5, Ootüchee mr, dir KotSchemr Line 8kitze von M/,. Theodor Elze, Separat-Abdruck aus dem „dritten Jahresheste des Vereines des kram. Landes-Museums." Gotschkk M die Gotschkwtt. Segarat-Äbdruck aus dem „dritte» Luhrcshefte des Vereines »es Kram. Landes- Museums." Laibach. Druck von Jgn. v. Kleinmayr und F. Bamberg. 186 l. Gotschee und die Gotschewer. Eine 8kitze von Theodor Elze, ^ie kleine Insel inmitten der Wogen des Meeres zieht oft unsere unwillkürliche Theilncchmc mehr cms sich, als die blühendsten Fluren des Festlandes es zu thun vermögen. Das Gleiche gilt von den Volks¬ und Sprach-Inseln, die wie die wirklichen gerade durch ihre isolirte und dem Untergänge ausgesetzte Lage uicht allein unsere Vorliebe in Anspruch nehmen, sondern auch dem eifrigen Suchen des Forschers manche interessante Entdeckung versprechen. Krain umschließt zwei solche deutsche Volks- und Sprach-Inseln, die eine in Oberkrain im sogenannten Zarzer Gebiet ') in der Ge- ') Die Zarzer sind der kleine Uebcrrest der deutschen Kolonien, welche die Bischöfe von Freisingen ans Baiern (schon vor 1160), Kärnten nnd Tirol ans ihre Besi;- zungcn in Krain verpflanzten. Während die Baiern und Kärntner mehr slavisirt worden sind, haben die in einem hochgelegenen Alpcnthale angesiedeltcn Zarzer, die Nachkommen der angeblich von Graf Enicho, 29. Bischöfe von Freisingen, im 1.1283 von seinen Besitznngen im Pnsterthale hieher übersiedelten Tiroler, bis zn einem gewissen Grade ihre deutsche Volksthümlichkeit bewahrt. Man findet bei denselben noch ein geschichtliches Bewußtsein ihrer Abkunft, und hier nnd da hört man Einen oder den Andern von ihnen sagen: „schon seit sechs Jahrhunderten wohnt hier unser Stamm." Die Anhänglichkeit an ihre Stammes- heimath beweisen sie dadurch, daß sie alle drei Jahre durch zwei ans ihrer Mitte gewählte Depntirte eine große Opferkcrze nnd eine Geldgabe an die Stiftskirche zu Jnnichen im Pnsterthale überbringen lassen, nnd die darüber erhaltene Bescheinigung als thcures Andenken sorgfältig aufbewahren. Zwar lehren die Eltern ihre Kinder, so lange diese den Unterricht besuchen, nur die krainische Sprache, nachher aber wird ihnen die ererbte deutsche Sprache beigebracht, die dann ihre Umgangssprache wird, welche jeder Erwachsene versteht und spricht. (Hiernach ist die Mittheilnng Klnn's in: Frommann's deutschen Mundarten, 185ü, 1 2 gend von (Bischof-) Lack, die andere in Unterkrain im ehemaligen Herzogthume Gotschee, jene ans dem Ende des 13.) diese aus der Mitte des 14. Jahrhunderts hcrstammcnd. Nächst den Vicentinisch- deutschcn Gemeinden °) und den Siebenbürgischen Sachsen dürfte es für den deutschen Cuttnr- und Sprachforscher kaum ältere und interes¬ santere Ueberbleibsel aus der Borzeit des deutschen Bolkes geben, als diese beiden Inseln, zu welchen eine eigene Erforschungsreisc gewiß mit reicher Bente lohnen wurde. Was nun hie und da auf einem Durchfluge durch das Got- schewer Land von mir bemerkt, was im Umgang und Verkehr mit Einzelnen erfragt, was aus dem Munde des Volkes selbst erlauscht, was von verschiedenen zuverlässigen Seiten mir freundlich mitgetheilt wurde: das bietet die nachfolgende Skitze. Dieselbe kann bei ihrer Lückenhaftigkeit und Unvollstäudigkcit keinen Anspruch aus hohen wissen¬ schaftlichen Werth machen, aber in Ermanglung tieferer Forschungen will sie nur ein anschauliches und charakteristisches Bild dieses von den Deutschen kaum gekannten Bruderstammes zu geben versuchen ^). Wer sind nun diese „Gotschewer?" wo stammen sie her? wie sind sie hieher gekommen? — Die verschiedensten Vermuthungen S. 182, zu berichtigen. Die Zarzer Mundart soll dem Gotschewer Dialcct vielfach ähnlich sein; s wird sh, a wird ä ausgesprochen. Siehe A. Jellouschek in den Mitthcil. des histor. Vereins f. Krain 1856, S. 47. Neber die rechtlichen Verhältnisse dieser Kolonisten und der Frcisingen'schen Unterthanen in Krain überhaupt zu Anfang des 14. Jahrh. gibt Prof. Zahn in den genannten Mit- theilungcn 1861, S. 1 ff., einen interessanten Bericht aus den Urbarien von 1305 und 1318.) -) Auch iu limau (8ta. Ooao in limau, oder Ismou) in Friaul, ans dem Wege von lolmerro über p-üurro nach Manchen im Gailthal in Kärnten gelegen, soll eine dem Gotschewer Dialect sehr ähnliche deutsche Mundart gesprochen werden. Vielleicht ist hier auch eine ältere deutsche Kolonie, worüber sichere Auskunft zu erlangen wünschenswcrth wäre. ') V. F. Klun hat das Verdienst, in den letzten Jahren mehrfach auf die Wichtig¬ keit einer Erforschung des Gotschewer Dialects hingewicsen zu haben; so im „Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit" 1854, Nr. 3; in „Frommann's deutschen Mundarten" 1855, Nr. 1 n. 4; im „Laibachcr Taschenkalender" f. 1855, und daraus (nut einigen Abänderungen und Verbesserungen) wiederholt in „Brock¬ haus' Blättern f. literar. Unterhaltung" 1859, Nr. 44; dieser Aufsatz ist großcn- theils nur eine wörtliche Wiederholung und Ucberarbeitung von C. Ullepitsch's (pseudonym Ioan bauesnt) Aufsätze „das Herzogthum Gotschee" im Jllyr, Blatte 1839, S. 153 ff-, welcher seinerseits nach Hoff arbeitete. 3 sind hierüber aufgestellt und durch abenteuerliche Namensableitungen unterstützt worden. „Gothen" und „Sueocn", „Gothen" und „Savier" und manches Andere wurde aus dem Namen „ G o t s chewe r" heraus¬ gefunden und — danach der Ursprung des Nolles gedeutet *). — Nach Valvasor ^) hat Bischof Thomas Chrön (von Laibach) im I. 1509 in seinem Kalender notirt, „daß nach einem von ihm im (Bischöflich Freisingcn'schen) Archive zu Bischof-Lack gefundenen Docnmente Kaiser Karl IV. dem Grafen Friedrich von Ortenburg auf sei» Bitten 300 Familien der über¬ wundenen Franken und Thüringer in die Leibeigen¬ schaft schenkte, da sic wegen Ausstandes anderweitig hätten bestraft werden müssen, woraus im Laufe der Zeit diese deutsche Kolonie G o t s ch e e erwachsen sei." Diese Angabe, deren Glaubwürdigkeit von spätem Schriftstellern mannigfach angezweifelt wurde, wird in allem Wesentlichen durch die bisherigen Ergebnisse geschichtlicher und sprachlicher Forschung bestätigt. Um dieß zu erweisen, wird eine kurze Veranschaulichung der Verhältnisse Krain's, des Hauses Ortenburg und des Got- schewcr Landes am Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts nicht nndienlich sein. Krain war in jener Zeit nicht wie heute zu einem politischen Lande vereinigt, sondern einzelne Theile desselben gehörten den Her¬ zögen von Oesterreich, den Herzögen von Kärnten, den Grafen von Görz, den Patriarchen von Aquilcja, den Bischöfen von Freisingcn und den Bischöfen von Brizcn. Eins der mächtigsten Geschlechter.in diesen Gegenden war damals das der Grafen von Ortenburg aus dem Hause Sponheim (aus welchem die Kärntnischen Herzöge, —1269, abstnmmten), welche jedoch in Krain bloß Lehens- trägcr (Vasallen) der Patriarchen von Aquilcja waren "). Als derartige st Auffallender Weise Pflegte früher der Wiener Sprachgebrauch die Gotschewer als „Krainer", die slavischen Krainer aber als „Illyrier" zu bezeichnen. st Valvasor: „Ehre Krams" XI, S. 194, k: »Lorolus IV. Imperator, Ilex Kobe- mise, llevictis kraneonikus et 1'bnringis, all Petitionen» krieüeriei Loniitis ab Ortenburg, üellit ei treoentos viros eum eonfngibug et liberis in 8ervitutem, gni gbgg clebebgnt puniri propter robelbonem, gll08 trgnsmisit gü silvas, ubi nune Kottsovig est, gni processu temporig excisis grboribus septem eeeiesigs pgroobiales erexerunt.» st Die nachfolgenden Mittheilnngeu sind theils dem Jllyr. Blatle, der steier- 1' 4 Lehen der Ortenburger in Innerkrain werden im I. 1263 bei der Erbschaftstheilnng zwischen den Söhnen des Grafen Hermann von Ortenburg, Heinrich und Friedrich, Zobelsberg und Reis- nitz genannt, so daß die Gegend des spätem Gotschec, falls sic schon damals den Ortenburgern gehörte, mit zu Reifuitz gerechnet worden sein müßte. Graf Friedrich von Ortenburg und sein Sohn Albrecht waren treue Anhänger Kaiser Rudolfs von Habsburg, welchem sie 1276 und 1278 wirksame Hilfe gegen König Otlokar von Böhmen leisteten, indem sie ihm 300 geharnischte Reiter, d. h. eben so viele als der gefürstete Graf von Tirol, zuführten. Graf Meinhard (l.) von Ortenburg war im Anfang des 14. Jahrhunderts von großem Ansehen und Einfluß. Im I. 4300 führte er einen erfolgreichen Krieg für den Patriarchen Peter von Gerra gegen Gerhard von Camino; 1301 (Lack, 2. Juli) verglich er als Schiedsrichter den Bischof Enicho von Fr ei sing en mit Wern her von Lok (Lack), während im selben Jahre (Lack, 8. Dec.) Graf Hermann von Ortenburg mit Bischof Enicho durch ein Schiedsgericht wegen seiner Heimsteuerfordernng sich verglich. Graf Meinhard stand jedoch 1319 dem Grasen von Görz in seinem Kriege gegen Scaliger von Verona bei, welcher seinerseits mit dem Patriar¬ chen Paganus della Torre verbündet war, dessen General¬ kapitän in Friaul, Istrien und Krain damals Markgraf Wil¬ helm von C i v i d a le war. Gleichzeitig hatten die Grafen Mein¬ hard und Hermann von Ortenburg, unter Vermittlung des Herzogs Heinrich von Kärnten, ihre Fehde mit den Auers¬ perg er n durch einen Vergleich beendigt, welcher Friede jedoch nicht von langer Dauer war. 1321 hcirathcte Graf Meinhard, viel¬ leicht in Folge des Friedensschlusses zwischen dem Patriarchen und dem Grafen von Görz, B e l i n g e ria, die Tochter Z n m s r e d i n's della Torre, eines Verwandten des Patriarchen, welcher selbst der Braut eine Mitgift von 800 Mark bestimmte. Als Graf Meinhard im I. 1326 Landeshauptmann in Krain geworden war, schloß er zur märkischen Zeitschrift, den Mitthcilungcn des histor. Vereins für Krain, denen des histor. Vereins für Steiermark, thcils freundlichen Privat-Mittheilnngen des Herrn Prof. Tangl in Graz entnommen. Einige bisher unbekannte Quellen werden genauer angegeben werden. 5 Beilegung seiner Streitigkeiten mit den Au c r sp er g c rn einen neuen Vergleich, allein er gerieth bald in schlimmere Händel mit dem Patriarchen Pag anus, welcher ihn sogar vor den von ihm bestellten Richter Hector von Savorgnana fordern ließ, weil er daö Schloß von Los (Laas) mit Zugchör in seiner Gewalt hielt, obgleich er des Lehens verlustig geworden war. Graf Meinhard (I.) starb im I. 1335 (?) und ließ seinem Sohne Hermann UI. das Schloß Los. Mcinhard'S Brnder, Graf Albrecht (U.), wel¬ cher 1332 starb, hinterließ vier Söhne: Otto (UI.), Friedrich, Rudolf und Albrecht (UI.), von denen die beiden letztem Geist¬ liche wurden. Graf Rudolf (welcher sich auch „Herrn vonB i llich - gratz" nannte) war 1340 Pfarrer zn St. Veit bei Sittich, Graf Albrecht wurde 1363 Bischof von Trient und starb als solcher den 9. Sept. 1390 ?). Die Brüder Otto nnd Albrecht hatten im I. 1334 Streit mit Bischof W e r n t h o von Bam¬ berg nnd seinem Bruder Heinrich Schenk von Reichcneck, zn dessen Beilegung sich die letztem (Grez, St. Gilgen - Tag) gegen Herzog Albrecht von Oesterreich verpflichteten. Im I. 1335 versöhnten sich die vier Brüder: Otto, Friedrich, Rudolf und Albrecht auch mit dem Patriarchen Bcrtrand und leisteten aus das Schloß zu Los Verzicht, welches der Patriarch dem Grafen Heinrich von Ortenburg zn Lehen gab. Hierüber zerfiel Graf Hermann (Ul., Sohn Mcinhard'S I.), welcher noch von seinem Vater her thatsächlich im Besitz von Los war, mit dem Patriarchen, bekriegte ihn nnd behauptete sich im Besitz von Los, wo er 1351 starb. Graf Otto und Graf Friedrich bemüheten sich ferner, die wieder auSgcbrochcne Fehde mit den A n c r s p c r g c r n beiznlcgcn; zn diesem Zwecke ersuchte Graf Otto den Grafen Friedrich von Cilli, welcher damals Landeshauptmann in Kram war und dessen Tochter Anna er znr Gemahlin genommen hatte, um seine Vermittlung, durch welche denn auch 1343 (Ortnek, Mittwoch vor St. Johannis) die langdanerndcn Streitigkeiten zwischen beiden Familien endlich ganz und für immer beigclcgt wurden. Im I. 1347, wie Einige wissen wollen (Andere meinen, cs sei schon 1247 geschehen), soll nun Graf Friedrich (?) von Ortcn- ') Geschichte dc8 Bisthnms und der Bischöfe von Trient. Botzen 1825, 1. Bd. S. 179. « bürg, der zu Ort en egg (bei Reifnitz in Krain) residirte, vom Grasen Bertrand de St. Genevois, Patriarchen von A q n il c j a, mit der Gegend des spateren G o t s ch c e belehnt worden sein s). Ein Nachweis aus geschichtlichen Urkunden kann jedoch hier¬ über nicht geliefert werden. Dagegen steht geschichtlich fest, daß Graf Otto von Ortenburg im I. 1350 das Schloß Altenberg in Krain vom Grafen Jakob von Altenberg und Rcntcn- berg kaufte, während in demselben Jahre Graf Friedrich von Ortend nrg als Vicedom des Hochstifts Bamberg in Kärnten ge¬ nannt wird °). Uebcrhanpt scheint vielmehr Graf Otto die Güter in Krain besessen und verwaltet zu haben, während Graf Fried - r i ch mehr ein bewegtes Leben außerhalb des Landes geführt zu haben scheint. Die Besitzungen der Ortenburger in Krain mögen durch die langwierigen und verderblichen Fehden mit den Aucrs- pergern (1316 — 43), so wie durch die Kriege mit den Patriar¬ chen nicht wenig gelitten gehabt haben; wurden dieselben nun gar noch durch eine» so bedeutenden Zuwachs an uncnltivirten Ländereien vermehrt, so war es wohl ziemlich natürlich, daß Graf Otto an eine Kolonisation durch fremde Einwanderer dachte, zumal er das Gedeihen der im 13. Jahrhundert gegründeten deutschen Kolonien auf den Bischöflich Freisingen'schen Besitzungen in Oberkrain vor Augen ') Ich wage hier nicht zu entscheiden. Sollten die Ortenburger schon lange mit diesem Lande belehnt gewesen sein, so wäre es unbegreiflich, daß sie nicht schon früher eine Kolonisation desselben unternommen haben. Dagegen hat die Annahme viel für sich, daß der Patriarch Bertrand, welcher mit den (seit 1332 mit Kärnten und Krain belehnten) Herzögen Albrecht (N.) und Otto (dem Fröhlichen) von Oesterreich 1336 in Laib ach ein Friedens- und Freund- schaftsbündniß schloß, bei dieser Gelegenheit auch mit den Ortenburgern sich aussöhnte, und wenn nicht jetzt, doch nachdem Albrecht N. nach dem Tode seines Bruders Otto und der Söhne desselben 1343 Alleinherr aller österreich. Erblande geworden war, auf der Habsburger Fürsprache für diese ihre treuen Anhänger, denselben als Ersatz für Los (auf das sie 1335 verzichtet hatten) dieses neue Lehen crtheilte. Bei dieser Annahme würde nur das auffallend sein, daß uns die Belehnungs-Urkunde darüber unbekannt ist, während uns sonst aus dieser Zeit so viele und weit minder wichtige Aquilej. Urkunden (besonders durch Liknwbi) erhalten sind. ') Vgl. Phil. Vonend: die Herrschaften des ehemaligen Hochstiftes Bamberg in Oberkärnten; Villach 1856, S. 76. (Der Vers, benützte archivalische Urkunden des Villacher Bnrgamts.) hatte. So mag sich denn für ihn sein in vielen auswärtigen Bezie¬ hungen stehender Bruder, Graf Friedrich, an den Kaiser Karl IV. (seit 1347) mit einer derartigen Bille gewendet haben. Diesem boten gleich im Beginn seiner Regierung die zahlreichen inneren Unruhen im deutschen Reiche, Bauernaufstände und Aufleh¬ nungen gegen die kaiserliche Gewalt, z. B. die Erhebung des Gegen¬ kaisers Günther von Schwarzburg (1349) '"), Gelegenheit genug, eine solche Bitte zu erfüllen, und bei seinen weitgehenden politischen Planen war cs dem Kaiser wohl auch ganz willkommen, die Fürsten nud Herren in diesen südlichen Marken des Reiches sich zu verpflichten. Schon hatte er durch Verlobung einer seiner Töchter mit Rudolf IV., einem Sohne Herzog Alb recht's II-, diesen für sich gewonnen, und so erreichte er denn auch, daß sein roher Halbbruder unehelicher Abkunft Nicolaus (von Luxemburg), nach¬ dem der thätigc und kraftvolle Patriarch B e rtr a n d von Aq u i - leja im Kriege gegen den Grafen von Görz bei Spil em - berg am 29. Mai 1350 gefallen war, dieses mächtige Patriarchat erhielt. Unter solchen Verhältnissen und Umständen vollführte Graf Otto von Ortenburg zwischen 1350 — 60 ") die Kolonisation dieser, später Gotschec genannten Gegend durch Deutsche. Graf Otto sah sich 1358 (in welchem Jahre er auch Landes¬ hauptmann in Kram bis 1360 ward) genöthigt, mit seinem Bruder, dem Grafen Rudolf, bei den Juden Mosche und Chatschim Was Erasmus Francisci i» Valvasor's Chronik hiergegen vorbringt, ist nicht stichhaltig; rabellio bedeutet nicht Krieg, daher hier auch nicht von „Kriegs¬ gefangenen", am wenigsten von „kriegsgefangenen Familien")!) die Rede sein kann ") Diese Angabe ist nicht eine willkürliche Schlußfolgerung, sondern beruht aus einer Urkunde des Patriarchen Ludwig U. della Torre von Aqnileja, ääo. Udine 1. Mai 1363. — Bgl. Copialbücher, IV. Band, S. 615—17. — Klun in seinem Archiv f. krainischc Landesgcschichte I. S. 35, verwechselt die Jahrzahl der Notiz des Bischofs Thom. Chrön (1509) mit derjenigen der Ansied¬ lung der Deutschen in Gotschee, verwandelt deßhalb K. Karl IV. in K. Maxi¬ milian I., welchen er dem Grafen Friedrich von Ortenburg diese „kriegsgefan¬ genen Familien" übergeben läßt, während er selbst unter dem 1.1420 (a. a. O. S. 25) bereits das Ausstcrben der mächtigen Ortenbnrgischen Dynastcnfamilie und den Anfall Gotschee's an die Grafen von Lilli gemeldet hat (!); man vergleiche übrigens auch seine spätem, oben angeführten Aufsätze über die „Gottscheer." 8 in L a ibach die bedeutende Summe von 1000 Mark zu entlehnen ^), und die Bermuthung, daß die durch die unternommene Kolonisation Gotschee's verursachten großen Kosten hierzu Bcraulassung gaben, dürfte um so weniger gefehlt sein, als Graf Otto und sein Bruder Graf Albrecht, Bischof von Trient, im I. 1364 neuerdings 1000 Mark von den Inden Chatsch im und Avidor in Laibach erborgten "). Graf Otto starb im 1.1370 auf dem Schlosse zu Rcifnitz, und hinterließ außer seiner Gemahlin Anna, geborncn Gräfin von.Cilli, einen Sohn, Friedrich, und eine Tochter, Adel¬ heid. Letztere war 1361 mit Ulrich Grafen von Cilli, welcher 1363—67 Landeshauptmann in Krain war, vermählt, verwitwete 1367 (oder 1368?) und starb 1391. Graf Friedrich von Ortenburg war vermählt mit Her¬ zogin Margaretha von Teck, deren Bruder Ludwig, wohl mit durch den Einfluß seiner Ortenburgischcn Verwandten, später (1419) Patriarch von Aquilcja wnrdc. Mit der Herzogin Margaretha war aus Schwaben Einer Namens Zeng als ihr Schreiber in's Land gekommen, welcher um's I. 1370 Pfarrer „an der Ri e g" wurde, wozu damals noch fünf Dörfer, darunter Götteniz, gehörten. Pfarrer Zeng lebte noch im I. 1414, und ist der erste bekannte Geistliche der deutschen Kolonie in Gotschce Am 12. Sept. 1377 wurde Graf Friedrich vom Patriar¬ chen M a rq n a rd mit den Burgen: O r t c n ech mit Zugchör (wozu hier offenbar Gotschce gerechnet wird), Polan (Pölland), Graffcn- wart und Zobelsberg belehnt, in welche Belehnung der Patriarch die Burg zu Los, als ihm selbst gehörig, nicht mit aufnchincn wollte "). Am 20. New. desselben Jahres 1377 (Montag vor St. Katharinen) setzte Graf Friedrich von Ortenburg für den Fall seines kinderlosen Ablebens testamentarisch seinen Oheim väterlicher Seits Grafen Albrecht von Ortenburg, Bischof von Trient, und nach dessen Tode seinen Oheim mütterlicher Seits Grafen Hermann von Cilli, dessen Sohn Hermann (den jüngern) ")u. ") Original-Documciite im Archiv des Schlosses Auersperg. ") Vgl. llkronioon kuelvNüedi ilengg, itlemmingani Aenstoris, in Oeleln sneiptl. rar. Noio. I, 245 n. 247. ") Nianeki, tkosaur. eoeles. sguiles., litini 1847, p. 391. 9 und ihren Vetter Wilhelm Grafen von Cilli zu Erben aller seiner Güter cin 'b), wobei nebst den Vesten Ortenegg, Reifnitz samnit dem Markt dabei, Zobclsberg, Gravenwart, Polan sammt dem Markt dabei u. s. w., ausdrücklich auch „unser Markt zu Gotschc" erwähnt wird. In dieser Verfügung blieb nur Los aus¬ drücklich ausgeschlossen und dem besonder» Willen des Besitzers Vor¬ behalten, woraus (wie aus andern Urkunden) ersichtlich ist, daß diese Burg noch immer Ortenburgisch war. Graf Friedrich von Ortenburg starb im 1.1420 kinder¬ los, der letzte seines Stammes, angeblich (was jedoch kaum Glauben verdient) von seiner Gemahlin Margaretha mittelst eines Apfels vergiftet, welchen sic mit einem auf Einer Seite vergifteten Messer getheilt hatte. So kam G o t s ch c c ^) mit den übrigen Ortcnburgischen Gütern in den Besitz der Grafen von Cilli, blieb jedoch fortwährend ein Lehen der Patriarchen von Aquileja, wie denn auch Patriarch Ludwig (II. von Teck) im 1.1425 (ääo. Cilli 6. und 13. Mai, nächste» Sonnt, n. St. Florian) den Grafen Hermann zu Cilli nud in dem Seger, Ban in den windisch en Landen damit belehnte. Fortan uanntcn sich die Grafen von Cilli auch Grafe» von Ortenburg und in dem Seger (Sagorien). Als auch die C illicr Familie (1456) erlosch, fiel G o t s ch c c mit allen übrigen Gütern derselbe» au das Haus Oestreich ^). Unter¬ dessen Herrschaft wurde das Land Gotschee ein Pfandschillings¬ gut, die Stadt aber laudcsfürstlich. Pfandweise war cs im Besitz des Grafen Georg von Thurn, welcher 1515 bei einem Bauernaufstände sein Leben verlor. Dann wurde cs als Kammcrgut verwaltet, bis cs Franz U r s i n i Graf v o n Bl a g a y 1547 pfandweise von der Hofkammcr an sich brachte. Niclas V. Ursini verkaufte cs 1619 an Johann Jakob Khisl Freiherr» von Kaltenbrunn und Reifnitz, welcher 1623 in den Grafcnstand erhoben wnrdc, wobei Gotschee eine Grafschaft ward. Bartho- '") I/mch;, Szilell. Seoul. S. 1841; Copialbücher I. Bd., S. 1018 1020. ") „Beste Ortcnegg mit Gotschee." ") Vgl. von hier an: Jllyr. Blatt 1839. S. 155 f., und danach Klun a. a. O. 1« lomäus Graf von Khisl verkaufte dieselbe am 9. Juli 1641 an Wolf Engelbrecht Grafen von Ancrsperg, welcher sie seinem Bruder Johann Weikhard hinterließ, der am 17. Sept. 1653 vom Kaiser in den Reichsfürstcnstand erhoben wurde. Dieser Besitzer machte Gotschee zu einem Fideicommiß, welches seither unverändert den Fürsten von Auersperg verblieb. Im 1.1791 wurde die Graf¬ schaft Gotschee von Kaiser Leopold I!. zu einem Herzog¬ ih um erhoben und dem regierenden Fürsten von Auersperg ward der Titel und Rang eines „Herzogs von Gotschee" ertheilt, welchen Titel diese fürstliche Familie noch heute führt. — Aus diesem Ucberblich über die geschichtlichen Verhältnisse des Landes Gotschee ergibt sich, daß die Mittheilung Valvasor's über die Entstehung dieser deutschen Kolonie nicht als geradezu unglaub¬ würdig verworfen werden darf. Daß aber die nach Unterkrain auf die Ortenburgischen Besitzungen übersiedelten Kolonisten in der That, wie Valvasor angibt, Franken und Thüringer gewesen seien, beweist, abgesehen von einer unsichern Ueberlieferung, die Sprache der Gotschewer, welche mit keinem andern deutschen Dialecte so viele Verwandtschaft zeigt, als mit der frünki sch -h en n e b er g i- schen Mundart, wie dieselbe noch gegenwärtig am Ostabhang des Rhön in der Gegend von Meiningen gesprochen wird. Den Namen Gotschewer empfingen diese Ansiedler von den sie umgebenden Kramern. Im Slovenischen (Krainischen) heißt Koon ein hölzernes Haus, ein Blockhaus, wie die Holzknechte und Köhler, auch die ersten Ansiedler in einer Waldgegend sie zu errichten Pflegen, und wie man sie bei den armen Bewohnern des Waldgebirges in Kram auch jetzt noch nicht selten findet. Daher bedeutet Kooovjo oder Kom vst> („Ool-m- vm«) eine Gegend mit solchen Blockhütten und die Gotschewer sind also eigentlich die deutschen Hinterwäldler. Für die Richtigkeit dieser Ableitung spricht die alte Schreibweise Kot schcw?°), welches ") Mich. Peterneli im Programm der Laibachcr Realschule f. 1856, S. 6. Anm. Daher „Gotschewer", wie gesprochen wird und richtig geschrieben werden muß, nicht „Gottscheer"; so schreibt auch Valvasor ganz richtig: „Gotschever", „die Gotschee", „in der Gotschee" n. s. w. Anch gibt es einen Familiennamen „Gotscheber" (durch die dialektische Verhärtung des w in b). — Früher hat man meistens eine Ableitung des Namens „Gotschewer", nicht des Namens „Gotschee" gesucht,-als ob „Gotschee" von „Gotschewer", nnd nicht „Gotschc- II ursprünglich der Rame der ganzen Gegend, nicht der Stadt?') oder seiner Bewohner war, wie dieß aus der Inschrift des alten Siegels der Stadt Gotschee vom I. 1471: °8 sigiUnm 8 8 cinitatis 8 in 8 Kotschew "8 »z °z unwiderleglich hervorgeht. Das Ländchen Gotschee ist ein Waldgebirgsland und hat einen Flächenramn von etwa 16 Q.-Meilen, mit einer Bevölkerung von ungefähr 28,000 Seelen, den Nachkommen jener vor fünf Jahr¬ hunderten hierher geführten fränkischen Familien. Grund dieser geringen Zahl der Bevölkerung ist die Beschaffenheit des Bodens, da das wasser¬ arme Land durchgehends der Kalkstein-Formation des Karstgcbirges »»gehört, so daß von der ganzen Bodcnfläche nur 3 Q.-Meilen culturfähiges Land bieten, während IOV2 Q.-Meilen mit Wald bedeckt sind, und 2'/2 Q.-Meilen als Hutwcidcn dienen. Das Land theilt durchaus alle Eigcnthümlichkcitcn der Karstformation, wie sic sonst für Jnncrkrain charakteristisch sind. Ausgedehnte, oft äußerst pittoreske Höhlen, welche in den Zeiten der Türkcnkricge den Bewohnern des Landes häufig als Znftnchtsörter dienten, z. B. die Grotte bei Selc —; tiefe, senkrechte Löcher, die bisweilen zu unterirdischen Gewässern führen, wer" von „Gotschee" herkiime. — Noch gibt cs in Kritin Ortschaften mit ähnlichem Namen, so „Kölschen" (in Gotschee selbst), koött - vss (d. i. Block- hiittcndorf) im Laaser Thal (auf deutsch „Hallcrstcin"). Der Name des Dorfe« godui-vos bei Ncnstadtl in Nntcrkrain — welchen Klnn a. a. O. mit „Gothen¬ dorf" übersetzt — hat weder mit den „Gothen", noch weniger aber mit den „Gotschewern" irgend einen Zusammenhang. -') Der Gotfchewcr selbst nennt bi« heute die Stadt Gotschee bloß die Stadt. 12 bisweilen jene berühmten Eisgrotten bilden (z. B. bei Unter-Waren¬ berg nahe Teplitz), welche anderwärts in neuester Zeit so sehr die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich zogen — ; hervorbrcchcnde und bald wieder verschwindende Gewässer B. die „Rinnshcc" bei der Stadt „Gotschce") — ; kleine, mehr kcssclförmig eingescnkte, seltener sich in die Länge erstreckende Thäler — ; steinige, nur mit wenigem Erdreich in den Spalten und Löchern versehene, oft fast unfruchtbare Berglehnen; das sind die hervorstechenden Eigenheiten dieser Boden¬ formation, welche zugleich die geringe Ausdehnung der Agricnltur und das Vorwaltcn der Waldwirthschaft erklären. An zwei Stellen des Landes, im Hornwald und im Göttenizcr Wald, finden sich noch Urwälder, deren Inneres bis vor Kurzem die Menschenhand noch nie berührt, kaum je ein Menschenfuß betreten hat. Ahorn und Esche, Ulme und Eibe mischen ihr Laub mit dem der Buche und Eiche; königliche Tannen?"), vor Alter erstorben, sinken vermorschend zu¬ sammen; auf riesigen Buchen wachsen kolossale Schwämme ^); Mer das niedere Gestrüpp rankt sich weithin wuchernd die Waldrebe. Nur der Bür und der Wolf, der Fuchs und der Dachs, hie und da ein seltener Luchs oder eine wilde Katze bahnen sich ihre Pfade durch das einsame Dickicht des Bergwaldcs. Aber selbst hier gibt es seit dem I. 1848 fast keine Hirsche mehr, welche einst in so großer Anzahl vorhanden waren, daß sie im Winter in die Dörfer und Gehöfte kamen und nicht zu verscheuchen waren. Beinahe unheimlich erscheint dem Fremden, der an das Leben des Waldes gewöhnt ist, die laut¬ lose Stille in den ausgedehnten Waldungen des Gotschcwcr Landes. Kein Bachesmurmcln, kein Vogelsang unterbricht auf weiten Strecken das einförmige Schweigen der Natur; kein Singvogel bewohnt, eben wegen des Wassermangels, diese Einöden. Hie und da eine Schaar von Ncuntödtern am Wege, oder ein Paar Turteltauben am Waldes¬ rand, in den dichtem Forsten ein Specht öderem Haselhuhn, und in 2°) Zu der Produkten-Ausstellung bei der Jubiläumsfeier der k. k. Landwirthschaft- Gesellschaft zu Wien im I. 1857 hotte das Fürstl. Aucrsperg'sche Forstamt in Gotschee den Durchschnitt zweier ganz gesunden Tannen von 7' u. 6' 6" Durch¬ messer aus der 2900 Fuß über dem Meere gelegenen Fricdrichstciner Waldung eingesendct, doch gibt es noch stärkere, von 8' Durchmesser im Götteuizer Wald. — Im Laibachcr Landcsmnscum befindet sich ein aus den Gotschewer Wäldern stammender Bnchcnschwainm von 2' Länge, 1' 4" Breite und 9" Höhe. 13 der Nähe angebauter Gegenden Elstern und Raben, das sind in der Mitte des Landes fast die einzigen gefiederten Bewohner des Waldes. Nur das Rauschen des Windes in den Banmwipfeln und das Spiel der Sonnenstrahlen hin und her auf den Baumstämmen bringen einiges Leben in die Todtenstille. Wenn aber nach Sonnenuntergang daö Waldes- duukel zur vollen Nacht wird, beginnt in diesen Ungeheuern Buchen¬ wäldern ein eigenthnmliches Leben. Dann kriechen die Bilche -") aus ihren Schlupfwinkeln, erlaben sich an den Buchnüssen und treiben ihre Liebesspiele und nächtlichen Tänze, bis etwa eine Nachtenle unter die ausgelassene Schaar fährt und die bissigen Nager mit kläglichem Geschrei — dern! dern! auseinander stieben. An die Wälder grenzen, besonders in der Nähe der Ortschaften, ausgedehnte Hutweiden, welche vielfach mit Unterholz nnd Gestrüpp bedeckt sind. Es ist gerade ein rcgniger Tag, an welchem deine Wan¬ derung dich durch den einsamen Wald hindurch auf eine solche Hutweide führt. Rinder weiden träge zwischen dem Gesträuch und ein grauer Himmel liegt schwer über der Landschaft; da ist nichts, was irgend einen besonders wohlgefälligen Eindruck machen, ein eigenthümliches Interesse gewähren könnte. Doch siehe dort unter dem Gebüsch den Hirten! Holzschuhe („knoshpcn") bedecken seine Füße, an welche sie mit Lindenbast befestigt sind; ein weiter Mantel, ebenfalls von Lin¬ denbast verfertigt, hüllt ihn ein; ein breitkrämpiger alter Filzhut, dessen Stoff kaum noch erkennbar ist, bedeckt den Kopf; in der Hand hält er eine Schleuder („klobe") und ein großes Rinderhorn. Du fragst dich bei diesem Anblick, wo du dich denn eigentlich befindest, denn es scheint dir unmöglich innerhalb der Grenzen des deutschen Vaterlandes eine solche Menschengestalt in ihrer primitiven Ausrüstung zu erblicken. Und doch, das ist der deutsche Hinterwäldler, der arme Gotschewer Hirt, in der naturwüchsigen Tracht der alten germanischen Vorfahren, — neben den bewunderten Schöpfungen der Kultur und Zivilisation, neben den wunderbaren Erfindungen nnd Erzengnissen menschlicher Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhunderte ein urvolkliches Wesen, ein Bild wie ans einer fremden, antipodischcn Welt. Durch Gebirgszüge (Friedrichstein, Hinterberg, Hornbcrg u. s. w.) wird das Land G o t s ch c e in verschiedene Theile und Thäler getrennt, 22) >I)'0XUS ßlis. 14 welche besondere Namen führen, z. B. „das Land" d. i. die ebene Gegend um „die Stadt" (Gotschee), „das Hinterland" d. i. die Gegend von „Ri eg" (in alten Zeiten „an der Rieg", noch jetzt „in der rekcn" genannt, vom Slovcnischcn nka — Fluß), „der Winkel" d. i. die Gegend bei „Morobitz", „das Losch" (vom Slovenischen log- — Anc) d. i. die Gegend von „Alt- und N e n - L ack " (Lack — loss); der „ R ö m c r g r n n d " hat seinen Namen nicht von den „Römern", sondern von den Raben („rom") und be¬ deutet also so viel als „Rabenthal"; ein anderes Thal heißt „die Shnche" (d. i. Grube, Grabeu.) Den Mittelpunkt des Landes bildet die kleine, aber hübsch gebaute und recht nette Stadt Gotschee, von den Gotschcwcrn noch heute bloß „die Stadt" — »eivilax in Kordian« — genannt. Sic hat etwa 1900 Einwohner. Hier befindet sich das ansehnliche Schloß der Fürsten von Auersperg, der „Herzöge von Gotschee" mit dem Fürstlich Aucrsperg'schcn Central-, Forst- und Verwaltungsamt; hier ist der Sitz der politischen Bezirks¬ behörde, zugleich Bezirksgerichtes für mehrere Bezirke. Zeichen von Gewerbthätigkeit und Wohlhabenheit erfreuen den Besucher. Eine Dampsmühle und eine Dampfsäge, so wie in kleiner Entfernung eine Glashütte (auf einem ausgedehnten Lager jüngerer Braunkohle errichtet) bezeugen eine größere Gewerbthätigkeit, als die Einwohnerzahl vcr- muthen läßt. Die breite „Rinnshee" (Ninnsce, d. i. rinnender, fließender See), ein Karstgewässcr, welches nach 3 — 4 stündigem Lanfc dicht bei der Stadt im Geröll versickert, durchfließt die Stadt und hat ehemals nicht wenig zu ihrer Befestigung bcigctragcn. Das gegenwärtige Wappen der Stadt ist dem oben erwähnten Stadtsiegcl noch ganz gleich: St. Paulus vor einem befestigten Thurm und Stadtthor. — Die Lage der Stadt ist nicht gerade romantisch, doch angenehm. Von der Spitze eines hohen und steilen Berges nahe bei der Stadt blicken die Ruinen des Friede ich steinö herab, welches Schloß Graf Friedrich von Cilli einst zur Residenz für sich und seine schöne, aber unglückliche Gemahlin erbaute "). Graf Friedrich hatte nämlich von seinem Vater, dem alten Grasen Hermann von 'si S. Valvasor XI, 200 ff. — nach der Cillier Chronik. 15 CM, 1421 die Herrschaften Samobor (in Kroatien), Gnrkfeld, Land¬ straß, Rudolfswerth (jetzt Nenstadtl, — alle drei in Unterkrain, welche die Cillier Grafen damals pfandweise besaßen) und die von der 1420 ausgestorbenen gräflich Ortenburgischen Familie ererbten Besitzungen in Unterkrain erhalten und führte seine eigene Hofhaltung in Gurkfeld. Hier starb im Jahre 1422 seine Gemahlin, eine geborne Gräfin von Modrusch, wobei sich das Gerücht verbreitete, Graf Friedrich, welcher seine Neigung einer andern Dame zugewendct hatte, habe seine Ge¬ mahlin im Bett erstickt, welcher Argwohn noch dadurch bestärkt wurde, daß Graf Friedrich diese Dame, Veronica von Desinze (Desscnitz?), im Jahre 1424 heirathete. Weil Graf Friedrich diese Verbindung mit einem Fräulein aus bloß ritterlicher Familie ohne Zustimmung seines Vaters und seines Schwagers, des Kaisers Sigismund, geschlossen hatte, wurde er von diesem nach Ungarn berufen, fcstgenommen und zu seinem Vater, dem Grafen Hermann, nach Cilli gebracht. Dieser ließ ihn in Fesseln legen und auf das Schloß Osterwitz (bei Franz) in's Gefängniß bringen. Später kam er auf die Burg Cilli unter die Bewachung des Ritters Jobst von Helfenberg, wo er genöthigt wurde, alle seine Herrschaften und Schlösser seinem Vater wieder abzutreten, unter ihnen auch das neu erbaute und nach ihm benannte Schloß Friedlichstem bei Gotschee, welches der alte Graf Hermann bis auf den Grund zerstören ließ. Graf Friedrich's Gemahlin Veronica irrte während der Zeit in Wäldern und Einöden herum und verbarg sich endlich vor dem Zorne des Vaters ihres Ge¬ mahls in einem Thurme bei Pettan. Ihr Aufenthaltsort wurde jedoch bald entdeckt, sie selbst von da abgeholt und nach Schloß Osterwitz in's Gefängniß gebracht. Nach einiger Zeit wnrdc sie von dort nach Cilli geführt und unter der Anklage, durch Zauberkünste des Sohnes Nei¬ gung gewonnen, dem Vater aber nach dem Leben getrachtet zu haben, vor Gericht gestellt. Da sie der augeklagten Schuld nicht überwiesen werden konnte, ward sie vom Gerichte freigesprochen, Graf Hermann aber ließ sie wieder nach Osterwitz in's Gefängniß bringen, in der Absicht sie dort verschmachten zu lassen. Da dieß aber zu lange währte, beorderte der rachgierige alte Herr zwei Ritter, welche die schöne Frau unterhalb dcö Schlosses Osterwitz in einer Badwauuc er¬ säufen ließen. Graf Friedrich war inzwischen vor Kummer und Herzeleid erkrankt, wcßhalb ihn sein Vater aus dem Gefängniß freiließ und ihn, 16 nachdem er durch die Kunst der Aerzte geheilt war und der alte Herr sich wieder mit ihm ausgesöhnt hatte, nach dem von den Ortenbur¬ gern ererbten Radmannsdorf (in Oberkrain) sandte. Hier hielt Graf Friedrich zwei Jahre Hof und trat dann eine Reise nach Rom an. So erzählt die alte Chronik über Graf Friedrich, den ersten Erbauer des Schlosses Friedlichstem, welches derselbe einige Jahre später wieder aufbaute, und das im Laufe der nächsten zweihundert Jahre den Gotschewern oft als Zufluchtsort bei den Einfällen der Türken diente. Im 17. Jahrhundert wurde das Schloß vernachlässigt und verfiel immer mehr, bis es endlich gegen Ende des vorigen Jahrhunderts beinahe völlig niedergerissen wurde. Die Geschichte der kleinen, abgelegenen Stadt Gotschce bietet ein verhültnißmäßig sehr bewegtes Bild. Schon 1377 wird sie ein Markt genannt. Aus dem Jahre 1393 ist ein gewisser Herman n als Pfarrer von „Gottschee" bekannt. Im 1.1469 wurde sie von den Türken genommen nnd eingeäschert, jedoch 1471 wieder anfgebant. — Bei dieser Veranlassung begabte Kaiser Friedrich IV., dieser für Kram so wohlthätige Herrscher, die Stadt mit stattlichen Freiheiten (wohl denen ähnlich, welche derselbe Kaiser bei derselben Gelegen¬ heit und im selben Jahr der benachbarten Stadt Rudolfswerth — jetzt Neustadtl — ertheilte); aus diesem Jahre stammt auch das alte, oben erwähnte Stadtsiegel. In Folge jenes Unglücks blieben die Steuern rückständig, worüber K. Friedrich (Graz 2. März) 1478 ein Dekret an Richter und Rath „in der Gotschee" erließ ^). Im I. 1515 brach unter den Bauern in Untersteier, Untcrkrain und Gotschee wegen drückender neuer Stenern ein Aufruhr aus, der „win- dische Bund" genannt, bei welchem die Gotschewer ihren Herrn, Georg Grafen von Thurn, und den Pfleger Gregor Sterscn erschlugen, die Stadt selbst aber in Flammen anfging. In den Jahren 1528, 1540, 1546, 1558, 1559 (2 Mal) wurde sic wieder von den Türken ver¬ heert; 1578 wüthete hier die Pest, 1584 geschah eine neue Zerstörung durch die Türken, 1596 eine abermalige durch Feuersbrunst. Ein Bauernaufstand bedrohte sie wiederum 1662, und 1684 vernichtete sie eine neue Feuersbrunst 2°). ") Mitth. des histor. Vereins s. Kram 1857, S. 125, Valvasor XI, 198 ff. — Klun, Archiv I. 17 Erwägt man noch, daß außerdem das Gotschcwer Land noch 1522, 1530 und 1564 und in unzähligen andern kleinen Streifzügen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts von den Türken heimgesucht und verheert worden ist, und daß nach dem letzten Brande der Stadt Gotschee im I. 1685 ein Theil der Gotschewer in das Erzherzogthum Oesterreich auswanderte, wo ans Mangel an Landbauern große Strecken Landes öde lagen, so ist es, auch abgesehen von der Bodenbeschasfenhcit des Landes Gotschee, nicht mehr zu verwundern, daß die Bevölkerung desselben so gering ist. Die übrigen Ortschaften des Ländchens sind von geringer Be¬ deutung; meist tragen sie echt deutsche Namen, wie: Altkirchen, Deutschau, Fischbach, Gehak, Graflinden, Hiris- gruben, Hasenfeld, Hintcrbach, Hohenegg, Horn- berg, Klcindorf, Licnfeld, Mitterdorf, Mittenwald, M ö rl e i n s ra n t, Moos, Mooswald, Mösel, Nesselthal, Schalkendorf, Schlechtbüchel, Schwarzenbach, Sol- gendors, Stalzern, Suchen, Weißenstein, Wetzenbach, Winkel, Zwislern n. s. w., bisweilen jedoch auch slavische, wie Friesach (von dro8jv n Birkenwald), Lack (von log- — Aue), Kotschc (von kooa — Blockhaus), Rieg (von »lia — Fluß), Malgern (von inalaxora), Sele (von solo — Weiler), Kletsch, Morobiz, Zermoschniz u. a. Uebrigens haben die Ortschaften in der Umgegend von Alt-Lack auch Vulgär - Namen , wie das sonst für Menschen gebräuchlich ist. Unter allen genannten Orten ist N e s s c l t h al einer der bedeu- tcndern. Durch einen starken Gewitterregen aufgehalten, fanden wir hier ein stattliches Wirthshaus und in Herrn „Verderber" einen gefälligen Wirth. Während wir bei ihm ein wohlbereitetes Mittagsmahl cinnah- men, hörten wir plötzlich auf dem großen Platze vor dem Hanse ziemlich ungeschickt eine Trommel schlagen. Ich trat an's Fenster und sah einen Mann eine alte französische Trommel bearbeiten, — es war der Gemeinde - diener; gerade vor unserm Wirthshause hielt er und rief: „ze nachbarn!" (d. i. Nachbarn, kommt zusammen!). Nach einiger Zeit wiederholte sich derselbe Auftritt, allein der Ruf lautete: „af der shtelle zenan- der!" — und 5 bis 6 Männer gingen langsam miteinander zum Orte hinaus, zur Ausbesserung einer Bezirksstraße — wie man mir sagte. Wo keine Trommel vorhanden ist, werden die Leute mittelst eines 2 18 großen (Ochsen-) Hornes „ze Nachbarn", d. i. eigentlich zur Gemeinde- Versammlung „zenander getutet." — Im Gotschewer Land nicht weniger, als in Krain überhaupt sieht der Fremde zu nicht geringer Verwunderung eine große Anzahl Kirchen und Kapellen auf hohen Berggipfeln, oft fern von mensch¬ lichen Wohnplätzen erbaut, deren viele mit einer starken Mauer, wohl auch mit einem Graben und selbst Schanzthnrmen zur Befestigung umgeben sind (was der Krainer Tabor — festes Lager, Zufluchtsort nennt). Man darf dieselben nicht etwa für lauter Wallfahrtsörter halten, oder in ihnen lediglich ein besonderes Zeichen der Frömmigkeit der Landbewohner erblicken, sondern dieselben sind zugleich ehrwürdige Ueberreste aus jenen drangsalsvollen Zeiten, in welchen diese Gegenden den schrecklichen Verheerungen durch den Erbfeind des christlichen Namens ausgesetzt waren. Damals dienten diese schwer zugänglichen und befe¬ stigten Kirchen nicht bloß den Bewohnern der Umgegend zu Zufluchts¬ stätten, sondern von hier aus verkündeten auch weithin leuchtende, von Gipfel zu Gipfel sich fortpflanzende Signalfeuer („Kreutseuer" oder „Kreuzfeuer") den übrigen Theilen des Landes die Annäherung der Türken, welche in plötzlichem Einbruch mordend, brennend und plün¬ dernd einen Streif- und Beutezug unternahmen. Die Wohnhäuser der Gotschewer, wie des Kramer Land¬ volkes überhaupt, sind meist armselig und elend. Nur iu größern Ortschaften und bei wohlhabendem Besitzern findet man steinerne Häu¬ ser. Schornsteine sind ein erst mit der Civilisation der letzten Jahr¬ zehnte eingedrungener Luxus. Die meisten Bauernhäuser sind ganz von Holz gebaut und mit Schindeln gedeckt. Im Allgemeinen sind sie fast noch schlechter, als die der slavischen Krainer, und meist auch sehr unreinlich. Betten sind fast unbekannt, die an den Wänden hinlaufen¬ den Holzbänke oder der Boden dienen als Schlafstättc. In den grö¬ ßern Orten ist es etwas besser. In Nesselthal zeigte mir ein Greis, der bei seinem Sohne lebte, in einem hübschen und reinlichen Hause mit Stolz sein Bett zum Beweise, wie gut er es bei seinen Kindern habe. Aber auch dergleichen bessere Häuser können keineswegs den zierlichen hölzernen Häusern im Schweizer Hochgebirgslande, in Tirol und Oberbaicru verglichen werden. Im Allgemeinen ist das Aenßere der Häuser roh und ungefüge und mit kleinen, kaum einen Quadrat - schnh großen Fenstern versehen: in der Bauart und innern Einrich- IS timg erinnern sie etwas an die Wohnungen des friesischen Helgolän¬ ders, und wie diese an die Kajüten der Schiffe, ohne jedoch deren Nettigkeit zu besitzen. Die geringe Ausdehnung des anbaufähigen Bodens gestattet kei¬ nen ausreichenden Ackerbau. Zwar werden die verschiedenen Getreide¬ arien, besonders aber Hirse, Hafer und Mais, seit Beginn dieses Jahrhunderts auch Kartoffeln gebaut, allein bei der Unfruchtbarkeit des Bodens erträgt die Ernte nur sehr wenig, und es müssen daher Getreide und Hülscnfrüchte zngeführt werden. Die jährliche Einfuhr an Weizen, Gerste und Mais betrügt durchschnittlich 12000 österr. Metzen. Die mineralischen Schätze des Landes sind kaum nenncnswerth; bei S t o ck e n d orf, bei Mö s el und bei Gött e n iz kommen Eisen¬ erze, im Göttenizer Wald und bei der Stadt Gotschee jüngere Braunkohlen vor, von denen jedoch nur die letztem von einiger Wich¬ tigkeit sind. Die Größe des Viehstandes ist bedeutend. Bei der letzten Zäh¬ lung (1857) besaß der Bezirk Gotschee (welcher nicht das ganze Land Gotschee umschließt, da von diesem jetzt einige Theile zu den Bezirken Seisenberg, Neustadtl und Tschernembl gehören) bei einer Einwohner¬ zahl von 23.669 Menschen einen Viehstand von 898 Pferden, 12.829 Stücken Rindvieh, 5086 Schafen, 4261 Ziegen und 5728 Schweinen, wobei jedoch bemerkt werden muß, daß die Viehzucht im Laude selbst gering ist, wie auch die Racen des Viehes, besonders des Rindviehes und der Schafe im Allgemeinen schlecht sind. An dem niedrigen Stande der Viehzucht trägt offenbar die Abwesenheit so vieler Männer mit Schuld. Weit ausgedehnter als der Ackerbau ist die Waldcultur, und wenn auch der Fürst von Auersperg Besitzer der Wälder (wie der Hutweiden) ist ^), so gewährt doch die Waldwirthschaft vielen Men¬ schen Arbeit und Verdienst. Während jene riesigen, wohl 300 Jahre und darüber alten Tannen ^) zum Brettcrschneiden verwendet werden, Die Wald - und Weide-Servitute werden gegenwärtig abgelöst, indem den Berechtigten entsprechende Stücke von Wald - und Weidegrnnd abgetreten werden. Eine solche Tanne liefert etwa 850 Kubikfnß Holz oder 107- Klafter LOzölliges Scheiterholz, und ergibt also einen Ertrag von etwa 60 fl. öst. W. — Die obigen statistischen Angaben sind den freundlichen Mlttheilnngen des Herrn Joh. Pugmann, Fürstl. Auerspergischen Central-Forstmeisters in Gotschee, entnommen. 2* 20 ist seit 1843 der Urwald des „Hornwaldes" zur Abstockung in An¬ griff genommen. Dort werden hauptsächlich Rothtannen gefällt, ver¬ kohlt und daraus jährlich etwa 800.000 Kubikfuß Kohlen erzeugt, welche dann durch Fuhrleute aus den Ortschaften Rothenstein, Komu- zen, Kuntschen, Steinwand, Pogorelz, Auen, Tcplitz, Lasitsch und Hof zu dem Fürstlich Aucrspergischen Hochofen und Gußeisenwerke in Hof geführt und dort bei dem Schmelzwerke verbraucht werden. Außer den Holzfällern, Köhlern und Fuhrleuten finden andere Bewohner des Landes ihren Unterhalt in den Wäldern mit Einsam¬ meln der Buchenschwämme und der Morcheln (kliallu« §t-ulentti«). Viele beschäftigen sich mit dem Fange der Bilche (iU^oxus Ali«), wel¬ cher auf verschiedene Art bald mit Fallen („Bilchmazeln") und ölge¬ tränkter Lockspeise, bald in anderer, oft sehr primitiver Weise betrie¬ ben wird. Das Fleisch des Bilches, welches sehr fett, aber wohl¬ schmeckend ist, wird frisch (in Reis gekocht oder gebraten) gegessen; früher wurde es auch in Fässern eingesalzen. Die Felle dieser Thier- chen werden zu Pelzwerk verarbeitet^), mit dem ein nicht unbedeu¬ tender Handel getrieben wird. Noch ausgedehnter ist die Verfertigung von Holzgeräthen, von Holz- und Binderarbeiten („assäch"), welche weit umher Absatz finden, obgleich die benachbarten Bewohner der Gegend von Reifnitz und des Laaser Thales hierin viele Concurrenz machen. Jedoch ist dieß alles zur Ernährung der Landeseinwohner kaum ausreichend, so daß die Gotschewcr in Folge der besondern Verhält¬ nisse ihres Landes seit dem 17. Jahrhundert in immer steigendem Maße dem Hausirhandel sich gewidmet haben, durch welchen jedoch dieß kernhafte Völkchen mehr und mehr moralisch verderbt wird. Wer kennt nicht den Gotschewer Hausirer mit seinem Tragbrett voll Oran¬ gen und andern Südfrüchten, voll Holz - oder Schnittwaren, voll Spie¬ lereien und tausend kleinen Lebensbedürfnissen? Treiben sich doch so viele in der ganzen Welt herum, daß man im Lande selbst verhältniß- mäßig wenig Männer sieht. Im Jahre 1857 waren von der männ¬ lichen Bevölkerung des Bezirkes Gotschee 3841 Männer abwesend und nur 3880 anwesend (!) Aber die lange, oft mehrere Jahre dauernde ") S. (K. Deschmann): „Die Billichmützc", in dm »Blättern aus Kram" 1857, Nr. 22. 21 Entfernung so vieler Männer von Weib und Kind, von Haus und Hof, Hab und Gut ist natürlich ebenso uachtheilig für das Zurückgelas¬ sene überhaupt, als für das häusliche und eheliche Leben insbesondere. In der Abwesenheit ihres Mannes lebt häufig das Weib mit einem andern; kommt dann der Mann nach Jahren einmal heim, findet er das Haus voll Kinder; fragt er dann: „Wessen sind diese Kinder?" antwortet ihm wohl das Weib: „„Wärest du hier gewesen, dein, so aber mein."" Der Hcimgckehrte dagegen, dessen Arbeitskraft während seiner Abwesenheit bereits dem Lande verloren gegangen ist, bringt aus der Fremde die Laster des Müßiggangs, der Arbeitsscheu nud der Trunk¬ sucht init. Diesen Neigungen und Angewöhnungen frönt er, bis der letzte draußen erworbene Groschen verzehrt ist, während dem Weibe alle, selbst die schwerste Feldarbeit überlassen bleibt. So muß das Weib bisweilen sogar die Stelle des Zugviehes vertreten, und mau kauu Frauen die Egge über das Ackerfeld ziehen sehen. Die Übeln Nach¬ wirkungen hiervon können nicht ausblciben. Einerseits verliert das Weib immer mehr die natürliche Eigenthümlichkeit des weiblichen Wesens, z. B. die Schamhaftigkeit, wie es denn häufig die unbedeckte Brust sehen läßt. Andrerseits sinkt die Bodencultur immer mehr hcxab, und man bemerkt Gegenden, welche einst der Pflug beackerte, die aber jetzt Wiesen oder gar Farnhaiden („Farmachantheilc") gew^den sind, von denen nur noch das Farnkraut zur Viehstreue gewonnen wird. Der Hansirhandel und die Production von Hvlzaeschirr soll jähr¬ lich 60 — 80000 fl. im Durchschnitt in's Land gebmcht haben Aber der Hausirhandel ist gegenwärtig nicht mehr so blühend wie sonst. In frühem Zeiten war der Gotschewcr Hausirer wegen seiner Zuverlässigkeit, Solidität und Gutmüthigkeit überall geachtet und gern gesehen. In Hunderten von Städten findet man den Einen oder den Andern von ihnen angesiedelt als Sttdfrüchtenhändler u. dgl., und Manche von ihnen gelangten auswärts zu großer Wohlhabenheit. Der¬ artige Häuser sind fast überall, in der alten wie in der neuen Welt, in Petersburg wie in Neu-Jork zu finden. Jedoch schon im vorigen Jahrhundert kam der Gotschewcr in den Ruf des schachernden und übervortheilenden Handelsmannes Gegenwärtig aber ist mit dem °°) Noch Klun's Angabe von, I. 1855, welcher die Angabe Ullepitsch's vom 1.1839 um etwas erhöhet hat. '0 S. Hacquct a. a. O. 22 Hausirhandel auch der Gotschcwcr Hausircr sehr verändert. Nicht nur hat der Hausirhandel durch die Ungunst der Zeiten überhaupt, wie insbesondere durch die vielen, selbst in ganz kleinen Orten eingerichtet ten Jahrmärkte verloren, sondern der Gotschewcr Hausirer ist auch durch die von auswärts heimgcbrachtcn Untugenden schon zu sehr ver¬ derbt und unsolid geworden. Er nimmt die Ware bei den Kaufleuten der größer» Städte auf Crcdit, muß dieselben für den geringsten Preis verkaufen um sie nur los zu werden, verzehrt bei seinem Haug zum Müßiggang und Wirthshausleben den größern Theil des Erlöses, und kann endlich seine Warenschnld nicht bezahlen. Der Gläubiger läßt daun diese auf die heimathlichc Hütte oder das Grundstück des Schuldners intabnliren, nnd im weitern Verlauf, um sich bezahlt zu machen, Vieh, Hütte oder Feld gerichtlich verkaufen. So dürfte die gejammte gegen¬ wärtig im Gotschewcr Lande intabulirte Summe sich etwa auf eine und eine halbe Million Gulden belaufen. Das sind also die traurigen Folgen des Gotschcwcr Hausirhan- dels: Arbeitsscheu und Trunksucht der Männer, Sittenlosigkeit und Verwilderung der Weiber, Zerstörung des ehelichen Lebens, immer tieferes Sinken der Bodencultur und der Viehzucht, immer stärkeres Umsichgreifen der Verarmung. Ahgeschcn hiervon hat der Charakter des Gotschewcr Stammes noch sehr viel Biederes und Gutes in sich. Es ist ein nicht eben sehr- kriegerisches, sondern vielmehr den Geschäften friedlichen und stillen Lebens ^gebenss Völkchen, im gewöhnlichen Umgänge voll Harmlosig¬ keit und Gutmüthigkeit, treu und zuverlässig, etwas scheu aber dann aufrichtig und gemächlich, so daß sie in ihrem Stammcharakter (wie in ihrer Sprache) manche Achnlichkeit mit den Schwaben besitzen. Ver¬ brechen wie Diebstahl, Raub und Mord sind unter ihnen fast unbe¬ kannt. Geisteskrankheiten und Cretinismus scheinen sehr selten zn sein. Ist die durchschnittliche Schulbildung im Lande auch keine besonders hohe, so bewirkt doch der viele Verkehr der Männer auswärts eine höhere geistige Anregung und eine vielfach weitere Verbreitung von Kenntniß der Welt und des Lebens. Gegen die umwohnenden Slaven schließen die Gotschcwcr sich streng ab ^), selten nur finden Ehen zwischen diesen und jenen Statt. -Z Hiervon sind nur einige Grenzorte, z. B. Langenthon, ausgenommen. In neuerer Zeit gehen Gotschewerinnen häufig außerhalb ihres Landes in Dienst, um Krainisch zu lernen. 23 Aus dieser scharfen nationalen Sonderung ist cs zu erklären, daß bis heute noch, außer einigen wenigen slavischeu Sitten, Worten und Aus- druckswcisen, der deutsche Charakter des Gotschewcrs ganz rein und unvermischt geblieben Der nivcllircndc, alle individuelle Eigenthüm- lichkcit mehr und mehr verwischende Einfluß unserer Zeit macht sich jedoch auch hier, wie überall bemerklich. Mehr noch ist es eine natürliche Folge des vielfachen Aufenthaltes und Verkehrs des Gotschewcr Hau- sircrs unter Fremden und im Ausland, daß die alte deutsche Tracht, Sitte und Sprache dieses Völkchens sich immer mehr verliert. So ist z. B. der ehemalige Vollbart und die weiße Tracht der Gotschewcr Männer jetzt beinahe ganz verschwunden. Die alte herkömmliche natio¬ nale Tracht ") bestand nämlich bei den Männern in einem schwarzen runden Filzhute mit ziemlich breitem Rande, einem faltenlosen Rocke von grobem, grauweißem Tuche, ohne Knöpfe, vorn nur mit ein Paar Hafteln geschlossen, einem Paar weiten Beinkleidern („plodcrhoshen"- Pludderhoscn) von gleichem Tuch oder von Leinwand, welche in die großen Stiefeln gesteckt wurden; das lange Hemd, das jedoch über, nicht unter den Beinkleidern getragen ward, ließ vorn die Brust offen, und sein breiter Kragen ward über den Rock geschlagen; den Leib um¬ schloß über dem Rock ein breiter lederner Gurt, der vorn mit einigen Schnallen geschlossen ward. Im Winter trug der Gotschewcr unter dem Rock noch ein kurzes Wams, über jenem aber einen Mantel von glei¬ chem Stoff und gleicher Farbe wie der Rock ^). Der lederne Gurt hat sich schon längst verloren, höchst selten war vor einigen Jahren hie und da noch ein weißer Rock zn sehen Von den Holzschuhen und Lindcnbastmänteln, mit denen die Armen, insbesondere die Hirten, im Frühling, Sommer und Herbst gegen Regen und Kälte sich schützen, war schon oben die Rede. Die Hierauf beschränkt sich bis jetzt die von Hacqnct (a. a. O.) und von Klnn in den „Blättern f. literar. Unterhaltung" erwähnte „Slavisirnng der Gotschewer." ") S. die Abbildungen bei Hacquet a. a. O. Tafeln 11 u. 12. °") Die Farbe des Rockes erinnert an die Tracht der Altenburger Bauern. 2°) Vor einigen Jahren gab es noch alte Leute, welche sich erinnerten, wie die erste» ihrer Landsleute aus der Fremde in unserer gewöhnlichen Tracht vom Hausircu heimkehrtcn, und welches Aufsehen dieß machte. Sic müßten Andere ermordet, oder wenigstens bestohlen haben, meinten die Heimgebliebenen in schlichter Ein¬ falt, und schüttelten darüber die Köpfe. 24 Holzschuhe („knoshpen") sind mit Holznägeln beschlagen nnd werden mit Streisen von Lindenbast befestigt. Die Lindenbastmäntel werden folgendermaßen verfertigt. Der vom Baume abgestreifte Lindenbast wird einen Monat lang in Wasser gelegt und, wenn er erweicht ist, in Bänder von etwa Zoll Breite getheilt; diese Streifen werden mit Zwirnsfaden an einen ebenfalls von Lindenbast geflochtenen Hals¬ kragen derart befestigt, daß sie drei- bis vierfach über einander (ange¬ bunden) zu liegen kommen. Ein solcher Mantel schützt selbst bei tage¬ langem Regen den Körper vor Nässe. So liefern die Producte des Waldes dem Gotschewcr nicht allein den Stoff zur Wohnung, Feue¬ rung und Beleuchtung, zur Nahrung und Geräthschaft, sondern auch zur Kleidung. Die Gotschewerinneu bedecken das Haupt mit ciuem Kopftuche („hndcrle"), welches sie in derselben Art, wie die Unterkrainerinnen umbinden, doch unterscheiden sich an der kroatischen Grenze die Unver- heirathetcn durch eine eigene Art Häubchen. Frauen und Mädchen tragen das Haar kurz gebundeu, nur die Bräute lassen es während der Zeit des Aufgebotes in langen, mit bunten Bändern durchfloch- tenen Zöpfen herabhängen. Das lange Hemd ist (wie bei den Unter- krainerinncn) mit faltigen Manschetten und einem breiten, gefalteten Kragen versehen. Dazu kommt ein leinener Unterrock mit gleicher Schürze, und über das Ganze ein Rock („Joppe"), wie der des Mannes, jedoch ohne Aermel. Dieser Rock wird ebenfalls durch Hafteln geschlossen und durch einen blauen oder schwarzen wollenen Gürtel um den Leib sestgebunden. Die Fußbekleidung bestand früher aus weißen Strümpfen und schwarzen Schuhen ohne irgend welche Zier¬ rath, jetzt jedoch meistens aus hohen (Männer-) Stiefeln. Diese eigen- thümliche Tracht der Frauen hat sich bis jetzt noch vollständig erhalten. Wie schon diese Tracht vielleicht einigen Einfluß der umwohnenden Slaven auf diesen kleinen deutschen Volksstamm zeigt, nnd selbst bereits mehr und mehr verschwindet, so ist dieß auch der Fall mit den Volks¬ sitten und Gebräuchen. Zu besonder« Festlichkeiten geben hier, wie überall, Weihnachten und Ostern, der Johannistag und der Martins- tag, Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse Veranlassung. Zu Weihnachten werden im Gotschewer Lande, wie in einem großen Theile von Thüringen, Vögel, besonders Tauben, aus Brot- teig gebacken. — Vom Faschings-Dinstage aufbewahrtes Brot 25 wird in die Ost er speisen gcthan. Die bei den Gotschewern übliche Osterpalme, welche zwei Zoll dick ist und am Palmsontage in der Kirche geweihct wird, besteht aus Zweigen der frühen Weide (8ulix prm-cox), welche oben mit Ephen umwickelt, unterhalb mit rothen lind anderfarbigcn Bändern znsammengebundcu sind. Diese geweihten Wcidcnzwcigc werden in Krcuzform geschnitten und an die Stall- und Kellcrthüren gehängt, damit die Hexen nicht in die Stallungen ein- dringcn und dem Vieh Schaden zufügcn können. Auch werden bei herannahendcn Gewitterwolken einzelne dieser Weidenrnthen in die Felder gesteckt, damit der Hagel nicht schaden könne. — Am Johannis¬ tage werden Johanniskraut (llvpcrioum) und Osterpalme in den Acker, — Johanniskraut, Wucherblume (? „shommitroshe") und noch ein drittes Kraut (welches?) außen an die Fenster der Häuser gesteckt; jede „shommitroshe" gilt einer bestimmten Person im Hause und der Aberglaube deutet ans der zuerst verwelkenden Blume den Tod der betreffenden Person. Am Abende lodern nur in manchen Theilen des Landes die Fcncr empor. — Der Marti ns ab end wird lustig verlebt, wobei die Reichern auch wohl eine gebratene Gans verzehren; diese Festlichkeit nennen sie „Mcrtlein loben" ^). — Am ersten M a i werden Maibäume errichtet, welche den ganzen Monat hindurch stehen blinden. Schon diese Sitten zeigen, daß bei den Gotschewern der Aber¬ glaube noch ziemlich verbreitet und festgewurzelt ist. Besonders aber herrscht der Glaube an Hexen sehr stark, als deren Blocksberg hier der im benachbarten Kroatien bei Zeng gelegene Klek gilt. Zur Feier der Kind taufen wurden ehemals große Schmau¬ sereien gehalten, welche jedoch durch den guten Einfluß der schlechten Zeiten jetzt sehr herabgekommen sind. Für die Hochzeit, welche gewöhnlich, am Montag stattfindet, werden Kränze gebunden, und pflegen die Gespielinnen der Braut und die ledigen Burschen am Donnerstag Abend oder am Abend vor der Hochzeit zum „Kranzlbinden" zusammenzukommcn; Braut und Braut¬ jungfern schmücken sich mit Kronen, welche mit Flittergold, Glasperlen Bgl. die Schilderung des Martinsfested in einem Liede des k4. Jahrh. bei Laß- p crg: Licdersaal, 2. Bd. S. 663 ff. 26 und künstlichen Blumen geziert sind doch kommt dieser kostbare Schmuck seit 20—30 Jahren immer mehr ab. Aermere nähen, wie die Windischcn, Kranz, Gold und Flitter auf das Kopftuch. Die jungen Burschen kommen (früher, vor 50 — 60 Jahren, meist zu Pferd s») mit dem Bräutigam zum Hause der Braut. Diese reicht dem Bräutigam einen Trunk Wein in einem irdenen Geschirre; nachdem sie beide das Gefäß geleert, wird es auf die Erde in Scher¬ ben geworfen; dann geht der Zug in die Kirche zur Einsegnung und von da in das Haus des Bräutigams. Dort gibt es einen Hochzcit- schmaus, bei welchem der „Staraschiner" (slovcnisch), etwa unser Braut¬ führer, eigentlich der Festmeister, Hochzcitmeister, die Hauptrolle spielt. Musikanten („Geiger") spielen auf, es wird gesungen und getanzt Geigerlied während des Hochzeit-Schmauses "). Der Staraschiner hefet un zu wetzen 'sh Messer, Ar moant, der geigar berd nisch besser — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Hö Staraschiner! bill eu bäs shugen, Gait har in geigar ä hünleish krugen — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! -') Diese Kronen erinnern an die schwäbischen „Schapele." Altd.: schapel, schappil. Vgl. Sloven.: sspol: Franzos.: r.bapot, obsgelot. ") S. Valvasor nnd Hacqnet a. a. O. ") Vgl. hierzu die Schilderung der Hochzeitgebräuche der krainischen Slaven bei Anast. Grün: Volkslieder aus Kram, Leipzig 1856, S. 150, Anin. 4., so wie das Lied „Von Metzen Hochzeit" ans dem 14. Jahrh. bei Last Perg: Licdcr- saal, 3. Bd. S. 397. ") Die hier angeführten Hochzeitlieder mögen zugleich als Sprachproben dienen. Für diejenigen, welchen die nach der Aussprache des Dialectcs eingerichtete Schreibweise diese Verse nuvcrständlich machen sollten, folgen dieselben hier in der deutschen Schriftsprache: G c i g c r l i c d. Der Brautführer hebt an zu wetzen 's Messer, Er nieint, der Musikautc wird nichts besser — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! He Brautführer! will euch was sagen, Gebt her 'm Musikanten 'n Hühncrkragcu — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! 27 Hö Starcischiner! ct sheid gur sho wausch, Gait har in Geigar in hünlcish haush — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Hö Staraschincr! ct shcid gur sho shtiltc, Gait in geigar har de vülle — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Der äine gcigcr häißet Josch, Gait in gaigar httnsleish rosch — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Hö Staraschincr! anarscht kämet ier in de mitte, Gait in gaigar har de rippe — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Hö Staraschincr! anarsht isht de Hochzeit aush, Nue geant de geigara in ä ändere haush — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Zuletzt nimmt der Staraschincr ein oben ansgehöltes Brot oder einen Kuchen („schartet" — Gugelhopf), steckt einen Strauß hinein und spricht: „Einen Banm will ich pflanzen, dazu brauche ich: Erde, Dünger, einen Pfahl u. s. w." Dabei werden dann die für die Brautleute bestimmten Geldgeschenke dargebracht und in den Kuchen gesteckt. Auch singt der Staraschiner: He Brautführer! seid nicht gar so falsch, Gebt her 'm Musikanten 'n Hühnerhals — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! He Brautführer! seid nicht gar so stille, Gebt 'm Musikanten her die Fülle — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! Der eine Musikant heißt Jost, Gebt 'm Musikanten 'ne Hühnerbrust — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! He Brautführer! jetzt kommt ihr iu die Mitte, Gebt 'm Musikanten her die Rippe — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! He Brautführer ! jetzt ist die Hochzeit aus, Nun gehn die Musikanten in ein anderes Haus — Hasch hasch hasch! — hops hops hops! — „Staraschiner", was hier mit „Brautführer" wiedergcgcbcu ist, bedeutet auch bei den Gotschcwern eigentlich den Anführer der jungen Burschen, welche zur Hochzeit zusammengekommen sind. (Slovenisch: stoi-ssina.) — „Josch" ist eigent¬ lich Joseph. — 28 Lied, wenn bei der Hochzeit gesammelt („geshteket") wird Lei har, nar lei har! Brautigonsh vutcr! Sani sani sani dci — Ber nisch hät, dar fleuh! Ar bert shih et verdrießen, Ar bert a thular schießen! Sani sani sani dei — Ber nisch hät, der fleuh! Bie mehr ar bert gaben, Bie lieber shahen babcr! Sani sani sani dei — Ber nisch hät, der fleuh! Ar hät noch a puklaz negelc, Gait mer zu triukcn! Sani sani sani dei — Ber nisch hät, der fleuh! Dieses Lied erfreut sich in den verschiedenen Gegenden des Landes verschiedener Abänderungen. So wird z. B. anderwärts gesungen: ") Her doch! nur her doch! Bräutigams Vater! Sani sani sani deh — Wer nichts hat, der geh! Es wird ihn nicht verdrießen, Er wird ein'n Thaler schieße»! Sani sani sani deh — Wer nichts hat, der geh! Je mehr er wird geben, Je lieber wir 's sehen werden! Sani sani sani deh — Wer nichts hat, der geh! Er hat noch ein bucklicht Näglein (Glas?), Gebt mir zu trinken! Sani sani sani deh — Wer nichts hat, der geh! 29 Zuhar, nar zuhar, Brautigonsh vuter! Gait in'n schenken bäs ier möget, Gott berd 'sh tausendmal ershtatten "). Und so wendet man sich, stets mit demselben Anruf und Refrain der Reihe nach an „Brautigonsh mueter", „Brautigonsh brüeder", „shweshtern", „vettern" ( — Onkel), „mumen" (Tanten), „tötln" (Pathen), „toten" (Pathinnen), „bekannten" (Burschen), und schließlich an „alle guete freunde". — Ist nun das Essen, Trinken und Ein¬ sammeln der Geschenke beendet, so wird aus dem Hause des Braut¬ vaters aufgebrochen, um das junge Ehepaar in seine eigene Wohnung zu begleiten. Vor dem Weggange aber gibt es erst noch eine traurige Abschiedsscene. Die junge Fran sagt der Mutter Lebewohl, möchte aber erst noch ein Mal in den Schrank gehen, was die Mutter nicht mehr erlauben will; natürlich fängt die Tochter an zu heulen, bis es endlich mit Juchzen weggeht. Abschied der Braut "). „Sho behüt eu Gott, mueter liebei mäin, i shiech eu häint un nimmer mehr. „Sho lut mich, mueter, in kautar (käshte) geau, i hon vergassen mäine shtrumpfpantlein." „„In mäin'n kautar biersht du nimmermehr, Thu häsht bekam, bäs dier isht gcgean."" — „Heuer shint shai mäine shtrumpfpantlein, jn'sh juhr berndt shai mäine biegcnpantlein." ") Herzu nur herzu, Bräutigams Barer! Gebt ihn'n schenken, was ihr könnet, Gott wird's tausendmal erstatten. ") „So behiit euch Gott, liebe Mutter mein, Ich seh' euch heut und nimmer niehr. „So laßt mich, Mutter, in den Schrank noch gehn, Ich habe vergessen meine Strnmpfbändlein." „„In meinen Schrank wirst du nimmer mehr, Du hast bekommen, was dir zukommt."" — „Heuer sind sie meine Strnmpfbändlein, Auf's Jahr werden sie meine Wiegenbändlein." 30 Shi isht aufgeshassen, shi hat geschnupfazet, shi isht ahin geritten, shi hat gejuchazet. So geht denn der Zug, zu Roß oder zu Fuß, fort; auf dem Wege durch das Dorf wird Brot ausgeworfen, was jedoch jetzt mehr und mehr aufhört. Das Hans des Bräutigams ist der jungen Frau bei ihrer Ankunft verschlossen, und zwischen ihr und einem der Burschen, der als Redner für die übrigen auftritt (etwa dem Staraschiner), entspinnt sich eine Verhandlung über den Eintritt, den sie erst nach einigen Versprechungen erlangt. Zum Schlafengehen werden die Haar¬ zöpfe der Braut entflochten, ihr die Schuhe und Strümpfe ausgezogcn; vor dem Hochzeitlager wirft der Bräutigam einen seiner Schuhe über den Kopf hinter sich, um zu erfahren, wer von den Neuverchelichten zuerst sterben werde; steht der Schuh mit der Spitze gegen die Wand des Schlafgemachs, so bedeutet dieß, daß der Tod zuerst den Bräu¬ tigam abrufen, steht er mit der Spitze gegen das Lager hin, daß die Reihe zuerst an die Braut kommen werde "). Die Gebräuche bei Begräbnissen sind weniger eigenthümlich und auffallend. Im Mittcrdorfer Kirchspiel werden die Leichen solcher Personen, welche nnverheirathet waren, gleichviel ob alt oder jung, mit Kränzen von Zwergbuchs (Luxus sampe-rvire-n«) den sie „wildeskraut" nennen, geschmückt. Die Leichenfeier wird, wie im Mittelalter (und wie bei den Krainischen Slaven "), an der Octave durch eine Begräbniß- mahlzeit (eine Art Todesmahl) begangen, welche deßhalb (wie im Mit¬ telalter) „shibente" (d. i. der siebente Tag) heißt, jedoch viel von ihrer frühem Großartigkeit verloren hat. — Ein Erntefest, wie es in andern Gegenden Deutschlands vorkommt, kennen die Gotschewer nicht. Dagegen kommen die Burschen (Buben) und Mädchen (Dirnen) eines Ortes zum Einstampfen der Sie ist aufgesessen, sie hat geschluchzet, Sie ist hinweg geritten, sie hat gejuchzet. ") Dieser abergläubische Gebrauch findet sich auch jetzt noch in Franken, z. B. in der Gegend von Nürnberg, wo auch „kalter" noch für „Schrank" oder „Kasten" gesagt wird. ") Die Krainer nennen daher die Leichenfeier ebenfalls geämmo — die siebente, die Octave. Dennoch darf die „shibente" der Gotschewer nicht von der sepoolo88um). aherlc Aehre; Ahd.: ahir; Mhd.: aher; Goth.: ahs; Nord.: ax; Agls.: ächhir, ähhcr, car; Kärntn.: aher. Vgl. Lat.: arwlu. ahin — dahin, hinweg; ,,a" ist unser „dar", z. B.: „arinnen", „a ti n n e n" darinnen, „a v o r" -- draußen, „a t o ben" ^droben, „atunten"^ drunten, „ahant" dort; „ah o", „asho" --- so. äindlif — cilf, elf. Ahd.: einlif. Mhd.: einlif, eilis. (Noch in Ur¬ kunden des 16. u. 17. Jahrh.: „aindlesstc". — Graz 1638.) äker — Acker. a n a r s h tjetzt (an erst); an fort; Koburg.: anig; Nürnberg.: anen: vgl. Engl.: xo on; oft auch — sogleich, in der Koburg. und andern süddeutschen Mundarten am untern Inn. aper —- offen, von einer Stelle, wo bereits der Schnee geschmolzen ist. Kärnt.: aper. Ahd.: apar »priou«, mrmitbzNis? a s säch — Bindergcschirr, allerlei Binderarbciten, z. B. Schaffe u. dgl. Ahd.: azzasi -- Geräth. Kärntn.: assäch (—Bindergeschirr), ate und amino — Großvater und Großmutter. Nord.: afi und amma. Doch wird in derselben Bedeutung auch ehne und ahne gebraucht (s. bei ehue). ätr — dann. Vgl. Ahd.: aftar. a nis bard — Frühling; Altbair.: auswiartS; Kärntn.: auswärt. Babshe — Wespe. Ahd.: wafsa, wefsa. bam — Baum, 2., Thürschwelle, wofür jedoch auch drischibel vorkommt, (s. daselbst). Die Beifügung der verwandten germanischen Sprachformen schien zur Ver¬ gleichung wichtig, weil eö erst dadurch möglich wird, der Gotschewer Mund¬ art ihren Platz in der großen deutschen Sprachenfamilie anzuweisen. — Von den gebrauchten Abkürzungen bedeuten: Ahd. — Althochdeutsch. Agls. — Angel¬ sächsisch. Alts. Altsächsisch. Mhd. — Mittelhochdeutsch. Ndrd. — Nieder¬ deutsch. Ndrs. — Niedersächsisch. Die übrigen sind leicht verständlich. 48 bärm — Krippe (für Pferde und Rindvieh; für die Schweine ist „trüg", unser Trog). Mhd.: baren!-— Futterkrippe, Fre߬ trog. Kürntn.: baru. baten bitten: (i bit, du b i t e s h t, ar bitet, wi e r b a tn, i hon gebatn). b eh ent behende, schnell. Ahd.: behende (erst im 12. Jahrh.) ä beshe, ä bionk ein wenig. Schief.: wink. beiten borgen. Ocstr. desgl. i bin, — ich bin; „du bisht", „ar i s h t;" Mittelw.: „geb an" (gewesen); „ar isht geb an." blag atz en — blitzen; auch bei den in der Zarzer Gegend seit dem 13. Jahrh. angesiedelten Deutschen ans dem Pnsterthal. Ahd.: blechazan; Agls.: blicettan, blycitan; Mhd.: blicken. In Kärnten sagt man dafür: himlezen. blaßen — bläken, jedoch nur vom Schreien des Widders in der Brunst. Ahd.: blazan; Mhd.: blezzen; Agls.: blätan; Ndrd.: blaten, bletcn; Engl.: bleal; Baier.: bläßen. Vgl. Griech.: Lat.: balaro. b li en en . — blühen; „shai blienent." bietschen Kürbisse. Vom Ahd.: kur — biz. Vgl. Lat.: cmmr-bila. bilch (m) — Bilchmans, Siebenschläfer, (m^o.xu« Züs). Ahd.: bilch, Pilch; Steier.: bilch; Baier.: bilchmans. b i n t s ch i g winzig. birchäch (s.) Birkenhain. Ahd.r bircha Birke; Agls.: beorce; Altnord.: biörk. (Ueber die Endsilbe — ach s. ob.) b o ch m a n t e r --- Schmetterling. Ahd.: mal, molt, maltwurm —: pagilio. i b'rd ich werde; bi er babcrH: wir werden. brennen — brennen, „i hon gebrunn'n." „brunnen" — sie¬ dend heißes Wasser. krümeln^ freundschaftlich mit einander reden, schwatzen. Bran¬ denburg. : bremeln — leise reden. Vgl. Bremse. Ahd.: breman — brüllen. b rö s h e le — wenig, „b rö s h e le Holz" Splitter. brsch ist ein Schimpfwort. Vielleicht vom Ahd.: brasen, ferbra- sen — ckamnare. brusht — Herz (nicht Brust). 49 hurk, Mehrh. bärge — männl. Schwein. Ahd.: farh; Angls.: foor, foorn; Mhd.: barch — junges männl., auch ver¬ schnittenes männl. Schwein. In der Eifel und in Sieben¬ bürgen : barg (m.) , in der Wetterau: parch, im Henne¬ berg.: bärgel, im Kärntn.: bargl — verschnittenes männl. Schwein. Brixen: pargl — junges weibl. Schwein, Tirol: park, parggl -- Schwein, besonders: brünstiges Schwein. Vgl. Lat.: porous. Diminutiv: „vakle" (s. daselbst). butsch erle — ein kleines Faß, etwa 2 Maß Flüssigkeit enthaltend. Ahd.: butin; Agls.: byden, butte, bytte. Nordl.: bytta; Mhd.: bnterich — Schlauch, Fäßchen für 3—6 Maaß zum Handgebrauch. Vgl. Butte, Bütte. Im Kärntn. be¬ deutet: Kitsche — ein kleines, butsche — ein größeres Faß. Dach, ragendäch (s.) — Regenschirm. Mhd.: Dach — Bedeckung, Ueberzug. dank — links; z. B. „dank er hänt" — linker Hand. dar, dai, das — der, die, das, als hinzeigendes Fürwort, wäh¬ rend das Geschlechtswort: „der, dei, (de)'sh" lautet. Dal. «inx. m.: „damo" „dam" — dem. dirn — Mädchen (ohne schlechten Nebenbegriff); — „londirn" — Dienstmädchen, Magd. drischen — dreschen. Goth.: thriskan. Ahd.: driskan, drescan. Vgl. Latein.: Iriluraro. — Davon: drisch el (m.) Dreschet, Dreschflegel. Ahd.: driscil, driscila. Mhd.: drischelstab. Kärntn.: drischel. d ri s chibcl (m.) Thürschwelte. Ahd.: driscufili, driseufli; daneben: duropell, durpil. Mhd.: drischuvel, dryscheufel (verschwand erst gegen Ende des 15. Jahrh. aus der deutschen Schrift¬ sprache; die 9. deutsche Bibelausgabe, Nürnberg bei Kobur- ger 1483, hat dieß Wort noch an zwei Stellen, an zwei andern dagegen in „geschwel" und „das schwelle" verbessert.) Agls.: therscvald, threscvald, thörscold, therxold, theorscvold, thyrscvold, thärsvald (m.). Altnord.: threskuldr, threskiöldr. Engl.: ibre^bvlnl. Dän.: taerskel. Schwed.: tröskel. Dit- marsch.: dreißel. Ndrd.: dreschhalt. Ostfries, und Niederrhein., in Siebenbürgen und im Ungar. Bergland: türpel. Hol- 4 5V länd.: dorpel. Schweizer.: trüschhübel. Salzburg. (Alpach- thal): drischibl (m.). Steier. und Kärntn.: drischbel. dsche — da! da hast du! nimm! Vielleicht vom Ahd.: za. buch alle! s. „tuchallei". Egedachshe Eidechse. Ahd. egidehsa. ehne und ahne Großvater und Großmutter. Ahd.: ano und ana. Mhd.: ene. Kärntn.: ehndl (m.), ahndl (w.). Bgl. Ahne; (s. oben „ate"). emper — Eimer. Ahd.: einbar, aimpar, cimper. (Die Formen „emper", „einmber" finden sich noch in vielen Documenten des 14. Jahrhunderts.) engltashe — Iltis. Ahd.: illitiso. Baier.: elledeis. ertag — Dinstag. Mhd. im 13. Jahrh.: eritac; im 14. und 15. auch: erctag, erchtag, crgetag. Kärntn. und Steier.: irtag. Bair.: erte, jerte. Oestreich.: järta, irita. Vicentinisch- Deutsch: eörtä, ortä. (Von: ir — Mars?). et — nicht. Färmen — Farn. Ahd.: farm, farn. Mhd.: varm. Engl.: k>rn. Davon „Farmach", Farnkrautwiese, Farnhaide. Ahd.: farmahi. Mhd.: varmach — Farnhaide. Kärntn.: farmäch (— ein Haufen Farnkraut). seichte — Fichte. Ahd.: siet, fieta, fiutha. — Davon „seichtach" — Fichtenwald. Ahd.: uiechtech. Bair.: Fiechtach. feinlein, feintlein — viel, sehr. Nürnberg.: fei — (fein) so ziemlich; feindlich ziemlich viel, ziemlich stark, z. B. „feindlich kalt", noch bei Agricola (Sprichwörter). fingerle — Fingerring. Ahd.: fingerlin. Mhd.: vingerlin, vingerin. s l e n h e n — fliehen, Wegeilen. Goth.: thliuhan. Ahd.: fliuhan. Mhd.: vliehen. Agls.: fleogan, flean, fleon, flycan. Nord.: flya. Vgl. Lat.: tu^era. „fleuch weder" (etwa zu einem Kinde gesagt) — geh weg; Ahd.: fliuh. Mhd.: vliuh. floisch — Fleisch. Nürnberg.: flaisch. foißt — seist, fett. Ahd.: fcizt. Nürnberg.: vast. frau en handle — Wiedehopf. frisching — Schaf. Mhd.: vrisching frischgebornes Opferthier. Im 14. Jahrh. bedeutete „frisching" ein Mutter- 51 schaf (s. d. Urbare der Bischöfl. Freisingenschen Kalorien in Kram von 1318 und selbst Lehnbriefe v. 1620: »kri- sclnnssus «sv ovis oum sgno«, „frischlingsambtdemLamb"). Vgl. Frischling (einjähriges Wildschwein). froindschast — Verwandtschaft. furt — gleich. Gaben — geben. Gegenw.: „i gib", „du gaisht", „argait", (Nürnberg.: git) „wir gabn", „ier gait", „shai gabnt"; Mittelw.: „gabn" gegeben. gamer — Wächter, Beschützer. Ahd.: gaumjan — Acht geben. Tirol.: gamern. Kürntn.: gamcn — das Hans bewachen, hüten, garnazen — gähnen. Noch bei Abrah. a Sta. Clara. Kärntn.: gamezen. gäß gegessen. Ahd.: gaz. Eben so noch jetzt in den Maingegenden, gatterle — Fuchs. Vgl. (etwas) ergattern; Griech.: — fassen, nehmen. gant — Geld. gehanneish — Anis. geig er — Mnsikanten (überhaupt, nicht bloß Geigenspieler). gen gehen; „i gen", „shai geant", „gegen". gerholtr — Nußhäher. glitzen — glitzern, glänzen. (Auch bei Rosenplüt). goiß — Geis, Ziege (welches Wort nicht vorkommt). Nürnberg.: gahß. gräm ade, grnmade — Grenzstein. greßling — das wagrechte Holzstück in einer Umzäunung. grob — abscheulich; z. B.: „ g r o b e s h w a tter" — garstiges Wetter, groitn — mit den Füßen über einen Zaun steigen, so daß ein Fuß voraus hinübergesetzt wird. groitl — die Entfernung eines Fußes vom andern. Vgl. Ahd.: grit- mali Schritt. Baier.: gritt. grünling — Eidechse (im Mitterderfer Kirchspiel). Soll dem Krai- nischcn nachgebildet sein (?). Sonst „ e g e d a ch s he" (s. das.). gscharr — ein ganz runder Armkorb mit Henkel. gnnnachteu — ohnmächtig werden. gurt, Mehrh. gar ter — Garten. gut — Vieh, besonders Rindvieh. Auch der Jnnerkrainer sagt: blaxo — Gut, für Vieh, besonders Schafe. 4* 52 Habetle — Haupt, Kopf. Ahd.: Haubit. Vgl. Lat.: coput. hach — Geier. Hage Haue, Hacke. Ahd.: hako, hago, haggo, hacko. haiut — heute. Ahd.: hintu. der ha lige — derselbe. i hau — ich habe) „du häsht", „ar hat", „bicr häubn", „ir hat", „shai häut". Hanis — Hanf. Ahd.: Hanis, hanaf. Mhd.: Hanes. Vgl. Lat. und Griech.: conni,bi8. Händling — Handschuh (in Nessclthal). har — Flachs, Lein (Imum). Ahd.: Harn, haro, har. Mhd.: har. „(har) brachen" — Flachs brechen. 2. her, z. B. „ h a r gaischt" gib her! hau bei — halbe. Haufen — helfen. haush — Hals- 2., Hans. häushe — Hase. Hegel — Genick. Ahd.: hahit — Nacken. hert, hurt — hart. Ahd.: hart, harti, herte. heschazen — schluchzen, (in der Kehle). Ahd.: heskazan; Mhd.: heschezen, heschen, hischen: Baier.: heehezen, hichezcu; Kärntu.: heschezen; Engl.: InocouZb. hettener — solcher. Vgl. Nürnberg.: setter; Schles.: sitte. hiäneu — heulen (nur vom Wolf gebraucht). hindershi — zurück. hindräch — das schlechte Getreide (Spreu), welches beim Durch¬ werfen hinter dem Siebe liegen bleibt, — wie etwa „Reu- terich" im Provinzialismus gesagt wird (jedoch nicht vom Getreide). Kärntn.: hindräch; in Unter-Ungarn: Hinterwurf, hiriß — Hirsch. Ahd.: hiruz, Hirz. Mhd.: Hirz. — 2., Hirschkäfer, hirshfrasser — Dorndreher, Neuntödter. hirshvögele — Pirol (?). hirtlc — Bachstelze. Ist Übersetzung des Kram. Namens pa«la- ripioa — kleine Hirtin. ho im — heim, nach Hause; „ahoime" — zu Haufe. Ahd.: haim und haime; Engl.: b«m<- und at bomo. holdräch — Traubenholunder (8umbuou8 roeoinosa). Ahd.: hol- untar, holder. 53 Holzpacker — Baumspccht. In der Eifel und in Siebenbürgen: banmpicker; Engl.: nooägi-akcr; Kärntn.: baumhackl. hort, ahort — mal, einmal. Vgl. „wurt." hottet — Aehrc (bloß von Hirse, Hafer und Gerste, — sonst „aherlc" (s. das.). Kärntn.: rodel. hudcr, huderlc und hüdcrle — Tuch, besonders das Kopf¬ tuch der Weiber. Mhd.: hudcr, hader, — Fetzen. Vgl. Hadern. — Zusammengesetzt: „wischhuder"— Wischtuch, humpel — Hummel. Ahd.: humpal, humbal, humbel. Mhd.: humbel. hün leist) — Hühnern; etwas vom Huhn, zum Huhn gehörig. I, — ich; „moainar, mier (mer), mi". Die übrigen Per¬ sonen: „thu", „ar", „bicr", „ier", „shai". indert — irgend, irgendwo. Mhd.: inder (Nibelungenlied, Rosen- plüt). Mit der Verneinung: „nindert" (s. das.). irdc, (spr. iärde) — Erde. Goth.: airtha. Ahd.: erda. Alts.: crtha. Agls. eordhe. Nord.: iörd. Engl.: earlb. ishterleih — Estrich; Ahd.: astrich; Mhd.: csterich; Kärntn.: esternach; Mittellatein: sslriou«; ital.: aslrmo. Span, aslraxo. Ja sh en — gähren. Ahd.: jesan; Mhd.: geran; Allemann.: jesen; Engl.: Schwab.: jast; Anhalt.: jescht — Gischt. jaishen — zu Mittag essen. Vgl. jausen; Slov.: jw/.inali. juchazen, juckazen — juchzen. Ahd.: jnwizan; Mhd.: juwezunge (Hauptwort). Karze — Kerze. Ahd.: karz, karza, kerza. käuble — Kalb; davon „kälbizen" — junge Kuh. Kärnt.: käubl O Kalb). käufmeß — Mirling (Fruchtmaß). — „mez" (wovon noch jetzt „Metzen") bedeutete im 14. Jahrh. überhaupt ein gewis¬ ses Getreidcmaß (vgl. die Urbare der Frcisingischen Kolo¬ nisten in Kram v. 1318), das in Kram jedoch je nach den Städten und Gegenden etwas verschieden war; „cha- stemmez", womit „zinßmez" gleichbedeutend zu sein scheint, war ein gehäufter, eingestrichener „mez"; in der windischen Mark wird ein „Pfrüntmez" erwähnt; „chaufmez" ist offen- 54 bar der damals im Lebensverkehr gebräuchliche „mez", von welchem erwähnt werden: „Furtmez" (im Amt Fur¬ ten), „Lokischmez" („der stat mazz ze Lok"), „Laibacher kaufmes" (im I. 1350). kautar — Schrank. Fränk.-Nürnb.: kalter. Bei Hans Sachs: brot¬ kalter. käat und kaite — sagte, meinte. Dieß Wort wird (wie unser: sagt'er) sehr hänfig in die Rede cingefügt, jedoch nur von der 3. Pers, gebraucht). Ahd.: quedan sagen. Mhd.: queden, keden (davon: kit, daz chit — das heißt). Cimbr. (in den VII ocnmnum): köden. keie — Maul (bloß von Thieren, vom Schwein, von der Schlange u. s. w.) Vom Ahd.: kiwa — Kiefer; Mhd.: kinwan (Zeitw.) — kauen; Ndrd.: kia, kige; Kärntn.: kui Un¬ terkiefer. — „Schweinekeien" ist ein beliebtes Essen der Gotschewer. keshtin - Kastanie. Ahd.: kestina. Mhd.: kestenne. Oestreich, und Steier.: kästen. ki — sagte, meinte; ost bloß ein ermunterndes: wohl! oder ganz bedeutungslos. Wird nur von der 1. Person, besonders zu Anfang der Sätze gebraucht (wie unser: sagt' ich). S. oben „käat". kirtäg — (Kirchtag) Markttag, Markt. klecken — wirken, nützen. Vg. unser „erklecklich" und das Ahd.: klekjan; Mhd.: klekken. klobe — Spalte. Ahd.: kliuban; Mhd.: chlieben spalten (noch bei Albertinus: zerklöben). 2., ein oben gespaltener, als Schleuder (mit Steinen) gebrauchter Stock. In Kärnten bedeutet: klobe — einen gespaltenen Stock zum Fang der Vögel, besonders der Machen; auch den aus einem gespal¬ tenen Holze verfertigten Halsgurt der Rinder, an welchen die Glocken gehängt werden. Anhalt.: kloben ein großes, schwer zu spaltendes Stück Holz. k l n n k a z c — die Schaukel. „ k l u n k a z e n " (Zeitw.) — sich schaukeln- knacht — Bursch; jeder junge Mensch, auch der Sohn deö Hauses. — „lonknacht" — Dienstknecht, Knecht. 55 kn o sHP en Holzschuhe, mit Holznägeln beschlagen, welche mit Lindenbast an den Füßen festgebunden werden. Tirol.: knöspen. — Im Kärntn. sagt man dafür: zoggl, (Lesachthal): tschoggl (vom Ahd.: zokel). k o s l e rn — aus dem Erdboden hervorragende Steine und Felsstücke. Daher der Gotschewer Ortsname: „Koflern". Ob mit Ahd.: hofar, Agls.: Hofer, zusammenhängend? k o k a z e n krähen (vom Hahne). Ahd.: chahhazcn, kahazen, kihazen — caobinnsri. (Vgl. unser: kichern). Agls.: ceahhetan. Kärntn.: kokezcn — gackern (von der Henne, die ein Ei gelegt hat). Vgl. auch das Griech.: sich brü¬ sten, prahlen. kolen — bellen (vom Hunde). Ahd.: kallon -- lärmen, schreien. Mhd.: lallen. Kärntn.: käln, (Lesachthal): kuolnbellen. krabsen — Krebse. Sonst im Krainisch - Deutsch: kroißen. Agls.: crabba. Nord.: crabbi. In Hintcrpommcrn: krerft. krach — Krähe. Ahd.: kraia, kraa. Mrd.: kraka. Anhalt.: kräje. kragen, krugen -Hals. Ahd.: krago ^- guia, Kehle. Mhd.: krage — Hals, Kehle, Schlund. Kärntn.: krage — Hals. Vgl. unser: (Hals-) Kragen; in Anhalt: abkrageln — den Kopf abschneidcn. krägerle -- Faßspund. kruono bid en — Wachholder, Miiperu«. Ahd.: krauawitu. Mhd.: kranwit. Steir.: kranewet. — Zusammengesetzt: „kruo- n a bit h s o g el " — Kramsvogel (luräu« gilari.^). Ahd.: kranwitfogal. Mhd.: kranwitvogel. Hans Sachs: kromet- fogel. Anhalt.: krammetsvogel. („Kronabethvogel" ist auch ein Familienname in Kram.) Ob „kronvögele" dasselbe? kule — kleines Messer. Vgl. Lat.: rulwr. k ull o , k ullin — Hündin. In Mittclfranken: zabel. (Ucber die ver¬ wandte Bedeutung des Ahd.: guila mit: zabel Würfel vgl. Graff's ahd. Sprachschatz IV, 183). Vgl. Mhd.: culle — Hode; Französ.: eouillon. kumerle — ein armseliger, beklagenswcrthcr Mensch. Vgl. Ahd.: knmjan — beklagen. kuoscl — Holzgerüst im Feld zum Trocknen der Feldfrüchte, sonst in Steiermark, Kärnten und Kram „harpfc" genannt. 56 Kärntn. (Lesachthal): köisen. Tirol.: käse. Bg. Ahd.: chasar — Hütte. Salzburg.: käse — Sennhütte. Steir. u. Krain.- Deutsch: kaische Bauernhütte. Mittellatein, und Italien.: cana. Sloven.: ieooa — Blockhütte. Laitn — läuten. Nürnberg.: leit». längis — Lenz, Frühling. Ahd.: lenzo; spätere Form: langiz. Mhd.: langez, lengeze. Kärntn. (Lesachthal): längaß. kantig — lebendig. lassen — lesen, wie das Ahd.: lcsan für Icxcrc, collig-cre, liiere, z. B. „urbeißen lassen" --- Erbsen lesen. lei — doch; Ausrufswort des Ersuchens, der Aufmunterung; z. B. lei har — her doch! Ahd.: le, lio. Obcröstreich. und Kärntn.: lei. lauterkraut — eine Ziesten-Art, siaeli^s reci», die als ein heil¬ sames Kraut auch (in Resselthal) zu stärkenden Bädern gebraucht wird. — Anderwärts wird diese Pflanze auch „Beruf-" oder „Beschrei-Kraut" genannt, weil der Aber¬ glaube sie gegen das Beschreicn der Kinder und des Viehes anwendet. Im Sloven. heißt sie »ocisl« (Zieste), von ei- slili — reinigen, läutern, und wird von den Kramern als ein blntrcinigendcs Mittel gerühmt. So scheint „lanter- kraut" die Uebersetzung von »ncirt« zu sein. licht — der Holzspan zum Brennen (anstatt einer Lampe); er wird mit einer eigenen Maschine geschnitten und ist noch so gebräuchlich, daß unser „Licht" als Kerze oder Lampe vielfach nicht verstanden wird. lishen — lauschen, hören. Ahd.: losen. Allemann. : losen. Kärntn. (Lesachthal) : lonsen (während hier „lisen" mehr „still sein" bedeutet). Engl.: liswn. lishonk — Tasche. Ahd.: lesum " Schooß des Kleides. Vgl. Mhd.: liscmen (Zeitw.) — stricken. — Zusammengesetzt: „rocklishonk" — Rocktasche. lin — brüllen (vom Stier), heulen. Ahd.: hlojan, luon. lit — Glied. Mhd.: lid (Nibelungenlied). Kärntn. (Lesachthal): lit. loaib — Laib, nämlich Brot. Goth.: hlaif — Brot. Ahd.: hlaib. Agls.: hlaf. Engl.: I«nk. 57 loainen — lehnen. Mhd.: leinen. Engl.: I>rur loidig — leidig, traurig. loitar — Leiter. Kärntn.: lcitcr. 2. Raufe (für Pferde und Rind¬ vieh). Ahd.: hleitara. Agls.: hlaeder, hlädre. Nürnberg.: latten. Anhalt.: Letter. Schles.: litter. loitn — leiten, führen. Nürnberg.: glat — geleitet. luckar — Deckel, auch Thür (z. B. am Ofen, Schrank u. dgl.). Kärntn.: lnk (s.). Ahd.: luhhan — schließen. Engl.: lock. lucka schieb er - Topfdeckel. Man, Mehrh. mä n d er — Mann, Männer. männisch — muthig, beherzt. mantäg — Montag. Ahd.: manetag, manitag. Nürnberg.: mönta. mären — reden, erzählen. Goth.: mcrjan. Ahd.: marjan. Nord.: maera. Vgl. Märe, Märchen. maß le — Seidel (Flüssigkeitsmaß). manchen — melken. Ahd.: melchan. Agls.: melcan, mcolcjan. Vgl. » Griech.: : Lat.: mulgero; Slav. : motali. maul — Mund (bloß vom Menschen, während „Mund" nicht gebraucht wird; von Thieren „keie", s. das.). mazle — Dose. Zusammengesetzt: „tabakmazle" — Tabaksdose. 2. Falle. Zusammengesetzt: „ b ilch m a z le" — Bilchfalle. mcnnisch — Mensch. Ahd.: mannisco. mertle — Nothkehlchen. In Schlesien sagt man: katel. mirkazen — schreien (vom Bock in der Brunst). Kärntn.: mrkezen. — Im Kärntn. Lesachthal wird „merzn" von der Begat¬ tung der Katzen gesagt. misch ach — Gemisch. m ittoch — Mittwoch. Mhd. : mittoch. (Noch in Urkunden von 1428). Kärntn.: mittich. mögen — können, z. B. „ i mag et a s s e n " — ich kann nicht essen, moinen — meinen; — „i moin", „du monsht", „ar mont"; „wier mouten" (meinten). Nürnberg.: mane». moren — Brombeere (liubu« lrulicoxus). muhe — Fliege. Ahd.: mucca; Vgl. Sloven.: muim; Griech. mu ukazen still vor sich hinreden; munkeln. Kärntn.: munkezcn — hin hm sagen. 58 mu sh — (Mus) dünner Brei; insbesondere auch der močnik der Krainer, ein Brei aus Hcidekornmehl. mut — Muth, Sinn, Willen, z. B. „i hän mut" — ich bin willens, wie das Ahd.: in muote sin — propo^llum es«?. Nabel — Nebel. nachten --- vergangene Nacht, nächt, nachten (Prätorius, Wieland, Uhland). Mhd.: nechtcn (Nibelungenlied). Kärntn.: nachten. Schles.: nächten. nagar — Bohr. Ahd.: nabagcr, nabcgcr, nabiger, nabnger. Agls.: nafegnr. Kärntn.: naber. (Vgl. „Nagel"?) narren --- scherzen. nigl — Igel. n i n d ert --- nirgends, nirgendwo. Mhd.: runder (Nibelungenlied). S. oben „indert." n isch — nichts. Anhalt.: nischt. nok Gipfel, Bergspitze. Ahd.: hnach. Kärntn.: nok. — Bei Innsbruck heißt ein Berg „Nockspitz." n o p s a z e n --- schlummern, in halbem Schlafe nicken. Auch in Ober- Oesterreich (?) gebräuchlich und noch bei Abraham a Santa Clara zu finden. Ahd.: nafizan. Mhd.: napfezen. Agls.: hnappian. Engl.: nsp,nnppines«. Kärntn.: nopfezen. Lübeck.: napfezen. Bückeburg.: nafezen. Schles.: nafzcn. — Ent- nafzen— beginnen zu schlummern (bei Geiler von Kaisersberg). Oain— cin; „oanei", „oains." O-u. 8inx. nwüv.: „oaimon." Als unbestimmtes Geschlechtswort: „ä." o ffe ---- Frosch. o h r s chl i s fer --- (Ohrschlüpfer) Ohrwurm, loi sioula. Kärntn.: ohren- schliffer. o i s h — AaS. ort--- Ende. Ahd.: ort — morgo. Mhd.: ort — äußerstes Ende. — „ar isht am ort", d. h. er ist ganz am Ende. — Ort Ende, noch bei Agricola (Sprichwörter), und bei den Bergleuten noch jetzt: Ort, Vorort. Pair — Biene. Ahd.: bia, bian. Kärntn.: beie. pambollc — Baumwolle. 59 Pansen -- Gedärme, Eingeweide. Mhd.: panze — Wanst, Magen. — „Pansen" ist noch jetzt der schriftmäßige wissenschaft¬ liche Name des ersten Magens der Wiederkäuer. p ar — Bär. paschen -- - schwärzen, Schleichhandel treiben. Auch in Anhalt. — Davon „Pascher" Schleichhändler. pawcl — ein sehr dummer Kerl. pfinstag Donnerstag. Mhd.: finztag (13. Jahrh.), vinstag (16. Jahrh.). Steier.: sinstag. Kärntu.: fiusta. — Von „fins", der 5. Tag, nicht etwa von V,nus. pfranme Pflaume, Zwetschge. Ahd.: pruma, phruma. Vgl. Lat.: prunum. pirholtcr — Dorndreher (? oder Pirol?). pliens — Tollkirsche (alropa Li-IIaclonna). plunzazen — stottern, stammeln. Ahd.: plunzezan. In Kärnten sagt man dafür: stuckezen (vgl. stocken). Pollen — werfen. Ahd.: bolan. Allemann.: bohle. Vg.: Ball, Bolz, Böller. Vgl. Griech.: prachen — brechen: „i prich", „du prichesht", „ar pri- chet", „bi er prachen". p r a m Bremse. Ahd.: brema, m. Esthn.: Parin. Vgl. brö m el n. preite le — Wiesel. In Schlesien sagt man: ilster. pue, Mchrh.: pubn - Bube, Knabe. Tirol.: bue. Eng.: bo^. p n k lat bucklig, gebuckelt. Bei H. Sachs: pucklet. Nürnberg.: bucklet. R a b h e n dl — Rebhuhn. rache — Reche, Harke. raishte — Reiste, Riste Flachsbündcl. „harreiste" findet sich noch in Dokumenten des 17. Jahrh. (Gräz 1620). reibende (s.) - Fieber. Ob mit dem Ahd.: hruf - Aussatz, zu¬ sammenhängend? das Fieber wird auch „s chittel" genannt, reim (Nein, Pfanne) das Wasserschaff (Faß), welches auf dem Kopfe getragen wird. Ahd.: rina. Mhd.: rein — Röst¬ pfanne. Kärtn.: rein — irdene Pfanne (davon: rcindling Gugelhopf, Topfkuchen). rerochle Lerche. Ahd.: larah, laraha, lcrocha. Mhd.: leriche, lerche. Fränk.: hlewarahha. Ndrs.: lcwerke. Agls.: laferc- 6« rig erle — der Kranz (Wulst), den die Weiber auf den Kopf legen, um darauf schwere Sachen zu tragen. Ahd.: riga — Reigen, oirruli linaa; girigi Kranz. risheln — (ristln) in ganz kleinen Körnern hageln. Kärntn.: rieseln. Anhalt.: graupeln. Allemann.: hurniggeln. Oestreich.: schauern. raitn reiten, „i bin gerittn", „i brd raitn". r o itn — rechen. Ahd.: ritaron — rcitern, sieben. Agls. : hridrjan. Vgl. Lat.: oribrsra. r o m — Rabe. Ahd. : hraban (Rabe) und hrom (rom). Wie anderwärts „Rabe" (kkrabanns), so ist in Gotschee „Rom" Familien¬ name, und der „Römergrund" daselbst hat seinen Namen nicht von den Römern, sondern von den Raben. r o n k el — Reisig (zum Stützen der Erbsen im Garten u. dgl. Vgl. Ahd.: rona. Mhd.: ron, ronach — Baumstamm, Klotz, Kienspan. Vgl. Lat.: Irunons (?); Französ.: trvno (?); auch unser Ranke, und das provinziale: Rahne. — Zusammen¬ gesetzt: „ronkel-urbeiße" — Erbse (s. „urbeiße"), roßh, rosch — Pferd (welches Wort nicht gebraucht wird). 2., der Brustkasten eines gebratenen Vogels. roshe — Rose. 2., Blume überhaupt, deren verschiedene Arten dann durch Zusammensetzungen mit „roshe", z. B. „d orneg- roshe" (wohl die eigentliche Rose?), „shommit-roshe" (s. nachh.) bezeichnet werden. rushen — abschneiden (bloß den MaiS; abriffeln). Schale — Nagel (an Fingern und Zehen). Mhd.: schal — ein Ueber- zug von Haut, Rinde u. dgl. Vgl. unser: Hirnschale, verschalen. Vgl. Französ. eoale, öcaüla. Italien, «coxlia. schare — Scheere. Ahd.: scara, scera. — Diminutiv: „schale" — Scheerchen. s ch a r tel — eine Art Kuchen (Gugelhopf, Topfkuchen). Vgl. Mhd. : schart, scharte Pfanne, kupferner Tiegel mit Füßen und Deckel. schnäab — Schnee. Ahd.: snew, sne. Engl.: «non-. Davon. s ch n a i b e n — schneien. Ahd.: sniwan. Mhd.: sniwen. Verschiedene deutsche Dialecte: schneiden, schnibcn. 61 schnupfazen — schluchzen durch die Nase, (wie Kinder nach dem Weinen). Ahd.: snepfizan, snopfizan. Mhd.: snipfezen, snu- pfezcn. Baier.: schnepfezen, schnopfezen. Kärntn.: schnupfezen. schoidn scheiden, „i schoid", „du schoidesht", „ar schoi- det", „bier schoiden", „ier schoidet", „shai s ch o i d e nt." schrötl — Stemmeisen. Ahd.: scrotan — (schroten), schneiden. Kärntn.: schrötl (gebogenes Stemmeisen, zum Arbeiten mit der Hand). schwauferle Schwalbe. Ahd.: swalawa. Nord.: svala. Baier.: schwale, schwalm. Engl.: 8>voIIo>v. shachs — sechs. Goth.: saichs. Vgl. Sanskrit.: shash. shägäch Sägespäne. Ahd.: sagon — sägen. shahn, shagen sehen, i shiech. Mitteln).: „geshachn". Nürnberg.: sög'n. shai — sie, 3. Pers, der Mehrh., während die 3. Pers, der Einheit (w.) „shi" lautet. shangneishc — Sense. Ahd.: segansa. Engl. «illw. shänstäg — Samstag. Goth.: sabbatodags. Ahd-: sambaztag. Mhd-: sambeztac, sameztac. sharen säen. Ahd.: saan, sahan, sajan, sawan. Latein.: serero. sh au bei st selbst; 2., allem. shaukle — Sau. Ahd.: su. Agls.: suga. Ndrd.: sovg. Vgl. Griech. und Lat.: rm«. shäuz Salz. shechtar — (Sechter, Gefäß) Melkfaß. Ahd.: sehtari. Kärntn.: sechter. shibente Leichenschmaus, Todtenmahl. Mhd.: der sibente der 7. Tag nach dem Tode eines Verstorbenen, an welchem eine Seelenmesse für ihn gehalten wird, woran sich dann eben der Leichenschmaus anschließt. Sloven.: .^ämina die siebente, in derselben Bedeutung. shicherle (kleine Sichel) ein krummes Messer zum Ausstechen und Ausjüten des Unkrauts. s h i n gä s h le — Schelle, kleine Handglocke zum Läuten. Ahd.: singoz; spätere Form: sinegozzel. Cimbr. (VII eannnuni): singoz. Kärntn.: singezle ein ganz kleines Glöckchen, welches den jungen Ziegen angehängt wird. 62 shloikar, s hloikiar — Butterfaß. Vgl. Ahd.: slckimo — ballndo; slegimilh — Schleckmilch („iila agua gna d« xlixikstta ,-xit«. — Vgl. batta, Imltudo, Butter). shommite, shummete — Johannisfcst. Ist es — Sommer¬ mitte ? — Zusammengesetzt: „s h o m m itr o s h e" — Kä¬ seblume, Wucherblume (Lür^antliamum Iluioanlluuuuu) (?). shpielkind — uneheliches Kind. Im Ahd.: findet sich der ent¬ sprechende Ausdruck: spileuuip. shprachen — beten (nicht: sprechen überhaupt, sondern bloß: sein Gebet sprechen, beten). shtachallar — Stecheiche (!b>x sguilolium). shtak, shtek — (Stecken), der senkrechte Pfahl eines Zaunes. Ahd.: steccho, zunstecho. Mhd.: stecke — Prügel, Stab, Stock, Pfahl, Pflock. Kämt: zannstecken. Ndrd.: stäke. Agls : stac. Engl.: slik. Die Querhölzer heißen „greßliuge" (stdas.). shtikere — die Augen (nur in verrächtlicher Rede). shtinkäch — Alpen-Wegdorn (klmmnus slpinus); wird auch „shauerholz" genannt. shtoain vogel — Elster (?). shuche — lange Grube, kleiner Graben- Vgl. Ahd.: suoha; Schwab.: suech. Kärntn.: suche. shuga — Säge. Ahd-: saga. shuintag — Sonntag. Ahd.: sumnuntag. Nürnberg.: sunta- shüshten — sonst. Fränk. - Hennebcrg.: sust, süsta, süste. Schles: sust, stifte. Anhalt.: sunst. Täg— Tag- Die einzelnen Wochentage heißen: „shuintag", „mantäg", „ertäg", „mittoch", „pfinstäg", „sreitäg", „shänstäg". t a s h e — Tanne. täten---- säugen. Ahd.: taan (wovon auch Ahd.: tntta; Mhd.: tutte — Tutte, Titte; (Anhalt.), Zitze. Vgl. Griech-: Vgl- Griech.: A«?«-,- Sloven.: dojiti — säugen. „Shi hat ier kind getütet" (nicht etwa: getödtet, sondern: gesäugt, gestillt, genährt). tir ----- Thier. Ahd.: tior, tier. Alts.: dier. Agls-: deor- Nürnberg-: töiher. 63 tir — Thür. Ahd. : turi. Alts.: dur, dor. Agls.: dur, dure, dora. Engl-: üuor. Vgl. Griech-: Lat.: luro5. ti o s e l, t e - u felTeufel. Ahd.: tiufal. Mhd.: tiufel (Nibelungen¬ lied). Alts-: diubhal- Agls.: deoful, deofol. Altnord.: diö- full, difill- Engl.: ü«vil. Vgl. Griech. und Latein.: ciiabolu?. toail ----- Theil. Ahd.: tail. Alts.: del. Agls.: dael. Holland, deel- Engl: cloal. Nürnberg-: tat- t o n g e ln — hämmern (bloß die Sichel oder die Sense). Allemann-: dengeln (in demselben Sinnet. Ahd.: tangol. ----- Hammer Mhd.: tangel — kleiner Hammer. — Zusammengesetzt: „ t o n g e l — h a m m e rl e i n " — die beiden Hämmer zum Tongeln (Dengeln). tote (m- u. w.), auch tötl (m) u. tote (w) — Pathe (pater so. .^piiüuoli.ch. Ahd.: der toto, diu tota, und: gota (wovon auch im Ahd. schon: gotele ----- das Patchen, Tanfkind). Die erste Form: tote, Mhd.: tote (m. u. w), findet sich im Fränk.: dod (m) , dud (w-), deßgleichen in Nürnberg (dot, dothe, duth) und bei Koburg; in dieser Stadt hat das schriftdeutsche „Pathe" die alte Bezeichnung verdrängt, doch hat sich „dod'nbeut'l" — Pathcngeschenk erhalten. — Die zweite Form: gota; Mhd-: götti (m.), gotta (w.), findet sich dagegen im Allemann.: .gotte; im Oberöstr.: god (m.), god'n (w.), im Kärnt.: götl (m.), godl (w.), im Oester, und Schwäbischen: godel (Tanfkind), und in andern süddeutschen Mundarten, wie auch am Rheine. Im Engl. ist dtc alte und die neue Bezeichnung zusammen¬ gesetzt: Koüsalbor, Kaclmolber. triele — Lippen. Kärntn. (bei Feld): triel. troje — ein von einem Dorfe aus zwischen eingezäunten Feldern hinsührender Weg, auf dem hauptsächlich das Vieh zur Weide getrieben wird. Vgl. unser Trieb, Trift. In Kärnt.: sagt man dafür: bitzein. t u ch a ll e i, d u ch a llei (der Accent liegt auf der 1. u. 3. Silbe) - immer, alle Tage. Von „tug", „tuch" Tag, und „al lei" - alle. Vgl. Französ.: lou-sour«. tschell Gesell, Kamerad. tute — ein Dummer. tuten — aus dem Horn blasen. Deßgl. im Anhalt, und im Ndrd. 64 Uh ar herab; „n—" ab— , z B. „nzihcn" abziehen; „har" (unser her—) wird stets nach— nicht wie her—; vorgesetzt, z. B- „lei har" (nur her) heran! „zu¬ ll ar" herzu. nmeishe, ämeishe — Ameise. Ahd.: ameiza. Mhd.: ameize. Schweiz-: humbeiße, lombeiße. Engl.: emmot (Ailion, IValw), aut. Schles-: oomse. untersasse ein Bauer, welcher ein eigenes Haus und urbar gemachte Gemeindegrüude (etwa frühere Hutweidcn) besitzt, sonst auch „Hofstätter" genannt. urbeiße, är basse" (Erbse) Fascolc. Ahd.: araweiz. Mhd.: arwis, erweiz- H. Sachs: erbeiß. Vgl. Griech.: Latein.: ervum. — Zusammengesetzt: „karschat — ur¬ beiße" — Stangenbohne, „r o n k el — urbeiße" — Erbse. uß -- daß. Ahd.: uz (auch als Bindewort — Mhd-: az. (Nibelungenlied). Vgl. Lat.: ut. Vakle Ferkel. (Diminutiv von „burk"; s. das.) Ahd.: far- heli (Diminutiv von: farh). Mhd.: varch. Alts.: uar. Agls.: färh, fearh. Hinterpommern: varkcn. Kärutn.: vakle. Vgl. Latein.: poroollu«; Litthauisch: parsra«. Ostfries.: bigg. Engl.: piss. verdreußen — verdrießen (welche Form nur sehr selten vorkommt). Ahd.: driuzan, ardrinzan. Mhd.: vcrdriezen, daneben die Form: mich verdriuzet. verten — voriges Jahr. Mhd.: vert, fert (H. Sachs). Nürnberg.: vertcn. Kärntn.: verten, und: vorverten (vorvoriges Jahr). Schwab.: fernt. Allemann. und Schweiz.: fern (Wieland in der 1. Ausg. des Oberon 1780). In andern Gegenden auch: ferne, fernerig, ferndrig, fernig. Vom Ahd.: sirni — (firn) alt. ') Da strengwissenschaftüche Rücksichten hier nicht allein in Betracht kamen, schien es besser, die der Aussprache nach mit v anlautenden Wörter von den mit f anlautmden zu trennen. 65 v lezz e ebener Boden. Ahd.: flazzi. Mhd.: vlezzc — Boden, Fu߬ boden, Hansflur (Nibelungenlied). Kärntn.: vlcz. Vgl. unser: Vließe, Flöz. Latein.: plawa. ovail, foail feil, kaufbar. Nürnberg.: fahl. vochizen — kleine Weizenbrote (ü 2 Sgr.). Ahd.: fochenza und: pogaz (?). Mhd.: vachenze. Baier.: fochenz. Südtirol.: fochezen. Vgl. Latein.: kooatiuz; Ital.: kocmmcia; Franzos.: kous«86, kouriKo. voit, Pfoit — Hemd (Kleid). Ahd.: pfait. Goth.: paida. Mhd.: pfeit, pfoat. Kärntn.: voat. Oesterr.: pfaidler (— Kleider¬ händler). Vgl. Latein.: veLli«; Griech.: x'E-' Finn.: psila. Wak, bak — mal; „a wak", „a bak" — einmal. Vgl. Hinter¬ pommer.: vaken — ost. (Gleichbedeutend mit „hort" und „wurt.") wartein — wahrlich; 2. aber. Wie das Ahd.: warliho. warlt — Welt. Ahd.: weralt. Mhd.: werlt, später: Welt. Zarzer (in Oberkrain): berlt. Siebenbürg.: wärld. Engl.: rvorlä. Wasservogel — Storch (?). waud — Wald. Ahd.: Wald. Alts, und Agls.: vald. Engl.: vvooü. Mansch — falsch. waushnar Maulwurf. weder — weg; z. B. „fleuh weder" — geh weg! (s. oben „fleuhen"). widem — Dienstacker des Pfarrers. In andern Gegenden bedeutet „Widdem" die Dienstwohnung des Geistlichen. Vom Ahd. : widamo. wildes kraut — Zwergbuchs (buxu8 «empervirens), von welchem Kränze auf die Leichen und Särge ledig verstorbener junger Leute (Burschen und Mädchen) gelegt werden. (In Mit- terdorf.) winig, windig wüthend (von Hund und Wolf). Ahd.: winnan kuriaio. Mhd.: Winnen, wovon: winnende, winnec, besonders vom tollen Hunde; „wütig und wünnig" (H. Sachs). Stcier. und Kärntn.: winnig. wurt, Mehrh. werte — mal, male; z. B. „viel werte" — vielmals, oft. Dasselbe wie: „hort" (s. das.). Mhd.: 5 66 wurt Ereignis?, evenln.?. Bei H. Sachs: fart. Vgl. Latein.: kor«. Zaget Kolbe (voin Mais). Das Ahd. und Mhd.: „kazzinzagel" (Katzenzagcl) bedeutet ebenfalls eine Pflanze (Schastheu, milleloliinn), während „zaget" nur vom Haarbüschel am Schweife der Thiere gebraucht wird. zagen — jammern. z a u n s chl i f f e r le (der kleine Zaunschlüpfer) Zaunkönig; wird auch „p r z vö g ele" genannt. Vgl. auch „ o h r s ch l i f f er" (s. das). zerbroshtcn - zerschlagen. Ahd.: zabrestan - zerberste». zeßrauch eure Art Bärlapp (l.)'oopoäium amwtmum). Vielleicht vom Ahd.: zezi —. zart. zishte Armkorb mit Henkel. z o ai n e geflochtener flacher Handkorb. Goth.: tainjo. Ahd.: zainja — Korb. Mhd.: zeine-—Geflecht aus Ruthen oder Gerten; zeinili, zeinelin —- Handkörbchen mit Deckel und Handhabe. Kärntn.: zane. zwoai -- zwei. In verschiedenen Kirchspielen finden sich noch folgende Formen: „zwean", „zween" (in Rieg), „zwo en" (in Steinwand; sämmtlich w.). Goth.: tvai, tvos, tva. Ahd.: zwi (zwene, zwo, zwei). Alts.: tuene, tua (tuo), tue. Agls.: tveyen, tvo, tva. Altnord.: tveir, tvär, tvö. Engl.: lno. Vgl. Griech.: Vrlo,- Latein.: üuo.— Davon „zwoain- zig" zwanzig. Ahd.: zueinzig. Mhd.: zweinzig.