wegen Erstickungsgefahr nicht rath- sam, außer man hat früher den Luftröhrenschnitt oder Stich gemacht), wird in den dreieckigen Raum, der durch den Brustkiefermuskel, die in¬ nere Kieferblutader und die Rundung des Hinterkiefers gebildet wird, ein 3 Zoll langer Einschnitt in die allgemeine Haut, nahe und längs der 154 Schnedes genannten Muskels gemacht, die darunter liegende Portion des Halshautmuskels genannt, und weiterhin zu den Lustsäcken durch Zerreißung des Zellengewebes mittelst der Finger oder sonsteines pas¬ senden stumpfen Instrumentes zwischen der Luftröhre und der äußern Halsvene der Weg, ohne das neunte Nervenpaar, die Schlagadern oder die Ohrspeicheldrüse zu verletzen, gebahnt. Auf diese Art werden die Luftsäcke gut gefühlt, gesehen, dann mittelst eines Troicarts oder Mes¬ sers geöffnet, und ihres Inhaltes durch Mithülfe von Einspritzungen entleert, und um das frühe Verwachsen der Wundränder zu verhü- then, entweder durch die Scheide des Troicarts oder durch einWerg- bäuschchen, noch besser durch ein Eiterband dergestalt offen erhalten, daß das eine Ende des Eitcrbundes an der untern Stelle des Lustsackes an der innern Fläche des Hinterkieserastes zwischen den Ganaschen mittelst einer gebogenen Eiterbandnadel durchgeführt, und so lange darin belas¬ sen wird, bis alles Krankheitsproduct aus den Luftsäcken herausgcflos- sen ist; worauf dann die Heilung meistens ohne viele Schwierigkeiten er¬ folgen wird. — Die Nothwendigkeit der künstlichen Eröffnung der Luft¬ säcke ist übrigens ein seltenerFall. — Bei allen Drüsenleiden, also auch bei der bedenklichen ist der W eid eg ang auf trockenem Boden und war¬ mer Jahreszeit, ein gutes diätetisches Mittel, welches durch die tiefe Haltung des Kopfes beim Grasen die zweite Heilbedingung aufdie ein¬ fachste Weise erfüllen hilft, und so die Cur sehr unterstützt. Die bedenk¬ liche Drüse ist kein Hauptfehler. In polizeilicher Beziehung istdieAbsonderung solcher Thiere durch die Möglich¬ keit e i n e r A n st e cku n g geboten. li) Verdächtige Drüse. (Rotzverdächtige.) So ist ein ansteckendes Drüsenleiden, welches sehr nahe an den Rotz gränzt, undmitAu s nähme der Nasengeschwüre, welche den ausgesprochenen Rotz characterrsiren, nicht wesentlich von demselben verschieden ist, so daß in vielen Fällen eine genaue Son¬ derung dieser beiden Krankheiten nicht leicht möglich ist. Daher betrachtet das österreichische Gesetz die verdächtige Drüse eben so als Hauptfehler, wie den Rotz, und setzt dießfalls beide in eine Rubrik. Die Kennzeichen der verdächtigen Drüse ergeben sich nun wieder aus den sechs Hauptuntersuchungspuncten: 1) Die Na sen sch le imb äute sind blaß, schmutzig gelblich oder sonst mißfärbig, aufgelockert, oft knotig anzu fühlen, hier und da roth gestreift oder punctirt. 2) Der Ausfluß ist von ungleicher Eonsistenz,d.h. eine dünnere Flüssigkeit ist mit stockigen, käsartigen, klumprigen Massen vermengt, 155 er ist schmutzig-weiß oder gelb, oder auch grünlich, aschgrau ; vertrocknet nicht, sondern bleibt schmierig, und verklebt pechartig die Haare um das Nasenloch, kommt gewöhnlich nur aus einem Nasenloche, meistens ans dem linken, oftaberauchausbeidenNasenlöchern, und ist sehr an¬ steckend. Dupuy gibt an, unter 800 Fällen der bedenklichen und ver¬ dächtigen Drüse den Ausfluß nur Einmal aus dem rechten Nasen¬ lochs beobachtet z» haben; warum das linke Nasenloch gewöhnlich lei¬ der, ist nicht genügend zu erklären. 3) Die Kehlgangsdrüsengeschwulst ist gewöhnlich auch einseitig, gewöhnlichan den Kiefer fest angelehnt, kugelförmig, stcinhart (daherauch Ste i ndrüse genannt), unempfindlich, zuweilen aber auch beweglich, in seltenen Fällen ist sie gar nicht vorhanden. Der Grund des Festsitzens oder der Beweglichkeit der Drüsen liegt darin, ob die Drüsen durch das umhüllende und ebenfalls mitergriffene verhärtete Zellgewebe an den einen oder andern Hinterkieferast fest verbunden sind, oder nicht. 4) Die Dauer ist sehr langwierig, kann Monate, oft selbst Jahre lang anhalten. 5) Sie ist i m m e r ohne Fieber. 6) Die Heilung der gewöhnlichen verdächtigen Drüse gehört zu den Wundercuren. Die Ursachen der verdächtigen Drüse sind meistens v o r a u s ge- gaugene gutartige oder bösartige Drüsenleiden, die durch die bedenk¬ liche Drüse in die verdächtige übcrgegangen sind; ohne diese kann aber auch die Ansteck un g durch den verdächtigen Naseuansfluß und andere langwierige cachectische Leiden die Krankheit erzeugen. Die Prognose ist, wie gesagt, fast immer oder eigentlich im- m er ungünstig, denn wo man sich mit der Heilung der verdächtigen Drüse rühmt, hat man wahrscheinlich die bedenkliche Drüse niit der ver¬ dächtigen verwechselt, die oft unmerklich in einander übergehen, und nur durch eine aufmerksame Untersuchung in den obigen 6 Puucten von einander unterschieden werden können. Die Genesung erfolgt deßwegeu nicht, weil wir 1) kein Mittel besitzen, um das in den Kiefer-, Joch-, Sieb-, Stirn- und muschelförmigen Beinen angesammeltc Krankheits- product (Schleim) zu entfernen, welcher ein verschiedenartiges Aussehen annimmt, bald wie Eiter, Lymphe, bald wie ein Rahm oder eine käsige Materie, weiß, grünlich, aschgrau, gelblich aussieht. Lassa igue un¬ tersuchte deu Ausfluß und fand, daß sich der Schleim bei der verdächti¬ gen Drüse und Rotz durch eine größere Menge von E iw ei ß stoss dem Eiter nähere; 2) weil wir ebenfalls kein Mittel kennen, welches die aufgclockerten, erschlafften, durch Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe in 156 ihr Gewebe, verdickten, verhärteten, knotig ausgeriebenen, die fort¬ währende Schleimabsonderung unterhaltenden Schleimhäute, Knorpel oder Knochen dieser Höhlen zur Normalität zurückführen, d. i. umstim¬ men könnte. Es bleibt daher die verdächtige Drüse wegen der Nichter¬ füllung der zweiten und dritten Heilbedingung unheilbar.— Was die in den genannten Höhlen angesammeltcn Krankheitsproducte anbclangk, so hat man allen Grund, siesolange für bloßen Schleim zu halten, als man keine Trennung des Zusammenhanges der Schleimhäute durch Eiterung oder Verschwärung bemerkt, da es bekannt ist, daß Eiter und Jauche nur aus Eiterwunden und Geschwürsflächen, nie aus unverletzten Gebilden abgesondert werden. Allein dieser Schleim wird verändert durch die verschiedenen Schleimhäute, durch die Dauer der Schleimabsonderung, vor allem durch das längere Verweilen in den Hoh¬ len, vielleicht auch durch die Beschaffenheit der Säfte des ThicrcS über¬ haupt, und führt durch dessen Verderbniß und Zersetzung zu neuen Entzündungen derSchleimhäute, die endlich inVerschwärnng übergehen, und so den Rotz erzeugen. Sitzt nun ein solches Geschwür in einer mehr abgelegenen Hohle, so daß dessen Jauche nicht frei aus der Nase herausfließen kann, sondern gemengt und verdünnt durch den übri¬ gen Schleim zum Vorschein kommt, so wird man ein solches Leiden bei Lebzeiten oft für verdächtige Drüse halten, und erst durch die Section als Rotz zu erkennen im Stande seyn. — Übrigens bleibt auch die ver¬ dächtige Drüse bei längerer Dauer nicht bloß ein örtliches Leiden der Nase; sondern wird wie der Rotz einAllgemeinleidcn, welches die Erfül¬ lung der verdächtigen Drüse begründet, worüber beim Rotz das Nähere angegeben wird, um Wiederholungen zu vermeiden. Therapie. Die Behandlung der verdächtigen Drüse ist gleich der bedenklichen; helfen die Mittel für diese nicht, so helfen auch keine an¬ dern. Das Einblasen des lebendigen Kalkes in die Nase, das Einreiben der Merc urial salbe in die äußere Nasengegend, innerlich große Gaben von Terpentinöl mit Spießglanz, Bleizucker, oder mit Cantharidenpulver, sind die rationellsten Mittel, die aber trotz dem selten helfen. Die Canthariden geben wirimmer inBisse n- fo r m auf folgende Art: Terpentinöl 2—3 Loth, Canthariden 10 Gran, Eibischwurzelpulver so viel, daß ein paar Bissen daraus werden, die man in einem Tage dem Thiere eingibt, und damit längere Zeit sortfährt, wenn nicht etwa dieCanthariden durch ihreschar- fen Bcstandtheile trotz der Einhüllung im Eibischpnlver, dicMaulschleim- häntc entzünden und dadurch Störungen im Fressen, vielen Schleim- nnd Speichelfluß u. s. w. erzeugen, wo es dann Zeit ist mit ihrem Ge¬ brauche auszusetzcn, oder ganz aufzuhören, besonders wenn man sie schon 157 längere Zeit ganz ohne Erfolg angewendet hat. Immer aber muß bei der Behandlung solcher Thiere auf st r e n g e Separation Rücksicht ge¬ nommen, und mit der nämlichen Vorsicht wie beim Rotz verfahren wer¬ den , denn die Gefahr der Ansteckung ist äußerst groß. Weil man ziemlich allgemein anerkennt, daß vorzüglich in der Nicht¬ erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingung die Ursache der Unheil¬ barkeit der verdächtigen Drüse zu suchen sey, so hat man vor langer Zeit schon das Anbohren der Kieferhöhlen angerathen und unter¬ nommen, damit die daselbst angesammelten Krankheitsproducte herans- siießen, nnd umstimmende Flüssigkeiten zur Ansspühlung dieser Höb- len eingespritzt werden können; doch war der Erfolg kein günstiger, und kann es nicht seyn, denn wer vermag aus diesen vielfach gewundenen Gängen und Höhlen alles darin Enthaltene zu entfernen? und so lange nur ein Tropfen davon zurückbleibt, ist dieser Krankheitsstoff genug, um das Leiden durch Rückwirkung desselben fortwährend zu unterhalten, um so mehr als die krankhaftabsondernden Schleimhäute nicht umgestimmt werden können. Geht daher Jemand an die Behandlung der verdächtigen Drüse, so soll er es nur versuchsweise thun, und niemals dem Eigen- thümer Hoffnungen zur Genesung machen, die ihn etwa verleiten könn¬ ten, die Cur auf Monate zu seinem eigenen Nachtheil hinausdehnen zu lassen, nnd auf diese Art auch leichter Gelegenheit zu weitern Anste¬ ckungen anderer Pferde zu geben. — Die verdächtige Drüse ist, wie anfangs bemerkt wurde, ein Hauptfehler, und dessen Gewährs¬ zeit 15 Tage. 6) Rotz, auch Ritzigkeit, Hauptsichtigkeit, Hauptmör- tigkeit u. s. w. genannt. Der Rotz, eine schon vor 1500 Jahren von den Schriftstellern als ekelhafte und unheilbar beschriebene Pferdekrankheit, ist eine höchst ansteckende, langwierige, unheilbare, nur bei dem Pferde und seinen Geschlechtsverwandten sich ursprünglich entwickelnde, eigenthümlichc Krankheit, die sich durch ch a n k e r a r ti g e G eschwüre in der Nase oder ihren Nebenhöhlen vor allen andern Drüsenleiden auszeichnet, nnd des¬ halb unheilbar nnd in der Folge tödtlich ist, weil es nicht ein Locallei¬ den der Nase bleibt, sondern zu einem allgemeinen Leiden wird, vorzüglich die Lung e, die G ek rös drü se n, und mehr oder weniger das ganze Lymphsystem anfeindet, dadurch den Verkehr dieser Organe mit den Lebensbediugungen hemmt und aufhebt, deshalb allgemeine Abmagerung, den fauligen Instand (Eacherie), Wurm nnd endlich den Tod herbeifübrt. 158 Auf diese Art führt der Rotz, der anfangs nur ei» örtliches Lei¬ den der ersten Luftwege war, in der Folge zu einem allgemeinen Leiden aller fluffigen und festen Tbeile des Körpers. — Allein es können auch andere Allgemein - oder tzocalleiden, wie wir weiter unten zeigen werden, zu einem örtlichen Leiden der Luftwege und zum Rotz führen, der aber dann wieder in den ganzen Organismus seine giftigen Wir¬ kungen anssendet, und also sein i h m eigenthnmliches Allgemeinleiden dervorrnft. Wir werden wieder beim Rotz die sechs gewöhnlichen Drüsenfra¬ genstellen und hier folgende Resultate erhalten: 1) Die Na senschleimh äu te sind beim Rotz blaß, schmutzig gelblich, oder sonst mißfärbig, roth punctirt, gestreift oder gefleckt, und gewöhnlich an der S ch e i d ew a n d, jedoch auch an andern Stellen der Nase, tiefer unten und sichtlich, oder höher oben und nur durch das Be¬ fühlen mit dem Finger oder aus den ausfließenden Krankheitsproducten erkennbar, mit kleinen gelben Blä s che n, die meistens eine gelbliche Flüssigkeit enthalten und oft zu der Größe einer Linse heranwachsen, oder mit Knötch en, die bald erweichen und platzen, oder schon mit Ge¬ schwüren besetzt, die aus den aufgeplatzten Bläschen sich gebildet ha¬ ben, anfangs klein sind, dann aber immer mehr in die Tiefe und Breite fressen, aufgeworfene, erhabene, rundliche oder ausgezackte, aus- oder angenagte, unebene, weißliche, schwammige, callöse, oft leicht blutende, ringsum mit einem rothen Ringe versehene Ränder und einen ausgehohl- ten, vertieften, blassen, speckartigen, unreinen, oft mit Auswüchsen be¬ sticken Grund haben, die durch diese Umfangsbeschaffenheit die Luftwege der Nase beengen und oft ein schnaufendes Athemholen erzeugen. Alle wirklichen Rvtzgeschwüre sind nur selten mit einem Schorf oder einer Kruste bedeckt. Geschwüre mit dem erstbe¬ schriebenen Aussehen, besonders an ibrem Grunde und Rändern, nennt man, wo sie immer Vorkommen, schon seit uralten Zeiten her ch anker- artige oder deutsch krebsartige Geschwüre, vielleichtdeßwegen, weil es mit ihrer Heilung nie vorwärts geht, indem sie sich selbst überlassen, selten heilen, sondern in die Tiefe und Breite fressen. 2) Der Na sen a usflnß zeigt dieKrankheitsproducte der Schleim- absonderung, Eiterung oder Verjauchung, mit allen ihren Folgen, d. i. Zerstörung der Schleimhäute, Knorpel, Knochen und Durchfressnng der Blutgefäße; daher ist der Ausfluß sehr ungleich consistent, verschieden gefärbt, oft blutig, widrig riechend, aufgelöste Haut-, Knorpel-, Knochen- maffe enthaltend, ätzend, wahrscheinlich wegen seines großem Fettge¬ haltes schmierig, pechartig, klebrig, daher an der Luft nicht trocknend, die Nasenhaare verklebend, im hohen Grade, jedoch nur als fi res 159 Contagium (durch unmittelbareBerührung mit der Jauche) anste¬ ckend , aus beiden oder nur ans einem Nasenloche kommend. 3) DieKehlgangsdrüsen sind wie bei der verdächtigen Drüse geschwollen, hart (Steindrüse), unempfindlich, fest fitzend oder be¬ weglich, oft einseitig, selten ganz fehlend. 4) Der Rotz ist sieb erlös, nur gegen das Ende des Lebens tritt in Folge der vielseitig gewordenen Localaffectionen ein sau lige s Fle¬ be r, wie bei allen chronischen, cachectischen Leiden ein. 5) Die Dauer des Rotzes ist ebenfalls langwierig, denn ein Thier mit Rotz behaftet kann Monate, selbst Jahre lang leben, bevor das Lei den, besonders das Lymphsystem der Lunge anfeindend, so um sich greift, daß es das Thier tvdtet. 6) Der Erfolg der angewendeten Heilmittel ist immer fruchtlos, mit alleiniger Ausnahme des mitgetheilten Rotzes, wenn die ge- schwürige Stelle zugänglich und schnell die Erfüllung der 1., 2. und 3. Heilbedingung zu Stande kommt. Dicß find die wesentlichen Merkmale zur Erkenntniß des Rotzes ; doch sind sie nicht alle krankhafte Änderungen, die der Rotz im thierischen Körper erzeugt, sondern es gibt noch viele andere in andern Eingewei¬ de», die de» Rotz zum Allgemeinleiden gestalten und dessen Unheilbar¬ keit begründen. Darin liegt auch vorzüglich der große Unterschied zwi¬ schen dem eig entl ich en, chronische» und zwischen dem acuten Rotz; letzterer bleibt immer mehr einp ri m ä res Localleiden, und wen» auch mehrere Organe zu gleicher Zeit leiden, so ist dieß vielseitige Leiden durch die g leiche, än ß c r e G e l e g e n h c it s nr sa ch e veranlaßt wor¬ den ; nickt so ist es beim eigentlichen Rotz der Fall, wo das Leiden der übrigen Organe größtentheils nurvon demHaup tlet den der Nase a bhä n g t, also s e c u n däre Krankheiten begründet, durch den Über¬ gang der Rotzmaterie ins Fleisch und Blnt des ganzen Organismus. Bei beiden Rotzarten sind G esch w ü r e in der Nase zugegen, allein der Un¬ terschied liegt darin, daß beim acnten Rotz, wenn die Geschwüre geheilt werden und die gleichzeitige Halsentzündung, Lungenentzündung, Ge¬ därmentzündung, Gehirnentzündung u. s. w. ebenfalls gehoben ist, die ganze Krankheit beseitigt ist ; beim chronischen wahren Rotz aber würde die Heilung der Geschwüre, wenn sie auch gelänge (verheilte Rotzge¬ schwüre bilden weiße, etwas sch wielige, gewöhnlich ste rn förmige Narben), deßwegen wenig helfen, weil der ganze Körper von dieser eingesvgenen Rotzmaterie angesteckt ist, die Nebenhöhlen der Nase voll davon sind, und in der Lunge gewöhnlich unheilbare Knoten, in den Gekrösdrüsen Verhärtungen n. s. w. die Folge sind. Daß aber der acute Rotz in der Folge auch zum chronischen wahren Rotz werden könne, ist 160 schon angegeben worden und für Jedermann leicht begreiflich, der da weiß, daß selbst eine gutartige Drüse zum Rotz führen könne. Ursachen des Rotzes. Die Anlage zur ursprünglichen Ent¬ wicklung hat nur das Pferd und seine Geschlechtsverwandten, Esel u. s. w. Doch hat Prof. Prinz durch Jmpfversnche dargethan, daß das fertige Rotzgift auch auf Schafe und Ziegen übertragen werden könne und sich von diesen wieder auf Pferde mit Erfolg impfen lasse. Auck auf Menschen hat die Übertragung nur allzuoft schon stattgefnnden. Über die vorbereitenden Ursachen insbesondere beim Pferde weiß man wenig mit Bestimmtheit anzugebe» und man beschuldigt in dieser Hinsicht eine erbliche und a ngeb orne Anlage in Folge der Ab¬ stammung von rotzig oder wurmig gewesenen Ältern; ferner Mangel an Nahrung, schlechte Nahrung, schlechte Pflege, Un¬ bilden der Witterung, schlechter Aufenthalt, wodurch die Ernährung im Allgemeinen, folglich auch des Hautsystems unter¬ bleibt, und eine leichtere Verletzbarkeit desselben und des ganzen ka¬ pillar- und Lymphsystems begründet wird; daher wurde der Rotz häu¬ fig in Mißjahren, Kriegszeiten u. s. w. beobachtet und durch Ansteckung zur wahren Landplage verbreitet. ZudenGelegenheitsursachendesRotzes gehören 1) c čr¬ ta rr Hal ische Entzünd ungen der Luftw e ge, z. B. der Streu¬ gel, die Kehlsucht, übergegangene Lungenentzündung, gutartige, bös¬ artige, bedenkliche, verdächtige Drüse; in allen diesen Fällen ist die ver¬ mehrte Absonderung und verhinderte Aussonderung eines kranken, schar¬ fen, entarteten Schl eims die gewöhnlichste Ursprungsquelle des Rotzes, wenn dieser krankhafte Schleim, Entzündung erregend, auf die Schleim¬ häute zurückwirkt und die Entzündung in Verschwärung übergeht; 2) ver¬ schieden« rtige Krankheiten anderer von der Nase oft weit entfernter Organe; denn es ist bekannt, daß beim Pferd der Rotz gewöhnlich das Finale der meisten unheilbaren, innern und äußerlichen, in langwieriger Schleimsecretion, Lymphansschwitzung, Eiterung, Verschwärung oder Brand bestehenden Krankheiten ist, z. B. der Lungenvereiterung, Leber-, Milz-, Nierenentartung, Widerrüstschä- dcn, Genickbeulen, Strahlfänle, Schäbe, Maukegeschwüre, des Wurms u. s. w. Es entsteht nun die Frage, wie aus diesen Krankheiten der Rotz sich entwickelt? Wir denken uns die Entstehungsart also: In allen den genannten Krankheiten, ob sie nun im Kopf, Brust, Bauch, Haut u. s. w. ihren Sitz haben, gibt es Krankheitsproducte übergegan¬ gener Entzündung, z. B. Schleim, Lymphe, Blut, Eiter, Jauche, Brandmaterie. Werden diese Krankheitsproducte nicht entfernt, so wer¬ den sie von den Ly mph g efäßen aufgesogen und auf den gewöhnlichen 161 Wegen dann ins Blut gebracht. Doch die Natur sucht diese Krank- hcitsproductc als fremdartige schädliche Stoffe aus dem Körper zu ent¬ fernen und wählt sich dazu die gewöhnlichen Eutleerungswegc; diese sind die Lunge, äußere Hant, Nieren nnd der Darmcanal. Nutcr allen diesen aber ist die L u n g en a n s d n n st u n g die vorzüg¬ lichste Aussvudcrungsqucllc; allein beim Austritte dieser Krankhcits- producte in Gasform ans der Lunge, wirken diese Krankheitsstvsse ans die Schlcimhautfläche der Luftwege zurück, reizen dieselbe und machen Entzündung, die entweder solche Übergänge macht, wie cs diejenigen waren, aus denen sie ursprünglich selbst entstanden ist, als Schlcim- sccretion, Eiterung und Verschwärung; oder die in Folge langwieri¬ ger Schleimsccretioneu und durch Rückwirkung des nichtabfließcnden und dadurch entarteten Schleims endlich in Verschwärung übergeht. So entsteht Vereiterung und Verjauchung in der Lunge (Lnngenrotz genannt), gewöhnlich aber Verschwärung der Nasen- schleimhäutc, d. i. der eigentliche oder Nasenrvtz. Warum aber gerade in der Nia sc am häufigsten Geschwüre sich bilden, darüber läßt sich nichts mit Gewißheit behaupten; Einige glauben (welche Meinung wir aber mit Gewißheit zu bestätigen uns nicht getrauen), daß der freie Zutritt der atmosphärischeu Luft auf dem ohuedieß krank¬ haften Schleim nicht ohne nachtheilige Wirkung bleibe, sondern den¬ selben ansäncrc und dadurch schärfer nnd ätzender mache, der rückwir¬ kend Entzündungen erregt, die sodann in Verschwärung übergehen. — Wie aber die Natur diese Krankhcitsstvffc am häufigsten durch die Lun- gcuausdüustung zu entfernen sucht, so versucht sic cs zuweilen durch den Darmcanal oder die Harnwcrkzengc und cs entsteht auf die nämliche Art durch Rückwirkung dicscr KrankhcitSstoffc der vou eini¬ gen Thicrärztcn sogenannte Gekrös- und Niercnrotz, die aber ohne gleichzeitige Nasengeschwüre den Namen des Rotzes streng genom¬ men nicht verdienen. Endlich sucht die Natur sich auch durch die Ha u t- ausd ü n stttng der krankhaften eingesogcnenStoffe zu entledigen und dann entsteht der Wurm, der von dem Rotz nur mehr durch den Sitz verschiede« ist, indem der Notz hauptsächlich iu der Schleim¬ haut, der Hautwurm in der allgemeinen Hant vorkommt. Dicß sind die Ursachen nnd die Entstehungsart desjenigen Rotzes, den man den ursprünglich oder von selbst entwickelten Rotz nennt, zum Unterschiede von dem mitgcthciltcn oder angcsteck- tc n, der 3) durch die Ansteckung erfolgt ist. Am häufigsten, am leichtesten und am schnellsten erfolgt die Ansteckung, wenn die anste¬ ckende Nasenjauche thicrischwarm mit der Nnscuschleim- haut eines andern Pferdes durch Ausschnaubcu, Beriechen, Fressen Bleiweis Heklverf. S. Aufl. 11 162 aus einer Krippe, Saufe» aus einem Geschirre in Berührung kommt, welche an Ort und Stelle zuerst Entzündung verursacht, die dann in Verschwärung übergeht, so daß gewöhnlich bis zum 15. Tag der Rotz ausgebildet erscheint. Doch liegt nicht bloß im Nasenausflusse der An¬ steckungsstoff, denn ist einmal die Rotzjauche von den Lymphgefäßen ausgenommen nnd ins Blnt gebracht worden, so ist leicht begreiflich, daß alle Tb eile des thierischcn Körpers, Flüssiges und Festes, von ihr durchdrungen sind nnd durch Berührung ansteckend wirken können, wodurch jedoch äußerst selten die weitere Ansteckung veranlaßt wird, und in diesen Fällen vielleicht noch am häufigsten durch das Einathmcu der ausgeathmcten Luft eines rotzigen Pferdes. > Es gibt zwar Leute, die behaupten, der Rotz sei nicht ansteckend, weil in einigen Fällen rotzigePfcrde, ungeachtet vielfältiger Gelegenheit zur Mittheilung, doch nicht andere eingesteckt haben — allein solche Leute bedenken oder wissen nicht, 1) daß die Rotzanstcckuug nur durch innige Berührung der ganz frischen Rotzmaterie mit den Schleimhäu¬ ten am leichtesten erfolge, 2) daß zu jeder Erkrankung nebst der Ge¬ legenheitsursache auch eine Anlage erforderlich, und daß, wenn die Anlage fehlt, keine Erkrankung möglich sey; wie dieß auch andere ansteckende Krankheiten, z. B. die Schafblattern, Rinderpest u. s. w. deutlich beweisen, die niemals alle Thiere ergreifen, sondern immer einige verschonen, weil es überhaupt keine absolut ansteckenden Krankheiten gibt; 3) fragt es sich noch, ob jenes auch wirklich Rotz, und nicht ein anderer Krankheitszustand war. Folgende Zufälle könne» mit dem Rotz verwechselt werden: n) ein nur gewöhnliches ka¬ tarrhalisches Leiden mit bloß oberflächlichem, durch den scharfen Schleim oder durch sonstige mechanische oder chemische Ursachen (z. B. scharfe Salben, ätzenden Kalk, ätzende Sublimatanflösung, scharfe Chlordämpfe, glühendheißen Rauch, Eingüsse durch die Nase, spitzige oder stumpfe, die Schleimhaut verletzende Gegenstände u. s. w.) erzeugtem Wundseyn der Na sc n schleimh ante, welche Ver¬ letzungen mehr oberflächliche Wunden mit reinem Grunde und bloßer Abschürfung der Oberhaut erzeugen, selten eitern oder Geschwüre bilden, die aber kcineRotzgeschwüre sind, weil ihnen die charakteristischen Merk¬ male des Chankers, wie sic vorn beschrieben wurden, fehlen, und nur von Un- oder Halbgebildeten dafür gehalten werden können; auch b) weißliche N a r b e n von vorausgegangencn Verwundungen der Na- scnschleimhant an der Scheidewand, zufällig oder absichtlich veranlaßt, von verschiedener Größe und Form, könnten den oberflächlich Untersu¬ chenden für Rotz täuschen; ferner können a) Polyp en artige Auf¬ treibungen und schwammige Wucherungen der Nasen- 163 sch lei m h a ur, die meistens leicht bluten und wenn sie eine größere Fläche der Nascnschleimhant bedecken und mehr erhaben sind, ein schnau¬ fendes Athmen veranlassen, für Rotz gehalten werden; was sie aber n i ch t sind — obgleich ihre Heilung durch zusammenziehende Einspritzungen von Eisenvitriol, Bleiessig, Sublimat u. dgl., oder durch Unterbindung, Messer, Glüheisen selten gelingen wird; auch rb a rer Lymphe in die Substanz der Lunge (Hcpatisirung), wodurch die Lunge größer, fester, derber, schwerer wird, und dann fleischige, oder wegen der Ähnlichkeit mit der Lebersnbstanz le der artige oder auch hcpati- sirte Lunge genannt wird (weil kspur deutsch Leber heißt), ist zu ver- muthen aus der länger» Dauer der Entzündung über 3 —5 Tage, aus dem, in Folge der in der Lunge cingesogcnen Lymphe, zähen in Fäden sich spinnenden Harne, ans dem Fühlbarwcrdcn des Herzschlages, der jedoch nicht so ansgcbreitet und eigenartig, wie bei der Wafscrergießung ist; auch ist das obwohl quantitativ und qualitativ veränderte Athens holen bei der Hcpatisirung der Lunge an den Flankenbewegun¬ gen nicht gar so auffallend, wie bei Ergießungen in die Brust¬ höhle, sondern ist mehr kurz, und nimmt das Bauchathmcn nicht so sehr in Anspruch; ferner ans der brennenden Hitze des ganzen Körpers, weil bei diesem Krankheitsproccsse Flüssiges in Dichteres übergeht; aus dem klebrigen Schweiße; ans der tcigartigcn Anschwellung der Haut an der Brust, Bauch u. s. w.; aus dem anhaltenden Fieber, aus dem jugend¬ lichen Alter, und der strammen, an plastischen Stoffen reichen Organi¬ sation der Thicrc. Ist aber gerinnbare Lymphe in größerer Menge und b e- sondcrs um das Herz herum, aus geschwitzt, daun wird der vorher vielleicht deutlich fühlbare Herzschlag trotz der vvrausgegau- genenBlutcntleernngen wenig oder gar nicht fü hlb a r, weil das lymphatische Gerinnsel die äußere Fläche des Herzbeutels überzieht oder sich zwischen Herz und Brustwandnng wie ein weicher, elastischer Polster legt und dadurch das Anschlägen des Herzens an die Brustwandung auf¬ hebt und verhindert. Wenn daher nach 5 Tagen seit der Krankheit, un¬ geachtet der gemachten Aderlässe der Herzschlag nicht deutlich fühlbarwird, so läßt diese Unfühlbarkeit des Herzschla¬ ges immer eine derartige Ausschwitzung befürchten, besonders wenn das Thier sehr gut genährt und mastig ist. Die L u n g e n v e r e i t e r u n g n n d V e r j a n ch u n g (Lnngcnfäulc, Lnngensncht) gibt sich durch einen eitrigen, jauchigen, wegen der Durch- fressnng der Lnngen-Blutgefäße oft blutigen Ausfluß aus der Nase; durch einen widrigen Geruch der ausgeathmcten Lust, einen in Folge des in der Brnst eingesogenen Eiters oder Jauche eitrigen oder jauchigen Bo¬ densatz bildenden Harn; klebrigen, zuweilen widrig riechenden Schweiß; 187 durch anhaltendes heftiges fauliges Fieder (Zehrfieber, Eiterungsfieber genannt) mit deutlich fühlbarem Herzschlag; durch obgenannte Anschwel¬ lungen der Haut, und die lange Dauer der Krankheit durch 7, 10, 14 Tage und noch darüber zu erkennen. Merkwürdig ist cs bei diesem Ent- zündungsübcrgang, daß er oft ganz unerwartet eintritt, wenn man schon ans der Abnahme des Fiebers und der Respirationsbeschwerden Besserung vcrmuthete, die auch wirklich scheinbar cintritt, wenn die Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe fertig ist, nnd diese nur in kleine Parchim der Lunge ausgcschwitztclebensfähige Lymphe mit der Lungen- substanz durch nengebildete Gefäße so innig sich verbindet, daß sic, wie mau zu sagen pflegt, organisch wird. Allein da sie doch nur ein A fter- gebilde ist, stirbt sie früher ab, zersetzt sich und verwandelt sich in Eiter oder Jauche, wirkt als ncnvcrletzcnde Schädlichkeit auf die nach¬ barlichen Lungengebilde zurück, erzeugtsccundäre Entzündungen und mit einem Male treten nun alle früher beschriebenen Erscheinungen der Lun- genvereiterung oder Verjauchung ein, und das Thier ist rettungslos verloren. Dieser Proceß tritt sowohl bei Hepatisirungen, als bei Kno¬ ten der Lunge ein, die häufig vereitert und verjaucht (Eiterkn o ten) angetroffen werden. Wenn der Eiter in einem eigenen Sack eingeschlossen ist, der oft plötzlich berstet nnd den Erguß des Eiters durch die Nase, oft auch schnellen Erstickungstod bewirkt, so nennt man dieß cine V o- mi c a oder Eitersack. Die Lnngenk noten (Tuberkel) sind häufig die Folge voraus- gegangencr Lungenentzündung und haben ihren Sitz (abgesehen von den Tuberkeln in Lymphdrüsen und Schleimdrüsen) in einzelnen kleineren Stellender Substanz der Lunge, entstanden durch ausge¬ schwitzte gerinnbare und verhärteteLy mph e; diese Knoten sind bald in großer Menge vorhanden, nnd die ganze Lunge erscheint sowohl an ihrer Oberfläche, unmittelbar unter dem Lungenfell, als in der Sub¬ stanz damit wie besäet, oder sie komme» in kleiner Menge nur hier nnd da vor; oft sind sie griesähnliche Knötchen, oft viel größere Knoten; oft sind sie ganz festund hart (roh), oft zeigen sie, wenn man sie durch¬ schneidet, einen flüssigen, käsigen, eitrigen, jauchigen Inhalt. Die Lun¬ genknoten tödtcn die Thiere gewöhnlich nicht bald, und sind ihrer nur wenige verhandelt, so leben sie damit fort; ist aber die Lunge vollauf damit besetzt, so verdrängen sie die Lnngcnsubstanz, und stören dadurch die Verrichtungen der Lunge und den Verkehr mit der Lebensbedingung: Lust. Daher magern Pferde mit Lungcnknoten ab, obgleich sie gute Freßlust haben, sie athmen schneller und auffallender, werden deßhalb dämpfig, husten öfters, wenn die Knoten der verhärteten Stellen mit einem Leiden der Schleimhaut der Luftwege vergesellschaftet sind, und 188 der Husten ist bald trocken, bald mit einem Ausfluß eines mehr bröckli- chen Schleimes ans der Nase verbunden. Wenn bei einer Lungenentzündung die heftigem Krankheitserschci- nungen nachlassen, das Fieber ganz verschwindet, grtteFrcßlust wiedcr- kehrt, dabei aber dieThiere ohne eine andere Ursache immer mehr ab¬ magern, öfter hüsteln, auffallender athmen, nicht recht lebhaft in der Bewegung sind und leicht schwitzen, so kann man auf Lnngenkno- cen schließen. Auch der Lnn genbraud wird von vielen Thierärztcn als ein Übergang heftiger Lungenentzündung angeführt, den wir, trotz so vieler Sektionen an Lungenleiden nmgeftandener Thiere, niemals beobachtet haben, und dessen wirkliches Vorkommen, vielleicht mit Ausnahme des Lungenanthrares und traumatischer Lungenentzündungen, wir ans theo¬ retischen und praktischen Gründen sehr bezweifeln. Berstung oder Zerreißung der Lnnge ist ein zwar seltener, aber doch auch zuweilen verkommender, durch heftigen Blutandrang bedingter Fall, der nns schon einige Mal vvrgckonimen ist, besonders wenn die Thiere übermäßig angestrengt und getrieben wurden oder im Laufen wohl gar nicderstürzten, wodurch es geschieht, daß die vom Blut strotzenden Gefäße der Lunge bersten, und die Thiere schnell durch in¬ nere Verblutung zu Grunde gehen, die sich oft auch durch Ausfluß eines reinen, rothen Blutes aus den Nasenlöchern, nebst den gewöhnlichen Erscheinungen einer inneren Verblutung verräth,als da sind: auffal¬ lendste krcidenweiße Bläffe allersichtlichen Schleimhäute, Kälte des gan¬ zen Körpers, kalter Schweiß, große Unruhe und Ängstlichkeit, beschleu¬ nigtes, auffallendes, ängstliches, röchelndes Athemholen, pochender Herzschlag, oft unwillkürlicher Harn- und Mistabgang, Verschwinden des Pulses und Herzschlags. War das Thier vorher gesund, nnd treten nun plötzlich diese gefahrdrohenden Erscheinungen ein, so kann man mit Grnnd auf innere Blutung schließen. Daß bei der Lunge» fän le auch Zerreißung der Lniigcnblutge- fäße durch langsame jauchigeTrennnng nnd Durchsreffung derselben An¬ treten könnte, und daß das bei der Nase sammt einem jauchigen stinken¬ den Ausflüsse (wenn der Eiterabsceß mit den Luftwegen commu- ni eirk) zum Vorschein kommende Blnt das Leiden verrathc, ist schon oben angegeben worden. Die Sectioncn an Lungenentzündung umgestandener Thiere zeigen einen oder mehrere Übergänge der Entzündung, wie wir sie eben jetzt angegeben haben. Ost findet man so große Zerstörungen, daß man sich wundern muß, wie das Thier noch so lange leben konnte — oft wieder so wenig, daß man kaum begreift, daß das Thier davon sterben 189 mußte. Selten tödtet die Entzündung oder Blutcongestion zur Lunge, und nur durch Berstung und innere Verblutung, wobei man in die Brusthöhle ausgetretenes geronnenes Blut, und die Lungensub¬ stanz blaß und welk findet. Am häufigsten findet man in der Bru st- höhle ergossenes Wasser und ausgeschwitzte, weiß-gelblich ausse¬ hende, geronnene Lymphe (Lymphe und Serum sind sehr häufig mit einander gemengt); ferner Ausschwitzungen gerinnbarer Lymphe in die Substanz der Lunge, und die daher rührende rothbraune oder graue Hcpatisirug, die sehr häufig nur die vordem Lungenlap¬ pen, zumal am unter» scharfen Rande, vielleicht wegen der tiefsten Lage der Lunge an dieser Stelle, trifft. Wafferergießnngen in die Substanz der Lunge (Lungenödem) sind viel seltener als in dcnHerzbeutel, der oft auch ganz von ausgeschwitzter geronnener Lymphe umgeben ist. Knoten der Lunge, die entweder ganz fest und hart, oder vereitert und verjaucht sind, so wie Eiterung und Verschwärung, die sich durch einen böchst widrigen Geruch beim Durchschneiden der Lunge zil erkennen gibt, find nicht seltene Entzüudungsübergänge. Findet man den Eiter in einem eigenen Sack eingeschlossen, so nennt man diesen einen Eitersack, deren man ost mehrere antrifft. Übrigens findet mau bei rheumatischen Brustentzündungcn das Brustfell, welches die Lungen und das Zwerchfell umkleidet, so wie den Herzbeutel, und zuweilen auch die innere glatte, seltener die äußere Haut des Herzens entzündet, die Kranzarterien und Venen mit dunklem, schwar¬ zen Blute angefüllt, die Substanz des Herzens zuweilen braunroth, weich, mürbe, wie gekochtes Fleisch; die Klappen durch ausgeschwitztc Lymphe verdickt; so wie bei catarrhalischen Lungenentzündungen die Schleimhaut der Luftröhrenverzweigungen geröthet, und in diesen Gängen Schleim oder ausgeschwitzte gerinnbare Lymphe augesammelt. Lun gen brand haben wir bei de» gewöhnlichen, sporadisch vorkommenden Lungenentzün¬ dungen noch niemals gesehen. Das sogenannte Lungen c m pHy sem (Lungenlustgeschwulst) trifft man mitunter an; wobei sich die Lungen zellen durch Luftinhalt entweder ungemein vergrößern, ohne zu zerreißen, oder aber zerreißen und Luft in das Zellgewebe innerhalb der Lunge, oder an die Oberfläche derselben tritt. Dieß find die gewöhnlichen und wesentlichen Sectionsergebnisse der tödtlichen Lungenentzündungen; trifft man noch andere Änderungen in anderen Organen, so gehören diese nicht den Lungenentzündungen an, sondern gleichzeitigen Evmplicationen oder den Folgen langwieriger Lun¬ genleiden; so z. B. findet man bei lange dauernden Hepatisirungcn, Vereiterungen oder Verjauckmugen der Lunge gewöhnlich Spuren von 190 Ge darm en tzün dung ans dem Grunde, den wir später bei der Prognose der Lungenentzündungen angeben werden. Die Ursachen der Lungenentzündung zerfallen wie überall in vorbereitende, G e le genh e i t s- und nächste Ursachen. Zu deu vorbereitenden gehören vorzüglich alle Extreme in der Temperatur, wenn nämlich die Thiere durch übermäßige Verwen- düng, übermäßige Bedeckung, warmen Aufenthalt, heiße Witterung, u. s. w. erhitzt, und so zu leichtern Verkühlungen, wenn Kälte auf sie einwirkt, vorbereitet werden. Übrigens lassen öfters überstandene Lnn genleid en eine große Anlage zu neue» Luugenerkrankungen zu¬ rück, und man glaubt, daß Pferde mit sehr schmaler Brust (Ha¬ bichtsbrust) große Disposition zu Lungenleiden besitzen, weil der Raum zur freien Bewegung der Lunge während des Athemholens gering ist, daher ein größerer Blutandrang zur Lunge leicht Störungen in der Cir- culation veranlaßt, die sich nicht so leicht ausgleichen, wie bei weiten Brustkörben, und in der Folge zu Entzündungen und ihren Übergängen führen können. Die G e l e g e n h eits n r sa ch e n zerfallen in mechanische, chemische und dynamische. Mechanisch können Lungenentzündungen bei Brustwunden durch Verletzung des Brustkorbes, und gleichzeitige Verle¬ tzung des Brustfells und der Lungensubstanz durch schneidende, spitzige Instrumente, Rippenbrüche durch einen gewaltsamen Stoß, Fall u. s. w. veranlaßt werden. Wurde bei einer solchen Veranlassung die Lunge selbst verletzt, so dringt aus den geöffneten Luftzellen die Luft in die Brust¬ höhle und aus dieser iu das nachbarliche und sodann in das entferntere Zellgewebe der Haut, wodurch diese anschwillt nnd die sogenannte Luft¬ oder W i n d g esch w u l st (blmpll^sem) bildet, die an dem Rauschen und Knistern der darunter liegenden und beim Befühlen verdrängten Luft leicht erkennbar ist. CH emisch wirken scharfe reizende Dämpfe und Gase, sehr heiße eingeathmete Luft, und heißer Rauch wie bei Feuersbrünsten, dann auch ungeschickte Arzneieingüsse, besonders durch die Nase, wenn diese durch die Luftröhre in die Lunge gelangen. Die gewöhnliche Ur¬ sache aber ist dynamisch, nämlich Verkühlung durch kalte Zug¬ luft, kalte, stürmische, rauhe Winde, besonders Nordostwinde, kaltes Saufen, kaltes Schwemmen n. dgl., besonders wenn die Pferde vorher erhitzt und dadurch zu Verkühlungen vorbereitet waren. Durch diesen kaltenTemperaturzustand wird entwederdieLnngeunmittelbar durch die kalte eingeathmete Luft feindlich berührt und verletzt, oder aber erst mittelbar durch die unterdrückte allgemeine Hantansdünstung belei¬ digt. Wir wollen hierin Kürze den Hergang erklären, wie die Unter¬ drückung dcr Hautausdünstnng so viele — man kann sagen diemeisten — 191 Krankheiten, nicht bloß der Lunge, sondern auch anderer Organe erzeugt. Es ist nämlich aus der Anatomie und Physiologie bekannt, daß die äußere Haut, als eines der wichtigsten Organe des thierischen Körpers, von einer bewunderungswürdigen netzförmigen Structnr mit Millionen klei¬ ner, dem bloßen Auge gar nicht sichtbarer Gefäße und Öffnungen (Po¬ ren oder Schweißlöcher) versehen sey, die in unausgesetzter Thätigkeit begriffen sind, theils aus der Atmosphäre nahrhaft und für denLebens- proceß gedeihliche Stoffe einzusangen, theils aber, und vorzüglich alle durch das Ernährungsgeschäft abgenützten, unbrauchbaren, über¬ flüssigen oder wohl gar schädlichen und krankhaften Stoffe aus dem Kör¬ per auszuführen und a u s zusch e i d en. Diese unmerklichen Absonde¬ rungen und Ausscheidungen sind so reichlich, daß nach genauen Beob¬ achtungen eine gesunde Haut täglich, ohne zu schwitzen, mehrere Pfund (tO—12 Pfund in ruhigem Zustande) solcher abgelebter Flüssigkeiten ansdünstet. Ist nun das Thier auf irgend eine Art erhitzt worden, so wurde dabei noch mehr abgelebt, und dieser abgenützten Stoffe sind nun so viel vorhanden, daß sie an der Haut als tropfbare Flüssigkeit, als Schweiß, sich ansammeln. Wird nun diese lebhafteThätigkeit der Ham ans einmal durch Kälte gestört, und die Ausdünstung plötzlich unter¬ drückt, so müßte das Thier auf der Stelle zu Grunde gehen, wenn nichc die immer auf das Wohl des Thieres bedachte Natur anderen Or¬ ganen diesem der Haut gestörte Verrichtung und Ausscheidung über¬ tragen würde. Diese Organe aber, die einstweilen das Geschäft der äußern Haut übernehmen, sind die übrigen Hänte, als Schleim-, serösen und fi b r öse n H ä u t e, weil sie in ihrem Baue und in ihrer Verrichtung viel Ähnlichkeit mit der äußern Haut besitzen, und mit ihr auch in inniger Verbindung stehen. — Da es aber der Schleimhäute, serösen und fibrösen Häute im thierischen Körper so viele gibt, und so¬ wohl die Eingeweide des Kopfes, des Halses, der Brust, des Bauches und der Gelenke von ihnen umkleidet werden, so entsteht nun die Frage, warum werden einmal das Gehirn, ein andermal der Hals, ein drittes- mal die Lunge, zuweilen die Gedärme, die Hufen, s. w. ergriffen? Wir haben schon in der Einleitung angegeben, daß bei diesen Umständen solche Organe erkranken, die entweder die schwächsten in diesem Thicre schon vorher waren, oder aber solche, die gleichzeitig in einem gereizten Zustande sich befanden; wodurch es dann geschieht, daß der ganze Zug des mit solchen abgelebten, und durch die Haut nicht aus¬ geschiedenen Stoffen geschwängerten Blutes zu diesen geschwächten oder gereizten Organen sich begibt, und deren Häute dann das un¬ terbliebene Ansscheidnngsgeschäft überkommen. Da diese Organe aber auch ihre eigene Verrichtung haben, und ihnen jetzt noch ein fremdes 192 Geschäft aufgcdrungen wurde, ft werden sie durch dieses doppelte Ge¬ schäft in ihren normalen Verrichtungen gestört, und durch die fremdar¬ tigen abgelebten Stoffe beleidigt und verletzt. In Folge dieser Verletzung entwickelt sich dann nach der Große derselben eine mehr oder weniger hef¬ tige Entzündung zur Ausgleichung der geschehenen Verletzung. Diese Erklärungsweise gilt für alle Krankheiten, die durch unter¬ drückte Hautausdünstung entstehen, und auf die nämliche Art sind die durch Verkühlung entstandenen Gehirn-, Augen-, Nasen-, Hals-, Lungen-, Gedärm-, Leber-, Nieren-, Blasen-, Hufentzündnngen u. s. w. zu erklären. Befindet sich das Gehirn durch große Hitze oder grelles Licht; der Hals oder die Lunge durch heftige Bewegung oder eingeathmete kalte, rauhe, reizende Luft; die Gedärme durch Fütterungs- fehler; die Hufe durch angestrengtes Laufen am harten steinigen Boden u. f w. in einem gereizten Zustande, so wird der Zug dieser ab¬ gelebten Stoffe mit dem Blute einmal zum Gehirn, das andere Mal zum Hals, zur Lunge, zu den Gedärmen, zu den Hufen u. s. w. gehen, und diese Organe verletzen und krank machen. Die Zeit, in welcher dieLuugenentzündungcnamhäufigstenvorkom- men, ist der rauhe, naßkalte Herbst und das Frühjahr, vorzüglich aber ein sehr kalter trockener Winter, weil die sehr kalte, viel S au er stoff enthaltende Luft die Lunge zu einer lebhaften Thätigkeit reizt, und phlegmonöse Entzündungen verursacht; denn es ist aus der Ehemie be¬ kannt, daß der Sauerstoff, obgleich er Lebenslust heißt, für sich al¬ lein zum gesunden Athemholen nicht taugt, Athmen und Puls noch einmal so schnell macht und zuletzt die Lunge in einen entzündlichen Zu¬ stand versetzt. Es versteht sich wohl von selbst, daß wir und die Thiere im kältesten und trockensten Winter niemals Sauerstoff allein cinath- men, denn die wvhlthätigc Mischung der atmosphärischen Luft mit Stickstoff, etwas weniges Kohlensäure und Wasserdämpfe bleibt sich im¬ mer gleich, allein diese Bestandtheile sind durch die Kälte mehr verdich¬ tet und dieselbe Menge Luft enthält daher im kalten Winter mehr Sauer¬ stoff und Stickstoff, als im heißen Sommer. Dieß sind die gewöhnlichen Gelcgenheitsursachen, welche Lungen¬ entzündungen erzeugen; höchst selten sind Miasmen und noch seltener Eontagien die Ursache derselben. Die nächste Ursache der Lungenentzündung und ihrer Über¬ gänge liegt in der Verletzung entweder der Schleimhäute, der serö¬ sen Häute oder der Substanz der Lunge durch obenangegebcnemechanische, chemische oder dynamische Ursachen, wobei die Natur durch ungewöhn¬ liche Erscheinungen (Krankheitscrscheinnngen) das Zerstörte zn entfernen, dafür Neues zu ersetzen, die Verletzung auszugleichen und den Verkehr mit 193 der betreffenden Lebcnsbedingnng (Lnst) zu unterhalten strebt. Das Heilbestreben der Natur geht sowohl bei der Entzündung als auch bei ibren Übergängen offenbar dahin, die uothwendigen Heilbedingunge» zu erfüllen, allein sie kann oft deßwegeu nicht helfen, weil des Ver¬ letzten zu viel und dieses an solchen Orten angesammelt ist, wo dessen Entfernung nicht möglich ist, wie z. B. in der Brusthöhle, oder Sub¬ stanz der Lunge. Die Prognose bei den Lnngenleiden fällt nach den verschie¬ denen Grundier den und nach der Höhe derselben verschieden aus; die leichtere oder schwierigere Erfüllung der Heilbedingnngen gibt auch hier den Ausschlag. Immer aber sind Lungenentzündungen deßwegeu als gefahrvolle Leiden zu betrachten, weil die Lunge ein sehredlesOr- gan ist, dessen Erkranken den höchst wichtigen Verkehr mit der Lebens- bedingung Luft stört oder wohl ganz anfhebt. Bei allem dem zeigt denn doch die Erfahrung, daß Lungenentzündungen unter all en Entzü nd ungen edlerer Organ e am öftesten heilbar sind und viel seltener als Gehirn- und Gedärmentzündungen tödtlich endigen. Zur Stellung einer verläßlichen Prognose ist es vor Allem nö- tbig ausznmitteln, ob noch Entzündung besteht? welcher Ent- z ü u d u n g sü b e r g a n g i m A n z ug e, vd'er schon förmlich aus¬ gebildet ist? und ob diesem zu Folge die Erfüllung derHeil- b e d i n g u n g e u ganz, theilwcise oder gar nicht möglich sey ? So lange noch bloße B lutco ng e stiv n oder Entzündung da ist, die mau vorzüglich aus der kurzen Dauer der Krankheit von 1, 2 bis 3 Ta gen, aus dem unfühlbaren Herzschlage und dem rothen, bierbraunen, nicht schäumenden Harn erkennt, ist die Prognose, wenn die Entzün düng nicht sehr hochgradig , g ü n st i g zu stellen, denn die Lungen¬ entzündung für sich allein tödtct die Thierc fast nie, und für die Entfernung des Krankheitsproductes Blut besitzen wir bewährte kräf¬ tige Mittel. Auch S chle im se er etion en und seröse Ergießun¬ gen leichtern Grades bedingen eine günstigere Prognose, weil die Ent fernung dieser Krankheitsproducte ebenfalls noch leichter ist. Sind A n s- schwitznngen gerinnbarer Lymphe in die Brusthöhle oder in die Substanz der Lunge (Knoten und Hepatisirnngen) eingetreten, dann ist die Aufsaugung dieser dickern Flüssigkeit viel schwieriger und die Prognose wegen der schwierigen! Erfüllung der 2. Heilbedingung viel ungünstiger zu stellen. Ist V e r e i t e r u n g oder Verjauchung der Lunge eingetreten, dann liegt es außer dem Bereiche der Natur- und Kunsthülfe, Heilung herbeiznführen und ein baldiges tödtliches Ende ist unvermeidlich; stinkt einmal die an sgeath mete Luft oder kommt reines oder mit Zaucke vermengtes Blut aus Blelweis Heilverf. 3. Aufl. 13 194 der Nase zum Vorschein, dann ist keine Rettung mehr möglich, aus¬ genommen , es wäre die Verjauchung auf eine kleine Stelle beschränkt oder der Eiter durch einen Eitersack begränzt, so daß dieses Krankheits- product nicht weiter um sich greifen und vollständig durch die Luftwege entleert werden kann, was aber höchst selten der Fall ist. Lungen¬ knoten tüdten dieThiere gewöhnlich nicht plötzlich, allein sie machen dieselben zu Kränklern und Schwächlingen, weil Knoten in der Lunge den Raum der Lnftbläschen verdrängen (je mehr Knoten, desto weniger Lunge) und dadurch den normalen Verkehr zwischen Luft und Blut stö¬ ren; solche Thiere verlieren ihre Munterkeit und Bauchbarkeit, ma¬ gern ab, und gehen, wenn die Knoten in Eiterung oder Verschwärung übergehen, durch Wurm, Rotz und allgemeine Cacherie, freilich erst nach längerer Zeit, zu Grunde, deren längere Erhaltung, wenn sie auch durch Kunsthülfe gelänge, nur mit ökonomischem Nachtheile ver¬ bunden wäre, denn an eine Heilung ist in diesem Falle niemals zu den¬ ken. — Ist die Lungenentzündung übersehen und vernachlässigt worden und kommen die Thiere erst nach mehreren Tagen in ärztliche Behandlung, dann ist die Prognose wegen der bereits eingetretenen Übergänge und deßhalb schwierigen Erfüllung, besonders der 2. Heil¬ bedingung zweifelhaft, wenn nicht absolut ungünstig zu stellen. Lungenentzündungen mit dem heftigen, am ganzen Körper fühl¬ baren Herzpochen haben sich, mehrfachen Erfahrungen zu Folge, an unserer Klinik nicht so gefährlich bewiesen, als sie aussehen; war die Krankheit nicht vernachlässigt, so wurden die Thiere meistens in ein paar Tagen wieder hergestellt; wurde sie aber vernachlässigt, so machte sie ähnliche Übergänge wie andere Lungenentzündungen, oder es riß die Lunge und eine schnell tödtliche innere Verblutung war die Folge, oder es trat wegen der heftigen Zusammenziehung und Ausdehnung des Herzens völlige Erschöpfung seiner Triebkraft und Lähmung des¬ selben ein. Günstige Zeichen für die Besserung der Lungenleiden sind: 1) das Anschwellen der Revellirungsstellen, und wenn das gesteckte Le¬ der die Absonderung eines guten, dicken, weißlichen Eiters bewirkt, 2) das Abnehmen der Pulsschläge und der Athemzüge, und das Voller¬ werden des kleinen, früher wenig fühlbaren Pulses, 3) größere Mun¬ terkeit des Thieres, 4) reichlicher, trüber, milchiger Harnabgang, und allgemeiner Schweiß, 5) Erwachen der Freßlust, 6) Wiederkehren frü¬ herer Gewohnheiten oder Unarten der Thiere, z. B. des Koppen, We¬ ben, Beißen u. s. w. 7) Kräftiger klangvoller (freiwilliger oder künst¬ lich erregter) Husten als Beweis größerer Lnftmenge, 8) Niederlegen der Thiere. — Auch das Aussetzen des Pulses nach dem Ge- 195 brauche des Fingerhutkrantes babeu wir ost als eine günstige Vor¬ bedeutung beobachtet. Viele Thierärzte halten auch die sülzigen, teigartigen oder mehr wassersüchtigen Geschwülste, die nicht selten an Brust, Bauch, Schlauch, Euter oder an den Füßen entstehen, für günstige kri¬ tische Erscheinungen, die sie deßhalb mit dem Namen der kritischen Ablagerungen belegen; eben so gilt ihnen der schnell entstehende und meistens eben so schnell vergehende Hanta ns sch lag au verschie¬ denen Stellen des Körpers unter der Form mehr oder weniger schmerz¬ hafter, kleinerer oder größerer Beulen, dem sie den Namen acuter Hautausschlag, Hitzblattern, Nesset anssch la g, acu¬ ter Wurm u. s. w. geben, für ein günstiges Zeichen. Wir aber, die wir viele Thiere mit diesen Ablagerungsgeschwül- stcn genesen undumstehen gesehen haben, können diese Geschwülste, mehrfacher Erfahrung zu Folge, weder für ein unbedingt günstiges, noch schlimmes Zeichen ansehen. Als die Folge eines wohlthätigen Heil¬ bestrebens der Natur, die Krankheitsproducte durch die Haut zu ent¬ leeren, halten wir diese Geschwülste auf jeden Fall; allein es kommt dabei vorzüglich darauf an, ob es der Natur gelingen wird, alle Krankheitsproducte auf diesem Wege aus der Brust zu schaffen, oder nicht? Gelingt ihr dieß Bestreben vollkommen, so daß die 2. Heilbe- dingung vollständig erfüllt wird, so wird allerdings Genesung er¬ folgen und diese Geschwülste sind dann offenbar als günstige kritische Ab¬ lagerungen anzusehen; gelingt ihr wohlthätiger Plan aber nicht oder nur sehr unvollständig, dann kann keine Heilung eintreten, eben so wenig als Leim Koller, wenn man z. B. nur ein Drittel oder die Hälfte des ergossenen Wassers entfernen, das übrige aber an Ort und Stelle bleiben würde. Frägt man uns, wie wir die Entstehung dieser Ablagerungs geschwülste oder des Hautausschlags erklären, so ist unsere Antwort folgende: Die Natnr sucht immerfort die abgenützten oder krankhaft erzeugten Stoffe (Krankheitsproducte) zum Wohl deö Thieres, vorzüglich durch die Lunge, äußere Haut, Nieren und Darmcanal zu entfernen. Da aber bei den Lungenleiden die Verrichtungen der Lunge gestört sind, hiermit auch ihr Ausscheidungsgeschäft gehemmt ist, so übernimmt sehr häufig die Haut das Geschäft der Lunge. Die in der Brusthöhle von den Lymphgefäßen aufgesogenen Krankheitsproducte (Serum, Lymphe, Eiter n. s. w.) kommen nun zuerst ins Blut und durch dieses sollen sie durch die Hautausdünstung aus dem Körper ansgeschieden werden. Allein an der Haut angelangt, reizen sie dieselbe, bevor sie noch aus ihr 13« 196 hervortreten, vermöge ihrer besonders fremdartigen, krankhaften Be¬ schaffenheit, erregen dadurch in der Haut Blutcongestion, Entzündung oder auch einige ihrer Übergänge (Wasserergießung, Lpmphausschwitzung, Eiterung, Verschwärung), und in diesen Grundleiden bestehen die Ab- lagerungsgeschwülste und der H aut a usschlag. Beide sind nichts anders als entweder Blutcongestion zur Haut, wie dieß der schnell entstehende und schnell wieder vergehende Hautausschlag be¬ weist, oder aber wirkliche Hautentzündungen oder ihre Üb er¬ gänze, wie dieß die Ablagerungsgeschwülste beweisen, die anfangs heiß und schmerzhaft mit Blut, später aber kühl und schmerz¬ los mit W a s se r oder L p m p h e, seltener mit Eiter oder Jauche gefüllt sind. Die nächste Ursache ihrer Entstehung ist in beiden Fällen die Verletzung der Haut durch die hier einen Ausweg suchenden K r a n k h e i t s p r o d n cte. Diese Erklärungsart ist die naturgemäße und die wahre; denn der thierische Körper ist kein todter Schlauch, in welchem sich die Flüssig¬ keiten bald hin bald her setzen und ablagern und diese Anschwellungen bilden, wie viele Tbierärzte es glauben und dadurch offenbar ihre Un¬ wissenheit zur Schau tragen. Sie glauben zwar ihre Meinung des Hin- und Herwanderns der Krankbeitsstoffe durch die Erfahrung zu bekräfti¬ gen , daß die innern Krankheitserscheinungen sich vermindern, wenn diese Geschwülste von außen entstehen, und daß dieselben im Gegentheile sich verschlimmern, wenn diese äußern Geschwülste verschwinden. Wir widersprechen dieser Erfahrung nicht, allein der Grund dieser Erschei¬ nung ist ein anderer, als derjenige, den sie angebeu, nämlich das Her¬ umwandern und Übersetzen der Krankheitsstoffe von einem Organ zum andern. Denn ist das Lungenleiden sehr heftig und die Entzündung im Innern sehr stark, so wird es an der Haut, als einem weniger edeln Organ, zu keiner bedeutenden Entzündung kommen können, weil das innere Leiden das äußere übertrifft; ist es aber an der Haut wegen Nachlassen des innern Leidens zu einer Entzündung gekommen, so wird diese wieder zurücktreteu oder ganz verschwinden, wenn neuerdings das innere Leiden heftiger geworden ist, und sich verschlimmert hat. Hand¬ greifliche Beweise dieser Behauptung sind, daß die stärksten äußerlichen revellireuden Mittel, z. B. scharfe Einreibungen, Eiterbänder, Leder¬ stecken keine entzündliche Wirkung hervorbringen, so lange das innere Lungenleidcn sehr heftig ist, daß aber diese Wirkung oft erst nach meh¬ reren Tagen eintritt, wenn sich das innere Leiden gebessert und ver¬ mindert hat; daher schwellen die scharf eingeriebenen Bruststellen ost erst nach 3 , 5 und noch mehreren Tagen an; daher wirkt das Leder oft erst in eben so vielen Tagen, oder es ist bei tödtlicheu Lungenentzün- 197 düngen oft durch kein Mittel in der Welt eine Revellirnng hervorzu¬ bringen.— Nebst der angeführten Ursache schwellen den Pferden, wenn sic gesund oder krank lange stehen müssen, ohne bewegt zu werden, häufig die Füße bedeutend an; hier ist Mangel der Bewegung die Schuld dieser Anschwellungen, weil die Eirculation der Säfte au den Füßen, als den tiefsten Stellen des Körpers, ohnehin am lang- samsten ist, und daher Stockungen des Blutes in den Venen, Stockun¬ gen in den Lymphgefäßen u. s. w. leicht entstehen und die genannten Anschwellungen, die am besten die Bewegung des Thieres wieder heilt, zur Folge haben. Weil wir die günstigen, ans Besserung der Lungenentzündung hin¬ deutenden Erscheinungen angeführt haben, müssen wir auch die schlim- men Zeichen anführen, damit der Thierarzt nach dieser Richtschnur die Voraussage mache. 1)Jst die Lungenentzündung vernachlässigt und schon einige 3, 5 oder noch mehrere Tage alt, so ist schon aus diesem Grunde wegen der eben eintretenden oder schon eingetretcnen Übergänge die Prognose immer zweifelhaft zu stellen. 2) Schlimm ist es, wenn die revellirenden Mittel keine oder nur sehr wenig Wirkung machen, was als sicherer Beweis gilt, daß das innere Leiden viel heftiger ist, und daß die Natur so zu sagen ihre ganze Aufmerksamkeit, ihr ganzes Empfindungsleben, auf das Lungenleiden gekehrt hat, daher äußere Einwirkungen auf die Haut, gar nicht oder nur wenig empfindet. 3) FortwährendesZunehmcn des Fiebers und der Athemzüge, 80—90 Pulsschläge, 40—50 Athemzüge in einer Minute sind sehr gefährliche Zeichen. 4) Wenn trotz der reichlichen Blntlässe der Herzschlag nicht fühlbar wird, und der Puls klein, zusammengezogen und schwach bleibt, (lauter Zeichen des anhaltenden hochgradigen Entzündnngszustandes und verwaltender Contractivn des Herzens) oder wenn der früher deut¬ licher fühlbare Herzschlag, bei gleichem Stand der übrigen Krankheits- crscheinungen, auf einmal unfühlbar wird, als Beweis cingetretener lymphatischer Ausschwitzungen ums Herz. 5) Festes Anliegen der Haut an die unter ihr befindlichen Theile, denn wenn dieHaut und das Zell¬ gewebe ihre Lebensfülle (Lebensdunst) verlieren, so verschwindet die Elasticität oder Geschmeidigkeit derselben, sie wird trocken, spröde, liegt knapp an die darunter liegenden Gebilde an und läßt sich schwer aus¬ heben oder fairen— ein Beweis, daß die Lebenskräfte im Allgemeinen, folglich anch in der Haut schwinden. Es ist daher dieses Befühlen der Haut, z. B. an der Schulter, Hinterbacken u. dgl. in prognostischer Hinsicht bei diesen und allen andern bedeutenden Leiden nicht zu verab säumen; der Unterschied, der sich bei dieser Untersuchung ergibt, ist für das Gefühl derselbe, wie wenn man ein gut bearbeitetes Leder l98 oder em hart und spröde gewordenes zwischen die Finger nimmt. 6) Kälte der Extremitäten, der Ohren, der ansgeathmeten Lust bei Un sühlbarkeit des Pulses sind sehr schlimme Vorbedeutungen aus leicht be¬ greiflichen Gründen. 7) Stinkt die ansgeathmetc Lust, oder kommt Blut aus Nase oder Maul zum Vorschein, so ist das Thier fast immer rettungslos verloren. 8) Stinkende Durch fälle und das After athmen sind bei länger dauernden Lungenleiden sichere Vorboten des nahen, in wenigen Tagen erfolgenden Todes. Es ist hier am rechten Orte, die Entstehung beider dieser Erscheinungen, die häufig bei allen länger dauernden Krankheiten am Ende des Lebens eintreten, zu erklä¬ ren. Was 1. die stinkenden Durchbrüche anbclangt, so liegt ihre Ursache in einer Entzündung der Gedärme, die entweder durch Rückwirkung der gemeingährenden Futterstoffe oder durch Rück¬ wirkung der unverwendeten Verdauungssäfte, z. B. der Galle, des Magen- und Darmsaftes, pancreatischen Saftes u. s. w. entsteht. Thicrc mit langwierigen Lungenleiden fressen gewöhnlich wenig, die abgesonderten Verdauungssäfte haben daher nichts zu thun, weil keine Futterstoffe da sind, mit denen sie sich mengen könnten; sic wirken da her reizend auf die Darmschleimhäutc zurück, machen Entzündung und gehen mit den Productcn der Entzündungsübergänge (Schleim, Lymphe, Jauche, Brandmaterie) ab. Sind anfangs noch einige Fntterübcrreste da, so werden diese wegen gesunkener Lebenskraft im Allgemeinen, folg¬ lich auch der Verdauungskraft insbesondere, nicht gehörig verdaut, son¬ dern gehen in die gemeine, saure oder faule Gährung über, deren Pro- ducte wieder reizend auf die Darmwandungen einwirken und Entzün dnng und obgenannte Übergänge unter der Form des Durchbruchs ver¬ anlassen. Was 2) das Nfterathmcn anbclangt, so versteht sich von selbst, daß dieses kein eigentliches Athmen ist, denn die Lunge hat mit dein After keine Verbindung, sondern es ist nur ein unwillkürliches Hinein- und Heranstreten der äußern Luft in den Mastdarm, in Folge des offenstehendeu Afters, weil dessen Schließmuskel sehr erschlafft oder ganz gelähmt ist, daher dieser den Aster nicht verschließen kann. Die Lähmung des Afterschließmuskels ist in diesen Fällen meistens die Folge der allgemeinen Schlaffheit und Schw äche, und des höch¬ sten Grades des fauligen Allgemeinleidcns; kann aber auch nur ein bloß örtliches Übel seyn. Wie nun das Thier mit der Lunge auSathmet, so wird dadurch die Brusthöhle verkleinert und die Bauchhöhle erweitert und in diesem Augenblicke tritt die Luft in den offcnstehenden Mastdarm ein; wie aber das Zwerchfell beim Einathmen auf die Gedärme drückt und sie mehr zusammcnprcßt, wird die früher in die Därme cingctrc- tenc Luft ausgetrieben nnd dadurch das uneigentlich sogenannte After- 199 athmeu hcrvorgebracht, welches gerade entgegengesetzt zumLungeualh- men sich verhält. Die Therapie bei den Lungenkrankheiten muß 1) dem Grund- lei den und 2) dem Grade derselben entsprechend seyn. Hält sich der Thierarzt an diesen doppelten Maßstab, so wird er immer das rechte Mittel treffen, um in jedem Falle die nothwcndigen Heilbedingungen zu erfüllen. DasErsteist also auszumitteln, ob Entzündung zugegen ist, oder ob Entzündungsübergänge und welche, entweder erst im Anzüge, oder schon förmlich ausgebildet vorhanden sind ? Das Zweite istdie Ausmittlnng desGradcs, Umfanges und des Stadiums des vorhandenen Grundleidens. Sprechen die Erscheinungen für das Vorhandensepn derEntzü n- düng, so sind, sobald die Lungenentzündung einen etwas höher» Grad erreicht hat (und dieß zeigt der Puls über 60 ziemlich verläßlich an): 1) Blutcntlcerungen aus der Halsvenc das vorzüglichste, durch kein anderes zu entsetzende Heilmittel, um die nothwendigste zweite Hcilbedingung zu erfüllen. Wer bei hochgradigen Lungenentzündungen nicht gleich anfangs Blut und nach Umständen viel Blut läßt, der ist selbst Schuld, wenn die Entzündung unheilbare Übergänge macht, die dann gewöhnlich durch kein anderes Mittel gut gemacht, durch spätere Aderlässe aber nur noch verschlimmert werden. Es gibt Thierärztc, die sich vor dem Blutlasscn ungemein fürchten und so lange als möglich dasselbe verschieben, dadurch aber gerade die rechte Zeit zum Aderlässen versäumen, und wenn dann dnrch ihre Schuld die Thiere zu Grunde gehen, den unglücklichen Ausgang dem Blutlasscn zuschreiben. Wir wollen keine Blutsauger heißen, müs¬ sen aber bei hochgradigen Lungenentzündungen zeitliches, tüchti¬ ges, nach Bedarf mchrmal wiederholtes Aderlässen, vielfachen Er¬ fahrungen zu Folge, nachdrücklichst empfehlen. Es gibt zwar Thierärztc, die sich der besten Erfolge ohne Blntcntleerungen rühmen, allein das ist nur Zufall — aufs Gerathewhol aber werden wir uns nicht eines Mittels begeben, welches lange Erfahrung als das erste entzündungs¬ widrige Heilmittel bekräftigt hat. Kommen auch zuweilen Thiere mit Lungenentzündungen ohne Aderlässen mit dem Leben davon, so ist doch Dampf, chronischer Husten u. s. w. nur allzuhäufig die Folge des versäumten Aderlaffens. Aber das Aderlässen schwächt die Thiere, die ohnehin vor Schwäche kanm stehen können! sagen die Feinde des Blutlassens — wir aber und alle guten Thierärzte behaupten: das Aderlässen zu rechter Zeit stärkt die Thiere! denn die Thiere, welche vorher wegen Blutandrang znr Lunge kaum stehen 200 konnten, werden ost Plötzlich munterer und stärker und desto stärker, je angemessener die Menge des gelassenen Blutes der Größe der Ent¬ zündung war. Wir entleeren nach der Größe der Entzündung und nach der Größe und Organisation der Thiere bald 8, 10,12, ja selbst 16 Pfund Blut auf eiumal, und wiederholen, wenn die entzündlichen Erscheinun¬ gen nicht abnehmcn, oder wohl gar zunehmen, in der Regel von 10 zu 10 Stunden in den ersten zwei oder drei Tagen, die Ader¬ laß zum zweiten, dritten, ja selbst zum vierten Mal in etwas gerin¬ gerer Menge, zur Berücksichtigung des Her zsch la g es und des aus der Ader gelassenen Blutes. Die Fälle, wo wir bei einer Lungenent¬ zündung im Ganzen 30—40 Pfund Blut mit Vvrtheil gelassen haben, sind gar nicht selten. Wird der Herzschlag deutlich fühlbar, und zeigt das Blut eine Spe ckhaut und viel Blutwasser, so lassen wir — aber nur immer mit Berü cksichtignug der übrigen Krankheitserscheinungen — entweder weniger oder gar kein Blut mehr. Nie aber soll der Herzschlag oder das Blut für sich allein über das Blntlassen oder Nichtlassen entscheiden. Ist das Lei¬ den hochgradig und noch neu (d. i. ein, zwei, drei Tage alt), ist der Harn feuerroth oder bierbrann, so ist Entzündung noch zugegen, und in einem solchen Falle darf weder der etwas fühlbare Herzschlag, noch das erste mit Speckhaut und Blutwasser versehene Blut (sauli- g es Blut genannt) den Thierarzt vor einer Wiederholung des Blut- lasscns abschreckcn, wenn das zunehmende Fieber und die Athmnngs- beschwerdc es gebieten. Freilich sind der unfühlbare Herzschlag (mit Ausnahme beiLymphausschwitzung) und das zu ciuem festen Blutku¬ chen geronnene Blut ohne Speckhaut nnd ohne Blutwasser (entzünd¬ liches Blut genannt) in der Regel Zeichen des entzündlichen Characters und bestimmtere Anzeigen zur Wiederholung des Blutlas¬ sens ; allein auch faulig orgauisirte Thiere mit fühlbarem Herzschlag können eben so in Lungenentzündungen verfallen, und bedürfen, weil Entzündung immer Entzündung bleibt, eben so der Blutcntlccrungcn, wie entzündlich orgauisirte, ja das Aderlässen darf bei ihnen noch we¬ niger verspätet werden, weil Entzündnngsübergänge, wegen der grö¬ ßer» Verletzbarkeit nnd geringer» Reaktion, noch viel früher eiuzutrc- ten pflegen, als bei den entzündlich organisirtcn. ES ist daher das so¬ genannte entzündliche und fauligcBlut kein sicheres, unbedingt wahres Merkmal des entzündlichen oder fauligen Charakters; wir haben ver¬ suchsweise schon einige Mal bei ganz faulicht organisirten, viele Tage an der Kreuzlahme, Schlagflnß u. dgl. leidenden, abgemagerten, an verschiedenen Stellen des Körpers brandig aufgclegenen, dem Tode na- 201 Heu Thieren Blut entleert, nm dieses zu untersuchen, und haben cs in mehreren Fallen duukelroth, sest geronnen, ohne Speckhaut und ohne Blutwaffer gefunden — dagegen waren wiederholte Blutentleerungen, obgleich das erste Blut Spcckhaut und Blutwaffer zeigte, bei Lungen cntzündungen an unserer Klinik ost vom besten Erfolge gekrönt. Es sollen daher diese Beweise dazu dienen, den jungen Pfcrdearzt zu über zeugen, daß er wohl immer große Rücksicht ans den Herzschlag und das entleerte Blut haben, sich aber niemals durch das eine oder das andere Zeichen allein leiten lassen soll. Wir haben oben gesagt, daß man die Wiederholung des Blut- lassens von 10 zu 10 Stunden, nur in sehr dringenden Fällen noch früher, vornehmen soll, denn unfeinen Schlag wird keine heftige Ent¬ zündung gebrochen und verschwinden, sondern sic braucht eine gewisse Zeit zu ihrem Verlaufe und ihrer allmLhligcn Zertheilung. Ein Thier- arzt, der nach ein paar Stunden gleich wieder zur Ader läßt, wenn die Entzündung sich nicht auf der Stelle um die Hälfte vermindert hat, zeigt, daß er den Verlauf der Entzündungen gar nicht kenne, und ttn- mögliches von der Natur fordere. Ganz anders ist dieß bei einer Blut¬ congestion der Fall; hier kann schnelle und fast augenblickliche Besse¬ rung erfolgen, aus Gründen, die wir in der Einleitung in Bezug auf Blutcougestion und Entzündung aufgestellt haben. Nebst den Blutentleerungcn, selten ohne diese, müssen 2) nach¬ drücklich Frottirungen dcr Hant mit Strohwischen u. dgl. und nm die Hantausdünstung und den Blntzufluß zur Haut noch mehr zu befördern, B e sp r i tz u n g c n m i t T c rp e n t i nöl besonders am Rücken und Leib, 3) scharfe Einreibungen ans Terpentinöl, Lvrbccröl und Canthariden in die Brust uud das Lederst ecken in die Schau¬ fel knorpelgegend, nach vorausgeschickter Aderlaß, angcwcndet werden; 4) reizende und den Darmcanal entleerende Klpstiere ans Kochsalz u. dgl. sollen nie verabsäumt und 5) für einen warmen, von Zugluft freien und reinlichen Aufenthalt und gute Bedeckung immer gesorgt werden; 6) das Futter soll den Thieren, was sie ohnc- hiu meistens selbst verschmähen, während der Entzündung ganz entzo¬ gen, der gewöhnlich große Durst aber nach Verlangen mit überschla¬ genem reinen, oder mit Mehl schleimig und mit Salpeter salzig ge¬ machten Wasser befriedigt werden. DicThicrc beiLungencntzünduugcn viel trinken lassen, unterstützt die Eur sehr und soll nie vernachlässigt werden; die Natur weiß am besten, was ihr wohl thut, daher wollen die Thiere mit Lungenentzündungen gewöhnlich, wenn die Empfindung durch das heftige Brustleiden nicht zu sehr abgestumpft ist, viel saufen. Durch das Getränk erquickt sich das heftig fiebernde Thier, wie das 202 der Meuschaus eigener Erfahrung weiß; zweitens wird durch das viele Trinken die Hautausdüustnug und Harnabsoudcrnug vermehrt/ und dadurch die Entfernung der Kraukheitsprvductc auf diesen Wegen an geregt und befördert, und dadurch die Entzündung nnd das Fieber ge¬ mäßigt. — Alle bis nun genannten Mittel sind wahre entzünd ungs- widrigc Mittel nnd erfüllen vorzüglich die zweite Heilbedingung ; die Blntentlcerungen vermindern die Masse des Blutes an nnd für sich ; das Frottiren nnd Bespritzen der Haut, so wie das Ledersteckcn, die reizenden Klystiere, der warme Aufenthalt nnd die gute Bedeckung lei tm das Blut von den Lungen ab, nnd führen es zu diesen künstlich gereizten Theileu, daher diese Mittel auch ableitende oder revel- lircn d e Mittel heißen (das Leder soll nur so lange, 3, 4, 5 Tage, in der Wunde gelassen werden, bis die Krankheitserscheiuungen Nach¬ lassen); etwas Ähnliches leistet das viele Getränk; so wie dcrFutter- abbruch die zu viele Blutbereitnng verhindert, weil den Organen da¬ durch das Material entzogen wird, ans dem sie das Blnt bereiten. Blntvermindernng nnd B lutableitung wird demnach durch diese Mittel crzwcckt, nnd dadurch die wichtigste zweite Heilbedingung erfüllt. Aber auch für die Erfüllung der ersten Heilbedingung wird durch die Frottirungen und Bespritzungen der Haut, durch den warmen Aufenthalt und die warme Bedeckung gesorgt, und dadurch die unter¬ drückte Hautausdünstttug befördert, welche die gewöhnlichste Ursache der Lungenentzündung ist. — Was die Einreibungen mit der Scharf- salbc nnd das mit ihr getränkte Leberflecken aubelangt, so wehren sich freilich manche Thierärzte gegen dieses Mittel, weil sic behaupten, daß man dadurch (durch die Canthariden) Gift in den Leib derThicre treibe, und die Ficbcrreize vermehre. Diese Behauptung ist so sinnlos, daß sie keiner Widerlegung bedarf; nur der Schwachen wegen, die oft nur nachbeten, was Andere sagen, will ich anführen, daß die Can- tharidcn ein scharfes und ätzendes Mittel sind, die in diesem Falle eine örtliche Hautentzündung verursachen, welche der Thierarzt gerade we¬ gen der Ableitung des Blutes beabsichtigt. Die Wirkung der Cantha¬ riden bleibt daher größtcntheils örtlich, und wenn auch etwas weniges der Canthariden durch die Lymphgefäße anfgesogcn wird, so ist cs be¬ kannt, daß die Canthariden vorzüglich ans die Hautwcrkzcuge wirken, nnd eine vcrmebrte Harnabsondcrung bewirken, was gerade ein erwünsch¬ tes Mittel für den Thierarzt wird, der bei Lnngcnleiden so häufig harntreibende Mittel verordnet. — Dieß sind nun die vorzüglichsten chirurgischen und diätetischen Heilmittel bei Lungenentzündungen; nebst diesen aber wendet man auch pharmaceutischc oder iuncrlichc Arzneimittel an, die bei Luugenlcidcn immer in Form von La twer 203 gen, niemals von Eingüssen gegeben werden müssen, denn die Bei bringnng der Eingriffe ist wegen des beschleunigten und beschwerlichen Athcmholcns gefährlich, weil dabei leicht etwas von ihnen in die Luft¬ wege gelangen kann, nnd die Entzündung verschlimmern würde. Un¬ sere gewöhnliche Latwerge bei Lungenentzündungen ist: Bittersalz 4 Loth, Camillen 2 Loth, Schwcfellcber 1 Quintel, gepul¬ vert, als Latwerge auf eine Gabe, der wir, wenn die Thierc in dem Getränk keinen Salpeter bekommen, noch 1 Loth Salpeter dazu geben. Trinkt aber das Thier viel, so geben wir lieber einige Loth Salpeter ins Wasser, weil cs dadurch denselben besser aufgelöstbe- kvmmt. Die Latwerge wird zwei- oder dreimal im Tage wiederholt. Der Salpeter ist überhaupt bei Lungenleiden seit uralten Zeiten her das vorzüglichste Mittel, wahrscheinlich deßwegen, weil er in der Salpetersäure ä h n l i ch e B e st a n d t h e i le (Sauerstoff und Stickstoff) besitzt, wie die atmosphärische Luft. Weil nun bei Lungen¬ leiden das Athmen mehr oder weniger gestört, daher der Verkehr des Blutes mit der äußern Lust sehr beschränkt, und der chemisch-animalische Proceß zwischen Lust und Blut gehemmt ist, so werden durch den inner¬ lichen Gebrauch des Salpeters die Bestandtheilc der Luft durch die Milchsaftgefäße ins Blut gebracht, und dadurch, freilich unvollständi¬ ger als durchs Athemholen und ans einem andern Wege, dasnothwen- dige Blntmnändcrnngsgcschäft (Entkohlung, Entwafferstvffnng und Stickstoffung) unterstützt und unterhalten. Siebst dem, daß der Salpe¬ ter die atmosphärische Lust znm Thcile ersetzt, wirkt er auch revcllircnd auf den Darmcanal, und dadurch das Blut von der Lunge ablciteud, daher aber auch eine Gedärmcntzündung, cin Durchbruch n. dgl. den Gebrauch des Salpeters verbietet. Die Gründe, warum wir anfäng¬ lich bei Lungenentzündungen Bittersalz, Camillen nnd Schwefellcbcr geben, sind: das Bittersalz entleert de» Darmcanal und wirkt revellirend auf denselben, stellt daher einen freiem Blutumlanf in Bauch und Brust her, und leitet das Blut mehr zum Darmcanal. Die Camillen unterstützen die Hautausdünstung, welche die gewöhnlichste Ursache der Lungenentzündungen ist, und die, wenn sic wieder hcrgc- stcllt ist, zur Zertheilung der Entzündung das Meiste beiträgt. Die Schwesc lieber hat zwei Bestandtheilc (Schwefel und Kali), wovon jedes bei Lungenentzündungen wirksam ist: der Schwefel befördert die Hautausdünstnng, das Kali hat anflöscnde nnd Gerinnungen verhü¬ tende und zcrtheilende Kraft, beugt daher zugleich den bei Lungen¬ entzündungen so leicht cintrctcndcn Entzündnngsübergängcn vor. Schleimige Mittel wenden wir bei bloßen Lnngenentzündnngcn niemals an, weil wir ihre heilsamen Wirkungen bei Lungenleiden, wo 204 sie nut dm kranken Theüen nicht unmittelbar rn Berührung kommen, nicht einsehen. Wäre mit der Lungenentzündung eine Gcdärment- zü n d n n g complicirt, dann sind schleimige Mittel, z. B. E i b i sch, als Stellvertreter für alle anderen, am rechten Platze; und Salpeter und Bittersalz müssen da, wo nicht ganz ausgelassen, doch sehr vorsichtig gegeben werden, weil sie den Darincanal noch mehr reizen Sind die Thiere von fauliger Organisation, und hat die Lungen¬ entzündung den fauligen Eharactcr; ist die Lungenentzündung durch Verkühlung entstanden, und das Thier am ganzen Körper mehr kalt als warm, so geben wir zu obiger Latwerge aus BittcrsaU, Camille», Schwesellcber, 1 Q u i n t l K a m p h e r dazu. Die nämliche Behandlung erfordert eine durch mechanis che oder chemische Ursachen veranlaßte Lungenentzündung, denn Lungenent¬ zündung bleibt Lungenentzündung; nur muß hier, wo möglich, die erste Heilbedingung erfüllt werden, daher z. B. Rippenbrüche ein- gerichtet, die Entfernung scharfer in die Luftwege gelangter Stoffe durch Dunstbädcr erleichtert werden müssen n. s. w. Gegen die Lungenentzün¬ dungen mit dem heftigen Herzpochen müssen vor allem tüchtige und nach Bedarf wiederholte Blntent leer ungen, dann Frotti- rungcn der Hant, scharfe und breite E in rei bring en inder Brust, L e d cr st c ek c n und K l y sti e rc augcwcndct werden; innerlich empfiehlt sich Salpeter 1 Loth, Brechweinstein 1 Quintl und Finger hutkraut 1 Quintl mit Mehl als Latwerge zwei- oder dreimal im Tage. Der Salpeter erleichtert den Respirationsproceß; der Brechwein- stein revellirt den Darmcanal und verhütet Übergänge; das Fingcrhut- kraut stimmt die Empfindung und dadurch das Gefäßsystem herab, was in dieser Krankheit vorzüglich wünschenswerth ist. Übrigens geben wir noch Salpeter ins Getränk, und entziehen das Futter ganz. Der Übergang der Lungenentzündung in Sch lei m secretio n wird durch fvlgendeLatwergcn: Bittersalz 4 Loth, Wachholder oder Kalmus 2 Loth, Gold schwefel l Quintl — oder Bitter salz 4 Loth, W a sfer fcnchel 2 Loth, Salmiak s Loth, meistens glücklich behandelt; bei länger dauernden Schleimsecretionc» kann mau oder 1 Loth Terpentinöl dazu geben. GegenWa sscrcrg ießn ng en geben wir gewöhnlich Wach hol derbecrcnpulvcr 2 Loth, Brech w ei n stci n t Qnintl, Kam- pH e r l Quintl, F i n g c r h u t k r a u t p n l v c r 1 Quintl, als Latwcrg zweimal des Tages; oder A n g c l i c a w n r z c l p u l v c r 2 Loth, Brech. Weinstein 1 Quintl, Fingcrhutkranrpulver 1 Quintl, Ter pentinöl 2 Quintl, ebenfalls als Latwcrg zweimal im Tage. Die Wachho ldcrbccrcn sind vorzüglich harntreibend, jedoch 205 auch die Ausdünstung befördernd und die Verdauung bessernd. Der Brechweinstein ist ein vorzügliches Mittel bei Wasserergießungen, weil er die Lymphgefäße zur großem Aufsaugung anregt, und als ein Spießglanzpräparat auch auf die Haut wirkt. Der Kampher ist ein sehr wirksames, schweißtreibendes und die Lebensthätigkeit in allen drei Lebensseiten aufregendes Mittel, daher dieser belebende Einfluß bei allen übergegangeuen Lungenentzündungen und auch bei noch reinen Entzün¬ dungen fauligen Eharacters von großer Wirksamkeit ist. DasFinger- hut kraut ist ein erprobtes harntreibendes Mittel, eben so das Ter¬ pentinöl, welches harntreibend, schweißtreibend, belebend wirkt. Bei Ausschwitzungen gerinnbarer Lymphe ist Wach¬ st old er b e ere npu lv er 2 Loth, Brechweinstein l Ouintl, Kampher 1 Ouintl — oder W a chholderbeeren 2 Loth, Sal¬ miak z Loth, Kampster l Ouintl — oder Angelica 2 Lotst, Ea- lomel 1 Ouintl, Kampher l Ouintl unsere gewöstnliche Latwerge, der wir allenfalls noch Lotst Terpentinöl zusetzen. Alle diese Mittel wirken theils aus die Lympstgefäße, Harnwerkzeuge, Haut, theils aber aus die Krankbeitsprvducte, daß nämlich die ausgeschwitzte Lvmphe nicht gerinne und zur Einsaugung flüssig erhalten werde. Daß bei diesen Entzünduugsübergängen die äußerlichen re- vellirenden Mittel, als scharfe Einreibungen und Lederstecken, die man durch Zusatz von l Ouintl En p h o rb iu mgumm i oder Brechweinstein noch verstärkt, nicht außer Acht gelassen werden dürfen, versteht sich von selbst; sie passen zwar nicht gegen das ergossene Wasser, Lymphe u. s. w., weil sic nur als Blut ab leitend wirken, allein sie bezwecken dadurch, daß die Entzündung, die fortwährend neue Krankheitsproducte erzeugt, die durch ihre Rückwirkung wieder zu neuen sekundären Entzündungen füstreu, gemindert wird. Was die Blutentleeruugen bei übergegangenen Lungenentzündungen au- belangt, so haben wir schon oben unsere Meinung darüber ausgespro¬ chen und bestauptet, daß die spätem Aderlässe nichts nützen und offenbar schaden müssen; sie können nichts nützen, weil man durch das Blutlassen das ergossene Wasser, die ausgeschwitzte Lymphe, He- patisirungen, Knoten, Eiter u. s. w. nicht entfernen kann; sic müssen aber offenbar schaden, weil solche im fauligen Zustande sich befindenden Thiere jetzt kein Blut ohne Schaden für ihre Kräfte verlieren können, die sie jetzt um so mehr brauchen, damit die Natur den Kraukheitspro- ducten entgegen wirken und dieselben aus dem Körper schaffen könne. Nur iu jenen Fällen, wo durch die Rückwirkung der in der Brust eut- balteneu Krankheirsproducte eine neue Entzündung entstellt, die sich durch heftiges Zunebmeu des Fiebers und der Atstmungsbescstwerde, 206 durch einen bierbrcinn gefärbten flüssigen oder zähen Harn n. s. w. an deutet, kann man zur Beschwichtigung dieser secundären Entzündung eine kleine Aderlaß machen, mehr aber in einem solchen Falle von den scharfen Einreibungen, a n fg e fr isch t em Leder u. dgl. erwarten. Obwohl gegen Eiterung und Verschwärung der Lunge in der Regel kein Mittel mehr hilft, und die frühere Tödtnng des Thieres nur mit ökonomischem Vortbeil verbunden ist, so wollen dock die Eigen¬ tümer ihre kranken Thiere oft, so lange diese am Leben sind, behan¬ delt wissen. In einem solchen Falle wäre Bleizncker l Quintl, Terpentinöl l Loth, Fing erhu tkraut 1 Quintl, mit Mehl als Latwerge zwei- oder dreimal im Tage das angemessenste Mittel, ob¬ gleich es vollständig weder die zweite, dritte, vierte, noch fünfte Heil- bediugung erfüllen kann, von deren Erfüllung einzig und allein die Heilung dieser Krankheit abhängt. Wenn das Atemholen nicht sehr beschwerlich ist, kann man das Thier auch balsamische Dämpfe, z. B. Eolophoniumdämpfe, einathmen lassen. Dieß sind nun die vorzüglichsten und durch vielfache Erfahrung bewährten Mittel gegen die Entzündung der Lunge und ihre Übergänge. Man sieht auf den ersten Blick, daß unsere Bchandlungsweise sehr einfach seh, und daß nur die Erfüllung mehrerer Heilbedingungen zu¬ gleich, zuweilen die Verbindung mehrerer Arzneimittel in ein Recept notwendig macht. Haben wir einmal ein Recept für zweckmäßig er¬ kannt und verordnet, so ändern wir dasselbe nicht, so lange das Grnndleidcn und der Grad der Krankheit dieselben bleiben. Wir wissen, daß sich Entzündnngskrankheiten nicht, wie man sagt, über's Knie brechen lassen, daher verwerfen wir Nachmittag das Mittel nickt, was wir in der Frühe gegeben haben, nnd haben auch kein so großes Zutrauen auf die innerlichen Arzneimittel, daß wir von der kleinen Gabe schon außerordentlicheWirknngen erwarten möchten. Daher haben wir nur etliche 8—10 Heilmittel für alle Lungenkraukheiten, nicht aber die ganze Apotheke, wie manche Thierärzte, die von zwei zn zwei Stunden mit neuen Mitteln wechseln, bis entweder die gute Mutter Natur die Krankheit sammt dem Thierarzte und seinen Mitteln über¬ windet, oder aber das Pferd am Schindanger liegt. Ist nnn das kranke Thier von der Lungenkrankheit genesen und nur noch ein zeitweiser Husten, nicht gehörige Freßlust und dergleichen kleine Zufälle zurückgeblieben, so beschließen wir die Cnr gewöhnlich mit Bittersalz 4 Loth, Kalmns 2 Loth, Salmiak Loth, oder Bittersalz 4 Lotb, Wasserfenchel 2 Loth, Salmiak Loth als Latwerge einmal des Tages zu geben. Hat das Thier leb- 207 haste Freßlnst, so bewilligen wir die ganze Portion Metzen Hafer nnd 10 Pstlnd Heu täglich), damit das während dec Krankheit durch aufgehobene Freßlust Versäumte und durch Bluteiltleerungen, Schwitzen, u. dgl. Verlorengegangene wieder ersetzt, und somit zur völligen Her¬ stellung des Thieres die letzte Heilbedingung erfüllt werde. Gegen die nachbleibenden Anschwellungen an Brust, Bauch, Füßen u. s. w. thun wir nichts, als mäßige Bewegung des Thieres an¬ ordnen oder höchstens die geschwollenen Theile trocken abfrottiren. Die Eiterwunde des gesteckten Leders wird mit lauem einfachen oder aro¬ matischen Kräuterwafser gereinigt, damit der Eiter leichtern Abfluß habe und die Wunde vernarbe. Am Schlüsse dieser Abhandlung muß ich noch einer Operation er¬ wähnen, die man zuweilen bei Brnstwassersuchten (Wasserergie- ßungen in die Brusthöhle) anwendet, nämlich des Brust stich es.— Der Zweck dieser Operation ist, das oft in großer Menge in dcrBrust- höhle angesammelte Serum zu entleeren. Öfters schon vorgenommen, ist sie fast nie mit glücklichem Erfolg gekrönt worden, weil man erstens nicht doch das ganze in der Brusthöhle enthaltene Krankheitsprodnct, besonders wenn Wasser mit Lymphe gemengt ist, aus der Brusthöhle entfernen kann; zweitens weil man, wenn Krankheitsprodncte gleich¬ zeitig in der Lungensubstanz sich befinden, dieselben dadurch nicht besei¬ tigen kann; drittens weil man die krankhaft producirenden serösen Häute dadurch nicht so umstimmen kann, daß sie nicht mehr Krankhaftes nach- erzengen würden; denn was man heute entfernt, ist übermorgen wieder frisch erzeugt n. s. w. Ich habe im Jahre 1838 an unserer Klinik bei einem kleinen, kaum zwölf Faust hohen gemeinen Bauernpferde den Bruststich gemacht, nnd das erste Mal über 24 Pfund Wasser — das zweite Mal nach sechs Tagen 8 Pfund abgezapft. Das Athmen wurde weniger beschwerlich, und das Fieber verminderte sich von 75 auf 50. 10 Tage nach der Operation wurde es von einem Hengste im Okol be- sprungen, stürzte zusammen und war schnell todt; die Sektion zeigte in der Brusthöhle die nämliche große Menge seröser und lymphatischer Flüssigkeiten, wid sie das fiste Mal entleert wurde, und die Lunge ganz welk, znsammengefallen und eiugeschrumpft. Dieses Ergebniß zeigte deutlich, daß das Thier ans jeden Fall an der Brustwassersncht zu Grunde gegangen wäre, obschon der erwähnte Zufall viel früher den Tod veranlaßte. Weil aber übrigens diese Operation in der Ausführung ziemlich gefahrlos und leicht, und ei» m ög li ch er Erfolg, wen» bloß Serum in der Brusthöhle enthalten wäre, nicht zu bestreiten ist, so wollen 208 wir diese Operationsmethode näher beschreiben, und ihre Anwendung in jenen Fällen anrathen, wenn die übrigen Mittel nicht helfen. Hat man sich aus denKrankheitserscheinnngen, besonders aus dem oben beschriebenen Athemholen und Herzschlag überzeugt, daß Brust- wassersucht zugegen sen, so wird die Operation am steh end en Pferd mit einem sogenannten B r n st tr o i c art vorgenommen, denn das Wer¬ sen eines solchen kranken TbiereS konnte ihm schnellen Erstickungstod verursachen. Der Troicart wird an der linken oder rechten Seite der Brust, in dem Raume zwischen der zehnten und eilften, oder eilften und zwölften Rippe von binten gezählt, in der Gegend, wo sich unten die Rippen mit ihren Knorpeln verbinden, und etwas von vorn nach hin¬ ten eingestochen. Damit beim Einstoßen des Troicarts die Lunge nicht verletzt werde, die ohnehin durch die ergossene Flüssigkeit mehr gegen die Mitte der Brusthöhle gedrängt ist, so soll der Troicart nicht tiefer, als ungefähr zwei Zoll tief eingestochen werden. Damit man auch den Zwischeurippenschlagadern answeiche und so etwa gefäbrliche Blu¬ tungen verhüte, so halte man sich beim Einstechen nahe an den vorder« Rand der Hinterrippe. Damit die Lnnge nicht plötzlich durck das schnelle Entleeren des Wassers in eine jetzt ungewohnte Lage versetzt werde, so wird angeratben, nicht alles in der Brusthöhle Enthaltene ans ein¬ mal zu entleeren, sondern öfters inne zu halten und langsam zu ent¬ leeren. Ich habe dieß niemals nöthig gefunden, eben so wenig als das Einspritzen von aromatischen Ausgüssen nach der Operation, welches manche Thierärzte — wohl fruchtlos — zur Umstimmung des krankhaft producircnden Brustfelles anempfehlen. 5. Dampf, auch Engbrüstigkeit, Keuchen, Athemkeu- chen, Kurza Ihm ig keit, Hartschna ufigkeit, Herz¬ schlag i g k e i t, H e r z s ch l e ch t i g k e i t , B a uch b lä s i g k e it, Haarschlechtigkeit, Schlagebäuchen, Bauchschlag, Blasen, Pfeifen u. s. w. genannt. Der Dampf ist eine chronische, fieber lose, die Ver¬ wendung des Thieres beeinträchtigende, meistens un¬ heilbare A t h mu n g sbeschw e r de. Diese vier Merkmale (erstens chronisch, zweitens fieberlos, drittens den Dienst beeinträchtigend, viertens unheilbar) muß eine Atbmnngsbeschwerde an sich haben, damit sie den Namen des Dampfes verdiene; daher alle Athmnngsbeschwerden, die erst neu entstanden, mit entzündlichen Erscheinungen oder Fieber verbunden sind, 209 für die Dauer der Krankheit den Dienst zwar beeinträchtigen, aber noch heilbar sind, nicht mit Dampf verwechselt werden dürfen. Ebenso versteht sich von selbst, daß das Gesagte vom ruhigen und nicht be¬ wegten Zustande der Thiere gilt. Der Dampf gibt sich durch folgende Erscheinungen zu erkennen: 1) Das Hauptmerkmal ist das quantitativ und qualita¬ tiv veränderteAthemholen; dämpfige Pferde athme» schon im ruhigen Zustande um einige 4, 6, oder noch mehrere Athemzüge in einer Minute schneller als gesunde, und dabei ist das Athmen auf¬ fallend: u) durch die wellenförmige absatzweise Flankenbewegung, veranlaßt durch gleichsam unterbrochene zwei Acte der Muskelcontrac- tion beim Ausath men und das sogenannte doppelschlägige Athmen erzeugend, b) durch die tiefe Rinne oder Furche (Dampfrinne), die sich längs der ganzen Anheftung des Zwerchfells an die falschen Rippenknor¬ pel bildet und eine große Anstrengung dieses Muskels unter heftiger an¬ tagonistischer Wirkung der Bauchmuskel andeutet; o) durch das auffal¬ lende Nasenspiel, u Magen oder gewöhnlich in den Gedärmen, besonders im Blinddarm gebildete Steine (Gedärmsteine), die man am häufigsten bei Müllerpferden findet, die mit den Abfällen der Mühle auch den fei¬ nen Staub und Sand der Mühlsteine mitbekommen, dermit demzähen Schleim des Darmcanales langsam zu großen, meistens rundlichen, meh¬ rere Schichten zeigenden Steinen verklebt und verhärtet, die theils durch mechanischen Druck und Reiz, theils durch die Verstopfung des Darm¬ canales Koliken erzeugen, welche in derFolge zu Gedärmentzündungen führen. — Auch Polyp en, Ba lggeschwü Ist c u. dgl., wenn sie von ansehnlicher Größe im Darmcanal vorkommen, können den Durch¬ gang verschließen. Im Jahre 1838 fanden wir im Grimmdarm eines hierorts au Kolik umgestandenen Pferdes eine Fleischgeschwulst von der Größe eines Kindskopfes. 6) Verschluckte sre m d e K ö rp er, z. B. Sand,Steine, Glas¬ scherben, Nadeln und andere harte Körper, die zwar oft ohne Nachtheil vertragen werden, nicht selten aber auch Koliken und selbst Gedärment¬ zündungen erzeugen. 7) Würmer im Darmcanal, Bremsenengerlinge im Magen und Darmcanal, vorzüglich im Mastdarm, die aber nur nicht so oft, als mau glaubt, Koliken erzeugen, was die Sektionen an andern Krankheiten nmgestandener Thiere beweisen, deren Mägen und Gedärme man ost mit viel Engerlingen oder Würmern angefüllt fand, und die doch nicht an Koliken gelitten haben. Es ist daher wahrscheinlicher, daß, wenn Wür¬ mer unter Kolikschmerzen abgehen, eine andere Ursache, z. B. Fütte- rungsfehler, Verkühlung n. dgl., die Kolik erzeugt hat, die nun auch die sonst friedlichen Inwohner beunruhigt, und zum Auszuge zwingt. Nur penn deren Menge so groß wäre, daß der Darmcanal dadurch ver¬ stopft würbe, könnten sie die Ursache einer tödtlichen Wurmkolik werden- wie ein solches mit Spulwürmern (386Uiüs me^slooeplinlu) vollge pfropftes Stück Dünndarm eines an Kolik umgestandeneu Pferdes im zoo-patholog. Cabinete in Wilna aufbewahrt wird. — Doch wollen wir nicht in Abrede stellen, daß Eingeweidewürmer niemals durch ihr Anhän, 237 gen, Kneipen, Verstopfen des Darmcanales n. dgl., Bauchschmerzen erregen könnten, was jedoch gewiß nnr selten der Fall seyn wird. Man hat zwar eine Menge Erscheinungen angegeben, aus denen man ans Wnrmkraukheit schließen kann, z. B. öfteres Reiben der Schnauze oder der Nase an der Krippe oder sonst wo, öfteres Aufheben der Oberlippe, die Erweiterung der Pupille, das Peitschen mit dem Schweife zwischen die Füße, das Schlagen mit den Hinterfüßen hinten ans, wechselnde Freßlust, öftere Unruhe und Kolikanfälle ohne besondere Ursache u. s. w.; doch sind alle diese Erscheinungen nicht verläßlich, und das wirkliche Abgehen lebender oder todter Würmer m it d cmMiste ist das einzige und sicherste Merkmal. Die Würmer, die im Magen und in den Gedärmen des Pferdes, am häufigsten der Folien, wobeidiesedickbänchigaussehen, viel fressen und doch abma- gern, einen mit Schleim gemengten, nicht verdauten Mist nbsetzcn, sich aufhalten, sind folgende (8): n) im Magen 1)der großmäulige Rollschwanz, 4—10 Linien lang, der Leib dünn, drehrund, an beiden Enden verschmälert, n. s. w. in der Magenhöhle oft sehr zahlreich; b)inden Dünnd ärmcn2)dergro ßköp fige vberPferde-- spul w u r m, gewöhnlich weiß, dem gemeinen Regenwurm ähnlich, halb¬ durchsichtig, mit durchscheinenden Eingeweiden, der Leib in der Mitte am dicksten, an beiden Enden schmäler, mit 4 Längenstreifen, mit 3 deutli¬ chen klappenartigen Knötchen ander Mundöffnung; das Männchen 7—8 Zoll, das Weibchen 8—10 Zoll lang, jedes 3 Linien dick, im Dünndarm oft in sehr großer Zahl; 3)der gefaltete Bandwurm, weiß, 6—30 Zoll lang, 3—8 Linien breit und höchstens 1 Linie dick; der Kopf ist bei keinem andern Bandwurm so groß; ist stumpf viereckig; der Leib ist an beiden Enden verschmälert, hinten aber am dünnsten; nicht oft vorkommend; 4) der kleine Pfe r d ba ndw ur m, 5—6Li¬ nien lang und 2 Linien breit; Kopf viereckig, abgestutzt, der Leib nach hinten etwas schmäler, mit sehr kurzen, fast keilförmigen Gliedern; e) in den Dickdä rmen 5) derkrummePfricm en schwa u z im Blind- und Grimmdarme, der Leib drehrund, am Hintern Ende pfriemförmig, am Ende des Linie dicken Theils des Leibes gewöhn¬ lich gbkrümmt, beiläufig 1—4 Zoll lang;V) der bewaffnete Pal- lisad cnwurm, wovon die größere Varietät sehr häufig im Blind- und Gmmndarme vorkommt, 1—2 Zoll laug, fast steif, bräunlich, die weißen Geschlechtsorgane und der dunkle Darm schimmern dnrch; der Kopf mit horniger, fast kugeliger Mundblase, die mit hornigen spitzige» Zähnen, womit sich der Wurm an den Darmwänden festhängt, dicht be¬ setzt ist; 7) der v i e r st a ch e l i g e P a l l i sa d e n w u r in, in 2 Varietäten 238 im Blind-und Griinmdarmc; der Mund groß, außen mir 4 stumpfen Stacheln, innen mit vielen kleinen Zähnen besetzt; die größere Art ist gewöhnlich blutroth, 6 -8 Linien, die kleinere 4 — 5 Linien lang; der Leib an beiden Enden schmäler; 8) der durch wach scneBa n dw u r m, im Blind-und Grimmdarmc häufig, 1 — 3Zoll lang, 1-4 Linien breit, nach hinten bedeutend schmäler; die vorder» Glieder des Leibes sind brei¬ ter als der Kops; die hinter ihnen liegenden nehmen bis gegen die Mitte an Breite zn, und die hintersten sind wieder schmäler, als der Kopf, alle sind gleichsam durchwachsen. — Wir haben in der Absicht eine etwas genauere Beschreibung dieser Würmer, nach Gnrlt, gegeben, damit man wisse (was besonders bei Krankheitsgeschichten nnd Sectionsberichten nothwendig ist), mit was für einer Art Würmer man es in einem gegebenen Falle zu thun habe. 8) Eingeklemmte Darmbrüche; am häufigsten Leistcn- brüche, wo die Gedärme oder das große Netz durch einen oder den an¬ dern Bauchring in den H o densack treten; und im Bauchring einge¬ klemmt znsammengeschnürt werden; seltener N a belbrüche, wo Bauch¬ eingeweide durch den Nabelring treten; selten sind auch Schenkelbrü¬ che, wo ein Darmstück zwischen dem ponpartischen Band und dem dünnen Einwärtszieher des Schcnkelbeins heranstritt; am seltensten Brüche an au de r n S teilendes Bauches. Zwe rch fellbrü chestnd bei Pferden nicht gar selten. Eigentlich erzeugen eingeklemmte Brüche nicht so sehr Kolik, sondern heftige Gedärm-, Netz-, Gekrösentzündungen, die we¬ gen der festen Einschnürung oder Einklemmung schnell in Brand über¬ gehen. Ost aber werden eingeklemmte Brüche verkannt, und als eine gewöhnliche Kolik behandelt, weil die Erscheinungen sich ziemlich gleich sind, wenn man nicht die Stellen sorgfältig untersucht, wo allenfalls Brüche gewöhnlich vorkommen. Leistcnbrüche sind bei solchen Thie- ren, deren Banchringe mehr erweitert sind, wie bei nicht kastrirten, männ¬ lichen Pferden am häufigsten, selten bei Wallachen; daher ist dringend anzncmpfehlcn, bei Hengsten, die an Koliken leiden, im¬ mer die Leistengegend nnd den Ho den sack zu untersu¬ chen, ob er nicht etwa durch ein vorgefallencs Stück Darm oder Netz ungewöhnlich vergrößert ist nnd diese Vergrößerung oder Ge¬ schwulst etwa auch entzündliche Erscheinungen zeigt. Obwohl die Ver- größer n n g des Hodensackes die erste Anzeige vom Dascyn eines Bru¬ ches gibt, so ist doch auch der Fall möglich, daß der Darm nicht so weit herab tritt nnd daß die Einklemmungschon vor dem Herab¬ senken stattgefunden hat, in welchen Fällen die Hodensackgeschwulst fehlt, obgleich ein eingeklemmter Leistenbruch da ist. Pferde mit solchen 239 eingeklemmten Brüchen verrathen die heftigsten Schmerzen durch verschie¬ dene Stellungen, liegen oft mit ungezogenen Fichen auf dem Rücken, oder setzen sich wie Hunde auf den Hintern, drängen fruchtlos zum Mi¬ sten, fiebern ungeheuer, ächzen und stöhnen, werden an Füßen und Oh¬ re» und bald am ganzen Körper kalt, triefen am ganzen Körper von kaltem Schweiß, und stehen in wenigen Stunden um. Die Ursachen der Bauchbrüche sind mechanische Verletzungen des Bauches durch Stöße, Schläge, Fall auf stumpfe harte Gegenstände, übermäßige Anstrengung, besonders beim Zuge, Aufblähung des Ma¬ gens und der Gedärme, heftiges Drängen zum Misten während einer Kolik, fehlerhafte Castration u. s. w. In Folge aller dieser Umstände treten nun die Gedärme, das Netz oder Gekrös durch eine natürliche oder krankhaft entstandene Öffnung durch, bleiben aber immer von der äußern Haut eingeschlossen, und treten oft aus dem Brnchsack wieder zurück,- häufig aber, wenn sich die Öffnung verkleinert, oder das vorgefalleue Eingeweide vergrößert, ist dessen Zurücktreten nicht mehr möglich, son¬ dern cs wird durch den Bruchring eingeschnürt und eingeklemmt. Dieser Bruch heißt dann c i n g e k l e m m t e r Bru ch, der sich entzündet und wenn die Einschnürung nicht schnell gehoben wird, durch den verminder¬ ten oder ganz aufgehobenen Blut-Zu- und Abfluß abstirbt, d.i. bran¬ dig wird. So wie aber in selteneren Fällen ein eingeklemmter Leistenbruch da seyn kann ohne eine Hodensackgeschwulst, ebenso ist nicht jede Hoden- Vergrößerung kvlikkranker Thiere ein eingeklemmter Leistenbruch; eine Hodcnentzündnng, ein sogenannter Fl ei schbruch, Wasser- brnch, Krampfad erbrn ch, oder eine andere H o d en-oder Sa¬ in e n st ra ng Verhärtung ist wohl zu unterscheiden vom eingeklemm¬ ten Leistenbruch, worüber die genaue Untersuchung des Hodens und die an den Eigenthümcr oder Wärter gestellte Frage: ob d a s P f e r d nicht schon früher, vor der Kolik, einen oder beide Hoden größer hatte? Aufschluß geben wird. Wäre dieß der Fall, so ist die Kolik u n a b h ä n g i g von dem Hodenleiden, und bloß zufällig, durch andere Ursachen bedingt. Sv eine Täuschung wäre für den Thierarzr sehr unangenehm, besonders wenn er sich zur Operation entschließt und dann den vermeintlichen eingeklemmten Bruch nicht findet. AusdieWcise getäuscht sahen wir selbst einen erfahrenen Thierarzt! 9) Auch Gifteund heftige Pu rgirmittel, z.B. Arsenik, Kupfer, Blei, Stcinöl, Fingerhut, Aloe, Gummigutt, Krotonöl, selbst Dop¬ pelsalz, Calomel, Brechweinstein und Salpeter in großen Gaben, wer¬ den als Ursache der Koliken beschuldigt und diese dann Vergiftungskolik, Bleikolik u. s. w. genannt. Doch erzeugen die Ursachen wahre Gedärm- 240 entzündungen und nicht einfache Koliken, und gewiß ist die Bleikolik bei Thieren eine höchst seltene Erscheinung, denn l) kommen die Pferde sel¬ ten in solche Gelegenheiten, wo sie damit vergiftet werden könnten, was angeblich in Bleischmelzungen nnd Fabriken der Fall seyn soll, 2) sind die Pferddärme nicht sehr empfindlich gegen das Blei, was unsere Er¬ fahrungen am hiesigen Institute beweisen, wo die Pferde mit bedenklicher und verdächtige Druse z bis 1 Loth Bleizucker täglich, durch mehrere Wo¬ chen anhaltend gebraucht, ganz ohne Nachtheil vertragen haben. Der obgenannte Fall, wo ein Pferd binnen 4l Tagen Pfund Blei¬ zucker beim besten Appetit und ordentlicher Mistentleerung eingenommen hat, dürfte der triftigste Grund seyn, das wirkliche Vorkommen der Blcikolikcn bei-Pferden zu bezweifeln, nnd das Ganze nur für eineÜbcr- tragnng aus der Menschenheilkundc zu halten. — Arsenikvergif¬ tung e n dürfen bei Pferden noch unter allen Vergiftungen am öftesten vorkommen und eine solche Vergiftung ans der ungewöhnlich starken Un¬ ruhe, heftigen Schmerzen, großem Durst, baldigem Abgang von schlei¬ migem, blutigem, jauchigem Darminhalt (in welchem man, wenn etwas davon auf glühende Kohlen geworfen, durch den Knoblauchgeruch den Arsenik erkennt), heftigem Fieber mit dem cigenthümlichcn kleinen Pulse und stürmischen Verlauf zu erkennen. Die n ä ch ste U r sa ch e d er Kolik liegt in einer Verletzung des Magens, oder der Gedärme, oder beider zugleich durch obenange- gebene Gelegenheitsursachen, wodurch diese in ihren normalen Verrich¬ tungen gestört werden, nnd ein Mißverhältnißzwischen dem Genossenen und den Verdauungssäften und Kräften entsteht. Dieses Mißverständniß ist die Ursache, daß die enthaltenen Futter¬ stoffe nicht gehörig verdaut nnd aus dem Darmcanal herausgeschafft wer¬ den, sondern daselbst unverdaut liegen bleiben, und wohl gar in die ge¬ meine Gährung übergehen, wobei sich ost in großer Menge Kohlensäure und auch andere Luftartcn, Dünste u. s. w. entwickeln. Diese unver¬ dauten und zurückgehaltenen Stoffe, so wie die genannten Erzeugnisse der gemeinen Gährung (Säuren, Luftarten u. s. w.) wirken nun theils mechanisch, theils chemisch reizend auf die Magen- und Darmwan¬ dungen zurück, verursachen eine entzündliche Reizung oder Blutcongc- stion daselbst (denn auf jede Reizung folgt vermehrterBlutznfluß), er¬ zeugen dadurch mehr oder weniger heftige Schmerzen und bedingen die ungewöhnlichen Stellungen undBewegungen der Thiere, theilsum den Schmerz sich zu erleichtern, theils um den schädlichen Darminhalt zu ent¬ leeren. Es sind daher dieseungestümen Bewegungen nnd ungewöhnlichen Stellungen offenbar nur wohlthätige Heilbemühungen der Natnr, vor¬ züglich die erste und zweite Heilbcdingung zu erfüllen. Demnach ist die 241 Kolikwahrhastig erst ein K a mpf (Reaction) zwischen den Ver¬ dauungsorganen und zwischen der verletzenden Ur¬ sache zu nennen; sind die Gelegenheitsursachen und die Krank- heitsproducte durch bloße Naturhülfe oder Mitwirkung der Kunst schnell entfernt worden, so ist alles ausgeglichen, die entzündliche Reaction hört auf, und die Kolik ist vorüber; gelingt dieß nicht und bat die verletzende Ursache die Oberhand behalten, dann folgt die unabwendbare stärkere Verletzung des Magens und der Gedärme, und dieser eine nach derselben modificirte geringere oder hochgradi¬ gere Entzündung, die dann nicht mehr der Antheil der Kolik, sondern der förmlichen Magen- oder Gedärmentzündung ist. Die Kolik gränzt daher sehr nahe an die Gedärmentzündung, und un¬ terscheidet sich in dem Grundleiden nur so von ihr, wie sich die entzündliche Reizung oder Bluteongestion von der förm¬ lichen, ausgebildetenEntzündung unterscheidet. Daher ist auch die Kolik, wenn auch oft in Folge der Schmerzen mit heftigen fieberhaften Bewegungen verbunden, nicht selten in ein paar Stunden ganz vorüber, denn sobald die Entleerungen der krankmachendeu Ursa¬ chen erfolgt sind, wird das Thier ruhig, die Blutcongestion zu den Ge¬ därmen hört auf, sobald der sie veranlassende Reiz uachläßt; es verlieren sich die Schmerzen, und in Folge dessen auch das Fieber, welches vor kurzem noch auf 70—80—90 — 100 stand. Nicht so geht es bei der Gedärmentzündung, die durch alle Mittel derWelt und wenn auch die Gelegenheitsursache entfernt ist, in so kurzer Zeit niemals bekämpft wer¬ den kann, sondern einen längeru Verlauf machen muß, bis Alles wie¬ der ausgeglichen ist. Die bloße Blutcongestivu kann in einem Augenblick verschwinden, die Entzündung braucht viel längere Zeit (die Gründe dießfalls in der Einleitung 8. 2l). — Aus dem Gesagten leuchtet von selbst ein, daß es keine so leichte Sache sey, zu bestimmen: wann ge¬ rade die Kolik aufhört und die Gedärmentzündung be¬ ginn t, weil beide ähnliche Krankheitserscheinungen zeigen, und über¬ haupt den Übergang von der Congestion zur Entzündung in verborge¬ nen Organen zu bestimmen unmöglich ist, indem die Verschiedenheit der eingcwirkten Ursachen und die größere oder geringere Empfindlich¬ keit der Gedärme, in dieser Hinsicht einen großen Ausschlag gibt. So viel kann man mit Grund annehmen, daß man eine Kolik nach Verlauf von 20—24 Stunden, besonders wenn die schmerz¬ losen Zwischenzeiten immer kürzer und seltener werden, und die Gelegeuheitsursache eine chemisch-verletzende war, nicht mehr als Kolik, sondern als Gedärmentzü nduug zu betrach¬ ten babe, ja oft sind Gesundheit, Gedärmentzündung, ihre Übergänge Bleiweis Heilverf. 5. Anfl 10 242 und der Tod in einem Zeitraum von wenigen, ost kaum 10 Stunden, eingeschlossen. Die Wahrheit gestanden, ist die sichere Diagnose, ob ein Bauchlei- denKolik oder Gedärmentzündung sey, öfters ersthintendrein mög¬ lich und es ist aus einer schnell ein getreten en Heilung der Krankheit auf Kolik, sonst auf Gedärmentzündung zu schließen. Nebst der kurzem oder langem Dauer gibt auch die Gelegenheits- Ursache oft wichtigen Aufschluß, ob man das Leiden als Kolik oder Gedärmentzündung behandeln solle: Fütterungsfehler, Mi sta u- hänfungen, leichte Verkühlungen, zu frühzeitige Verwen¬ dung gleich nach dem Futtergenusse und andere gelindere Einwirkungen verursachen, wenigstens anfänglich, nur Koliken; da hingegen ätzende Stoffe und Gifte, eingeklemmte Brüche, verschluckte fremde spitzigeKör- per u. dgl. alsogleich Gedärmentzüuduugeu veranlassen. Diesem Allen zu Folge verstehen wir unter Kolik ein Leiden des Magens oder der Gedärme oder beider zugleich, mit mehr oder weniger heftigen, nachlassenden und wieder zunehmenden Bauchschmerzen, denen eine ent¬ zündliche Reizung oder Blutcongestion der genann¬ ten Organe zum Grunde liegt, hauptsächlich bedingt durch Störungen der Verdauungsthätigkeit, oder we¬ nigstens mit diesen vergesellschaftet. Die Prognose bei der Kolik richtet sich nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, besonders die t., 2. und 3. Heilbedingung zu erfüllen. Immer aber ist eine selbst dem Anscheine nach gelinde Kolik mit Gefahr verbunden, denn sie nimmt oft schnell und unerwartet an Heftigkeit zu, und endigt oft mit dem Tode. Erfolgen reichliche Darmentleerungen, die sowohl die Gelegenheitsursache, als auch die Krankheitsproducte aus dem Magen und den Gedärmen herans- schaffen, und ist die normale Thätigkeit der Verdauungsorgane wieder hergestellt, so ist die Kolik in wenigen Stunden gehoben. Eine Kolik ohne Fieber ist für die Zeit der Fieberlosigkeit nie ge¬ fährlich, doch kann eine fieberlose, anfangs leicht scheinende Kolik sehr gefährlich und tödtlich werden, wenn nicht Darmentleerungen erfolgen. Doch ist wieder in Bezug auf das Fieber bei Koliken zu bemerken, daß selbst ein heftiges Fieber, wenn die Kolik kurz dauernd ist, nicht immer, wie bei andern Krankheiten, ein schlimmes Zeichen ist, indem der hef¬ tige Bauchschmerz, auch weun noch keine Entzündung da ist, den Puls ungemein beschleunigen kann, der aber in ein paar Stunden wie¬ der normal werden kann, wie dieß die Erfahrung oft zeigt, wenn der Schmerz erregende Darminbalt beseitigt ist So lauge aber bei Koliken 24.8 nicht Mist oder Winde abgehen, steckt, wenn auch die andern Erschei¬ nungen nicht drohend sind, noch immer ein zu fürchtender Feind im Hin¬ tergründe. Es ist, wie gesagt, die Kolik eine für die Pferde sehr ver¬ derbliche und oft schnell tödtliche Krankheit, so daßmanbehaupten kann, daß die meisten Pferde an Koliken zu Grunde gehen. Die Ursache dieser großen Tödtlichkeit bei Pferden liegt 1) in der großen Empfind¬ lichkeit nn d Verletzbarkeit der Gedärme, wodurch gefährliche Entzündung und ihre Übergänge veranlaßt werden, 2) in den dün¬ nen und feinen Darmwandnngen derselben, wodurch Bcrstungen der Gedärme erleichtert werden, 3) in dem eigenen Bau des großen und im Verhältniß schwach gebauten B l i nd d a rm sa ck c s, der bei den Pferden, gleichsam als Gehülfe des Magens, einen entlegenen Seiten¬ darm bildet, aus dem das Enthaltene nur durch eine rückge¬ hende Bewegung heraus gelangen kann, und woraus die Entleerung des Inhalts, wenn er verhältnismäßig zu groß ist, nicht so leicht möglich ist; was auch zum Theil von dem blinden Sack des Magens gilt; 4) in dem lockern, zarter» Netz, welches, besonders das große, leicht zerreißt, oder bei einer heftigen wurmför¬ migen Bewegung strickähnlich sich zusammendreht, nnd dadurch mitun¬ ter tödtliche Verschnürungen der Gedärme verursacht, 5) in dem län¬ ger», d i e G e där m e weniger f i r i r e n d e n G e k rös, weßhalb diese bei einer stürmischen, regellosen, wnrmförmigen Bewegung in Un¬ ordnung gerathen, aus ihrer normalen Lage komme», wodurch leicht Verwicklungen eines Darmes nm seine Achse, nm ein naheliegendes an¬ deres Darmstück, nm eine zufällig am großen Netze oder Gekröse auf- sitzende, gleichsam gestielte Fettgeschwulst, Jneinanderschieben der Ge¬ därme, Brüche und Eiuklemmungen derselben, so wie das leichte Dnrch- schlüpsen eines Darmstückes durch das gerissene Netz oder Gekrvs nnd Einschnürungen desselben daselbst, bedingt werden, nnd 6) in der U n- möglichkeit sich zu erbrechen, und so den schädlichen Magenin¬ halt ans dem schnellsten und kürzesten Wege zn entleeren. Mi sten tleernn ge n und Fieberlosigkeit sind daher die zwei Hauptsachen, auf die wir bei deu Koliken den allergrößten Werth legen. Fieberlosigkeit deutet auf einen geringen Grad der entzündlichen Reizung; Mistentleerungcn sind das Heil der kolikkran- kcn T h ier e. Man wird es Einseitigkeit nennen, daß wir bei Koliken auf die Mistentleerungcn so großen, fast alleinigen Werth legen, da doch die Koliken nicht geradezu immer von Füttcrnngsfehlern hcrrührcn. Wir geben letzteres zu und wisse» wohl, daß Kolikeu auch häufig von Ver¬ kühlungen hcrrührcn, allein— Verkühlungen bringen Stö¬ rungen in den Verrichtungen des mit der Haut in i n- is' 244 Niger Verbindung stehenden Darmcanales hervor, in Folge dessen der gesunde Verdauungsproceß unterbleibt, und die genos¬ senen Futterstoffe unverdaut liegen bleiben, oder sogar in die gemeine Gährung übergehen. In diesem Zustande wirken sie als fremdartige Stoffe auf die Magen- und Darmwandungen reizend zurück, und erre¬ gen alle Erscheinungen der Kolik, die sich bis zur förmlichen Entzün¬ dung steigert, wenn dieser schädliche Darminhalt, der jetzt zum Theil Ge¬ legenheitsursache, zum Theil Krankheitsproduct ist, nicht baldigst ent¬ fernt wird. Die Erfahrung bestätigt diese Behauptung auf das Entschie¬ denste ; denn k e i n e K o l i k w i r d g e h e i l t o h n e M i st e n t l e e r un- gen; kein Thier geht an Kolik zu Grunde, wenn zeitlich ergiebige Ent¬ leerungen von Mist oder wenigstens Winden erfolgen; alle Sektionen an Koliken umgestandener Thiere zeigen mehr oder weniger große Mas¬ sen im Magen, oder in den Gedärmen enthaltener Futterstoffe, unter denen die Häute derselben entzündet, durch ausgeschwitzte Lymphe oder Blut verdickt, brandig u. s. w. erscheinen. Es ist uns daher immer sehr erwünscht, wenn die beigebrachte Klystierflüffigkeit im Darmcanal län¬ gere Zeit zurückgehalten wird, weil durch dieß längere Verweilen ihr Zweck: Auflösung der Mistmaffe und Anfachung der wurmförmigen Be¬ wegung, erreicht wird; da im Gegentheil ein schnelles und unveränder¬ tes Abgehen der eingespritzten Flüssigkeit, wie aus einem todten Schlau¬ che, kein gutes Zeichen ist, wenn zugleich auch die übrigen Zufälle auf einen ungünstigen Ausgang Hinweisen. Wo die Natur so deutlich spricht, wer wird da unsichtbare Krämpfe und andere Nervenleiden den Koliken zu Grunde legen, die bei Thieren ohne reizende mechanische oder chemische Ursache niemals vorkommen! Will man aber die schmerzhafte wurmförmige Bewegung der Gedärme Krampf nennen, dann haben wir dagegen nichts einzuwenden und wir halten solche Krämpfe sogar für durchaus nothwendig und be¬ fördern dieselben noch durch Salze, bittere Mittel u. dgl. Wir übersehen bei der Behandlung der Verkühlungskoliken die unterdrückte Hautaus¬ dünstung nicht, allein Mistentleerungen bleiben uns auch hier dieHaupt- sache. Weniger bedeutungsvoll ist der H arnab g ang, obgleich er auch als ein gutes Zeichen angesehen werden kann, weil er als Beweis dient, daß die krampfhafte Verstimmung der Baucheingeweide nachläßt, und in Folge dessen auch die Harnwerkzenge ihre Verrichtung gehörig auszuüben beginnen. — Die Kolik kann eben so schnell in Genesung, als in Tod übergehen. Erfolgen binnen 12, höchstens 20 Stunden nicht reichliche Mistentleerungen, steigt das Fieber, der Schmerz lsehr heftige und an¬ haltende Schmerzen mit gewaltsamen Niederwerfen sind sehr schlimme Zeichen), und häufig auch die Auftreibung des Bauches, dann entstehen 245 Magen-und Gedärmcntzündung ; Ausschwitzung von gerinnbarer Lym¬ phe und Bült zwischen Schleim- und Muskelhaut der Gedärme, beson¬ ders der Dickdärme (des Grimmdarmes), die bei Koliken sehr häufig auf diese Art verändert, verdickt nnd versulzt gefunden werden; Gedärm¬ brand, besonders in Folge von Gcdärmverwicklung; Jneinandcrschie- ben oder stellenweise Zusammenschnürung derselben; ferner Berstung des Magens oder der Gedärme, zuweilen auch der Leber oder Milz; in¬ nere Brüche, vorzüglich Zwerchfellbruch, wobei das Zwerchfell reißt und ein Stück Darm allein oder sammt Netz oder Gekrös in die Brusthöhle tritt, und daselbst eingeklemmt wird. Alle diese Zufälle verursachen un¬ vermeidlichen, in wenigen Stunden erfolgenden ToZ, weil der Verkehr dieser zum Leben nothwendigen Organe mit derLebensbedingung Nah¬ rung ganz aufgehoben ist. Deßwegen ist dieWindkolik so gefährlich, weil die Ausdehnung des Magens und der Gedärme ost so bedeutend wird, daß diese Organe ihre normale wurmförmige Bewegung ganz ver¬ lieren, und nebstdem durch regelwidrige und ungestüme wurmförmige Bewegung und abnorme Ausdehnung ihre Stellung und Richtung so verändern, daß ihre Mündungen verschoben, und dadurch die enthalte¬ nen Substanzen sowohl nach vor- als rückwärts auszutreten gehemmt werden. Die Folge dieser gewaltsamen Ausdehnung und regelwidrigen Bewegung sind dann entweder Berstung des Magens oder der Gedärme, Verwicklung, Einschiebung, Entzündung, Ausschwitzung, Brand, Risse im Netz, Gekrös, Zwerchfell. Nicht selten werden die Thiere unter den heftigsten Schmerzen auf einmal ruhig, gehen an den Barren nnd nehmen sogar ein Maul voll Futter und kauen es — allein die Kälte des ganzen Körpers, die Bläffe, oder Bleifarbe und Kälte der sichtlichen Schleimhäute der Nase, des Maules, der Zunge, der kalte Schweiß, das Zittern, der schnelle, kleine, kaum fühlbare aussetzende Puls, der pochende Herzschlag, das beschleu¬ nigte, auffallende, ängstliche Athmen, das eingefallene (hippokratische) Gesicht, die fortwährende Verstopfung, zuweilen auch das Heranstreten der Futterstoffe aus Nase und Manl, sind trotz der eingetretenen Ruhe die sichersten Zeichen des b ald i g en To des; denn es ist entweder Brand eingetreten, der alle Schmerzen aufhebt, weil, was brandig ist, tvdt ist, und was todt ist, nicht mehr schmerzt — oder es ist B e r- stnng des Magens, eines Darmes, Zwerchfelles cingetreten, wodurch das Thier ebenfalls an dem schmerzhaften Theile Linderung erhält, weil die frühere Ausdehnung und Zerrung der Eingeweide durch die Ber¬ stung aufhört. Wenn sich die Pferde wie Hunde auf den Hintertheil setzen oder auf den Rücken legen, und mit angezogenen Füßen, wie aufwartende Hunde, 246 längere Zeit in dieser Lage verbleiben, dabei sich stark znr Mistentleerung anstrengen, und doch hartnäckige Verstopfung anhält, so kann man mit Grund aufVerwi cklung oder Einschiebung schließen und tödt- lichen Ausgang befürchten, weil in diesen Fällen kein Durchgang des Darminhaltes möglich ist, und der verwickelte oder eingeschobene Theil in brandige Entzündung übergeht. Wenn ein Pferd mit Kolik mit den Vorderfüßen kniet und mit den Hintern steht, so ist Magenberstung zu fürchten, und dieß um so mehr, wenn kolikkranke Pferde mit einem aufgeblähten Bauch sich recken, als ob sie sich erbrechen wollten. Das Hcrvortreten der Futterstoffe durch Nase und Maul, also wirkliches Erbrechen, ist meistens das Zeichen einer tödt- lichen Berstung des Magens in der Nähe der Magenschlundmündung, seltener einer bloßen Erschlaffung des Magcnschlundcs und seiner Zir¬ kelfasern , in Folge deren die Futterstoffe durch eine verkehrt-wurmför¬ mige Bewegung durch die Mageuschlundöffnung trete», und durch Nase und Maul ansgeworfen werden; in diesem letzteren Falle (ohne Berstung des Magens) tritt nicht immer der Tod ein, doch ist eine gründliche Heilung in solchen Fällen selten, weil das Erbrechen beim Pferde im¬ mer auf einen höchst abnormen Zustand des Magens und Magenschlun¬ des hindeutet. Jnr October 1839 behandelten wir an unserer Klinik ein altes Pferd mit täglich 3 — 4 Mal w i c d črke h r en d e m, chronischen, wirklichen Erbrechen, welches dießmal in Folge von Überfütterung sich cinstellte und in 2 Tagen durch den Gebrauch von Klystieren, salzig - bittern Eingüssen, und gänzlichen Futterabbruch wieder genas. In dem darauf folgenden Jahre wurde ein zweites Pferd mit einem heftigen, an ihm zum crsteumale beobachteten Erbrechen durch dieselbe Behandlung geheilt. Doch bleiben solche Fälle immer wahre Seltenheiten. Streckt ein kolikkrankes Pferd die Vorderfüßc weit vor, und die Hinterfüße weit zurück, mit tief cingesenktem Bauch, als ob es stark eingesattelt wäre, so ist der Verdacht groß, daß diese Stellung durch Sand oder Gedärm steine veranlaßt werde. Die Dauer der Kolik ist ein wichtiges prognostisches Moment; eine Kolik, die durch ein paar T a g e d a u e r t, i st i m m er schlimm, und unter 10 Mal gewiß 8 Mal tödtlich, weil sie gewiß schon Gedärmentzündung und noch mehr ist. Ganz vernachläs¬ sigte, oder wohl gar zweckwidrig behandelte Koliken bedingen eine ungünstige Prognose, was vorzüglich von den mit großen Ga¬ ben von Stcinöl behandelten Koliken gilt, welches trotz der augen¬ scheinlichen ätzenden Wirkung auf die ohnehin gereizten oder entzündeten 247 Gedärme bei den Cnrpfuschem und dem gemeinen Volk, leider, sogar bei manchen Thierärzten! noch immer als ein wahres Universalmittel für jede Kolik gilt, obgleich cs in den meisten Fällen ein wahres Gift für sie ist. Endlich gehören zu den schlimmen Koliken alle diejenigen, die durch scharfe chemische Stoffe, Gcdäruistcine oder sonstige fremde Körper veranlaßt werden, und dann auch mehr den Namen derGedärm- e n tzü n d u n g verdienen. Therapie. Unser Heilplan bei der Behandlung der Koliken ist vor allem auf die Entleerung des Darm canals hin gerichtet, wobei wir zugleich die Gelegcnhe i tsursa che und die entzünd, liche Reizung des Magens oder der Gedärme berücksichtigen. Diesem Heilplane zufolge hat die sogenannte a u s l e e r e n d e H c il- Methode den allergrößten Werth, undandieAb führmittcl schlie¬ ßen sich die schweißtreibenden, revcllirenden, Säure schluckenden, die Thätigkeit der Gedärme anspornenden Mittel, Blntentlccrungen und an¬ dere chirurgische Hülfeleistungen an. Unsere BchandlungSweise bei Koliken ist folgende: 1) DieThiercbekommen einen g erännr igen Platz, und viel Sirene, damit sie sich durch das unruhige Benehmen nicht verletzen und bequem uiederlegcu können, in einem vom Luftzüge freien Stalle. 2) Sie werden alsvgleich — bei jeder Art Kolik — am ganzen Körper tüchtig abfrottirt, und bei Verkühlungskolikeu und Kälte des ganzen Körpers, zuweilen vorher noch mitTerpcntinöl, beson¬ ders längs des Rückens bespritzt, und dann abfrottirt. Die Friktionen der Haut sind bei jeder Kolik anzuwendcn; bei Verkühlungskolikeu stel¬ len sic die unterdrückteHautausdünstung besser als jedes andere Mittel her; bei Fütternngskolikcn u. dgl. befördert das Reiben des Bauches ungemein die wurmförmige Bewegung, und das Reiben des ganzen Kör¬ pers lockt das Blut mehr zur äußern Haut und leitet es dadurch von den gereizten Gedärmen ab. 3) Revellirende Mittel, in gelindem Fällen aus Terpentinöl und Kamphergcist, in heftigem ans derScha rfsalbe bestehend, werden in den Bauch breit eingcrieben, nm das Blut dadurch zu der äußern Haut zu und von den entzündlich gereizten Organen abzuleiten. 4) R e i z e n d e Kly st i crc, mittelst einer Pscrd-Klystierspritze an fänglich alle 5 Minuten und noch öfter wiederholt, gewöhnlich aus einer Auflösung von Kochsalz oder Seife im Wasser, bei hartnäckiger Verstopfung auch mit dem mehr reizenden Tabakabsud, worin man allenfalls noch Seife auflöscn kann, sind bewährte Hauptmittel bei Ko- 248 liken, weil sie am schnellsten die Entleerung des Darininhalts bewirken. Die Erfahrung bestätigt so sehr ihre Wirksamkeit, daß wir sie für das vorzüglichste Kolikmittel erklären, dem kein anderes gleich kommt. Bei nicht heftigen Koliken sind sie allein ausreichend, beiden heftigsten immer ein Hauptmittel. Ihre Wirkung besteht darin, daß sic t) durch das Wasser den Darminhalt flüssiger und dadurch beweglicher machen, 2) reizen sie durch das Salz, Seife, Tabak den Darmcanal und fachen dadurch die wurmförmige Bewegung an, die sich vom Mast¬ darm auch weiter hinauf verbreitet. Ans diesem letztem Grunde legen wir bei Koliken aufKamillen-, Eibisch- u. dgl. Klysticre durchaus keinen Werth, weil wir den Darmcanal zur Entleerung reizen, nicht aber Krämpfe stillen wollen. 5) Ähnlich den Klystiercn wirkt das Ansränmcn des Mast¬ darmes mit einer wohlbeölten Hand und beschnittenen Fingernägeln, um die Schleimhaut des Mastdarms nicht zu verletzen. Dieses Aus¬ räumen ist in mehrfacher Beziehung ein vortreffliches Mittel, l. entfernt man dadurch oft große Massen der im Mastdarm liegenden, harten, un¬ beweglichen Mistballen, und bahnt dadurch 2. den Klystieren einen freien Weg, 3. wirkt diese mechanische Reizung des Mastdarms mit der Hand ans die Erregung der wurmförmigen Bewegung, die sich vom Mastdarm auch auf die übrigen Gedärme verbreitet, 4. bewirkt man dadurch einen gelinden Druck auf die unter dem Mastdarm liegende Urinblase und befördert dadurch, wenn etwa die Blase gefüllt seyn sollte, die Harnent¬ leerung. — Ein Thierarzt in Freyburg erzählt ungeheure Erfolge von dem Einführen der Hand und des Armes in den Mastdarm, wenn große und feste Mistballen im Grimmdarm die Ursache einer hartnäckigenVer- stopfungskolik sind, wobei er sich jedoch nicht auf das bloße Ausräumen der im Mastdarme liegenden Mistmaffe beschränkt, sondern mit der Hand in den Mastdarm so weit als möglich eingeht, durch den Mastdarm den im Grimmdarme festsitzenden Misthaufen anfsucht, und ihn dann behutsam zwischen den Fingern, oder zwi¬ schen der Hand und der innern Bauchwandung zer¬ drückt, und dadurch die Fortschaffung und den Abgang des Mistes bewirkt. — Wir wollen dieser mechanischen Hülfeleistung in solchen Verstopfnngskoliken ihren Nutzen nicht absprechen, glauben aber, daß das Auffinden der weit entfernten Mistanhänfung nicht gar oft gelingen wird, und daß das Zerdrücken des Anfgefundenen blu¬ tige Verletzung und selbst Zerreißung der oft sehr mürben Darmwände selbst bei aller Vorsicht und Behutsamkeit leicht zur Folge haben dürfte. Die innerlichen Mittel, immer in Form der Eingüsse, weil sic 249 so am schnellsten wirken, und bei Koliken schnelle Hülfe die beste Hülfe ist, bestehen entweder: 6) Aus dem gewöhnlichsten Eingüsse, aus einer Maß Kamil¬ le n a u fgu ß, worinB ittersal z 4Loth, Schwefellebcrt Quintl aufgelöst werden, dein wir bei längerer Dauer der Kolik, großer Uu- thätigkeit der Gedärme, bei sehr entkräfteten Thieren und bei Verküh- lungskoliken, gern 1 Quintl Kampher zusetzen. Die Eingüsse werden jede Stunde oder alle zwei Stunden, bei gefährlichen Koliken sogar alle ; Stunde wiederholt; oft reicht Ein Einguß aus. Die Heftigkeit der Kolik bestimmt die öftere oder seltenere Wiederholung; nur mit der Wiederholung des Kamphcrs muß mau etwas sparsamer seyn, weil er ohnehin ein kräftig wirksames Mittel ist. Die Gründe, warum obge¬ nannte Mittel so zu sagen sest gesetzte Mittel im Anfänge der ge¬ wöhnlichen Koliken find, sind: das Bittersalz reizt den Darmcanal, befördert dadurch die wurmförmige Bewegung und führt ab. Die Ka¬ millen, worin wir zu obigem Aufgusse 2Loth der gemeinen Kamil¬ lenblumen nehmen, statt denen man bei Futtcrkoliken auch Enzian nehmen kann, besitzen bittere und gewürzhafte Bestandtheile, die die Verdauung befördern, und die gemeine Gährnng beschränken, nnd in Folge dessen die durch die Rückwirkung des schädlichen Darminhalts ver¬ ursachten Schmerzen (Krämpfe genannt) vermindern und heben; end. lich befördern sie auch die Hautausdüustung, uud sind deßwegen auch bei Verkühlungskoliken am rechten Platze. DicS chw efelleb er, bestehend ans Schwefel nnd Kali, ist bei der Kolik, vermöge aller ihrer Bcstaud- theile, ein sehr wirksames Mittel; das K ali schluckt die Produkte der sauren Gähruug, die sich bei einer gestörten Verdauung immer einstcllt, ein, und benimmt dadurch den Säuren ihre weitere feindliche Rückwir¬ kung; der Schwefel befördert die Hautansdünstung, nnd gleicht von dieser Seite die Störungen aus, die häufig das Darmleiden verursachen; das durch die Zersetzung der Schwefellebcr im Magen und in den Gedär¬ men entwickelte S ch wefelw a ssersto ffg a s stumpft die große Em¬ pfindlichkeit der Gedärme ab, und macht in dieser Beziehung die Schwe¬ felleber zu einer der vorzüglichsten schmerz- und krampfstillenden Mittel für alle grasfressenden Thiere. Aus diesen Gründen bildet Bittersalz, Kamillen und Schwefelleber ein vortreffliches Kolikmittel, welches alle übrigen bnnten Zusammense¬ tzungen größtentheils ganz entbehrlich macht, indem diese auf den wah¬ ren Zustand nicht wirken, und nur die Heilung verzögern und oft ohne Noth vertheuern. Ist die Verstopfung sehr hartnäckig und durch die eben angegebenen Mittel keine Mistcntleerung zu bewirken, sogeben wir7)gutes uud uu- 250 verdorbenes Leinöl, 20 - 24 Loth auf einmal in Verbindung mit 4 6 Loth Bittersalz oder D op pel salz als Einguß. Das Leinöl macht den Darmcanal schlüpfrig und begünstigt so die Entleerung des Enthaltenen; zudem schützt cs auch die Darmwandungen gegen feindliche mechanische und chemische Einwirkungen des verschluckten Sandes, der Steine und giftigen Stoffe durch die ölige Ein- oder Umhüllung, und findet vorzüglich auch dort seine passende Stelle, wo eine größere Em¬ pfindlichkeit und entzündlicher Zustand der Gedärme stattfindet, und an¬ dere reizende Mittel schädlich wirken; denn das Leinöl führt ab, ohne zu reizen. Immer aber muß das Leinöl in großen Gaben gegeben, und nach Beschaffenheit wiederholt werden, weil es in kleinen nicht ge¬ nug wirksam ist. Ist die Aufblähung bei derWindkolikbedeutend, so reicht die Schwefelleber als saure Lnftarten eiuschluckendes Mittel nicht immer ans; in einem solchen Falle ist 8) die zeitliche Anwendung des l c b c n d i g e n oder ätzenden Kalkes dringend augezeigt. Der ätzende Kalk ist unter den sogenannten cinschluckenden oder absorbircnden Mitteln das wirksamste, daher ist dessen Anwendung in allen jenen Fällen vom größten Nutzen, wo statt der lebendigen und gesunden Verdauungsgäh- rung die sogenannte gemeine saure oder faule Gährung sich entwickelt, die zur Entbindung einer ungeheuren Menge kohlensaurer und anderer Gase führt, welche, im Falle sic nicht entfernt werden, durch Berstnng, Entzündung, Brand, Schlag - und Stickfluß u. s. w. unvermeidlich zum schnellen Tode führen. Es dürste nicht ganz überflüssig seyn, zur bessern Einsicht hier ein paarWorte über die V erd a nun gs- und gemeine Gährung zu sagen. Die Ver dauungs gährung ist eine Gährung von ganz eigener Art, durch den LcbeuSproceß vermittelt und modificirt und da¬ durch von den gewöhnlichen Gähruugsarten unterschieden, daß sic weder ein geistiges, noch ein saures, noch ein faules Product, sondern eine Substanz eigener Art, nämlich den Nahrungssaft (Chylus) berei¬ tet, und daß die Bereitung desselben nur in lebenden Gefäßen (Magen und Gedärmen) vor sich geht. Die Bed in g u n g e n dieser Verdauungsgähruug sind übrigens die nämlichen, wie bei jeder andern Gährung, nämlich 1) g ährun gsfähi g c Substanz (Nahrungs¬ mittel) ; 2) Feuchtigkeit (Wasser und Verdauungssäfte); 3) en t- sp rechende Wärme; 4) modificirter Zutritt der atmosphäri¬ schen Luft (durchs Maul); 5) Ruhe. Ist aber das Genossene mit den Verdauungskräfteu und Säften in keinem gehörigen Verhältniß, so ist der Lebeusproceß im Magen und den Gedärmen nicht kräftig genug, Meister des Ganzen zu werden; daher geschieht es, daß sich Alles oder 251 wenigstens Vieles von dem Genossenen dem gesunden Verdauungspro- cefse entzieht, und dem gemeinen Gährungsproceß anheimfällt, der bei allen thierischen oder Pflanzenstoffen unabwendbar beginnt, wenn sie nicht unter dem Schutze der Lebenskraft stehen. Man kann einen solchen unthätigen, erschlafften, gleichsam gelähmten Magen und Darm keine lebendigen thätigen Gefäße mehr nennen, und die gemeine Gährung tritt um so schneller ein, je mehr die Bedingungen dazu gegeben sind, als: zur sauren oder faulen Gährung sehr geneigte Nahrungsmittel; Mangel der innern Wärme durch Verkältuug des Magens oder der Ge¬ därme durch kaltes Getränk, kaltes, bereiftes, benäßtes, bethautes Futter; oder warmes Futter oder Getränk, welches die Verdauungsor¬ gane erschlafft und die Verdauung stört; zu vieles Getränk, welches die Vcrdauuugssäfte zu sehr verdünnt und die Verdauungskräfte unwirk¬ sam macht; Mangel einer reinen atmosphärischen Luft in dunstigen, un¬ reinen, sauerstoffarmen Stallungen, oder zu viele Luft, wie bei dcu Köppern; keine Ruhe nach dem Futtergenuß. Durch diese Umstände be¬ günstigt, entwickelt sich nun der gemeine Gährungsproceß, der die Wind¬ kolik erzeugt, und ihr zum Grunde liegt. — In diesen Fällen ist nun der lebendige Kalk insofern heilsam, als er die Kohlensäure einschluckt (weil die Säuren eine große Verwandtschaft zum lebendigen oder reinen Kalke haben) und sie dadurch nicht nur in einem kleinern Umfang, son¬ dern auch iu solche Verbiuduugeu bringt, daß sie weder auf eine noch auf die andere Art schaden können. Wir geben zu diesem Behufc immer ein frisch bereitetes und dcßwegcn wirksames Kalkweisser, wozu wir nach der Größe der Aufblähung bald 2 Loth lebendigen Kalk und 2 Seitel Wasser — oder 4 Loth Kalk und 4 Seite! Wasser nehmen und cs dem Thiere auf einmal unter der Vorsicht cin- gießen, daß nichts davouin die Luftwege kommt. Vermindert sich nach diesem Eingriffe die Aufblähung nicht, und gehen keine Winde oder Mist ab, so wiederholen wir nach 1—2 Stunden den Einguß noch einmal. Es möchte zwar scheinen, daß eine solche ätzende, wenn gleich verdünnte Flüssigkeit auf die Gebilde, mit denen sic in Berührung kommt, feindlich einwirken müßte, allein dieß ist, was die Erfahrung lehrt, in- soferne nicht der Fall, weil, sobald der ätzende Kalk mit der Kohlen¬ säure in Berührung kommt, gleich ein milder Kalk entsteht, der ganz unschädlich ist. Im Nothfalle kann auch Seife uw ass er oder As ch en- lau ge, wegen ähnlicher Wirkung, die Stelle der Kalkmilch vertreten. Daß aber nebst diesen lustschluckenden Mitteln auch die M i st- entlerung bewirkende Mittel, als Klystiere u. dgl., in Anwendung kommen müssen, versteht sich von selbst, denn wird die gährcnde Fnt- 252 kermassenichtaus dem Darmcanal entfernt, so wird sich die Lnftentwick- lung immer von Neuem wiederholen. Hat aber die Aufblähung einen hohen Grad erreicht oder nimmt sie so schnell zu, daß Berstung, Erstickung, Brand und Tod drohen, dann ist der Kalk zu nnkräftig und zu langsam wirkend, nnd 9)dcr Ba nch- stich wegen der schnellen Entleerung des gas- und dunstförmigen Ma¬ gen- und Gedärminhalts das einzige Rettungsmittel. Der Banchstich bei Pferden, obwohl von mehreren französischen und deutschen Thierärzten schon im vorigen Jahrhunderte unternommen, ist in neuerer Zeit ganz außer Anwendung gekommen, weil Einige be¬ haupteten, die Gedärme des Pferdes seyen viel zu empfindlich, als daß sic eine solche Operation ohne große Gefahr vertragen könnten und tät¬ liche Bauchfell- und Darmentzündungen wären die unausbleibliche Folge davon. — Ohne selbst zu versuchen, beteten die übrigen Thierärzte diesen Ausspruch nach, und so wurden die Gedärme des Pferdes ein un¬ antastbares »Rü h r' mich nicht an« bei dem gesammten thierärztli¬ chen Publicum. Auch unserem um die praktische Thierheilkunde hochver¬ dienten Professor Hayne, dem Ehrenretter dieser Operation ging es nicht anders. Durch mehr als 20 Jahre war er, verleitet durch den all¬ gemeinen Ausspruch, derselben Meinung und noch in seiner Heilmittel¬ lehre, Seite 337, nennt er den Bauchstich das »äußerste und ver¬ zweifelte Mittel« und in seiner Seuchenlehre, Seite 262, »die Bildung solcher künstlichen Wege nicht heilsam.« — Endlich den 26. August 1836 setzte er diese Meinung bei Seite und ent¬ schloß sich bei einer heftigen Windkolik, die allen andern äußerlichen und innerlichen Mitteln trotzte, zu dieser — wie er es damals nannte — verzweifelten Operation, und sieh' da! der Erfolg war günstig, und das Thier nun durch dieses Mittel dem sichern Tode entrissen. Nun war das Zeichen zu weitern Versuchen gegeben, und bis heute sind schon viele Pferde, mit todtdrohender Windkolik behaftet, durch diese Operation hier gerettet worden! Wer die Häufigkeit, Gefährlichkeit nnd große Tödt- lichkeit der Windkoliken kennt, wird dem Professor Hayne die Aner¬ kennung nicht vorenthalten, daß er — die Vornrtheile besiegend — ein Mittel der Vergessenheit entzogen hat, welches unter den bisher bekann¬ ten bei der Windkolik des Pferdes das wirksamste, schnellste, wohlfeilste, ganz gefahrlose Mittel ist. Es gebricht auch hier anRaum, weitläufiger diesen Gegenstand zu besprechen, und die vielen eigen angestellten Versuche, und die Krank¬ heitsgeschichten der damit behandelten Pferde anzuführen; wir wollen nur die nöthigen Hauptsachen herausheben und verweisen denjenigen, der darüber genauere Belehrung wünscht, auf die klar und unbefangen ver- 253 faßte Schrift des Znstituts-Dl'rectors Eckel, der diesen Gegenstand, als der allgemeinen Aufmerksamkeit aller Thierärzte und Öconomen für wür¬ dig haltend, am 18. April 1837 in der allgemeinen Versammlung der k. k. Landwirthschaftsgesellschaft in Wien vorgetragen hat, welche, den Werth dieserpractisch wichtigen Abhandlung anerkennend, selbe baldigst im Drucke öffentlich erscheinen ließ. Aus den bisherigen zahlreichen Versuchen ergeben sich folgende Be¬ merkungen : 1) Der Bauchstich ist, vorsichtig angestellt, eine ganz gefahr- loseOperation, wie dieß die Versuche an mehr als 20 Pferden be¬ weisen, die zum Vertilgen wegen Rotz u.dgl. bestimmt, rechts und links mit dem Troicart gestochen, und darauf mehrere Tage am Leben gelas¬ sen wurden. 2) Man soll daher den Bauchstich nicht zu lange aufschie¬ ben, sondern wo es N oth thut, gleich vornehmen, denn wartet man zu lang, so entstehen Berstungen, Verwicklungen, Gedärm- entzündnngen, sülzige und blutige Ausschwitzungen, Brand u. s. w. und gegen solche Änderungen kann der Bauchstich nichts mehr leisten. 3) Der Bauchstich erzeugt weder Bauchfell- noch Gedärmentzün¬ dung, und man hat immer Mühe, die operirte und vernarbte Stelle an den verschiedenen Darmpartien bei der Section aufzufinden. 4) Auch von außen an der Haut ist nach Verlaufvonbeiläufig 12 Stunden kaum die operirte Stelle zu entdecken. — Das einzige Unan¬ genehme, welches nach dem Bauchstich, jedoch i n höch st se l t e n e n Fällen eintritt, ist die Entzü ndu ng sg eschwnlst unter der Haut der verletzten Stelle, wahrscheinlich veranlaßt durch die ausströmenden Gase, deren Cur, weil sie in Eiterung übergeht, immer ein paar Wo¬ chen dauert und in 3 Fällen, die wir bisher zu behandeln Gelegenheit hatten, immer vollständig gelungen ist. 5) Der ausgezeichnete Nutzen dieser Operation hat sich im Jahre 1837 unter 8 an Windkolik behafteten Pferden 6 Mal bewährt; nur 2 Mal war er fruchtlos, einmal war schon Zwerchfellbruch, das zweite Mal Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe im ganzen Grimmdarm vor¬ handen. Alljährlich werden nun seitdem an unserer Klinik einige Pferde durch diese Operation gerettet, und eben so günstige Nachrichten bekamen wir von einigen unserer gewesenen Schüler und andern Thier¬ ärzten, die diese Operation mit dem besten Erfolge zu machen Gelegen¬ heit hatten. 6) Die Operation kann am liegenden oder stehenden Pferde vvrge- nommen werden. 7- Die Stelle, wo sie vorgenvmmen wird, ist die aufgetrie- 254 b en st e und gespannteste Stelle in der Flankengegendrechts oder links; wenn beim ersten Einstiche nicht hinlänglich Lust durch die Scheide herausströmt, oder nach dem ersten Einstiche durch fortwährende Wäh¬ rung neue Luft sich entwickelt, und die Aufblähung sich er¬ neuert, soll man ohne Furcht anch zum zweiten Mal an derselben oder an der entgegengesetztenSeite einstechen.WelchenDarm man da trifft, ist wegen der oft abnormen Lage der Gedärme bei Wind¬ koliken nicht immer zu bestimmen möglich; meistens war es der Grimm¬ darm, aber auch der Blinddarm, die wir getroffen haben. Es kann aber auch der Dünndarm getroffen werden, wobei weniger Luftent¬ leerung zu Stande kommt. 8) Das Instrument, welches von nun an jedem Pferdearzte un¬ entbehrlich ist, ist ein eigener, nach Angabe des Prof. Ha y ne ebenfalls von dem thierärztlichen Instrumentenmacher Johann Hauptmann verfertigter Troicart (Pferd-Bauchtroicart), dessen Klinge oder Spieß am obern Ende mit einem runden hölzernen Heft versehen ist, eine Länge von 10 Zoll hat und am untern Ende in eine zweischneidige Spitze en¬ det; die Scheide oder Canule, in welcher der Spieß steckt, ist aus Packfong verfertigt, länglich oval wie der Spieß geformt, hat uicht über 2 Linien im Durchmesser, und besitzt keine Seitenöffnungen, damit nicht durch diese, besonders wenn sie zu hoch angebracht sind, die aus der Darmhöhle herausströmenden Gase und Dünste in das unter der allge¬ meinen Haut der Einstichstelle befindlicheZvllgewebe treten und daselbst Entzündung und Eiterung verursachen, was bei dem zuerst operirten Pferde der Fall war, wo die Operation mit einem gewöhnlichen Rind Troicart vorgenommen wurde. — Der Rand der untersten Öffnung der Scheide ist von der Außenseite so abgeschliffen, daß er sich unvermerkt mit dem Spieße verliert und ohne Widerstand und Quetschung in den Bauch des Thieres dringt. 9) Dieser an der Spitze sehr scharf seyn sollende Troicart wird lan gsa m und nicht gewaltsam so weit (etwa 3—4 Zoll) eingestochen, bis die, nach Entfernung der Klinge, herausströmende Luft es ver¬ rätst, daß man in der Darmhöhle ist. Dieses vorsichtige und langsame Einstechen ist deßwegen zu empfehlen, damit beim Eindringen des Spie¬ ßes bedeutendere Blutgefäße leichter answeichen, und das Instrument ohne gefährliche Blutungen zu erzeugen, gleichsam über dieselben hin¬ weggleite. 10) Die Scheide wird so lange im Bauche gelassen, bis keine Luft mehr herausströmt; das vorsichtige Hin- und Herbewegen der Scheide, selbst das tiefere Einführen derselben in die Darmhöhle, oder auch das wiederholte Einführen der Klinge oder einer Sonde, oder eines dün- 255 nm Stäbchens in dieselbe, ist in sofern räthlich, als sich ost Futter¬ stoffe vor die Öffnung der Scheide lagern, die das HeranStreten der Lust verhindern. 11) Die durchstochene Stelle erfordert gar keine Behandlung, son¬ dern man überläßt die Heilung der Natur. 12) Klysticre und gänzlicher Futterabbruch vollenden die Cur. Director E ckel, stets von der lebhaftesten Theilnahiue für Alles, was der Thierheilkunde förderlich ist, durchdrungen, schlug, von dieser gemeinnützigen und gefahrlosen Operation überzeugt, nebst dem Ge¬ därmstich noch den Ma gen stich vor, weil ohne Zweifel die Windkolik oft von der Lin Magen gährenden Fnttermasse herrührt, in welchem Falle der Magenstich der Gedärmstich vorzuziehen wäre. An drei wegen Rotz superarbitrirten Pferden (an der linken Brust¬ wandung zwischen der fünften und sechsten Rippe von rückwärts gezählt, eine starke Spanne vom Rückgrath herab, wo man den Magen jedoch durch's Brust-, Zwerch- und Bauchfell trifft) vorgenomniene Magen¬ stiche haben uns gelehrt, daß ebenfalls eine solche Verletzung des Ma¬ gens nicht tödtlich sey, wie man früher allgemein glaubte. Man verletzt zwar beim Magenstich mehrere andere Organe als beim Bauchstich, und ist in Gefahr dieMilz oder auch dieLunge zu treffen, wasdenMagcn- stich gefährlicher macht, als den Banchstich; allein ist der Magen durch dieGährungsprvducte sehr ausgedehnt, so nimmt diese Gefahr mit der Größe derMagenausdehnung ab. In jenenFällen also, wo die Wind¬ kolik bald nach dem Futtergenusse entstanden ist und daher zuvermu- then steht, daß der Gährnngsproceß noch im Magen stattfindet, und ein häufiges Recken oder Erbrechen, Strecken des Kopfes und Halses u. dgl. Erscheinungen diese Vermuthung bekräftigen, und auch der Bauch¬ stich nicht Erleichterung bringt, kann man ohncweiters zum Magenstich seine Zuflucht nehmen, weil ein unsicheres Mittel doch noch besser ist, als keines. Wir haben bis jetzt noch keine Gelegenheit und nicht nöthig gehabt, den Magenstich bei einer Windkolik zu versuchen; können daher dieser Operation n i cht das große Lob, wie dem Banchstich, aus Erfah¬ rung erthcilen. Endlich haben wir 13) noch eines Mittels zu erwähnen, welches bei heftigen Koliken, die so nahe an Gedärmcntzündnng gränzen, niemals vernachlässigt werden darf, und dieß ist die Blutentlee- rung. Sobald der Puls bei der Kolik über 60 geht, lassen wir sogleich zur Ader und entleeren nach der Heftigkeit des Leidens, nach der Orga¬ nisation und Größe desThicres bald 8— 10 —12 Pfund Blut und noch mehr, und wiederholen noch nach Bedarf den Aderlaß. Es ist klar, daß wir durch die Blutentleerung nicht den Darmiuhalt herausschaffcn können, 256 was immer die Hauptsache bleibt, allein wir verhindern oder mä¬ ßigen durch die Blutentleerung den entzündlichen Zustand des Magens oder der Gedärme, der durch die Rückwirkung des schädlichen Darmin¬ haltes unaufhaltsam eintritt und zunimmt. Aus der nämlichen Ursache machen wir in diesem Falle wiederholte scharfe Einreibungen in den Bauch. Dieß sind alle unsere Mittel, von denen wir, so wie die Umstände wechseln, einen wechselweisen Gebrauch machen, und man sieht daraus, daß wir gar keinen Gebrauch von den sogenannten schm erzstill eu- d e n und k r a m p fwi d ri g e n Arzneien, z. B. Bibergeil, Asant, Bil¬ senkraut, Opium, Steinöl u. dgl. machen, weil wir wissen, daß die Unruhe, das Herumschlagen, Aufspringen und Niederwerfen nur Äuße¬ rungen heftiger Bauchschmerzen sind, die nur dann aufhören, wenn der Darminhalt, als der die Schmerzen veranlassende Gegenstand, durch seine Entfernung feindlich einzuwirken aufhört. Daß aber die Entleerung nicht durch krampfstilleude narkotische, sondern bloß durch die wurmför¬ mige Bewegung vermehrende Mittelund Klystiere bewirkt werden könne, ist Jedermann bekannt. Aber auch die he ftigeu Purgirmittel, z. B. Aloe, sind Lei Koliken zu vermeiden, weil sie die ohnehin gereiz¬ ten Gedärme zu sehr reizen, ja sogar entzünden können, und in ihrer Wirkung, wie z. B. die Aloe, die gewöhnlich erst in 24—30 Stunden abführt, viel zu langsam sind; eine Kolik, bei der man aber gegen 30 Stunden auf Mistentleerung warten kann, ist gewiß keine gefährliche und bedarf der Aloe nicht. Ist die Verstopfung so hartnäckig, daß alle obgenannten Salze, Leinöl, Tabakklpstiere keine Mistentleerung bewirken, so wird man mit Grund auf eine Darmverwicklung oder Einschiebung, die den Durchgang hemmt, schließen; in solchen Fällen ist das Einblasen von Luft in denMastdarm mittelsteinesHan dblasbalges zu versuchen, weil dadurch die Gedärme aufgeblasen und die verwickelten vielleicht ent¬ wickelt werden können, wie man diese Entwicklung auch bei tobten Schläuchen durch Lufteinblasen zu Stande bringen kann. Statt der atmosphärischen Luft können die noch wirksamem reizenden Tabaks¬ dämpfe eingeblasen werden, wenn ein Tabakrauchsklystier vorräthig ist, welches man sich ans eine einfachere Weise auch dadurch construiren kann, daß man mit einem gewöhnlichen kleinen Blasbalg eine blecherne Kapsel in Verbindung bringt, in welche man (wie in einen Pfeifenkopf) Rauchtabak gibt, der dann angezündet wird und dessen Dämpfe nun mittelst des Blasbalgs in eine mit der Blasbalgöffnung verbundene ela¬ stische Röhre getrieben und in den After geleitet werden. Manche Thier¬ ärzte behaupten zwar: Tabakdämpfe schaden, weil sie die gereizten oder 257 entzündete» Gedärme noch mehr reizen — allein in solchen gefahrdrohen¬ den Fällen bleibt nichts übrig, als aus zwei Übeln das kleinere zn wäh¬ len. — Auch das l eb en d i g e Quecksilb er, welches zu 8 —12 Lotb in solchen Fällen den Thieren durch's Manl cingegossen wird, soll durch seine Schwere einen Weg durch die Gedärme bahnen, Verschlin gungen entwickeln und dadurch Mistentleerungen bewirken. Wir können übrigens aus Erfahrung von keinen großen Erfolgen dieses Mittels reden, welches wohl oft beim Aster für sich allein zum Vorschein kam, ohne Mistentleerungen bewirkt und das Leiden gebessert zu haben. — Sehr hartnäckige Verstopfungen veranlaßten auch schon den Gebrauch des C r v tv nö ls, 5 Tropfen in l O Loth Leinöl, welches letztere die zu heftigen Wirkungen des Crotonöls mäßigt und ein bal¬ diges Abführen bewirkt. Dieses Mittel, welches nns in solchen Fällen zweimal gute Dienste geleistet hat, ist übrigens, als ein heftiges (dra¬ stisches) Purgirmittel bei Koliken nur sehr porsichtig und a u s n a h in s- weise anzuwenden. Sollten bei einerKolik Eingeweidewü rm er die Ursuche der¬ selben seyn, so passen die nämlichen entleerenden Mittel zur Entfernung derselben, in Verbindung mit wurmwidrig en und wurmtöd- tenden Mitteln, z. B. Bittersalz 6 Loth, Wermuth 2 Lotb, Hirschhornöl ? Loth als Latwerge, oder Doppel salz 4 Loth, Bal¬ dri a n 2 Loth, Hirschhornöl^ Loth u. s. w. Bittersalz oder Dop¬ pelsalz ist wurmtreibend; Wermuth oder Baldrian w u rmw i d rig; Hirschhornöl dasbestewurmtödtendeMittel. Gegen die sogenann¬ ten Engerlinge oder Ocstruslarven läßt sich zu ihrer Abtrei¬ bung nichts vornehmen, denn sie haben eine so feste unempfindliche Hani, daß man früher die Magen- oder Darmwände, als sie, tödtlich verletzen könnte. Dreiviertel Jahr halten sich diese Thicre gewöhnlich im Pferde auf, bis sie ihre Verwandlungen durchgemacht haben, und bald nach ihrem Austritt durch den Mastdarm zu geflügelten Insekten (Bremsen) werden. Dieß ist der Plan der Natur. Wäre ein e i n g e k l e m m t e r B r n ch, z. B. Leistenbruch u. s. w., die Ursache oder die Folge der Kolik, dann ist der Tod fast immer ge¬ wiß durch den schnell erfolgenden Brand. Rettung wird in höchst selte nen Fällen nur durch schnelle Operation möglich seyn, die darin besteht, daß man 1) das Thier ans de» Rücken legt und wie bei der Castration fesselt, 2) den Hodensack nach der Länge und vorsichtig, nm die vorgelagerten Gedärme u. dgl. nicht zn verletzen, spaltet; 3) mit den Fingern versucht, die Vorlagerung so z u rü ckzubri ng c n, daß immer der zuletztherausgedrängtc Theil in die Bauchhöhle leicht dre¬ hend zuerst zurückgeschoben wird; 4)im Falle die Brnchöffnunq zurZn- Bleiweis Heüverf. 3 Aufl. 258 rückbringung zu klein wäre, diese durch einen Einschnitt mittelst eines an der eingebrachten Hohlsonde eiugeführten geknöpften Messers gegen die Bauchliuie erweitert, und dann die Gedärme zurückbringt, oder das etwa schon brandig gewordene Netz wegschneidet; 5) ist es zu erwar¬ ten, daß der zurückgebrachte Bruch sich nicht inehr verlagert, so ist die Castration und Kluppenanlegung nicht noth w endi g, was auch mei¬ stens der Fall seyn wird, so wie es auch bei Menschen der Fall ist, die in solchen Fällen kaum je castrirt werden; 6) wäre aber bei einem sehr erweiterten Bauchringe zu fürchten, daß die Gedärme, Netz, neuerdings vorfallen, dann muß die C a st r a ti o n vorgenvmmen, und um den Bauchring mehr zur Verengerung zu bringen und das Austreten des Eingeweides für die Folge zu verhindern, Kluppen angelegt und das ganze Verfahren wie bei der Castration eingeleitct werden; 7) die ftatt- findende heftige Entzündung muß mit Aderlässen, scharfen Einreibungen in den Bauch, Klpstieren, Eingüssen von Leinöl und Bittersalz, und bei drohendem Brande mit Zusatz von Kampher,Mehltränken und gänz¬ lichem Futterabbruch behandelt werden. Immer ist aber dem Eigenthü- mer die große Gefahr kund zu geben und der in solchen Fällen meistens erfolgende Tod durch Gedärmbrand vorauszusagen. Die bloß unblutige Zurückbringung des Bruches (Isxis), daß man nämlich mit der rechten Hand in den Mastdarm geht, gegen den Bauch¬ ring greift und die hineingetretene Darmportion herauszieht, während man von außen mit der linken Hand nachhilft, wird kaum so oft ge¬ lingen, als einige Thierärzte behaupten. Je ß en versichertes immer zu thun, und betrachtet die Manipulation als ganz ohne Umstände leicht ausführbar. So operirte er nach seiner Versicherung mit dem besten Er¬ folg am 5. Mai ein Pferd, das am 3. Nachmittag die Kolik von der Ein¬ klemmung bekam. Sein Verfahren ist im Allgemeinen folgendes: Er wirft nie beim Castriren das Thier, nur wird ein Strohbund unter dasKreuz des aufdenRücken gelegtenThieres geschoben.Ein gerades oder gebogenes Bistouri, und allenfalls noch ein Knopfbistouri sind die hinreichenden schneidenden Werkzeuge, die man dabei benöthige. Wenn man die Häute des Hodensackes mit Vorsicht durchschnitten hat, präpa- rirt man sie sogleich weitmöglichst nach demBauchringe zu von der Schei dehaut los, und öffnet dann erst diese mitkleinen und subtilen Schnitten, um den Darm zu entblößen. Die Erweiterung des Bauchringes, wo sie nöthig, wird bedeutend dadurch erleichtert, wenn man ihn mit dem ein¬ geführten, gekrümmten Zeigefinger der linken Hand etwas hervorhebt, was immer möglich ist. Die Kluppe auf der Bruchseite kann nach 48 Stunden ohne Gefahr weggenvmmen werden. Endlich ist bei der Behandlung der Kolik noch des Mastdarm- 259 Vorfalles zu erwähnen, der bei Koliken zuweilen in Folge des star¬ ken Aufblähens, heftigen Drängens zum Misten oder roher Manipula¬ tionen im Mastdarme dadurch entsteht, daß der vordere Theil in den Hintern sich einschiebt und durch den After gleichsam umgestülpt her¬ austritt. Ist der Vorfall erst neu entstanden und wird die veranlassende Ursache (Aufblähung, Verstopfung, Drang znm Misten) bald entfernt, so tritt der Mastdarm oft von selbst wieder zurück, oder braucht nur vor¬ sichtig zurückgeschoben zu werden. Ist aber der Vorfall schon länger anhaltend, ist dessen veranlassende Ursache noch nicht entfernt, oder das vorgefallene Stück entzündet oder wohl gar brandig, dann ist dieser Zu¬ fall, besonders im letztem Falle, sehr gefährlich. In einem solchen Falle mnß der Thierarzt gleichzeitig die Kolik als die Ursache des Vor¬ falles, und den Vorfall selbst behandeln. Was 1) die Kolik anbe¬ langt, so muß er mit den geeigneten Mitteln (Salzen, Leinöl, Klystie- ren, Bauchstich) die Entleerung des Darminhaltes zu befördern suchen, und gleichzeitig muß er 2) den vorgefallenen Mastdarm, wenn der¬ selbe nicht heftig entzündet und geschwollen ist,mit einer wohlbeölten Hand und beschnittenen Nägeln so wieder hinein zu bringen suchen, daß er den zuletzt vorgefallenen äußersten Theil zuerst hinein¬ schiebe; dabei stelle man das Thier aus physikalischen Grundsätzen, mit dem Hintertheile etwas höber. Hört durch die angegebenen Mittel das Drängen zum Misten auf, und ist der Mastdarm nicht zu sehr erschlafft, so wird er endlich in seiner gehörigen Lage verbleiben; ist aber große Erschlaffung eingetreten, so muß ein angemessener Druck auf die erschlafften, aber nicht entzündeten Mastdarmwände mittelst eines pas¬ senden Schwammes, Leinwand- oder Wergbauschens angebracht und diese durch einen schicklichen Verband festgehalten werden. Dieser Ver¬ band geschieht bei den Pferden mittelst eines Bauchgnrts, den man dem Thiere umbindet, und an welchem man einen Schweifriemen befestigt; an dem Schweifriemen befestige man sodann einen großen Schwamm oder Wergbauschen, welcher noch durch einige Bänder gegen den Aster ge¬ halten wird, die zwischen den Hinterschenkeln durchgenommen und mit ihren Enden an den Bauchgnrt befestigt werden. Der Schwamm oder Wergbauschen kann überdieß mit Abkochungen von zusammenzie¬ henden Rinden, z. B. Eichenrinde n. dgl. befeuchtet werden; auch Klystiere aus solchen Abkochungen sind in diesem Falle zuträglich, de¬ nen man überdieß noch Eisen vitri ol l Loth zusetzen, oder mit Kly- stieren aus Lösch wasser vertauschen kann. Einige Thierärzte halten eine leere in den Mastdarm gebrachte Blase, die nachheraufgeblasen und befestigt wird, als das zweckmäßigste Mittel, den Mastdarm zurück- 17 " 260 zuhalten, weil der elastische Druck der Blase nicht reizend und verle ¬ tzend aus die Mastdarmwände wirkt. Erfolgt trotz aller zweckmäßig an¬ gelegten Verbände doch ein neues Heranstreteu, dann müßte dieses durcb einen angemessenen und hinreichend lang dauernden Druck, mittelst einer in den Mastdarm gebrachten Hand verhütet werden, was freilich sebr mühsam, aber ost das einzige Mittel ist. Ist aber der vorgefallene Mastdarm zugleich ent zün d et, rotlr, heiß und sehr geschwollen, so ist bei solchen Umständen das Zurückbrin gen desselben nicht zu versuchen, weil dieses 1) wegen der Anschwellung nicht leicht möglich ist, und 2) ein gewaltiges Zurückdrängen die Ent¬ zündung noch verschlimmern würde. In einem solchen Falle ist nichts zu thun, als die Entzündungsgeschwulst mit Umschlägen von kalt emWas ser zu behandeln, dem man allenfalls etwas weniges Bl ei ess igzumi schm kann, bei sehr heftiger Entzündung wären selbst oberflächliche Einschnitte in den Mastdarm, um eine örtliche Blntentleerung zu be ¬ wirken, angezeigt; lane, schleimige vderö lige Bähungen des entzündeten Mastdarms sind weniger wirksam, weil diese Entzündung dnrch mechanische Ursachen hervorgebracht wurde, gegen welche dieörtlicke Kälte das vorzüglichste Mittel bleibt. Ist die Entzündung gemäßigt und die Geschwulst bedeutend verkleinert, dann erst ist die Zurücksührnng zu versuchen,undlaneKlystiere aus Eibischwurzelabkochun g mit 1 Quintl Opiumtinctur mit großer Vorsicht, um den entzündeten Mastdarm nicht zu verletzen, anznwenden; sie überziehen die trockenen Mastdarmschleimhäute mit Schleim, und beschwichtigendenschmerzhaf¬ ten Zwang. Gelingt es aber nicht die Mastdarmentzündnng zu bekämpfen, so tritt unter solchen Umständen, wegen gehemmtem Zu- und Abfluß des Blutes, leicht Brand des Mastdarms ein, der sich durch die vermin¬ derte Hitze, durch das Eiufallm und die dunkelrothe oder bläuliche Farbe der Geschwulst zu erkennen gibt, und meistens tödtlich endet. Deßhalb werden auch die Bähungen und Umschläge mit belebendenFlüssig- keiten, z. B. aromatischen Kräutern, Weingeist, Kamphergeistu. dgl., so wie das Messer, welches das Brandige entfernt, wenig nützen, und der Tod meistens unvermeidlich eintrcten. Was endlich die d iät etischen Mittel bei der Kolik anbelangt, so versteht sich von selbst, daß gänzlicher Futterabbruch während der Kolik und wenigstens noch einen halben Tag nach derselben, zur schnellem Heilung und Verhütung eines Rückfalles unumgänglich notb- wendig sey; denn wie können Magen und Gedärme, die kaum von einer schweren Krankheit genesen sind, kräftig genug seyn, neues Futter zu verbauen? Und doch glauben die Leute, sie müssen nach kaum überstan¬ dener Krankbcit ihren Pferden wieder Gutes tbuu, und recht viel Fut 261 rer geben, um das Versäumte einzubringen! Nichts ist nachtheiliger, als dieser Wahn. Zum Getränke paßt bei Koliken reinesWasser, oder Wasser mit Kochsalz gesalzen, am besten; Mehltränke sind bei einer Windkolik höchst nachtheilig wegen ihrer großen Neigung, in die saure Gährung überzugehen. Bewegung des Thieres im scharfen Schritt ist während der Kolik zuträglich, denn sie befördert die wurmförmige Bewegung; dage gen ist das schnelle Herumjagen solcher Patienten obwohl ein belieb les Kutschermittel, nachtheilig. Das Niederlegen und Wälzen der kolikkranken Pferde verhin¬ dern wir ui cht, weil wir es als ein Linderungsmittel der Schmerzen, und für einen wohlthätigen Jnstinct der Thiere halten, durch di. Erschlaffung der Bauchmuskeln den Bauchschmerz zu mäßigen, wie es der Mensch thut, der bei der Kolik ebenfalls sich niederkauert, die Füße an den Bauch zieht, uud in dieser Lage einen Schmerznachlaß empfindet Durch das Niederlegen, Wälzen und Anziehen der Füße werden nämlich die Bauchwandungen, die im Stehen gespannt sind, crschlasftund dadurch verhindert, daß die sollst gespannte Bauchpresse nicht so sehr ans die oh nehm schmerzhaften Gedärme drücke und den Schmerz steigere; dadurch wird auch die wurnrförmige Bewegung freier und leichter, und die Ver¬ wickelung, wenn es noch möglich ist, sogar gehoben. Vielleicht wäre ein absichtliches Wälzen und Rütteln solcher Thiere — wenn man dieß mit den Pferden vornehmen könnte — eines der besten Mittel, um das Verwickelte zu entwickeln. Wir können daher die gewöhnlicheAnsichtun- kundiger Leute und selbst vieler Thierärzte, daß durch das Niederlcgeu und Wälzen Verwicklung der Gedärme entstehe, und beides auf das Nachdrücklichste (mit der Peitsche) zu verhindern suchen, nicht beipflich ten, aus folgenden Gründen: 1) nicht selten kommen Verwicklungen bei Pferden vor, die sich gar nicht wälzen, sondern immer wie Hunde am Hintertheil saßen, 2) wie oft müßten Verwicklungen entstehen, wenn Pferde zu Operationen geworfen werden, oder sich auf der Weide oder im Stalle aus bloßem Wohlbehagen wälzen, 3) gar so locker sind denn doch die Gedärme im Bauche des Pferdes nicht befestigt, daß eine solche Bewegung des Körpers Alles unter einander brächte, 4) rühren denn die ebenfalls nicht seltenen Einschiebungen der Gedärme auch vom Wäl¬ zen her? Diese Gründe bestimmen uns die Verwicklungen der Gedärme uni ihre eigene Achse, um ein anderes Darm-, Netz-, oder Gekrösstück oder um einen andern fremden Körper, z. B. vergrößerte Gekrösdrüsen u. dgl., nur für die Folge e i n e r n n g e st ü m en, regelwidrigen, wur m- förmigen Bewegung zu balten, welche abnorme Bewegung bei 262 dem Pferde allerdings durch die freiere Beweglichkeit der Gedärme sehr begünstiget wird. Wie bedeutend die wurmförmige Bewegung beim Pferde sep, kann man sich leicht überzeugen, wenn man bei einem ab¬ sichtlich getödteten Pferde alsogleich die Bauchhöhle eröffnet und der kräf¬ tigen, noch lange nach dem Tode des Thieres fortdauernden wurmför¬ migen Bewegung znfleht. — Auch die Jneinanderschiebung der Gedärme, wobei ein Stück Darm in oder über das andere tritt, oder der vordere Theil in den Hintern, oder umgekehrt, hinein- oder darübergeschoben wird, ist offenbar nichts anders als eine heftige, peri-oder antiperistaltischeBe- wegnng, deren Beginn oft vielleicht in jener stellenweisen Zusammen¬ schnürung besteht, die man oft, besonders am Dünndarm, an einzelnen Stellen trifft, wo der Darmtheil so verengert wird, daß gar nichts durch¬ gehen kann.— Wir lassen daher, bekräftiget durch die Erfahrungen auch anderer guter Thierärzte, dieThiere sich niederlegen und wälzen, wie der Naturtrieb sie bestimmt, und hoffen dadurch selbst die Mistentleerung zu befördern, und schon stattgefundene Verwicklungen zn lösen, weil eben dadurch die Bewegung derselben freier und die wurmförmige Bewegung erleichtert wird; nur in jenen Fällen gestatten wir es nicht, wenn d e rB a uch tr o m m e l a rti g a n fg e tri e b e n ist, und d a sWer- fcn gar zu heftig geschieht, weil durch diese gewaltsame Erschüt¬ terung leicht Berstungen der übermäßig ausgedehnten Eingeweide (Ma- gen, Darm, Leber, Milz, Zwerchfell) entstehen. Das Unsinnige der Operation, die man F ei fe l n oderFeifel- sch neiden nennt, um dadurch die Kolik zu heben, bedarf keiner Wi Verlegung, so wie das Lächerliche: den kolikkranken Pferden den Urin von einem kleinen Jungen, odcrdenwunderthätigenTropfcu- Saft aus re inem P ferdemist einzugeben u. dgl. m.,jedermann einsieht. Auch das berühmte Salzbnrgertrankel, aus geistigen ge- würzhaften u. dgl. Mitteln bestehend, kann nur unter gewissen Umstän¬ den Anwendung finden. Das Steinül ist durchaus verwerflich. 4. Magen- und G ed arm entzündüng, häufig auch Ge¬ bär m e n t z ü n d u n g schlechtweg o d er E n t zü n d u n g s k o- lik genannt. Die Entzündungen der Gedärme sind bei weitem häufiger als Ent. zündnngen des Magens, die bei Pferden selten für sich allein, sondern meistens in Verbindung mit Gedärmentzündung Vorkommen. Der Ma¬ gen ist überhaupt bei allen Thiergattungen ein sehr kräftiges, nicht so leicht verletzbares Organ, welches selbst scharfe und giftige Stoffe, die 263 die äußere Haut entzüuden und zerstören, ohne Nachtheil verträgt. Ge¬ wiß hat ihm die weiße Natur die kräftige Organisation deßwegen ver¬ liehen, weil er so zu sagen den ersten An fall aller genossenen, oft so verschiedenartigen Stoffe aushalten muß, damit sie durch seine Ver¬ dauungskraft in etwas bezwungen nnd gemildert, den weitern Weg zu den viel empfindlicheren Gedärmen mit weniger Nachtheil machen können. Weil die Magen-und Gedärmentzündungen beim Pferde, welches sich wegen der beträchtlich gefalteten innern Haut des Magenschlundes, und wegen der schiefen von rechts nach links gehenden Einpflanzung des Magenschlundes in den Magen nicht erbrechen kann, unter fast glei¬ chen Erscheinungen anftreten und auch die Behandlung deßhalb die näm¬ liche bleibt, so betrachtenwir diese zweifache Entzündung für Ein Lei- den unter dem Namen der Gedärmentzündung. Dieß ist ja auch beider Kolik der Fall, unter der man gewöhnlich ein Leiden der Gedärme ver- steht, obgleich auch hier der Magen häufig mitleidet oder sogar vorzüg¬ lich leidet. Der Sitz der Magen- und Gedärmentzündung ist im erstem Fall der Magen und gewöhnlicher dessen ZwölfsingerdarmhälftetSammt- baut), im zweiten Fall die Gedärme, sowohl dünnen als dicken; nur mit dem Unterschiede, daß einmal vorzüglich die Schleimhäute dieser Organe (katarrhalische Magen- nnd Gedärmentzündung), ein andersmal bloß oder mehr die serösen H äu te dieser Gebilde (rheumatische Magen- oder Gedärmentzündung) leiden, und in diesem Falle auch die serösen Häute des Ba u ch fel le s, Ne tz cs, Ge k r ö se s und B a u ch z w e rch f e ll e s in den Kreis des Leidens gezogen werden. Die Grund leiden, die bei der katarrhalischen Magen- vderGe- därmcntzündung vorkommen, sind Entzündung, krankhafte Schleimsecretio n, Ausschwitzung von gerinnbarer Lymphe oderBl u t in die Höhlen des Magens oder Gedärme, meistens aber zwischen die Schleim- oder Muskelhaut; Verschwärung oder Brand; beim chronischen Verlaufe vielleicht auch Wurmbildung. Bei der rheumatischen Entzündung stud W a sse rcrgi eß um g c n nnd Ansschwi tznngen lymp hatischer Flüssigkeiten in die Bauchhöhle (acute Bauchwassersucht genannt) die gewöhn¬ lichsten Entzündungsübergänge. Die K r a n k h e i t s ersch e i n u n g e n der Gcdärmentzündung sin d in den meisten Fällen der Kolik ganz gleich, wie dieß schon bei der Ko lik, wo auf die Ähnlichkeit und auf die Unterschiede dieser zwei Krank heitsformen aufmerksam gemacht wurde, näher angegeben worden ist. Auch bei der Magen- und Gedärmentzündnng sind die S t e ll n n g .er Thiere mit unter den Bauch gestellten Vorder- und Hinterfüßen, die 264 fehlende Freßlust, das rötherc und heißere Maul, die Bauchschmerzen, die unordentliche Mistentl eern n g und der fieberhaft beschleunigte, sehr kleine und zusammen¬ gezogene Puls die wesentlichsten Merkmale, welche mit Berücksich¬ tigung der längern Dauer der Krankheit, als bei Kolik, so ziem, lich leicht die Magen- oder Gedärmentzündung erkennen lassen, die, wenn sie obgenannte Übergänge macht, am verläßlichsten ans den abge¬ henden Darmentleernngcn erkannt werden kann, weil diese die Krankheitsproducte offenbar zeigen. Während derEntzündungwird die Mistentleerung größtentheils aufgehoben seyn, woran die gestörte Verrichtung der Gedärme und entzündliche Trockenheit derselben Schuld ist. Bei Schle imsecr e ti one n geht öfterer Mist mit S ch le im um¬ hüllt oder durchzogen ab; bei Ausschwitzungen gerinnbarer Lymphe ist der Mist mit ganzen Häuten von geronnener Lymphe (die man fälschlich für getrennte Schleimhäute hält) umzogen; bei bluti- genAussch witzungen ist die Entleerung blutig, bei wässeri gen Ergießungen wässerig, bei der V er sch w ärnng hell-oder dun kelbraun, schwarz aussehend, ungemein widrig und fanlriechend; ähn¬ licher Gestank und ein eigenthümlicher brandiger Geruch, der sich mit Worten nicht so genau beschreiben läßt, verräth den Brand der Gedärme, der aber übrigens auch in den Gedärmen nicht so häufig ist, als man ge¬ wöhnlich glaubt. — DieB a uchw a s s e rs ucht ist bei Pferden meistens von a c u t e m V e r l a uf und Folge einer sch n e l l v e r l a u s c n d e n tödt- lichen Gedärmentzündung rheumatischen Characters, daher ihre Erkcnnt- niß bei den tumultnarischen Erscheinungen, die einer Kolik gleichen, bei Lebzelten des Thieres meistens unmöglich. — Wäre — was bei Pferden sehr selten ist — die Bauchwassersucht von chronischer Dauer, so soll diese ans dem großen und gespannten Bauche, aus dem fühlbaren Schnap¬ pen der im Bauche angesammelten Flüssigkeit, wenn man mit der einen Hand an einer Seite des Bauches des liegenden Thieres drückt und mit den Fingern der andern Hand an die entgegengesetzte Bauchseite anklopft; ans den oft gleichzeitigen Wassergeschwülsten an andern Stellen, mit gleichzeitigen Athmungsbeschwerden, Abscheu vor Bewegung, Ver¬ stopfung n. dgl. zu erkennen seyu — doch wird dieß nicht bei dem Pferde so leicht seyn, als Büchergelchrte es angeben. Was aber die B a n ch s ch m e r z e n anbelangt, so sind diese bei der Gedärmentzündung gewöhnlich auch sehr heftig, und die Thiere beneh¬ men sich in gewöbnlichen Fällen dabei wie bei der Kolik. Es gibt aber auch Gedärmentzündungen, wo d i e g ew ö h n l ich e n K o l i k sch m er- zen nicht zu bemerken sind, und die Thiere entweder ganz ruhig auf einem Fleck stehen, oder höchstens zuweilen mit einem oder dem an- 265 dem Vorderfuß kratzen, übrigens sich weder niederlegen, noch wälzen n. dgl. Dießistnunzuweilenbeirh euma tischen Gedärm-, Bauchfell-, Netz- und Gekrösentzündungen der Fall, vielleicht deßwegen, weil die serösen Häute sehr wenige, nach einigen Anatomen gar keine Ner¬ ven besitzen, und im gesunden Zustande fast unempfindlich sind. Die Diagnose ist hier sehr schwierig , besonders wenn auch der Mist keine Krankheitsprodncte zeigt, und eine Verwechslung mit L u n g e n e n tz ü n- dung sehr leicht möglich, weil sich in einem solchen Falle die Erscheinun¬ gen beiderLeiden sebr viel gleich sehen. Thiere mit solchen rheumatischen Gedärmentzündungen stehen oft ganz ruhig mit gesenktem Hals und Kopf und legen sich niemals nieder; sie athmcn schnell und auffallend; hu¬ sten zwar freiwillig nicht, wie dieß auch bei rheumatischen Lungenentzün¬ dungen der Fall ist, reizt man sie aber künstlich zum Husten, so ist der Husten schwach, kurz, schmerzhaft scheinend (wahrscheinlich wegen der schmerzhaften Spannung der entzündeten Baucheingeweide); die sichtli¬ chen Schleimhäute sind gervthet, die ausgeathmete Luft wärmer, der Bauch ist beim Befühlen von außen gewöhnlich nicht schmerzhaft, der Mist geht selten ab und ist gut verdaut; Fieber fehlt nie. — Wer wird sich durch diese Erscheinungen nicht täuschen lassen, und statt Gedärmentzün¬ dung nicht eine Lungenentzündung vermnthen ? Uns ist es schon ein paar Mal so ergangen, daß wir bei Lebzeiten das für Lungenentzündung ge¬ halten haben, was sich bei der Sectio» als übcrgegangene rheumatische Gedärmentzündung zeigte. Wir bekennen unverholen die Wahrheit und wundern uns, daß die wenigsten thierärztlichcn Schriftsteller sol¬ cher Gedärmentzündungen, die ohne Kolikschmerzen wenigstens bis gegen das Ende des Lebens verlaufen, gar nicht erwähnen, da sie doch in der Natur Vorkommen, oder sie vielleicht nur mit dem Namen eines gastrischen Fiebers taufen. Finden wir doch auch bei allen langwie¬ rigen tödtlichcn Krankheiten des Gehirns, Rückenmarks, Lungen u. s. w. nach dem Tode auffallende Spuren von Gedärmentzündungen, ohne daß das lebende Thier Kolikschmerzen geäußert hätte! Zwar erwächst aus einer solchen Verwechslung für den Thierarzt kein so großer Nachtheil, weil sich die Behandlung, wenigstens in den Hauptmitteln, als Aderlaß, re- vellirendcn Mitteln, warmen Verhalten u. s. w. ziemlich gleich bleibt, al¬ lein ein diagnostischer Jrrthum bleibt sie doch und der Wissenschaft liegt es ob, überall das Wahre zu suchen. Um einer Gedärmentzündnng ohne Kolikschmerzen oder Durchfall so viel als möglich auf die Spur zu kommen, rathen wir die genaue Beachtung folgender Umstände an: Der Thierarzt verweile öfters durch längere Zeit beim Kranken, und beobachte vorzüglich genau seine Stellung, ob es nämlich die Füße ziemlich nahe unter den Bancb 266 stellt oder nicht, — ob es nicht zeitweise mit dem Schweife wedelt, — ob es sich nicht zuweilen nach dem Bauche umfleht, — ob es den Hals und Kopf nicht etwas höher hält, als dieß bei der Lungenentzündung gewöhnlich der Fall ist, — ob es nicht zuweilen hustet, — ob das be¬ schleunigte Athmen im Verhältniß mit dem Fieber steht oder nicht, — ob der Puls sehr klein und zusammengezogen wie gewöhnlich bei Gc- därmentzündungen ist, — ob es doch nicht, wenn auch höchst selten, mit dem Vorderfuße kratzt oder scharrt? Aus genauer Beachtung dieser Umstände dürfte es zuweilen gelin- gen, eine solche Gedärmentzündung zu erkennen. Wer aber bei Gedärm¬ entzündung nur immer Kolikschmerzen, große Unruhe, Niederlegen, Wälzen u. dgl. sucht, wird sich öfters täuschen, bis er endlich durch eigene Erfahrung überzeugt wird, daß es auch Gedärmentzünduugen gibt, die in ihrem Äußern mehr der Lungenentzündung als der Ko¬ lik gleichen. Die Ursachen der Gcdärmentzündung sind diejenigen, die der Kolik zum Grunde liegen, weil die Magen- und Gedärment¬ zündung meistens nur als ein höherer Grad der Kolik zu betrach¬ ten sind. Wir berufen uns daher, um Wiederholungen zu vermeiden, ans das dort Angeführte und bemerken nur, daß Fütterung sseh l e r und Verkühlung die gewöhnlichsten Gelegenheitsursachen sind; viel seltener sind versch lu ckte oder in den Gedärmen erzeugte mechanische Körper, chemische ätzende Stoffe, worunter einige selbst als Heilm ittel gebrauchte, z. B. Arsenik, Sublimat, Kanthariden, auch Alo8, Salpeter, Doppelsalz, Steinöl, Erotonöl, Fingerhntkraut, Brechweinstein u. s. w., wenn sie in großen Gaben gereicht werden; ferner führen V erw icklun gen, Jneinand erschie- bungen, Berstung en; eingeklemmte Darmbrüche zu mei¬ stens tödtlichen Gedärmentzündungen ; endlich erzeugt jede tö d tlichc und langwierige Krankheit, z. B. Lungenentzündung, Koller, Starrkrampf u. s. w., Gedärmentzündungen, die sich schon bei Lebzeiten durch den gewöhnlich gegen das Ende eintretenden Durchfall, und naet dem Tode durch die Sektion zu erkennen geben und deren nächste Veran¬ lassung wir schon bei der Lungenentzündung angegeben haben. DiePr o g n ose ist bei jeder Gedärmentzündung wegen des schnel¬ len Verlaufes und baldiger Entzündungsübcrgänge, die die Erfülluw derHeilbedingungensehrerschweren, zweifelhaft zu stellen. Was die Dauer der Magen-oder Gedärmentzündung überhaupt anbelangt, so ist dieselbe oft sehr kurz, wenn sie in den Tod übergeht; geht sie aber in Genesung über, so brauchtsie zur völligen Heilung immer 267 vi el längere Zeit (einige Ta ge) als die Kolik, bis sich die entzündlichen Änderungen ausgeglichen haben. Übrigens ist die Prognose nach dem S itze, Grade, den Ur s a ch e n nnd der D a uer bald mehr bald weniger günstig. Rheumatische Gedärmentzündungen sind we¬ gen der oft schnell erfolgenden serösen und lymphatischen Ergießungen in die Bauchhöhle gefährlich; mit ganzen Häuten von geronnener Lymphe eingehüllter Mist deutet den gefährlichen Entzüudungsübergang an; we¬ niger gefährlich ist krankhafte Schleimsecretion und wässeriger Durchfall. Blutiger und sehr widrig und faul riechenderDnrchfall istdas Zeichen einer tödtlichen Verschwärung. Entzündungen in Folge ätzender oder giftiger Stoffe sind meistens durch schnellen Brand und andere Entzünduugsübergänge tödtlich, Ge¬ därmentzündungen mit heftigem Fieber nnd hartnäckiger Verstopfung sind wegen der zu fürchtenden schlimmen Übergänge gefährlich. Drei oder mehrere Tage dauernde mit heftigem Fieber verbundene Gedärmentzün¬ dungen sind als übergegangcne Entzündungen zu betrachten, und in der Regel tödtlich. Gedärmeutzündungen mit Verwicklung, Jneinanderschie- bung, Einklemmung sind immer tödtlich. Gelingt es überhaupt nicht schnell die erste, zweite und dritte Heilbediugung zu erfüllen, so hat man keinen günstigen Ausgang zu erwarten, und die obgenannten Ent- züudungsübergänge inVerbiudung mitdeu Entzündnngsmerkmalen sind die gewöhnlichen Sectionsergcbuiffe. Therapie. Sind Futterstoffe in quantitativer oder quali¬ tativer Hinsicht, oder M ista nh äufun gen die Ursache der Gedärm¬ entzündung und ist die Mistcntleeruug dabei aufgehoben oder sehr ver¬ mindert, so muß vor Allein auf die Entfernung derselben aus dem Darmcanal Rücksicht genommen werden. Es passen also hier Ab¬ führmittel, doch müssen diese von der Art seyn, daß sie den Darmcanal entleeren, ohne ihn dabei stark zu reizen. Zn dieser Hinsicht empfiehlt sich gutes, nichtrauziges Leinöl mit gelind abführenden Salzen, z. B. B it t ersa lz, am besten. Unsere Verbindung aus 16—20 Loth Leinöl und 4 Loth Bittersalz als Einguß ist schon oben angegeben worden. Es gibt zwar Thierärzte, die bei Gedärmentzündungen sogar die ge¬ lindesten Salze für schädlich halten, weil sie dadurch die Entzündung zu vergrößern fürchten, allein sie bedenken nicht, daß der schädliche Darm¬ inhalt vielmehr die Entzündung steigere und verschlimmere, als ein gelind abführendes, nur wenig reizendes und bald wieder ausgeführtes Salz, und daß ohne Herausschaffung des Darminhalts in solchen Fällen durch¬ aus keine Heilung möglich sey. Es ist daher immer klüger, unter zwei nothwendigen Übeln das gelindeste zu wählen. Wäre der Darmcanal 268 entzündet und leer, dann wird es auch uns nicht einfallen, reizende Salze zu geben, obgleich salzige Mittel nicht gar so entsetzlich nachtheilig auf entzündete Stellen wirken, wie dieß die vortheilhafte Behandlung des entzündlichen Maulweh mit Kochsalz, Essig, Salzsäure beweist. Hef¬ tige Purgirmittel, z. B. Aloe, sind allerdings schädlich, und bei Gedärm, entzündungen immer zu verwersen, allein ein so mildes Salz wie Bit¬ tersalz, dessen reizende Wirkung man überdieß noch durch Zugabe von Leinöl mildert, ist nicht nur nicht schädlich, sondern durchaus nothwem dig zur Erfüllung der ersten und wichtigsten Heilbedingung. Nebst diesen innerlichen Mitteln müssen fleißig Klystiere aus lauem Wasser mit Kochsalz oder Seifenauflösung angewendet werden,- in den Bauch reibe man in breiter Ausdehnung die S ch a rfsalb e als revellirendes und die Entzündung zertheilendes Mittel ein, und steigt das Fieber über 60, s o schreite man sogleich zu B lu t e n tl e e r u n g en, die nach der Höhe der Entzündung auch wiederholt werden müssen. Gänzlicher Futterabbrnch und Mehltränke gehören zum diäteti scheu Heilverfahren. Ist Verkühlung durch kaltes Getränk oder gewöhnlich durch kalte Luft nach vorausgegangener Erhitzung die Schuld einer catarrha- iischen und rheumatischen Gedärmentzündung, dann muß vorzüglich auf die H e r st e lI u n g d c r u n t e rdrück t e u H a u t a n s dü n st u ng, und auf die Mäßigung der Entzündung gesehen werden, ohne die En t l eer u u g des Mistes ganz zu übersehen, der zwar in die¬ sem Falle nicht die Ursache der Krankheit ist, doch aber in Folge der Entzündung in den Gedärmen sich ansammelt, und wenn er nicht entleert wird , auf die entzündeten Gedärme zurückwirkt. Die Mittel, die hier ihre Anwendung finden, sind tüchtige Frottirungen de> Haut, und sogar Bespritzungen mit Terpentinöl, gute Streue, gute Bedeckung; warmer Stall — alles zur Her- stellnng der unterdrückten Hautausdünstung; ferner scharfe Einrci, bringen in den Bauch, die in solchen Fällen von vorzüglichem Werthe sind; mit den innerlichen Arzneimitteln sey man v o r s i ch t ig, be- sonders wenn es gewiß ist, daß der Darminhalt schon größtentheils fortgeschafft ist und die Entzündung der Gedärme vorzügliche Rücksicht erfordert; Eingüsse von schleimigen Mitteln, z. B. E i b isch P ul- v e r - Abkochung u. dgl., allenfalls in Verbindung mit dem schw e i ß- treibenden Kampher; Mehltränke und Seifenklystierc finden hier ihre Anwendung; an die Stelle obiger Eingüsse können anch Eingüsse von frischem nicht ranzigen Leinöl, ohne oder mit Kam¬ pher, besonders dort, wo mau noch Darmentleerung wünscht, mit Nutzen gegeben werden. Mitunter kann, wenn die Gedärmentzündung 269 noch nicht mit Durchfall verbunden ist und Ausschw itzung en von Lymphe zwischen Schleim- und Mnskelhaut in den Gedärmen zu befürchten sind, zu den schleimigen Mitteln *—1 Quintl Calomel sür die Gabe, zugegeben werden. — Wenn die Entzündung ihren Sitz mehr in den serösen Häuten der Gedärme, des Bauch¬ fells u. s. w. hätte, worüber trotz der längeren Dauer des Leidens der ohne Schleim abgehende Mist einigen Aufschluß gibt, dann kann mit den obgenannten Mitteln auch das Calomel oder versüßte Queck¬ silber verbunden werden, weil es die hier so leicht eintretenden Aus¬ schwitzungen verhindert. Heftige Entzündungen fordern auch hier Blutentleerung en. Übrigens ist Ruhe der leidenden Gedärme hier eine Hauptsache, da¬ her die äußerlichen Mittel bei weitem den Vorzug vor den innerlichen verdienen; ebendeßwegen muß das Futter ganz entzogen, und die Ernährung durch Mehltränke aufrecht erhalten werden, die bei dieser Art Gedärmentzündung wegen ihres enthaltenen Schleims auch ein vorzügliches Arzneimittel abgeben. Bei den sogenannten Vergi ftungskvliken, die aber bei den scharfen Giften schon hochgradigeund bald in Brand übergehende Ent¬ zündungen des Magens und der Gedärme sind, muß der Thierarzt so schnell als möglich solche Mittel anwcnden, die 1) die Magen- und Darmwände vor dem Gifte schützen, sie cinhüllen und gleichsam einen schützenden Zwischenkörper zwischen Gift und Darm¬ wand abgeben; dergleichen Mittel sind schleimige, ölige nnd fette Sub¬ stanzen , z. B. Leinöl, Milch, Butter, Schmalz, lauwarmes Wasser mit Eiweiß, Zucker, Honig, Stärke, Mehl, Kleien, Eibischpulver, Alles in großen Mengen— welche Mittel, wenn sie nicht gleich bei der Hand wären, einstweilen durch Eingüsse von gewöhnlichem Wasser in großer Menge ersetzt werden müssen; 2) muß der Thierarzt solche Mittel dem vergifteten Thiere beibringen, welche das Gift ver¬ dünnen, weniger ätzend machen, cinhüllen, wozu wieder erstgenannte, abführende, wässerige, schleimige, ölige, fette Eingüsse gehören und dann solche, welche d a s G i ft z e r s e tz e n oder neutra- lisiren, d. h. die schädliche Eigenschaft des Giftes aufheben und deß- halb Gegengift heißen. Fast jedes Gift hat ein anderes Gegengift (^ntiäot), was sich auf ch em isch e Prozesse begründet; 3) muß er den durch die Vergiftung hervorgerufenen Krank heits- zustand, als Entzündung des Magens, der Gedärme u. s. w., mit Blntentleerungen, scharfen Einreibungen n. dgl. b e- handcln. Auf diese 3 Puncte gründet sich der ganze Heilapparat bei den sogenannten Vergiftungskvliken der Pferde, die sich nicht erbrechen 270 können, nnd dadurch nicht am kürzesten Wege, d. i. durch ein Brech¬ mittel, von dem Gifte befreit werden können, wie z. B. das Schwein, der Hund. Weil das Pferd durch das Brechen das Gift nicht entleeren kann, so darf man ja nicht glauben, daß man dieses nun durch hef¬ tige Purgirmittel entfernen könne oder müsse, aus folgenden Gründen: g) wirken selbst die heftigsten Purgirmittel bei den Pferden erst in mehreren Stunden, binnen welcher Zeit das Gift schon tät¬ liche Verheerungen verursacht hat, b) heftige Purgirmittel machen selbst leicht Gedärmentzündungen, wodurch der Zustand nur noch verschlim¬ mert wird, v) würden die Purgirmittel, wenn ihre abführende Wirkung eintreten würde, das ätzende Gift durch den ganzen Darmcanal durch¬ führen und dasselbe auch auf die davon vielleicht noch verschont geblie¬ benen Gedärme übertragen. Man darf daher bei Vergiftungskoliken durch scharfe Gifte nur von obangeführten Mitteln in Verbindung mit den soge¬ nannten Gegengiften Gebrauch machen, und das möglichst neu- tralisirte Gift durch obige, schleimige, ölige und fette Mittel eingehüllt aus dem Darmcanal schaffen, was die Natur ohnehin durch den dabei eintretenden Durchfall bezweckt. Als Gegengift gegen Arsenik (Giftmehl, Hidrich), der bei Pferden noch am häufigsten zu Vergiftungskoliken Veranlassung geben dürfte, weil er hier nnd da Pferden, um sie fett zu machen und besser in Athem zu erhalten, mit Futter gegeben wird, worauf, wenn die Menge zu groß ausfällt, Vergiftungszufälle eintreten — ist nach den neuesten Erfahrungen das sogenannte Eisenorydhydrat (braunes Eisenoxyd) das vorzüglichste und bewährteste, welches, ein Eisenpräparat, ans 85,3 Eisenoxyd und 14,7 Wasser besteht und in den Apotheken als ein feines, braunrothes, geschmackloses Pulver zu haben ist. Im Nothfalle kann statt des genannten Mittels das sonst nicht verunreinigte Lösch- wasser mit seinem Bodensatz, oder der Hammerschlag, ge¬ pulvert und mit Wasser gemengt, gegeben werden. Die Art und Weise, wie die genannten Eisenmittel wirken, ist, daß die arsenige Säure mit dem Eisen eine ganz unschädliche Verbindung — arseniges Eisenoxyd — bildet und selbst nach stundenlanger Einwirkung des Giftes diese Wir¬ kung ungeschwächt ausübt. — Man gibt das Eisenorydhydrat bei Arse¬ nikvergiftungen auf folgende Weise: für 1 Quintl Arsenik sind als Gegenmittel—4Loth E ise no r y d hyd ra t§ hinreichend; nach dieser Proportion wird die Menge des zu gebenden Eisenoxydhy¬ dratsbestimmt; die man ohne allen Nachtheil, in kleineren Gaben, auch wiederholen kann, bis mehrere Entleerungen des arseniksanren Eisen¬ oxydes durch den After erfolgt sind; das Eisenorydhydrat wird jedesmal 271 mit 2—4 Seite! möglichst warmen Wasser gemengt, dem Thiere eingegoffen , weil durch das warm e Wasser die Wirkung beschleunigt wird; ist der Arsenik in Pulver oder großem oderkleiuernStücken verschluckt worden, danu gibt man obiger Mischung etwa 10—20 Tro¬ pfen Salmiakgeist hinzu, um dadurch die Anflöslichkeit der festen arsenigen Säure zu bewirken; auch können Klystiere von Wasser mit Eisenorydhydrat gegeben werden; überhaupt kann inan den Kranken so große Gaben davon geben, als man sie für nothwendig hält, ohne die mindeste Besorgniß in Betreff einer nachtheiligen Wir¬ kung des Gegengiftes. Wenn das Eisenorydhydrat oder die genannten andern Eisenprä¬ parate nicht gleich bei der Hand wären, so gebe man viel Ei w eiß mit Wasser, Seifen-, Honig-, Zuckerwasser, Milch, Öl u. dgl.; die schon eingetretene Magen-Gcdärmentzündung erfordert das entz ü n d n n g s- widrige Heilverfahren im ganzen Umfange. Als Gegengift gegen etwaige Sublimat-Vergiftung werden vorzüglich Eiweiß und Eisenfeile angerühmt; im Nothfalle da¬ gegen Seifen-, Zucker-, Honig- oder auch viel laues Wasser, Milch, schleimige oder ölige Mittel angewendet. Nach Pe schier zersetzt 1 Gran Eiweiß 4 Gran Sublimat, und bildet damit eine wirklich chemische unlösliche Verbindung; zu diesem Behufe werden 10—12 Eier mit 2 Maß lauem Wasser zusammengeschlagen, und in 2 Malen dem Thiere eingegossen, und nach Bedarf wiederholt. — Die E isenfeile wird als Pulver zu 2 Loth auf einmal eingegebcn. — Die Magen- Gedärmentzündung wird, wie oben angegeben, übrigens entzün¬ dungswidrig behandelt. Gegen Bl eivergi ftu ng haben sich, nebst Eiweiß, Milch, Sei¬ fenwasser, schleimigen, öligen Mitteln, schwefelsaure alkalische Salze, welche mit dem Bleioryd eine unlösliche und unschädliche Ver¬ bindung (Bleisnlfat) bilden, nämlich Glaubersalz und Bitter salz zu 2—3 Loth in einer warmen wässerigen Lösung, erprobt gesun¬ den; wenn vorzüglich Krampf der Gedärme vorwaltet, so wird Opium mit Calomel mit Vortheil angewendet, und ölige Klystiere. Gegen Brechwein st ei n-Vergiftung gelten als eigentliche Gegen¬ gifte gerbstoffige Abkochungen, z. B. Galläpfel-, Knoppern-, Eichenrinde - Abkochungen. Gegen Vergiftung durch Ätzkalk gelten mildevegetabilische Säuren, besonders verdünnterWeinessig und öli g e M i t t e l als Gegenmittel; die auch bei Salpeter-Vergiftung wohlthätig sind. Gegen Schwefelleber-Vergiftung (dieaber die Pferde selbst 272 lothwcis ohne Nachtheil vertragen) wird Chlorkalk, und in dessen Ermanglung viel fettes Öl angerühmt. Gegen ätzende Lau gen salze sind das sicherste Gegenmittel P flanz ensäuren, zumalverdünnterWeineffig, nächstdem Fett öle, die mit den Kalten seifenartige Verbindungen eingehen und bei Pserden, die Säuren nicht gut vertragen, deßhalb den Vorzug verdienen. Gegen Vergiftung mit co n c entrir ten Mineral säuren ist ko hl en sau re Magnesia mit vielem Wasser verdünnt, statt derer im Nothfall gepulverte Kreide, Asch en lauge, Sei¬ fenauflösung anzuwenden; auch Leinöl, Milch, vieles Eingießen von kaltem Wasser. Als Gegenmittel gegen sogenannte na reo tische und narko¬ tisch - s ch a r f e Gifte spielt der G e r d e sto ff bei den ein Alcaloid ent¬ haltenden narkotischen Giften eine sehr wichtige Rolle, indem er mit dem Alcaloid eigenthümliche unschädliche Verbindungen (Tunimtk) eingeht; daher sind bei Vergiftungen durch Opium, Fiugerhut, Tollkirsche, Schier¬ ling, Stechapfel, Bilsenkraut, Tabak, Giftlattig, Brechnuß, Gift¬ schwämme u. dgl., so anch gegen Niesewurz, Zeitlose und ähnliche scharfe Pflanzen, Abkochungen von Eichenrinde,Weidenrinde, Galläpfeln,Knop¬ pern die besten Gegengifte. Jedoch ist diese Art Vergiftung bei Pferden sehr selten, am ehesten wird sie noch durch übermäßigen Gebrauch eini¬ ger obgenannter Pflanzen als Arzneimittel veranlaßt. Wäre eine Magen- und Gedärmentzündung durch Behandlung der Thiere mit Al o 6, Doppelsalz, Salpeter, Crotonöl, S t e inölu. dgl. oder durch scharfe Stoffe enthaltende Futterstoffe, z. B. einige Ranunkelarten u. dgl., entstanden, so müssen diese Mittel sogleich bei Seite gesetzt, schleimige oder ölige Eingüsse, Mehl¬ tränke und Klystiere gegeben, scharfe Einreibungen in den Bauch, und nach der Heftigkeit der Entzündung auch Blutentlee¬ rungen gemacht werden. Sind sonstige verschluckte fremde Körper oderMagen- und Gedärmsteine die Ursache der Gedärmentzündung, so sind ebenfalls innerlich ölige Mittel, um dadurch die fremden Körper einzuhüllcn, und die Darmwände vor der mechanischen Verletzung zu schütze», in Ver¬ bindung mit Klystieren, Mehltränken, scharfen Einreibungen, Aderläs¬ sen angezeigt. Die Entzündung der Gedärme macht bald Übergänge, die, wenn sic in dem Darmcanal erfolgen, durch schleimige, wässerige, blutige, lymphatische, jauchige Entleerungen durch den After sich zu erkennen geben, und dann, wenn sie öfters und in größerer Menge erfolgen, den Namen des Durchfalls erhalten. Um daher Wiederholungen zu 273 vermelden, werden wir die Behandlung solcher übergegangenen Ge- därmentzundungen beim Dnrchfall angeben, den wir sogleich an die Gedärmentzündnng anschließen. 5. Durchfall, auch Durchbruch, Abwcichen, Bauchfluß, Ruhr u. s. w. genannt. Der Durchfall ist eine bei Pferden nicht gar seltene Krankheit, die sich aus den öfteren und weicheren oder ganz flüssigen Darmentleerungen mit oder ohne Bauchschmerz leicht erkennen läßt, und in jenen Fällen, wo mit diesen Entleerungen ein schmerzhafter Zwang verbunden ist, den Namen der Ruhr be¬ kommt, ohne diesen aber bloß Durch fall heißt. Diese in der Quantität und Qualität abnormen Darmeutleerungcn sind das sicherste und vorzüglichste Merkmal zur Erkenutniß dieses Lei¬ dens. Untersucht man das beim Durchfall und der Ruhr durch den Af¬ ter Entleerte, so findet man 1) zuweilen nur einen ungeballtcn, weichen, breiartigen oder ganz dünnen Mist, der blaß oder dunkel gefärbt ist, sauer oder faul riecht, und unverdaute Futterstoffe ohne sonstige Kraukheitsproducte enthält; zuweilen findet man 2) mit dem Miste K r a n k h e it s p r o d n c te gemengt, als Blut, Serum, Schleim, Lym¬ phe, Jauche, gallige Stoffe u. s. w.; 3) uichtseltengchendieseKrank- heitsproducte ganz allein ab, und es ist keine Spur von bci- gemengten Futterstoffen zu sehen. Der erste Fall ist der gelindeste Grad des Durchfalls; der zweite der höhere, der dritte der höchste. Die übrigen Erscheinungen, die den Dnrchfall begleiten, sind nach der Hefti gleit des Leidens verschieden. Die Freß tust ist fast immer vermindert oder auch ganz verschwunden. Das Bla ul ist anfänglich röther, trockener und wärmer, später wird cs ost blaß, mit schmutzigem Schleim, besonders an der Zunge, belegt; die Thiere stehen entweder ruhig mitunter den Bauch gestellten Füßen, oder sind der Bauchschmer¬ zen wegen unruhig wie bei der Kolik, in welchem Falle auch das Athem- holeu beschleunigt und auffallend ist; im geringern Grade ist kein Fie¬ ber zugegen, und die ganze Gesundheit des Thicres erscheint fast gar nicht getrübt; im höheren Grade aber stellt sich Fieber, Frostschauder, Hitze am ganzen Körper gleich oder ungleich vertheilt ein, die Thiere sind traurig, lassen den Kopf hängen, knirschen mit den Zähnen, bewegen sich nur matt und abgeschlagen; die genannten Darmentleeruugen er¬ folgen sehr häufig, öfters in einer Stunde, oft alle Minuten. Bleiwels Heilverf. 5. Ausl. 18 274 Der Sitz des Leidens ist im Magen, vorzüglich aber in den Ge¬ därmen, deren Schleimhäute der besonders leidende Theil ist. Das G ru n d l e i d e n beim Durchfall ist anfänglich E n tzü n- dung oder wenigstens entzündliche Reizung, die in der Folge zu einemoderdemandernEntzündungsübergange führt, daher man meistens mit Recht den Durchfall eine übergegangene c a- t a rrh a l i s ch e G e där m e n tzü n d u n g nennen kann Diese verschie¬ denen Grundleiden lassen sich am besten aus den entleerten Krankheits- producten erkennen. Hochgradige E ntzünd un ge n machen Blutaus¬ schwitzungen, daher erscheint der Mist blutig; vermehrte krankhafte Schleimsecretionen machen den Mist schleimig; die serösen Ausschwitzungen machen ihn ganz flüssig und wäßrig; Ausschwi¬ tzungen g e r i n n b a rer L p m p h e machen den Mist mit ganzen Häuten geronnener Lymphe überzogen oder diese gehen sogar für sich allein ab; Verschwärung in den Gedärmen macht die Entleerung flüssig, ver¬ schieden gefärbt, wegen Durchsreffung der Blutgefäße auch blutig, be¬ sonders widrig und faulriechend; ist der Darmcanal leer, nnd werden die abgesonderten Verdauungssäfte, besonders die Galle, wegen be¬ schränkter Futterausnahme und häufigen Miftentleerungen nicht verwen¬ det, so reizen sie nur den ohnehin empfindlichen Darmcanal, und ge¬ hen größtentheils unverwendet ab, und daher rühren die galligen, gel¬ ben Entleerungen. Auch Würm er bemerkt man zuweilen abgehen, weil ihnen der Aufenthalt in so bestellten Gedärmen zuwider ist. Brand ist seltener; oft findet man mehrere dieser Krankheitsproducte mit ein¬ ander gemengt abgehen. Die Ursachen des Durchfalls zerfallen ebenfalls in vorberei¬ tende , Gelegenheits- und nächste Ursachen. Zu den vorbereitenden gehören überhaupt Schwächung oder öftere Reizung des Darmcanals durch Fütterungs-, Witternngs-, Verwendungs-, Aufenthalts- und Wartungsfehler, besonders durch ihre Extreme, die, wenn das entgegengesetzte Extrem einwirkt, die Thiere leicht erkranken machen. Die Gewohnheit an dieses oder jenes Fut¬ ter, an dieses oder jenes Wasser u. s. w. macht Anlage zu Durchfällen, wenn die Thiere davon abgehen müssen. Saugende Fohlen, die noch schwache Verdauungsorgane besitzen, oder Pferde, die man oft mit Ab¬ führmitteln behandelt, um, wie man glaubt, das Blut zu reinigen, ver¬ fallen leicht in Bauchleiden aller Art und auch iu Durchfall. Die Gelegenheitsursachen sind hauptsächlich in Fütte- rnngsfehlern und in der Verkühlung zu suche». Das Futter kann sowohl durch die Menge als Beschaffenheit reizend auf den Darmcanal einwirken, nnd den Durchfall erzeugen. Zu vieles, 275 leicht sauer gährendes, verunreinigtes, verdorbenes, mit krankhaften oder scharfen Pflanzenstvffeu gemengtes, zu kaltes, wäßriges, grünes Futtern, s. w. reizt theils mechanisch, theils chemisch den Darincanal, und erzeugt um so eher Durchfälle, als die Pferde darauf nicht gewohnt waren; daher erzeugt meistens jeder schnelle Wechsel des Fntters und Getränks ein weicheres und öfteres Misten, z. B. das Übergehen im Frühjahr vom Körner- und Rauhfnttcr zum Grünfuttcr, wobei die kalte Temperatur des Grünfntters schädlich wirkt, und den Magen und die Gedärme verkühlt, oder die gleichzeitig kühlere, veränderliche Früh¬ jahrswitterung Unterdrückung der Hautausdünstung erzeugt, deren Folge der Durchfall ist. Aber auch der Übergang vom Grünfutter zum Rauh- fntter im Herbst oder Winter kann Durchfall erzeugen, insofern diePferde durch das leicht verdauliche Grünfutter verwöhnt, nun wiederzum schwe¬ rer verdaulichen Rauh- und Körnerfutter übergehen. Selbst das unge¬ wohnte Trinkwasser, wenn es zu kalt, zu hart, oder sonst verdor¬ ben ist, erzeugt wenigstens anfänglich, bis sich die Pferde daran ge¬ wöhnen, häufig Durchfälle. Bei saugendenFohlen sind Durchfälle sehr häufig, wenn die Muttermilch zu viel, zu käse-und fettreich, oder durch den Genuß nachtheiliger Futterstoffe oder durch das längere Verweilen in den Eutern unverdaulich, reizend geworden und verdorben ist; eine solche Milch wird von den noch schwachen Verdauungskräften und Säften der Fohlen nicht gehörig verdaut, geht in die gemeine Gährung über, und erzeugt entzündliche Leiden der Gedärme und Durchfall. Eine andere häufige Gelegenheitsursache ist die V erkü h lung, die entweder den Magen, die Gedärme selbst oder die äußere Haut entwe¬ der in Folge der Witterung, Fütterung, Verwendung, Pflege oder des Aufenthaltes trifft, und auf die bekannte Art entweder durch unmit¬ telbare Verletzung der Verdauungsorgane, oder erst mittelbar durch die Unterdrückung der Hautausdünstung den Durchfall erzeugt. Auch den Darmeanal r eiz eu de Arzu c im i ttel, z. B. Abführ¬ mittel und s ch a rfeGifte, erzeugen Durchfälle, wovon schon bei der Ge- därmentzünduug die Rede war.—Oft liegt es in der Absicht des Thier- arztcs selbst, durch das Purgirmittel einen mächtigen Durchfall zu erzeu¬ gen, wie bei gastrischen Leiden, bei der Kolik, beim Koller u. s. w., um durch ihn die erste und zweite Heilbedingnng zu erfüllen. Endlich entsteht der Durchfall meistens gegen das Ende deS Lebens bei allen lan gw ierige n sie b erh afte u Krankheiten durch die Rückwirkung des faul gährenden Darminhaltes und der unverwen- dctcn Verdauungssäfte, was schon bei der Lungenentzündung, Gedärm- entzünduug u. s. w. besprochen wurde. Dienäch st e U r s a che desDurchfalls liegt in der durch erstgenannte 18' 276 mechanische, chemische aber dynamische Ursachen bewirkten Verletzung, in Folge deren Entzündung und ihre Übergänge eintre¬ ten, um diese Verletzungen auszugleichen und sowohl die Gelegenheits- nrsache als anch das durch sie krankhaft Erzeugte durch häufige Entleerun¬ gen ans dem Darmcanal zu schaffen. Beim Durchfall gibt sich das w o hl- lhäti g e Bestreben der Entzündung und ihrer Übergänge deutlich zu er¬ kennen, denn träten in solchen Fällen nicht Durchfälle ein, so wäre das Thier ohne Rettung verloren. Die Prognose beim Durchfall ist verschieden nach der Verschie¬ denheit der veranlassenden Ursache; nach der Heftigkeit der E n tz ü n- dungund nach der Beschaffenheit des E n tzün du ng sü be rg a li¬ ge s, nach der mehr oder weniger großen Ausbreitung und Dauer des Leidens, und nach derOrganisa tion der Thiere. Im Allgemei¬ nen ist der Durchfall bei erwachsenen Pferden seltener gefährlich, weil die Erfüllung der Heilbedingungen in den gewöhnlichen Durchfällen ans Fü tternng sfeh lern und V erküh lung möglich ist; ja es gibt sogar einen so leichten Grad des Durchfalls bei Pferden, daß er durch¬ aus keine Gefahr bringt, sondern im Gcgentheil höchst wohlthätig und oft sogar nothwendig zur Erfüllung der ersten und zweiten Heilbedingung ist, und mit allem Recht den Namen des gutartigen D urchf a lls bekommen hat. Ein solcher gutartiger Durchfall vermindert nicht einmal die Freßlnst bedeutend, die Thiere bleiben munter lind fieberlos, und entleeren häufig einen weichen, schlecht verdauten, widrigriechendcn oder ganz flüssigen, wäßrigen oder schleimigen Mist. Im Frühjahre bei dem Übergange zum ungewohnten Grünfutter tritt er häufig bei Pferden ein, und wird zu dieser Zeit sogar als norhwendiges, blutreinigendes Heil¬ mittel betrachtet; die alten Thierärzte haben sich viel Nutzen für die mei¬ sten Krankheiten vom Durchfalle versprochen, und sogar geglaubt, die Pferde setzen ihre Drüsen und alle andern Krankheiten auf diesem Wege ab. Damit aber ist die Sache zu weit getrieben, denn wir wissen, daß weder die Drüsen noch viele andere Krankheiten durch Durchfälle gut werden können. Drüse und Durchfall ist häufig nur gleichzeitige Com- plication aus der gleichen Ursache, nämlich Verkühlung, besonders im Frühjahre. Ein leichterer Grad d er En tzün dun g in den Schleim¬ häuten, die nur zu einer krankhaften Schleim secretion und zu einer Art serösen Ergießung führt, bedingt eine günstige Pro- gnose.H e ft i g e Entzündungen mit heftigem Fieber und blutigemDurch- fall, Ausschwitzungen gerinnbarer Lymphe, Verschwä¬ rungen und J anch eabso n d eru n gen machen die Prognose zwei¬ felhaft oder ganz ungünstig, weil sie auf eine bedeutende Verletzung 277 der Gedärme schließen lassen und der Ted wegen des aufgehobenen Verkehrs der Nahrungsmittel mit den Verdauungsorganen erfol¬ gen muß. Durchfälle in Folge von Fütternngsfehlern und Verküh¬ lung bedingen eine günstigere Prognose, die bei Durchfällen von sehr reizenden Arzneimitteln, z. B. Aloe u. dgl., oft ungünstiger, von ätzenden Giften meistens ganz ungünstig ausfällt. Lange Zeit, z. B. mehrere Wochen dauernde Durchfälle machen die Prognose ungünstig, weil im Darmcanal sowohl als auch oft schon in den Gekrvsdrüsen u. s. w. bedeutende krankhafte Änderun¬ gen vorgegangen seyn können, die zur Auszehrung, ja in der Folge selbst zu Wurm und Rotz führen können, wovon bei der Auszeh¬ rung in Folge von G e kr ösdrü senv erh ä rtu n g die Rede seyn wird. Schwache Organisationen vertragen besonders lang¬ wierige Durchfälle nicht ohne Nachtheil für die gesammte Ernährung, wie dieß bei den Fohlen sich zeigt, von welchen eine große Anzahl dem Durchfall und seinen Folgen unterliegt. Die Therapie des Durchfalles muß nach den gewöhnlichen Heil¬ bedingungen eingeleitet werden. Vor allem ist cs nothwendig, daß der Thierarzt die Gelege nheits Ursache ausmittle, denn nirgends ist die Entfernung der G el c g en he itsu r sa ch e so wichtig und oft allein zur Genesung hinreichend, wie beim Durchfall. Nicht selten liegt die veranlassende Ursache offen vor den Augen des Thierarztes in der Nahrung, Wasser, Aufenthalt, und sie wird nicht beachtet, nicht ent¬ fernt, und so die Hauptursachc gleichsam mit Füßen getreten. Entfernt man die Ursache nicht, welche die Krankheit macht, was nützt da alles andere Emiren? Der Thierarzt muß also vor Allem die Gelegenheits¬ ursache erforschen, und er wird dann leicht zu bestimmen wissen, wie er den Durchfall behandeln, und ob er ihn, als wohlthätiges Heilbe¬ streben der Natur, sich selbst überlassen oder wohl gar noch befördern soll. Die gänzliche E n t z i c h u n g des Futters ist im Anfänge eines jeden Durchfalles nothwendig, ob derselbe ans Fütterungsfehlern oder aus einer andern Ursache entstanden ist, denn die kranken Gedärme wol¬ len Ruhe haben; zu kaltes oder sonst verdorbenes Wasser werde mit zuträglicherem vertauscht; gegen Verkühlung ist ein warmer Stall, viel trockene Streue und gutes Bedecken der kranken Thiere nothwendig; den Darmcanal zu heftig reizende Arzne im i ttel, z. B. Aloö, Sal¬ peter, Doppelsalz, Brechweinstein u. s. w., sollen, wenn der Durchfall durch sie entstand, bei Seite gesetzt, mit einem Worte für die Ent- fcrnthaltung aller Gelegenhcitsursachen gesorgt werden. 278 Überhaupt sey bei der weitern Behandlung des Durchfalles Fol¬ gendes der Maßstab für den Thierarzt, ob er gegen den Durchfall etwas thun soll oder nicht: 1)geht bloß schlecht verdauter Mist ab, ohne sonstige Krankheitsproducte der Entzündungsübergänge, so ist zur Genesung die Erfüllung der ersten und vierten Heilung meistens hinreichend, und die Anwendung sonstiger Arzneimittel nicht nothwen- dig; 2) gehen mit dem Miste auch zugleich Produkte der Ent¬ zündungsübergänge in größerer Menge ab, dann ist die Krank¬ heit nicht ganz sich selbst zu überlassen, sondern die passenden Mittel dagegen anzuwenden; — 3) gehen die Producte der Entzündungsüber¬ gänge rein für sich allein, ohne Mist ab, so deutet dies auf den höchsten Grad des Leidens, und die Hülfe des Thierarztes ist hier drin¬ gend uothwendig. Jedoch darf der Thierarzt auch in den beiden letztem Fällen nicht glauben, daß er den Durchfall stopfen müsse, sondern sein Bemühen sey nur dahin gerichtet, denDurchfall nicht mehr nothwendig zu machen; denn mir haben oben gesagt, daß der Durchfall immer das beste Heilmittel sey, dessen sich die Natur bedient, um die schädlichen Gelegenheitsursachen und dadurch erzeugten Krankheitsproducte ans den Gedärmen zu führen, und die Verletzungen auszugleichen. Das Bestre¬ ben des Thierarztes muß daher nur dahin gerichtet seyn, der Gelegen- hcitsursache oder dem kranken Produkte ihre schädliche Rückwirkung zu benehmen, und die krankhastproducirenden Organe so umzustimmen, daß sie keine neuen Krankheitsproducte mehr erzeugen. Hat der Thier¬ arzt dieß gethan, so wird der Durchfall von selbst aufhören, weil er keine schädlichen Stoffe mehr zu entleeren hat, folglich nicht mehr nothwen¬ dig i st, so wie der Husten aufhört, wenn der Reiz in den Luftwegen entfernt ist. Ist der Durchfall durch zu vieles oder sonst fehlerhaftes Futter entstanden, und zeigt dieß der unverdaut abgehende, säuerlich oder fanl- riechende Mist deutlich an, dann ist die Entziehung alles Fut¬ ters die Hauptsache und sonstige ärztlicheHülfe nichtuuumgänglich noth¬ wendig; sollten aber mit einem so beschaffenen Durchfalle Ko lik- schm erzen ohne heftiges Fieber verbunden seyn, so unterstütze man die Natur in ihrem Heilbestreben und Helse die Entleerung beschleunigen, und die gemeine Gährung zu beschränken durch das gewöhnliche Kolik¬ mittel Bittersalz, Enzian oder Kamillen und Schwefel¬ leber, und durch Klystiere aus Seife oder Kochsalz. Wäre Verkühlung durch Unterdrückung der Hautausdünstung die Schuld des Durchfalles, dann sind warmesVerhalten, tüchtige Fr o tt ir u n gen des ganzen Körpers, und damit der Schweiß noch 279 sicherer erzielt werde, vorausgeschicktes Bespritzen mit Terp en- tinöl, scharse Einreibungen in den Bauch, innerlich Eibisch¬ und Kamilleupulver, oder bloßer Kamillenaufguß, denen man allenfalls j Quintl Ka m p her beisetzen könnte; zum Getränk Mchl- trä nke oder aus geröstetem Mehl oder Malz bereitete Einbrennsuppen, mit gänzlicher Entziehung des Futters angezeigt. Treten aber Durchfälle heftiger mit heftigem Fieber, großer Un¬ ruhe, schnellem Athmen ein; werden ohne oder nur mit wenig Mist blo ß e Krankheitsproducte, Blut, Serumu, s. w. entleert, dann deu¬ ten alle diese Erscheinungen auf eine heftige Entzündung der Gedärme, und warmes Verhalten, Frottiren und Bespritzen mit Terpentinöl, scharfeEinreibungen in den Bauch und L e- d e r st e cken, innerliche schleimige Mittel aus Eibischwurzel u.dgl., nach BedarfmitKamph er, Mehltränke; bei heftigem Fie¬ ber auch Blutentleerungen müssen in Anwendung kommen; s chlei- mige Klystiere, am besten aus Eibischdecoct, nach Umständen mit Zusatz vonOpiumtiuctnr (1—2 Quintl für ein gewöhnliches Klystier) wären hier ebenfalls am rechten Platze, nicht so sehr deßwegen, um Ent¬ leerungen zu bewirken, die ohnehin stattfinden, sondern um die entzün¬ deten, des schleimigen Überzuges beraubten, schmerzhaften Gedärme mit einem die entzündlicheSpannung lindernden Schleime zu überziehen, und den Schmerz und Zwang zu beschwichtigen. Zu warnen aber ist bei dergleichen mit heftigem Fieber, mit sehr gesteigerter Empfindlich¬ keit oder S chmerzim Bauche verbundenen, blutigen, schleimigen, wäs¬ serigen oder lymphatischen Durchfällen vor dem schädlichen Gebrauche der zusammenziehenden und reizenden Mittel, z. B. Eichenrinde, Alaun, Steinöl u. s. w., welche die gewöhnlichen Curpfuscher gewöhnlich bei jedem Durchfall anwenden, ohne zu bedenken, welches Grundlei¬ den in den Gedärmen stattfindet. Ist das Fieber heftig, so ist die¬ ses im Anfänge des Durchfalles immer der sicherste Beweis einer hef¬ tigen Gedärmentzündnng, die durch dergleichen reizende und zusam¬ menziehende Mittel immer verschlimmert und vergrößert wird. Man kann aus der Behandlung des Durchfalls wieder sehr leicht den gebildeten Thierarzt erkennen, und von einem gewöhnlichen Curpfuscher unterschei¬ den, der ohne Grundsätze ein und dasselbe Mittel überall anwendet, unbekümmert, ob dem Durchfall eine heftige Entzündung oder ein Entzündungsübergang, und welcher, zu Grunde liegt. Wir können daher nicht genug dieses rationelle Heilverfahren beim Durchfall anempfehlen, wo der Thierarzt so viel nützen, aber auch sehr viel schaden kann. Ist dagegen das Fieber sehr gering oder ganz ver¬ schwunden, ist der Schmerz im Bauchcnicht heftig, oder gar 280 nicht vorhanden, dauert der Durchfall schau ei n i ge Tag e, so har man volles Recht, aus diesen Erscheinungen auf die Abnahme der En t zn n duu g zu schließen, die nun dem einen oder dem andern Über¬ gänge und großem Erschlaffung derDarmwandungenPlatz ge¬ macht hat. Hier ist jetzt die Zeit und der Ort, von den schleimigen Mit¬ teln zu den bitter», gewürzhaften, herben, zusammenziehenden überzu¬ geben, mit der Vorsicht, daß man diese anfänglich noch mit schleimigen verbindet, zuerst die gelinden wählt und dann zu den kräftigsten über¬ geht. Die Wirkung dieser herben und zusammenziehenden (Gärbestoff enthaltenden) Mittel besteht darin, daß sic vorzüglich t)die abgeson¬ derten Kran kheitsp r o du cte (Schleim, Jauche, Brandiges) um¬ ändern, indem sie ihnen durch die Verbindung des Gärbestoffes ihre schädliche Eigenschaft und Rückwirkung benehmen, und 2) die krank¬ haft p r o d u c i r en d e n D a rm w a n d n n g e n so umstimmen, daß sich vielleicht ihre absondcruden Endmüudungcn verengern, und so die Öffnungen den beraustretenden krankhaften Flüssigkeiten l Blut, Schleim, Serum, Jauche u. s. w.) verstopfen. Unter diesen Mitteln haben unter vielen andern Pflanzenmittcln die E i ch e n r i n de, wilde K a st a n i en- rinde, Torm cntilw nrzel, Schlangenwurzel als reinherbe Mittel, die Weidenrinde als herbbitteres und gewürzhaftcs, die Fichtenrinde als balsamisch herbes Mittel, und unter den zusam¬ menziehenden Mitteln aus dem Mineralreiche der rohe Alaun, der S t a h l sch >v e fe l, das Löschwasscr, der Eisenvitriol, der Bl e i z u ck e r und verdünnte M i u e r alsä u r c n den größten Ruf, denen man oft auch belebende und geistige Mittel, z. B. Kampher, Kamphergeist, Wein, Wcing eist zusctzt, nnd alle diese Mittel sowohl innerlich, als auch in Kly stier en anwendet. Wir geben hier einige Rcceptformcln a», z. B. Eichcnrindenpulvcr 2 Loth, rohen Alaun 1—2Quintl mit einer halben Maß lauenWasser als Einguß, zweimal des Tages (vvrtheilhaster ist die Abkochung von 4 Loth Eichenrinde, weil der Gerbcstoff dadurch besser ausgczogcn wird); oder —W e i d e n r i n d e n p u l v e r 2 Loth, und r o h e u Al a u n 1 Quintl, oder — Eich c nrinde 2 Loth, Kalmus 1 Loth, Stahlschw efel 2 Loth, oder — Eichenri nde2 Loth, Eise n v itriol t—2 Quintl, oder — Weidenrinde 2 Loth, Bleizucker l Quintl. Allen diesen Mitteln kann nach Bedarf 1 Quintl K a mph er beigcsetzt werden. Das Löschwasser, worin der Gehalt des Eisens höchst unbedeutend ist, nnd welches dadurch gewonnen wird, daß man glühende Schmiedwerk¬ zeuge oder ein Stück glühendes Eisen im gewöhnlichen Wasser ablvscht oder abkühlt, wird als Trinkwasser nach Belieben den Thieren gereicht, oder anch zu Klystieren verwendet. 281 Bei der Anwendung aller eben genannten Mittel darf sich, wie gesagt, der Darmcanal in keinem entzündeten Zustand e be¬ finden, oder mit unverdauten Fntterstberre sten ang efüllt seyn, weil diese Zustände durch ganz andere Mittel bekämpfbar sind, durch zusammenziehende Mittel aber unterhalten und sogar noch ver¬ schlimmert werden. Abnahme der Entzündung, Vvrwalten der Ent¬ zünd » n gs üb er gän ge, Schlaffheit im Darmcanal, und Faulartigkeit im ganzen Zustande sind dieAnzeichen zur Anwen¬ dung der zusammenziehenden Mittel. Zn bemerken haben wir noch, daß die blutig en D n rch sä llc entweder Folge der Entzündung oder einer Erschlaffung der Eapillargefäße sind, bei der Entzün¬ dung wird Blut ansgcschieden, wegeu großem Blutandrang; bei der Erschlaffung wegen Erweiterung der Poren in den Blutge¬ fäßen , vielleicht auch wegen Dünnheit des Blutes. Daß der blutige Durchfall Folge der Entzündung sey, zeigen die sonstigen Erscheinun¬ gen der Entzündung an, als heftiges Fieber, großer Schmerz, kurze Dauer der Krankheit u. s. w., hier ist dann die entzündungswidrige Heilmethode angezeigt. Daß aber der blntigc Dnrchfall Folge der Er¬ schlaffung sey, zeigt der Mangel der entzündlichen Erscheinungen und die längere Dauer des Übels an; hier ist die zusammenziehende Heil¬ methode angezeigt. Bei den Durchfällen wenden viele Thierärzte anch na r cot i sche oder betäubende Mittel an, z. B. Opinm, Opinmtinctur, Bilsenkraut u. dgl., dadurch wird zwar die dritte Heilbedingung zum Theil erfüllt, nämlich die große Empfindlichkeit und beschleunigte wnrmförmüse Bewe¬ gung der Gedärme beschwichtigt; allein den krankhaften Producten wird ihre rückwirkende schädliche Eigenschaft nicht benommen, hiermit die zweite Hcilbedingung nicht erfüllt. Zn dem sind beim Pferde in¬ nerlich große Gaben von rohem Opium (2 Loth und noch mehr) und von der Opiumtinctur 1 —L Quintl, zn Kly stieren noch mehr erforder¬ lich, was jedoch gegen den monomischen Vortheil streitet. Wären aber die Verhältnisse von der Art, daß man aufdieTheuerung des Medika¬ mentes keine Rücksicht zn nehmen brauchte, so könnte man ohnewei- ters von der Opiumtin c tn r (t—2 Quintl für die Gabe) in Ver¬ bindung mit den andern obgenannten zusammenziehenden Mitteln Gebrauch machen. 282 6. Abzehrung oder Abmagerung wegen Gekrösdrü- senentartung, auch Gekrös-Darre genannt. Pferde, deren Lymphsystem thätiger, deswegen aber auch leichter verletzbar ist, leiden nicht selten an einem Schwinden der organischen Materie und Kräfte (Abzehrung), dem eine Verhärtung oder sonstige Entartung (Vereiterung, wassersüchtige Anschwellung«, dgl.) derGe- krösdrüsen zum Grunde liegt. Die Erscheinungen, die auf das Vorhandenseyn dieses Leidens schließen lassen, sind: Die Thiere magern ab und verlieren ihre Kräfte; ihre Haare werden glanzlos und struppig; der Bauch ist gewöhnlich (we¬ gen Magerkeit und Fettlosigkeit der Baucheingeweide) eingefallen und aufgezogen oder aufgeschürzt, zuweilen aber (wenn die Bauchdrüsen an¬ geschwollen und vergrößert find) ist er auch groß und angeschwolle»; dabei fressen die Thiere gut und der Mist geht gehörig ah; auch das Ath- men ist normal, dieThiere husten nicht, fiebern nicht, und legen sich ordentlich nieder. Diese wenigen Erscheinungen, alsFieberlosigkeit, Aufschür¬ zung oder zuweilen G roßw e r d e n des Bauches, Abmagerung bei guter Freßlust und gehörige Mistentleerung spre¬ chen deutlich für ein Leiden der Gekrösdrüsen, wenn zudem sonstige Krankheitserscheinungen fehlen, die für ein Lungenleiden (Lungen¬ knoten) sprechen, als beschleunigtes und auffallenderes Athemholen, zeitweiser trockener Husten, und seltenes oder nur mit unterschlagenen Vorderfüßen ausgeübtes Liegen der Thiere. Die En ist e h u n g dieses Gekrösdrüsenleidens ist anfähnliche Weise wie bei den Kehlgangsdrüsenleiden zu erklären. Es ist bekannt, daß diese Lymphdrüsen nur dann erkranken, wenn ihnen die Lymphgefäße schädliche Stoffe zubringen; eben so ist es mit den Gekrösdrüsen der Fall, die auch nur dann erkranken, wenn ihnen die sogenannten Milchgesäße schädliche Stoffe oder Krankheitsproducte zugeführt haben. Diese schäd¬ lichen Stoffe oder Krankheitsproducte sind entweder ein abnormer Milch¬ saft (Ehylus) oder kranker Schleim, Serum, Lymphe, Jauche u. dgl. nach vorausgegangener Gedärmentzündung, Durchfällen, gastrischen Leiden, Koliken u. s. w., die von den Milchsaftgefäßen im Darmcanal aufgesogen, zu den Gekrösdrüsen gebracht wurden. Durch diese schäd¬ lichen Stoffe (als Gelegeuheitsursache) verletzt, verfallen die Gekrösdrü¬ sen in Entzündung, die, wie bei allen Drüsen, am öftesten in Verhärtung, aber auch in wassersüchtige Anschwellung, Vereiterung oder Verjauchung übergeht. Auf diese Art krankhaft verändert, verlieren 283 nun die Gekrösdrüsen ihre normale Thätigkeit, und können jetzt nicht mehr den ihnen zugeführten Milchsaft, wie vorher, eigenartig umwan¬ deln und zur Ernährung tauglich machen ; denn es ist bekannt, daß der Milchsaft uni so mehr Faserstoff und Eiweißstvff besitzt, je öfter er durch die gesunden GckröSdrüsen gegangen ist, und bei diesem Durchgänge an Wasserstoff und Stickstoff zugenommen, an Sauerstoff hingegen verlo¬ ren habe. Die unausbleibliche Folge davon ist mangelhafte Ernährung und Abmagerung, obgleich die Freßlust gut und die Darmentleerung gehörig bestellt ist; denn der Magen und Darmcanal verrichten gehörig ihr Geschäft — allein die Verähnlichung (Assimilirung) des Milchsaf¬ tes geht wegen Krankheit der Gekrösdrüsen nicht gehörig vor sich, und so muß die Ernährung beeinträchtiget werden, weil ein solcher Milch¬ saft kein taugliches Materiale zur selben abgibt. Ursachen. Eine besondereAnlage zu diesem Leiden haben Foh¬ len, bei denen die Thätigkeit des Lymphdrüsensystems lebhafter und deßwegen leichter verletzbar ist; ferner ist auch eine erbliche Anlage und öfteres Erkranken an gastrischen Leiden, Durchfällen u. dgl. als vorbereitende Ursache zu beschuldigen. Zu den Geleg enheitsursacheu ist alles dasjenige zu rech¬ nen, was gastrische Leiden, Durchfälle, Koliken, Gedärmentzündungeu und ihre Übergänge erzeugt, deren Krankheitsproducte die Gelegenheits- Ursache zur Erkrankung der Gekrösdrüsen abgeben. Besonders häufig ist dieses Leiden bei Fohlen in Gestüten, die ost an Durchfällen leiden, wobei der Darmcanal Krankheitsproducte absondert, die von den Milch¬ saftgefäßen aufgesogen und zu den Gekrösdrüsen gebracht werden, wo¬ durch letztere in Entzündung verfallen, die dann die genannten Über¬ gänge macht, dadurch ihre normale Verrichtung stört und zur Auszeh¬ rung führt. Die nächste Ursache liegt in einer solchen Verletzung oder organi¬ schen Änderung der Gekrösdrüsen, daß sie ganz untauglich werden, die fernere Assimilirung des Milchsaftes zu bewerkstelligen. Die Folge dieser gestörten Verrichtung ist mangelhafte Ernährung, die um so mangelhaf¬ ter ist, je mehr Gekrösdrüsen ans diese Art entartet sind. Die Prognose ist ungünstig, weil wir keine sichern Mittel be¬ sitzen, die zweite und dritte Heilbedingung in den krankhaft veränderten Gekrösdrüsen zu erfüllen, daher auch solche Leiden gewöhnlich unheilbar bleiben. Die Thiere können zwar mit diesem Leiden Jahre lang leben, allein wegen zunehmender Magerkeit und Kraftlosigkeit werden sie zur Verwendung immer unbrauchbarer, und unterliegen endlich den Folgen der Vereiterung oder Verjauchung der Gekrösdrüsen, die zuletzt in Wurm, Rotz und allgemeiner Cacherie bestehen. 284 Therapie. Auflvsende und die Verhärtung oder sonstige Ent¬ artung bebende Mittel könnten bei dieser Krankheit einzig und allein Hulse bringen, weil sie die zweite und wichtigste Heilbediugnng erfüllen würden. Allein die GekröSdrüsen sind der unmittelbaren Einwirkung der Heilmittel zu entlegen, und unter allen sogenannten auflösenden Mitteln, als: Laugensalzen, Quecksilber-, Spießglanz-, Jodpräpara¬ ten, Salmiak, salzsaurc Schwererdc u. s. w., ist uns keines bekannt, welches hier etwas Besonderes leisten würde. Könnte man einem Mit¬ tel eine größere Wirksamkeit als den übrigen zugestehen, so wäre es der Stahl sch wefel, der nebst der auflösenden auch stärkende Wirkung besitzt, in Verbindung mit bittern Mandeln; dann Grünsutter oder Weidengang. Unsere gewöhnliche Verbin¬ dung in solchen Fällen ist folgende: Bittersalz 4 Loth, Enzian 2 Loth, Stahlschwefel Loth, als Latwerg auf einmal, und zwei solche Gaben des Tages, der wir auch gern 1 Loth Terpen¬ tinöl zugcben. 7. Leberentzündung. Die Lebcrentzündung gehört zu den schwachen Seiten der Thier¬ heilkunde. Sie kommt zwar viel seltener als Gehirn-, Lungen-, Ge¬ därmentzündung vor, allein am Secirplatze findet man dennoch häufig krankhafte Änderungen der Leber, die wohl meistens Folgen vorausgc- gaugener Entzündung sind, von der man aber bei Lebzeiten des Thie- rcs oft keine Ahnung hatte. Die Gründe, daß man die Leberentzüudung so leicht verkennt, sind, erstens : weil das Thier uns nicht die kranke Stelle angeben kann, nnd die Leber als ein mehr verborgen und ohne auffallende Erscheinun¬ gen functionirendes, nicht sehr empfindliches Organ ihrLeiden nicht so sichtlich verrätb, als andere Organe; zweitens: kommt sie höchst selten rein für sich, sondern meistens mit Entzündung anderer Baucheinge- weidc complicirt, und durch diese Erscheinungen verdunkelt, vor; drittens: ist sie in ihren Erscheinungen oft der Lungenentzündung sehr ähnlich; viertens: ist die Lungenentzündung häufiger still ver¬ laufend und chronisch, als acut und durch auffallende Merkmale aus¬ gezeichnet. Wenn auch die Bücher eine Menge meistens aus der Menschenheil¬ kunde üoerrragener Krankheitserscheinungen angeben, aus denen man eine Lebercntzündnng erkennen soll, so darf man nicht glauben, das; dieß Alles in der Wirklichkeit bei Pferden verkomme, und diesenmach die Diagnose eine leichte Sache sey; denn ist die Leberentzündung mit 285 heftigen Schmerzen verbunden, wie dieß dort der Fall ist, wo beson¬ ders ibr seröser Überzug entzündet ist, so gleicht sie viel der Kolikund Ge d ä rm en tzü n d un g; verlauft sie ohne bedeutenden Schmerz nnd doch acut, so ist sie leicht mit Lungenentzündung zn verwechseln; bat sie einen mebr chronischen Verlauf und ist sie mit besonderen Stö¬ rungen des Blutnmlaufes im Psortadersystem verbunden, so bekommt sie oft das Ansehen eines Dnmmkollers. Der Schmerz an der rechten Seite hinter den Rippen nach einem daselbst angebrachten Druck ist sehr unsicher nnd unverläßlich; die gelbliche Färbung der sicht¬ lichen Schleimhäute und der weißen Haut des Anges wäre noch das verläßlichste Kennzeichen, allein sie ist nicht immer das Merkmal einer Leberentzündung. Znm Glück ist eine solche Täuschung oder Verwechslung der Leber- entzündnng mit einer andern Entzündung, z. B. der Lunge, der Ge¬ därme u. s. w., von keinem besondern Nachtheile für die Behandlung, denn weiß man nur einmal, daß man es mit einer mehr oder weniger hochgradigen Entzündung eines innen, Organes zu thun hat, so ist die Behandlung mit wenigen Ausnahmen überall die nämliche, be¬ sonders was die sogenannten äußerlichen Heilmittel anbelangt, die — manmagsagen, was man will — fürdenThierarztnebstdendi äte- tischen ohne Vergleich wichtiger sind, als die innerliche n, in ihren Wirkungen noch sehr unvollständig gekannten und oft so verschieden ge¬ deuteten Arzneimittel. Unter den Krankheitserscheinnngen, die aufLeberentzündnng deu¬ ten, werden folgende angeführt: Die Thiere stehen entweder ruh i g u n d gleichsam betäubt wie beim Koller (wegen Stockungen des Blutnmlaufes im Psortader¬ system, und dadurch bedingtem Andrang des Blutes znm Kopf) mit un¬ ter den Bauch gestellten Füßen und legen sich gar nicht nieder, nm den Schmerz nicht zu vergrößern; oder verrathen, wie bei der Kolik, durch v e r s ch i c d c n e S t e ll u u g e u u n d Be w e g n n g e n d c n h e ft i g e n Bauchschmerz, besonders in jenen Fällen, wo der seröse Überzug der Leber oder die serösen Häute anderer Bauchciugewcide gleichzeitig miteutzündet sind. Der Bauch ist oft rechterseits gleich hinter den Rip¬ pen wegen Anschwellung der Leber a n g e schw o l l en, und gegen jede Berührung empfindlich (ein sehr trügliches Kennzeichen bei Thieren, die sich oft, ohne krank zu seyn, gegen jeden Druck wehren). Das Athem ho len ist quantitativ nnd qualitativ verändert wegen Schmerz und Anschwellung der Leber. Die sichtlichen Schleimhäute der Nase, des Maules, so wie die weiße Haut des Auges erscheinen gelb gefärbt, die Zunge schmutzig und mit einem gelben Überzug belegt; der Grund 286 dieser gelben Färbung liegt in der Aufsaugung der wegen Krank¬ heit der Leber aus derselben nicht gehörig ausgesonderten Galle, die ins Blut gebracht, diesem die gelbe Farbe gibt und alle weißen Theile gelb gefärbt erscheinen läßt, die von diesem Blute durchdrungen sind. Dieser gelbsüchtige Zustand ist ohneweiters das wesentlichste unter allen Merkmalen. Die Freßlnst fehlt meistens ganz, weil die Absonderung der Galle, des wichtigsten Verdauungssaftes, krankkaft bestellt ist. Der Durst ist gewöhnlich groß. Die Misteutlcerung ist bei der Entzündung verzögert, der Mist klein geballt, trocken, und nicht gehörig gefärbt, weil die Galle fehlt; später bei Entzündungs¬ übergängen wird er übelriechend und zuletzt stellen sich sehr widrig und faulriechende, erschöpfende Durchfälle ein. Der Harn ist dunkelbraun gefärbt, weil im Blut gallige Stoffe angehäuft sind, die dem daraus abgesonderten Harn die dunklere Färbung verleihen. Die Thiere fie¬ bern mehr oder weniger heftig, nach der Größe des Localleidens, und der Character des Fiebers ist entweder entzündlich oder faulig, je nach¬ dem die Organisation des Thieres entzündlich oder faulig, der Herz¬ schlag unfühlbar oder fühlbar ist, und reine Entzündung oder schon Entzündungsübergänge zugegen sind. Dieß sind die vorzüglichsten Krankheitserscheiuungen, die zusam¬ mengenommen auf eine Leberentzündnng schließen lassen. Eine Ver¬ wechslung der Leberentzündnng mit Lungenentzündung könnte da¬ durch vermieden werden, wenn man aufmerksam die Stellung des Thieres beobachtet, die bei beiden Leiden verschieden ist; wenn man die Farbe der sichtlichen Schleimhäute, die Temp eratur der aus- geathmeteu Luft, die quantitativen und qualitativen Störungen im Athemholen, die Gegenwart und Beschaffenheit desHustens wohl berücksichtiget. Von der Kolik und Gedärmen tzündung unter¬ scheidet die Leberentzündnng der meistens gut verdaute Mist, die län¬ gere Dauer des Leidens, die gelbe Färbung der sichtlichen Schleim¬ häute n. s. w. Der Verlauf der Lebercntzüuduug ist in den meisten Fällen mehr langwierig (chronisch), verläuft aber zuweilen auch acut und führt, wenn sie nicht zertheilt wird, durch Eutzüu du u gsüberg äu g c zum Tode oder zu langwierigen Leiden der Derdannngsorgane, Abma¬ gerung, endlich selbst zu Wurm und Rotz, auf die beim Wurm und Rotz angegebene Weise; ja selbst eine Anlage zum Koller kann durch diese Störungen des Blutumlaufcs im Bauche bewirkt werden. Ist die Leber sehr mit Blut überfüllt und wirkt zudem noch eine mechanische Gewaltthätigkeit auf sie, so erfolgt nicht selten Zerrei¬ ßung oder Berstung der Leber, die durch innere Verblutung schnel- 287 len Tod herbeifuhrt. Die Entzündungsübergänge, zu denen die Leber¬ entzündung führen kann, sind Ausschwitzung gerinnbarer Lymphein die Substanz der ganzen Leber oder eines Theiles dersel¬ ben oder nur aus einzelne Puncte, z. B. zwischen die kleinen Korner der Leber, wodurch Verhärtung nnd die sogenannten Knoten in der Leber erzeugt werden; diese Ausschwitzung erfolgt aber zuweilen anch noch nach außen an die Oberfläche der Leber, wodurch Verwachsung der Leber mit andern Baucheingeweidcn entstehen kann. Auch Wasser¬ ergießung in die Substanz der Leber, oder an der äußern Haut der Leber in Form von Wasserblasen; ferner Vereiterung, Verjau¬ chung und Brand (letzterer gewöhnlich nur bei Milzbrandleiden) sind nicht seltene Übergänge der Leberentzündung. Wurm-und Stein¬ bildung sind bei Leberleiden der Pferde höchst selten. Diesen pathologischen Processen gemäß findet man daherdieLeber bei Sektionen umgestandener Pferde sehr verschieden geändert; bald ganz entfärbt, blaß oder lehmfarbig, bald grünlich, indigoblau oder schwarzroth; bald vergrößert, mit vielem schwarzen Blut überfüllt, zu einem blutigen Brei aufgelöst und wie gekocht, bald stellenweise oder ganz verhärtet, sehr groß und schwer; bald ganz wassersüchtig, so daß sie tropft, wenn man sie zusammendrückt, und eine Menge Wasser, wie ein Schwamm, von sich gibt; bald mit Knoten, Eitersäcken, Wasser¬ blasen besetzt, bald vereitert, verjaucht, an der Oberfläche beulenartig anfgetrieben, mit andern Organen verwachsen n. s. w. Ursachen. Die Anlage zur Leberentzüudung ist in heißen Sommern am größten, weil die Leber, als ein Aushülfsorgan der Lunge, in dieser Jahreszeit wegen Beschränkung der Lungenfunction, zum Theil ihre Verrichtung (Entkohlung und Entwasserstoffung des Blutes) übernimmt, deßhalb in lebhafterer Thätigkeit sich befindet und deßwegen auch leichter verletzbar ist. Die Gelege nheits Ursachen liegen wie überall entweder in der W itter nn g, besonders in heißer Jahreszeit; in derFütterung mit vielen guten, brennstoffreichen, oder auch verdorbenen, schwer¬ verdaulichen, verdumpften, verschimmelten u. dgl. Nahrungsmitteln; in der Tränke mit wenigem oder schlechten, verdorbenen Wasser; in übermäßiger Verwendung, Anstrengung, Erhitzung und Verküh¬ lung, oder in wenig Bewegung und in einem beständigen Aufent¬ halt in dunstigen, warmen Stallungen; in schlechter Pflege der Thiere, und mechanischen Einwirkungen durch Stöße, Schläge u. dgl., die die Lebergegend treffen. Auch miasmatische Einflüsse, die beson¬ ders die Leber und das Pfortadersystem anfeinden, wie z. B. das Anthrarmiasma, erzeugen Leberentzündungen, und in diesem Falle 288 den gewöhnlichen Übergang in Leberbrand. Gallensteine sind höchst selten bei Pferden, daher auch höchst selten die Ursache der Leber- entzündung. Die nächste Ursache der Leberentzündung liegt in der Verletzung der Leber durch erstgenannte Gelegenheitsnrsachen, wodurch sie in ihren normalen Verrichtungen gestört wird, und zur Ausgleichung dieser me¬ chanischen, chemischen oder dynamischen Verletzung des wohlthätigen Entzündungsprocesses bedürftig wird. Die Pro gnose ist nach der Größe und dem Character der Ent¬ zündung verschieden. Gelinde Entzündungen zertheilen sich; heftige machen oft unheilbare, wenn auch nicht tödtliche Übergänge; die Le¬ berentzündung mit dem Character des Milzbrandes ist meistens schnell tödtlich. Die Behandlung der Leberentzündung muß nach den allge¬ meinen Grundsätzen der Entzündungstherapie geschehen. Während der Entzündung sind zur Erfüllung der zweiten Heilbedingung (Entfer¬ nung des Krankheitsproductes Blut) kräftige Blntentleernn- gen, revellirende Einreibun gen in den Bauch, Leberfle¬ cken, Frottirungen der Haut, salzige Klystiere, und in¬ nerlich a b füh re nd e Salze angezeigt, z. B. Bittersalz, Doppel¬ salz, in Verbindung mit solchen Mitteln, die Entzündungsübergänge verhüten, z. B. v ersüßt e s Quecksilber, B rechw e i n stein, Sal¬ miak; denen manbei wirklich eingetretenen Übergängen Terpentin¬ öl, Kampher u. dgl. beisetzt. Viel gutes Wasser, dem man auch Salpeter beimengen kann, unterstützt die Cur sehr, so wie Fut¬ terabbruch sehr wohlthätig wirkt, und höchstens Grünfutter zu erlauben ist. In der Convalescenz unterstütze man die Verdauung durch bittere, die Galle ersetzende Mittel, z. B. Enzian, Kalmus, Bit¬ tersalz n. dgl., damit die Verrichtungen der kaum genesenen Leber so wenig als möglich in Anspruch genommen werden. Bei chronischen Leberlciden, welche die Folgen übergegan¬ gener Leberentzündnng sind, wird eine gute Weide, mäßige Be¬ wegung und innerlich z. B. Doppclsalz, Brechweinstein und En¬ zian — oder Aloe mit Seife allein, oder in Verbindung mit ver¬ süßtem Quecksilber das Meiste leisten. 8. M i l z e n t z ü n d u n g. Diese Krankheit ist — mit Ausnahme des Milzbrandes — noch bei weitem seltener als die Leberentzündung, und man kennt sie in ihren 289 Erscheinungen noch weniger als jene. Dennoch findet man bei Sektio¬ nen an andern Krankheiten umgestandener Thiere die Milz oft so auf¬ fallend verändert, daß man an einem gar so seltenen Erkranken der¬ selben wohl zweifeln kann. Allein die Erkenntniß ihres Leidens ist un¬ gemein schwer: man kennt nicht einmal die Verrichtungen der Milz im g e su n d e n Zustande vollkommen, wie soll man dann die g estö r- ten Verrichtungen im kranken Zustande erkennen? Hätte man das Glück, sie zu erkennen, so würde die Behandlung nach den allgemeinen Grundsätzen geschehen müssen. So selten die Milzentzünduug als sporadische Krankheit vor¬ kommt, so häufig tritt sie als Seuche unter dem Namen des Milz¬ brandes (^ullii-ux) auf, als welche sie nicht in das Bereich un¬ serer Abhandlung gehört. Doch können wir bei dieser Gelegenheit nicht unerwähnt lassen, daß fick der von Dr. Rupprecht in Hett- städt anempfohlene und in Hering's Repertorium (1852, 2. Heft) veröffentlichte Eoch e nille- Salmi a k nicht mir in demThierspitale zu Laibach, sondern auch mehrseitig anderwärts auf dem Lande bei An- thrarleiden mit deni ausgezeichnetsten Erfolge angewendet worden sey. Der Gebrauch dieses jedenfalls sehr beachtenswertsten Heilmittels fand nach der Vorschrift der Dr. Rupprecht statt. Nach dessen An¬ weisung bereitet man den Cochenille-Salmiakg eist (liguor nm- monii eovoionaililws) folgendermaßen: »Ein Pfund des officinellen lnljuor 4mmanii euustioi (Sal¬ miakgeist) wird mit einem Lotst gepulverter Cochenille vermischt, 24 Stunden in einer verschlossenen Flasche hingestellt und die Flüssigkeit filtrirt.« »Von diesem Mittel gibt man bei vorhandener Milzbrand-Krank¬ heit, deren Kennzeichen (Ablassen vorn Futter, Verminderung oder Aufhören der Milchabsonderung, Zittern, oft Taumeln, beschleunigter Puls und Atstmen, pochender Herzschlag, taumelnder Gang, Schmerz¬ haftigkeit und Zusainmenbiegcn beim Druck auf die Gegend der un¬ tern Rückenwirbel, Abgang von blutigem Schleim oder Blut aus dem Mastdarm, Blutharnen re.) ich als bekannt voraussetze: einem Kalbe bis einjähriger Stärke 5—10—20 Tropfen, einem 1—3jübrigen Rinde 20- 30 60 Tropfen, einer Kuh 40—80 Tropfen, einer Mastkuh, Ochsen, Bullen 60—80—100 Tro¬ pfen des Mittels je unter 3 bis 4 Gläser voll kalten Flu߬ wassers.« »Nimmt das Thier auf diese Weise schlecht ein, so kann man Bleiweis Heilverf. 5. Aufl. 18 290 die Portion Tropfen auch mit etwas Rvggenmehl und Wasser zur Latwerge anrühren und auf diese Weise das Einnehmen bewirken.« »Das Eingeben wird, je nach der Heftigkeit der Krankheit, wobei das Fieber in der Regel maßgebend ist, so lange fortge¬ setzt, bis die Krankheitserscheinungen nachlassen, d. h. bis das Fieber geringer wird oder aufhört, der Herzschlag wieder unfühlbar geworden, eine gleichmäßige, nicht erhöhte Wärmevertheilung einge¬ trieben ist und die Freßlust sich wieder zeigt w., und zwar wird das Eingeben anfangs alle 5—10 Minuten bis '/»—*/,—0—2 Stunden wiederholt, je nach dem Stand der Krankheit. In der Re¬ gel tritt schon nach der 3 6ten Gabe Nachlaß ein, ja nicht selten ist jetzt schon die Krankheit überwunden.« »Hierauf gibt man das Mittel noch einigemal in längern Zwi¬ schenräumen: 3—4stündlich, und beobachtet dabei das Thier genau.« »Tritt ein neuer Anfall ein, was meist nach 8—12 Stunden zu geschehen pflegt, so reicht man das Mittel sofort ingleicherGabe und Häufigkeit, wie anfangs, bis zum abermaligen Nachlaß der Krankheitserscheinungen.« »Selten kommen mehr als drei Anfälle im Ganzen vor und ist ein solcher nach 24 Stunden nicht wieder eingetreten, so kann man die Krankheit für überwunden halten, reicht dann aber das Mittel am e r st e n Tage noch dreimal, am folgenden zwei¬ mal, am dritten Tage einmal und darf nun die völlige Hei¬ lung als eingetreten annehmen.« »Bei sehr heftigen Erkrankungen, besonders kräftiger, junger, vollblütiger Thiere, oder in Wirthschaften, wo die Krank¬ heit heimisch und sehr schnell verlaufend ist, oder wo sich bereits Blut¬ abgang aus dem Mastdarm oder blutiger Harn zeigt, habe ich an¬ fangs 1—2mal eine volle Dosis: 2 Quentchen, unter einer h alben We in flasch e vollWasser durchschnittlich, gereicht und habe gleichzeitig, selbst bei vorhandenem Durchfall, kal t e Wa sserkly st iere iu halbstündlichen Zwischenräumen, angewandt, welchen allemal 2 — 1 —/. Quentchen des Mittels beigemischt war.« »In der Regel habe ich auch dem Thiere das Rückgrat n n d die Flanken mit etwas reinem S a l m i a k g eist von Zeit zu Zeit einreiben lassen oder ließ auch wohl das erkrankte Stück mit kaltem Wasser begießen und unter einer Decke trocken reiben.« »Als Fntter wird dem kranken Thiere gereicht: Kleien mit Was¬ ser, Schrotwaffer, geschnittene Mohrrüben oder gutes Wiesenheu mit etwas Wasser. (Es ist grausam und ganz zwecklos, dem lechzenden Thiere alle Nahrung während der Dauer der Krankheit zu entziehen, 291 die doch mitunter 2—3 Tage anhält; während eines heftigen Anfalls frißt das Thier ohnehin von selbst nicht, wohl aber benetzt es gern das Maul und mag man das dem geängsteten Thiere wohl gewähren.) Mit dieser Fütterung wird noch ein paar Tage fortgefahren, worauf man allmälig zum früheren Futter zurückkehrt.« »In einzelnen Fällen tritt die Krankheit auch unter den Erschei¬ nungen des gewöhnlichen Aufblähens auf. Man lasse sich un¬ ter diesen Umständen nicht irre führen und wende etwa Aderlaß, Salze rc. an, sondern verfahre ganz so, wie eben angeführt ist, was man um so gefahrloser thun kann, als selbst in dem Falle des Jrrthums, in¬ sofern man es also nur mit dem gewöhnlichen Aufblähen zu thun hat, dieser Krankheitszustand rasch und bestimmt der innern Behandlung mit meinem Mittel weicht, so daß ich es beim Aufblähen ebenfalls, und nur allein und stets mit schnellem und gutem Erfolge habe geben lassen.« »Ist ein Karbunkel (Beule) vorhanden, so wasche man diese öfters mit Salmiakgeist. Vergrößert sich der Karbunkel, oder erfolgt trotz des energischen innern Gebrauchs des Mittels nicht bald Nachlaß des Fiebers, oder stellt sich dennoch bald ein neuer Anfall ein, so säume man nicht, einen Einschnitt zu machen und die Wunde fleißig mit Salmiakgeist auszuwaschen. Der Karbunkel ist in vielen Fäl¬ len die Regenerationsstelle des Milzbrandgiftes und droht das Thier durch fortgesetzte Jnfectivn zu tödten. Es ist deßhalb durchaus nicht gleichgültig, vorhandene Karbunkel unbeachtet zu la ssen.« »Pferde behandelt man in derselben Weise und gibt Fohlen bis z» '/z Jahre 10 Tropfen, —1jährigen 10—20 » 1— 2jährigen 20—30 » 2— 4jährigen 40—60 » 4—und mehrjährigen 60—80 Tropfen des Mittels, je unter 3—4 Gläser voll kalten Flußwaffers oder in Latwergenform, in den gleichen Zwischenräumen, und allmälig seltener, bis zum Nach¬ laß der Krankheit, ganz in der oben angeführten Weise. Die äußere Behandlung in die Anwendung von Klystieren ist dieselbe.« »In manchen Gegenden wird die Krankheit Stalltyphnöge naunt; oder sie beginnt mit ko likartigen Zufällen, oder unter Er¬ scheinungen, welche an Dummkoller erinnern. Überall ist das an¬ geführte Verfahren hü l fr eich, und ein Verkennen der Natur der Krank¬ heit und eine auf eine falsche Annahme begründete unrichtige Behand¬ lung, etwa mittelst Aderlaß rc., bestraft sich in der Regel durch denbal- 292 digen Tod, wie denn überhaupt der Aderlaß bei allen Milzkrankheiten zu den schädlichsten Mitteln gehört.« »Ich habe die kranken Thiere nie isolireu und in einem Stall allein stehen lassen, da ick mich von der Ansteckungsfähigkeit deS Milzbran¬ des w ährend der Dau erde r Krankheit nicht habe überzeu¬ gen können. Nichts destoweniger ist es nothwcndig, sobald ein Thier erkrankt oder an unzweifelhaftem Milzbrände (ich setze die Bekanntschaft mit den gewöhnlichen Leichenerscheinungen der Krankheit voraus) ge¬ fallen ist, den ganzen Viehstand oder den Haufen, welchem das Thier angehörte, der v orb engend e n Behandlung zu unterwerfen, da dann in allen Thieren die Milzbrandanlage als vorhanden und mehr oder weniger entwickelt in der Regel anznnehmm ist. Gewisse Zei¬ chen machen die Gegenwart der Milzbranddisposition noch wahr¬ scheinlicher und verkünden dem aufmerksamen und kundigen Beob¬ achter oft ganz bestimmt den nahen Ausbruch der Seuche, B. plötzliche Verminderung der Milchergiebigkeit in dem ganzen Vieh¬ stande ohne nachweisbaren Grund, häufiges Verlammen und Ver¬ kalben, vermehrter Geschlechtstrieb und häufiges Brünstigwerden, das Herrschen anderer Milzbrandformen: z. B. Gebärmutter-, Euter- nnd Hinterschenkelbrand nach dem Lammen, Brand nach dem Ver- hammeln, ungünstige Erfolge nach Anwendung der antiphlogistischen Curmethode bei Entzündnngskrankheiten u. s. w. (Über alle diese Erscheinungen, ihre Natur und Bedeutung bebalte ich mir das Aus¬ führlichere beizubringen vor.)« »Dem Rindvieh und Pferden gibt man zur Vorbeu¬ gung der Krankheit nach obiger Scala täglich einmal, oder wenn eine sehr gesteigerte Anlage anzunehmen ist, täglich zwei¬ mal eine Portion des Mittels. Schafen (bei denen aus bekannten Gründen in der Regel von Heilung der Krankheit nicht die Rede seyn kann, wo man dagegen durch die Vorbeugnngscur die er¬ wünschten Erfolge schnell erzielen wird) gibt man: Lämmern und Jährlingen tO—20 Tropfen, Mutterschafen, Hammeln, Widdern 20—30 40 Tropfen mit Wasser täglich t—2mal, während man sich durch zwei nahe an einander gestellte Horten die Thiere einzeln vorbeitreiben läßt. Man kann sich das mühsame Geschäft außerdem noch wesent¬ lich dadurch erleichtern, daß man vorher eine größere Flasche voll Wasser in dem Verhältnisse mit dem Mittel mischt, daß auf eine jede Einzelgabe die erforderliche Anzahl Tropfen kommt. Durch einen kleinen Trichter kann man dann leicht das Fläschchen jedesmal ans der größeren Flasche füllen. Leider ist das Darreichen des Mittels 293 unter dem Saufen wegen der Flüchtigkeit desselben unthunlich. Die vorbeugende Cur wird in der angegebenen Weise neun Tagelang fortgesetzt, und ist es meist ausreichend, während der letzten vier Tage täglich eine Gabe zu ereichen. Daneben mnß man gleichzei¬ tig eine Futter v e r än d e ru ng und Fu t te r v e rm ind erun g eintreten lassen, worauf schon der Jnstinct der erkrankten Thiere hin¬ wirkt, und wie man etwa einem kranken Menschen zur Erquickung nicht Braten und andere nahrhafte und schwerverdauliche Speisen gewähren wird. Man suche deshalb »1)eine der bisherigen Fütterung möglichst entgegengesetzte wäh¬ rend der neuntägigen Curzeit einzuführen. Man treibe also auf Stoppelweide, wenn die Schafe Klee, Wiesen, Triften rc. begingen, und umgekehrt; man suche die Berge auf, wenn die Herden bisher Rieth- ländereien begingen, und umgekehrt: man verlasse dieHort oder treibe aus dem Stalle, wenn sich während des Haltens in der Hort oder im Stalle Todesfälle ereigneten, und umgekehrt. Man füttere den Kühen Grün¬ futter, wenn sie trocken gefüttert wurden; man vermeide das Füt¬ tern von Turnipsblättern, Rüben, Klee rc., wenn bei dieser Fütte¬ rung sich Erkrankungen zeigten; kurz, man verfahre überall so, wie es die wirthschastlichen Verhältnisse gestatten und möglich erscheinen lassen.« »2) Man vermeide namentlich schädliche Futterstoffe. Hierzu gehören besonders: Spreu, Abharke (Rees), befallener Klee, na¬ mentlich Kopfklee und Weideklee, Bohnen- und Erbsenstroh, Bohnen- und Erbsenstoppelweide, angefaulte, angefrorene, verschimmelte Rü¬ be», Turnips, Kartoffeln, Kohl, Zuckerrübenrückstände, verschlämm¬ tes Grummet re., das Weiden unter Baumpflanzungen währenddes Blattfalls, oder an Fluß-, Bach- und Teichufern, auf Wiesen, Ackerflächen und Triften, welche den Überschwemmungen ausgesetzt oder moorig und bruchig sind re.« »3) Man vermindere die Futtermenge auf die Hälfte oder mit Vermeidung sehr nahrhafter oder erhitzender Nahrung, z. B. zu heißer Schlämpe, unvermischter Schlämpe w.« »Noch bemerke ich, daß man sowohl bei der Cur, als behufs Vorbeugung alle übrigen Mittel unterlassen muß, und daß auch das Viehsalz, die Mineralsäure, der Essig, Aderlässe, Haar¬ steile und was man sonst zur Verbeugung thut, durchaus erfolglos, störend, ja meist höchst nachkhcilig sind. Nur wenn man das eben dargcstelltc Verfahren ausschließlich und nach Vorschrift in Anwen¬ dung setzt, wird man die überraschend günstigen Erfolge sehen, de¬ ren Alle ohne Ausnahme sich zu erfreuen gehabt haben, die in den 294 verschiedensten Gegenden unserer Provinz mein Mittel gebraucht haben.« »Schließlich führe ich noch an, daß ich mit reinem Salmiak¬ geist ursprünglich meine Versuche gemacht habe, und daß ich danach so günstige Erfolge sah, daß ich den lüquor Amnion. ouustiei für das Hauptmittel halten muß. Später bereitete ich den lüljuor Bill¬ man. eoeeionollinus, und sah, daß durch den Zusatz der Cochenille die Wirksamkeit des Mittels noch wesentlich erhöht wurde. Die nä¬ here Begründung hierzu behalte ich mir vor, demnächst weiter aus¬ zuführen.« Siebente Abtheilung. Krankheiten der Harnwerkzeuge. Nieren- und Blasen entzündung. Äeide Krankheiten sind bei Pferden nicht sehr häufig, und die Bla- senentzündung noch viel seltener, als die Nierenentzündung. Die Merk¬ male, die sowohl das eine als das andere Leiden verrathen, sind die gewöhnlichen Entzündungs-Merkmale, die sich mehr oder we¬ il i g er alle deutlich erkennen lassen. Krankheitserscheinungen bei derNierenenrzündung. Die T emperatur der Lenden- und Nierengegend erscheint erhöht; diese Gegend ist zuweilen von außen etwas an g eschw o lle n, und schon gegen eine leichte Berührung oder Druck mit der Hand empfindlich und schmerzhaft; diese schmerzhafte Geschwulst der Nieren macht auch, daß den Thiereu jede Stellung und Bewegung Schmerzen ver¬ ursacht, daher ist ihr Gang mit den Hinterfüßen breit, gespannt, steif, im Kreuze schwankend und wie gelähmt, leicht für Kreuzlähme täu¬ schend, ihre Stellung ist mit unter den Bauch gestellten, rückwärts weit auseinanderstehenden Füßen und gekrümmten Rücken; sie legen sich selten nieder und wenn sie sich niederlegen, stehen sie sogleich wieder nnd be¬ schwerlich, besonders mit dem Hintertheile auf, wedeln mit dem Schweife, schauen oft nach dem Bauche hin; sind die Schmerzen noch größer, so trippeln sie hin und her und werden unruhig, wie bei der Kolik, daher man die Nierenentzündung fälschlich auch Nierenkolik genannt hat; am allerbestimmtesten aber verräth die gestörte V e r richtun g das Leiden der Nieren, die man sowohl aus der Menge als auch aus der Besch a ffe n h cit des Harnes und aus der Art und Weise der En tl ee- rung desselben erkennen kann. In diesen Hinsichten bemerkt man bei der Nierenentzündung, wenn beide Nieren entzündet sind, daß die Harnentleerung trotz des sehr häufigen Drängens und Stel¬ lens zum Harnen, entweder ganz unterdrückt ist (was auch die Untersuchung der meistens leeren Harnblase durch den Mastdarm zeigt), oder daß nur tropfenweise und schmerzhaft ein anfäng- 296 (ich dünner und wässeriger, später bierbraun, rother und ganz blutiger Harn (Blntharnen) entleert wird. So wie die Krankhcitsproducte überall am verläßlichsten das lei¬ dende Organ, ans dem sie kommen, verrathcn, so verräth der wenige, nur tropfenweise und schmerzhaft entleerte, blntigeHarn, (Blutharnen) am bestimmtesten das Leiden der Nieren. Ist nur eine Niere entzündet, so übernimmt die gesunde das ganze Geschäft, und in diesem Falle wird der Harn der gesunden Niere mit dem Krankheitspro- ducte (Blut) der krankcu sich mengen, und sein Aussehen dadurch geän¬ dert werden; auch sollen Hengste den Hoden auf der Seite der entzün¬ deten Niere stark an den Bauchring anziehen. Das mehr oder weniger heftige Fieber, die erhöhte Wärme des ganzen Körpers, höhere Röthe der sichtlichen Schleimhäute, besonders der äußern Harnwcrkzeuge und Schamtheile, die verminderte Freßlust, der vermehrte Durst, das beschleunigte und auffallende Athemholen, der verzögerte, trockene, schmerzhaft entleerte, zuweilen selbst blutig gefärbte Mist, und noch andere Störungen in den übrigen Lebensseiten sind zwar gewöhnliche Begleiter einer hochgradigen Nierenentzündung, doch sind sie sämmtlich nur dieFolgen desHauptieidens in den Nieren. Bei Nierenentzündungen fiebern die Thiere gewöhnlich mehr oder we¬ niger bedeutend nach der Große und Ausbreitung der Entzündung; und der Charakter des Fiebers ist auch hier entzündlich oder faulig, je nach¬ dem die Organisation des Thieres entzündlich oder faulig, und der Herz¬ schlag unfühlbar oder fühlbar ist. Erkennt» iß der Bla senentzündnng. Ähnliche Erschei¬ nungen, wie die Nierenentzündung, bietet auch die Harnblasenentzün¬ dung, die nur nach dem verschiedenen Sitze des leidenden Organs, und in der Beschaffenh eit und Entleerung des Harnes einige Verschiedenheiten zeigt. Man kann sich von der Entzündung der Harnblase dadurch überzeugen, wenn man eine wohlbeölte Hand in den Mastdarm einführt, und dabei den Mastdarm wegen der darunter lie¬ genden entzündeten Blase sehr heiß, und bei dem leichtesten Drucke nach unten zu gegen die Blase empfindlich und schmerzhaft findet. Weil we¬ gen entzündlicher Verschwellung des Blasenhalses die Entleerung des Harnes meistens gehemmt oder ganz aufgehoben ist, so findet man beim Einführen der Hand in den Mastdarm die Blase wie eine große, harte Kugel unter dem Mastdarm liegen. Endlich zeigt auch der ent¬ leerte Harn einige Verschiedenheit bei der Blasenentzündnng in Ver¬ gleich mit der Nierenentzündung; bei der Nierenentzündung ist das Blut, welches mit dem Harn abgeht, innig mit dem Harn ge¬ mischt, weil Blut und Harn ans derselben Quelle fließen; bei der 297 Blasenmtznndnng kömmt reiner Harn in die Blase, und wird erst hier mit dem daselbst ost in Strängen, Klumpen u. dgl. befindlichen Blute gemengt und daher nicht so innig, wie oben, mit diesem verbunden. Die Harnentleerung geschieht bei derBlasenentzüudung stoßweise, und in einem dünnen Strahle unter heftigen Schmerzäußerungen. — Zwi¬ schen Nieren und Harnblase liegen die Harnleiter in der Mitte, die ebenfalls in Entzündung verfallen können, deren Erkenntniß aber nicht leicht ist, und gewöhnlich entweder mit Nieren- oder Blasenentzündung ohne Nachtheil verwechselt wird. Der Verlauf der Nieren- und Blasenentzündung ist in der Re¬ gel acut und die Dauer nicht über fünf Tage ausgedehnt; oft treten in viel kürzerer Zeit gefährliche und selbst tödtliche Übergänge ein. Geht die Entzündung in Zertheilung über, so vermindert sich der Schmerz, das Fieber und das Dräugen zum Harncu, der Harn geht in größerer Menge, weniger blutig gefärbt, bierbraun und allmälig lichter werdend ab, macht keinen so starken, blutigen Bodensatz wie früher, sondern bildet oft einen schleim igen Niederschlag, wenn die Entzündung in S ch l e i m se c r e ti o n überging, die als der gelindeste Entzündungsübergang bei allen Entzündungen cintritt, wenn sie in Schleimhäuten ihren Sitz hatten und in Zertheilung übergehen. Bei heftigen Entzündungen zerreißen zuweilen die durch großen Blut¬ andrang erweiterten Blutgefäße, und es entsteht tödtliche Verblutung. Auch der Übergang der Entzündung inAusschwitznng gerinnba- rerLy mp he, V e rh ärtn n g, Eite ru n g, V erjauchu ng, B rand sind nicht selten; die Nierenentzündung führt häufig zur Eiterung und V erja uch un g der ganzen Niere bis auf die Kapsel, woraus ein langwieriges, zu Abzehrung, Wurm, Rotz führendes Leiden (Nieren¬ schwindsucht, Niercnrotz) hervorgeht. Nach einer vorausgegangenen heftigen Nierenentzündung bleibt oft wegen zurückbleibender gesteigerter Empfindlichkeit und Erschlaffung der Eapillargefäße eine vermehrte Zu¬ strömung und Durchsickerung des BluteS, und ein langwieriges Blut Harn en zurück. Der abgehende Harn wird dem Thierarzte überall den besten Aufschluß über die verschiedenen Entzündungsüber- gäuge verschaffen, weil der Harn die in den kranken Organen bereiteten K r a n k h ei t S p r o d u c t e mitführt, und sie der sichtlichen Beschauung des Thieres darbietet. Deßwegen ist der Harn bei der Entzündung blu¬ tig , bei Schleimsecretionen schleimig, bei der Eiterung eitrig, beim Brande blutig, schwärzlich und sehr übelriechend, bei der Verjauchung jauchig und blutig. Nach diesen Übergängen tritt in Folge der Blasenentzündung häu¬ fig auch Lähmung und Berstung der Blase ein. 298 Wohl zu unterscheiden aber sind die Änderungen des Harnes, die fast jedesmal stattfinden, wenn ganz andere Organe, z. B. Lunge, Gehirn n. si w., bedeutend krank sind; in diesen Fällen deutet der mannigfaltig geänderte, z. B. hochrothe, bierbraune, wasserklare, zähe Harn nicht auf ein Leiden der Harnwerkzeuge, sondern zeigt uns nur die Krankheitspro duete anderer Organe, die von den Lymphgefäßen aufgesogen, ins Blut gebracht wurden, welches sich nun dieser krankhaften Stoffe durch die Stieren zu entledigen, nnd selbe ans diesem Wege ans dem Körper zu schaffen sucht. Wenn die Nierenentzündung gleichzeitig mit Kreuzlähmung complicirt war, was nicht selten, besonders bei mechanischen Verletzun¬ gen der Wirbelsäule, der Fall ist, so bleibt nach geheilter Nierenentzün¬ dung oft eine unheilbare Krenzlähme zurück, bei welcher zwar der übrige Gesundheitszustand wieder eintritt, der Hintertheil aber abma- gcrt und schwindet. Ursachen. Über eine besondere Anlage mancher Pferde zu Stieren- oder Blasenentzündnngcn ist nichts Gewisses bekannt. Die G elcg enheitsn rsach en sind theils mechanische, theils chemische und dynamische. Zu den mechanischen gehören: Schläge, Stöße ans den Theil des Rückens, wo die Nieren, und auf den Thcil des Unterleibes, wo die Blase liegen; Verwundung der Nieren oder Blase; Bruch der letzten Rippen; heftige Anstrengungen im Zuge; formte Ritte, gewaltsame Sprünge über Gräben n. dgl., welche be¬ deutende Erschütterungen der Nieren nnd der Blase verursachen ; auch übermäßige Anstrengung beim Beschälen; endlich Nieren- nnd Bla¬ sensteine. Auf chemische Weise schadet der viele Genuß solcher Futter¬ stoffe, Tränke und Arzneimittel, die eine cigenthümliche reizende Wir¬ kung auf die Harnwerkzeuge haben, zu deuen diese Stoffe durchs Blut gebracht worden sind, z. B. die meisten Hahnenfußarten, Wolfsmilch¬ arten, Anemonen, die Zeitlose, die Blätter von Pappeln, Erlen, Eichen, Weißdorn, die Sprossen von Nadelhölzern, die harntreiben¬ den Gewächse, z. B. Zinnkraut, Schwalbenwurz, Hauhechel, Klebkraut, wilder Rosmarin u. s. w., ferner die gewöhnlichen, aber verdorbenen oder durch Mehl- oder Honigthau schädlichen Futterstoffe; der Genuß eines verdorbenen Wassers aus Sümpfen, Pfützen oder solchen Stellen, wo Flachs nnd Hanf gebeizt wurde, worin gewisse harzige Stoffe zu- nickbleiben, die besonders reizend auf die Harnwerkzenge wirken; fer¬ ner der zufällige Genuß mehrerer spanischen Fliegen oder Maikäfer, die auf den Blättern der Eschen nnd anderer Gewächse sich aufhalten und mit diesen verschluckt werden. Weil das Rind allen diesen Schädlichkei- 299 ten mehr nusgesetzt ist, als das ganz anders gefütterte und verwendete Pferd, so ist leicht begreiflich, daß Nieren- oder Blasenentzündnng un¬ ter der Form des Blutharnens viel öfter beim Rind als beim Pferd vorkomme. Spanische Fliegen, als Arzneimittel oder um bei Stuten oder Hengsten den Geschlechtstrieb auzuregen, Terpentinöl, Fingerhut¬ kraut in großer Menge als Arzneimittel gereicht, erzeuge» zuweilen Nie¬ ren- und Blasenentzündung und das davon abhängende Blutharnen. Lange anhaltende Urinverhaltung kann Blasenentzündnng erzeugen, theils durch die chemische Rückwirkung der Bestandtheile des Harnes, theils durch die mechanische Reizung desselben, wenn die Harnblase voll ist. Zu den dynamischen Ursachen gehören am gewöhnlichsten Verkühlung und Unterdrückung der Hantausdünstnng durch kalte Witterung, Zugluft, kaltes Getränk, Liegen auf nassem und kaltem Boden, in Folge dessen das mit den zur Ausscheidung bestimmten Stoffen geschwängerte Blut von der Oberfläche der Haut gegen die Harnwerkzeuge getrieben wird, wenn sich diese eben durch eine andere Veranlassung in einem gereizten oder mehr geschwächten Zustande be¬ finden. Zu den dynamischen Ursachen kann man auch ein eigenes Miasma (gewöhnlich Milzbrandmiasma) zählen, welches auf einmal bei vielen Thieren Nierenentzündungen unter der Form des Blutharnens er¬ zeugt. Stieren- und Blascuentzündungen entstehen auch durch Aus¬ breitung der Entzündung anderer Bancheiugcweide, z. B. des Bauch¬ felles, der Gebärmutter, Gedärme u. dgl. auf diese. Endlich kann Nierenentzündung und Vereiterung oder Verjauchung (Nieren rotz), die Folge des Rotzes und Wurmes seyn, wenn die anfgesogenc Rotz¬ oder Wurmmaterie zu den Nieren zur Aussonderung kommt, und die Nieren durch diesen Krankheitsstoff verletzt, sich dann entzünden und verjauchen. Es kann aber auch der umgekehrte Fall eintreten, daß eine Nierenverjanchung den Rotz und Wnrm erzeugt, wie dieß schou beim Rotz erklärt wurde. DiePro g n ose bei der Nieren- und Blasenentzündung richtet sich wie überall nach der leichteren, schwierigen oder ganz unmöglichen Er¬ füllung der Heilbedingungcn. Mäßige Entzündungen lassen eine günstige Prognose zu; heftige Entzündungen sind wegen der Übergänge gefährlich; Zerreißung größerer Blutgefäße, Berstung der Blase, Lähmung derselben, Vereiterung, Verjauchung oder Brand der Nieren oder Blase sind schneller oder langsamer, aber gewöhnlich tödt- lich. Bedeutende mechanische Verletzungen, Harnsteine, Milzbrand¬ miasma erschweren die erste Heilbedingung ungemein, daher die Pro¬ gnose in solchen Fällen ungünstig zu stellen ist. 300 Behandlung. Das Allererste ist die Entfern n n g der G e- legenheits Ursache, wenn dieses thunlich ist, oder man suche we¬ nigstens der schon eingewirkten Schädlichkeit ihre fortwirkende Kraft so viel als möglich zu benehmen. Mit der Erfüllung der ersten Heilbe- dingnng verbinde der Thierarzt sogleich die Mittel, die die zweite Heilbedingung (Entfernung des Krankheitsproductes Blut) nud die vierte Heilbedingung erfüllen. Sind mechanische Verletzungen die Ursache, so kann der Thier¬ arzt zur Entfernung der Gelegenheitsursache meistcus wenig thun, und wenn auch eine Trennung des Zusammenhanges dieser Organe veran¬ laßt worden wäre, so sind diese Eingeweide der ärztlichen Hülfe zu sehr entlegen, und deßwcgen bloß der Naturhülfe zu überlassen; Rippen¬ brüche wären wo möglich einzurichten. Zur Erfüllung der zweiten Heil- bedingung passen bei solchen mechanischen Ursachen äußerlich kalte Be¬ gießungen oder U m schlä g eauf die kranke Stelle, bei Nierenent¬ zündung auf die Lenden- oder Nierengegend, auf die man am besten einen leichten Sack mit Eis gefüllt legt; dann ölige oder Sei. fenkly stier c; letztere sind deßhalb bei Nieren- und Blasenentzündnn- gen ein vorzügliches Mittel, weil sie den Darmcanal entleeren und so verhindern, daß der angehäuste Mist nicht aus die entzündeten Nieren oder die Blase drücke; ferner reizen sie den Darincanal und leiten dadurch das Blnt von den kranken Theilen ab; innerlich sind schlei¬ mige Mittel mit gelind abführenden und das Blut mehr zu den Gedärmen leitenden Salzen angezeigt, z. B. Eibisch Wur¬ zel, Leinsamen, Leinöl u. dgl. mit Bittersalz, Glau¬ bersalz u. dgl., deßhalb passen zum Getränk auch Mehltränke, denen man auch Salpeter beimengen kann. Deutet ein heftiges Fie¬ ber (z. A. der Puls auf 60) auf eine heftige Entzündung, dann sind ergiebige Blutentleerungen und revellirende Mit¬ tel, in den Bauch eingeriebeu, angezeigt; diese revellirenden Mittel dürfen aber bei heftigen Nieren- und Blasenentzündungen niemals aus Terpentinöl und spanischen Fliegen bestehen, weil diese Mittel, wie oben gesagt, selbst im Stande sind, solche Entzündungen zu er¬ zeugen und schon vorhandene zu verschlimmern. Am besten paßt hier die Einreibung aus ätzendem Salmiakgeist, z. B. 2 Loth und Leinöl 6 Loth. Sind scharfe und reizende Stoffe die Ursache der Entzündung, so ist die Behandlung die nämliche und auch hier sind nebst den an¬ dern Mitteln innerlich schle im i g e Ein güsse mit gelindenSal- ze», z. B. Bittersalz, Salpeter u. dgl., von guter Wirkung, denen man, wenn spanische Fliegen oder Maikäfer die Ursache 301 waren, Kam p her als das vorzüglichste Gegenmittel für spanische Fliegen, beigibt. Eine ähnliche Behandlung ist bei Nieren- oder Blasenentzündnng aus Verkühlung anzuwenden, nnr muß hier vorzüglich auf Her¬ stellung der unterdrückten Hautausdünstung gesehen werden; daber pas¬ sen hier alle obgenannten Mittel mit Ausnahme der kalten Umschläge, die aus Rücksicht der ersten Heilbediugung bei dieserArt Entzündung schädlich sind; dafür sind wiederholte Fr ottiru ng en und gute Bedeckung, Einreibung der obgenannten flüchtigen Salbe, innerlich schleimige Mittel mit obigen Salzen, Schwe¬ felleber, Kampher u. dgl. schweißtreibende Mittel anzuwenden, obgenannte K ly st i e re beizubringen und ein w a r m e s V e r h a lt e n überhaupt zu beobachten. Bei Blasenentzündungen leisten, wenn die Thiere ruhig stehen, Dunstbäder von heißem Wasser, die man auf die Unter¬ bauchgegend des mit Kotzen behängten Thieres wirken läßt, wegen ihrer erweichenden und die entzündliche Spannung lindernden Wirkung, aus¬ gezeichnete Dienste. Sind Harn sie ine die Ursache der Entzündung, die entweder in den Nierenbecken, Harnleitern, oder in der Harnblase, seltener in der Harnröhre ihren Sitz haben, und sich nur durch d a s A b g e h e n v o n pulverförmigen oder griesartigenMassen oder kleinen Steinen, unter öfterer schmerzhaften Entleerung eines nur tropfen¬ weise oder in einem dünnen Strahle fließenden, blutigen oder schleimi¬ gen Harnes mit Bestimmtheit zu erkennen geben (denn das Fühlen des Steines in der Blase mittelst des Catheders oder mittelst der Hand durch den After ist viel schwieriger und nur bei Steinen in der Harn¬ röhre leicht); so muß die Behandlung gegen die durch Harnsteine me¬ chanisch erzeugte Entzündung die nämliche bleiben, wie sie bei Nieren- vder Blasenentzündnng ans andern Ursachen angegeben wurde (Blut¬ en t l e e r u n g e n, r e v e l l i r e n d e E i n r c i b u n g, s ch l e i m i g e v d c r ölige Mittel, Klystiere u. s. w.), allein sie wird in solchen Fäl¬ len meistens wenig nütze», so lange die Gelegenheitsursachc der Stein nämlich, nickt entfernt ist. Kommen die Harnsteine t) als pulver¬ förmige Niederschläge, 2) als Gries oder 3) als Steine von sehr kleinem Umfange vor, so können sie oft die Harnwege durchpassircn und entfernt werden; sind die Harnsteine von größerem Umfange, als der Eanal ist, durch den sie durchgeführt werden müssen, so wird die Prognose höchst ungünstig, weil die Entzündung, die sie erzeugen, wegen des sortwäbrenden Druckes und Reizes der Steine leicht in Brand über¬ geht. Bei Stuten, deren Harnröhre weiterund kürzer als die der männli¬ chen Thiere ist, gehen schon ziemlich große Blasensteine von selbst ab. 302 Die Harnsteine aus den Harnwerkzeugen zu entfernen, gäbe es zweierlei Mittel, mechanische nämlich und chemische; zu den me¬ chanischen gehört die sogenannte S teinoper a tion, zu den chemischen solche Arzneimittel, die auf die Harnsteine auflösend und zerlegend wirken; allein die Steinoperation ist nur bei Blasensteinen möglich, und entschieden wirksame st einauf lösende Mittel sind nicht bekannt, obgleich man Laug ensalze, Seife, Essig, und vorzüglich die Kalkmilch oder das Kalkwasser (z. B. 1 Loth lebendigen Kalk in 1 Seite! Wasser) in dieser Hinsicht empfiehlt und sie innerlich und in Einspritzung en anwendet. Die Harnsteine sind Verbindungen verschiedener Säuren, Salze und Erden, die mittest eines bindenden Kittes zu Körpern von ver¬ schiedener Form, Größe, Farbe verbunden werden, und ihre Entstehung einem krankhaft beschaffenen, viel oder leicht trennbare Salze und Säu¬ ren, besonders Harnsäure enthaltenden Harne verdanken, aus dem sich diese salzigen Bestandtheile niederschlagen und mit dem Schleim, aus¬ geschwitzter Lymphe, genommenem Blut u. dgl. zu größer» oder kleinern Steinen krystallistren. Über die Gelegenheitsursachen, welche die Harn¬ steine erzeugen, weiß man nichts Bestimmtes anzugeben, obgleich man vorzüglich saures Heu und hartes, viel erdige Theile enthaltendes Was¬ ser beschuldigt. Da jedoch iu vielen Gegenden nichts als saures Heu gefüttert wird, und in vielen Orten die Thiere nur hartes Wasser zu trin¬ ken bekommen und hier dennoch die Steinkrankheiten höchst selten vorkom¬ men, so ist man genöthigt, eine besondere Anlage mancher Thiere zu dieser Krankheit anzunehmen, die man übrigens nicht genan kennt. Überhaupt sind die Steinbeschwerden bei Thieren viel seltener als bei Menschen, erstlich weil die Harnsteine bei jenen viel seltener vorkom¬ men als bei diesen, nnd zweitens, weil die Stellung der Harnblase und des Blasenhalses bei den Thieren ganz anders, als bei Menschen ist; bei Thieren liegt sie mehr wagrecht, bei Menschen steht sie senkrecht; die Steine, die vermöge ihrer Schwere immer die tiefsten Stellen einneh¬ men, lagern sich beim Menschen gerade vor den Blasenhals, was bei Thieren nicht so sehr der Fall ist. Die Operation, um die in der Blase befindlichen Steine zu ent fernen, ist der sogenannte Blasenschnitt, wobei man entweder durch den Mastdarm oder durchs Mittelfleisch einen Einschnitt in die Harn blase macht, und dann ein Instrument einführt, womit man die Steine entweder ganz wie sie sind herauonimmt, oder sie vorher in der Blase zermalmet oder zerstückelt. Da aber die Operation bei Pferden in der Wirklichkeit nicht so leicht auszuführen ist, als dieß in den Büchern an gegeben ist (man bedenke nur das Operiren durch den Mastdarm!), da .803 sie ferner immer wegen der bedeutenden Verletzungen, die man machen muß, mit großer Gefahr verbunden ist und wenn sie auch glücklich voll¬ führt wird, unheilbare Harn- und Mastdarmfisteln zur Folge hat, so ist leicht einzusehen, warnm die Steinoperation bei Pferden höchst sel¬ ten unternommen wird. Es ist daher viel rathsamer, diese gefahrvolle und nicht Nutzen bringende Operation lieber, außer auf nachdrückliches Verlangen des Eigenthümers, gar nicht zu unternehmen und nur gegen die Entzündung die nöthigen Mittel anzuwenden; denn ersolgtderTod des Thieres bald nach der Operation, so wird wohl gar die Schuld dem operirenden Thierarzte zugelegt; bleibt aber das Thier am Leben, so sind unheilbare Harn- und Kothfisteln die Folge, wofür der Eigen- thümer dem Thierarzte auch wenig Dank zollen wird. Über die Aus¬ führung dieser Operation gibt jede praktische Chirurgie oder Operativns- lehre die nöthige Anweisung, die wir hier übergehen, weil die Ope¬ ration nicht Jedermanns Sache seyn soll. — Wären Steine in der Harnröhre, dann ist ihre Entfernung durch den Harnröhre ri¬ sch nitt, mittelst eines Längenschnittes über die Geschwulst der Harn¬ röhre nicht schwer, und mit anatomischer Kenntniß unternommen, da¬ mit die Schlagader und die größer» Nerven nickt verletzt werden, auch gefahrlos. Bei der Nieren- und Blaseneutzünduug muß nachdrücklichst vor allen harntreibenden Mitteln gewarnt werden, die gemeine Cur- pfuscher so häufig anwenden, wenn die Thiere nicht harnen können, ohne zu bedenken, worin der Grund der Harnverhaltung liegt. Alle solche Mittel schaden hier außerordentlich, denn sie reiz en die entzündeten Harnwerkzeuge noch mehr, und werden bei allem dem keine Harnentleerung erzwingen, weil, so lange die Stieren oder Blase entzündet sind, auch ihrer Verrichtung (Harnabsonderung und Harnaus¬ sonderung) unterbleibt, die nur daun wiederkehrt, wenn die Entzün¬ dung durch die angegebenen entzündungswidrigen Mittel gehoben ist. So wie vor den harntreibenden Mitteln, eben so muß vor dem zu früh¬ zeitigen Gebrauch zusammenziehender Mittel so lange gewarnt werden, als der blutige Harn noch Folge einer Entzündung ist, die durch die zusammenziehenden Mittel verschlimmert wird. Ist aber das Fieber ganz oder größtcntheils verschwunden, hat sich der örtliche ent¬ zündliche Schmerz verloren, ist das Blutharnen deßhalb nur in Folge großer Erschlaffung der Blutgefäße langwierig, oder ist Schleimse- c re tio n vderEiterun g in den Nieren oder der Blase eingetreten, und dieses durch den schleimigen oder eiterigen Bodensatz des Harns ange¬ zeigt, dann sind die sogenannten zusammenziehenden Mittel am rechten Orte, und unter diesen Eichenrinde (statt vielen ande- 304 rer Rinden oder Wurzeln), der rohe Alaun, Eisenvitriol, Bl e i z n ck e r, S t a h lschw e fel, und zum Getränk das Löschwas- se r, die vorzüglichsten. Die Receptformeln sind beim Durch fall angegeben worden. Gegen Verjauchung oder Brand sind alle Mittel fruchtlos, und da werden weder die zusammenziehenden, noch die geist i- gen und belebenden Mittel oder M in era lsä ur en helfen. Was endlich bei Nieren - und Blasenentzündung die diäteti¬ schen Mittel anbelangt, so lasse man die Thiere in voller Ruhe stehen, weil Bewegung schadet, und gebe ihnen wenig zu fressen, da¬ mit nicht die Überfüllung des Magens und der Gedärme durch Druck und größere Unordnung der Blutcirculation nachtheilig auf die kran¬ ken Harnwerkzeuge wirke. Ein warmer Aufenthalt ist bei Nieren¬ oder Blasenentzündnngen aus Verkühlung vorzüglich zu beobachten, und was die Menge des Getränkes anbelangt, so empfiehlt fick bei Nierenentzündungen ans Rücksicht der vierten Heilbedingung w e- niges Getränk, doch dürfen die Thiere auch keinen Durst leiden; bei Blasen entzündungen aber kann man sie schon mehr trinken las¬ sen , weil der durch vieles Wasser verdünnte Harn seine Schärfe da¬ durch mehr verliert, und gleichsam als innerliche erweichende Bähung, die Entzündung der Blascnschleimhant mildert, und so die dritte Heil¬ bedingung erfüllt. 2. B l n t h a r n e n. Nachdem die Nieren-, Harnleiter- und Blasenentzündung samint ihren Aus- und Übergängen besprochen wurde, ist es kaum notbwen- dig, das Blutharneu einzeln für sich abznhandeln, da man daraus er¬ sah, daß das Blutharnen immer nur ein Symptom einer Blntco re¬ ge st i o n, E n tz ü n d u n g oder einiger ihrer Übergänge (Eiterung, Verjauchung, Brand) der genannten Harnwerkzengc, am seltensten der Harnröhre, sey. Da nun das Blutharnen (der rothgefärbte Harn bei Entzündung anderer Organe gehört nicht dazu), entweder die Folge 1) einerheftigen activenBlutcong estio n, 2) einer bedeuten- denEntzündung, 3) einer Zerreißung der Blutgefäße, 4) einer großen Erschlaffung der Blutgefäße und passiven Blutcongestion, oder 5) einer Vereiterung, 6) Verjauchung oder 7) des Brandes ist, so geht daraus von selbst hervor, daß die Behand¬ lung des Blutharnens nicht immer die nämliche scyn kann, und auch die Prognose darnach verschieden ausfallen müsse. Will man also 305 beim Blutharnen das wahre Mittel treffen, so muß man vorzüglich darauf sehen: 1) ob das Leiden ganz n en ist oder schon lä n gere Zeit anhält, 2) ob die entzündlichen Erscheinungen des Locallei- dens heftig sind oder nicht, oder ganz fehlen, 3) ob ein heftiges oder nur geringes oder gar kein Fieber zugegen ist, 4) welche Krank¬ heit s p r o d u c t e der Harn noch nebst dem Blute mitführt, 5) welche Ursachen es erzeugt haben. Nimmt man auf diese 5 Hauptpuncte Rücksicht, so wird man zwi¬ schen den entzündungswidrigen, zusammenziehenden, die Schleim secretion beschränkenden, die Eiterung bekämpfenden Mitteln u. s. w. die rechte und keineswegs gleichgültige Wahl treffen und die passenden Heilmittel anwenden, wie sie bei der Nieren- und Blasenentzündung angegeben wurden, als deren Folgeleiden das Blut- harnen meistens zu betrachten ist. 3. Harnverhaltung. Wenn der Harn entweder gar nicht, oder nicht in gehöriger Menge, nicht in gehöriger Ordnung oder mit der gehörigen Leich¬ tigkeit abgeht, so belegt man diese Zustände im Allgemeinen mit dem Namen Harnverhaltung, obgleich diese Benennung mit Recht nur für jene Fälle paßt, wo wirklich Harn vorhanden ist, dieser aber nicht gehörig entleert werden kann. Es ist daher keine nutzlose Eintheilung, wenn man drei verschie¬ dene Arten der Harnverhaltung unterscheidet: t) Das Schw erharn en, wobei der Harn nur mit Mühe und Anstrengung ausgeleert wird, der Reiz zum Harnen aber nach erfolg¬ ter Ausleerung aufhört; 2) den Harnzwang oder die Harnstrenge, wo auch der Harnabgang mit Anstrengung und Schmerz nur tropfenweise erfolgt, dabei aber oft ein wiederkehrender oder beständiger Drang zum Urinlassen auch nach der Ausleerung zurückbleibt; 3) die eig en tliche Harnv erhaltung, wobei gar kein Harn abgeht, weil entweder 1) keiner in den Nieren abgesondert wird und die Harnblase leer ist, oder 2) Harn in den Harnleitern oder in der Harnblase sich befindet, dieser aber wegen daselbst stattfindender Hindernisse aus denselben nicht ansgesondert und entleert wer¬ den kann. Aus der Berücksichtigung dieser drei Arten der Harnverhaltung geht deutlich hervor, daß die Ursache derselben entweder in den harn- absondernden(Nieren); harnleitenden(Harnleitern); harn- Vleiweis Heilverf. 5. Aufi. 20 306 ausbew ährend en (Harnblase) oderh a rnausfüh r en d en (Harn¬ röhre) Organen liege, und daß rücksichtlich einer zweckmäßigen und glück¬ lichen Behandlung die Eintheilung in die Harn v er haltun g wegen Nieren-, Harnleiter-, H arnbla se- oder Harnröhrekrank¬ heiten keine zwecklose sep. Immer muß der verständige Thierarzt die wahre Ursache aufzufinden sich bestreben, und ja niemals alle Harn¬ verhaltungen nach einem Leisten behandeln. Wir werden zum Behufe einer richtigen Diagnose und zweckmäßi¬ gen Behandlung alle Umstände, unter denen Harnverhaltung unter der genannten dreifachen Form eintreten kann, insbesondere anführen, weil wir aus Erfahrung wissen, daß kaum bei einem Leiden so viel ge¬ pfuscht wird, wie bei diesem. 1) BeiNierenentzündungenwird kein oder nurwenig Harn abgesondert; die Thiere haben demnach nur wenig oder (besonders, wenn beide Nieren entzündet sind) gar keinen Harn zu entleeren und die Harnblase ist leer, weil die Verrichtung der Nieren durch Entzündung oder ihre Übergänge gestört oder ganz aufgehoben ist. Die Erkenntniß dieser Art Harnverhaltung geschieht durch die Merkmale der Nieren- entzünd» n g, und die Behandlung in einem solchen Falle muß sich ein¬ zig und allein auf die Nierenentzündung erstrecken; alle andern Mittel sind unnütz und sogar schädlich. 2) Bei Entzündung der Har »leit er, der H a rnbla se (beson¬ ders des Blasenhalses) oder derHarnröhr e wird zwar Harn in den Nieren abgesondert, allein er kann wegen entzündlicher Verschwellung dieser Harnwege nicht ausgesondert und entleert werden. Dabei ist (mit Ausnahme der seltenem Harnleiterentzündung) die Harnblase voll, und in einem solchen Fall einer wirklichen Harnverhaltung stehen die Thiere mit den Hinterfüßen breit, heben den Schweif, stellen sich oft zum Har¬ nen, sind unruhig wie bei der Kolik, und können nur wenig krankhaft veränderten, oft blutigen u. s. w. oder gar keinen Harn entleeren. Durch diese Erscheinungen, ferner durch die Gegenwart entzündlicher Merk¬ male, und eines mehr oder weniger heftigen Fiebers, und durch die Un¬ tersuchung der Blase durch den Mastdarm überzeugt man sich von dieser Art Harnverhaltung (Unterdrückung der Harnaussonderung); indem man durch den Mastdarm die Blase wie eine große schwappende oder ganz harte Kugel ausgedehnt findet. Auch hier muß die Behand¬ lung ent zündungs widrig, d. h. gegen diese Entzündungen gerich¬ tet seyn (Blutentleerung, schleimige Mittel, schleimige Bähungen, Dunst¬ bäder, ölige Klystiere). Entzündungen der Harnröhre oderdes Schlauchs (Vorhaut) erfordern ein ruhiges Verhalten desThieres, ein lo¬ ckeres Aufbinden des geschwollenen Schlauchs, vielschleimiges 307 Getränk, weil es beim Durchgang durch die Harnröhre als innere er¬ weichende Bähung dient; lauwarme, schleimige Bähungen des Schlauchs, unter den Bauch gestellte und an den Schlauch geleitete Dunstbäder, ölige oder Sei fen klystiere, und wenn die Entzün¬ dung im hohen Grad zugegen ist und bedeutende Zusammenschnürungen der zurückgezogenen Vorhaut (Schlauch) hinter der Eichel (pgrnplii- mosis, spanischer Kragen) — oder vor der Eichel (Mmosis) statt¬ finden, selbst oberflächliche Ein sch n i tte oder Scarificationendcr entzündlich geschwollenen Vorhaut. Die Entstehung dieser Zufälle rührt mitunter von den Reizmitteln her, die man den Thieren in den Schlauch oder in die Harnröhre steckt, um sic bei der Kolik zum Strahlen zu bringen. Von einer künstlichen Entleerung des Harnes mittelst des C a the- ters kann, wenn die Harnröhre oder der Blasenhals entzündet und verschwollen find, kein Rede seyn, weil bei solchen Umständen die ent¬ zündeten Schleimhäute durch den Eatheter noch mehr gereizt werden, die Entzündung verschlimmert wird und gefährliche Übergänge, sogar in Brand, dadurch veranlaßt werden können. Bei gefahrdrohender Überfül¬ lung der Blase wäre in einem solchen Falle der Bl äsen st ich das ein¬ zige Rettungsmittel, eine Operation, die in der Ausführung fast eben so große Schwierigkeiten und in ihren Folgen die nämlichen Nachtheile wie der Blasenschnitt darbietet. Etwas Näheres über den Blase li¬ st ich weiter unten. 3) Organische Fehler, z. B. Verhärtungen, Auswüchse und Anschwellungen um den Blasenhals, im Schlauch, in der Harn¬ röhre, durch ausgeschwitzte Lymphe in Folge vorausgegangener Ent¬ zündung , Melanosen, polypöse Wucherung u. dgl. verhindern den freien Durch- und Ausgang des Harnes und sind dadurch zu er¬ kennen, wenn ohne entzündliche Erscheinungen die Harnbeschwerden bei jeder Entleerung wiederkehren und sich immer gleich bleiben, auch keine Spnr von Harnsteinen vorhanden ist. Diese bei Thieren sehr seltene Art der Harnverhaltung ist unheilbar, wenn das Hinderniß im Blasenhalsc liegt; — auch die Verengerung der Harnröhre (Strictur), wovon man sich durch die Untersuchung mittelst einer elastischen Sonde am besten überzeugt, bleibt unheilbar, wenn es nicht gelingt, mittelst mit Ätzmitteln (Höllenstein, Ätzsteiu u. dgl.) versehenen Bougien die Auswüchse in der Harnröhre zu zerstören und dadurch die na¬ türliche Öffnung nach und nach herzustellen; — sind es warzige Aus¬ wüchse, Melanosen u. dgl. im Schlauche, wodurch das Ausschachten und freie Harnen gehemmt wird, so können auch nach Befund der Sache 2» ' 308 Messer, Ätzmittel oder Glüheisen die 2. und 3. Heilbedingung erfüllen und das Hinderniß heben. 4) Harnverhaltung kann auch eintreten, wenn sich Harnsteine in den Urinwegen vorlagern und mechanisch den Durchgang des Harnes verschließen. Diese Art Harnverhaltung durch Harnsteine kann von Ent- zün düng begleitet seyn, oder auch ohne diese eintreten und wie¬ der vergehen, wenn die Steine, zumal in der Blase, ihre Lage verän¬ dern. Wären Steine in der Blase die Schuld der Harnverhaltung, deren Gegenwart sich schon durch östern Abgang kleiner Steine, gries- oder pulverartiger Massen, durch ost wiederkehrendeHarnbeschwerde und durch Völle der Mase bei der Untersuchung durch den Mastdarm zu erkennen gibt, so empfiehlt man die Einführung einer ein geölten und am Ein¬ führungsende mittelst eines Siegellackknöpfchens zugerundeten Baßgei¬ ge nsaite oder eines aus Gummi-Elasticum verfertigten biegsamen Catheters durch die Harnröhre bis in die Blase, um dadurch die vorliegenden Steine bei Seite zu legen oder zurückzuschiebeni, und auf diese Weise für einige Zett den freien Harnablaß zu bewerkstelligen. Die¬ ses Mittel bringt jedoch nur zeitweise Hülfe; lagern sich die Steine wieder vor, so ist das nämliche Übel wieder da und gründliche Heilung könnte nur der Bl asensch nitt und die Herausnahme der ganzen oder vorher zermalmten Steine verschaffen; eine Operation, die schwer und gefahrvoll ausznführen ist, und wenn sie auch glücklich ausgeführt würde, meistens unheilbare Harn- oder Mastdarmfisteln zur Folge hat. Die Stelle, wo man den Blasenschnitt bei Thieren unternimmt, ist 1) ent¬ weder bei Hengsten und Wallachen der M astd arm, bei Stuten die Scheide oder 2) das Mittelfleisch dicht unter dem After. Am Bauche oberhalb der Schambeinvereinigung könnte man freilich am näch¬ sten zur ausgedehnten und deßhalb schon mehr in derBauchhöhle gela¬ gerten Blase gelangen, allein bei Thieren wird dieser Ort zum Blasen¬ schnitt ^oder Stich deßwegen nicht gewählt, weil er als der unterste und tiefste, beständig durch den daselbst angesammelten und hier ausfließendcn Harn gereizt, niemals zur Verheilung zu bringen wäre und unheilbare Fisteln die sichere Folge wären. Obgenannte Stellen bleiben daher bei Thieren in solchen Fällen die gewöhnlichen Operationsstellen, allein wenn man bedenkt, wie viele Theile man dabei verletzen muß, bis man durch sie zur Blase gelangt und wie schwierig die Operation durch den Mastdarmoder die Scheide ist (der je die Hand in den Mastdarm eines Pferdes geführt hat und deren Einschnürung daselbst verspürte, wird dieß bestätigen), so wird man sich überzeugen, daß sich viele Operationen bei Thieren in Büchern sehr schön beschreiben lassen, die aber nur die Sache weniger, höchst geübter Thieroperateure sind. 309 Wären Harnsteine in den Nieren oder in den Harnleitern die Ursache der Harnverhaltung, dann kann keine Operation helfen; wä¬ ren sie (was Lei den Pferden höchst selten, beim Rind häufiger vor¬ kommt) in der Harnröhre, dann kann der Harnröhrenschnitt Hülfe schaffen. 5) Bei jeder bedeutenden Kolik ist angeblich Harnverhaltung zugegen, doch kann man sie selten eine wahre Harnverhaltung nennen, denn die Harnblase ist (wie dieß bei der Kolik besprochen wurde) mei¬ stens leer oder nur sehr mäßig gefüllt. Das häufige Stellen zum Harnen ist gewöhnlich nur ein krankhafter, von den Gedärmen auf die Blase verbreiteter Reiz und wegen Leere der Harnblase fruchtloser Harnzwang, der, sobald die Kolik gehoben ist, von selbst verschwindet. Gegen eine solcheHarn Verhaltung brauchtderThier- arzt nichts zu thun, denn sie ist nur Folge der Kolik; hat er die Kolik beseitigt, so hat er auch die Harnverhaltung geheilt und somit mit den nämlichen Mitteln zwei Krankheiten zugleich gehoben, weil dem Mist¬ abgang bald der Harn nachfolgt. Sollte aber doch auch der Fall ein¬ treten, daß die Mistverhaltung eine Harnverhaltung erzeugen würde, wenn die in den dicken Gedärmen angesammelten Mist- oder Windanhäufungen entweder auf die Harnleiter oder auf die Harnblase drücken und somit, wegen dieses Druckes auf die Harnleiter oder Blase, Harnverhaltung entsteht, so werden auch hier die nämlichen Mittel helfen, die die Mistentleerung befördern und die Kolik heben, als Abführmittel, salzige Klystiere und das Ausräumen des Darminhalts mittelst einer wohlbeölten Hand, mit der man zugleich einen mäßigen Druck auf die untere Waud des Mastdarmes und durch diesen auf die Blase ausübt, wodurch die Harnentleerung sehr erleich¬ tert wird. Dieses Ausräumen ist in solchenFällen sowohl für die Mist- als auch Harnentleerung sehr wirksam und verdient die öfteste Anwendung. Man ersieht aus dem eben Gesagten, wie sinnlos und lächerlich das Emiren einersolchenKolik-Harnverhaltung mitden verschiedensten harn¬ treibenden Mitteln sey, und daß hier weder Pfeffer, noch Salz, Schnupf¬ tabak, Kellerwürmer und noch andere ekelhafte Jnsecten und Würmer helfen können, die unwissende Leute so häufig anwenden und den männ¬ lichen Thieren in die vordere Mündung der Ruthe, den Stuten in die Scheide stecken; sie reizen nur die Stellen, wo man sie anbringt, und bringen oft bedeutende Entzündungen derselben hervor; dieHauptsache aber, die Mistentleerung nämlich, wird um nichts befördert. Es soll sich daher ein verständiger Thierarzt nie mit solchen Kutscherpfusche¬ reien besudeln! Viel unschuldiger als diese Mittel sind andere Haus- 310 mittel, deren Gebrauch ohne Nachkheil verbunden ist, z. B. das Anpfei¬ fen des Pferdes; das Unterstreuen von etwas Stroh oder Heu; das Stehenbleiden bei andern strahlenden Pferden, das Uriniren des Kut¬ schers selbst; das Stellen auf frischen Schafmist u. s. w. 6) Zuweilen tritt wahre Harnverhaltung ein, wenn das Pferd, wie man sagt, das Stallen üb er geht, wenn man ihm während des Fahrens oder Reitens gar nicht Zeit läßt zur erforderlichen Harnent¬ leerung. In einem solchen Falle sammelt sich der Harn in großer Menge in der Blase an und erzeugt entweder 1) durch die chemische oder mecha¬ nische Rückwirkung des lange zurückgehaltenen Harnes eine entzündliche Reizung der Blase, die, wenn sie vorzüglich im Blasenhalse stattfindet, eine krampfhafte Zusammenziehung des Blasenhalses und Harnverhaltung bewirkt; oder 2) die von einer großen Menge Harns ausgedehnte Blase verliert die Kraft, sich zusammenznziehen und verfällt endlich selbst in Lähmung, welcher Unfall nebst der Harnverhaltung oft zugleich eine Lähmung des ganzen Hintertheils herbeiführt; wenn endlich 3) die Menge des in der Blase zurückgehaltenen Harns gar groß ist und die Ausdehnung derselben den höchsten Grad erreicht, so erfolgt Berstung der Harnblase, und der Harn ergießt sich mit schnell tödtlichem Erfolge in die Becken- und Bauchhöhle. In allen diesen Fällen wird sich kolikähnliche Unruhe des Thieres beigesellen und die Entscheidung, ob wirkliche Kolik, oder Harnverhaltung die Hauptkrankheit sey, etwas erschweren. Die richtige Diagnose wird aber dadurch erleichtert, wenn man die ver an¬ lasse ndeUrsache erforscht und sich von der Völle oder Leere der Blase durch die Untersuchung durch den Ma st darm überzeugt. Hat das Pferd zum Harnen Zeit genug gehabt, ist ein Fütterungsfehler oder Verkühlung die wahrscheinliche Ursache, ist die Mistentleerung ganz aufgehoben und wird die Blase nicht ausgedehnt gefunden, so ist die Krankheit die gewöhnliche und wahre Kolik. Ist aber das Thier beim lange anhaltenden Fahren oder Reiten im Harnen verhindert worden, und findet man durch den Mastdarm die Blase wie eine harte, schwap¬ pende Geschwulst heraufragen und größtcntheils schon in der Bauch¬ höhle liegen, so ist die Krankheit wirklich Harnverhaltung, von der hier die Rede ist, und alle übrigen Krankheitserscheinungen, z. B. die große Unruhe«, s. w., sind nur die Folge dieser Harnverhaltung. Ist die Blase ganz voll und sehr ausgedehnt, so drückt sie dadurch auch ge¬ gen den Mastdarm und kann Mistverstopfung erzeugen, wie umgekehrt der mit Mist vollgefüllte Darmcanal durch den Druck auf die Harnblase Harnverhaltung bewirken kann. In allen Fällen solcher wirklicher Harn¬ zurückhaltung in der Blase ist zuvörderst der Abfluß des angesammelten 311 Harns möglichst schnell zn bewirken, um dadurch der übermäßig ausge¬ dehnten, geschwächten oder ganz gelähmten Blase ihre natürliche Spann¬ kraft wieder zu verschaffen. Zerreißung der Blase ist immer tödtlich. Um die Harnblase zu entleeren, ist vor Allem die wohlbeölteH an d in den Mastdarm einzusühren, sie vor dem, durch die volle Blase daselbst gebildeten Vorsprunge anzulegen, und von vom nach hinten langsam und sanft (damit die Blase nicht berste) zu drücken, worauf der Harn meistens ausfließt. Nebst dieser Manipulation sind reizende Salz-, Seifen- oder auch Tabakklystiere die vorzüglichsten Mit¬ tel; sie reizen den Darmcanal und vermindern dadurch gleichsam revelli- rend den Reiz und Krampf des Blasenhalses, der ost die Ursache der Harnverhaltung ist, und auch durch Dunstbäder an den Bauch ge¬ leitet, vermindert wird. Bei Lähmung der Blase können die Klystiere natürlich weniger leisten, doch sind auch hier vorzüglich Tabakkly- stiere nicht außer Acht zu lassen. Die Entfernung des Harns gelingt mit einem elastischen C a th eter, der bei weiblichen Thieren leichter an¬ zuwenden ist, als bei männlichen, immer aber eine gehörige Bemei- sterun g der Thiere mit der Vorsicht erfordert, daß Kranke mit einer sehr ausgedehnten Blase nicht gewaltsam geworfen werden, damit die Blase nicht berste. Oft wird sich die lähmungsartige Schwäche dann von selbst verlieren, wenn die übergroße Ausdehnung der Blase durch den Harnabfluß wieder beseitigt ist, und die Blase ihreZusammenziehungskraft größtentheils wieder erhält. Sollte die lähmnngsartige Schwäche der Blase auch nach der Ent¬ leerung zurückbleiben, und sich durch oft wiederkehrende Harnverhaltung oder unwillkürlichen Harnabgang ohne Schmerzen und Fieber zu erken¬ nen geben, so empfehlen sich stärkende, belebende und zusam¬ menziehende Mittel, z. B. Baldrian, Arniča, Kampher, Eichenrinde, Stahlschwefelund andere Eisenmittel, zum Getränke das Loschwasser und ein nahrhaftes Futter. Im höchsten Grade einer vollkommenen Lähmung ist wenig Hoffnung zur Heilung vorhanden, und in einem solchen Falle sind, nebst Tabakklystieren und wiederholter Anwendung des Catheters, um die Harnentleerung zu bewerkstelligen, jene Mittel anzuwenden, die bekanntlich eine eigenthümliche reizende Wirkung auf die Harnwerkzeuge haben; dazu gehören vorzüglich dasTerpentinöl und die Cantha- riden, die man äußerlich als Bespritzung oder Einreibung in den Unterleib oder indasRückgrath, und innerlich als Bissen in folgender Form anwendet; z. B. Terpentinöl 1 Loth, Cantha- ridenpulver tOGran mit Mehl oder Eibischpnlver zu einem Bis¬ sen geformt, einmal des Tages einzugeben, und durch mehrere Tage zu 312 wiederholen, wenn nicht etwa entzündliche Reiznng des Maules, Ma¬ gens oder der Gedärme, Kolik u. dgl. den fortgesetzten Gebrauch ver¬ bieten. Überhaupt sind diese harntreibenden Mittel selten an gezeigt und ihre Anwendung ist nur mit großer Vor¬ sicht und genauer Prüfung des Krankheitszustandes erlaubt. Bei Berstung drohender Harnverhaltung, wenn mit dem Ea- theter nicht Entleerung bewirkt wird, wäre der Bl a s e nstich an d en- selben Stellen wie der Blasenschnitt mittelst eines Troicarts, der beim Blasenstich durch den Mastdarm ein rundlichgebog ener ist, vorzunehmen, und die Röhre nach herausgezogenem Spieß bis zum Abfluß des Harns darin zn belassen. Zirm größten Glück hat man es selten nöthig, sowohl vom Catheter, Blasenstich, als auch Blasen- schnitt Gebrauch zu machen, weil die Fälle äußerst selten sind, die ihren Gebrauch, wenn man nicht etwa zu geschäftig seyn will, unbedingt for¬ dern. An unserer Klinik sind alle diese Operationen wahre Selten¬ heiten, und das Einführen der Hand in den Mastdarm, und ein vorsichtiges Drücken auf die Blase, reizen d e Kl ystiere, Ab¬ führmittel und andere Kolikmittel haben uns noch immer die besten Dienste geleistet. 7) Seltener wird eine sehr dickeBeschaffenheitdesHarns in Folge anderer Beimengung, z. B. eines zähen Schleims, geronne¬ nen Bluts«, dgl., Harnverhaltung bewirken. Vieles Getränk, was den Harn flüssiger macht, und sonstige; weckmäßige Behandlung der krankhaften Schleimabsonderung, der Erschlaffung und Blutaussickerung in Nieren, Harnleitern oder Blasen, s. w. wird hier das Meiste leisten. Wenn pulverförmige Niederschläge der Harnsteine den Harn verdicken und die Entleerung erschweren, so wird auch hier vieles Ge¬ tränk, zuweilen in Verbindung mit 1 Seitel Kalkwasser, welches bei Steinkrankheiten die größte auslösendeWirksamkeit besitzen soll, das Vorzüglichste der Behandlung seyn. 8) Schmerzhafte Krankheiten anderer Organe, z. B. heftige Kopf-, Brust- oder Bauchleiden, sind zuweilen Ursache, daß die Thiere nicht mit dem gehörigen Nachdruck auf die Blase wirken, und ihren In¬ halt entleeren können, weil die Anstrengung die anderweitige» Schmer¬ zen vergrößert. In diesem Falle untersuche man die Blase, ob sie w i r k- lich mit Harn vollgefüllt i st oder nicht, und ob das Thier schon kolikartige Schmerzen äußert oder nicht? Ist die Blase nicht ausgedehnt, und das Thier ruhig, so lasse man die Sache gehen, denn es ist bekannt, daß Leihestigen Entzündungen des Gehirns, der Lunge, der Gedärme u. s. w. die H arn a b so n d erun g sehr vermindert ist, weil das meiste Blut in einem solchen Falle zu den entzündeten Gebilden 313 hinströmt. Wäre aber die Blase sehr ausgedehnt, und finge das Thier unruhig zu werden an, so ist das vorsichtige Drücken auf die Blase, reizende Klh stiere, im Nothfalle auch der Eath eter anznwenden, und die Entzündung oder ihre Übergänge anderer Organe mit den zweck¬ mäßigen Mitteln zu behandeln. 9) Harnverhaltung in Folge allgemeiner Lähmung durch Schlag- sluß erfordert die Behandlung des Schlagflufses, der in der Regel jeder Kunsthülfe trotzt, und meistens mit dem Tode endigt. Gelänge es aber, das Gehirnleiden zu heben, undbliebenur die Lähmung der Harn¬ blase als Nachkrankheit zurück, so ist die Behandlung dieser einzelnen Lähmung so einzuleiten, wie sie schon oben bei der Lähmung der Blase angegeben wurde. 4. Harnsluß, auch Harnruhr, Lauterstall, kalte Pisse u. s. w. genannt. Dieses selten vorkommende und seinem Wesen nach ziemlich un¬ bekannte Leiden ist leicht zu erkennen. Ein mit dieser Krankheit behaftetes Pferd harnt ungeheuer viel und viel mehr, als es säuft; der Stall ist daher immer naß und voll Urin (daher derName La u ter stall), beim Strahlen nimmt oft das Thier nicht einmal die gewöhnliche Stellung an, denn entweder fließt der Harn unwillkürlich, oder der Drang ist so schnell und heftig, daß das Thier gar nicht Zeit hat, sich gehörig dazu zu stellen und aus¬ zuschachten. Der entleerte Harn ist sehr klar, wasserhell, ge¬ wöhnlich geruchlos, zuweilen etwas fade süß schmeckend. Der Durst und die Freßlust sind ungewöhnlich groß, letztere oft auf er¬ dige, bittere, ungewöhuliche Gegenstände hingerichtet. DieThiere s ch w i- tzen fast nie, dabei magern sie immer mehr ab, und werden immer kraftloser, bis sich der faulige oder cachectische Zustand mit allen seinen Erscheinungen im höchsten Grade entwickelt, und dem Leben des Thieres ein Ende macht. Der Verlauf der ganzen Krankheit ist gewöhnlich sehr langwierig. — Mit der Harnruhr ist die Erschlaffung oder Läh¬ mung der Blase, besonders ihres Halses, nicht zu verwechseln, denn hier geht derHarnnicht in ungewöhnlicher Menge und nicht von krankhafter Beschaffenheit ab, sondern der in die Blase gelangte fließt fortwährend, besonders beim Misten ab, weil der Schlie߬ muskel gelähmt ist. Über die Ur fachen des Harnflusses ist wenig mit Gewißheit be¬ kannt. Unter den vorbereitenden Ursachen beschuldigtman eine erbliche Anlage; unter den G e l e g e n h e i t s u rsach e n einen dumpfigen Ha- 314 fer, unreifes, oder sonst verdorbenes Körnerfutter, dumpfiges, verschleim¬ tes, staubiges, faulendes Heu, saure Sumpfgewächse, harntreibende Stoffe, schlechtes, stehendes, verdorbenes, viel salzige Bestandtheile führendes Wasser, und Verkühlungen mit Unterdrückung der Hautaus¬ dünstung. Die nächste Ursache scheint in einer solchen Verletzung oder krankhaften organischen Änderung der Nieren zu liegen, daß ein fortwährenderReizungszustand und vermehrterBlutandrang mit gleichzeitiger Erschlaffung in denselben vorwaltet, was auch die Sectio neu solcher nmgestandenenThiere, in denen man einenn¬ gewöhnliche Schlaffheit, Weichheit, Auflockerung der Nieren, Erweite¬ rung der Blutgefäße, besonders der Venen u. s. w. antrifft, zu be¬ kräftigen scheinen. Die Folge dieser krankhaften Änderung der Nieren ist die in der Menge und Beschaffenheit abweichende Harnabsonderung. Weil aber fast alles Genossene zu dieser krankhaften Harnabsonderung verwen¬ det wird, und der Verlust der nahrhaften Stoffe noch größer ist, als die Einnahme derselben, so ist leicht begreiflich, daß die organische Materie und Kraft schwinden müsse, und der grvßeHunger und ungewöhnliche Durst nur wohlthätige Bestrebungen seyen, das Verlorengegangene zu ersetzen. Die Prognose beim Lauterstall ist ungünstig; denn er führt, wenn er schon lange Zeit dauert, und mit allgemeiner Abmagerung und Kraftlosigkeit verbunden ist, unabwendbar zum Tode. Nur im Anfänge oder bei geringem Grade des Leidens oder bei sehr kurzer Dauer dessel¬ ben kann man noch einige Hoffnung zur Genesung haben. Therapie. Zuerst Entfernung derGelegenheitsursa- ch e n, d. i. des schädlichen Futters und Getränks, welche einen schädli¬ chen Milchsaft geben, der ins Blut ausgenommen, bei dazu disponirteu Thieren wahrscheinlich eine eigenthümliche nachtheilige Wirkung auf die Nieren ausübt. Bei stattgehabten Verkühlungen ist auf die Herstellung der unterdrückten Hautausdünstung vorzüglich Rücksicht zu nehmen, und ein kalter, feuchter Aufenthalt wohl zu vermeiden. Zur Erfüllung der zweiten Heilbedingung empfehlen sich auf die H a utwirken de schweißtreibende Mittel, z. B. Frottirungen, Begießungen mit kaltem Wasser, und darauf angewendetes Frottiren, revellirende Einreibungen (jedoch mit Ausnahme des harntreibenden Ter¬ pentinöls oder der Cantharidcn), innerlich Schwefelleber, Kampher u. dgl. Alle diese Mittel leiten das Blut mehr zu der äußern Haut und verhindern dadurch den größer» Blutandrang zu den Nieren. Zur Erfüllung der dritten Heilbedingung, nämlich Umstimmung der krankhaftprodueircnden Nieren, leisten herbe, zusammenziehende, die Erschlaffung mindernde und stärkende Mittel, z. B. Eich en rind e mit 315 2 Quint! Eisenvitriol, oder eben so viel rohen Alaun oder Stahlschwefel zur Latwerge verbunden und des Tages ein- oder zweimal eingegeben, das Meiste. Als Getränk empfiehlt sich das L ö s ch w a s s e r. Nach einigen Erfahrungen half, wo alles Übrige ohne Erfolg an¬ gewendet wurde, Aloe mit Seife in Pillen gegeben; es stellte sich, wie Nahmdorf versichert, ein anhaltendes Lariren ein, worauf der Harnfluß vollständig aushörte. Die fünfte Heilbedingung wird mit n a h r h a ft e r Fü tt e r n n g, und dievierte Heilbedingung durch Verminderung desGetränks (doch ohne die Thiere übermäßigen Durst leiden zu lassen) erfüllt — wenn anders die Erfüllung dieser Heilbedingung durch Kunsthülfe noch möglich ist. Lähmungen derBlase und dadurch veranlaßtes unwillkürli¬ ches Harnen ist besonders bei alten, schlaffen Thieren unheilbar und die kräftigsten Mittel, als Arnica, Baldrian, Eichenrinde, Eisenmittel, Kampher u. dgl., innerlich gereicht, werden kaum einen guten Erfolg haben, so wenig, als äußerliche geistige und belebende Einreibungen. Achte Abtheilung. Krankheiten der Geschlechtsteile. Die Krankheiten der Geschlechtsorgane der männlichen Thiere übergehen wir, weil sie vorzüglich in das Gebiet der äußerlichen Krankheiten gehören, und bemerken nur, daß man die hier stattfin¬ denden Krankheitsprocesse wieder auf die bekannten Grundleiden: Ent¬ zündung undihre Übergänge, zurücksühren könne, unter welch letzteren Schleimsecretion, seröse und lymphatische Ergie¬ ßung, Verhärtung, Verschwärung die gewöhnlichsten sind, und eine in diesen Zuständen immer rationell angepaßte Behandlung erfordern. Die Krankheiten der Geschlechtsorgane weiblicher Thiere sind selten und finden ihre Veranlassung am gewöhnlichsten in den Begat- tungs- oder Gebäracten, daher sie, entweder als in das Gebiet der Ge- burtshülfe gehörig, oder als Seuchen auftretend, nicht in unsere Ab¬ handlung gehören. So stellt die Entzündung der Gebärmutter mit Bauchfellentzündung verbunden, nach dem Werfen oder Verwerfen er¬ folgend, durch unheilbare Entzündungsübergänge sehr häufig zum Tode führend, das sogenannte Wurffieber (Fohlenfieber u. s. w.) dar; die Entzündung der Scheide und des Tragsackes mit ihren Übergängen (besonders Schleimsecretion und Geschwürbildung) und andern Com- plicationen, nur bei Zuchtthieren beobachtet und durch den Beschälack verbreitet, die sogenannte venerischeKrankheit oderLustseuche der Zuchtpferde, auch Beschäl krankheit, Chan kerseucheu. s. w. genannt, dar, welche beide Krankheitsformen nicht in das Bereich un¬ serer Abhandlung gehören.— Gleiches gilt von den Euterkrankheiten, die man meistens nur nach dem Gebären beobachtet. 1)DieEntzündnngder Gebär mutterundderScheide kann jedoch in seltenen Fällen auch außerhalb der Geburtszeit eintreten, ihren Sitz vorzüglich in der Schleimhaut, in der Muskelhaut, oder im serösen Überzugehaben, und verschiedene Entzündungsübergänge bilden, deren Krankheitsproducte, wenn sie aus der Scham ans Ta¬ geslicht kommen, am besten den Krankheitsproceß verrathen. Die Ent- 317 zü n dun g wird durch die Entzündungsmerkmale verrathen: bei der Gebärmutterentzündung zeigt das Thier eine große Empfindlichkeit in der Kreuz- und Lendengegend und verräth den Schmerz durch Unruhe, Hin- und Hertrippeln, Niederlegen und Aufftehen, Stellen zum Har¬ nen, Ächzen und Stöhnen, Schwanken im Hintertheil, schmerzhafte und wie gelähmte Bewegung; die G eschwulst, Wärme, Röthe, bemerkt man an der geschwollenen, heißen, gerötheten Scheide und Scham. Mangel an Freßlust, Verstopfung, heißes Maul, fieberhafter Puls u. s. w. fehlen nie bei hochgradigen Entzündungen. Macht die Entzündung Übergänge, so verrathen ein blutiger, schleimiger, eitriger, jauchiger, gangränöser Ausfluß aus der Scheide den Zustand. Bei einer alten Stute enthielt die Gebärmutter 16 Pfund krankhaft veränderten Schleim, welcher diese so ausdehnte, daß man das Thier auf den ersten Blick für trächtig hielt. Doch können auch Verhärtungen, wassersüchtige Anschwellungen u. dgl. in der Gebär¬ mutter und in den Eitersäcken als Folgeleiden der Entzündung ent¬ stehen, wobei aber keine sichtlichen Krankheitsproducte zu Stande kommen. Der Verlauf der Entzündung der Gebärmutter und Scheide ist entweder acut und die Thiere gehen oft in ein paar Tagen zu Grunde — oder er ist mehr langsam und chronisch; und C h o n ard beobachtete eine periodische Gebärmutterentzündung mit Eiterung, die alle 30—40 Tage durch 8 Monate sich wiederholte, worauf die Stute genas. Unter den Ursachen spielt die Verkühlung bei der nicht seu- chenartiq auftretenden Gebärmuttercntzündung dieHauptrolle; mecha¬ nische und chemische Verletzungen der Scheide können Entzündun¬ gen dieser erregen. Durch chemisch reizende Stoffe, die man, um bei Koliken die vermeintliche Harnverhaltung zu befördern, den Stuten in die Scham steckt, werden nicht selten Entzündungen derselben her¬ vorgerufen. Die B e h a n d l n n g der Gebärmutterentzündung und ihrer Über¬ gänge richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Heftige Entzün¬ dung fordert frühzeitige B l u t e n tl e e r n n g en, die nach Bedarf wie¬ derholt werden müssen. Ancb D u nstbä d er und e rw e ich e n d e Bä- hungen auf das Euter und die Hintere Bauchgegend sind so wie re- vellirende Einreibungen in diese Banchgegend und lauwarme schleimig-ölige Klystiere von gutem Erfolge. Innerlich reicht man ent¬ zündungswidrige Salze, Bittersalz, Salpeter u. dgl.; gegen Entzün¬ dungsübergänge Brechweinstein, Calomel, Kampher u. dgl. Vie¬ les Getränk und Futterabbruch oder weiches, leicht verdauliches Futter. 318 Auf Mistentleerung muß vorzüglich gesehen werden, um die Blutcircu- lation im Bauche frei zu machen und also Congestionen zum kranken Organ zu verhüten. Bei Entzü n du n gen der Scheide sind nach Entfernung der mechanischen oder chemischen Ursache laue Einspritzungen von schleimigen Abkochungen oder guten nicht ranzigen Ölen von gutem Nutzen. Kommen Krankheitsproducte der Entzündungs¬ übergänge zum Vorschein, dann sind die einzuspritzenden Flüssig- keiten nach dem stattfindenden Grundleiden, z. B. aus zusammenzie¬ henden, umstimmenden n. dgl. Arzneimitteln zu wählen. Immer aber suche man heftiges Reizen der kranken Schleimhäute zu vermeiden, welche Vorsicht auch von der Application der Einspritzungsgeräthe gilt. 2) Die Entzündung des Euters, die am häufigsten durch Stockung der nicht entleerten Milch, dann durch Verkühlung, große Un¬ reinlichkeit und mechanische Gewaltthätigkeiten, z. B. Druck, Stoß, Hieb u. dgl., entsteht, ist aus den 5 Entzündungsmerkm a len so leicht zu erkennen, daß wir die Beschreibung ihrer Krankheitszufälle füglich übergehen können. DieÜbergänge der Entzündung, wenn sie nicht zertheilt wird, sind wie bei allen drüsigen Organen am häufigsten in Verh ärtun g größerer oder kleinerer Partien (Knoten), auch in E i t e rung, Ver¬ schwärung. — Verhärtungen (Knoten) erkennt man aus dem Nachlassen der Entzündungsmerkmale und Zurückbleiben einzelner harter schmerzloser Stellen, selten des ganzen Euters. — Eiterung ist zu erwarten, wenn sich die Entzündungsgeschwulst nicht zertheilt und diese und der Schmerz immer größer wird, bis Eiter sich gebildet hat, wobei die Schmerzen Nachlassen und man an der sonst harten Stelle das Schwap¬ pen oder Fluctuiren der eiterigen Flüssigkeit bemerkt. Die P r o g n ose ist in der Regel günstig zu stellen; gefährlich für das Leben ist die Euterentzündung bei Stuten nicht; wohl kann die Ver¬ härtung oder Eiterung eine Partie der Milchdrüsen zu ihrem Geschäfte untauglich machen, wenn die Stute eine Zuchtstute ist, bei welcher aber Euterverhärtungen, nach Tenneker's Beobachtung, durch nichts so sicher und vollkommen geheilt werden, als wenn die Stute wieder träch¬ tig wird und ihr Fohlen säugt, wo sie dann unvermerkt und vollkom¬ men von selbst vergehen. DieBehandlung der Euterentzündung ist nach ihren veranlas¬ senden Ursachen verschieden. Immer sind die äußerlichen und örtlichen Mittel die Hauptsache. Ist S t v ck u n g der Milch die Euterentzündung, so darf das Aus¬ melken der Milch nicht ganz unterlassen werden, obwohl es schmerzhaft 319 ist und muß deßhalb mit Schonung geschehen. Die sonstigen Mittel sind: Dunstbäder und erweichende Bähungen, z. B. aus Abkochungen von Eibisch, Leinsamen, Käspappel u. dgl., wobei aber stets darauf gesehen werden muß, um die gehörige gleichmäßige Tempe¬ ratur während des Badens und nach dem Baden zu beobachten. Auch das Einschmieren des Euters mit Eibischsalbe ist Vortheilhaft. Reizende Salben oder kalte Umschläge sind in solchen Fäl¬ len nachtheilig. — Ähnliche Behandlung ist auch bei Euterentzün¬ dung durch Verkühlung einzuleiten. Sind äußerliche Gewaltthätigkeiten, z. B. Stoß, Druck u. dgl., die Ursache der Entzündung, dann sind kalte Um¬ schläge oder Bähungen mit dem sogenannten einfachen Ory- crat, bestehend aus Salmiak 4 Loth, Weinessig nnd Wasser von jedem 1 Maß, angezeigt, die aber nicht zu lange fortgesetzt werden dürfen, um nicht die Verhärtung des Euters zu befördern. Auch Anstriche von Lehm und Wasser sind in solchen Fällen am rechten Platz. Sind chemische Ursachen, z. B. Schmutz, Unreinlichkeit u. s. w-, die Ursache, dann müssen laue Seifenbäder allen an¬ dern Mitteln vorangehen. Eine Unterstützung des herabhängenden heftig entzündeten Euters durch eine zweckmäßige Vorrichtung (Bandage) gibt Ruhe dem leidenden Theile. Bei Verhärtung und Knoten des Euters sind Ein¬ reibungen von Eibisch- und Mercurialsalbe zu gleichen Theilen, denen man in hartnäckigeren Fällen auch Kamp her zuse¬ tzen kann, wirksam und täglich 1—2 Mal zu wiederholen. Auch eine Einreibung aus grüner Seife 12 Loth und M erkuri al¬ fa lbe 6 Loth, mit einander zum Liniment gemischt, wird als wirksam empfohlen. Auch können wir nicht mit Stillschweigen über¬ gehen, daß Schießpulver mit Rahm zur Salbe abgerieben, in der Landpraris als ein vortreffliches Zertheilungsmittel in gro¬ ßem Rufe steht. Bei Euter-Eiterung ist die zur Eiterung sich anschickende Stelle so lange mit den erst genannten Salben zu behandeln, bis die Geschwulst ganz oder größtcutheils weich wird und auf der Geschwulst eine spitzige Stelle sich zeigt, die das baldige Aufbrechen anzeigt, wel¬ ches der Thierarzt, wenn er die Euterbeule reif findet, mit dem M c s- ser vollführen kann. Die offene Euterbeulc ist dann nur mit lauem Wasser zu reinigen; die Natur wird die Zuheilung selbst zu Stande bringen. 326 Die Verschwärung erfordert die schon oft genannten, das Krankheitsproduct (Jauche) und die krankbaft producirende Fläche (Geschwürsfläche) umstimmenden Mittel. Eine innerliche Behandlung könnte höchstens bei der Euter- Entzündung nothwendig werden, und in entzündungswidrigen und abführenden Salzen bestehen. Blutentleerungen wer¬ den wohl kaum je nothwendig; die Beschränkung der Diät fördert die Cur. Neunte Abtheilung. Krankheiten der äußern Haut. i. Schabe, auch Räude, Krätze, Grind u. s. w. genannt, streng genommen gehört die Schabe, als eine Krankheit der äußern Haut, nicht unter die Rubrik der innerlichen Pferdeleiden; da sie jedoch zu ihrer Heilung pharmaceutischer Mittel bedarf, so wird sie gewöhnlich bei den innerlichen Krankheiten abgehandelt. Es ist die Schabe eine bei Pferden nicht selten vorkommende Krank¬ heit; ihr Sitz ist die äußere Haut, vorzüglich am Kopfe, an der Schulter, am Rücken, an der inneren Fläche der Schenkel, überhaupt am gewöhnlichsten an den mehr magern Stellen des Körpers, wo die Haut dicht über den Knochen liegt. Übrigens kommt sie auch unter den Mähnen des Halses (Mähnengrind), am Schweife (Schweif- grin d), an der Köthe (Köt h e n g rin d) u. s. w. vor. Die Grün dl eiben, die bei der Scheibe vorkommen, sind ur¬ sprünglich Entzündung (Hautentzündung), die dann folgende Über¬ gänge macht, entweder 1) trockene Abschuppung der Ober¬ baut, 2) seröse Ergießung in kleinen Bläschen, 3) Ver¬ schwärung, oder 4) Bildung der Krätzmilbe. Berücksichtiget man daher den Sitz dieses Leidens, und diese En t- zündungsübergäng e als die Grundleiden der Schabe, so ist die Erkenntniß dieses Hautausschlages gar nicht schwer, und man weiß dann auch, welche Scheibe oder Rande die sogenannte trockene, und welche die nasse oder feuchte zu nennen ist. Die genannten und auch andere Stellen der äußern Haut erschei¬ nen bei räudigen Pferden als mehr oder weniger große, meistens rund¬ liche, oder auch länglich und verschieden geformte kahle Flecke», die durch die Haarlosigkeit und weißliche Farbe oft schon von weitem sichtbar sind. Untersucht man diese weiß aussehenden Stellen genauer, so findet mau sie entweder ganz baarlos und kahl, oder nur mit einzel¬ nen, entfärbten, spröden und nickt fest haftenden Haaren besetzt; mit Bleiweis Heilverf. S. Aufl. 2k 322 staub- oder kleien-aschenartigen Schuppen bedeckt, und die Haut rauh und trocken anzufühlen (tr o ckene Räude — Trennung oder Abblätterung der Oberhaut); oder man findet unter den Schuppen Bläschen, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind (seröse Er¬ gießung), welche, wenn die Bläschen platzen, an der Luft zu schich¬ tenartig gelagerten Schuppen vertrocknet, oder aber, wenn sie mehr jau¬ chiger und fettklebriger Beschaffenheit ist, Geschwüre erzeugt (feuchte v d er fette R au d e — Verschwärung), die in die Tiefe und Breite fressen, mit Krusten (Grind) sich bedecken und darunter fort¬ während nässen. Bei genauer Untersuchung, zumal mit einem Ver¬ größerungsglase, findet man in den Schuppen lebendige, kleine, glän¬ zende, ziemlich schnell sich bewegende Thierchen, die man die Krätz¬ milben des Pferdes nennt, und ein Product eines oder des andern Entzündungsüberganges sind. Zwischen den schäbigen Stellen und an denselben kommen mitunter warzige Auswüchse von verschiedener Größe, Form und Konsistenz vor, die Erzeugnisse einer krankhaftbil¬ denden Haut sind. Nebst diesen Änderungen an der kranken oder verdickten Haut ist das juckende, oft schmerzhafte Gefühl, welches die Pferde fortwäh¬ rend zum Reiben, Kratzen, Beißen dieser Stellen zwingt, ein gewöhn¬ liches Merkmal der Scheibe. Alle übrigen Functionen gehen meistens gehörig vor sich, außer es complicirt sich mit der Scheibe irgend eine andere Krankheit. Nur gegen das Ende des Lebens, wenn die Thiere schon sehr abgemagert sind, wassersüchtige Anschwellungen an den Füßen, nicht selten Wurm und Rotz sich erzeugt haben, tritt ein fauliges Fieber ein, welches mit diesen verschiedenseitigen und verschiedenartigen Localaffectionen im¬ mer zunimmt, bis das Thier nach einer langwierigen Dauer des Übels zu Grunde geht. Ursachen. Eine vorzügliche Anlage zur Krätze scheinen ge¬ meine, schlaffe, lang- und grobhaarige Pferde zu besitzen, die durch die Abstammung von mit diesem Hautausschlage behafteten Ältern (erbliche Anlage) noch vergrößert wird. Ferner besitzen verwahrloste, halbverhungerte, alte Pferde eine große Anlage zur Krätze, wie dieß die tägliche Erfahrung zeigt, weil in Folge einer mangelhaften oder schlechten Fütterung die Ernährung im Allgemeinen, folglich auch der Haut, unterbleibt; daher eine solche Haut wegen der in ihr gesunke¬ nen Lebenskraft, den widrigen äußern Einflüssen leichter unterliegt und erkrankt, als eine gesunde, kräftig gebildete Haut eines kräftigen Pfer¬ des. Zu den Gelegenheitsursachen gehören 1) Ansteckung durch Krankheitsproducte schäbiger Pferde, wobei die Ansteckung nur 323 durch unmittelbare Berührung oder Mittheilung des Anste¬ ckungsstoffes geschieht, welcher in den getrennten Schuppen und Kru¬ sten, in der jauchigen Flüssigkeit und an den Krätzmilben enthalten ist, und durch diese durch gemeinschaftlichen Aufenthalt, gegenseitiges Rei¬ ben, durch Verwendung des nämlichen Putzzeuges, Geschirres, Decken u. dgl. an die Haut eines andern Pferdes gebracht wird; 2) öftere Einwirkung einer feuchten und nassen Witterung und öfteres Beregnetwerden der Haut, besonders 3) bei m ang elh aster P fl eg e und Unreinlichkeit derselben, wodurch es geschieht, daß die durch die Hautausdünstung entleerten Stoffe mit Staub, Kotb, Nässe u. dgl. zu einer Art Kleister und Schmutz verbunden werden und dann theils mechanisch, noch mehr aber chemisch auf die Haut anhaltend zurückwir¬ ken, und Entzündung und ihre Übergänge (Schäbe) erzeugen; 4) auch der Aufenthalt in Stallungen mit unreiner, dunstwarmer, durch scharfe und reizende Ausdünstungen des Schweißes, Mistes, Harnes oder anderer Unräthe verdorbenen Lust, die ebenfalls chemisch verletzend und reizend auf die Haut der Pferde zurückwirkt und die Schäbe erzeugt; 5) am häufigsten wirken alle genannten Einflüsse, als: wenig oder schlechtes Futter, mangelhafte Pflege, Unreinlichkeit, schlechter Aufent¬ halt, zusammen, wenn sich die Pferde in widrigen Verhältnissen befin¬ den, wie dieß bei den armen oder nachlässigen Pferdcbesitzern oft der Fall ist. Die P r o g n osc bei der Schäbe ist ost wegen der leichten Erfül¬ lung der Heilbedingungen gü nstig zu stellen. Jstdas Leiden noch nicht veraltet und nicht zu sehr ausgebreitet, besteht das Grundleiden in trockener Abblätterung der Oberhaut, seröser Ergießung oder Milbenbil¬ dung, und ist das Thier nicht schon in allgemeine Cacherie verfallen, so lautet die Prognose günstig. Wird die Haut an den früher weißen Stellendunkler oderganz schwarz, und sp ros¬ sen an den früher kahlen Stellen kleine, den gesunden ähnliche Haare hervor, so ist dieses das sicherste Zeichen der Bes¬ serung und der wiederkehrenden gesunden Beschaffenheit derHaut; weil alle Pferde — mit Ausnahme weißgeborner Schimmel -im nor¬ malen Zustande ein schwarzes Schleimnetz haben, und gesunde Haar¬ bildung ein Zeichen einer gesunden Haut ist. Man gebe daher im Ver¬ laufe der Cur auf diese zwei Umstände wohl Acht. Ist aber das Leiden schon veraltet, über den größten Theil der Haut verbreitet und in Verschwärung bestehend, sind dabei die Thiere schon sehr abgemagert, oder wohl gar gleichzeitig mit andern unheil¬ baren Brust- oder Bauchleiden, verdächtigem Nasenausflusse, wasser¬ süchtigen Anschwellungen der Füße, oder Wurmgeschwüren behaftet, 21' 324 dann ist die Prognose sehr ungünstig; denn wer kann die vielen Local- affectionen, deren eine aus der andern entsteht, gut machen und die nothwendigen Heilbedingungen erfüllen? Die Schabe wird sich, sich selbst vermehrend und andere Folgeleiden erzeugend, immer weiter ver¬ breiten, die zur Erhaltung des Lebens so nothwendigen Verrich¬ tungen der Haut werden durch die Krankheit der Haut sehr gestört oder ganz aufgehoben; die Thiere haben wegen des juckenden und schmerzhaften Gefühles an der Haut, bei Tag und Nacht k e i n e Ruhe, und auf Kosten des dadurch gesteigerten Empfindungslebens sinkt das Bildungsleben immer mehr: deßwegen magern sie immer mehr ab und werden zu saft- und kraftlosen Gerippen; die an der Haut gebildeten Krankheitsproducte werden zum Theil wieder aufgesogen und ins Blut gebracht, welches dieselben wieder durch die Lungenausdünstung, Haut¬ ausdünstung u. s. w. zu entfernen sucht, allein gerade dadurch bösartige Nasenausflüsse, Rotz, Knoten in der Lunge, Wurm u. s. w. erzeugt. Durch so vielfältige Localaffectioneu wird der Verkehr mit den Lebens- bedingungen immer mehr gestört und endlich ganz aufgehoben, und der Tod tritt unter allen Erscheinungen eines fauligen oder cachectischen All¬ gemeinleidens unabwendbar ein, wenn man nicht früher dem unheilba¬ ren und ansteckenden Leiden absichtlich und monomisch vortheilhaft durch den Geuickstich ein Ende macht. Th erapi e. Auch bei der Schabe kann nur dann Heilung erfol¬ gen , wenn man so vollständig als möglich vorzüglich die erste, zweite und dritte Heilbedinguug erfüllt. Was die erste Heilbedingung anbelangt, so bringt man die Thiere vor Allem aus den widrigen Verhältnissen, die bei der Erzeugung der Schäbe die Gelegenheitsursachen waren. Reinlicher Stall, gehörige Pflege und Reinigung, gute Nahrung und Separati on des sch ä- bigen Pferdes von andern gesunden gehören vor Allem hierher. Weil aber der Standort des schäbigen Pferdes, seine Fütterungs-, Arbeitsgerätheu. s. w. als mit demKrankheits¬ producte besudelt auzunehmen sind, so sind auch diese sorgfältig aus Rücksicht für das kranke Pferd selbst, wohl zu reinigen; denn ein schäbiges, nicht rein gehaltenes Pferd kann, so wie cs andere Pferde ansteckt, auch sich immerfort selbst an st ecken, weil es Krankheitsproducte au seiner Haut erzeugt, die, wenn sie auf gesunde Stellen fallen, daselbst als neue Gelegenheitsursache wirken. Auch der Thierarzt und Wärter haben einige Vorsicht nö. thig, denn es bestehen der Beispiele viele, wo Menschen und auch andere Thiergattungen durch die Pferdeschäbe angesteckt wurden. Daher ist der S tall, so wie Alles, was, mit dem schäbigen Thiere in Berührung 325 kam, ähnlich, so wie beim Rotz, zu reinigen und darauf erst das geheilte oder andere Pferde einzustellen. Um die zweite Heilbedingung zn erfüllen, muß das Krankheitspro- duct, welches, wie gesagt, in den Schuppen, Krusten, serösen oder jauchigen Flüssigkeiten und an den Krätzmilben haftet, sorgfältig von dem Körper der Thiere entfernt werden, weil diese Ansteckungsstoffe oder Träger des Ansteckungsstoffes in unendlich kle iner M en g e die Ansteckung fortwährend zu unterhalten im Stande sind. Geschieht die Erfüllung dieser Heilbedingung nicht sehr genau und vollständig, so steckt sich das Thier immerfort von Neuem an. Zu diesem Behufe muß man die schäbigen Stellen zuerst trocken abreiben, bürsten, striegeln oder wenn dicke und harte Schorfe, Krusten oder Schwarten zugegen sind, diese mit stumpfen Messerklingen u. dgl. abkratzen; darauf den ganzen Körper gut abputzen und reinigen, und die räudigen Stellen mit S ei- fenwasser oder noch besser witSeifensiederlauge ganz rein ab¬ waschen. Beim M ahn en-und Schweifgrind muß das nämliche geschehen, nur müssen hier an den grindigen Stellen die Haare mit der Scheere abgeschnitten oder wenigstens eingeflochten werden, damit man das Krankheitsproduct ganz entfernen und auch die krank¬ haft producirenden Stellen vollständig waschen und reinigen könne. Diese Waschungen müssen täglich ein paar Mal wiederholt und so lange fortgesetzt werden, als sich Krankheitsproducte erzeugen. Mit dieser Hülfeleistung wird oft zugleich die dritte Heilbedingung erfüllt, denn die Seife und noch mehr die Lauge wirkt reizend, die kranke Haut belebend und umstimmend, und Reinigung und Reinlich¬ keit ist das wichtigste Geschäft des Thierarztes bei der Schabe, der nicht nur den Körper des Thieres, sondern seine ganze Umgebung vor diesen Ansteckungsstoffen so viel als möglich rein erhalten soll. Wenn aber mit diesen Waschungen die Umstimmung der krankhaft- producirenden Hautstellen nicht gelingt, und diese Schuppen, Krusten u. s. w. sich immerfort erzeugen, so muß mit krä ft ig er reizenden Mitteln die Umstimmung versucht werden, und unter diesen behauptet die gewöhnliche S ch a rfsalbe ans Terpentinöl, tzorbeeröl und Canthariden — oder ans Terpentinöl, Hirsch hör nöl und Canthariden eine vorzügliche Wirksamkeit. Diese Scharfsalbe wird ein paar Mal in die kranken Stellen cin- gerieben, und dann der Erfolg abgewartet; erzeugen sich keine neuen Krusten oder Schuppen, werden die Stellen rein und dunkler oder ganz schwarz, dann stehe man von fernem Einreibungen ab, denn dieß ist das Zeichen, daß jene umgestimmt sind, und eine gesunde Oberhaut- und Haarbildung beginnt. Widrigenfalls werden die Einreibungen wieder 326 holt, die man im Nothfall noch durch Zusatz von Euph orb ium, Nießwurzpulver, Brechwein st ein oder ätzendem Quecksil¬ bersublimat (von jedem —1 Quiutl) noch schärfer, eindringen¬ der und ätzender machen kann. Innerliche Mittel leisten nachunsern Erfahrungen bei der Schäbe nichts, daher wir uns nur auf den Ge¬ brauch der äußerlichen Mittel beschränken, die, wenn zu helfen ist, immer die wirksamsten sind. Setzte der Pferdebesitzer ein vorzügliches Ver¬ trauen auf innerliche Mittel; so könnte man Wach hold er, Schwe¬ fel, Spieß glanz, Terpentinöl u. dgl. aus Haut und Harn¬ werkzeuge wirkende Mittel, in Latwergform anwenden. Nach meinen, in der Privatpraris gewonnenen Erfahrungen gibt es in der Krätze, Flechte, Grind und dergleichen Hautunreinigkeiten kein vorzüglicheres Mittel, welches ich specifisch nennen möchte, als eine Salbe aus der Chlorine (flüssigen Chlor) mit Leinöl; ein Quiutl Chlorine beiläufig auf zwei Loth Öls. Gleiche Wirksamkeit habe ich davon in obgenannten Ausschlägen bei Pferden und Hunden erfahren. Nicht unerwähnt darf das Fritscher'sche Mittel bleiben, dessen vorzügliche Wirksamkeit auch bei sehr veralteter Räude oder Schäbe auch im Laibacher Thierspitale bewährt gefunden wurde. Für ein Stück mit der Räude behaftetes Pferd mittlerer Größe nimmt man 8 Loth Quecksilbersalbe, i ß Pfund Hanföl, 4 Loth Hirsch- hornölund 8 Loth Schwefelblumen (was in Wien ungefähr 50 kr. C. M. kostet) und mischt dieses zu einer Salbe. Sind diese Bestandtheile gut zusammengerührt, so wird damit die Haut am ganzen Thierc auf einmal eingerieben; auch muß darauf gesehen werden, daß zwischen die Mähnen und Schweif haaredieSalbe ebenfalls die Haut trifft, weder Lippen noch Augen- liedcr, Schlauch, After und Scham dürfen von der Salbe verschont bleiben. Sind mehrere kranke Pferde, so kann das Einreiben mittelst einer Bürste geschehen; ein einzelnes Thier kann auch ein Mann mit bloßer Hand einreiben und gleich nach geschehener Sache die Hände reinigen. Bei Sonnenschein und warmen Wetter kann das Pferd vor dem Stalle eingerieben werden. Ist die Einreibung beendigt, so stellt man das Pferd in einen warmen Stall, ohne solches zuzudecken, und reicht selbem sein gewöhnliches Futter, und ein abgestandenes Wasser als Getränk. Zwei Tage lang darf das Pferd nicht aus dem Stalle geführt werden. Am dritten Tage fängt man an mit Strohwischen das ganze Pferd sanft zu reiben, 327 daß die auf den Haarspitzen noch klebende Salbe abermals auf die Haut gerieben wird, und so fährt man bis zum dritten Tage fort das Pferd täglich einmal mit Strohwischen abzureiben, wo dann das Haar von der Salbe gänzlich gereinigt erscheint, und man den eilf- t e n T a g die gänzliche Reinigung durch Waschen mit einer leichten Lauge und Seife vornehmen kann. Wenn in diesen Tagen keine Anzeichen des Übels mehr eintreten, so kann das Thier als geheilt betrachtet und seinem früheren Dienste übergeben werden. Bauernpferde können bei warmer und trockener Witterung nach drei Tagen zur Arbeit verwendet werden. Sollte sich jedoch ein Fall ereignen, daß das Übel mit einer Ein¬ reibung nicht geheilt werde (was bis jetzt nicht der Fall war), und eine zweite Einreibung nothwendig machen, so dürfte solche erst nach Verlauf von 14 Tagen nach der ersten Einreibung ge¬ schehen, weil sonst bei jungen nnd abgemagerten Pferden auf schnell nack einander folgende Einreibungen leicht Durchfälle eintreten, die fast immer tödtlich sind. Die polizeilichen Maßregeln sind bei der Räude, so wie bei allen andern ansteckenden Krankheiten nicht außer Acht zu lassen, und es ist besonders auf Ab so u deru ng der kranken Thiere, Reinigung der Geschirre, Gefäße und Stallungen sorgsamst zu sehen. Vor einer zu schnellen Heilung der Scheibe soll man sich nicht fürchten, denn sie macht bei Thieren keine nachtheiligen Folgen, wie Einige glauben; am lächerlichsten aber ist die Behauptung, daß allen Krankheiten die Krätzen zum Grunde liegen, wie dieß der Urheber der Homöopathie behauptet!! Viel Ähnlichkeit mit der Schäbe hat die Flechte, nur daß bei letzterer nie Milbenbildung vorkommt, und die Ansteckbarkeit bei der Flechte geringer zn seyn scheint. Weil die übrigen diagnostischen Unter¬ schiede jedoch in der Therapie keinen wesentlichen Unterschied bedingen, und die Flechte so wie die Räude behandelt wird, so übergehen wir hier unwesentliche Distinctionen. Gegen die mitunter anzutreffenden W a r z e n ist entweder das A b- bin den derselben mit einem gewichsten Bindfaden, wenn dieselben an einem Stiel aufsitzen, sonst aber, wenn sie nämlich mit breiter Fläche aufsitzen oder in Gruppen vorkommen, das Ab sch neid en mit dem Messer und Aus brenn en ihrer Wurzeln mit dem Glüheisen, damit sie nicht nachwachsen, vorzunehmen. Weil Fälle bekannt sind, daß auch schon Menschen, die mit 328 schäbigen Pferden umgingen, durch sie angesteckt wurden, so ist bei der diätetischen und arzneilichen Pflege darausRücksicht zu nehme», und sich davor möglichst zu verwahren. 2. Wurm, auch Wurm b eulen-Krank h e i t, Hautwurm, Schnurwurm, fliegender, reitender, aufwersender Wurm, Hühnerarsch, innerer Wurm u. s. w. genannt. Unter Wurm versteht man eine, in dieserForm nur dem Pferde¬ geschlechte eigenthümliche, langwierige, ansteckende Krankheit, deren vorzüglichster Herd das Lymphsystem ist. Der Name Wurm ist uralt, und man weiß nicht, ob er von der irrigen Vermuthung herrührt, daß bei diesem Leiden Würmer unter der Haut hervorkriechen, fliegen, rei¬ ten oder springen und die Anschwellungen verursachen, oder von der wurm ähnlich geronnenen Lymphe, die man oft in den Lymphgefä¬ ßen antrifft, oder von den Fadenwürmern, die in seltenen Fällen in den Wurmknoten vorkommen, oder von der allmäligeu Zunahme und Ausbreitung der Knoten und Geschwülste, die Würmern ähnlich unter der Hand fortzuschleichen scheinen. Dem sey nun, wie ihm wolle: der Name Wurm ist in der thierärztlichen Pathologie so angenommen, daß wir ohne Mißverständnis keinen andern an seine Stelle setzen dürfen. Der Sitz des Wurmes ist, wie schon gesagt, im Lymphsystem, d. i. in den Lymphgefäßen und Lymphdrüsen des Körpers. Weil aber Lymphgefäße und Drüsen allenthalben im thierischcn Körper verbreitet sind, so versteht es sich von selbst, daß der Wurm ebenfalls allenthalben Vorkommen könne, daher die Eintheilung in den äußer¬ lichen oder H autwu r m und in den innerlichen oder Lu n g e n- wurm, G c krösw u rm u. s. w. praktisch richtig sey. Dennoch ist der Hautwurm derjenige, welcher am gewöhnlichsten vorkommt und am leichtesten erkannt wird, weil hier die Lymphgefäße nud Drü¬ sen in d e r H a u t und z u näch st u n t e r d e r H a u t die leidenden Gebilde sind, die ihr Leiden offenbar zur Anschauung bringen. Aus diesem Grunde wird in dieser Abhandlung vom Hautwurm vorzüg¬ lich die Rede seyn, weil er gewöhnlich der Gegenstand des behandeln¬ den Thierarztes ist. Der Sitz des Hautwurms ist, dem Gesagten zu Folge, in den Lymphgefäßen und Lymphdrüsen, die in und zunächst unter der allgemeinen Haut und der sehnigen Binde gelagert sind ; daß dieß wahr sey, beweisen die gewöhnlich strick- oder schnurförmig und rosenkranzähnlich an einander gereihten Knoten oder Beulen, die 329 man bei der Untersuchung der äußern Haut antrifft, und welche offen¬ bar den Verlauf und die Belastungen der Lymphgefäße und die Lage der Lymphdrüsen andeuten, wie uns dieß die Anatomie lehrt, aus der wir überdieß wissen, daß die innere Haut der Lymphgefäße Klappen bildet, welche in kleinen Entfernungen von einander stehen, um das Zurücktreten der Lymphe zu verhindern, welche Klappen nun beim Wurm entzündet sind, in Folge der Ent¬ zündung oder ihrer Übergänge anschwellen, und jene deutlich bemerk¬ baren, stelleuweisen, schnurförmigen oder rvsenkranzähnlichen Beulen oder Knoten darstellen, die man deswegen auch eine Wurm sch nur oder die Wurmschnüre nennt. Auch die Sektionen und die Untcr- snchnng todter mit diesem Leiden behafteter Thiere zeigen uns den Sitz des Hautwurms im genannten Lymphsystem. Wo die so krankhaft ver¬ änderten Lymphgefäße in größerer Anzahl zusammenliegen, wie z. B. an der inner» Fläche der Gliedmaßen, da sind sie durch das umgebende und ebenfalls krankhaft veränderte Zellgewebe zu einer breitercnGe- sch wulst verbunden nnd die einzelnen Stränge sind nicht so deutlich zu unterscheide». Die Grundleiden, die beim Wurm stattfinden, sind anfangs Entzündung, dann Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe, Bcrschwärung oder jauchige Eiterung, seltener Verhär¬ tung nach vorausgegangener Ausschwitzung. Daß aber wirklich Entzündung und die genannten Übergänge die Grundleiden des Wurmes sind, dafür spricht deutlich die Unter¬ suchung der Wurmbeulen (Wurmknotcn, Wurmgeschwülstc) und der Wnrmgeschwüre. Daß anfangs Entzündung vorhanden scy, dafür sprechen die EntzündungSmerkmalc: Geschwulst, höhere Wärme, Schmerz und das aus einer solchen entzündlichen Wurm¬ beule herausfließende Blut, wenn man dieselbe öffnet. Später geht die Entzündung, die sich selten zertheilt, in Ausschwitzung von Lymphe über, daher treten die obgenannten Entzündungömcrkmalc mehr zurück; die Beule nimmt, wenn man sic mit einem Finger drückt, ohne besonders schmerzhaft zu scyn, denFingereindruck an, und schnei¬ det man eine solche Wurmbeule auf, so kommt eine weißliche oder gelb¬ liche, geronnene, käsige Masse mit etwas Blut gemengt, zum Vor¬ schein. Sind die Knoten hart und ganz unempfindlich geworden, so sind sie mit ausgeschwitzter verhärteterLymphe gefüllt. Sind die Beu¬ len sehr weich nnd schwappend, fast ganz schmerzlos nnd zum Ausbre¬ cher: bereit, oder schon wirklich aufgebrochen oder künstlich eröffnet, so zeigen sie deutlich die Jauche als Product der Verschwärung, die der gewöhnlichste Entzündungsübergang beim Wurm ist. 330 Geschlossene Geschwülste (unter dem Namen Wu rmbeule, W u r m k n o t e n, W u r msch n u r) und offene Geschwülste (W u rm« geschwüre) bilden also, nach dem Äußerlichen beurtheilt, die zwei Hauptformendes Wurmes, deren Unterscheidung für die thierärzt- liche Behandlung von Wichtigkeit ist; nur bleibt dem behandelnden Thier¬ arzte bei den Wurmbeulen noch ferner auszumitteln übrig, was ihr In halt ist, ob Blut, ob Lymphe, ob Eiter und Jauche? Die Erke nn tni ß des Hautwurmes unterliegt gewöhnlich keinen Schwierigkeiten, denn die Wurmbeulen und Wurmgeschwüre sind an verschiedenen Stellen des Körpers, z. B. am Kopfe, besonders häufig an den Lippen; am Halse besonders im Verlaufe der Halsvene, an der Schulter, am Bauche besonders im Verlaufe der Sporader, Schlauche, Euter, an der Bug- und Leistengegend, an den Füßen u. s. w. mei¬ stens deutlich zu sehen und zu fühlen. Die Wurmbenlen stellen Ge- s chwülste vor, welche die Farbe der Haut gar nicht ändern, nur das Haar etwas struppig machen, zuweilen klein sind und die Größe einer Hasel- oder Wallnuß erreichen, entweder 1) einzeln und zerstreut ste¬ hen, was seltener der Fall ist, oder 2) gewöhnlich mehrere zusammen in geraden oder krummen Linien, wie an eine Schnur oder einen Ro¬ senkranz angereiht Vorkommen; nicht selten bilden sie 3) aber größere und ausgebreitetere, wulstförmige Geschwülste, wie dieß vorzüglich an den Füßen, besonders Hinterfüßen, der Fall ist, die häufig ungemein anschwellen, dick und unförmlich ausseben; nicht selten aber sind die Beulen sehr klein, kommen oft an Stellen vor, wo man sie nicht leicht bemerkt und sind oft, wegen ihres Sitzes und geringen Umfanges, der Bewegung des Thieres gar nicht hinderlich, in welchem Falle der Wurm längere Zeit unerkannt bleiben kann. Diese Wurmbeulen, Knoten oder Geschwülste sind anfänglich, während der Entzündung, gespannt, heiß und schmerzhaft; verhindern, wenn sie in der Nähe der Gelenke vorkommen, die freie Bewegung derselben und machen, daß die Thiere lahm gehen; sie verschwinden oft an einer Stelle, und kommen an einer andern zum Vorschein, daher der Name Spring wurm u. s. w.; in der Folge werden sie, wenn sie nicht zertheilt werden, weicher, teigartig oder deutlich schwappend (fluctuirend) wegen der in ihnen enthaltenen lymphatischen, eitrigen oder jauchigen Flüssigkeit; sie find deßhalb auch nicht mehr so heiß und schmerzhaft wie anfangs und brechen endlich auf und verwandeln sich in häßliche Geschwüre, die anfänglich klein und rundlich, in der Folge in die Tiefe und Breite fressen, oft Hohl- und Fi¬ stelgänge erzeugen, einen etwas vertieften, spcckigweißen Grund und aufgeworfene wulstige Ränder haben (von diesem Aussehen rührt wahr¬ scheinlich der Name »Hühnerarsch«); aus diesen Geschwüren sickert 331 immerfort eine weißlichgelbe oder gelbbraune, oft mißsärbige, dünne oder klebrige, griesartige, scharfe Jauche ans, welche die Haare um die Geschwürränder pechartig verklebt und meistens sehr widrig riecht. Wie ans manchen Bäumen das Pech heransstckert und längs des Stammes herausfließt, an demselben anklebend; eben so sind oft die Stellen des Körpers, vorzüglich die Füße anzusehen, die mit jauche¬ absondernden Wurmgeschwüren besetzt sind. Nicht selten wuchert aus Wnrmgeschwüren ein sogenanntes wildes, schwammiges Fleisch. — Seltener verhärten dieWurmbenlen zu harten, unempfindlichen, un- zertheilbaren Knoten. Die Gegenwart der Wurmbeulen, Wurmknoten, Wurmgeschwülste, Wurmschnüre und Wurmgeschwüre ist das w e s e n tlichste und vor¬ züglichste Merkmal des Wurmes, außer welchen oft die Thiere nichts auffallend Krankhaftes zeigen, nicht fiebern, gut fressen, mun¬ ter sind u. s. w., wenn nicht etwa ein bedeuten des Leiden eines inn ern Org a n es dem Wurm zum Grunde liegt und sich durch die gestörten Verrichtungen, die diesem Organe zukommen, zu erkennen gibt, — oder wenn nicht etwa die Wurmbeulen in der Nähe der Ge¬ lenke Vorkommen, und die fr e i e Bew e g u n g der Thiere hindern — oder das Wurmleiden schon sehr.au s g ebreitet oder wohl gar mit Rotz complicirt ist, und in Folge so vielseitiger Localaffectionen ein fauliges Fieber mit allen ihm eigenthümlichenErscheinungen sich entwickelt hat. Von diesem chronischen, fieberloscn und ansteckenden Hantwnrm ist wohl z» unterscheiden ein fieberhafter, gewöhnlich im Verlause ent¬ zündlicher Krankheiten schnell entstehender und oft eben so schnell wie¬ der vergehender acuter Hautausschlag, wobei ebenfalls kleinere oder größere Beulen über den ganzen Körper, vorzüglich am Halse, an der Schulter, an den Hinterbacken und an den Füßen plötzlich zum Vorschein kommen, und in wenigen Stunden oder in ein paar Tagen wieder vergehen, zuweilen auch aufbrechen und Blut odergutenEiter ergießenund wiedervernarben.DieserHautausschlag heißt gewöhnlich Beulcnfieber, Hitz blättern, Hitzb eulen, auch Nesselausschlag oder acuter Wurm, kommt am häufigsten im Verlauf der Lungenentzündungen, Halsentzündungen, Drüsenkrankheiten, aber auch anderer, durch Verkühlung ent¬ standener, fieberhafter Leiden vor, besteht meistens in bloßen Blut- congcstionen zum Hautgewebe, die oft eben so schnell wieder vergehen, als sie entstanden sind, seltener in ausgebildeter stellcnweiscr Hautentzündung, Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe und Eiterung, wie Ließ die geöffneten oder aufbrcchenden Knoten 332 und Beulen beweisen, und wird wahrscheinlich durch die Krankheits- pro duete der Lungenentzündung, Drüsenkrankheit u. s. w. veran¬ laßt, die die Natur durch die Hautausdünstung zu entfernen sucht, die aber bei ihrem Austritte an der Haut, diese durch ihre krankhafte Be¬ schaffenheit reizen und entzünden. Daher bemerkt man diesen Ausschlag am häufigsten bei Krankheiten der Respirationswerkzeuge, weil diese durch die Krankheit unfähig geworden sind, die Auswurfsstoffe durch die Luugcnausdünstung auszuscheiden, und die äußere Haut diese Verrichtung übernimmt, dabei aber durch diese Krankheitsstoffe belei¬ digt wird und erkrankt. Möglich ist es auch, daß die äußere Haut, be¬ sonders wenn sie schwitzt, bei Verkühlungen durch die Einwirkung der kalten Lust unmittelbar beleidigt und entzündet wird, wie dieß an an¬ dern Häuten, z. B. Schleimhäuten u. s. w., der Fall ist; denn wenn durch Verkühlungen Schleimhäute sich entzünden, warum soll sich die äußere Haut nicht entzünden können, die doch gewöhnlich den aller¬ größten Anfall anshalten mnß? Dieser acute Hantansschlag, der sich vom eigentlichen H a ut w u r me dadurch unterscheidet, daß er i) eine andere Entstehungsursache und 2) seinen Sitz nicht im Lymph¬ system der Haut hat, daher 3) nicht schnurförmige, sondern in größerer Menge über den ganzen Körper einzeln verbreitete Beulen bildet, die sich 4) meistens in kürzester Zeit zert hei¬ len und wenn sie auch aufbrechen, 5) nur gutartige Eite¬ rung mit flachem Grunde und nicht aufgeworfenen Rändern des Abscesses erzeugen und bald wieder verheilen — erfordert keine be¬ sondere Behandlung, sondern nur eine zweckmäßige Behandlung des Hauptleidens, warmes Verhalten, und höchstens ein tro¬ ckenes, oder in Verbindung mit Terpentinöl-Bespritzung an- gewendetes Frottiren der Haut, um den Ausschlag zur Zerthei- lung zu bringen. Der Verlauf des Wurmes ist gewöhnlich sehr langwierig und kann sich ost auf Monate, selbst Jahre erstrecken, ausgenommen, das dem Wurme zum Grunde liegende Leiden eines innern edlen Orga¬ nes erreicht in kurzer Zeit einen tödtlichen Grad. Sonst aber schleicht das Wurmgift langsam im Körper von Stelle zu Stelle, wird immerfort von mehr Lymphgefäßen eingesogen und zum Erzeuger neuer Beulen und Geschwüre, die nicht selten an einer Stelle vergehen, und an einer andern in doppelter Menge zum Vorschein kommen, bis ein großer Theil der Haut mit Wurmbeulen und Wurmgeschwüren bedeckt ist, und auch die Lymphgefäße und Drüsen innerer Organe, z. B. der Lunge, des Gekröses u. s. w., in den Kreis des Leidens gezogen werden und der Rotz zum Wurm sich beigcsellt. So ein wurmiges und zugleich rotziges Pferd 333 stellt das ekelhafteste Bild einer Krankheit dar, auf allen Seiten die Ansteckung verbreitend und durch kein Mittel der Welt bezwingbar. Die Entstehung des Rotzes aus dem Wurme ist beim Rotz angege¬ ben worden, und durch die Einsaugung der Wurmjauche und Wie¬ der« usscheidung durch die Lunzenaus du nstung amnatur- gemäßesten zu erklären. Rotz und Wurm sind überbaupt sehr ähn¬ liche Krankheiten, mehr durch den Sitz als durch die bei ihnen stattfin- dendenGrun dleid en verschieden. Beide bestehen mV erschwäru » g, beide feinden das Lymphsystem vorzüglich an, und ein Leiden kann der Erzeuger des andern werden; nur ergreift der Rotz die Schleim¬ haut, während der Sitz des Wurmes vorzugsweise in den Lymphge¬ fäßen und Drüsen der äußern Haut ist. Ursachen des Wurmes. Da es eine ausgemachte Thatsache ist, daß die Lymphgefäße und Lymphdrüsen nur dann erkranken, wenn sie solche Stoffe aufnehm en, die sie nicht gehörig verarbeiten kön¬ nen und diese entweder durch ihre Menge oder Beschaffenheit, mecha¬ nisch, chemisch oder dynamisch auf sie verletzend zurückwirken (wie uns dieß die Entstehung der Kehlgangsdrüsengeschwülste deutlich zeigt), so ist es leicht begreiflich, daß die eigentlichen G e leg en hei tsur fach en des Wurmes nur in solchen fremdartigen, nicht a s s i m i lir- barenStoffen, die die Lymphgefäße entweder an derOb erfl äche oder im Innern des Körpers einsaugcn, zu suchen sey, worunter die Krankheitsproducte (Schleim, ausgetretenes Blut, ausgeschwitzte Lymphe, Eiter, Jauche, Brandmaterie) vorausgegangener oder noch geg en wär tiger, ch ro nisch er, äußerlicher oder inner- licher Krankheiten die gewöhnlichste Gelegenheitsursache abgeben. Man sagt zwar und mit Recht, daß gemeine, sehr fette, schlaffe, sehr strapazirte, abgemagerte, alte, in feuchten, sumpfigen, niedrigen Gegenden lebende, in dunstigen Stallungen sich aufhaltcnde, mit schlech¬ tem Futter, z. B. verschlemmtem Heu, faulendem Wasser u. dgl. genährte, in der Pflege der Haut vernachlässigte, von rotzigen oder wurmigen Hengsten oder Stuten abstammcnde Pferde eine große Anlage zum Wurm haben; allein alle diese Umstände macken nur, daß in solchen Ver¬ hältnissen lebendeThiere leichter in K r a n k b e i t en a ll e rAr t(Entzün¬ dungen und ihre Übergänge) verfallen, derenProducte, wenn sie nickt entfernt werden, dann die Quelle zur Entstehung des WurmS um so mebr abgeben, als auch das Lymphsystem dadurch angefeindet, erschlafft wurde. Beim Wurm darf man also die eigentlichen Gelezenheitsursachcn nicht immer unmittelbar in den Mißverhältnissen der Witterung, Füt¬ terung, Berwendnng, Pflege und des Aufenthaltes suchen, — diese 334 sind nur die v o rb e r e it e n d e n Ursachen des Wurmes — sondern man mnß immer nach einer vorausgegangenen od er n och geg en- wärtigen, innerlichen oder äußerlichen Krankheit for¬ schen, deren Krankheitsproducte (Entzündungsübergänge) die gewöhnlichste Quelle des Wurmes sind. Aus der Beachtung dieses Um¬ standes geht auchhervor, daß selb edle, in den bestenVerhältniffenlebende Pferde in Wurm verfallen können, wenn sie durch irgend eine Ursache erkranken und die dabei erzeugten Krankheitsproducte von den Lymphge¬ fäßen aufgesogen und von ihnen nicht bezwungen werden können. Die bösartige und verdächtige Drüse, der Rotz, Lungen knoten und Vereiterung, Entartung und Verjauchung der Gekrösdrüsen, bösartige Durchfälle und Geschwürein den Gedärmen, Entartung der Leber, der Nieren u. dgl., Krankheiten der Geschlechtstheile, Widerrüstschäden, Strahlfäule, Huf¬ knorpelgeschwüre, Mauke, Schöbe u. s. w. liefern meistens die Krank¬ heitsproducte zur Entstehung des Wurmes in Folge des aufgesogenen krankhaften Schleims, Eiters, Jauche u. dgl. Daher bemerkt man häufig auch, daß in der Nähe derjenigen Gebilde, wo ein oder der an¬ dere Krankheitsproceß stattfindet und die Krankheitsproducte von den nachbarlichen Lymphgefäßen und Drüsen aufgesogen werden, die Wurmbeulen vorkommen, z. B. bei der Strahlfäule, Mauke, Huf¬ knorpelgeschwüren an den Füßen, bei Widerrüstschäden an der Schulter, bei Krankheiten der Luftwege in den Lymphdrüsen der Lunge (als Lun¬ genknoten), bei Krankheiten des Darmcanals in den Lymphdrüsen des Gekröses n. s. w., was durch die Untersuchung lebender Thiere und durch die Sectionen umgestandener oder absichtlich getödteter deutlich ge¬ zeigt wird. — Eine zweite, nicht seltene Ursache des Wurmes liegt in der Ansteckung, wenn nämlich die Wurmjauche von einem wurmigen Pferde auf die Haut eines gesunden Pferdes übertragen und von den oberflächlichen Lymphgefäßen eingesogen wird, was um so leichterstatt¬ findet, wenn die zufällig mit der Wurmjauche in Berührung kommen¬ den Hantstellen ihrerObcrhaut beraubt oder überhaupt zarter organisirt sind, wie z. B. die Schleimhäute der Nase, des Maules u. dgl. Vielfa¬ chen Erfahrungen zu Folge erzeugt auch das R o tz g ift, wenn es auf die äußere Haut kommt, iu dieser den Wurm, und umgekehrt, was leicht zu begreifen ist, wenn man bedenkt, daß Rotz und Wurm sehr ähnliche, hauptsächlich nur durch den Sitz verschiedene Krankheitsformen sind. Noch eine dritte, wenn auch seltenere Quelle des Wurmes kann in den gewöhnlichen zur Entleerung bestimmten Stof¬ fen. z. B. Harn, Mist, Milch, Samen u. dgl., liegen, wenn diese durchZurückhaltung und Nichtentleerung entmischtund zum Theile von den Lymphgefäßen aufgesogen werden, diese erkranken 335 machen. Jedoch sind in einem solchen Falle gewöhnlich auch die betreffen¬ den Organe selbst krank und die Krankheitsproducte der Entzün- dungsübergänge dann die eigentliche Ursache des Wurms. Es ist also der Wurm immer ein Folg eleid en oder die Fort¬ setzung anderer krankhaften Zustände, die man zwar, wenn sie nicht mehr zugegen oder tief im Innern des Körpers verborgen, oder auf einen kleinen Fleck beschränkt sind und sich daher durch keine auffallenden Er¬ scheinungen zu erkennen geben, schwer mit Bestimmtheit bezeichnen und angeben kann. In vielen Fällen bleibt daher bei Lebzeiten des Thieres die wahre Quelle des Wurmes verborgen und wird erst durch die Leichen¬ untersuchung erkannt. Immer aber muß eine solche Quelle da seyn, zu deren Ausmittelung nur eine genaue anamnesti¬ sche Erforschung der etwa vorausgegangenen Krank¬ heiten oder einer möglichen Ansteckung, die genaueste Un¬ tersuchung aller Verrichtungen in den 3 Lebensseiten und die Berücksichtigung des Sitzes der Wurmbeulen, führen können. Die nächste Ursache des Wurmes aber liegt in der Verle¬ tzung der Lymphgefäße und Drüsen durch die eingesogenen, fremdar¬ tigen, krankhaften Stoffe, in Folge deren sich eine Entzündung der Lymphgefäße und Lymphdrüsen mit ihren Übergängen in Ausschwi¬ tzung gerinnbarer Lymphe, jauchige Eiterung oder Verschwärung einstellt. Die Prognose beim Wurm wird nach der leichtern, schwieri¬ gen oder ganz unmöglichen Erfüllung der Heilbedingungen bestimmt und modifizirt. Vorzügliche Beachtung in dieserHinsicht erfordert 1) das dem Wurm zur Entstehungsursache dienende, innerli¬ che oder äußerliche Leiden; ist dieses leicht heilbar oder schon geheilt, so ist die Prognose günstig; ist aber dieses n li¬ he ilb ar und in einem edlen Organe, z. B. Lunge, befindlich, dann ist diePrognose ungünstig zu stellen; denn dieWurmbeulen verhalten sich zu diesen Leiden, wie die Wirkung zur Ursache; kann man die Ursache nicht heben, so wird auch die Wirkung nicht gehoben. — Vor kurzer Zeit erfolgte A n st e ck u n g läßt daher eine günstige Pro¬ gnose zu, wenn der Wurm noch ans wenige Stellen beschränkt ist, weil mit Beseitigung der Wurmbeulen in einem solchen Falle der Ansteckung die ganze Krankheit gehoben ist. 2) Ist die A n s b r e it n n g des Wur¬ mes und dessen Dauer wohl zu berücksichtigen; sind dieWurmbeulen oder Geschwüre sehr zahlreich nnd das Leiden alt, so ist das Lymphsy¬ stem mehr oder weniger erkrankt; tritt auch ein scheinbarer Stillstand ein und verschwinden auch von außen hier und da dieWurmbeulen, so brechen sie plötzlich neuerdings wieder hervor und eine Wurmbcule gibt 336 nun die Stoffe her zur Bildung unzähliger anderer. Ist nun so ein Thier sehr abgemagert, mit Wurmbeulen und Geschwüren zahlreich be¬ deckt, sind die Füße oder andere Körperstellen, wegen verminderter Auf¬ saugung der kranken Lymphgefäße, wassersüchtig, teigig angeschwollen und unförmlich, ist ein verdächtiger Nasenausssuß, Husten, schlechte Freßlust, Fieber oder wohl gar entschiedener Rotz zugegen, dann gehört solch ein Patient nicht mehr in die Behandlung eines Thierarztes, son¬ dern auf den Erpedirplatz des Wasenmeisters. Immer aber gehört der Wurm aus obgesagten Gründen zu den schwerheilbaren Krankhei¬ ten, daher er zu den Hauptfehlern gezählt wird. Die Behandlung des Wurmes muß sowohl aufdas Stamm¬ leiden des Wurmes, als auch auf den Wurm s elbst gerichtet seyn. Es ist daher die Entfe rnungder Gelegenheitsursache beim Wurm von größter Wichtigkeit, denn werden die Krankheits- producte, die das Stammleiden des Wurmes ausmachen, nicht entfernt, so haben die Lymphgefäße immerfort krankhafte Stoffe einzu¬ saugen und trotz alles Schmierens oder Brennens der Wurmbeulen oder Geschwüre kann keine Genesung erfolgen, so lange nicht die Quelle des Wurmes verstopft ist. Man behandle daher nebstbei die innerliche oder äußerliche, dem Wurme zum Grunde liegende Krankheit mit den geeigneten Mitteln und entferne das wurmige Pferd aus der Gemeinschaft anderer gesunder, damit die Krankheits- producte des Wurms nicht als Gelegenheitsursache zur Ansteckung an¬ derer Pferde dienen. Die Behandlung des Wurmes selbst hat die Erfüllung der 2. und 3. Heilbedingung zum Zwecke. Ein nach unfern Grundsätzen gebildeter Thierarzt wird keinen Augenblick in Verlegenheit seyn, das rechte Mit¬ tel zu treffen, wenn er sich nur die Frage beantwortet: welches Grundleidenistzugegen? Entzündung,AusschwitzungvonLymphe, Vereiterung und Verjauchung oder Verhärtung? Ist der Wurm 1) noch eine entzündliche Geschwulst (ent¬ zündliche Wurmbeule), so wird er die Zertheilung der Entzündung durch Einreibung der Mercurialsalbe mit Terpentinöl, oder auch der Scharfsalbe zu bewerkstelligen trachten. Ist 2) Aus¬ schwitzung gerinnbarer Lymphe das in der teigartigen, schmerzlosen, nicht heißen Wurmbeule enthaltene Krankheitsproduct, so wird er die nämlichen Salben einreiben, um noch Zertheilung zu versuchen, oder wenn diese nicht mehr möglich ist, schnellere Eiterung zu bewerkstelligen. Ist 3) die Wurmbeule in Folge des schon eingetretenen jauchigen Eiterungsprocesses ganz weich und schwappend, so wird er unverzüglich mit dem Messer die Beule 337 eröffnen und die Jauche entleeren, damit sie nicht eingesogen werde oder auf die Umgebung zurückwirke und so das Leiden vergrößere; ist sie einmal offen, so wird er in die Wnndfläche wieder Scharf¬ salbe einreiben, oder rothen Quecksilberpräcipitat allein oder mit Eichenrindenpulver vermengt einstreuen, um die kraukbaft- producirende Wundfläche, die meistens keinen guten Eiter erzeugt, umzustimmen; mit diesen reizenden Mitteln darf aber nur so lange fortgesahren werden, als die Wurmstellen unrein sind und noch schlechten Eiter absondern. Wird die Wundfläche rein und trocken, was zuweilen nach einmaliger scharfer Einreibung oder Präcipitat-Einstreuung geschieht, so überlasse man die Vernar bung ganz der Heilkraft der Natur. Sind aber 4) Wurmge schwüre mit unreinem, vertieften, speckartigen Grunde und anfge worfenen harten Rändern zugegen und sondern sie fortwährend Jaucbe ab, dann ist ohne Zeitverlust ein entsprechend geformtes Glühe isen zur Hand zu nehmen und die ganze Geschwürsfläche, mit möglich¬ ster Schonung der zunächst gelegenen gesunden Haut, anszubrennen. Nichts wirkt in solchen Fällen kräftiger und schneller zur Erfüllung der 2. und 3. Heilbedingung als das Glüheisen. Weil aber der Thierarzt stets alle Heilbedingnngen vor Augen haben muß, so darf er mit dem Glüheisen nicht mehr zerstören, als nothwendig ist; denn der Wiederersatz der verlornen Haut kommt langsam zu Stande und sichtliche Narben entstellen die Thiere und vermindern so gar ihren Werth. 5) Ganz verhärtete, schmerzlose, kalte Wurm beulen können mit den nämlichen obgenannten Salben behandelt wer¬ den ; sie kommen jedoch seltener vor und trotzen gewöhnlich jedem Zer- theilungsversuche. Mit diesen wenigen örtlichen Mitteln: Scharfsalbe, Mer- curialsalbe, rotheni Präcipitat, Messer und Glüh¬ eisen — wird die Heilung gelingen, wenn sie ja möglich ist. Von innerlichen gegen den Wurm gerichteten Mitteln ist we¬ niger zu hoffen und unter diesen nur von solchen etwas zu erwar¬ ten, die auf Hautausdünstuug, Harnabsonderung und auf das Lymphsystem specifisch einwirken, damit durch sie das kranke Lymph¬ system umgestimmt und die Krankheitsproducte des Wurms entwe- der durch die Hautausdünstung oder Harnabsonderuug aus dein Körper geschafft werden. Unsere gewöhnliche Medicin in diesem Falle ist: Roher Spießglanz Loth, Terpentinöl t-2 Lotb, Wachhold erbe erenpulver l Loth, zur Latwerge, einmal im Tage. In diätetischer Hinsicht ist gutes Futter, tägliäie Bewe- Bleiweis Hellverf. 5. Aust. 338 gung, reinlicher Stall, öfteres Abtreiben und Strie¬ geln der Haut des ganzen Körpers nicht zu übersehen. Weil der Wnrm eine ansteckende Krankheit ist, deren Ansteckungs¬ stoff in den W n r m g eschwü r e n enthalten und andern Pferden, wenn sie mit dieser Wurmjanche besudelt werden, mittheilbar ist, so ist voll¬ ständige Reinigung des Stalles, der Arbeits- und Futtergeräthe u. s. w. wie beim Rotz nothwendig, bevor man das geheilte Pferd oder andere gesunde in denselben Stall gibt und die nämlichen Gerätschaf¬ ten anwendet. Aber auch Menschen müssen sich vor Besudelung, be¬ sonders wunder Stellen, mit Wnrmjauche verwahren, weil diese, wie das ihr ähnliche Rotzgift, ansteckend wirken, obgleich in der neuesten Zeit M a gen die und Larrey bei den Verhandlungen der Pariser Akademie sich entschieden gegen die Ansteckung des chronischen Rotzes bei Menschen widerBreschet ausgesprochen haben. Auffallend ist es wohl auch, daß am hiesigen Institute bei so vielfacher Gelegenheit zur Ansteckung, von Seite der Zöglinge in vielen Jahren kein Fall der Art sich ereignete. Der Wurm ist, wie schon oben gesagt wurde, ein Haupt¬ fehler, und dessen Gewährszeit in Österreich 30 Tage. Zehnte Abteilung. Krankheiten des Hufes. Hufentzündung, auch Nähe, Reh kran kheit, Rehe, Verschlag, Verfangen u. s. w. genannt. Nie Benennung rähe oder im gemeinen Leben in Österreich rat, soll wahrscheinlich so viel heißen als steif — Rehe oder Reh- krankheit rührt von der besonderen, den Rehen ähnlichen Haltung und Stellung des Körpers solcher kranken Pferde, oder von dem an¬ geblich öfter» Befallenwerden der Rehe von dieser Krankheit, wenn sie erhitzt durchs Wasser gejagt werden — Verschlag entweder von der unterdrückten (verschlagenen) Hautausdünstung, welche die gewöhn¬ lichste Ursache dieser Krankheit ist, oder vom fehlerhaften Beschlag — Verfangen von der mühsamen, schmerzhaften oder ganz unmöglichen Bewegung der Füße her. Die Rehe, die mit allem Rechte zu den innerlichen Krankheiten gehört, ist eine der gewöhnlichsten Pferdekrankheiten, weil man von den Pferden vorzüglich nur Bewegung fordert und die Füße die Hebel derselben sind. Der Sitz dieses Leidens ist nicht der Hornschuh, der ohne Blut¬ gefäße und Nerven ist und daher gar nicht die Fähigkeit besitzt, ent¬ zündet zu werden, sondern der Sitz der Entzündung sind vorzüglich die von dem Hornschuh eingeschlossenen, ihn ernährenden und bildenden zellig-aderigen Gebilde, als die Fleischsohle und Fleisch¬ wände, sammt der den obern Rand des Hornschuhes kreisförmig be¬ glänzenden Fleischkrone; nicht selten erstreckt sich das rheumatische Lei¬ den auch über den ganzen Fnß, wo es dann in den Muskeln, vorzüg¬ lich Muskelscheiden und Sehnenhäuten der Gliedmaßen seinen Sitz bat. Das Leiden befällt oft nur einen, oft zwe i, oft alle vier Füße; am gewöhnlichten und heftigste» erkranken gewöhnlich die Vorderfüße, wegen der größer,: Anlage zu Entzündungen in Folge des mebr tro¬ ckenen Verhaltens derselben. Das Gr» ii dl ei den ist anfangs Entzündung, daher bei der 2z. 340 Rehe anfänglich alle Merkmale der Entzündung zugegen sind: die hö¬ here Rothe sieht man ost an der weißen Linie, die roth punctirt oder roth gefleckt erscheint; die höhere Wärme ist an der Krone und am ganzen Hornschuh fühlbar; die Geschwulst ist besonders an der Krone deutlich; der Schmerz verräth sich durch das Zucken beim Drücken oder Anschlägen mittelst einer Zange oder eines Hammers auf den Horn¬ schuh, durch das unruhige Hin- und Hertreten, durch die ungewöhn¬ liche Stellung des leidenden Fußes, durch das Zittern desselben, durch das Niederlegen, Ausstrecken und Anziehen der leidenden Er- tremität, durch öfteres schmerzhaftes Ächzen, beschleunigtes Athmen, durch verlorne Freßlust u. s. w.; die gestörte Verrichtung der leidenden Theile gibt sich durch die beschwerliche, mühsame, steife oder ganz unmögliche Bewegung, unregelmäßige Stellung zu erken¬ nen ; daher stehen solche Kranke oft wie angewurzelt an dem Boden, gehen mehr oder weniger krumm, besonders auf hartem Boden, im Trabe und beim ersten Antritt der Bewegung, strecken die kranken Vorderfüße beim Gehen sehr, zucken beim jedesmaligen Auftreten ans den Boden, und treten nur auf die Trachten und Fersen auf, die, gewöhnlich am meisten schmerzhafte Zehe schonend. Ist nur ein Fuß krank, so wird man'bemerken, daß das Thier denselben, um die Zehe zu schonen, vorstreckt und ost in die Höhe hebt. Leiden beide Vorderfüße, so werden beide wechselweise vorwärts gestreckt und gehoben, die Hinterfüße aber weit unter den Bauch nach vorn gestellt, damit diese jetzt die größere Körperlast auf sich nehmen und die vorder» geschont werden. Leiden bloß die H inte rfüße, so stellt das Thier alle 4 Füße unter den Bauch; die vorder» mehr nach rückwärts, damit diese die größere Last tragen, die Hintern aber mehr nach vorwärts, um dieZehe zu schonen und die Schwere mehr auf die Fersen zu legen. Ist das Thier an allen 4 Füßen rehe, so hebt das Thier alle Füße wech¬ selweise zuckend und schmerzhaft in die Höhe, zittert und steht, als ob es kreuzlahm wäre, ist sehr unruhig und kann sich meistens Schmerzen halber auf den Füßen gar nicht mehr erhalten, sondern liegt an der Seite, alle vier Füße weggestreckt und sie wechselweise anziehend und bewegend unter häufigem Ächzen. Jedoch ist die Unruhe in der Stellung und Be¬ wegung reher Pferde leicht von der Unruhe bei der Kolik zu unter¬ scheiden, denn die rehekranken hauen, schlagen und kratzen nicht mit den schmerzhaften Füßen, legen sich behutsam nieder und wälzen sich nicht, wie bei der Kolik. Das Leiden der Hinterfüße aber ist, wie T e n- neker richtig bemerkt, oft nur eine opti sch e T äuschun g, indem das Thier auf den Vorderfüßen sich nicht erhalten kann, wirft es die ganze Last auf die Hintern, weßhalb diese im Gange gespannt und wie 341 gelähmt erscheinen. Eine genaue Untersuchung der Hufe selbst wird jedoch diese Täuschung verhindern. Abhängig von der Entzündung, als dem Localleidcn, sind alle übri¬ gen Krankheitserschcinungen, die die Rehe begleiten. Ist der Grad der Entzündung bedeutend oder ihr Umfang wegen gleichzeitigem Ergriffen seyn mehrerer Füße ausgebreitet, so wird nie das Fieber fehlen, wel¬ ches nach der Organisation des Thieres entzündlichen oder fauli- gcn Eharacters ist, den sichersten Maßstab zur Beurthci- l nng der Heftigket der Entzündung abgibt und bei der Rehe gewöhnlich sehr heftig ist, weil die Schmerzen wegen fortwäh¬ render Quetschung der entzündlich geschwollenen Gebilde zwischen Horn und Knochen immer sehr heftig sind. So wie das Fieber von der örtlichen Entzündung abhängig ist, so sind auch die übrigen Erscheinungen nur Folgeleiden der Entzündung und des Fiebers, als: die höhere Wärme des ganzen Körpers; die höhere Röthe der sichtlichen Schleimhäute; das beschleunigte und auffallende, oft ächzende, stöhnende Athmen; die verlorne Freßlust, der vermehrte Durst ; die verzögerte Mistentleerung und der trockene Mist; die vermin¬ derte Harnentleerung und der bierbraune Harn; die große Unruhe, das Aufliegen des Thieres an verschiedenen, mehr vorragenden Körperthei- len, z. B. an den Hüftknochen, Rippen, am Kopfe n. s. w. Zertheilt sich die Entzündung nicht, so treten bei hochgradigen Entzündungen sehr schnell, oft binnen wenigen, 12—18 Stunden, Entzündungsübergänge ein,als: 1)Trennung der äußern Hornschichten, als gelindester Übergang, 2) seröse, blutige oder lymphatische Ergießungen zwischen die fleischigen und Horni, gen Gebilde, 3) Eiterung, 4) Verjauchung, 5) Brand und in der Folge aller dieserEntzündungsübergäuge 6)Trennung des Hornschnhs von den darunter liegenden Gebilden, und nicht selten der Tod des Thieres; zuweilen sind aber auch langwierige Fuß- leiden, nicht selten auch ganz unheilbare, den Dienst des Thieres sehr beeinträchtigende Hufleiden, als Verwachsung der Gelenke, Voll- Huf, Stelzfuß, Knorpelgeschwüre und andere Mißbildungen, die Fol. gen der Rehe. Der Brand ist bei der Rehe kein seltenes Ereigniß, weil durch den anhaltenden Druck von zwei harten Seiten (Hornund Knochen) auf diezwischenihneneingeklemmten und entzündeten zellig-aderigen Gebilde der Zu- und Abfluß des Blutes verhindert wird und so durch aufgeho¬ bene Ernährung dieser Theile der örtliche Tod, d. i. Brand, eintretcn muß. Je schwärzer, dicker uud sülziger das beim Anbohren der Hufe her¬ vorquellende Blut ist, desto mehr ist der Brand zu fürchten. 342 Wie lassen sich mm die eben genannten Entzünd n n gs Über¬ gänge erkennen? Auf den Übergang der Entzündung entweder in das eine oder an dere Folgeleiden kann man schließen, wenn 1) das hochgradige Leiden schon mehrere Tage dauert; 2) wenn die Entzündung mit ihren Merkmalen zurü cktritt, d. h. wenn die früher entzündlich geschwol¬ lene Krone einfällt; der Huf und die Krone die hohe Hitze und den hef¬ tigen Schmerz verliert, die weiße Linie um eineu Zoll oder noch mehr sich vergrößert, mürb und blätterartig erscheint; die Sohle voller wird, und der ganze Huf länger erscheint, der leidende Fuß geschwunden und abgemagert ist; an verschiedenen Stellen brandiges Anfliegen bemerkt wird; der Hornschnh sich trennt und wenn 3) die Krankheitspro¬ duc t e der E n tzü n du n g süb e rgä n g e entweder durch die Horn- wände durchscheineu oder Serum, Blut, Eiter, Jauche, Brandmateric an den getrennten hornigen Stellen, an der Krone oder am Ballen zum Vorschein kommen. Ein hochgradiges fauliges Fieber wird in solchen Fällen nie fehlen, wenn die örtlichen Zerstörungen bedeutend sind oder gar der Tod in der Nähe ist, doch wird uns das Fieber nur über die Heftigkeit und Gefahr des Leidens, nicht aber über diesen oder jenen Entzündungsübergang Auskunft geben. Gelindere, nicht zum Tode füh¬ rende Entzündungsübergänge begleitet ein mäßige r cS Fieber, entzünd¬ lichen oder fauligen Charakters. Leiden mehrere Füße, so sind die Übergänge nicht immer ans allen gleich. Die Dan er der Rehe mit Bestimmtheit anzugeben, ist unmöglich. Zertheilt sich die Entzündung, so ist das Leiden oft in ein paar Tagen vorüber; oft gelingt die Zertheilnng und Genesung erst in 7 und nvcb mehr Tagen. Treten Entzündungsübergänge ein, so geht oft das Thier, besonders durch Braud, in wenigen Tagen zn Grunde; oft sind lang¬ wierige, durch 4, 6,8Wochen, ja halbeJahre und noch länger dauernde Huflciden die Folge. Die acnte oder chronische Dauer der Rehe wird daher durch die verschiedenen G rn n d leiden und durch den mehr oder weniger ausgebreiteten S itz des Leidens entweder nur auf einem oder mehreren Füßen bestimmt. Ist die Rehe hartnäckig, dabei das Ath- men bedeutend quantitativ und qualitativ von der Normalität abwei¬ chend, und mit anhaltendem hochgradigen Fieber verbunden, und das Thier sich nie niederlcgt, so ist großer Verdacht zu haben, daß auch die Lunge leidet, in welchem Falle dann meistens auch schon unheilbare Entzündungsübergänge zugegen sind. Ursachen der Rehe. Zu den vorbereitenden gehören eine sehr enge und harte Beschaffenheit des Hornschuhes, 343 wie dieß beim Zwanghuf der Fall ist, der die darunter liegenden Flcischtheilc fortwährend druckt und quetscht, und dadurch in einem ge¬ reizten Zustande erhält; eine übermäßig angestrengte Bewe¬ gung der Pferde, besonders aufhartem steinigen Boden, wodurch eben¬ falls die Füße in einen gereizten Zustand versetzt werden; anhalten¬ des Stehen in warmen und dunstigen Sta llun gen, wo¬ durch Verkühlungen erleichtert werden; öfteres Erkranken an Rehe, wodurch die Anlage zu neuem Erkranken gesteigert wird, der Vollhuf und andere krankhafte Änderungen des Hufes bedingt werden: die aus der ganzen normwidrigen Form des Hufes, aus der geringel¬ ten Beschaffenheit der sonst glatten Hornwände in Folge eines ungleichen Wachsthnms, aus der Auswärtsbengung derselben, aus der vollen Fläche der Sohle, aus der vergrößerten Breite der weißen Linien, s. w. erkannt werden; ferner zu starkes Aus schneiden des Hufes an der Sohle; Ab raspeln und zu starkes Verkürzen der Horn wände; fehlerhafter Beschlag, schlechte Pflege der Hufe; zu trockener oder nasser Aufenthalt. Durch alle diese Umstände wird der Huf in einen gereizten oder geschwächten Zustand versetzt, und seine Verletzbarkeit erleichtert. Unter den Gelegenheitsursachen der Rehe steht die Ver¬ kühlung oben an, und nächst ihr eine übermäßige und zu lange fortgesetzte Bewegung derPferdc, besonders auf hartem und steinigem Boden, die zuweilen nur als vorbereitende Ursache zur Rehe für darauf folgende Verkühlung dient, nicht selten aber durch die mechanische Reizung der unter demHornschuh liegenden zellig-aderigen Gebilde als eigentliche Gelegenheitsursache wirkt. Alle übrigen mecha¬ nischen Schädlichkeiten, als Nageltritte, Vernagelung, Kronentritte und dergleichen erzeugen zwar auch Hufentzündungen, allein keine Rehe; denn Hufentzündung undRehe sind nicht ganz gleichlautend, und ein Pferd mit Nageltritt, Vernagelung, Kronentritt u. dgl. wird nicht rehe genannt, obgleich alle diese Krankheiten in Hufent- zündnng bestehen. Die Rehe ist daher vorzugsweise eine rheuma ti¬ sche Hufentzündung zu nennen, deren Ursache hauptsächlich Ver¬ kühlung oder andere mehr allgemein auf alle vier Füße wir¬ kende Schädlichkeiten sind, z. B. heftige Bewegung, andaltendes Ste¬ den ohne Bewegung, nahrhafte Fütterung, eigene miasmatische Ein flüsse als Erzeuger der, bei Pferden wohl viel seltener als beim Rinde verkommenden Fnßseuche. — Deßwcgen ist die Rehe, obgleich der Huf ilir vorzüglichster Sitz ist, nicht immer bloß auf den Huf beschränkt, sondern ergreift auch andere Theile des Fuß es, z. B. Muskel, Sehnen, überhaupt vorzugsweise die faserigen und sehnigen Gebilde der Glied- 344 maßen, und complicirt sich in Folge der Verkühlung auch mit Entzün¬ dungen anderer Organe, z. B. der Brust, der Gedärme n. st w., was bei einer Hufentzündung durch Nageltritte, Vernagelung u. dgl., nicht der Fall ist. Die Verkühlung kann nur durch kalten Luftzug oder cntgc- genwehende rauhe Winde geschehen, wenn die Thiere erhitzt, und schwitzend diesen Einflüssen ausgesetzt werden — eine solche Rehe wird gemeiniglich Windrehe genannt. Die Verkühlung kann aber auch durch das Schwemmen erhitzter Pferde im kalten Wasser, durch das Durchpaffiren von Bächen oder kleinen Flüssen, durch das Tränken mit kal¬ tem Wasser nach vorausgegangener starker Bewegung, selbst durch das frühzeitige Abwaschen des Straßenkoths von den erhitzten Füßen mit kaltem Wasser, ohne sie gleich darauf wieder abzutrocknen, veranlaßt wer¬ den— eine solche Rehe wird Wasserrehe genannt. NebstderWind- nndW a sfer r ehe unterscheidet man noch eine Futter- und Stall rch e. Ein übermäßiger Genuß von nahrhaftem und schwer verdauli¬ chem Futter, z. B. frischem Korn, Malz, Kleien, bei nicht entsprechen¬ der Bewegung derThiere soll die sogenannte Futterrehe veranlassen, weil vielleicht wegen Überladung des Bauches mit Futterstoffen die Crr- culation des Blutes im Bauche, und vorzüglich im Pfortadersystem ge¬ hemmt wird, und in Folge dessen zu den durch längeres Stehen, schwere Körperlast mastiger Thiere, oder andere Ursachen ohnehin gereizten Fü¬ ßen bedeutende Blutcongestivnen erfolgen, die sich selbst bis zur Entzün¬ dung steigern können, oder wahrscheinlich nur eine größere Anlage zu Entzündungen bedingen, wenn andere Gelcgenheitsursachen einwirken. Die Stallrehe entsteht angeblich nur dadurch, daß die Thiere zu lauge müßig im Stalle gehalten werden, ohne bewegt zu werden; die¬ ses anhaltende Stehen ohne Bewegung versetzt ohncweiters die Füße und Fußenden in einen gereiztcnZustand, zumal wenn das Thier einen Zwang¬ huf hat, auf zu trockenem Boden steht, und einen schweren Körper be¬ sitzt; — allein wahrscheinlicher ist's, daß dadurch nur eine große An¬ lage zur Rehe bewirkt wird, die sich zur förmlichen Rehe ausbildet, wcun andere Schädlichkeiten, vorzüglich Verkühlung, auf die Füße ein¬ wirken. Und warum sollte sich das Thier, wenn es auch gar nicht ans dem Stalle kam, nicht verkühlen können, wenn der Stall sehr warm und dunstig ist, und die Thiere darin viel ansdünsten oder gar schwitzen ? Wie leicht schadet ihnen dann ein kleiner Luftzug durch die geöffncteThür oder Fenster oder den schlecht gebanten Abzugscanal? Solche nachtheilige Einflüsse aber, weil sic nicht bandgreiflich einwirken, übersehen die Lente ganz, nnd wundern sich, wie das Thier erkranken konnte, da es doch nicht ans dem Stalle kam, und auf der Stelle wird eine eigene Rehe 345 erfunden, die dcnTitelSta llrehe führt, obgleich sie gewöhnlich nur eine Wind re he ist. Endlich glauben viele Thierärzte, daß die Rehe ost mir in Folge von Ablagerung anderer Krankheiten, z. B. der Gedärme, Lunge u. s. w., oder der sogenannten Fieberreize auf die Füße entstehe. Be¬ sonders häufig ist der Glaube, daß sich Koliken und L n n g c n e n t- z und ungen auf die Füße schlagen, und daß die Rehe, wenn die Ko lik vergeht, eine Ablagerungskrankheit der Kolik darstelle, so wie im Gegentheile nach der Besserung der Rehe die Lungenentzündung oft als verschlagene Rehe austrete. Dieser Glaube, ein Erbtheil der alten Thierarzneiwissenschast, ist wohl ost ganz unrichtig und die Folge unrich¬ tiger und oberflächlicher Beobachtung. Wie ost wird die Natur entstellt aufKosten falscher Beobachtung! Man bemerkte die Rehe erst nach gc hobener Kolik, weil man sie früher gar nicht vcrmuthete und die Hufe nicht untersuchte — und alsogleich wurde die Abla g eru ng ersonnen, statt seinen Jrrthum und die Oberflächlichkeit der Untersuchung einznsc Heu und zu bekennen; denn was man für Ablagerungskrankheit hielt, ist nur g leichzeitige und nichterkrankte Co mplication (cigcnt lich Composttion) gewesen. Wird ein erhitztes Thier verkühlt, so ist es sehr leicht erklärlich, daß oft eine Rehe und zugleich mit ihr eine Ko lik oder ein andersmal eine Lungenentzündung die Folge der Verküh lung ist. Allein die Erkenntniß dieser Complication ist im ersten Augen blick wirklich nicht immer leicht; denn so wie heftige Kolik mit ihren Erscheinungen, als großer Unruhe, Hin- und Hertrippeln, Kratzen, Wälzen, Anziehen der Füße u. s. w. die Rehe so verdunkelt, daß man nur eine Kolik vor sich zu haben glaubt, so kann auch eine heftige Reh-, durch ihre Erscheinungen, als große Unruhe, unregelmäßige Stellung, schnelles nnd auffallendes Athmen u. s. w. eine rheumatische Lungen entzündungganz verdunkeln, denn der heftigere Hufschmerz übertriff! den Brustschmerz, und das Thier kann in einem solchen Falle nicht st ruhig und so eigenthümlich dastehen, wie bei der Lungenentzündung Nur wenn im ersten Falle die Kolik sich bessert oder ganz vcr geht, treten die Erscheinungen der Rehe deutlich her vor, und dann glauben solche Thierärzte, die nur die äußern Sinuc zu gebrauchen gewohnt sind: die Rehe sey die Folge oder Ablagerung der Kolik! Eben so geht es mit der Lungenentzündung, wenn die Rehe, die immer einen schnellen Verlauf hat, vergeht, und die Lungencntzün düng erst jetzt deutlicher hervortreten kann, so glaubt man wieder den umgekehrten Fall, nämlich die Rehe habe sich auf die Lunge ge¬ schlagen, obschon beide Krankheiten aus der nämlichen Ursache zu gleicher Zeit entstanden sind. Bequem sind wohl diese Ablagerungs- 346 thcorien, aber wahr sind sie selten! Doch wollen wir nicht läugnen, baß in seltenen Fällen dergleichen Üb e r s e tz n n g c n v o n K r a n k h e i t e n anderer Organe ans die Hufe stattfinden und umgekehrt, denn mitunter geschieht so ein Ergebniß ganz unerwartet. Die nächste Ursache der Rehe ist iuder V erle tz u ng der ge¬ nannten Fußtheile durch die angeführten Gelegenheitsnrsachen, am ge¬ wöhnlichsten in einer Unterdrückung der Hautausdünstung zu suchen, wo¬ durch cs geschieht, daß der Zug der durch die Haut nicht ausgeschiedene» abgelebten Stoffe mit dem Blute zu den durch irgend eine Ursache in einem gereizter» Zustande sich befindenden Fußenden hingeht, die dadurch ver¬ letzt, in Entzündung verfallen, welche, wenn die Verletzung bedeutend war, Übergänge bildet, die nach ihrer Beschaffenheit nnd Entfernbarkeik mehr oder weniger gefährliche Hufleiden begründen. Die Prognose bei der Rehe richtet sich vorzüglich nach der Ver¬ schiedenheit der stattfindenden Grund lei den, die eine leichtere oder schwierigere Erfüllung der Heilbedingungen bedingen. Immer läßt die Entzündung eine günstigere Prognose zu, als ihre Übergänge. Doch bat auch die Entzündung verschiedene Gr a d e; leichtere Entzün¬ dungen haben nnrein g eri ng e s oder garkein Fieber, und solche sieberlose Hufentzündungen sind leicht heilbare Leiden; heftige Entzün¬ dungen mit h c ft i g e m F i e b e r sind wegen der leicht und oft sehr schnell cintretenden Entzündungsübergänge immer gefährlich. Der g e l i n d e stc und gefahrloseste Übergang ist die Abblätterung bloß der äu ßeruHoru- schichteu; gefährlich sind seröse, blutige nnd lymphatische Ergie¬ ßungen ; sehr schl i m m ist Eiterung oder Verjauchung; am s chli m ni¬ st en und schnell tödtlich ist der Brand, der bei der Rehe ans obange- sührtem Grunde sehr häufig verkommt. Die Gefahr, die mit der stel¬ lenweise» oder ganzen Tre» n n n g des H v r nsch u h e s (Ausschuheu) verbunden ist, richtet sich nach dem Entzündungsübergange, der diese Trennung durch Aufhebung oder Abnahme der, zwischen Fleischwaud und Hornwand, Fleischsohle und Hvrnsohle, bestehenden organischen Verbindung bewirkt. Tüdtet auch die Rehe die Thiere nicht immer, so führt sie oft zu langwierigen und oft ganz unheilbaren Leiden der Hufe und Füße, z. B. Vollhuf, Knollhuf, Stelzfuß, Knorpelgeschwüren, Veränderung der normalen Lage des Hufbeines, Steifigkeit und serösen Geschwülsten der Füßen, s. w. Die Complieation der Rehe mit Lungenentzündung ist immer eine mißliche Sache ans Rücksicht derviertcn Heilbedingung; denn Lungenentzündungen erfordern ein ruhiges Ver¬ halten nnd Stehen der Thiere, dagegen bei der Rehe für die Ruhe der kranken Füße das Liegen viel vortheilhaster wäre, wegen der vermebrteu 347 Athmungsbcschwerde aber nicht möglich ist. — Brandiges An slic gen an vielen Stellen trübt die Prognose sehr. Therapie. Die Behandlung der Rehe muß immer die G r u n d- leiden und ihre Heftigkeit vor Augen haben, damit die Erfül¬ lung der nothwendigen Heilbediugungcu gehörig stattfinden könne. 1. Behandlung der Entzündung. Vor Allem ist 1) die Abnahme des Eisens am kranken Hufe nothwendig, damit sich die durch Entzündung angeschwollenen Hornwände ansbrciten können, und nicht durch den Widerstand des eisernen Reifes daran gehindert werden. Den nämlichen Zweck haben wir schon auch dadurch erreicht, daß wir das Eisen am Hufe belassen und nur die Hintern Hufnägel herausgenvmmcn haben, weil die E r Weiterung des Hufes nach den mehr dünnen Seiten und Trachten am meisten stattfindet, die der eigentliche Zweck der Eisenabnahme bei der Rehe ist, indem übrigens das Hufeisen das beste Schutzmittel ge gen den Druck des Bodens auf die Sohle gewährt. Sodann stelle man 2) das kranke Thier auf viele gute Streue, damit der Hus weich stehe, oder wenn es sich nicderlegt, sich nicht anfliege. Zur Erfül¬ lung der zweiten Heilbedingung schlage man 3) in kaltes Wasser getauchte uud fortwährend feucht e r h a lt e n e L a p p e n um den Huf, oder schlage Kleien, Sägespäne, am besten aber einen teig artigen Lehm oder Thon um denselben um, die mit einem Lein wandlappeu daran befestigt, ebenfalls immer naß uud kalt erhalten werden müssen. Nie dürfen diese Umschläge trocken und heiß werden, weil sie sonst aus guten Wärmeleitern zu schlechten Wärmeleitern werden uud statt zu helfe», uur scha den würde». Weil der Thon oder Lehm am längsten feucht uud kalt bleibt, so verdient er den Vorzug vor allen andern Einschlä gen. -— Diese Mittel in Verbindung mit dem ruhigen Aufcnt halte in einem mäßig warmen Stalle und guter Bedeckung und Frvttiruug des Thieres, um die allenfalls unterdrückte Hautausdünstung zu befördern, sind oft hinreichend, um Hufent zünduugen im geringer» Grade zu heile». — Die kalte» Unischläge dürfen jedoch nicht so lange, als das Thier Schmerzen äußert, sondern nur so lange die entzündliche Anschwellung besonders der Krone anhält, fortgesetzt werden; ist die Krone eingefallen, da entferne man sie, weil sonst gar zu sehr der Blutzufluß be¬ schränkt wird. Hier und da bringt man die sogenannten englischen Wasserschuhe inAnwendung, welche ans starkem wasserdichten Leder 348 verfertiget, an innerer Fläche, an Wänden und Sohlen mit Badeschwamm gefüttert, und am obern Rande mit Riemen und Schnallen versehen sind, um über der Krone locker befestiget zu werden. Sie werden fort¬ während feucht erhalten. Ist die Entzündung hochgradig und mit einem heftigen Fieber begleitet, dann müssen ebenfalls diese Mittel in Anwendung kommen, allein sie reichen nicht aus, die Entzündung zu zertheilen und Wört¬ liche und 5) allgemeine Blutentlerungen sind nur zur Erfüllung der zweiten Hcilbedingung dringend angezeigt. Häufig ist die örtliche Blutentleerung allein hinreichend, um die Gewalt der Ent¬ zündung zu breche»; nicht selten aber müssen auch zugleich allge¬ meine Blutentleerungen in Anwendung kommen. Wir können die zeit¬ liche Anwendung der Blutcntleerungen in nur etwas hochgradigen Huf- cntzündungen nicht genug empfehlen — so lange Entzündung noch zu¬ gegen ist, kann der Thierarzt noch sehr viel zur Heilung und Abhaltung der Übergänge beitragen; sind schon Übergänge eingetreten, dann ver¬ mag die Kunst- und Naturhülfe sehr wenig, oft gar nichts, und das Thier geht entweder zu Grunde, oder verfällt in langwierige Huflei¬ den. Besser ist es, wenn die Blutentleerung überflüssig, als wenn sie verspätet war! Sind daher die örtlichen Entzünduugsmerkmale heftig, wenn auch das Fieber noch geringer ist, so nehme man sogleich die örtliche Blutentle erun g vor; sind die Erscheinungen des Lo¬ calleidens heftig, und das Fieber auch schon über 60 in der Minute, so mache man nebst der örtlichen Blutentleerung auch einen Aderlaß, um so mehr, wenn das Thier gut genährt und von entzündlicher Or¬ ganisation ist. Die örtlichen Blutentleerungcn werden gewöhnlich an der Sohle vorgenommen, indem man ein Stück Horn, etwa von der Größe eines Silbergroschens, an der weißen Linie der Zehenwaud und Sohle mit dem bekannten Messer herausnimmt, und nun die entblö߬ ten zellig-aderigen Theile scarificirt, und das Blut so lange fließen läßt, bis die Hitze und Anschwellung oberhalb des Hufes abnimmt. Daß man während der Zeit des Blutflusses die kalten Umschläge nicht anwendcn darf, ja sogar durch einen ins warme Wasser getauchten Schwamm den Blutfluß befördern könne, ist von selbst einleuchtend. Hat aber die Blutung aufgehört, und ist die gemachte Grube mit einer Wergcharpie so ausgelegt, daß durch ihren Druck die entblößten Fleischtheile innerhalb den Gränzen der Horntheilc zurückgehalten wer¬ den, dann werden die kalten Um schläge oder Einschlä g e so lange fortgesetzt, bis die entzündlichen Erscheinungen am Hufe nach¬ lassen. 349 Eine zweite Art der örtlichen Blutentleerung, wobeimanden Hornschuh ganz verschont, ist, daß man ein Band oder eine Schnur um den Fessel so fest umbindet, daß die von der Krone an der äußern und innern Seite am Fessel aufsteigenden Fesselvenen anschwellen, die man mit einer Lanzette dann öffnet, und tüchtig bluten läßt. — Eine zu umständliche Operation! Eine dritte Art dieses örtlichen Aderlasses ist, daß man ober¬ flächliche, senkrecht herablaufende Einschnitte (Scarificativnen) in'die geschwollene Krone macht, aus welcher die Blutung einige Zeit durch Bähungen mit warmem Wasser unterhalten wird. — Eine zu wenig Blut entleerende Operation! Eine vierte Art des örtlichen Aderlasses ist das häufige mit Vortheil ausgeführte Ballen schlag en, d. i. eine Operation, wo mittelst einer Mete, etwa Zoll tief, beiläufig in der Mitte eines jeden Ballons, ein Schlag beigebracht wird, der eine bedeutende örtliche Blutentleerung zur Folge hat. Diese letztem Arten haben vor der ersten nur in so ferne den Vorzug, als die Hornsubstanz unverletzt bleibt, die sich nur lang¬ sam wieder ersetzt; daher erstere Operation auch immer an der weiße» Linie unternommen wird, damit die längere Zeit bloßliegendc Öffnung durch das Eisen wieder bedeckt werden könne. Das Stellen eines rehen Pferdes in einen Teich oder Sumpf, wo Blut e g el sich aufhalten, hat — wo man es thun kann — dm doppelten Nutzen der kalten Umschläge und der örtlichen Blutent¬ leerung. Die allgemeine Blutentleerung wird wie immer an der Hals¬ vene vorgeuommen, und nach Bedarf auch wiederholt; die Menge des zu entleerenden Blutes richtet sich nach der Heftigkeit der Entzündung, die das Fieber am sichersten bestimmt, und nach der Organisation und dem Alter des Thieres. Noch ein anderes wichtiges äußerliches Mittel sind 6) die revel- liren denEinreibungen längs des ganzen kranken Fußes, jedoch nur bis zur Krone, die nicht eingerieben werden darf, weil die Entzün¬ dung derselben dadurch vermehrt würde. Der Zweck dieser Einreibungen ist Ableitung des Blutes von den Fleischtheilen des Hufes; mau macht sie in gelindem Fällen mit T e r p e n tinölund K a m p h e r g cist, in heftigeren aber mit der Scharfsalbe; nicht selten müssen diese Einreibungen auch wiederholt werden, besonders die gelinderen aus Ter pentinöl und Kamphergeist. Dieß sind die wichtigsten Mittel bei der Entzündungsrehe, denen die innerlichen nur höchst untergeordnet sind. Eutzündungs- 350 widrige Salze, z. B. Salpeter, Bittersalz, Doppelsalz, und die Ha ntausdünstuug befördernde Mittel, z. B. Kamillen, Schwe¬ felleber, Kanipher, sind das Ganze der innerlichen Behandlung. Be¬ sonders rühmen manche Thierärzte den Kampher. — Complica- tionen der Rehe mit Kolik, Gedärmentzündung, Lungen¬ entzündung u. s. w. erfordern nebstbei die diesen Leiden entsprechende Therapie. Wenn dieThiere viel liegen, so liegen sie sich leicht auf, d. h. die durch's Liegen am meisten gedrückten Stellen werden entzündet und sehr bald brandig. Die Behandlung dieses Aufliegens oder Durch¬ liegens besteht, wie schon beim Schlagfluß angegeben wurde, darin, daßman 1) dieThiere öfters umwendet und anfeine andere Seite legt, um den anhaltenden Druck und das Brandigwerdeu möglichst zu verhindern; daß man 2) die heißen und entzündeten Stellen mit Um¬ schlägen von kaltem Wasser und Essig behandelt; daß man 3) die brandig zu werden drohenden Stellen, um sie zu beleben, mit Terpentinöl und Kamp Hergei st einreibt; 4) die schon brandig gewordene, gewöhnlich zu schwarzen Schwarten vertrocknete Haut mit dem Messer, ohne jedoch ins Gesunde zu schneiden, entfernt; und 5) den darunter vorgehenden guten Eiterungsproceß der Natur überläßt, sonst aber dieStcllen wieder mitT erpentin ölbelebtund mitEiche n- ri n d e n p u l v er das Krankheitsprvduct umändert. Die diätetischen Mittel beschränken sich auf einen war m e n, von Zugluft freien Aufenthalt, Beschränkung des Futters, Dar¬ reichung vielen Getränkes, zweckmäßig mit Salpeter versetzt, viele und gute Streue. Weun das Pferd wieder besser auftritt und geht, lege man die Eisen wieder auf. 2. Behandlung der Entzüudungsüb ergänze. Ist es dem Thierarzt nicht gelungen, die Entzündung glücklich zu bekämpfen und zu zertheilen, so treten Übergänge ein, gegen die ihm weniger Mittel zu Gebote stellen, als gegen ihr Stammleiden. Immer ist die Sache jetzt mißlicher und dieser Umstand soll dem Thierarztc ein mächtiger Sporn seyn, aus alle» Kräften gegen die Entzündung zu ar¬ beiten und besonders mit den örtlichen Blutentleerungen schnell bei der Hand zu seyn. Gewöhnlich werden stellenweise Trennungen des Hvrnschuhes oder der Haut am Ballen oder au der Krone oder sonstige Änderungen besonders an der weißen Linie und Sohle, die gewöhnlich diese Tren- 351 nungen veranlassenden, serösen, blutigen, lymphatischen, eitrigen, jau¬ chigen, brandigen Krankheitsproducte verratben, und dadurch den je¬ desmaligen Entzündungsübergang erkennen lassen. Ist aber der Horn- schuh bloß in Folge der ausgehobenen Ernährung wegen der heftigen zellig-aderigen Entzündung getrennt, dann wird man daselbst keine Er¬ gießungen treffen. Alle Behandlung in solchen Fällen hat vorzüglich die Erfüllung der zweiten, dritten und fünften Heilbedingung zum Zwecke, nämlich die Krankheitsproducte so vollständig als möglich zu entfer¬ nen, die krankhaft producirenden Stellen umzustimmen oder ganz zu zerstören, und den Wiederersatz des Verlorenge- gangeuen zu befördern. Es läßt sich daher die ganze Menge der hier in Anwendung kommen¬ den äußerlichen nnd innerlichen Mittel auf die Erfüllung dieser drei Heilbedingungen zurückführen. Haben sich die abgesonderten Krankheitsproducte noch keinen Aus¬ weg nach außen gebahnt und ist ihre Gegenwart deutlich ausgesprochen, so muß ihnen künstlich durch Einschnitte oder An bohrnng der Weg gebahnt (Lust gemacht) werden, damit sie nicht verletzend aufdie kranken oder gesunden nahen Gebilde zurückwirken und das Leiden un¬ terhalten. Bei Trennungen müssen die losen und getrennten Hornstücke abgenommen werden (denn das getrennteHorn vereinigt sich nie wieder mit dem andern Hornschuh), das krankhaft producirende Gebilde bloß gelegt und untersucht werden, welcher Eutzündungsübcrgang zugegen ist, damit man eine diesem angemessene Behandlung in An¬ wendung bringen könne. Sind bloß seröse, blutigeoder lymphatische Ergießun¬ gen vorhanden und diese entfernt, so sind die entblößten Fleischtheile nicht mit reizenden oder ätzenden Mitteln zu behandeln, sondern höch¬ stens mit etwas Kamph er zu bestreuen, oder mit einem mitBleies- sig befeuchteten Wcrgbauschen zu verbinden. Alle vom Horn entblößten Huftheile fordern Binden oder Compres- se n, die immer ziemlich fest angelegt werden müssen, damit sich dic Fleischtheile nicht durch die Horntheile durchdrängen, sondern in ihrer normalen, gewohnten Lage erhalten werden; daher ist nach dem An¬ bohren täglich nachzusehen, ob sich durch die gemachte Öffnung nichts vordränge, was wegen fortwährender Quetschung der Weichgebilde durch das Hornige natürlich den Zustand verschlimmern muß und mir dem Messer und durch gehörigen Verband wieder gut gemacht werden 352 soll. Nur so lange eine bedeutende Eiterung oder Verjauchung fortbe¬ steht, darf dieser Verband nicht allzufest angelegt werden, damit die Krankheitsproducte nicht eingesperrt werden; beginnt aber die Austrock¬ nung, so ist ein bedeutenderer Druck des Verbandes nothwendig, um das hervorwachsende Fleisch so lange in den gehörigen Grenzen zu halten, bis das Horn sich neu erzeugt. — In 6—8 Wochen erzeugt sich bei gut genährten Thieren meistens dieHornsohle wieder. Das Hervorwach¬ sen eines wuchernden Fleisches wird am besten durch festen Verband und zusammenziehende Mittel, als Bleiessig, rohen Alaun, Eichenrinde, verhindert; wirkliche Wucherungen werden durch Ätzmittel, Messer oder Glüheisen gehoben. Bei Verschwärungen mit jauchigen, stinkenden Ergießungen gibt es der Mittel eine Unzahl, die man entweder als Hufpnlver, Huf¬ salben oder Hufwässer anwendet, die aber alle dahin wirken, entweder das kranke Product (Jauche) umzuändern und ihm die nachtheilige Rückwirkung zu benehmen, oder das krankhaft producirende Jauche absonderndeOrgan umzustimmen. Einige dieser Mitte! wirken gelinder, wie z. B. Bleiessig, Eichenrinde, Kampher, Terpentinöl, r oh er Alaun, Eisenv itr i o l, Myrrhen- und Aloetinctur; andere viel heftiger und ätzend, wie z. B. gebrann¬ ter Alaun, Kalkwasser, Chlorkalk, rotherPräcipitat, Sublimat, Kupfervitriol, Schwefel-, S a l peter-, Salz¬ säure. Kräftiger als alle diese Mittel wirkt das Glüh eisen, womit man die unheilbaren kranken Theile ganz zerstört, und das Messer, womit man ebenfalls die nicht mehr zur Normalität zurückzuführenden Huftheile ganz entfernt. Eben diese Mittel, besonders vor Allen die letzter», nämlick Glüh eisen und Messer, paffen aus dea nämlichen Gründen gegen den Brand, der übrigens, wenn er ans eine größere Parthie des Hu¬ jes ausgebreitet ist, unrettbar das Thier tobtet, wahrscheinlich, weil die im Hufe erzeugte Brandmaterie ins Blut und in den allgemeinen Kreislauf ausgenommen, die ganze Blutmasse so verdirbt, daß diese zur Ernährung nicht mehr tauglich ist, und der Tod wegen aufgehobenen Verkehrs des nährenden Blutes mit allen Organen des Thierkörpers, schnell eintritt. So wie jedesmal durch Abnahme der das Geschwür bedecken¬ den Horn stü ck e, zuweilen auch der F leischt h eile, ja selbst eines ganzen Hufknorpels oder eines Stückes des Hufbeines der Grund des Geschwüres bloß gelegt, und durch obgenannte Mittel und zweckmäßigen Verband die Heilung versucht werden muß; eben so müs¬ sen brandige Theile durch's Messer von den lebenden getrenntwer- 353 den, wenn ihre Gränzen bestimmt sind ; ist aber die Gränze zwischen Brandigem und Lebendigem nicht deutlich bestimmt, so muß die Tren¬ nung von der Natur erwartet und die Theile mit belebenden, geistigen, brandwidrigen Mitteln, z. B. Kamphergeist, Terpentinöl, Myrrhen- tinctur, Aloetinctur u. dgl., behandelt werden. — Innerliche Mit¬ tel sind auch hier den äußerlichen untergeordnet, und bestehen in bit¬ ter», gewürzhaften, balsamischen, belebenden, z. B. Kalmus, Bal¬ drian, Kampher, Terpentinöl u. dgl., in Verbindung mit nahrhafter Diät. Wenn sich wegen Heftigkeit der Entzündung die Gestalt des Hufes geändert hat, so daß das Hufbein mit seiner vordem Fläche von den Wänden sich entfernt und mit seiner Ze¬ henspitze der Mitte der Sohle sich genähert hat (welches aus der an der Zehe vollen Hornsohle und einer blätterigen, mürben, sehr breiten, wei¬ ßen Linie erkannt wird), so müssen solche Hufe an der Zehe so breite und hohlgerichtete Eisen, daß sie die volle Sohle decken, und sie vor dem Druck des Bodens schützen, überhaupt solches Beschläge bekommen, daß jede tragbare Stelle des Hufes dadurch benützt und die kränkliche geschont werde, um das Pferd möglich diensttauglich zu ma¬ chen, was jedoch nur langsam eintritt(Lan g enb ach er). Ist der Huf stark ausgeartet und das Fleisch am kranken Schenkel geschwunden, so geht das Thier wegen geschwundener Muskelkraft noch lange krnim» nnd bleibt oft für immer dienstunfähig, daher bei solcher Beschaffenheit des Hufes dem Eigenthümer frühzeitig von einer kostspieligen Behand¬ lung abgerathen werden soll. Ist es aber dem Thierarzte gelungen, die zweite und dritte Heil¬ bedingung zu erfüllen und sind die Wundflächen gut aussehend, rein und trocken, dann ist es die höchste Zeit, alle reizenden, ätzenden u. dgl. Mittel aufzugeben, weil man sonst nur die Naturhülfe in der Erfül¬ lung der vierten und fünften Heilbedingung stört und die Cur verzö¬ gert. Die fünfte Heilbedingung, Ersatz des Verlorengegangenen, ist hier eine Hauptsache, weil sich darauf die Brauchbarkeit des Thieres gründet. Für den Ersatz des Verlorengegangenen kann, wie gesagt, nur die Natur das Meiste thuu, doch muß sie der Thierarzt in ihrem Bildungstrieb unterstützen und Alles aus dem Wege räumen, was sie darin hindert. Er entferne daher 1) alles, was die in der Heilung begriffenen Theile mechanisch oder chemisch reizt, und sie beunrn higet, z. B. häufiges Sondiren und Untersuchen, reizende Mittel u. s. w. z sorge 2) für einen zweckmäßigen Verband, damit die wun¬ den Theile vor äußern Einflüssen geschützt werden, und nicht krankhaft Bletweis Heilverf. S. Aust. 354 wuchern; denn die Abhaltung des Lichtes und der Lust, so wie H erb eisührung einer mäßigen Wärme und die Ruhe des leidenden Th eiles sind die wichtigsten Bedingungen, die denBil- dungsproceß unterstützen und durch einen zweckmäßigen Verband erfüllt werden. 3) Ein paffendes Beschläge und 4) ein nahrhaftes Futter, wenn es möglich ist, auf einer Weide mit weichem Boden, vollenden die Cur. Anhang. i Neberficht aller Hauptfehler beim Pferde nach dem k. k. vsterr. Gesetze. Anmerkung. Nebst diesen Hauptfehlern machen alle Krankheiten, die binnen den ersten 24 Stunden nach dem Kaufe entdeckt und zur Klage gebracht worden find, den Kauf ungültig, wenn sie nicht als durch die Schuld des Käufers erst nach dem Kaufe entstanden erwiesen werden können. Das österreichische Gesetzbuch sagt: »Wen« eiu Stück Vieh binnen 24 Stunden nach der Übernahme erkrankt und umfällt, so wird vennuthet, daß es schon vor der Übernabme krank gewesen sey.« »I /o r m u l a r e eines kurzgefaßten Gutachtens über einen oder den andern der obgenann¬ ten Hauptfehler, nach Prof. Veith'sHandbuch der gerichtlichen Thier¬ arzneikunde *). Z e u g n i ß. Daß das vom Herrn N. N., Pächter inS**,uns unter Heu tigem Dato zur Untersuchung vorgeführte Wagenpferd, ein ») Nach demiJnhalte des Organisationsplanes der Wiener Thierarzncischnle sind ap- probirte Tbierärzte, wissenschaftlich unterrichtete und approbirte Curschmiede be¬ engt, thierärztliche Gutachten und Zeugnisse auszustelten, jedoch bat das Zeugniß zweier solcher Knnstverständigen mir dann volle Rechtskraft, wenn diese von A' 356 Kohlrapp ohne Zeichen, Wallach, 15 Faust, 2 Zoll hoch, 8 Jahre alt, böhmischen Schlages, mit dem gesetzlichen Hauptfehler desRotzes (Dampfes, Kollers, Wurmes u. s. w.) behaftet sey, wird nach sorgfältig angestellter Untersuchung und reiflicher Überlegung, der Wahrheit und Pflicht gemäß, hiermit bestätiget. W...., den.. Februar 1847. N. N. N. N. geprüfte Thierärzte. Formul are eines weitläufigeren Gutachtens, worin die Gründe angeführt find, durch welche die Entscheidung vurch Anführung der Symptome erwiesen wird. Thierärztliches Zeugniß. Auf Ansuchen des hiesigen Lohnkutschers L.... H... haben wir beute am 2. Jänner 1847 das ihm zugehörige, vom Baumeister M... in T... erkaufte und angeblich mond blinde Zugpferd un¬ tersucht, und an demselben Folgendes beobachtet: Das Pferd, ein Glanzrapp ohne Zeichen, Hengst, 9 Jahre alt, 16 Faust hoch, von plumpem Körperbau, besonders schwerem Kopf und kleinen Augen, schloß sogleich beim Herausführen aus dem etwas dunklen Stalle beide Augen fest, die rechten Augenlieder waren mehr, die linken weniger angeschwollen; das linke untere Augenlied, so wie auch eine Stelle unter demselben von Haaren etwas entblößt. Bei der mit einiger Mühe bewirkten Eröffnung der Augenliedspalte zeigte sich auch deren innere, gegen den Augapfel zugekehrte Haut sehr roth und stark angeschwollen, der Augapfel ganz mitThränenseuchtigkeit bedeckt, bas Weiße, vorzüglich im rechten Auge, sehr stark geröthet, die durch¬ sichtige Hornhaut getrübt und deßhalb der Stern nicht sichtbar. Auf dem linken, weniger entzündeten Augapfel zeigte sich, gegen den Mit¬ telpunkt der durchsichtigen Hornhaut hin, ein kleiner, fast ganz un¬ durchsichtiger weißer Fleck, der offenbar von einer früher überstandenen Augenentzündung herrührte. Da das Thier erst gestern von dem neuen Eigenthümer als voll¬ ständig gesund übernommen w urde, dasselbe in einem woblgeschlofsenen reinlichen Stall gestellt, bisher zu keinem Gebrauche verwendet wurde, der r i ch te r li ck e n B eh ö rd e dazu förmlich aufgefordert wurden, und dieUntersuchungnicht als Privatgeschäft, sondern in Ge¬ genwart der abgeordneten Gerichtspersonen unter den ge¬ setzlich vorgeschriebenen Formalitäten sorgen om men wurde. (I. E. Veith, gerichtliche Thierarzneikunde 8. S.) 357 von cmer äußerlichen Verletzung gar nichts bemerkt wird, auch an dem linken, jetzt weniger leidenden Ange Spuren früher überstandener Ent- zündung merklich zugegen sind, so läßt sich mit aller Bestimmtheit, welche die Thierarzneikunde darbietet, behaupten, daß das gegenwärtige Augenübel in einer periodischen Augenentzündung bestehe, die, wie es gewöhnlich der Fall ist, plötzlich im Verlaufe der Nacht sich entwickelt hat, und daß das Pferd sonach mit dem Hauptfehler der Monatblindheit behaftet sey, welches wir nach unserer besten Erkenntlich, der Wahrheit gemäß, hiermit bezeugen. K. . . ., am 2. Jänner 1847. N. N. N. N. geprüfte Curschnuede HL Formulare für thierärztliche Krankheits¬ geschichten, nach der an ver Wiener medicinischen Klinik gebräuchlichen Methode Krankheitsgeschichte eines dem Civilc angehörigen Pferdes, welches znm Zuge ver¬ wendet wird, von Farbe ein Schwarzschimmel ohne Ze ich en, 14 s Faust hoch, 6 Jahre alt, von gemeiner ungarischer Race, seines Geschlecktes ein Wallach, von schwächlicher Körperb cschaf- fenheit und lebhaftem Temperamente ist, und welches den ersten Jänner 1847 in das k.k. Thicrarznei-Jnstitut gebracht, un¬ ter P r o t o c o lls - Nr. 200, in der Abtheilung für innerliche Kranke, Stall Nr. 6, ausgenommen und unter der Leitung des Herrn Professors der medicinischen Klinik, mir zur besonderen Be¬ obachtung und Behandlung und zur Neben aufsicht dem Civil- schüler N. N. anvertraut wurde. Anamnese. Nach der Aussage des Eigenthümers, eines hiesigen Stadtkut¬ schers, ist das Thier, welches schon ö fte r s an d er so g en a nu¬ te n Keh lsucht li tt, vor 5 Tage» nach einer angestrengten B e- wegung und starken Erhitzung erkrankt und von einem nach 2 Tagen darauf zur Hülfe gerufenen Cmschmicde mit zweimaligem Ader¬ laß, einer Einreibung in die Brust, und auch mit innerlichen, dem 358 Eigenthümer unbekannten Mitteln behandelt morden. Weil aber die Krankheit unter dieser Bebandlung sich nicht besserte, so fand sich der Eigenthümer genöthigt, das kranke Thier in das hiesige k. k. Thierarz- nci-Jnstitut zur ärztlichen Behandlung zu übergeben, wo es am ob- genau n t en Tage Nachmittags um 3 Uhr ausgenommen wurde. Es ist demnach der erste Tag unserer B eh a n d lu n g angeblich der fünfte der Krankheit. Gegenwärtiger Zustand des kranken Lhieres. Das Thier ist schlecht genährt und schlaff vrganisirt, mit einem auffallend schmalen Brustkörbe versehen. Die Haare des Kör¬ pers sind matt und mehr struppig, als glatt anliegend. Die Haut ist trocken und liegt an die darunter liegendenTheile fest an; zeigt ander Brust Zeichen einer scharfen Einreibung und am Halse die Spur des Aderlassens. Die Körperwärme ist bedeutend erhöht und überall ziemlich gleich, ohne Schweiß, vertheilt. Die sich tlich e n S ch leim- häute, besonders der Nase, sind etwas höher geröthet, als im nor¬ malen Zustande. Das Athemholen ist in quantitativer (Menge) und qualitativer (Beschaffenheit) Hinsicht von dem gesunden abweichend; was die Menge der Athemzüge anbelangt, so ist dasselbe anf40Zü ge in der Minute beschleunigt; was die Beschaffenheit betrifft, so wird es höchst auffallend mit heftiger Erweiterung der Nasenlöcher, weniger bemerkbarer Bewegung der Brnstwandungen, aber mit vor¬ züglich heftigem Heben und Einziehen der Flanken ausgeübt. Die Tem¬ peratur der ausgeathmeten Luft ist erhöht. Das Thier hustet freiwil¬ lig nicht; wird es aber künstlich durch einen an den Kehlkopf an¬ gebrachten Druck zum Husten gereizt, so ist der Husten kurz, abgebro¬ chen, kraftlos, schmerzhaft erscheinend nnd trocken. Der Herzschlag ist in großer Ausbreitung links und auch rechts deutlich fühlbar, po¬ chend und prellend. Der Puls ist auf 75 Schläge in der Minute be¬ schleunigt und dabei klein, schwach und leicht unterdrückbar. Der Durst desThieres ist bedeutend vermehrt; die Freßlust ganz auf¬ gehoben; das Maul trocken und wärmer als im gesunden Zustande. Der Mist wurde während des Hierseyns einmal abgesetzt, ist gut verdaut, klein geballt, dunkler gefärbt. Der Harn ging ebenfalls einmal in ge¬ ringer Menge, weingelb und sehr flüssig ab. Das Thier steht fortwäh¬ rend ruhig auf einem Fleck mit weit auseinander gestellten Vorderfüßen, gestrecktem Halse und gesenktem Kopfe, hängenden Ohren, trauriger und Angst verrathender Miene. Das Gemeingefühl ist bedeutend abgestumpft, nur beim Druck an die Seitenwandungen der Brust ver- räth es vermehrte Empfindlichkeit und Schmerz. Läßt man das Thier 359 ein paar Schritte vvr- oder rückwärts treten, so geschieht dieß nur sehr mühsam, matt und abgeschlagen, wobei sich die Athmungsbeschwerdc und das Pochen des Herzschlages vermehren. Diagnose. Aus dem Untersuchungsbefunde geht hervor, das man es im ge¬ genwärtigen Falle mit einem zwar jungen, aber faulig vrga- nisirten Thiere zu thun habe, daher auch der Character der Krankheit faulig zu nennen ist, wofür vvr Allem die Ma gerkeit und Schlaffheit, und der mit überwiegender Ausdehnung erfolgende, links und rechts, in - und ertenflv fühlbare Herzschlag sprechen. Der Sitz der gegenwärtigen Krankheit ist in der Lunge, da¬ für sprechen folgende Erscheinungen: die ganz ruhige Stellung des Thieres mit breit auseinander gestellten Vorderfüßen, gestrecktem Halse und gesenktem Kopfe; das quantitativ und qualitativ veränderte Athein- holen, der, durch einen Druck auf den Kehlkopf erregte, kraftlose, schmerzhafte, kurz abgebrochene, kaum aus der Brust kommende Hu¬ sten; die höhere Temperatur der ausgeathmeten Luft, und der Mangel solcher Krankheitserscheinuugen, die für ein anderes Localleiden sprechen würden. Die Lunge ist aber vorzüglich in ihrer serösen Umklei¬ dung und mit dieser zugleich auch das Brustfell ergriffen; dafür spricht wieder die breite Stellung mit den Vorderfüßen, die geringere Beweglichkeit der schmerzhaften Brustwandungen und das viel heftigere Heben und Einziehen der Flanken (Bauchathmen), die Schmerzäuße- ruug beim Drucke an die Seite der Brustwandungen und die Abwesen¬ heit eines freiwilligen Hustens. Das Grundleiden oder der in der Lunge vor sich gehende Krankheitsproceß ist eine in Ausschwitzung seröser Flüssig¬ keit e n ü b e rg c g a u g en e Eutzün d un g; welches durch das höchst auffallende und beschleunigte Athemholen, durch den deutlich und in gro¬ ßer Ausbreitung, rechts und links fühlbaren, pochenden und prellenden Herzschlag, durch den weingelben und ganz wässerigen und in der Menge verminderten Harnabgang, durch die längere Dauer der Krankheit, durch den beschleunigten, schwachen und kleinen Puls, und durch die schlaffe, faulige Organisation des Thieres bewiesen wird. Aus diesen Gründen nennen wir die in Rede stehende Krank¬ heit, weil sie ihren Sitz vorzugsweise in den serösen Häuten hat und das Grundlcidcn in serösen Ergießungen besteht, eine rheumatische, in Ergießungen seröser Flüssigkei¬ ten in die Brusthöhle übergegangene Lungen- und 360 Brustfellentzündung, fauligen Characters (oder kürzer ausgedrückt: acute Bru st wassersuch t). Der Grad des Leidens ist sebr hoch; dieß beweist das sehr be¬ schleunigte und auffallende Athemhohlen, die Höhe des Fiebers, und die übrigen Erscheinungen des fauligen Characters. Das Stadium (Zeitraum) des Leidens ist, allen Erscheinungen zu Folge, das der Zunahme. Ätiologie. Zu den v v r b crei ten den Ursach en, die eine größere Anlage dieses Thieres zu Brustleiden begründeten, gehört in diesem Falle: der äußerst schmale Brustkorb des Thieres; das öftere Erkranken desselben an Entzündungen der Luftwege (Kehlsucht); die fortwäbrende Verwen¬ dung des Thieres zu angestrengter schneller Bewegung, wie dieß bei Fia- kerpferden schon gewöhnlich ist; und die vorausgegangene starke Erhitzung. Die G e l e g e u h e i t s u r s a che war Verkühlung des vorher stark er¬ hitzten und schwitzenden Thieres, welches darnach, obgleich am Leibe mit einer Decke bedeckt, bei rauher Witterung aufoffener Straße stehen blieb. Die nächste Ursache liegt in der Verletzung der serösen Häute der Lunge und des Brustfells in Folge der unterdrückten Hautausdün¬ stung. Die Lunge wurde nämlich durch die angestrengte Bewegung in einen gereizten Zustand versetzt und die in Folge dieser heftigen Ver¬ wendung in größerer Menge abgelebten und wegen der Einwirkung einer kalten Luft, durch die Haut nicht ausgeschiedenen Stoffe wurden nun mit dem Blute zu der gereizten Lunge gelockt, um hier durch die Lun- gcnausdünstung einen Ausweg zu suchen. Durch diesen Andrang des mit solchen fremdartigen Auswurfsstoffen geschwängerten Blutes zu der Lunge und insbesondere zu den mit der äußern Haut in inniger Verbin¬ dung und Wechselwirkung stehenden serösen Häuten, wurden diese Ge¬ bilde verletzt und in ihren Verrichtungen gestört, welche Verletzung die nächste Ursache dieser Krankheit darstellt. Zur Ausgleichung dieser Ver¬ letzungen entwickelte sich eine Entzündung, die aber zn diesem Zwecke nicht ausreichend, in seröse Ergießungen überging, theils weil die Ver¬ letzung zu groß war, theils weil sie auf einem fauligen Grund und Bo¬ den aufging und auch zu spät ärztliche Hülfe gesucht wurde. P r o g n o s c. Die Prognose ist in diesem Falle ungünstig zu stellen, weil die Erfüllung der wichtigsten zwei Heilbedingungen, nämlich der 2. und 3., schwerlich gelingen wird, und weil nur von der Entfernung >ws in der Brusthöhle angesammelten Serums und von der Umstimmung der dieses 361 krankhafte Serum absondernden Häute die Genesung abhängt. Krank- heften der Lunge sind immer gefährliche Leiden, weil die Lunge als eines der edelsten und zum Leben wichtigsten Organe niemals so bedeu¬ tende Verletzungen ohne Lebensgefahr erträgt. In unserem Falle aber sind besonders folgende Umstände von ungünstiger Vorbedeutung, als: die so hochgradige Athmungsbeschwerde, das heftige Fieber, der allge¬ meine faulige Character, die längere Dauer der Krankheit, die noch dazu in den ersten 2 Tagen, bis der Curschmied gerufen ward, ganz vernach¬ lässigt wurde. Die Behandlung des Curschmiedes scheint, wenigstens was die Anwendung der äußerlichen und wirksamsten Mittel anbelangt, ganz zweckmäßig gewesen zn sein, allein sic war, wie gesagt, schon etwas ver¬ spätet. Gelingt nun die baldige Erfüllung der zweiten und dritten Heilbedingnng nicht, so wird die Menge des Wassers in der Brusthöhle immer mehr zunehmen, bis der Druck desselben auf die Lunge einen so! chen Grad erreicht, daß sie ganz unvermögend wird, sich auszndehncn und mit der nvthwendigen atmosphärischen Luft zu füllen und der Tod ft: Folge des ganz aufgehobenen Verkehrs zwischen Luft und Lunge, durch Erstickung des Thieres eintreten muß. Therapie. Unser Heilplan ist wie immer, so auch hier, auf die Erfüllung der nothwendigen Hcilbcdingungen mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Forderungen des Eigcnthümers gerichtet. Die Entfernung des Krankheitsprvdnetes Serum und die Um stimmung der kranken serösen Häute sind die 2 Heilbedingnngen, deren Erfüllung mit Einschluß der 4., nämlich möglichsten Ruhe der leidenden Lunge, vor allen andern Nvth thut. Die Entfernung der Gelegenheits¬ ursache ist nicht mehr möglich, denn die kalte Luft hat einmal eingewirkt und nur ihre nachtheilige Wirkung zurückgelassen. Aus Rücksicht dieser !. Heilbedingung können wir nur für die Entsernthaltung einer wieder, holte» Einwirkung der Gelegenheitsursache Sorge tragen. Das kranke Thier wurde deßhalb in einen mäßigwarmen, reinlichen Stall gestellt und zuerst am ganzen Körper mit Strohwischen tüchtig abfroktirt, um dadurch das Blut mehr zur äußern Haut zu leiten, eine reinliche Hautausdünstung zu befördern, und dadurch die krankhafte Serum-Absonderung in der Brust zu beschränken. Aus eben demselben Grunde, um das Blut noch kräftiger zur all¬ gemeinen Decke zu leiten und von der Lunge abzuleiten, wurde die Scharfsalbe in breiter Ausdehnung in die Brustwandungen eilige- rieben und in die Schaufelknorpclgegend ein mit Scharfsalbe getränk¬ tes Leder gesteckt. 362 Von Blutentleerungen kann in diesem Falle keine Rede mehr scyu, weil schon der E n tzü n d n n g süb e r g a n g da ist und der s a n li g e Character im hohen Grade entwickelt ist. Um die Entfernung des Se¬ rums ans der Brusthöhle zu bewirken, wurden Harn- und schwei߬ treibende Mittel innerlich verordnet, in folgender Verbindung: Wachholderbeerenpulver 2 Loth; Brechweinstein — t Quintl; Fingerhutkraut — 1 Quintl; Kam pH er mit etwas Weingeist aufgelöst, 1 Quintl. Mit Wasser, als Latwerge, zweimal im Tage einzugeben. Der Wachholder ist vorzüglich harntreibend, jedoch auch schweißtreibend und stärkt zugleich die Verdauung, deren lebhaftere Thätigkeit bei dem allgemeinen fauligen Zustand dieses Thieres sehr wünschenswerth wäre. Der Brech wein stein wirkt kräftig auf die Lymphgefäße, befördert die Einsaugung, und ist auch wegen seines Spießglanzgehaltes schweißtreibend. Das Fing er Hut kraut ist an¬ erkannt ein sehr wirksames harntreibendes, und der Kampher ein vorzügliches, die Hautausdünstung beförderndes, die Lebensthätigkeit überhaupt steigerndes Mittel, welches bei Entzündungen der serösen Haute und beim fauligen Character der Krankheiten oft ausgezeichnete Wirkungen hervorbringt. Zum Getränk wurde überstandenes Wasser mit Salpeter (4 Loth auf unser gewöhnliches Wafferbehältniß) versetzt, gegeben, weil der Salpeter wegen seiner, der atmosphärischen Lust ähnlichen Bestand- theile, das Athemholen erleichtert und dic Athmungsbeschwerde mindert. Als Futter wurde unsere halbePortionHaser und Heu verordnet. Weiterer Verlauf der Krankheit. Auf das Frottiren erfolgte nur ein sehr sparsamer Schweiß. Zn der Stacht verschlimmerte sich etwas Weniges das Fieber und die Ath- mungsbeschwcrde (gewöhnliche Abendverschliiumerung). Das Thier legte sich gar nicht nieder, harnte nur zweimal die ganze Nacht hindurch und immer nur in geringer Menge, der aufgefangene Harn war dem obbc- schriebenen ganz gleich. Der Durst war bedeutend; das Futter hat es gar nicht angerührt. -v» 6. Tag der Krankheit. Den 2. Zauner, L^^BchaMuüg. P"ls und Athemholen, wie gestern Nachmittag. Schweiß keiner; Harn selten. Die Trinklust ist weniger, Frcßlust gar keine. Trotz der großen Hinfälligkeit steht das Thier immerfort. Das gesteckte Leder hat keine Anschwellung hervor¬ gebracht. Die Diagnose bestätigt sich immer mehr: die P r o g n o s e 303 wird immer ungünstiger, weil gar keine sogenannten kritischen Entlee¬ rungen, weder durch Schweiß noch Harn erfolgen, und auch das revelli- rende Leder keine Reaction hervorbrachte. Die dem Krankheitszustande entsprechende Behandlung wurde nach der Ordination bei der Frühvisite fortgesetzt; das Leder aufgefrischt und durch Zusatz von 1 Quintl Euphorbium die Scharfsalbe verstärkt. Den ganzen Tag hindurch blieben die Erscheinungen im gleichen Zustande. Um noch kräftiger die allgemeine Haut zu reizen und zu einer vermehr¬ ten Ausdünstung zu bringen, wurde das Thier auf die Ordination bei der Nachmittagsvistte, mit 10 Loth Terpentinöl am Körper, besonders am Rücken bespritzt, darüber wieder tüchtig abfrvttirt und mit doppelten Kotzen bedeckt. Auch dieses Mittel brachte keinen besonderen Erfolg hervor, denn das Thier schwitzte nur eine kurze Zeit in der Nacht, wo wieder dar Fieber und Localleiden sich verschlimmerte, und die Haut bald wieder trocken wurde. Harn geht sehr selten und wenig ab. Den 3. Jänner, der PchLdLg. Das Fieber ist ans 80 nul das Athmen auf 50 gestiegen; der Herzschlag wie früher pochend und prellend; das Leder macht wieder keine Wirkung; kein Schweiß und keine reichlichere Harnentleerung. Nm noch kräftiger auf die Harnabsvnderung zu wirken, wurdc bei der Frühordination in obiger Latwerge statt Brech wein stein das kräftig barntreibende und auch die Hantansdünstnng befördernde Terpentinöl in folgender Gabe verordnet: WachholderbeerenpulverL Loth, Fingerhutkraut 1 Quintl, Kamp her 1 Quintl, Terpentinöl Loth, als Latwerge, zweimal im Tage. Den ganzen Tag blieben die Krankheitserscheinungen im gleichen Zustande bis zur Nachmittagsvrdination, wo das Athmen noch beschien nigter und auffallender als Vormittags wurde; so daß der äugstlichc Zustand auf einen nahen Erstickungstod deutete. Ter Puls staud aus 80 uud setzte jeden 3. Schlag aus (Wirkung des Fingerhntkrautes). Weil die Krankheit einen so hohen Grad erreicht hat, das Grundlcidcn allen Erscheinungen zu Folge, entschieden in Wasserergießung besteht, und die schweiß- und harntreibenden Mittel durchaus keine Wirkung machen, so wurde, um durch ein chirurgisches Mittel die zweite Heilbc- dingnng zu erfüllen — nämlich die Entleerung des Wassers zu bewir¬ ken — der Brust stieb zwischen der I t. und 12. Rippe (von ruck 364 wärls gezählt) an der linken Brustwaudung mit dem gewöhnlichen Brusi- troicart vorgenommcn, wodurch 10 Pfund röthlicheS Serum, welches, sobald es im Behältniß erkaltete, zu einer gleichförmigen lymphatischen Masse gerann, entleert wurden. Einige Stunden nach der Operation verminderte sich das Athmen auf 45, wurde weniger auffallend und das Thier befand sich auffallend erleichtert. Der Puls blieb im Alten. Obige Latwerge wurde fortgesetzt. Den 4. Jänner der Behandlung . Den ganzen Tag standen die Erscheinungen im Athmen und Puls auf ziemlich gleicher Höhe und Heftigkeit, wiegestern nach der Operation. Der Durst hat sich sehr vermin- dert, die Freßlust liegt ganz darnieder. Harn geht wenig ab und von der nämlichen Beschaffenheit; der Mist geht seit heute weich, übelriechend und häufiger, ohne Bauchschmerzen ab. Der die Gedärme reizende Salpeter wurde weggelassen, dafür M eh lträ n ke ordinirt und die Latwerge fortgesetzt. Obgleich das weiche Misten die Folge einer Gedärmreizung, durch den Salpeter, vielleicht auch durch das Fingerhutkraut veranlaßt seyn kann, so hat doch das weiche Misten und der Durchfall bei lang¬ wierigen Lungenleiden einen andern Grund, nämlich die Reizung des Darmcanals durch die nicht verwendeten Verdauungssäfteund durch den, wegen Unthätigkeit der Verdanungskräfte unverdauten, in die gemeine Währung übergehenden Darminhalt. Deßhalb ist ein solcher Durchfall gewöhnlich eine schlimme Erscheinung, die in den letztem Tagen des Lebens sich einzustellen pflegt. Auch der Bruststich hat in solchen Fällen nach vie¬ len Erfahrungen selten Hülfe geschafft, weil man durch ihn nicht im¬ mer vollständig die 2., noch weniger die 4. Heilbedingung erfüllen kann. 9. Tag der Krankheit. Den 5. Jänner .< Das Athmen hat stch wre- der auf 50 gesteigert und ist sehr auffalleud; der Herzschlag pochend und prellend; der Puls auf 80 und wie früher aussetzend. Keine kritischen Ent¬ leerungen; große Hinfälligkeit und Schwäche; Durchfall wie gestern und zugleich A ft e r a t h m e n, ein Zeichen allgemeiner lähmungsartiger Er¬ schlaffung und von schlimmer Vorbedeutung. Der baldige Tod ist unab¬ wendbar, die Mittel wurden fortgesetzt, nur wurde des Durchbruchs we¬ gen statt Wachholder 1 Loth Eichenrinden Pulver gegeben. Den 6. Jänner der Behandlung. Bc, der Fruhordinatlon itand der Puls gegen 100, war äußerst klein und schwach, nicht mehr anssetzend; das Athmen war auf 70 und sehr beschleunigt; dasThier zeigte sich sehr ängstlich; dieHaut knapp am Körper anliegend und stark schwitzend; die Temperatur an den Füßen und Ohren vermindert; die 365 ausgeathmete Lust nicht mehr heiß, wie vorher. Gegen Mittag erfolgte unter Zunahme der Athmungsbeschwerde und des Fiebers der Tod. *) Sectionsbefund. An der Oberfläche der sehr abgemagerten Leiche war nach Abnahme der allgemeinen Decke keine besondere Veränderung zu bemerken. Die Schädelhöhle zu eröffnen hat man, den Krankheitserscheinungen zu Folge, nicht für nothwendig gefunden. In der Brusthöhle fand man diebedeu¬ tende Quantität von etwa 20 Pfund seröser mit weißgelblicher Lymphe vermengter Flüssigkeiten; die Lunge selbst war ganz welk und zusammen¬ gefallen, in ihrer Substanz übrigens nicht auffallend verändert und ganz blutleer; das Rippenfell größtenteils höher geröthet und entzündet. Zn der Bauchhöhle war sonst nichts Krankhaftes zu finden, als daß die Schleimhaut der dünnen und dicken Gedärme an mehreren Stellen einen rochen, entzündlichen Anflug zeigte. E p i c r i s e. Der Sectionsbefund hat uns gezeigt, daß wir die Krankheit richtig erkannt haben, daß auch die Behandlung dem Zustande angemessen war. Weil uns aber ungeachtet aller äußerlichen und innerlichen Mittel nicht gelungen ist, die in der Brusthöhle enthaltenen Krankbeitspro- ducte: Serum und Lymphe, daraus zu entfernen und auch die krankhast- producirenden Organe so umzustimmen, daß sie keine neuen Krankheits- producte abgesondert hätten, so mußte, wegen fortwährender Zunahme der serösen und lymphatischen Flüssigkeiten in der Brusthöhle, in Folge des Druckes derselben auf die Lunge, der Raum für die einzuathmende Luft endlich ganz beschränkt werden und das Thier deßhalb durch Er¬ stickung zu Grunde gehen, weil der Verkehr der Lunge milder wichtigsten Lebensbedingung, Luft, ganz aufgehoben wurde. — Die einzelnen Entzündungsstellen in den Gedärmen sind gewöhnliche Ergebnisse bei langwierigen Lungenleiden und nur die F o l g e des Haupt¬ leidens, bedingt durch die Verderbnisse des Darminhaltes und der, we¬ gen ganz aufgehobener Freßlust, nicht verwendeten Verdauungssäfte. Wien, den 6. Jänner 1847. N. N. Militär- (Civil-) Schüler im 2. Jahrgange. Erfolgt die Genesung des Thieres, so folgt mm unmittelbar die Epicrife als letzter Bestandtheil jeder Krankheitsgeschichte. IV Verzeichniß d er gebräuchlichsten Arzneimittel, sammt ihrer lateinischen Nomenclatnr. Ätzkali (Aetzstein), Kali enustieum. Alantwurzel, ksä. enulse. Alaun, roher, .älumeu eruäum. — gebrannter — ustum. Aloe, soccotrinische, Floe soeeotring. Angelikwurzel, ltsä. sugeliese »reb. Arabisches Gummi, Oummi nrnbie. Arnicablumen, Livres nrnieae mout. — Wurzel, iisä. — — Aromatische Krauler, 8peoies nra- mstiese. Asand, stinkender, ^sss koetiän. Baldrianwurzel, knä. valerisnne olk. Bilsenkraut, tlerbs b^osexsmi niZr. — Extract. ssxtrnetum bzms- exnmi. Bittersalz (Englischsalz), 8sl nmsr. Bleieffig, ^eetum snturuinum. — salbe, OnZuentum ssturninum. — wasser, ^gu» saturnins. — zucker, 8aeoliarum 8sturni. Bockshornsamen, 8sm. koenu grneei- Brechnuß (Krähenauge), tA. Kampher, Onmpborn (durch Zusatz vonWeingeistverrieben, špiritu vini tritn). geist, 8piritus oamplwrni. Kochsalz, 8sl eulinnre. Kohle(Holzkohle), Onrdo vsxetnbiiis. Krähenauge, siehe Brechnuß. Kupfervitriol, Vitriolum eupri. Leinsamen, 8emiun liai. — mehl, ksrinn semin. lini. — öl, Oleum lini. Lorbeeröl, Oleum lnurinum. Mohnsaft, Opium. — tinctur, einfache, 'kineturn apii simplex. Quecksilber, lebendiges, Mereurius vivus. präcipitat, rother, Mereur. prnseipitatus ruber. — sublimat, Nereur sublimn- tus eorrosivus. — versüßtes (Kalomel), Mer- eur. äuleis oder On- lomel. — salbe, OnKuentum mereu- rinle. Quittenschleim, Mueilassa sem. ev- änniarum- 367 Salbeikraut, klerba salviae ass. Salmiak, 8sl smmoniseum. — geist, kiquor smmanii eau- stieus. Salpeter, lXitrum purum. — säure, /Veitluiu nitrieum. Salzsäure, _4ei6uiu muriatieum. Schwefelblumen, klares sulkuris. — leber, klepar sulkuris sleal. — säure, Foiäum sulkurienm. Schweinfett, ^xunssia porei. Seife, weiße, 8spo albus. — schwarze, — nixer. Senfsamen, schwarzer, 8emi„a sina- pis uigraš. — weißer, 8enuns sinspis albse. Spanische Fliegenpulver, kn lvisOan- tbariäum. Spießglanzroher, Fntimonium vru- äum. Stahlschwefel, 8ulkur elialzbeatum. Wasserfenchelsamen, 8emiiia pbel- lanklrü »quatiei. Wachholderbeeren, kseese suuiperi. Wasser, gewöhnliches, ^qua eam- muuis. — destillirtes, 4<>ua äestillat». Weidenrinde, Oortex 8alieis kr»A. Weingeist, 8piritus vini. Wermuthkraut, klerba absintkli. — Wurzel, kiaä. Wohlverlei, siehe Arniča. Wurmkraut, kanaeetum vulgare. — samen, 8emins sautonioi. Tabakblätter, klerba nioatisna. Terpentin, gemeiner, kerebintlüns eammunis. — öl, Oleum terebiutkinse. Tollkirschenkraut, klerba bellaäan- nae. — Wurzel, Uacl. bellsclannae. — extract, kxtraetum — — tinctur, 'kiuoturs — Zinkblumen, klares 2i»ei. — Vitriol, Vitrialum — Ein medicin. Pfund (libra) hat 12 Unzen oder 24 Loth. Eine — Unze (unela) hat 2 Loth oder 8 Drachmen. Eine — halbe Unze (uneis semis) ist daher gleich einem Loth oder 4 Quentchen oder 4 Drachmen. Eine — Drachme oder Quentchen (äraebma) hat 3 Scrupel. Ein — Scrupel (sorupulus) hat 20 Gran (Aranum). Druck und Papier von Leopold Sommer. WWW