SEPARAT-ABDRUCK AUS fflSSENSCHAFTHCHE IIITHEILUBGEH AUS BOSNIEH BSD DEE HERCEGOVINA, VII. BAND, 1900. VE RM AH LUNG S BRlUCHE IN BOSNIEN UND DER HERCEGOVINA. VON EMILIAN LILEK, 1’ROFESSOE AM 0BERUY51NASIUM IN SARAJEVO. mm, i9oo. IN C O M M I S S I O N BEI CARL GEKOLD’S SOHN. DRUCK VON ADOLF HOLZHAUSEN. 44572 Vermahlungsbrauche in Bosnien nnd der Hercegovina. Von Emilian Lilek, Professor am Obergymnasium in Sarajevo. Die Vermahlungs-, respective Hochzeitsbrauche der Serben und Croaten liaben schon mehrere Sehriftsteller beschrieben (Vuk Karadžič, Medakovič, Bogišič, Ilič, Miličevič Mil., die Siidslavische Akademie in ilirem Zbornik [Sammelbuchse] ftir Leben und Brauche bei den Sildslaven u. A.); aber alle diese Bescbreibungen haben aus leiclit- begreiflichen Grtinden fast ausscldiesslich nur fiir die serbo-croatischen Kustenlander und jene Gegenden Geltung, die fremden Einflussen frtihzeitig zuganglicher waren. Wer jedocli die altesten Vermahlungsbrauche der Serben und Croaten, ja der Slaven liberhaupt, kennen lernen will, der wird sie in jenen Landern suchen miissen, die erstens wegen ihrer geographischen Lage fremden Stromungen am wenigsten ausgesetzt waren, zweitens wegen ihrer bis in die neueste Zeit dauernden politischen Abhangigkeit vom conservativen turkisch-muhammedanischen Element ihr altes nationales Sonder- leben am leichtesten und am langsten bewahren konnten. Das waren aber nicht etwa Dalmatien, Croatien, Slavonien und Serbien, sondern Bosnien und die Hercegovina. Aber gerade aus diesen Landern vvurde bislier am wenigsten Material iiber die sud- slavischen Vermahlungsbrauche gesammelt. Am ausfuhrlichsten und vollstandigsten haben bisher die bosnische und hercegovinische Hochzeit Bogoljub Petranovič und Luka Grgjič-Bjelokosič beschrieben; der Erste im Glasnik der gelehrten serbiselien Gesellschaft, der Zweite in einer besonderen Schrift unter dem Titel: „Aus dem Volke und vom Volke“, Mostar 1895. Beide schildern orthodoxe Hochzeiten, und zwar Petranovič eine unter dem Gebirge Jahorina, Grgjič eine Landhochzeit aus der oberen Hercegovina und eine Stadthochzeit (Mostar). Katholische Hochzeiten be¬ schrieben ausftihrlicher Livadič und Ivan Klarič; der Erste eine aus dem Bezirke Jajce in seinen Bosančice, der Zweite eine um Varcar-Vakuf in diesen Mitth. Bd. VI, S. 633. Wer noch ausser den angefiihrten Vieren Notizen zum oben bezeichneten Thema aus den occupirten Provinzen geliefert hat, das kann in Bogišič’ Anmerkungen zu seiner Abhandlung „Pravni običaji kod Slovena“ (Književnik 1866), in seinem „Zbornik pravnih običaja u južnih Slovena“ und in Krauss’ „Sitte und Brauch der Siidslaven“ nach- gesehen werden. Weil alle bisherigen Schilderungen der bosnischen und hercegovinischen Hochzeits¬ brauche nur einseitig confessionelle und locale Bedeutung haben, entschloss ich mich erstens, die Hochzeitsbrauche aller drei Confessionen darzustellen; zweitens sie aus allen Gegenden Bosniens und der Hercegovina, aus denen noch keine verlasslichen und ausfiihrlichen Berichte vorliegen, zu sammeln; drittens den Unterschied zwischen Stadt- und Landbrauch hervorzuheben, damit man so erkennen konne, inwieweit auf die 20 * 2 It. Volksltunde. [ 292 ] hiesigen Vermahlungsbrauche die einzelnen Eeligionen und geistlichen Obrigkeiten, inwieweit Nachbarnationen, fremdes Recht und fremder Cultureinfluss eingewirkt baben; ferner damit man beurtheilen konne, was allgemeiner Volks- und was nur localer Brauch ist. Um das Letztere zu erleichtern, habe ich eine kurze Skizze der Hoehzeits- brauche bei den steiriscben Slovenen beigefitgt. Auf die Sammlung von Hochzeitsliedern und Trinkspriicben habe ich keine Sorgfalt zu verwenden gehabt, denn das wurde bereits von Anderen in reichlichem Masse besorgt. Meine besondere Aufmerksamkeit war gelenkt auf ethnologisch wicbtige und interessante Brauche, Ceremonien und symbolische Handlungen, in denen sicb die rechtlichen und religiosen Anschauungen und Ueberzeugungen, der moralische und culturelle Zustand des hiesigen Volkes wiederspiegeln. Um von alldem ein getreues Bild zu liefern, waren Reflexionen und Vergleicbungen mit fremden Brauchen nothwendig. Demgemass habe ich das gesammelte Material eingetheilt in: I. Eheschliessungsfonnen. II. Beschreibung der Hochzeitsbrauche: A. Bei den Orientalisch-Orthodoxen. B. Bei den Katholiken. C. Bei den Mubammedanern. D. Bei den steirischen Slovenen. III. Betracbtungen liber die einzelnen Vermaldungsacte, Brauche, Ceremonien und symbolischen Handlungen. IV. Vergleichung der hiesigen Vermahlungsbrauche mit denen der alten Israeliten, Griechen, Romer und Germanen. L Eheschliessungsformen. Die Heirat kann hierzulande entweder derart gescblossen werden, dass der Jiingling das Madchen physisch oder moralisch raubt, entfiibrt, stiehlt, verdient oder durcb Werbung erwirbt, oder dass das Madcben von selbst zu ibm entflieht. 1. Otmica = Madchenraub und. Entfuhrung. Bei der bosniscb-bercegoviniscben Bevolkerung bat man zwei Arten der Otmica zu unterscheiden: a) Die ecbte Otmica, den raptus violentiae oder Madchenraub, wo der jiingling das Madchen gegen dessen Willen und entgegen dem Willen seiner Eltern oder deren Stellvertreter raubt; b) die Otmica, wobei das Madcben mit seinem Einverstandniss, aber gegen den Willen seiner Eltern oder Vormtinder entfubrt wird (raptus seductionis, Entfuhrung). a) Entfuhrung des Madehens ohnc dessen Eiinvilligung. Zum Madchenraub lcommt es, wenn sicb ein Bursche in ein Miidcben leiden- schaftlich verliebt, sie aber nicht geneigt ist, seine Liebe zu emidern, nocli ibre Eltern „kail“ (gewillt) sind, ibm sie zur Ehefrau zu geben. Es kommt auch vor, dass das Madchen Zweien das Versprecben gibt und von einem jeden ein Unterpfand (obilježje) annimmt. Nun scbickt einer der Burschen, oline zu wissen, dass sie sicb aucli einem Anderen versprochen bat, seine Werber zu ibren [ 293 ] Lilek. Vermahlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 3 Eltern oder ihren Vormiindern. Werden diese von den Eltern deshalb abgewiesen, weil sie das Madchen schon einem Anderen zugesagt haben, so lauert der Bursehe mit einigen seiner Genossen wahrend der Nachtzeit so Jange auf das Madchen, bis er es erlauert. Weigert sie sich nun unter allerlei Ausreden, mit ihm zu geben, so drohen ihr der Bursehe und seine Genossen mit Messern oder Flinten. Lauert auf das Madchen auch der zweite Bursehe, dem sie ebenfalls das Versprechen gegeben hat, so kommt es zwischen den beiden Gefolgscliaften zum Kampfe, und wer als Sieger hervorgeht, dem fallt das Madchen als Siegesbeute zu. Nun will ich einige concrete Beispiele der Otmica anfuhren, und zwar zu allererst diejenigen, die ich im privaten Wege erfahren habe, und dann jene, welche mir die geehrte Verwaltung der Central-Strafanstalt fur Bosnien und die Hercegovina in Zenica auf meine Bitte in einem besonderen Verzeichnisse gefalligst zur Verfugung gestellt hat. a) Private Berichte. Im Bezirke Foča ereignete sich im Jahre 1893 eine Otmica folgendermassen. Ein muhammedanisches Madchen war mit ihrem Bruder auf dem Felde mit dem Getreide- schnitte beschaftigt. Wahrenddem lauerte ein Bursehe so lange auf sie, his sich der Bruder entfernt hatte. Der Bursehe redete ihr zuerst mit schonen Worten zu, sie moge mit ihm gehen; da sie aber dies zu thun nicht gewillt war, so verband er ihr zuerst den Mund und zog sie dann mit Gewalt in den nachsten Wald, wo ihn seine Genossen erwarteten. Sobald des Madchens Bruder von dem Vorgefallenen erfuhr, lief er den Entfiihrern nach aber vergeblich, denn der Bursehe hatte das Madchen nocli recht- zeitig in seinem Haus geborgen. Um seines Raubes siclier zu sein, liess er sich sofort trauen. Bei den Muhammedanern ist es namlicli niclit gebrauchlich, dass ein ins Plaus entfuhrtes Madchen von ihrem Bruder oder ihren Eltern zurlickgeholt wird. Im Dorfe N. . . in der Krajina lebte ein Bursehe, in den die Madchen gerade nicht sterbensverliebt waren. Aber sein Herz erkor sich dennoch im Stillen eine der Dorf- jungfern. Zuerst entdeekte er seine Neigung und Sehnsucht einem Neffen und dieser seiner Mutter. Nun versuchten es seine Vervvandten zuerst bei dem Madchen, be- gegneten jedoch nur tauben Ohren. Dann klopften sie bei ihrer Verwandtschaft (svojta) an; diese weigerte sich aber noch entschiedener. Nun sann der ungliickliche Junge auf andere Mittel und Wege, wie er zu seinem heissersehnten Ziele gelangen konnte. Er verabredete sich mit seinen Freunden und Genossen, eines Abends, wenn das Madchen in der Viehhurde die Kuhe und Schafe melken werde, sie mit Gewalt zu entfuhren. Wie ersonnen, so ausgefiihrt. Eines Abends versteekte sich die ganze Ge- folgschaft des Burschen in ein Gebtiscli vor der Viehhurde. Sobald sie das Madchen mit ihrer Schwagerin (snaha) bemerken, springen ihrer fiinf hervor, ergreifen das Madchen und fiihren es eiligst fort. Die Snaha beginnt L ar m zu schlagen und ihre Hausgenossen zu IJilfe zu rufen. Diese laufen den Entfiihrern nach, und als sie selbe eingeholt haben, entspinnt sich zwischen beiden ein regelrechter Kampf mit Steinen und Flinten. Als die Verfolger bemerkten, dass einer von ihnen schon schwer verletzt, und dass sie gegen die Entfiihrer zu schwach seien, kehrten sie zuriiek, um Succurs zu suclien. Einer lauft sofort um die Gendarmerie, ein Anderer um einige Nachharn. Jedoch vergebliches Bemilhen! Die Otmičari (Entfiihrer) brachten ihre Beute in einer vom Burschenhause zwei Stunden entfernten Waldhiitte in Sicherheit. Schon unterwegs wurde dem Madchen vom Burschen in einem Heuschober unter Beihilfe der Genossen Gewalt angethan. Das Gleiche geschah im Walde, wo das Madchen drei Tage zubraclite, bis die Gendarmerie den Burschen und seine Helfershelfer gefangen und gebunden abfiihrte. Vor Gericht 4 II. Volkskunde. [294] gestellt, behauptete der Bursche, dass ihm das Madchen anf einem Zbor (Versammlung) vor der Kirche das Versprechen gegeben und ihm den Tag bestimmt habe, an dem er sie wegfuhren durfe. Die von ihm gefuhrten Zeugen wollten jedoch nichts davon wissen. Infolge dessen wurde er zu sechs Jahren schweren Kerkers und seine G-enossen zu kiirzerer Haft verurtheilt. Vor zwei Jahren entfiihrte in St. . . in der Hercegovina ein muhammedanischer Beamter ein Madchen gegen ihren Willen, wie sie spater vor Gericht aussagte, nachdem sie von ihren Eltern mit Gewalt zuriickgeholt worden war. Der Beamte wurde dann strafweise versetzt. In diesen beiden letzteren Fallen ist es zu keiner Eheschliessung gekommen, weii die Staatsgewalt dazwischen getreten ist. Unter der tiirkischen Verwaltung war aber dies viel einfacher. Die Otmičari zwangen selbst oder mit Hilfe des Aga, natiirlich gegen eine gute Bezahlung, den Geistlichen, die Trauung des Burschen mit dem Madchen sofort vorzunehmen. p) Amtliches Verzeichniss jener Straflinge, die in der Central-Strafanstalt in Zenica seit dem Jahre 1882 bis heute wegen der Otmica bereits abgestraft worden sind oder noch jetzt deshalb detenirt werden. [ 296 ] Lil e k. Vermahlungsbrauche in Bosnien imel der Hercegovina. 5 Schon aus den angefuhrten Fiillen ist ersichtlich, dass die Otmica in Bosnien und in der Hercegovina noch ganz landesiiblich ist. Das sind keine einfachen Sittlichlceits- delicte, wie sie in allen Landern iiblich sind, sondern Ueberlebsel einer alten Form der Eheschliessung. Wie viele Entftihrer in den Kreisgericlitsgefangnissen abgeurtheilt worden sind, entzieht sich der offentlichen Kenntniss, weil daruber noch keine Statistik gefuhrt wird. Dazu muss man noch bedenken, dass die Bevolkerung aus Schamgefiihl die Otmica nicht gern zur Klage bringt. b) Entfiilirung des Madchcns mit dessen Emvnlligung. Diese Art der Otmica ist in Bosnien und der Hercegovina besonders bei den Orientalisch-Orthodoxen und Muhammedanern noch ganz gew6hnlich. Local kommt sie am meisten im Višegrader Bezirke vor. Da heissen die diesseitigen Bewolmer der Drina Bošnjaci, die jenseitigen aber Onostranci (die jenseits Wohnenden). Die letzteren theilen sich: 1. in die Župljani an der serbischen Grenze; 2. in die Bjelobrgjani, Vardi- štani und Dobrunjani liings des Flusses Rzav, so benannt nach den Namen ihrer Dorfer. Die Bewohner am linken Limufer heissen Hercegovcen. Mit den Letzteren vertragen sich die Onostranci ganz gut, so dass Ileiraten unter ihnen sehr haufig vorkommen. Aber mit den Bošnjaken wollen die Onostranci keine Eheverbindungen eingehen, und zwar deshalb, weil den Onostranci die bosnische Tracht nicht gefallt; sie selbst tragen sich wie die Serben in der šumadija (im Konigreich Serbien). Zudem verbindet die Onostranci auch die Geschichte mit den Serben, denn so oft diese mit den Tiirken Kampfe zu bestehen gehabt haben, fanden sie bei den Onostranci, ihren Nachbarn, werkthatige Hilfe. Deshalb nun, weil die Onostranci den 6 II. Volkskunde. [ 296 ] Bošnjaken ihre Tocliter nicht geben wollen, und auch umgekehrt, kommt es am grossen Zbor zu Dobrun (am Grossfrauentag, den 15. August a. St.) sehr oft zu Entfilhrungen. Es machen sicb da mehrere Bošnjaken zusammen und entflihren den Onostrancen das ihnen gefallende Madchen. Des Madchens Verwandte verfolgen wohl die Entfiihrer, erreichen sie aber selten, weil die Bošnjaken bessere Pferde haben. Hernach trachten entweder die Geistlichen die verfeindeten Familien auszusohnen, oder sie vergleichen sich selbst untereinander. 1 ) Solche Entfilhrungen kommen nicht nur zwischen den Bošnjaken und Onostrancen vor, sondern auch unter den Bošnjaken oder Onostrancen selbst, wenn das Madchen in eine andere Pfarre als der Entfiihrer zustandig ist. Hat ein Bursche die Absicht zu heiraten, so geht er am Zbor von einem Kolo (Reigen) zum anderen und sucht sich ein Madchen. Gefallt ihm irgend eine, so eroffnet er dies den Weibern seiner Verwandtschaft und gibt ihnen zugleich fiir die Auserkorene eine Schachtel mit dem Unterpfand (kutija s obilježjim). Diese umlcreisen nun die ihnen vom Burschen bezeichnete Jungfrau und bemiihen sich, sie zu bereden, die Kutija 2 ) anzunehmen. Falls dem Madchen der Werber gefallt, wird sie ohne viel Strituben das Angebot annehmen, worauf die Weiber das Madchen sofort in ihre Mitte nelimen. Inzwischen hat der Bursche sclion das Pferd bereitet, um mit dem Madchen zu entfliehen. Ihre Vervvandten verfolgen ihn wohl, aber selten kommt es vor, dass sie es zuriickbringen. Zwei, drei Tage hernach begibt sich der Entfiihrer selbst zu seinem Ortsgeistlichen, meldet ihm, dass er ein Madchen entfiihrt und mit ihm getraut sein will. Da jetzt der Geistliche in soleh’ einem Falle nicht eher copuliren darf, als er vom Geistlichen aus des Madchens Pfarre die schriftliche Verstandigung erhalten hat, dass des Madchens Eltern damit einverstanden sind, so gibt er ihm den Rath, sich zu allcrerst mit diesen zu vergleichen (da ide na mir). In den meisten Fallen kommt es zwischen dem Ent¬ fiihrer und des Madchens Eltern oder deren Stellvertretern zu einem Ausgleich. Beim Anbieten der Kutija kommt es manchmal vor, dass das Madchen fiir einen Jiingling oder einen Mann entfiihrt wird, den es nie im Leben gesehen, von dem es niemals etwas geliort hat. Die Weiber belastigen namlich ununterbrochen das Madchen mit dem Unterpfand; dieses weigert sich (zateže se) anfangs, aber schliesslich liisst es sich doch iibertolpeln und nimmt die Kutija an, worauf hin sie die Weiber zu zwicken anfangen und dann sofort mit ihr davonlaufen. Es kommt auch vor, dass sie ein Madchen, das sich das Unterpfand anzunehmen weigert, mit Gevvalt entfiihren. Ein iihnlicher Gebrauch wie im Višegrader Bezirke besteht auch im Foeaner Bezirke, wo es zwischen den Drinjaci (Drinaanwohner vom Zusammenfluss der Piva und Tara bis zur Miindung der Kolina am linken Ufer) und den Završani (von Zavrh, Gebirgsgegend zvrischen der Drina und Cehotina) zu Entfiihrungen kommt. Hiebei entspinnen sich oft argo Keilereien, infolge deren es dann viele Verwundete, manchmal auch Todte gibt. Ein halbes oder ein ganzes Jahr nach der liochzeit vergleicht sich der Entfiihrer mit der Svojca (Blutsverwandtschaft) der Entfiihrten um zwei oder drei *) Solche Entfilhrungen waren hler bis in die neueste Zeit etwas ganz GewOhnliehes, oft sogar drei an einem Zbor. Als es aber vor drei Jahren zwisehen den Bošnjaken und Tiirken zu grossen Schlagereien gekommen ist, hat die Behorde den Bošnjaken den Besuch der Volksbelustigungen im Gebiete der Ono- stranci verboten. 2 ) Unter Kutija versteht man daselbst einen kleinen runden Spiegel mit einem Verschluss, vermittels dessen man allerhand kleine Schmuekgegenstande (Kinge, Gold- und Silberstucke etc.) hineingeben kann- Biese Spiegel kommen zumeist aus Užice in Serbien. [ 297 ] Lilelc. Vermalilungsbrauelie in Bosnien und der Hercegovina. 7 Oeliscn. Die neue Verschwagerung wird dann noch durch gegenseitige Bosuche be- kraftigt; zuerst geht man aus des Madchens und dann aus des Burschen Hause auf Besuch. Eine blutige Entfiihrung ereignete sich vor 5—6 Jahren auch im Dorfe Milevci, Bezirk Sanskimost. Der Entfiihrer biisste seine Strafe im Bihačer Kreisgerichts- Gefiingnisse ab. In Konjic entfuhrte vor einigen Jahren der muhammedanische Diener der Familie A. des Begen A. Tochter, Hess sich mit ihr sofort trauen und fuhr dann mit ihr den nachsten Tag per Eisenbahn nacli Sarajevo. Manchmal bringen die Eltern ihre entfuhrte Tochter wieder mit Gewalt zuriick, bevor sie noch getraut worden ist. Ein solcher Fali ereignete sich im Monate Juli 1896 im Dorfe Lipnik, Bezirk Sanskimost. Der Vater der Tochter liess dann sofort den nachsten Tag einem seiner Freunde berichten, er mdge sogleich kommen und die Tochter fiir seinen Sohn wegfiihren. Der Gerufene kam wirklich, ftihrte das angebotene Madchen heim und liess sie dann einige Tage hernach mit seinem Sohne trauen, obwohl sich die jungen Leute fruher nie gesehen haben. Ein ahnlicher Fali ereignete sich 1897 auch im Bezirke Rogatica. Wie man aus den angefiihrten Fallen ersehen kann, verursachcn die Otmica: 1. des Burschen leidenschaftliche Liebe, welche weder beim Madchen, noch bei deren Eltern oder deren Stellvertretern Erhorung findet; 2. oft gemeine Sinnlichkeit; 3. Rachsucht, wenn das Madchen den Burschen getauscht und betrogen hat; 4. Rachsucht und Notb, wenn zwischen zwei Nachbarstammen aus Feindschaft und Abneigung gegenseitige Heiraten verpont sind; 5. der Naturzustand und die heldenhafte Gesinnung des hiesigen Volkes, infolge welcher es dem Jiingling sehoner und rubmreicher erscheint, sein Eheweib im Kampfe mit ihren Angehorigen zu erobern, als sie von ihnen zu erbitten; 6. der Wunsch, sich die hohen Hochzeitskosten zu ersparen; 7. der noch mangelhaft ausgebildete Sinn fiir die gesellschaftliche Rechts- ordnung. Das Hauptmerkmal der Otmica ist die physische Gewalt, die entweder gegen das Madchen und ihre Angehorigen, oder blos gegen die Letzteren angewendet wird. Aber bei den hiesigen Muhammedanern, und zwar blos bei ihnen, ist es auch moglich auf Grund moralischer Nothigung des Madchens und ihrer Eltern oder deren Stellvert.reter eine Heirat zu scliliessen. Diese moralische Otmica heisst hier nach der Form der Nothigung: 2. Potegne je = er zieht sie an sich. Der muhammedanische Jiingling racht sich am Madchen, das seine Liebe verschmaht, oder an ihren Angehorigen, die seine Werbung zurtickgewiesen haben, derart, dass er das Madchen auf offentlichem Platze an der Hand erfasst, es dann an sich zieht und zwei-, dreimal kiisst. Soleh ein Madchen ist nun in den Augen der muhaminedanischen Bevolkerung geschftndet (ima manu), und es wird sie infolge dessen Keiner heiraten, der davon weiss. Wiinscht jedoch das Madchen unter die Haube zu kommen, so bleibt ihr und ihrer Familie nichts iibrig, als sich mit dem Burschen und seinem Hause zu versohnen und verschwagern, damit die Ehre (čist obraz) des IJauses gerettet werde und das Madchen nicht unter der angethanen Schande (pod sramotom) verblejbe, Die „Ansichgezogene“ heisst „poteguša“. 8 II. Volkskiinde. [ 298 ] Diese Form der Eheschliessung erfolgt auch oft im Einverstandnisse zwisclien dem Burschen und dem Madchen, wenn sich deren Eltern oder Stellvertreter ihrer Ver- ehelichung widersetzen. Entfiihrt der Bursehe oder seine Abgesandten das Madchen ganz geheim, ver- stolilener weise, okne irgend welclie Amvendung von Gewalt, so nennt man das: 3. Ukrade je = er hat sie gestohlen. Diesbezuglich besteht im Bezirke Vlasenica folgender Brauch. Hat ein Bursehe auf einem Zbor vor der Kirche irgend ein Madchen in sein Herz geschlossen und dieses ihm zu erkennen gegeben, dass es seine Neigung erwidere, so gibt er ihr einige Tage darauf an einem verabredeten Orte ganz geheim einen Ring und wenigstens drei Ducaten als Unterpfand der Treue. In der festgesetzten Zeit holt er sie dann mit den zwei niichsten mannlichen Verwandten ab, um sie heimzufuhren. Bald darauf erfolgt die Hochzeit. Zwei bis drei Wochen hernach schickt der junge Ehemann seine Leute ins Haus seiner Ehegattin, damit sie ilm mit demselben aussohnen und ausgleichen. Diese Leute heissen Friedensleute (mirdžije). Sie mussen viel Geld, Speise und Trank mitnehmen, ferner haben sie nocli ein Pferd, einen Ochsen, eine K uh oder sonst ein Hausthier mitzufiihren. Sobald die Friedensleute im Familienhause der jungen Frau ankommen, stellen sie Speise und Trank auf den Tisch. Nun redet der Domačin des Burschenhauses den Domačin des Madckenhauses folgendermassen an: „Freund! Wir sind gekommen, um uns mit Dir zu versohnen und zu vergleichen! Wahle, was Du willst; da hast Du Geld, da ein Pferd u. s. w.!“ Daraufhin erwidert ihm des Madchens (resp. der jungen Frau) Vater: „Weshalb sollen wir uns aussohnen? Es war ja keine Blutfehde unter uns. Gib mir so und so viel, und ich will Dir dann die Aussteuer meiner Tochter ubergeben.“ Sobald sie sich ausgeglichen, gehen sie zum festlichen und freudigen Gelage iiber, das gewohnlich bis zum Abend dauert. Die vom Madchenvater beim Ausgleich geforderte Šumme richtet sich gewohnlich nach dem Werthe der Aussteuer, so dass der Vater wenigstens auf seine Kosten kommt. Bei den Muhammedanern, bei denen der Verkehr zwischen dem mannlichen und weibliehen Geschlechte nicht so frei ist als bei den Katholiken und Griechisch- Orientalischen, spielt beim „Stehlen“ der Madchen die Zubringerin (provodadžinica) eine sehr grosse Rolle. Es kommt sehr haufig vor, dass sich ein von der Provoda¬ džinica zugefiihrtes Madchen mit einem Manne traut, den sie nie friiher im Leben gesehen hat. Zu dieser Eheschliessungsform greift man in drei Fiillen: 1. wenn des Madchens Eltern oder deren Stellvertreter die Heirat nicht erlauben; 2. wenn sie fiir die Tochter einen zu liohen, dem Bewerber unerschwinglichen Preis verlangt haben (previsoko ucijenili); 3. wenn man die Vermahlung billiger vollflihren will. Wird namlich das Madchen gestohlen, so erspart man sich erstens die ziemlich grossen Unkosten fiir die Zusammenkiinfte vor der Hochzeit, zweitens die Hochzeit selbst kann viel billiger ab- gehalten werden, weil nicht so viel Hochzeitsfunctionare und Hochzeitsgaste (svatovi i gosti) zu laden sind. Deshalb greifen zu dieser Eheschliessungsform arn liebsten die Armen. Selbst die gebildetesten Leute bedienen sich derselben aus Ersparungsriiek- sichten. Aus diesen Griinden ist der „Diebstahl“ zwischen dem Burschen und dem Miidchenhause oft verabredet, der Aussemvelt gegenuber nur fingirt. [ 299 ] Lilelc. Vermahlung-sbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 9 4. Fluehtehe. Es kommt auch manchmal vor, dass das Madchen selbst zum Burschen entflieht, ohne von ihm abgeholt worden zu sein. Sieht sie z. B. den Burschen am Wasser, so wird sie zu ihm kommen und ihn ersuchen, er moge sie sofort heimfiihren. Der Bursche wird nun einen seiner Genossen zur Hilfe rufen, dann libers Madchen ein Kleid oder einen Mantel werfen, damit sie ihre Hausgenossen nicht erkennen, und sie dann stante pede — blossfussig und in gewohnlichem Anzuge — vvegfuhren. Soleh ein Madchen heisst „bjegunica“, im Burschenhause „dobjeglica“, „pubjeglica“ (die Zugefiohene) oder „samodošlica“ (die Selbstgekommene). Ihr Ehegemahl wird von ihr manchmal spottelnd sagen: „Sie ist mir auf die Fusse gekommen“ (došla mi je na noge). Natiirlich bekommt auch die Bjegunica so lange nichts von der Ausstattung, als sich nicht das Burschenhaus mit dem ihrigen ausgesohnt und ausgeglichen bat. Bei alk den bisher aufgezahlten Vermahlungsformen kommt es zum Friedens- bruche zwischen dem Burschen- und Madchenhause. Sie konnen demnach, wiewohl noch landesiiblick, in den Augen der Bevolkerung nicht als streng rechtmassige er- scheinen, insbesonders, im Madchenhause nicht. Als solehe werden nur diejenigen gelten konnen, bei denen die Heirat nach vorangegangenem Vergleiche zwischen dem Burschen-und Madchenhause oder nach formlicher Werbung stattfindet. Und dies ist nur bei der Dienst- und Werbungsehe der Fali. 5. Dienstelie (zasluži je). Im Dorfe Strpci bei Prnjavor ist es Brauch, dass ein Bursche, der gerne heiraten mochte, aber zu arm dazu ist, in einen Dienst tritt und sich mit dem Dienstgeber ver- abredet, dass er ihm so und so viele Jahre nur gegen Kleidung^ Nahrung und Wohnung dienen werde, dieser ihn aber dafur nach abgelaufener Dienstzeit verheiraten miisse, entweder mit der eigenen Tochter oder einem anderen Madchen. Auch in anderen Gegenden Bosniens kommt es vor, dass sich ein Bursche auf 5—10 Jahre gegen Ver- heiratung verdingt. 6. Werbungsehe (isprosi je). Die gewohnlichste Vermahlungsform ist auch in Bosnien und der Hercegovina die durch Werbung abgeschlossene. Diese Form tragt aber noch sehr deirtlich die Kennzeiclien einer Kaufehe an sich. Bevor wir dieselben liervorheben, wollen wir die dabei iiblichen Hochzeitsgebrauche beschreiben. II. Hochzeitsbrauche. A. Bei den Orientalisch-Orthodoxen. 1. Im Dorfe Ljubovo (Bezirk Trebinjc). a) Werbung (prošnja). Hat sich ein Bursche in ein Madchen verliebt, so meldet er seinen Eltern, dass er heiraten will. Alle Mitglieder der Familie halten dann Familienrath, ob sie das Madchen in ihren Kreis aufnehmen sollen. Ent- seheidet man sich fiir die Aufnahme, dann geht der Vater des Burschen, dessen Bruder 10 II. Volkskunde. [ 300 ] oder sonst cin nalier Verwandter oder Freund auf Werbung. Der Werber niramt Geld, einen Apfel und Ring mit. Ist des Madchens Haus in weiter Ferne, so geht er in dasselbe auf Nachtlager. Am Abend verrath er nicht, weshalb er gekommen sei; erst den nachsten Morgen beim Kaffee spridit er zum Starješina (Familienvorstand): „Gestern vvar icb nur Gast (musafir), lieute bin ich der Stari svat (Hauptwerber). Dein Haus haben wir lieb gevvonnen, und deshalb mochten wir mit ihm die engste Freundscliaft schliessenP Will der Starješina den Werber abvveisen, dann antwortet er ihm: „Ich danke Dir, lieber Freund, dass Du Dich in mein Haus bemuht hast; aber bessere Freunde, als wir sind, konnen wir nicht melir werden.“ Ist er jedodi geneigt, das ge- vvorbene Madchen zu geben, gibt er ihm zur Antwort: „Herzlichen Dank Dir selbst, der Du gekommen, wie auch demjenigen, der Dich hieher geschickt hat. Gedulde Dich noch, bis ich mich um Dein Haus erkundigt und mich mit meinen Haus- genossen besprochen habe. Komme an dem und dem Tage wieder.“ Am festgesetzten Tage kommt der Werber mit noch eincm oder zweien Begleitern wieder auf Werbung, eventuell auch zum Heiratsvertrag (ugovor). Nach Erhalt einer giinstigen Antwort verlangt der Hauptvverber (stari svat), dass sich das Madchen zeige. Dieses ldeidet sich in seine schonsten Kleider und erscheint dann vor den Werbern. Der Stari svat steht nun auf, kiisst es auf die Štirne und iibergibt ihm dann den Apfel, den Ring und das Geld, gevvohnlich einen Ducaten. Das Madchen ktisst ihm die Hand, nimmt die Geschenke in Empfang, verneigt und entfernt sich dann. Darauf besprechen die Werber mit dem Domačin, wann die Hochzeit abgehalten und wer Alles geladen werden soli; sie bestimmen auch, was der Domačin des Burschen- hauses ins Madchenhaus geben soli. Friiher war es gebrauchlich, dem Vater des Madchens ein Paar Stiefel, dem altesten Bruder einen Džemadan (Art Weste), jedem Weibe im Hause je ein Paar Papuče (Pantoffel) und den manulichen Kindern je eine Kappe zu geben. Jetzt gibt man dies gevvohnlich in Geld, 20—30 h., je nach Ueber- einkunft. b) Kirchliclie Verkiindigung. Nach dem Ugovor (Heiratsvertrag) meldet man dem Popen die beabsichtigte Vermahlung und bittet ihn, dies der Kirchengemeinde zu verlcunden. c) Hochzeit. Acht Tage vor der Hochzeit geht der Brautigam (mladoženja) oder sonst Jemand aus seinem Hause zur Hochzeit laden. Am Abend vor derselben er- scheinen in des Brautigams Hause die Ilochzeitsfunctionare (svatovi), ein jeder mit seinem Beitrag (prilog): der Eine mit einem Rinde, der Andere mit einem Schafe, der Dritte mit einem Fasse Wein u. s. w. Sobald sich die Svatovi versammelt haben, hisst der Hausherr die Fahne. Noch an diesem Abend vverden unter den Svatovi die einzelnen Idochzeitsfunctionen vertheilt. Zuerst bestimmt der Hausherr den Stari svat (Vorsteher der Svaten) und dann beide die ubrigcn Functioniire. Es miissen sein: der Stari svat und des Stari svat Gehilfe (momak), der Kum und Prikumak, der Djever und Djever- baša, der Prvijenac, der Baijaktar und sein Jamak (Gehilfe), der Domačin, Cauš und Vojvoda. Zum Stari svat wird derjenige vom Stamme (Ljubibratiči) gevvahlt, der die besten Trinkspriiche auszubringen versteht. Hat man dazu keinen geeigneten im eigenen Stamme, so vvahlt man ihn aus einem anderen. Der Stari svat ist der Fiihrer und Vorsteher der Hochzeitsfunctionšire, ihm miissen sich alle anderen unter- ordnen; deshalb vvahlt man auch gevvohnlich den altesten unter den Svatovi zum Stari svat. Der Kum hat die Function des Beistandes oder Trauzeugen auszuiiben. Der Kršteni kum (Taufpathe) ist gevvohnlich auch der Vjenčani kum (Traupathe). Der Prikumak ist der Gehilfe des Kum. Der Djever ist Brautfiihrer und hat als solcher [ 301 ] Lil ek. Vermalilungsbrauche in Bosnien umi der Hercegovina. 11 die Braut aus ihres Bruders Handen in Empfang zu nehmen, sie dann in des Brautigams Haus zu fiihren und d ort so lange zu hiiten, bis er sie dem Brautigam ins Scldafgemach iibergibt. Desbalb wird zum Brautfiihrer in erster Linie des Brautigams jiingerer unverheirateter Bruder gevrahlt; bat er keinen solchen, so kommt der nachste un- verheiratete Vervrandte an die Reihe. Hat man zwei Djever, so lieisst der iiltere Djever-baša (Haupt-djever). Der Djever bat immerfort bei der Braut zu bleiben und sie zu Fusse zu fiihren; der Djever-baša kann sich freier bewegen und darf reiten. Der Prvijenac (der erste vorderste Svat) hat, wie es schon sein Name anzeigt, die Hochzeitsleute zu fiihren und der Erste ins Brauthaus einzutreten, um ihre Ankunft anzumelden. Hat der Brautigam einen Onkel, so ist in erster Linie dieser dazu be- rufen. Der Barjaktar oder Fahnentrsiger muss aus des Brautigams Stamme genommen werden. Der Vojvoda (Herzog, Fiihrer) hat keine besondere Function. Sind wenige Hochzeitsleute, so kann er den Gehilfen des Stari svat und den Cauš ersetzen. Zum Vojvoda wird der jungste Schwiegersohn (zet) im Hause des Brilutigams emvahlt. Der Domačin ist, wie man es schon aus der Bezeichnung herauslesen kann, der Stell- vertreter des Brautigamshauses vor dem Brauthause. Er hat z. B. bei der Uebergabe der Braut die friiher hiefiir stipulirte Summe zu erlegen, die Koffer der Braut von ihren Geschwistern abzukaufen u. dgl. Zum Domačin wird deshalb des Brautigams Vater oder Bruder erwahlt; ist keiner von beiden am Leben, dann wird der nachste Cousin dazu envfthlt. Der Cauš (Diener) hat sich fiir die Reiseverpflegung der Svatovi und um ihre Erheiterung unterwegs, im Braut- und Brautigamshause zu kiimmern. Er triigt einen grossen Stock und schliigt damit an die Hausthore. Der Komordžija hat die Uebertragung der Brautausstattung zu besorgen. Dazu wird in Ljubovo meistens ein Dalmatiner genommen, der die ganze Ausstattung (ruho) auf Maulthiere ladet. Deshalb wird der Komordžija nicht zu den Svatovi gerechnet. Diese miissen sich sowohl im Reden als auch im Handeln anstandig und wiirdevoll benehmen, denn sie sind Herren (gospoda). Am Morgen des Hochzeitstages schmiicken sich die Svatovi mit Blumen und Tlichern; auch die Pferde werden geschmiickt. In die Kleider steclcen sie Schwarz- dorn, insbesonders die jungen Svaten, um gegen Hexen und bose Geister gefeit zu sein. Hierauf ordnet sie der Stari svat: in die Vorderreihe kommt der Prvijenac und Barjaktar, dann er und die Beistande, darauf die Brautfiihrer und der Domačin, der Cauš und Vojvoda. Zuerst schwingt sich der Stari svat aufs Pferd. Dann ruft er den Uebrigen: „Vorwarts! !< zu. Alle steigen auf Commando auf und stellen sich in die bestimmte Reihe. Dann wird unter Gesang und Gewehrsalven im Galopp fort- gesprengt. Aus den Dorfern, die untemegs liegen, bringt man ihnen in glatten Flaschen (buklija) Wein oder Branntwein entgegen. Nachdem die Svatovi getrunken, werfen sie aus Dank Geldstiicke in die Flasche. Sobald sie in der Nahe des Brauthauses angekommen sind, sprengen der Prvijenac und der Gehilfe des Stari svat voraus, um sich den Muštuluk (Botenlohn) zu bolen. Die Manner empfangen sie mit Pocalen (bardaci), die Weiber aber schmiicken sie mit Tiicheln (marame). Die beiden Boten sprengen hierauf wieder zuriick zu der iibrigen Svatengruppe und kommen dann zugleich mit ihr vor dem Brauthause an. Dessen altere Iiausgenossen gehen den Svaten entgegen, begriissen sie und klissen sich mit ihnen aufs Herzlichste ab. Vor dem Brauthause erwartet sie ein Kolo von Madchen und jungen Frauen, allerlei Hochzeitslieder singend. Aus Dank werfen ihnen die Svaten mit Silbermiinzen gespickte Aepfel zu. Sobald Alle vom Pferde gestiegen, schmttckt sie die Snaša (jungste Frau) mit allerhand Blumen, wobei sie 12 II. Volkskunde. [ 302 ] bestrebt ist, ihnen die vom Hanse mitgebracbten Blumen gebeirn zu entwenden, was jedoch ein jeder Svat ans gewissem Aberglauben zu verhiiten trachtet. Hierauf werden die Svaten ins Haus gefuhrt, wo sie zuerst mit Schnaps und Kaffee und dann mit einer opulenten Mahlzeit bewirthet werden. Bei dieser werden die verschiedensten Toaste ausgebracht. Besonders der Dolibaša (der den ersten Sitz an der Tafel einnimmt, liier der Vertreter des Bi’authauses, dem eine gleicbe Rolle zugewiesen ist wie dem Stari svat im Svatengefolge) und der Stari svat wetteifern hierin. Wiirde der Letztere auf die Trinkspriiche des Ersteren keine entsprechenden Erwiderungen finden, so konnte es geschehen, dass die Svaten ohne die Braut abziehen miissten! Nachdem der Dolibaša vor den Stari svat drei volle Pocale gestellt bat, iiberlasst er ihm den Ehren- sitz. Von diesem aus bringt der Stari svat zuerst seine Trinkspriiche auf die jungen Frauen und gesehmiickten Madchen (mlade nevjeste i kitne djevojke), auf die jungen Helden und dann zu Ehren (lottes und der christlichen Religion und Kirche aus. Darauf bringt er den Haupttoast auf das Haupt des Brauthauses aus, der beilaufig folgenden Inbalt bat: „Auf das Gliick und Gedeihen, Kraftige Gesundheit und langes Leben Des Hausherrn und seines Hauses, Seines ganzen Samens und Stammes! Seine Heerde mtige sich vermehren, Sein Pflug vertiefen, Seine Aecker ausbreiten, Seine Weingarten und Saaten Vor Fiille und gottlichem Segen sich beugen! Zur Feier seines Ilauspatrons miige er in Ehren Viele auserwahlte Pathen und Freunde bewirthen! Immerdar sei er ein Gonner der Armen, Die fiir seine Gesundheit beten mogen Und seinen guten Ruf in der Welt verbreiten! Sein hbchster Gedanke sei die Kirche zu besuchen, Dem Gottesdienste beizmvohnen und sich der Todten zu erinnern, Damit sich auch unser Herrgott seiner erinnere Und ihn ins Himmelreich befordere. Was wollen wir weiter? Also auf Dein Wohl, Hausherr! Jeder „junak“ einen „bardak“!“ Nach diesem Trinkspruche bringt der Stari svat nocb einen Toast auf den Doli¬ baša und ilbergibt ihm hiebei den „bardak“, der dann unter den Svaten, begleitet von Trinkspriichen, weiterkreist. Ist er beim Cauš angelangt, so ruft ihm der Stari svat zu: „Bleibe gesund, Cauš! N im m den Pocal sitzend, aber leere ihn stehend! Wer ein Svat, der moge nun auf die Beine!“ Sobald der Ruf zum Aufbruche erschallt ist, bat sich der Domačin der Hochzeits- functionare mit dem Domačin des Brauthauses auszugleichen (namiriti se) und ihm nun den verabredeten Brautpreis — 15—20 fl. — zu erlegen; desgleichen hat er jedes Mitglied des Brauthauses zu beschenken und den Koffer der Braut, auf den sich ihr Bruder gesetzt, von diesem abzukaufen. Vor dem Abmarsche trachtet noch jeder Svat aus dem Brauthause etwas zu entwenden. Nachdem sich die Svaten unter Kiissen von den Hausgenossen der Braut ver- abschiedet haben, setzen sie die Braut auf das Pferd, auf dem der Djever, und ihre [ 303 ] Lilek. Vermahlungsbraucke in Bosnien und der Hercegovina. 13 Aussteuer (ruho) auf das Pferd, auf dem der Komordžija geritten kam. Regnet es, so hiillt man die Braut in einen rothen Mantel ein. Daraufhin ordnen sich die Hochzeits- leute folgendermassen: voran der Prvijenac, der Fabnentrager (barjaktar) und der Ge- hilfe des alten Svat, nach ibnen der alte Svat und der Beistand, liinter diesen die Braut mit dem Brautfiihrer (djever), liinter der Braut der Djeverbaša und nacli diesem der Domačin. Ganz riickwarts gehen die Sclnviegersiihne nacli ihrem Alter, das heisst der friiher geheiratet hat, ist auch der altere dem Ansehen nach. Den ganzen Zug schliesst der Vojvoda. Vom Brauthause aus fiihren die Svaten die Braut zur Trauuug in die Kirche, und zwar in der Richtung gegen Osten, um dann, beim Briiutigamshause angelangt, den Kreis, entsprechend dem scheinbaren Sonnenlaufe (naoposlen), vollendet zu haben. Die ganze Verwandtschaft der Braut begleitet die Svaten einige Schritte weit, nur ihr Bruder oder ein anderer naher mannlicher Verwandter begleitet sie etwas weiter und empfiehlt dann die Braut den Brautfiihrern. Durchs Brautdorf marschirend, trachten die Hochzeitsleute allerlei Schaden anzurichten: sie treiben ihre Pferde iibers Getreide, reissen die Einzaunungen und Mauern nieder u. dgl. Der Brautigam empfangt seine Braut vor der Kirche. Nach der Trauung gelit er wieder allein mit seiner Begleitung nach Hause. Sind die Hochzeitsleute diesem schon nahe gekommen, lauft der Vojvoda voraus, um ihre Ankunft zu melden. Die Hausgenossen empfangen ihn mit einer Flasche Wein und bedecken ihn mit einem Hemde. Nun versammelt sich sofort ein Kolo junger Madchen und Ehefrauen, um die Braut und die Svaten mit Hochzeitsliedern zu empfangen. Auch dieses Kolo wird von den Svaten mit Geld und'Aepfeln beworfen. Sobald die Braut vor des Brautigams Hause angelangt ist, bringt man ihr, bevor sie noch vom Pferde gestiegen ist, ein mannliches Kind, damit sie dann lauter Knaben gebare. Sie dreht das Kind von rechts nach links dreimal im Kreise herum (naoposlen = dem Sonnenlaufe nach) und gibt es dann wieder zuriick. Hierauf bringt man ihr ein Sieb mit Getreide (Moorhirse = sirac). Vom Getreide wirft sie etwas liber die rechte, dann iiber die linke Achsel, hierauf iiber den Kopf und schliesslich den Rest iiber das H aus. Nach Vollendung dieser Ceremonien wird sie vom Pferde gehoben. Jetzt schreitet sie zum vor dem Hause stehenden Wasserfasse (burilo), zieht mit den Zithnen den Seitenstoppel heraus, dass das Wasser bis zum Seitenloch aus- rinnen kann, und opfert dann aufs Fass einen Silbergulden. Vor der Ilaus- schwelle macht sie drei Verbeugungen und legt dann auf die Thurschwellen und Thiirpfosten kreuzweise einige Geldstiicke oder schlagt nur mit der rechten Hand auf den rechten Thiirpfosten und die obere Thiirschwelle. Dann tritt sie ins Haus und geht zu allererst zum Hausherd, wo sie ebenfalls opfert. Hierauf kiisst sie dem Schwiegervater, der Schwiegermutter und den anderen alteren Hausbewohnern die Hiinde, der Jugend dagegen das Gesicht. Das Iiochzeitsmahl (gozba) dauert gewohnlich drei Tage. Den nachsten Tag vor dem Mittagessen fiihren die Brautfiihrer die „Junge“ (mlada) vor die Svaten und Giiste, damit sie ihnen Wasser auf die Hiinde giesse und diese sie dafiir beschenken. Die Mlada hiilt den Ibrik mit dem Wasser, ein Djever das kupferne Waschbecken (legen), der zvreite das Handtuch und einen Blumenstrauss. Zu allererst giesst sie den Svaten und dann den Uebrigen nach der Reihe. Jeder, der sich wascht, hat ihr Geld- miinzen, einen Ducaten, eine Krone u. dgl. ins Waschbecken zu werfen. Diese Geschenke gehoren der Mlada und heissen „Gussgeld“ (poljevačina). Wer immer zum Hochzeits- schmause kommt, hat sich begiessen zu lassen und die Mlada zu beschenken. Die II. Volkskunde. 14 [ 304 ] Alten waschen sich mit diesem Wasser, damit sie sich verjiingen, die Burschen und Mžidchen, damit sie sich friiher verheiraten mochten. Am dritten Tage, wenn sich die Svaten nach Hause begeben, beschenht sie die Mlada: den einen mit einem Hemde, den anderen mit einer Gattie, den dritten mit Striimpfen, den vierten mit einem gestickten Tiichel u. s. w., und kiisst einem jeden dabei die Hand, wofur sich die Svaten wieder mit Geldgeschenken erkenntlich zeigen. Einige Tage nach dem Hochzeitsschmause geht die Mlada zu allen Svaten zu Gaste. Die „weibliche Hochzeit“ (ženska svadba) dauert jedoch nur einen Tag, und auf ihr geht es nicht so heiter zu wie auf der mannlichen. d) Besuche (pohodi). Nach der Hochzeit folgen die gegenseitigen Besuche der verschwagerten Familien. Damit hat das Haus der Mlada zu beginnen. Hat sie nocli Vater und Mutter, miissen diese kommen, sonst ihr Bruder mit seiner Frau. Der Besuch wird immer einige Tage friiher angemeldet, damit sich die „prijatelji“ (die Hausgenossen des Ehegemahls der Mlada) zum Empfange vorbereiten kiinnen. Folgt bald auf die Hochzeit die Feier des Hauspatrons (krsno ime), so wird man an diesem Tage auf Besuch gehen, um dem verschwagerten Hause die Extraausgaben zu ersparen. Die Besuchenden nehmen mit: ein gebratenes Schaf, roben, geraucherten Schinken, Moor- hirse, Kaše, Reis, Mehlbackerei (pogače), einen Schlauch Wein, Schnaps und Salz. 1 ) An Kleidern nimmt man fiir die Weiber je ein Hemd, eine „krpa“ (das von der Kappe herabhangende Zeug), einen Jaglult und Seife mit; fiir die Manner ebenfalls Hemden, Fusssocken oder „nazuke“ (kurze, buntgestickte Uebersocken). Auch die Besucher aus des Brautigams Hause nehmen Geschenke mit, aber nicht in solcher Auswahl. Mit der Mlada geht ihr Schwiegervater oder ihr Brautfiihrer ins Elternhaus auf Besuch, aber keinesfalls ihr Ehegemahl. Dieser geht in die „tazbina“ (Haus seiner Frau) erst nach einem Jahre, und bei dieser Gelegenheit hat er alle Hausgenossen zu besclienken, hesonders aber die Schwiegermutter. Auf Besuch bleibt man ge- wohnlich 5—6 Tage. 3. In Medna und Umgebung (Bezirlt Varcar-Vakuf, Bosnicn). a) Werbung. Wollen die Eltorn fiir ihren Sohn ein Madchen werben, so ziehen sie bei dessen Eltern durch einen Verwandten zu allererst Erkundigung ein, ob diese damit einverstanden sind. Im bejahenden Falle geht des Burschen Vater mit nocli einem Verwandten oder Nachbar auf die Werbung, und zwar geheim, damit ihnen Niemand friiher das Madchen wegfische. Die "VVerber nehmen einen Schlauch Branntvrein, ein gebratenes Schaf und anderes Essen mit. Dem geworbenen Madchen wird sofort der Verlobungsring angesteckt. Neben dem Ringe wird es noch mit einem Apfel und mit Geld — 10—15 fl. — beschenkt. Desgleichen werden auch alle Kinder und Weiber im Hause mit Geschenken bedacht. Nach der Werbung wird die Verlobung gefeiert. b) Hochzeit. Fiir die Heimfiihrung der Braut werden hier folgende Svaten bestimmt: der Kum und Prikumak, Stari svat, Vojvoda, Djever und Cauš. Diese versammeln sich auch hier am Vorabende zum Hochzeitstage in des Brautigams Hause. Den nachsten Morgen zieht des Burschen Vater mit den Svaten zu Pferde um die Braut. Diese schmiicken sich hier folgendermassen: an den Saruk (das um den Fez gevvundene weisse Leinwand- oder Wollenstiick) heften sie noch einen kleinen vveissen Lappen (rida), dann drei wollene Flecken in rother, blauer und weisser Farbe. Ueber die Ohren ‘) Heutisutage wercien Kleiniglceiten, wie Salz, Reis etc., gewiihnlicli nicht inehr mitgenommeu. [305] Lil ek. Vermahlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 15 hangen sie ein zusammengebundenes Kukuruzstritzelpaar, iiber die rechte Acbsel einen Kranz von Niissen, getrockneten Aepfeln oder Birnen u. dgl. Auch jedem Pferde wird an den Zanm ein weisses Tiichel gebunden. Filr die Braut nimmt des Burschen Vater einen ganzen neuen Anzng mit, um sie zu iiberziehen; ferner noch Speisen und Getranke. Im Brautbause wird dann die ganze Nacht gegessen, getrunken, gesungen, getanzt u. dgl. Beim Morgengrauen hat sich die Braut reisefertig zu machen und sich von ihren Eltern, Yerwandten und Bekannten zu verabschieden, ihr Vater aber sich mit des Burschen Vater zu vergleichen (pomiriti se). Der Brautpreis richtet sich aucli hier nach dem Werthe der Ausstattung und betragt 40—-100 fl. Des Brautigams Vater beschenkt wie auf derWerbung so auch jetzt alle Kinder und Weiber im Brauthause. Daraufhin wird die Braut vom altesten Bruder oder j enem Bruder, den sie am liebsten hat, den S vaten zugeftlhrt; dafiir bekommt er ein Trinkgeld (rušvet) im Betrage von 5—10 fl. Diesen „rušvet“ bekommt auch derjenige, der das Madchen ruft. Werden die Koffer mit der Ausstattung zum Aufladen bereitet, setzt sich die Schwester der Braut auf dieselben und verlangt ein Losegeld dafiir; sind sie bereits auf die Pferde gepackt, ergreift sie die Ziigel und verlangt ein ziveites Losegeld. Hat die Braut keine Schwester, dann wird dieses Losegeld vom nachstverwandten Madchen begehrt. Nachdem sich die Svaten vom Brautvater und seinem Hause aufs Herzlichste ver- abschiedet haben, begeben sie sich mit der Braut zum Hause des Brautigams. Unter- wegs gehen sie von Haus zu Idaus, und wen immer sie finden, dem credenzen sie Schnaps; ebenso Jedem, dem sie auf dem Wege begegnen. Sobald sie vor dem Hause des Brautigams angekommen sind, bringt man der Braut ein mannliches Kind aufs Pferd (nakonjče). Nachdem die Braut vom Pferde gestiegen, nimmt sie einen mit Geldstiicken bespickten Apfel und wirft ihn liber das Plaus. Daraufhin bringt ihr die Schwiegermutter ein Sieb mit Ge r st e, das die Braut iiber sich zu werfen hat. Hernach macht sie vor der Hausschwelle drei Verbeugungen, kiisst die Schwelle und legt einige Geldstiicke darauf. Sobald sie ins Haus getreten, schreitet sie zum Iierde, wo sie von der Schwiegermutter erwartet wird; diese hat sie zu kiissen und ihr aus dem Munde einige „Sechserln“ (Zehnkreuzerstiicke) zu geben. Nach Vollendung ali’ dessen wird der Pope ins Haus gerufen, damit er die Trauung vornehme; in neuerer Zeit begibt man sich schon gewohnlich in die Kirche zur Trauung. Die aus Haselstauden verfertigten Kreuze werden mit rother Seide oder mit rothen Woll- faden zusammengebunden. Nach der Trauung wird der Tisch gedeckt. Zu allererst vverden Speisen und Getranke des Brauthauses aufgetragen. Nachdem das Getriinke des Domačin zwei-, dreimal die Runde gemacht hat, werden die Speisen und Getranke des Kum, Stari svat, Prikumalc, Vojvoda und aller tibrigen Svaten der Reihe nach auf den Tisch gesetzt. Der Schnapsbardak des Kum ist mit einem Kranz Aepfel und Feigen und einem Zuckerhut geschmtickt. Nun stelit der Čauš auf, nimmt den vom Kum gespendeten Laib und halt einen witzigen, wo m ogli eh gereimten Trinkspruch, in dem er dem Kum ftir seine Gabe einen grossen Heerden- und Grundbesitz, eine reichliche Ernte und mannliche Nach- kommenschaft, viele Pathen und Freunde und die Vernichtung aller seiner Feinde vviinscht. 1 ) ’) Im Original: „Evo došo pošteni kum — pomogo ga Bog! — i donio čuruke pečene, buklije na- livene. Širokijem putem došo, a širijem otišo! Koliko mu bilo u ovome bijelome hljebu zrna Senice, toliko mu Bog dao ovnova vilaša, jaraca rogaša, vranijeli konja i plavijeli volova! Izoro svoje plave voke Band Tli. 21 16 II. Volltskunde. [ 306 ] Nachdem der Čauš den Trinksprueh beendet, bricht er den Laib und gibt ein Viertel davori dem Kum, das zweite Viertel der Domacica (dieses nimmt dann ge- wohnlich der Pope mit nacb Hause) und legt die andere Halfte auf den Tisch. Ebenso macht er es mit den Beitragen der ubrigen Svaten und erwahnt dabei jedesmal mit einigen Scherzworten, von wem der Beitrag herriihrt. Hernach nimmt er einen oben mit einer scbilsselartigen Vertiefung versehenen Brotlaib und sammelt darauf flir die Braut die „poljevačina“, und zwar zuerst von den Svaten und dann von den Gasten. Schliesslich folgt die Beschenkung der Svaten und Gaste von Seite der Braut. Plat Jemand beim Absammeln des „Gussgeldes“ weniger gegeben, als er im Verhaltniss zu dem von der Braut ihm zugetheilten Geschenke hatte geben sollen, so wirft er nachtragljch Geldstucke in ein Glas Wein und bietet es der Mlada an; diese lasst den Wein vom nachsten Naclibar austrinken, das Geld aber nimmt sie fur sich. Nach Beendigung ali’ dieser Ceremonien wird bis in die Nacht hinein weiter gegessen und getrunken. Ueber die Nacht bleiben nur die Hauptsvaten; den nachsten Tag verlassen aucli sie das Haus des Brautigams, und damit ist die Hochzeit zu Ende. c) Besuche. Einige Tage nach der Hochzeit geht die Mlada mit ihrer Schwieger- mutter ins Elternhaus auf Besuch. Die Schwiegermutter nimmt fiir alle Hausgenossen, selbst fiirs kleinste Kind, Geschenke mit, ferner noch Speisen und eine Flasche Schnaps. Auf die gleiche Weise kommt dann die Mutter der Mlada mit noch einem Weibe zu ihrer Tochter und ihren „Freunden“ auf Besuch. Nach Beendigung dieser wechsel- seitigen Besuche geht die Mlada in Begleitung einer Frauensperson aus dem Hause zum Kum und zur Kuma mit Esswaaren, einer Flasche Schnaps und Geschenken, wo- moglich fiir alle Hausgenossen, sonst aber wenigstens fiir die Mitglieder der Familie des Kum. Nach einiger Zeit erwidert ihr die Kuma ebenfalls in Begleitung eines Weibes den Besuch. Dem Kum wird sie ein Jahr hindurch bei jeder Zusammenkunft irgend ein Geschenk geben: gestickte Socken, Uebersocken, Opanken u. dgl. Der Schwiegersohn geht das erste Jahr nicht zu seiner Schwiegermutter auf Besuch. 3. Dorfhochzeitsbrauclie in den Bczirken Petrovac, Prijedor, Vlascnica, Maglivj, Gračanica nnd Foča. Um unnothige Wiederholungen zu vermeiden, wollen wir nun, da wir bereits zwei Typen einer Dorfhochzeit beschrieben haben, und zwar einen Typus aus der Hercego¬ vina und einen aus Bosnien, aus den oben angegebenen Bezirken nur jene Briiuche hervorheben, die uns etwas Neues, Unterschiedliches und Wichtiges liefern. 1. Im Dorfe Bastaši (Bezirk Petrovac) ist es iiblich, dass der Bursche mit seinem Vater „auf Schau‘ ! (na zagled) geht, wenn man das Madchen und seine Familie nicht rano ranedi i Bogu se moledi, o rudi duge i široke luke! Rodila mu šeniea bjelica, po dnu bila busata, a po vrhu klasata, po srijedi modra, a po vrhu rodna! Bila mu strnjika kolik podraška vrljika, snopina kolik popina, a zrno kolik brdo! Koliko mu bilo na ovome hljebu pisova, toliko mu bilo sinova, a koliko mu bilo šara, toliko mu bilo snaha, pa se s njima ponosio kao žarko sunce na istoku Ijetnom vrudinom, kao mjesec zimnom vedrinom, kao junak na ravnu polju, a na vranu konju! Zlatnijem se štitom zaštitio, na plecima mu durak, a na glavi kalpak! Sto de njemu durak i kalpak? Kad mu treba ploska i nadžak; plosku piti i nadžakom se biti. Ko nam bio zlotvor, ubio ga Gospod svojom strijelom kroz kost, odletio na otur kao kolo na kotur niza sanske lugove da pokupi dugove! Ni dugova naplatio, ni se amo povratio, ved ga srela voda i ne¬ zgoda: ozdo Sana, a ozgo Strana! Niti mogao dolje od Sane, niti gore od Strane, ni u zemlju od plode, ni u nebo od draže, ved se popeo na jedan veliki hrast, pa ulomio vrat; niz hrast sletio, pa u karnis uletio i u luti noge prekrstio i tu mu široko rnjesto bilo!“ [307] Lil ek. Vermalilungsbrauche in Bosnien nnd der Hercegovina. 17 naher kennt. Gedenkt der Vater dem Werber seine Tochter abzuschlagen, dann wird er den ihm vom Werber angebotenen Sehnapstrunk zuriickweisen. Idier ist der Fahnentrager der Spassmacher, der auch zugleich die Stelle des Vojvoda und Cauš zu versehen bat. Die Braut wird bei ihrer Wegfiihrung aus dem Elternhause in einen Man tel gehtillt. Bei ibrer Ankunft vor dem Iiause des Brautigams wird ibr unter Anderem aucb eine Feuerschaufel aufs Pferd gebracht, welcbe sie iibers Haus zu werfen hat. Ins Haus trachtet sie zuerst mit dem recbten Fusse zu schreiten. Bei der dreimaligen Umgebung des Iderdes verneigt sie sich fortwahrend gegen denselben. Ebenso verneigt sie sicli bei der Begriissung mit des Brautigams Iiausgenossen vor jedem alteren Weibe und allen mannlicben Inwohnern vom siebenten Jahre an- Wahrend des Hocbzeitsscbmauses scblachten die Svaten nach ilirem Belieben vom Gefliigel und den Hausthieren des Brautigamshauses. Werden die Brautleute ins Scblafgemach gefiihrt, beginnt die Dorfjugend auf dem Dache herumzuschlagen, larmt und lieult um das Schlafgemach wie Wolfe, weshalb man sie aucb so nennt (vukovi). Den nachsten Morgen, beilaufig um 9 Uhr, kommt die Mlada mit dem Brautfiihrer, um Alle nach der Reihe zu kammen und dafiir mit Geldgeschenken belobnt zu werden. 2. In den Dorfern im Bezirke Prijedor balt man zwischen dem „zagled“ (Braut- schau) und der „svadba“ (Hochžeit) die „prošnja" (Werbung) und die ,,jabuka“ (Apfel, Gescbenk). Auf der Werbung gibt des Brautigams Vater dem Madchen, falls sie der Ehe mit seinem Sohne zustimmt, das „obilježje“ (Unterpfand, Leihkauf); zugleich bestimmt das Madchen, wie viel er ihr zum „Geschenke“ (jabuka) bringen muss. Nacbdem sich der Vater hieftir vorbereitet bat, geht er zur zweiten Zusammenkunft, auf die „jabuka“ und gibt dem Madchen die geforderte Summe —• 20—100 fl. — die ebenfalls „jabuka“ = Apfel, Gescbenk, lieisst. Um die Braut ziehen die Svaten mit des Brautigams Vater gegen Abend, je nach der Entfernung, und verbleiben im Brauthause bis zum nachsten Sonnenaufgang. Da spricbt der Hausvorstand zum Vater des Brautigams: „Mit der Sonne komme uns jegliches Gliick! Sie geht schon auf, die Svaten bereiten sicli schon zum Abmarsch, und wir haben uns noch immer nicht ausgegliclien“ (pomirili se nijesmo). „Nun, wie viel verlangst Du?“ Der Brautvater begebrt beilaufig einen so grossen „mir“, als die Tochter sub titulo „jabuka“ genommen bat. Sobald das „Friedensgeld“ gezahlt ist, stelien die beiden Vater auf, lciissen sich und sprechen sich das erste Mal als „Freunde“ (prijatelji) an. Die Trauung findet in des Brautigams Hause statt. Vierzebn Tage nach der Hochžeit geht die Familie der Mlada in deren neues Heim auf Besuch. Nacbdem sie Alles in reichlichem Masse fttr die Bewirthung und Bescbenkung der Freunde vorbereitet hat, geht sie zu ihnen aufs Nacbtmabl. Bis zum Sonnenaufgange lsst man von des Hausvorstandes Speisen und trinkt von seinen Getranken; sobald aber die Sonne aufgegangen, werden alle Speisen und Getriinke der Heimischen vom Tische geschafft und darauf die Speisen und Getranke der Ankommlinge gestelit. Nun setzen sich die Heimischen, und die Fremden bewirthen sie; das dauert so bis zum Sonnen- untergange. Jetzt werden die Geschenke vertlieilt. Alles, was im Hause lebt, muss ein Geschenk bekommen, ja selbst den Hiihnern, IPunden und dem librigen Vieh muss irgend ein Futter vorgeworfen vrerden. 3. Im Bezirke Vlasenica. Heben sich die Svaten vom Hochzeitstische im Braut¬ hause, so legt jeder von ihnen ein Geldgeschenk auf denTisch. Im Hause des Brautigams bringt die Stopanica (Hausfrau, Kochin), bevor noch die Svaten und Gaste auseinander- gehen, eine „kutlača“ (grossen Schopfloffel) auf den Tisch, in die jeder sein Trink- geld fttr die Bedienung zu werfen hat. Die Braut darf sich auf ihrem Wege 21 * vom 18 II. Volkskunde. [ 308 ] Elternhause ins Plaus des Brautigams nicht umsehen. Vierzig Tage nach der Trauung hat sie sich vor Jedem, selbst vor einem kleinen Kinde, das erst zu gehen begonnen hat, zu verneigen, alteren Mannern und Weibern auch zugleich die H and e zn kiissen. Beim Abmarsche der Svaten aus dem Brauthause bringen ihnen die Weiber Tiichel und Liiffel; die ersteren binden sie den Pferden an den Zaum, die letzteren den Svaten auf die Kappen als Schutz gegen bose Geister und Hexen. Am weitesten begleitet der Bruder die Brautschwester; bei der Uebergabe derselben an den Brautfuhrer belcommt er von diesem einen Ducaten. 4. In den Bezirken Maglaj und Gračanica. Das Essen und Trinken, das der Werber ins Madchenhaus mitnimmt, lieisst bier „poštenje“ (Ehre) und der Ring „jabuka“. Will man den Werber abweisen, so wird man von ihm nicht einmal Tabak und Ziind- hčilzchen annehmen, der Werber hingegen wird seinerseits im Mtidchenhause weder nachtmahlen noch tibernachten wollen. Die Braut wird vor der Heimfiihrung vorn Brautfuhrer dreimal um den Elternherd gefilhrt und hat da einige Geld- stiicke zu opfern. Beim Abmarsche aus dem Brauthause beschenken die Svaten nicht nur die Hausgenossen der Braut, sondern auch die Dorfgenossen. Nach Voll- fiihrung der Ceremonien vor und im Hause des Brautigams wird die Braut vom Braut¬ fuhrer in die fiir die Brautleute bestimmte „hudžera“ gefilhrt und dort von ihm bis zur Trauung behiitet. Zur Trauung werden hier Kranze von jungen Zwetschken- zweigen verwendet. Nach der Hochzeit muss sicli die Mlada vor jedem mannlichen uber 12 Jahre alten Bewohner verbeugen, wie sie ihn das erste Mal sieht oder ihm begegnet; bei dieser Gelegenheit hat sie Jeder zu beschenken. Zwei, drei Monate nach der Hochzeit ladet der Schvviegervater der Mlada ihre Eltern zu einem Fest- essen ein (pozivanje prijatelja na čast), das einen oder zwei Tage dauert. 5. Im Bezirke Foča. Nach der Trauung hat die Mlada allen anwesenden alteren Leuten Hand, Brust und Knie zu kiissen. Das Gleiclie hat sie zu thun, wenn auf den Kum oder einen alteren angeseheneren Gast toastirt wird, oder wenn sie bemerkt, dass der Kum steht oder von einem Platze zum andern geht. Das Trinkgeld fiir die Bereitung des Mahles wird hier gelegentlich des Kaffeecredenzens in den Fildžan (die Kaffeetasse) gegeben. Gaste, die Nachmittags nach Ilause gehen, begleitet die Mlada mit dem Djever und dem Čauš eine ziemliche Strecke weit und bekommt dafiir das sogenannte „Begleitgeld“ (ispratnja). Von den Svaten und Giisten verlasst der Kum als Letzter das Hochzeitshaus. Einige Tage nach der Hochzeit geht die Mlada zu ihm „auf die Hande“ (na ruke); der Kum hat seine Kuma aufs Schonste aufzu- nehmen. 4. Stadtliochzeit in Sarajevo. 1. Kleine Werbung oder Besprechung (mala prošnja oder dogovor). Auf die kleine Werbung schiclct des Burschen Vater entweder einen seiner nachsten Ver- wandten oder einen „provodadžija“ (einen, der sich mit dem Werben abgibt). Sind die Eltern des Madchens mit der Verheiratung einverstanden, wird auf der kleinen Werbung sofort der Tag fiir die offentliche grosse Werbung bestimmt; diese findet gewohnlich Montag oder Donnerstag statt. 2. Oeffentliche Werbung oder „prsten“. Auf die offentliche Werbung geht des Burschen Vater selbst; mit ihr ist auch zugleich die Verlobung durch feierliche Ueber¬ gabe des Ringes (prsten) verbunden, weshalb man diesen Act und auch die Werbung selbst ganz kurz „prsten“, den Ring nennt. Nachdem sich in des Madchens Hause ihre ganze Verwandtscliaft versammelt hat, treten der Vater des Madchens und des Burschen [309] Lil ek. Vermahhmgsbrfiuche in Bosnien und der Hercegovina. 19 vor die Heiligenbilder, verrichten da einige Gebete, ktlssen zuerst die Bil der und wechseln dann zum Schlusse untereinander Kiisse. Hierauf holt des Bursclien Vater den King und andere Geschenke 1 ) hervor und iibergibt sie dem Vater des Madchens, damit er sie ihr iibergebe. Nachdem das M&dchen dies Alles in Empfang genommen bat, kiisst sie dem Vater des Werbers, ihren Eltern und allen alteren Anwesenden die Hande und verlasst hierauf sofort das Zimmer, um fiir des Brautigams Familie Gegen- geschenke vorzubereiten. 3. „Bokaruše“. Am Sonntag vor der Trauung iindet im Madchenhause ein Weiber- fest (žensko veselje) statt, welches ^okaruše'' heisst. Der Name der Unterhaltung riihrt von „bokara“ (Kanne) her. Ungefahr vor 20—30 Jahren war es namlich in Sarajevo Brauch, dass eine jede an dieser Unterhaltung theilnebmende Frau ein Flaschchen Wein, Schnaps oder Liqueur mitbrachte und diesen ihren Beitrag an Getranke in eigens hiefiir bestimmte Kannen = „bokare“ ausgoss, aus denen dann den Frauen und tibrigen versammelten Gasten eredenzt wurde. Auf die „bokaruše“ kommen nicht nur Frauen aus des Madchens Venvandtschaft, sondern auch aus der Nachbarschaft; aber eine jede hat der Braut ein Geschenk zu bringen, welches dann allen Anwesenden gezeigt wird. Auch die Djevers kommen mit Geschenken. Vor ilmen schreitet der Čauš einher und tragt auf einer mit einem diinnen Schleier verdeckten Tasse eine Papierdiite mit Zucker und einem Ducaten, ferner schon gestickte Brautschuhe und Pomeranzen. Sobald sie im Brauthause angekommen s in d, holt der Bruder seine Brautschwester und fiihrt sie vor die Djever, damit sie von ihnen mit den Brautschuhen und dem Ducaten beschenkt werde; das Zuckerwerk und die Pomeranzen werden gewohnlich unter die Frauen fiir ihre Kinder vertheilt. Am Abend kommen auch Manner zur Unterhaltung, und so dauert das Freudenfest oft tief in die Nacht hinein. 4. In Sarajevo findet die Trauung noch manchmal in der Nacht statt, so wie es unter der tiirkischen Herrschaft die Hegel war. Die Svaten erwartet am Hausthore der Brautvater mit seinen Briidern, in den Zimmern aber ein Kolo junger Frauen und Madchen, IPochzeitslieder singend. Beilaufig um 2 Uhr Friih erhebt sich Alles. Da stellt sich der rechte (desni) Djever vor die Braut, faltet ihr die Hande, nimmt den Trauring und bekreuzt ihr damit dreimal die Hande; hierauf schiittet er iiber sie aus einer Papierdiite Bonbons und Geldstiicke. Nach Vollendung dieser Ceremonie ordnet sich der Hochzeitszug zum Kirchgang. Voran geht der Schwie- gervater der Braut mit dem Kum und anderen Svaten, nach ihnen die Brautfuhrer mit der Braut und anderen Theilnehmern. Die Braut geht gegen den Osten zur Kirche, der Brautigam aber gegen den Westen. Nach der Trauung zieht man in des Brautigams Plaus, wo der „pilav“ (Hochzeitsmahl) abgehalten wird. Auch in Sarajevo kiisst noch die Mlada den Herd und opfert dort. 5. Der Schwiegersohn geht zur Schwiegermutter auf Besuch (zet u pu¬ li ice). Einige Tage nach der Hochzeit wird der Schwiegersohn von seiner Schwieger- mutter auf Besuch eingeladen. Bei der Gelegenheit nimmt er fiir alle ihre Hausgenossen Geschenke mit. Spiiter ladet des Brautigams Vater die ganze Familie der Mlada auf Besuch (u pohode) ein. B. Bei den Katlioliken. Da eine bosnische katholisclie Hochzeit lciirzlich in diesen Mittheilungen beschrieben worden ist (Bd. VI, S. 633), konnen wir uns hier unter Hervorhebung der besonderen J ) In fruherer Zeit gaben Eeicliere 11—51 Ducaten oder „Magjarien“. 20 II. Volkskunde. [ 310 ] imel fiir clie Bevveisfiihrung der Allgemeinheit eines Brauches vvichtigen Merkmale mit kiirzeren Angaben uber die Hochzeitsbranche an der dalmatinischen Grenze, in Varcar- Vakuf,. in Dolac bei Travnik, in Vareš und Kreševo begniigen. 1. Audi die Katholiken an der dalmatinischen Grenze unterscheiden die kleine und grosse Werbung. Auf die kleine Werbung geht des Burschen Vater mit einem Geschenke fiir das zu werbende Madchen, wofiir er von ihm ein Gegengeschenk, besteliend in einer schon gestickten Marama oder in einem Hemde oder einer Gattie, erhiilt, wenn seine Werbung gegliickt ist. Hierauf wird zwischen dem Werber, der hier gew6hnlich „upovornik“ heisst, und dem Vater des Mlidchens bestimmt, wann die grosse Werbung stattfinden und wie viel Geld oder wie viel Okas Aepfel, Niisse und Feigen, wie viel Wein und Schnaps, wie viel Kaše und Fleisch, wie viel Fichtenspahne oder Kerzen, wie viel Liiffel etc. der Werber mitzubringen hat. Diesbeziiglich sagt man hier ganz kurz: „Alles, was Du essen und worauf Du Dich setzen willst.“ Auf die grosse Werbung kleidet sich der Werber (regelmiissig der Vater des Burschen) in seine schonsten Kleider und bewatfnet sich mit einer Flinte und einem Handžar. Fiir das Madchen tragt er einen Apfel, einen Ring und einige Ducaten mit, wofiir er von der Braut abermals ein Gegengeschenk erhalt, diesmal nicht nur fiir sich, sondern auch fiir sein Weib. Kommen die Svaten vor das Brauthaus um die Braut, so sperrt man ihnen das Hausthor vor der Nase zu. Nun steigen der Kum und der Djever vom Pferde und be- gehren unter Klopfen an das Hausthor Einlass. „Was sucht Ihr hier?“ fragen sie die Imvohner. „Wir haben ein Schaf verloren, und man hat uns gesagt, dass es sich bei Euch befinde.“ „Ist es das?“ fragen die Imvohner unter Vorfiilirung eines alten Weibes. „Nein, gebt uns ein anderes!“ Nun fiihrt man ihnen ein anderes, vvomoglich hassliches Weib vor, und erst nach diesem zeigt man ihnen die Braut. Bei ihrem Anblick ruft der Kum: „Das ist die Richtige!“ „Ja, das ist Alles recht schon, aber zahle uns zuerst fiir ihre Behiitung das „Hirtengeld“ (čobanija)!“ envidern ihm die Imvohner. Nachdem der Kum diesen einige Geldmiinzen zugeworfen hat, wird ihm die Braut ausgefolgt und von ihm dem Djever iibergeben. Nach der Trauung in der Kirche begibt sich der Hochzeitszug ins Brauthaus zum Hochzeitsmahl (ručak); nur der Brautigam kehrt in sein Iiaus zuriick und kommt erst dann, wenn es Zeit ist, die Braut wegzufiihren. Bei der Gelegenheit ervvartet ihn einer der Svaten mit einem Humpen Wein, von dem er etwas zu nippen, das Uebrige aber liber sich zu schiitten hat. Daraufhin geht er zur Schvviegermutter, kiisst ihr die Hand, dankt ihr fiir die Mutter und uberreicht ihr einen mit Geldmiinzen besteekten Apfel, wofiir sie ihn mit einem rothen Giirtel oder einem Handtuch beschenkt. Die Schvviigerinnen und Genossinnen der Braut bestreuen ihn mit Blumen, er aber sie mit Geldstiicken. Nachmittags erfolgt die Heimfiihrung der Braut ins Haus des Brautigams, wo man vor Sonnenuntergang anzulangen trachten muss. Da erwartet die Brautleute ein Miidchenkolo, in welches die Braut Niisse, Feigen, Bonbons etc., der Brautigam aber Geldmiinzen wirft. Nun bringt ein Weib der Braut ein Ki n d, das sie dreimal im Kreise umdreht. Daraufhin gibt man ihr drei Aepfel, bespickt mit Geldmiinzen, die sie der Reihe nach iibers Plaus zu vverfen hat. Sodann kiisst sie die obere Thiirschivelle, steigt vom Pferde und kiisst auch die untere, tritt dann mit dem Djever ins Haus und kiisst da dem Domačin und der Domačina die Hiinde. Nach Vollfiihrung der Empfangs- und Einsiedlungsceremonien setzt man sich zum Nachtmahl. [ 311 ] Lilek. Vermitlilungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 21 Einige Zeit darauf steht der Stari svat auf und spridit: „Hausherr! wir konnen noch weiter trinken und uns weiter unterhalten, aber die Jungen sollen sclilafen gehen.“ Sofort erheben sich der Kum und Djever, um die Brautleute in ihr Schlafgemach zu fiihren. Diese verabschieden sich von den HochzeitsgSsten, sie zugleich um ihren Segen bittend. Wahrend dem verkriecht sich der Cauš mit irgend einem Blechstiick ins Schlafgemach, schliesst sich da ein und schlagt aus allen Leibeskraften auf das Blech los, um ja nicht die Rufe des Kum und Djever vor der Thiir zu boren. Endlich nach vielen grobvvitzigen Fragen und Repliken und nach Erhalt eines Losegeldes von Seite des Domačin offnet er das Schlafgemach. Den nachsten Morgen nimmt die Mlada reines Wasser und ein reines Handtuch, um die Svaten zu waschen, woftir ihr ein jeder ins Wasser ein Geldgeschenk wirft. Hierauf geht sie auch in die Nachbarschaft und wird auch da fiir ihre Arbeit mit Geldgeschenken bedacht. Auf den letzten Hochzeitstag ladet der Hausvorstand auch diejenigen Nachbarn, Verwandten und Freunde ein, die friiher nicht geladen vverden konnten. Zu diesem letzten „ručak“ steuern auch die Svaten und geladenen Gaste bei, so dass es auf allgemeine Unkosten abgehalten wird. Zum Schlusse vertheilt die Mlada den Svaten die Geschenke auf die Schulter, don Gasten aber auf die Hande, wofiir sie von Jedem wieder ein Gegengeschenk erhalt. 2. In Varcar-Vakuf heisst der Werber ebenfalls „ugovornik“. Auf die kleine Wer- bung geht man mit einer Flasche Schnaps und einem Ring, auf die grosse aber mit 10. bis 20 Oka (manchmal auch mehr) Schnaps, einem gebratenen Lamme, einer „pogača“ etc., ferner noch mit Ess- und Trinkgeschirr, mit einem geldbespickten Apfel fiir die Braut und — mit des Pfarrers Erlaubnissschein (cedulja). Zwei, drei Tage nach der Werbung findet die Verlobung beim Pfarrer statt. Wer von den Verlobten nach derselben zuriicktreten wiirde, miisste alle bisherigen Unkosten der Gegenpartei tragen. Am Sonntag der ersten Verkiindigung kommen alle Nachbarn und Bekannten ins Haus des Brautigams auf „šerbe“ (eigentlich Methtrank). Den zvveiten Sonntag findet in des Madchens Hause ein Fest statt. Da kommen die „ugovornici“ (Werber, Vertragschliesser) mit einem reichen nationalen Anzug und Schmuck fiir die Braut, in den sie sich vor ihnen zu kleiden und mit dem sie sich sofort zu schmucken bat. Zugleich mit den Ugovornici kommen auch die „svilarice“, d. i. Weiber und Madchen, die der Braut Seidenstoffe (svila = Seide) und einige Drachmen Gold mitbringen. Den Mannern wird ein jjboščaluk 1 ' (d. i. ein Hemd, eine Gattie, zwei Hand- und Sacktiicher, was Alles in eine „bošča“ = Wickeltuch eingewickelt wird), den Weibern je ein Hemd oder ein Paar Striimpfe als Gegengeschenk gegeben. Jeder von der Braut Beschenkte erwidert ihr mit einem Geldgeschenke. Kommen die Svaten um die Braut, vverden sie auch hier wie an der dalmatinischen Grenze durch Vorfiihrung eines anderen Madchens oder Weibes geneckt. Erst nachdem dieses mit einem Geschenke erfreut worden ist, erscheint die Braut, gefuhrt entweder von ihrer Schwester oder der Nevjesta (jiingstes Eheweib in der Hausgenossenschaft). Nachdem sie allen Svaten die Hand gekiisst, stellt sie sich zum Kum, der dann ausruft: „Wir haben bereits bekommen, was wir gesucht!“ Beim Weggehen werden die Svaten von den Hausgenossen der Braut und ebenso von ihren Nachbarn mit Geflugel etc. beschenkt. Bei ihrer Einsiedlung in des Brautigams Haus pflegt auch die katholische Braut in Varcar-Vakuf die Hausschvvelle und den Iderd zu kiissen und an letzterer Stelle eine Marama zu opfern. Hierauf stellt man sie in einen Zimmervvinkel, heisst II. Volkskunde. 22 [ 312 ] sie nach einiger Zeit sich setzen nnd bringt ihr dann ein mannliches Kind in den Scbooss. Die zur Hochzeit G-eladenen bringen ihre Beitrage in natura (ein Schaf, Sel map s, Brot n. dgl.) oder in Geschenken fiir die Braut (eine Marama, ein Kleidungsstiick u. dgl.). Wird der „ kuj ruk “ (Schafschwanz) auf den Tisch gestellt, hat der Kum d er Krste sein Trinkgeld daraufzulegen; daraufhin wandert er von Gast zu Gast, und ein Jeder hat ihn zn beschenken. Das gesammelte Geld gebiihrt der Kochin (stopanica). Als letztes Gericht wird eine Sauerkrautsuppe vorgestellt. Nun hat die Braut in Be- gleitung des Djever die „poljevačina a einzuheben. Auch das Madcbenkolo, das beim Nachtmahl den Svaten der Reihe nach zusingt, wird mit Geldgeschenken entlohnt. Beilager (svodnja). Die Jengen (Brautfuhrerinnen) fiihren die Braut, die Djevers den Brautigam ins Schlafzimmer. Wahrend des Beilagers singen die Madchen vor der Thiir, die Burschen aber vor dem Hause, wof(ir sie der Brautigam durchs Fenster mit der „maslenica“ belohnt. Den nachsten Morgen sucht die Jenga das Zeichen der Jungferschaft. Ruho. Nach der Hochzeit holen die Brautfuhrer die Ausstattung (ruho) der Mlada, wofitr sie deren Geschwistern das ubliche Losegeld zahlen miissen. Besuche. Beilauiig vierzehn Tage nach der Hochzeit gehen der Mlada neue IJausgenossen mit ihr und ihrem jungen Ehegemahl, bepackt mit Kolačen und ver- schiedenen Geschenken, in ihr Elternhaus. Nach einiger Zeit ervvidert ihnen dieses den Besuch, ebenfalls Speisen und Geschenke mittragend. 3. In Dolac bei Travnik wollen die Werber nicht eher von der im Madchen- hause ihnen angebotenen Rakija verkosten, bevor sie nicht ihr Anliegen gliicklich an- gebracht haben. Am Sonntag der ersten Verktindigung geht die Braut in Begleitung einer Jenga bereits im Anzuge einer jungen Ehefrau zur Kirche. Die Svaten holen die Braut vor Sonnenaufgang ab. Als letzte zu beschenkende Speise wird hier der Pilav vorgesetzt. Gleich darauf beginnt die Braut ihr Gussgeld abzusainmeln. Bevor die Brautleute ins Schlafzimmer gefiihrt werden, geht der Brautfuhrer mit zwei Madchen hinein, um die Matratze auszubreiten; daftir hat die Braut den Braut¬ fuhrer zu belohnen und von ihm das Lager abzukaufen. Den ersten Tag nach der Trauung geht der Brautigam mit dem Brautfuhrer zur Schwiegermutter auf Besuch (u pohode), wobei er Speisen und Getranke, ferner noch ein Geldgeschenk fiir die Schwiegermutter mitniinmt. Den nachsten Sonntag erwidert diese den Besuch mit ihrer „skočipolica“, d. i. mit ihrer altesten, noch unverheirateten Tochter. 4. In Vareš ist es iiblich, dass sich des Brautigams Familie jeden Verkundigungs- sonntag mit der Braut vor der Kirche abkiisst und sie bei der Gelegenheit beschenkt. Auch hier gehen der Brautfuhrer und zwei Brautmadchen die Braut noch vor der „Morgenrothe“ (prije zore) abholen. Am zweiten Hoclizeitstage fiihrt der Brautfuhrer die Mlada ans Wasser, der Brautigam aber geht mit einem Liqueur zu seiner Schwieger- mutter. Am ersten Samstag nach der Hochzeit geht die Mlada mit dem Djever zum Stari svat und Kum, um ihnen die Fusse zu waschen. Nach alledem erfolgen dann die gegenseitigen Familienbesuche (pohogjani). 5. In Kreševo heissen die Werber „svatovi“ (= Svaten). Wollen die jungen Eheleute in der Friihe ihr Schlafzimmer verlassen, bindet ihnen die Jugend einen Brottrog an die Thiir und lasst sie nicht friiher heraus, als bis sie einige [ 313 ] Lil ek. Vermahlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 23 Geldstiicke auf den Trog gelegt haben. Hierauf geht er zu seinen Sclnviegereltern und kiisst ihnen die Hiinde. Von der Schwiegermutter bekommt er bei der Gelegenheit einen mit Blumen und Schmuck gezierten Ii ah n. C. Bei den Muhammedanern. 1. In den Bezirken Yišegrad und Čajnica. Werbung. Die Werbung besorgen bei den Muhammedanern nicht nur Man n er, sondern auch Weiber. Das dem Madchen ubergebene Unterpfand heisst „biljeg“ oder „amanet“; hiefiir erhalt der Werber einen „boščaluk“. Heimftihrung der Braut. Bei den Muhammedanern geht auch der Brautigam mit den geschmiickten Svaten und einer Jenga (einWeib, welches immer in der Nahe der Braut zu bleiben hat) um die Braut. Fur diese wird der sogenannte „zavitak“ (alle Kleider, die ein muhammedanisches Weib zu seiner Umhullung braucht, vom Zeitworte zaviti = umhiillen) mitgenommen. Unter den Svaten sind die Hauptpersonen: der Stari svat, Djever und Cauš (Spassmacher). Alle sind bewaffnet, als ginge es in den Krieg. Unterwegs wird ge- schossen und das allbekannte Hochzeitslied: Geschmiickte Svaten reiten iibers Ge- birge u. s. w. gesungen. Gelangen sie in die Nahe des Madchenhauses, geht ihnen aus demselben Alles freudig entgegen und begriisst sie aufs Freundlichste. Nachdem sie der Hausherr nacli seinen Kraften bewirthet hat, wird ihnen die mit einem rothen Schleier verhiillte Braut nach Zahlung der iiblichen Losegelder (filr ihre Koffer) iiber- geben. Im Momente, wo sie aufs Pferd gehoben wird, uberschiittet sie der Braut- fiihrer mit kleinwerthigen Geldmiinzen. Vor des Brautigams Hause wird der Braut aufs Pferd das „nakonjče“, und wenn sie abgestiegen, ein Koran und eine Pogača gebracht; den Koran nimmt sie in die redite, die Pogača in die linke Hand und schreitet so ins Haus. Trauung. Diese wird entvveder in des Brautigams Hause oder beim Kadi oder bei dessen Stellvertreter, dem Hodža, in Gegemvart zweier Zeugen (šahidi) vollzogen: sind weibliche Zeugen vorhanden, so gelten zwei weibliche so viel wie ein mannlicher. Wird die Trauung im Hause des Kadi (oder Hodža) vollftihrt und ist dessen Wohnung von der des Brautigams weit entfernt, so kann statt der Braut ein Stellvertreter (vekil) zur Trauung gehen. Beim Trauungsacte fragt der Kadi (oder der Hodža, der auf Grund der Erlaubniss [murasela] von Seite des Kadi die Trauung vornimmt) den Brautigam: »Nahmst 1 ) Du die N. N. nach gottlichem Worte und nach des Propheten Gesetze gegen diese (?) Ehevertragssumme zu Deinem Eheweibe?“ „Ich nahm sie,“ antwortet darauf der Brautigam unter Wiederliolung aller iibrigen vom Kadi gesprochenen Worte. Hierauf fragt er die Braut oder ihren „vekil 11 : „Trautest Du als Vertreter die N. N. wirklich mit dem Brautigam N. N. um die angegebene Ver- tragssumme?“ Er antwortet: „Ich traute sie,“ unter Wiederholung der Iibrigen Worte des Fragestellers. AH’ dies wird in den Vertrag (nikjah) gesetzt, ebenso die Namen der Zeugen. Die Ehevertragssumme h&tte der Brautigam in dem Falle auszuzahlen, wenn er sich von der Angetrauten scheiden liesse. Diese Summe richtet sich gewdhn- lich nach dem Betrage, um den die Verwandten der Braut ausgeheiratet wurden; ge- ringer als 10 Drachmen Silber darf er jedoch nicht sein. H Die Fragen werden nicht in der Zeitform der Gegenwart, sondern in der fur die Vergangenheit gestellt. 24 II. Volkskunde. [ 314 ] Das Ringanstecken (prstenovanje) und Einreiben mit Chenaerde (lena oder krna). Das „prstenovanje“ folgt sofort auf die Trauung und wird von den Brautfiihrern vollfuhrt. Zu diesem Zwecko wird in einem kupfernen Wassergefasse frisches Wasser ins Zimmer gebracht. Einer der Brautfiihrer fasst das Becken, der andere wirft einige Ringe ins Wasser, die von der Braut herausgebolt und an die Finger gesteekt werden. Hierauf beschiittet sie noch der eine Djever mit Zuckerwerk und Geldmtinzen. Auf das „prstenovanje“ folgt gewohnlich Mittwoch Abends die „kna“. Zu dieser Handlung versammeln sich im Hause des Brautigams eine Menge Madchen und Frauen. Um Mitternacht wird eine Matratze ausgebreitet, darauf zuerst ein Knabe gewalzt und dann die Braut daraufgelegt. Vier Madchen losen nun Chenaerde auf und schmieren damit der Braut Hande und Fiisse ein. Vom Hauptdjever wird ein Ducaten ge- nommen und ihr damit die redite Handflache gerieben. Wahrend der Einreibung balten zwei Kinder je eine Kerze iiber der Mlada, und die umstehenden Madchen singen das Hochzeitslied: „Unsere Fata rieben sie mit Chenaerde ein“ u. s. w. Nach beendeter Einreibung werden Hande und Ftisse in Wolle eingewickelt, dann die Kerzen aus- geloscht und die Mlada allein auf dem Lager gelassen, damit die Chena eintroekne. Das Ringanstecken und Einreiben mit Chenaerde kann auch im Brauthause vorgenommen w er d en, und zwar vor der Heimfiihrung der Braut. „Gjerdek“ oder Beilager. Die Zusammenfiihrung (svodenje) der Brautleute erfolgt gewohnlich Donnerstag, seltener Sonntag Abends. Nach Beendigung des Jacijagebetes in der Džamia wird der Brautigam von seinen Genossen nach Hause geleitet. Naclidem der Hodža da noch ein Gebet verrichtet hat, kiisst der Brautigam ihm, seinem Vater und alteren Bruder die Hand und begibt sich hierauf in sein Schlafzimmer (gjerdek). Sobald ihm die Brautfuhrer die Braut bringen, erhebt er seine rechte Hand iiber der Eingangsthiir, so dass die Braut unter seiner Hand ins Schlafzimmer schreitet. Hochzeitsschmaus und Hochzeitsfestlichkeiten. Zum Hochzeitsmahl werden alle Verwandten und Nachbarn eingeladen: die Moslims Donnerstag Abends, die christ- lichen Nachbarn aber fur den Freitag. Jeder der Geladenen bringt nach MOglichkeit seinen Beitrag oder ein Geschenk fur die Mlada. Als letzte Speise wird ein „kujruk“ (Schafschwanz) aufgetragen, und dieser ist zu belohnen; das Trinkgeld gebiihrt der Kochin oder dem Koch. Freitags findet das Wettrennen und Wettlaufen und am letzten Hochzeitstage die gegenseitige Beschenkung der Mlada und der Brautigamsfamilie statt. Die Besuche. Nach der Hochzeit schickt zuerst die Verwandtschaft der Mlada Gesehenke (pohode) ins Haus des Schwiegersohnes, wofiir sie von diesem Gegengeschenke bekommt. Hierauf gelit der Schwiegersohn zu seinen Schwiegereltern auf Besuch, kiisst ihnen die Hande und beschenkt die Schwiegermutter mit einem Ducaten. Diese be- wirthet ibn aufs Beste, so dass nach des Volkes Ausspruch alle Butter und aller Honig in ihrem Hause gar ist, wenn sie der Schwiegersohn verlasst. 2. Im Bezirke Foča. Die vor der offentlichen Werbung ins Madchenhaus geschickte Ausforscherin lieisst auch in Foča „kodoš“. Die Werber gehen auch hier versteckterweise auf Werbung. Im Madchenhause nehmen sie nichts von den angebotenen Speisen und Ge- tranken, bevor sie nicht die Werbung vorgebracht haben. Wird die Braut heimgefiihrt, so giessen die Kafedžijas Kaffee vor ihr aus. Auch hier erwartet sie die Schwieger- mutter mit einem Koran und einer Pogača; ein Kind aber schiittet Wasser vor ihr [ 315 ] Lil ek. Vermiihlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 25 aus. Der Brautigam erwartet sie mit aufgehobenem Arme am Hausthore; zuerst liat die Braut die Schwelle zu kiissen und dann unter dem rechten Arme ihres Brautigams ins Haus zu schreiten. Nachdem sie den Herd gekiisst und da geopfert hat, ktisst sie der Schwiegermutter die Idand und das Knie, diese aber sie ins Gesicht, segnet und begriisst sie dann als Schwiegertochter (snaba). Gleich darauf geht der Stari svat in den Viehstall und schlacbtet da das beste Schaf, aus dem Bienen- stock aber nimmt er den ganzen Honig. Der Čauš sucbt sicb einen H ah n aus und gebt mit diesem zum Spiess. Den ersten Freitag nach der Hochzeit besucht der Schwiegersohn seine Schwieger- mutter, kiisst ihr die Idand und beschenkt sie mit einem Ducaten; ebenso werden die kleinen Hauskinder mit Gaben erfreut. Spater gebt die Mlada mit dem Brautfiihrer, Schwiegervater und Schwiegermutter zu ihren Eltern auf Besuch, die sammt den iibrigen Idausgenossen von den Freunden beschenkt werden. Zu dem fiir die Ankommlinge bereiteten Mable werden auch die Nachbarn eingeladen, die dann auch der Reihe nach die Mlada und ihre Begleiter auf ein Mittag- oder Abendessen einladen. Kommt die Familie der Mlada ins Haus des Sclnviegersohnes auf Besuch, so geschieht hier das Gleiclie, so dass sich diese Nachhochzeitsfeier gegen zwei Monate hinzieht. D. Anhang: Hoclizeitsbrauche bei den steirischen Slovenen im Pettauer Feld. Das Haus, aus dem ein Madchen ausgeheiratet werden will, wird aussen schon angestricben, der Giirtel ums Haus und die Ilausecken bunt bemalt: 1 ) blau, rotb, griin, gelb u. dgl.; in die Fenster werden Bluinen gestellt. Kominen die Werber, so werfen sie vor ihrem Eintritte ins Haus einen Kukuruz- stritzel aufs Dach;. bleibt er oben, so ist dies ein gutes Vorzeichen. Das geworbene Madchen wird mit einem rothen Apfel und einem Geldbetrage von 5—100 fl. beschenkt. Ausserdem hat ihr der Brautigam einen ganz neuen Anzug machen zu lassen. Mit den Svaten (oče starešina = des Burschen Beistand, starešina = des Miidchens Beistand, drug — Brautfiibrer, komedijaš = Čauš) geht bei den Slovenen auch der Brautigam die Braut abholen. Bei ihrer Ankunft vor dem Brauthause finden sie die Thttr verschlossen. Auf ihr Verlangen um Auslieferung der Braut wird ihnen zuerst ein altes Weib mit einem Kinde angeboten. Mit diesem hat sich des Burschen Beistand zu vergleichen; begehrt sie fiir die Braut ein Losegeld von 100 fl., so hat er ihr 1 fl. zu geben, denn sonst wi.irde sie anstatt der Braut beim Hochzeitstische ersclieinen. Die Braut muss aber auch ihrem Bruder oder in Ermanglung dessen einem anderen Hausgenossen abgekauft werden. Auch ihre Truhen miissen von ihrer Schwester ausgelost werden. Die Nachbarn des Brauthauses bringen in dasselbe erstens Geschenke fiir die Braut (Geld, Schmuck, Geschirr, Kleider etc.), zweitens Beitriige fiir die Bewir- thung der Svaten und Giiste (Kiise, geriiuchertes Sehweinefleisch, Gefliigel, Wein u. A.); desgleichen bringen auch die Nachbarn des Brautigamshauses in dasselbe ihre Beitriige. ') Solcher Brauch ist auch in Slavonien, im Banat und bei den Polen bekanrit. S. Bog-išic’ „Pravni običaji 11 im Književnik III. In Bosnien und der Hercegovina wird dem Hause kein iiusseres Merkzeiclien gegeben. 26 II. Volkskunde. [ 316 ] Langt die Braut vor dem Hause des Brautigams an, so wird ihr zuerst ein Fetzen- lcind entgegengebracht; den Ueberbringer hat sie mit einer Gabe zn bedenken. Hierauf bringt man ihr ein Sieb mit Getreide, das sie aufs Dach zu werfen hat. Schliesslich tragt man ihr auf einem. Brette oder grossen Teller einen weissen Brodstrutzen, verziert mit Teig- und Zuckerfignren, und ein Glas Wein entgegen; das Glas Wein fiihrt sie um ihren Kopf und giesst es dann auf die Erde aus. Vor die Thiirschwelle wirft sie einige Kreuzer, gelit dann zur Schwiegermutter und kiisst ihr die IPande, Mund und Wangen. Sobald sie ins Haus getreten, geht sie zuerst zum H er d, schiirt ein wenig das Feuer auf und lasst dann hier ein Geschenk fiir das Herdfeuer und die Schwiegermutter. Hernach begibt sie sich in den Schweinestall und wirft einige Kreuzer in den Schweinetrog oder ins Schweinefutter; dann geht sie noch in den Grossviehstall und wirft hier einen grosseren Betrag in die Krippe. Schliesslich fiihrt die Kranzeljungfrau sie zum Brunnen, wo sie ins Wasser eine Geldgabe opfert. Beim Hochzeitsmahl hat sicli die Braut bescheiden, demutliig und stili zu ver- halten; sie darf nicht lachen und auch keine Gesprachigkeit zeigen. Vor Mitternacht spielen die Musikanten den sogenannten Bauerntanz auf, indem sie dabei mit ihrer Musik das Pfliigen, Eggen, Silen und abermalige Eggen nachahmen. Sind sie mit dem Ackern fertig, so meldet dies der Brautfiihrer dem Oče starešina; dieser gibt nun den Musikanten durch den Drug den Auftrag, sie mogen mit dem Eggen beginnen. Haben sie das beendet, meldet dies der Drug abermals dem Oče starešina. Dieser gibt jetzt den Auftrag, sie mogen saen. Sobald die Musikanten damit fertig geworden sind, hat die Braut ihren Kranz vom Kopfe zu nehmen, bevor die Musikanten abermals mit dem Eggen beginnen, denn sonst wird sie mit einem Strohkranz oder mit einem Strohkorb ohne Grund bedeckt; solite sie den Kranz nicht schnell lierab- nehmen konnen, so milsste sie ihn wenigstens mit etwas bedecken. Nach dem zweiten Eggen verschwinden die Brautleute ins Schlafzimmer. Aber noch vor ilmen hat sich der Spassmacher (bosnisch čauš) hinein versteckt und verlangt nun vom Brautigam einen Abkaufpfennig. Wahrend des Beilagers singt, musicirt und treibt allerlei Schabernack die vor dem Schlafgemach versammelte mannliche Dorfjugend, die vom Brautigam mit Getranken, von der Kocliin aber mit Speisen bewirthet wird. Eine Woche nach der Hochzeit laden die jungen Eheleute die Svaten und einige Freunde zum Nachschmaus ein. Auf diesem werden die Ueberreste von der Hochzeits- tafel aufgezehrt. Ist nichts iibrig geblieben, dann hat das junge Eliepaar filr die Be- wirthung der Geladenen a 11 e in aufzukommen, denn fiir diese Nachhochzeitsfeier werden keine Beitrdge geliefert. III. Betrachtungen liber die einzelnen Vermahlungsacte und Hochzeitsbrauche, 1. Liebesbund (zagled). Die Burschen und Madchen verschauen sich in einander (zagledaju se) in den Wintertagen gewohnlich auf den Abendunterhaltungen (sijela) und in der Spinnstube (na prelu), im Frtihling am Georgifeste, im Sommer auf den Bitt- frohnen (mobama) und Wallfahrten, bei Volks- und Kirchenfesten (zborovi), im Herbste beim Kukuruzschalen und bei der Bereitung des Pflaumenmus, fernor noch auf Hochzeiten, bei Todtenfesten (molitve) u. s. w. Will der Bursche dem Madchen seine Neigung kundgeben, nimmt er ihm beim Kolotanz das Tiichlein aus der Hand; begelirt sie es nicht mehr zurtick, so ist dies [ 317 ] Lil ek. Vermahlungsbrauehe in Bosnien und der Hercegovina. 27 ein Zeichen, dass auch sie ihn liebgewonnen hat. Wenn aber das Madchen zuerst die Liebe bezeigen wili ; dann scbickt sie dem Burschen einen schiin verzierten Apfel. Erwidert dieser mit einem Gegengeschenk (uzdarje), kann sie seiner Gegenliebe ver- sichert sein. So ist es Brauch in den Bezirken Maglaj und Graoanica. Brautschau. a) Oeffentliclie. In mehreren Gegenden Bosniens und der Hercego¬ vina gibt es allgemeine Zusammenkiinfte, an denen sich die heiratsfahigen Madchen in der Absicht betheiligen, von den heiratslustigen Burschen betrachtet und dann ge- freit zu werden. In Trnovo (Bezirk Sarajevo) z. B. versammeln sich an einem grossen Feiertage eine Menge Madchen vor der Kirche und stellen sich da in eine Reihe, damit die Burschen sie besehen. Auch in Sarajevo stellen sich die serbischen Landmadchen am griechisch-orien- talischen Ostermontag vor der alten serbischen Kirche in der gleichen Absicht in einer Reihe zur Schau, jede von ihnen gekleidet in ihre schonsten Kleider und angetlian mit dem schonsten Schmucke. Im Bezirke Trebinje „verschauen“ sich die Madchen und Burschen sehr gerne am stillen Sonntag der osterlichen Fastenzeit. An diesem Sonntag gehen namlich die heiratsfahigen Madchen (na polici = eigentlich auf der Wandleiste) und Burschen zur Communion. Die Madchen denken und sorgen schon ein ganzes Jahr vorher, wie sie- sich fiir diesen Tag anziehen und schmiicken, um ja zu gefallen. Meistens kleiden sie sich fiir diesen Tag in den Anzug junger Ehefrauen (nevjesta, mlada) mit Ausnahme der Kappe, denn an dieser unterscheidet man in erster Linie die Verheiratete von der Unverheirateten. Nach Beendigung des Gottesdienstes und der Communion tanzen die Madchen mit den Burschen Kolo und werden von ihnen mit getrockneten Feigen und Aepfeln beschenkt, ihre Miitter aber mit Branntvvein bewirthet. Die katholischen Madchen an der dalmatinischen Grenze schmiicken sich aufs Schonste an grossen Feier- und Wallfahrtstagen, versammeln sich dann in zwei bis drei Gruppen und singen den Burschen zu. Diese kommen darauf zu ihnen, umkreisen sie und treten ihnen zum Zeichen des Gefallens auf die Fusse. Wem das Madchen den Fusstritt erwidert, der ist ihr Erkorener. Nun darf der Bursche in ihr Haus kommen und dort „sitzen“, selbst bis in die spate Nacht hinein. Das verlobte Madchen darf den Brautigam sogar auf offentlichem Markte kiissen, aber ihre Ehre hat sie strengstens zu wahren. Die inuhammedanischen Jiinglinge pfiegen ihre Liebeswerbungen (aiikovanje) be- sonders Freitag Nachmittags und an grossen Feiertagen vor den Fenstern oder an dem Hausthore des Madchenhauses anzubringen; ihnen ist jedoch kein so freier Verkehr mit den Madchen gestattet wie den Katholiken und Orientalisch-Orthodoxen. b) Besondere Brautschau (na zagled). Auf Schau kann sowohl der Bursche als auch das Madchen gehen, wenn Eines das Andere nicht kennt, d. h. wenn es nicht unter- richtet ist von des Anderen Familien- und okonomischen Verhaltnissen. Auf Schau zu gehen ist gebrauchlich in den Bezirken Petrovac, Prijedor und Vlasenica. Der Bursche geht vor, das Madchen nach der Werbung. (Auch bei den steirischen Slovenen geht das geworbene Madchen nach der Werbung ins Burschenhaus auf Schau, „na ogled“; heiratet aber der Bursche ins Madchenhaus, dann begibt sich er in ihr Haus auf Schau.) 2. Werbung (prošnja), a) Geheime Werbung. Hat sich ein Bursche in ein Madchen verliebt oder wunschen seine Eltern ihn mit einem bestimmten Madchen zu verehelichen, dann wird ein geheimer Freier zum Madchen und iliren Eltern geschickt, um auszu- forschen, ob das Madchen und ihre Familie dem Burschen und seinem Hause geneigt 28 II. Volkskunde. [ 318 ] sind, und ob diese werben kommen diirfen, ohne sich einen Korb zu holen. Zum ge- lieimen Werber wird ein Anverwandter oder ein Bekannter bestimmt, der sich aufs Ausliorchen und Freien versteht. Sowohl bei den Griechisch-Orientalischen als aucli bei den Katholiken wird zu diesern Ausforschen und Vorbereiten (da prokuša i provuče kroz uši) fiir die offene Werbung liaufig ein Weib bestimmt; bei den Muhammedanern ist dies gewohnlich. Dieser geheime Werber, der aus dem Werben ein Metier macht, heisst „provodadžija“, „provodadžinica“ oder „kodoš“. Die Muhammedaner in den Bezirken Višegrad und Čajnica ehren den geheimen Freier, wenn er Erfolg gehabt hat, auf besondere Art. Sie erlauben ihm namlich ins Zimmer zu treten, ohne sich die Opanken ausgezogen zu haben, und weisen ihm dann den Ehrensitz an. b) Kleine Werbung (mala prošnja, ugovor oder dogovor). Auf die kleine Wer- bung gehen bei den Katholiken an der dalmatinischen Grenze und um Varcar-Vakuf des Burschen Vater und noch ein alterer mannlicher Hausgenosse. Der Freier auf der kleinen Werbung hat bei den Katholiken mit den Eltern des geworbenen Madckens nicht nur den Tag fiir die grosse Werbung, sondern auch ali’ dasjenige zu bestimmen und festzusetzen, was des Burschen Haus auf die grosse Werbung mitbringen soli. Diesbeziiglich sagt man an der dalmatinischen Grenze ganz kurz: „Alles, was Du essen, und Alles, worauf Du Dich setzen willst“ (sve što češ jesti i na što češ sjesti). Der Freier heisst deshalb bei den Katholiken aus oben angefiihrten Griinden Ugovornik (von ugovoriti = besprechen, Vertrag schliessen). Die Griechisch-Orientalischen im Bezirke Trebinje nennen ihn Stari svat. Auch die Katholiken um Kreševo nennen die Freier Svaten und den Hauptfreier Svatni starješina (Haupt der Svaten). Die kleine Werbung kann auch auf der Gasse oder Strasse, im Wirths- oder Kaffeehause, am „zbor“ oder „sijelo“ etc. abgethan werden. c) Die grosse offentliche Werbung. Auf die grosse Werbung geht in der Regel des Burschen Vater mit noch einem alteren mannlichen Hausgenossen und einein angesehenen Nachbar. Speise, Getranke und Geschenke fiir das Mhdchen und ihre Hausgenossen sind ein nothwendiges Reiseinventar. Oeffentlich ist diese Werbung nur fiir die beiden Familien und noch fiir denjenigen, den des Burschen Vater als Zeugen mitgenommen hat. Die Freier verstecken sich, falls sie sich nicht schon friiher durch eine geheime oder kleine Vorwerbung des Erfolges versichert haben; denn man wiirde den Burschen verspotten, wenn seine Freier nicht reussiren wiirden. Friiher pflegte man z. B. in Sarajevo soleh’ einem ungliicklichen Burschen an die Thiir eine verfaulte Leber zu binden oder ihm da Werg anzuziinden. Auf dem Lande ist es Brauch, dass die Freier am Abend kommen und im Madchenhause iiber Nacht bleiben, ohne am Abend von der Absicht ihres Kommens irgend etwas zu verrathen. Erst den nachsten Moi’gen wird der Hauptwerber (stari svat) dem Vater des Madchens seine Schnapsflasche anbieten; refusirt dieser den an- gebotenen Trunk, so wissen die Werber, woran sie sind. 3. Vertrag (ugovor, jabuka). Nach der Werbung wird derVorstand des Brautigams- hauses mit dem Domačin des Brautkauses miindlich bestimmen, was er ins Haus zu liefern, was er ihm selbst, was seiner Gemahlin, seinen Briidem und den mannlichen Kindern zu geben habe. Die weibliclien Kinder bekommen in manchen Gegenden gar nichts. Anstatt der Kleider etc. gibt man jetzt schon sehr haufig eine bestimmte Geld- summe, 20—50 fl. Die Familienvorstande besprechen sich auch, welcher Preis (mir) fiir die Braut zu erlegen, wie gross ihre Ausstattung, wann die Hochzeit und wie viele Ceremonienmeister sein sollen. Die Festsetzung iiber ali’ das erfolgt sofort nach der Werbung oder einige Tage spater auf einer besonderen Zusammen- [ 319 ] Lil ek. Vermahlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 29 kunft, so dass der „ugovor“ auch zeitlich als ein besonderer Vermalilungsact erscheint. Nach der Rechtsiiberzeugung des hiesigen Volkes ist der „ugovor“ die wichtigste Handlung, denn auf ihm beruht in erster Linie die Gesetzmassigkeit der Ehe. Im Bezirke Prijedor heisst die erste Zusammenkunft nach der Werbung „jabuka“ (Apfel, Geschenk), nnd zwar deshalb, weil auf dieser Zusammenkunft der Braut die „jabuka“ (Gescbenk) zu geben ist. Zugleich wird auch der Termin fiir die Heim- ftihrung der Braut bestimmt. „Povratak“ (Riickkunft) und „ugovor“ (Vertrag) in Medna und in den angren- zenden Dorfern. Wird die Braut sofort nach der Werbung heimgefuhrt, so hat man in obiger Gegend zwischen der Wei’bung und Hochzeit jene zwei Zusammenkiinfte. Die erste (povratak) erfolgt den dritten Abend nach der Heimfuhrung der Braut. Des Brautigams Vater geht mit einem Verwandten, seinen „Freunden“, die gltickliche Heimfuhrung des Madchens melden und nimmt bei der Gelegenlieit selbstverstandlich auch Schnaps und Essen mit. Es wird oft die ganze Nacht gezecht und dabei besprochen, wann der „ugovor“ und wann die Hochzeit stattfinden sollen. Beim Fortgehen beschenkt des Brautigams Vater die Hauskinder. Der „ugovor“ findet meistens den dritten Abend nach dem „povratak“ statt. Auf diese Zusammenkunft bereitet sich des Brautigams Vater gerade so vor wie auf die vorhergegangene. Die Brauteltern eroffnen da, wie gross die Ausstattung ihrer Tochter, und des Brautigams Vater erklart, wie viel Svaten er bestimmen und wie viel Geld er den Brauteltern gelegentlich der Abholung der Braut mitbringen werde. 4. Das Anstecken des Verlobungsringes (prstenovanje). Diese Ceremonie kennen die heimischen Bewohner aller drei Confessionen. Ilire Vollfuhrung wird zumeist mit der Werbung oder Hochzeit verbunden; im letzteren Falle wird sie bei den Griechisch- Orientalischen im Miidchenhause vollzogen, bevor die Braut zur Trauung in die Kirche gefilhrt wird. Das „prstenovanje“ wird aber auch sowohl bei Katholiken als bei den Griechisch-Orientalischen fiir sich zu einem besonders hiefiir bestimmten Zeit- punkte vollzogen. Bei den Muhammedanern in den Bezirken Višegrad und Čajnica er¬ folgt es nach der Trauung. Bei den Katholiken wird die Verlobung beim Pfarrer gefeiert; bei den Griechisch- Orientalischen dagegen besorgt das Ringanstecken selten der Geistliche, sondern grossten- theils der Brautfiihrer, bei den Muhammedanern immer der Brautfiihrer oder der Traupathe, wo man keine Djevers kennt, wie z. B. in Žepče. In manchen Gegenden ist die Ceremonie des Ringansteckens gar nicht bekannt, in anderen wird sie wieder ganz einfach vollfiihrt, namlich durch blosses Anstecken des Ringes auf den Zeige- oder vierten Finger der rechten Hand. Besonders feierlich wird die Ceremonie von den Griechisch-Orientalischen in Livno geiibt. Einen oder zwei Tage vor der Hochzeit kommen da des Brautigams Vater, der Brautfiihrer und der Trauzeuge (kum) ins Brauthaus. Vor ihnen hat die Braut die iiblichen religiosen Metanien (Verbeugungen und Bekreuzungen) zu machen und einige Gebete zu verrichteii. Ist dies beendet, lost ihr der Brautfiihrer das Haar auf und bindet ihr dann mit rothem oder goldenem Seidenfaden eine Iiaarfiechte um die Mitte. Hierauf fasst er sie unter den Armen und dreht sie unter zwitschernden Lautcn dreimal gegen Osten. Schliesslich schiittet er iiber ihrem Kopfe Zuckerwerk und Geldmiinzen aus und beschenkt sie dann mit dem Ringe und einem mit Geldstiiclcen bespickten Apfel. Nach Vollendung der Ceremonie kiisst die Braut allen alteren Amvesenden die Ilande und verschwindet hierauf in ihre Kammer. 30 II. Volkskunde. [ 320 ] Die Griechiscli- Orientalischen und die Muhammedaner lustriren friiher des Madchens Hande und den Ring in einem Glase AVasser, bevor sie ihn dem Madchen anstecken. Bei den ersteren wirft der „rechte“ (desni) Brautfiihrer den Ring ins AVasser, faltet des Madchens Hande und taucht sie in dasselbe, kolt dann den Ring heraus, bekreuzt damit dreimal des Madchens Hande oder lasst ihn dreimal um die- selben kreisen, bevor er ihr ihn ansteckt. Um Sarajevo „zaubert“ manchmal das Madchen wahrend des Ringansteckens. AFahrend sie dreimal gegen den Osten gewendet und in die Hohe gehoben wird, legt sie so viel Finger in die Hiiften, als sie Jahre nicht gebaren mochte. 5. Vor der Hochzeit haben wir in einigen katholischen und griechisch-orientalischen Gegenden noch folgende Zusammenkunfte und Feste: „Šerbe“ (Methtrank), „ugovor- nici“ (die Besprecher), „svilarice“ (die Seidenweiber), „bokaruše“ (Bokarfest), „svekrve“ (eigentlich Schwiegermutter). Bei den Katholiken in Varcar-Vakuf kommen am Sonntag der ersten kirchlichen Verkiindigung die Nachbarn und Geladenen ins Brautigamshaus auf šerbe, daher auch der Name der freudigen Zusammenkunft. Den nachsten Sonntag wird im Braut- hause ein Freudenfest abgehalten. Da kommen die „Besprecher“ (ugovornici) mit Kleidern und Schmuck fiir die Braut und die Seidenweiber (svilarice) mit Seide (svila, daher auch der Name svilarice) und anderen Geschenken. Die Besprecher haben an diesem Tage mit den Brautgenossen zu bestimmen, wann die Hochzeit stattfinden soli. Auch in Kreševo kennt man die „svilarice“. In Vareš dagegen heissen die AVeiber, welche ins Brauthaus Speisen, Getranke und Geschenke bringen, „svekrve“, Schwiegermiitter; auch die Zusammenkunft heisst so. In Sarajevo heisst sowohl bei den Serben als auch bei den Katholiken das AVeiberfest, welches den letzten Sonntag vor der Trauung abgehalten wird, „bokaruše“. 6. Hochzeit (svadba). a) Einladung der Ceremonienmeister und Gaste. Die Einladung der Hochzeitsfunctionare (svatovi) und Gliste besorgt entweder der Domačin, der Briiutigam selbst oder sonst ein mannliches Glied des Brautigamhauses. Diese Einladung erfolgt in einigen Gegenden auf eine feierliche AVeise. Bei den Katholiken an der dalmatinischen Grenze nimmt der Einlader einen geschmiickten Stock mit. Bei den Serben im Bezirlie Vlasenica geht der Brautigam mit dem Gauš und noch einem Burschen, um zur Hochzeit zu laden. Bei der Gelegenheit binden die AVeiber der eingeladenen Familien den Pferden der Einlader kleine Handtiicher an den Zaum. Unbarmherzig fangt der Cauš, wohin sie immer kommen, Hiihner und ladet sie auf sein Pferd. Die Altglaubigen (pravoslavni) kennen auf dem Lande blos Svaten, in den Stadten aber auch schon Svatinen (svatice), namlich die Djcveruša (Kranzeljungfrau) und Jenga, gerade so wie die Muhammedaner und Katholiken. In Dolac (bei Travnik) kennen die Katholiken folgende Svatinen: die alte Svatin (starosvatica), die Kuma (Traupathin) und zwei Kranzeljungfrauen. b) Versammeln der Svaten in des Briiutigams Hause. Die Iiauptaufgabe der Hochzeitsfunctionare besteht darin, dass sie dem Brautigam das geworbene Madchen zuflihren. Ist der AVohnort der Braut vom AVohnorte des Brautigams weit entfernt, versammeln sich die Svaten schon am Vorabend zur Hochzeit im Hause des Brautigams. c) Abmarsch der Svaten vom Hause des Brautigams zum Plause der Braut. Ist das letztere weit entfernt, erfolgt der Abmarsch zu Pferde, sonst zu Fuss. Auf dem Lande ist es nicht gebrauchlicb, dass der Brautigam mitzieht, besonders bei [ 821 ] Lilek. Vermahlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. O 1 Dl den Serben nicht. Im Bezirke Trebinje wiirde das als grosse Schande gelten. Im Dorfe bewirthen die Ceremonienmeister Jedermann mit Getranke, dem sie be- gegnen. Ebenso wix - d ihnen von den am Wege liegenden Dorfern und Hausern Schnaps oder Wein credenzt, wofiir sie sicli mit klingender Miinze bedanken. Im Bezirke Trebinje z. B. werden sie sowobl auf dem Ans- als auch Heimmarsche bevvirthet, im Bezirke Vlasenica aber nur dann, wenn sie die Brant fiihren. d) Ankunft der Svaten vor dem Hause der Braut und ihre Aufnahme in dem- selben. Uebergabe der Braut und ihre Verabschiedung vom Familienhause. Der Brauch, dass man das Brauthaus vor den Svaten absperrt und ihnen dann, wenn das Hausthor nach langem witzigen Hin- und Herreden endlich einmal geoffnet worden ist, statt der gesuchten Braut allerlei andere, womoglich garstige Weiber anbietet, besteht nur bei den Katholiken in Westbosnien und in der Hercegovina. An der dal- matinischen Grenze mlissen die Svaten fur die Braut ihren Hausgenossen ein Losegeld zahlen, das Hirtengeld (čobanija) heisst. In Varcar-Vakuf bekommt nur das statt der Braut angebotene Weib oder Madchen ein Geschenk. Bei den Orthodoxen und Muhammedanern geht man dagegen den Svaten ent- gegen, und vor dem Hause erwartet sie ein Madchen- und Frauenkolo mit Gesang und Tanz. Die auf den Svatentisch gesetzten Speisen und Getranke riihren auf dem Lande zumeist aus des Brautigams Hause her. In der Stadt Ljubinje in der Hercegovina ist anstatt dessen Brauch, dass die Svaten die gebratene Henne, die ihnen vor dem Abzug vorgesetzt wird, mit Geld beschenken. Die Braut wird dem Brautfuhrer gewohnlich von ihrem Bruder gegen eine Gegengabe tibergeben. Im Bezirke Vlasenica bekommt der Bruder drei Losegelder: erstens fur die Uebergabe der Schwester, zweitens fur ihre Koffer, drittens fiir die Auslieferung der den Svaten gehorigen Pferdezaume, die er ihnen am Vorabend versteckt hat. In Sarajevo ist es bei den Orthodoxen Brauch, dass die Braut, bevor sie zur Trauung geht, das ganze Ilaus abgeht und am Ilerde einen Ducaten hinterlasst. Dieser Ducaten gehort dann jenem Weibe, das an diesem Tag das Essen bereitet. Audi in den Bezirken Maglaj, Gračanica, Vlasenica und Foča verabschiedet sich die Braut vom Familienherde und opfert dort. In Foča kiisst sie noch die Schwelle, und der Brautfuhrer beschiittet sie bei der Gelegenheit mit Bonbons. Hierauf zieht sie ihre Pantoffel aus und wechselt sie von einem Fuss auf den anderen. Bei den Muhamme¬ danern in der Posavina ist es Brauch, dass die Mutter beim Weggange ihrer Braut- tochter die Pantoffel aus ihrem Schoosse hervorholt und sie dann der Tochter anzieht, damit diese leichter gebare. e) Fortfiihrung der Braut in die Kirche zur Trauung oder direct ins Haus des Bi-autigams. Wird die Braut aus ihrem Elternhause fortgefiihrt, ist es bei den Muhammedanern im Bezirke Foča Brauch, dass ein Kind nach der Braut zwei Kiibel Wasser aus- giesst. An anderen Orten geben die Muhammedaner der Braut eine Pogača und einen Koran mit, damit sie in ihrem neuen Heim immer Ueberfluss habe und immer eine treue Moslimin bliebe. Sobald der Hochzeitszug an einer Quelle oder an einem Flusse angelangt ist, muss die Braut von ihrer Ausstattung ein Opfer ins Wasser vverfen, z. B. eine Marama. Dieser Brauch besteht z. B. sowohl bei den Griechisch-Orientalischen am Glasinac und im Bezirke Vlasenica, als auch bei den Muhammedanern im Bezirke Band VII. 22 II. Volkskunde. 32 [ 322 ] Foča. Geht der Hochzeitszug iiber eine Brucke, so muss die Braut auf derselben eine Marama und einen Apfel opfern. Nach der Trauung in der Kirche ordnet sich der Hochzeitszug haufig folgenderart: 1. Der Beistand (Traupatbe), der alte Svat und Brautigam; 2. des Brautigams Vater und seine Vervvandten; 3. die Braut und die Brautfuhrer; 4. der Cauš und die Nachbarn. Gewohnlich geht aber der Brautigam auch nach der Trauung nur mit seiner Begleitung nach Hause. Dies gilt sowohl von den Griechisch-Orientalischen als auch von den Katholiken. Kommt die Braut von der Trauung, so begriissen sie untemegs die armen Leute unter allerlei Gliickwiinschen mit einer „dževsa“ Wasser oder Schnaps, in die nun ein jeder der Svaten einige Geldstiicke zu werfen hat. So in Foča. f) Empfang der Braut vor des Brautigams Hause; Brauche und symbolische Handlungen, die sie bei der Besiedlung ihres neuen Heimes zu vollfuhren hat. Dass die Braut vor dem Hause von der Schwicgermutter und einem singenden und tanzenden Madchen- und Frauenlcolo empfangen wird; dass ihr aufs Pferd ein mannliches Kind (nakonjče) und ein Sieb mit Getreide gebracht wird; dass sie iibers Brautigamhaus ein Sieb mit Getreide oder einen mit Geldmiinzen bespickten Apfel, eine Feuerscliaufel oder einen Loffel mit Honig zu werfen hat; dass sie vor der Haus- schwelle ihre tiefen Verbeugungen und Bekreuzungen zu machen hat; dass sie die Schwelle und die Thiirpfosten kiisst und da opfert; dass sie der Brautfuhrer dreimal um den Herd fiihrt, und dass sie auch hier opfert; dass sie nach der Begriissung der neuen Hausgenossen entweder in die fiir die jungen Eheleute eigens ei'baute „zgrada“ (Holzbau ohne Herd) oder „hudžera“ gefiihrt oder in einen Zimmerwinkel gestellt wird: ali’ dies wurde schon bei Beschreibung der einzelnen localen Hochzcitsbrauche erwahnt. Nun wollen wir noch andere Brauche religiosen oder eherechtlichen Inhaltes anfiihren. In Medna und Umgebung (Bezirk Varcar-Vakuf) muss irgend ein Thier ge- schlachtet werden, wenn die Braut heimgefiihrt wird; hiitte der Idausbesitzer kein Schaf oder keine Ziege, so wiirde er vvenigstens eine Henne schlacliten. In den ka- tholischen Dorfern bei Dolnja-Tuzla ist es Brauch, dass der Gauš mit einem Halin und einer Hacke vor den Hochzeitsleuten, wenn diese mit der Braut zur Kirche gehen, cinherlauft und ruft: „Mašala, mašala! geschmiickte Svaten!“ Und wenn sich der Zug aus der Kirche zum Hause des Brautigams bewegt, schlagt er dem Hahn an der Hausschwelle den Kopf ab, bevor noch die Braut daruber tritt. Bei den orthodoxen Bewohnern von Sarajevo besteht folgender Brauch: Kommt die Braut getraut aus der Kirche, stellt sich ihr Brautigam auf die Thurschwclle und stemmt sich mit der rechten Hand gegen die Thiirpfosten, dass ihm die Braut unter dem Arme hindurchschreiten kann. Hierauf gehen beide zum Herd und essen dort aus einem Gefasse Honig, vermengt mit Rindschmalz. Auch bei den Muhammedanern schreitet die Braut dem Brautigam unter dem Arme durch. Im Bezirke Petrovac pflegen die Muhammedaner iiber dem Kopfe der Braut eine Pogača zu brechen, sobald sie ins Zimmer des Brautigams getreten ist. Bei den Katholiken in der Krajina erwartet der Beistand die Braut mit des Brautigams Opanken vor seiner Thiir; die Braut hat zuerst dem Beistande die Hande und dann die Opanken zu kiissen. In Cazin pflegt eine orthodoxe Braut, nachdem sie dreimal um den Herd ge- schritten ist, Kohlenstiicke in die Hand zu nehmen und gegen die neben dem Feuer sitzende Schwiegermutter zu vverfen. In Prijedor fiihrt die Kochin die [323] Lilek. Vermahlungsbrauebe in Bosnien nnd der Hercegovina. 33 getraute Braut dreimal ums Herdfeuer und gibt ihr dann eine Feuerzange in die Hand, damit sie das Feuer aufschiire. Den bei den hiesigen Griechisch-Orientalisclien noch ganz heimischen Brauch, dass die Braut sowold am heimatlichen Herde opfert, wenn sie das Elternhaus verlasst, als auch am Herde in des Brautigams Hause, wenn sie in dieses einzieht, habe ich bei den hiesigen Katholiken und Muhammedanern nur noch ganz sporadisch vorgefunden, und zwar bei den Katholiken in der Krajina und bei den Muhammedanern im Bezirke Foča. Ali’ diese Ceremonien und symbolischen Handlungen, welche die Braut zuerst im Elternhause und dann vor und im Brautigamshause entweder selbst oder ihr Brautigam oder sonst Jemand zu vollfiihren hat, haben den Zweck, dass die Mlada eine grosse mannliche Nachkommenschaft haben und immer leicht gebaren soli; dass ihr das Leben im neuen Heime ein angenehrnes und gluckliches wiire, und dass mit ihr Gottessegen ins Haus kame; dass der Tod, die bosen Geister und Hexen weder ihr, noch ihren neuen Ilausgenossen etwas anhaben konnten; dass ferner damit symbolisch angedeutet wtirde, dass sie im neuen Heim einerseits ein Recht aufSchutz und Unterhalt ervvirbt, andererseits aber auch Pflichten libernimmt, namlich dass sie immer als Frau ergeben, willig und gehorsam gegeniiber dem Schwiegervater, der Schwiegermutter, ihrem Ehegemahl und den iibrigen alteren Hausgenossen, der Jugend gegeniiber aber eine gute und willfahrige Freundin zu sein hat. y) Trauung (vjenčanje). Diese erfolgt bei den Griechisch-Orientalisclien entweder im Hause des Brautigams oder in der Kirche. Ist das erste der Fali, dann wird Jemand aus dem Hause zwei Krilnze flecliten, einen fiir den Brautigam, den anderen fiir die Braut. Dazu nimmt man junge Zweige entweder von einem Zwetschkenbaume (z. B. in den Bezirken Maglaj, Gračanica und Vlasenica) oder von einer Haselstaude (z. B. um Varcar-Vakuf und in der Krajina) oder von der Weinrebe (in den Bezirken Trebinje und Vlasenica) oder vom Kirschbaume. Diese Kranze werden iiberall als Huter des ehelichen Gliickes sorgfaltig aufbewahrt; denn gingen sie verloren, wiirde sich entweder der Mann von der Frau scheiden, oder diese wiirde ihrem Gemahl entfliehen. Wird bei den Orthodoxen die Trauung in der Kirche vollzogen, werden die Reichen mit werthvollen kunstlichen Kranzen getraut; fiir die Braut ist ein weisser, fiir den Brautigam ein rother oder blauer bestimmt. Die Armen dagegen werden unter kirchlichen Kranzen aus Messing oder Silber getraut. Wahrend der Trauung umkreist der Geistliche mit den Brautleuten dreimal den Kirchentisch nach der rechten Seite hin, was dem dreimaligen Umschreiten des Hausherdes entspricht. So lange die Trauung in des Brautigams Hause vollzogen worden ist, war es bei den Orthodoxen in Sarajevo Brauch, dass die Braut in Pantoffeln getraut wurde. Das geschah, wie folgt. Sobald die Braut vor des Brautigams Hause angelangt war, zog ihr die Kranzeljungfer iiber die Schuhe ganz neue, noch nie getragene Pantoffeln (papuče) an. In diesen hatte die Braut ins Haus zu schreiten und sie so lange anzubehalten, bis der Trauungsact voriiber war. Um diese Pantoffeln rissen sich dann die Miidchen in der Hoffnung, dass die Besitzerin derselben bald unter die Haube kommen werde. Bei den Muhammedanern wird die Trauung (vjenčanje) ohne Kranze (vijenci) vollzogen. Die Trauung nach der Heimfuhrung der Braut ist bei den Muhammedanern Regel, bei den Griechisch-Orientalisehen auf dem Lande noch sehr haufig. Bei den Katholiken dagegen ist sie durch den erzbischoflichen Hirtenbrief vom 6. Janner 1894 unter Androhung von Kirchenstrafen aufs Strengste verboten. 22 * 84 II. Volkskunde. [ 324 ] h) Hochzeitsmalil (gozba oder pir). a) Beitrage (priloži). Auf der Hochzeit hat man die Hochzeitsfunctionare oder Svaten von den blossen Gasten (gosti, pirdžije, zvanice) zu unterscheiden. Die ersteren gelten mehr und haben deshalb auch einen eigenen Speisetisch. Fur diesen hat ein jeder Svate semen Beitrag zu liefern. Auch jeder Gast hat fur das Mahi einen Beitrag oder fur die Braut ein Geschenk zu bringen; denn die Kosten fur das Hochzeitsmalil hat nicht das Brautigamshaus allein zu be- streiten, sondern die ganze Umgebung. Ist doch die Hochzeit nicht nur flir die be- treffende Familie, sondern auch fiir die ganze Anverwandtschaft und Nachbarschaft ein Freudenfest; deshalb werden auch alle Verwandten, Bekannten und Nachbarn zur Hochzeit geladen und ein jeder von ihnen bringt auch nach seinen Mitteln ein Geschenk. Aus dem gleichen Grunde ist es auch dem Čauš erlaubt, Iiulmer zu erschlagen, wohin er immer kommt; desgleichen ist es den Svaten gestattet, im Iiause des Brautigams Alles, was ihnen beliebt, fiir ihren Tisch zu schlachten. Theilnehmer der Hochzeits- freude ist auch ein Jeder, den die Hochzeitsleute auf dem Wege begegnen, ebenso die anliegenden Dorfer; deshalb bieten die Svaten einem Jeden, dem sie begegnen, ihre Getranlce an, und ebenso bringt man ihnen aus den dem Hochzeitswege nalieliegenden Dorfern Speise und Getranke zu. /?) Beschenken des „kujruk“, „pilav“ oder der „Henne“. Geht das Hochzeits- mahl zu Ende, so wird zum Schlusse auf den Tisch eine bestiinmte Speise gesetzt, an der ein jeder Svat und Gast erkennen kann, dass er in die Tasche zu greifen und auf den Tisch sein Trinkgeld zu legen hat. Bei den Muhammedanern und Katholiken wird zu diesem Zwecke ein Schafschwanz (kujruk), bei den Katholiken in Dolac ein Pilav, bei den Griechisch-Orientalischen in Ljubinje eine Henne auf den Tisch gebracht. Das ganze Trinkgeld gebiihrt der Kochin oder Maja, welche es dann mit denjenigen Frauen und Madchen theilt, die ihr bei der Bereitung des Hochzeitsschmauses ge- holfen haben. y) Guss-, Begleit- und Kammgeld(poljevačina, ispratnja und češljarina); Beschen- kung der Hausgenossen, der Svaten und Gaste von Seite der Braut. Vor oder nach dem „ručak“ (Hauptmahl) giesst die Braut in Begleitung des Brautfuhrers den Svaten, Hausgenossen und Gasten Wasser auf die Hande oder Fusse, und ein jeder von diesen beschenkt sie bei der Gelegenheit mit einem Geschenke, das nach der Handlung „polje- vačina (Gussgeld) heisst. Dieses Begiessen diirfte urspriinglich die Bedeutung einer religiosen Lustration gehabt haben, heute jedoch wird es deshalb geiibt, damit die Braut zu Geschenken kommt. In Foča und Čajnica bekommt die Braut, respective junge Frau (mlada), ihr Geschenk erst dann, wenn sie die Svaten und Gaste beim Heimgange aus dem Hause begleitet (ispratiti = begleiten, ispratnja = Begleitung, in diesem Falle auch das dafiir bekommene Geschenk). Auf den Dorfern im Bezirke Foča bekommt die Mlada sowohl das Guss- als auch Begleitgeld. In Bastaši am Unac beschenken die Svaten die Mlada sowohl beim Begiessen als auch den nachsten Morgen beim K hm me n (počesljati = kammen, davon počešljarina = Kammgeld). In Dolac bekommt sie ausser dem Guss- gelde noch Gegengeschenke fur ihre an die Svaten, Gaste und Hausgenossen aus- getheilten Geschenke. S) Dauer des Hochzeitsmahles. Bei den reichen Begen in der Posavina dauert die Bewirthung der Hochzeitsgaste nach den Religionsbekenntnissen und Standen oft einen Monat lang, die Bauernhochzeit jedoch nur 2—8 Tage. e) D as Beilager (odvedenje mladenaca u ložnicu). Ist es bereits Zeit zum Schlafen- gehen, nimmt in einigen orthodoxen Landgegenden der Brautfuhrer die Braut und den [ 325 ] Lil ek. Veriniihlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 35 Brautigam an der Hand und fiihrt sie in den fiir sie bestimmten Holzbau, schliesst sie da ein und behalt den Schliissel bei sich. Bei den Katholiken in Varcar-Vakuf fiihrt die Jenga die Braut, die Brautfiihrer aber den Brautigam ins Schlafzimmer (ložnica); in Kreševo hingegen der Beistand (kum) den Brautigam, die Brautpathin (kuma) aber die Braut. Bei den Muhammedanern wird zuerst die Braut und dann der Brautigam gefiihrt. Dieser verabschiedet sich an der Schlafzimmerthur von seinen Eltern, Briidern und anderen Anwesenden, wobei er Vater, Mutter und dem alteren Bruder die Hand kiisst. An vielen Orten ist es Brauch, dass die Braut ihre Genossinnen, den Brautigam aber seine Freunde, ihn dabei aus Scherz mit den Fausten auf die Schulter schlagend, ins Schlafgemach begleiten. Ist das Brautpaar zusammengefiihrt, erknallen von Seite der Burschen einige Flintenschiisse, von Seite der Madchen aber erschallen vor der Schlafzimmerthur Liederklange; auch die Burschen beginnen vor dem Hause unter den Fenstern des Schlafgemachs ihre Neck- und Spottlieder zu singen. An manclien Orten schla- gen die Burschen in alte Kessel, trommeln, pfeifen, schreien, heulen etc., eine wahre Katzen- musik! Soleh’ eine Burschengesellschaft nennt man nach ihrem Geheul „Wolfe“ (vukovi). Neben der soeben erwahnten offentlichen Begleitung ins Schlafgemach haben wir noch den Abkauf des Brautlagers hervorzuheben. Bei den Katholiken in Dolac muss die Braut im Schlafgemaehe den sie begleitenden Brautfiihrer beschenken, an der dalmatinischen Grenze hingegen den Cauš. In Varcar-Vakuf nimmt die Braut eine Butterspeise (maslenica) mit auf die Schlafstatte, und diese „maslenica“ vertheilt dann der Brautigam unter die vor dem Fenster stehenden und larmenden Burschen. Auch die Katholiken an der dalmatinischen Grenze vertheilen die „maslenica“, die Muhamme- daner aber den „top“. In Dolac tritt der Brautigam aus dem Schlafgemaehe, um die zwei Madchen zu beschenken, welchc dem Brautpaare vor der Thiir des Schlafzimmers Scherz- und Liebes- lieder singen. Dort, wo der Brautfiihrer das Brautpaar im Schlafgemaehe einsperrt, steht er den nachsten Morgen der Erste auf und weckt das junge Ehepaar sehr friih auf, damit es noch friiher aufstehe als die iibrigen Hausgenossen. Sobald das Ehepaar die Schlaf¬ statte verlassen bat, kommt die Jenga (oder sonst ein Weib) als Erste ins Schlafzimmer, liebt die Matratze auf und sucht nach dem Kennzeichen der Jungfrauschaft. Unter der Matratze findet sie ein von der Braut zuriickgelassenes Geschenk, bestimmt fiir dasjenige Weib, welches das Bett richten wird. In Sarajevo ist es der Cauš, der dem Brautpaare das Brautlager herrichtet und bei der Gelegenheit seine Keule (topuz) unter das Lager legt; den nachsten Morgen ist es wieder er, der das Bett liebt und darauf das Kennzeichen der Jungfrauschaft sucht. Fiir ihn legt die junge Ehefrau auf die Keule einen „boščaluk“, der Brautigam aber einen Ducat e n. v Die Braut wird an eine Quelle gefiihrt, damit sie dort lustrirt wird. In den armeren und niederen Schichten der orthodoxen Stadtbevolkerung von Sarajevo besteht noch lieute der Brauch, dass die Svaten die junge Frau aus dem Schlafgemaehe zur ostlich von der Stadt gelegenen Quelle Pjenkavac ftiliren, wo sie sich mit dem Q,uellwasser iiber den Kopf und die Achseln zu besprengen hat; das Gleiche thun auch ihre Begleiter. * 1 ) b Verg-leiche damit, was Vuk Karadžid in aeiner „Ženidba“ (Verheiratung), abgedruckt in „Život i običaji naroda srpskoga" (Leben und Gebrauche der serbischen Nation) auf S. 146—148 schreibt: „Jene Svaten, welcbe im Hause des Brautigams iibernachtet haben, geben den nachsten Morgen mit den Braut- fubrern und der jungen Ehefrau zum schSnsten frisehen Wasser. ... Ha fiillt die junge Frau den Bardak mit Wasser an und gibt ihn denjenigen, die trinken wollen; ihr selbst aber besprengt der Braut- fiihrer dreimal die Brust mit dem Wasser.“ 36 II. Volkskunde. [ 326 ] 7. Besuche (pohodi). Nach der Hochzeit besuchen sich die verschwagerten Fa- milien, damit sie sich besser kennen lernen, nahern und befreunden wiirden. Was die Zeit und Reihenfolge dieser Besuche anbelangt, so bestehen diesbezuglich verschiedene, oft entgegengesetzte Gebrauche; anders ist es auf dem Lande als in der Stadt, anders wieder bei den Griechisch-Orientalischen als bei den Muhammedanern. Was bei den einen Brauch (adet), das ist bei den anderen eine Schande. Bei den orthodoxen Bauern (z. B. in Ljubovo in der Hercegovina, in Gerzovo im Bezirke Varcar-Vakuf, ferner noch in den Dorfern des Bezirkes Vlasenica) wird der Seli wiegersohn das erste Jalir nach der Hochzeit keinesfalls zu seiner Schwieger- mutter auf Besuch gehen; in Sarajevo und Mostar dagegen geht er schon den dritten Tag, bei den Muhammedanern sogar schon den er s ten Tag nach der Plochzeit. Auch bei den Katholiken darf er sofort nach den Hochzeitsfeierlichkeiten das Haus seiner Sclrsviegereltern besuchen. Unter den Orthodoxen auf dem Lande ist es Brauch, dass das Brauthaus mit dem Besuche beginnt; in den Bezirken Trebinje und Foča wiirde es geradezu als Schande gelten, wenn das Brautigamhaus zuerst auf Besuch ginge, wogegen dies in Sarajevo und Mostar geradezu gebrauchlich ist. Auch bei den Katholiken und Mu¬ hammedanern wird vom Brautigamhause mit dem Besuche begonnen. Geht in Mostar des Brautigams Familie ins Brauthaus auf Besuch, so nimmt sie Essen far ein Nacht- mahl und Geschenke fiir die Hausgenossen mit. Den siebenten Tag nach der Hochzeit erwidert das Brauthaus den Besuch. In Foča geht die junge Ehefrau vierzig Tage nach der Hochzeit auf keine Zusammenkunft. Mit den Besuchen wird hier erst nach einem halben Jahre begonnen. Gegenseitige Beschenkungen sind hiebei selbstverstandlich. Die auf Grund der Werbung geschlossene Ehe ist eine Kaufehe. Als wir eingangs von den Eheschliessungsformen sprachen, bemerkten wir, dass die auf Grund der Werbung abgeschlossene Ehe noch ganz die Spuren einer Kaufehe an sich tragt. Dies gilt besonders flir die hiesigen Griechisch-Orientalischen, aber auch fiir die Muhammedaner und Katholiken. Nun wollen wir aus den eben besprochenen Hoclizeitsgebrauchen ali’ dasjenige hervorholen, was uns als Beweis fiir die Richtigkeit der obigen Behauptung dienen kann; dazu wollen wir noch andere neue Momente hinzufiigen. Dass die hiesige Werbungsehe noch deutlich die Form eines Kaufvertrages auf- weist, dafiir spridit Folgendes: 1. In einigen Gegenden Bosniens und der Hercegovina werden die Madchen noch heute auf offentlichen Platzen zur Ehe angeboten. 2. Auf dem Lande werden noch heutigen Tages die Madchen sehr oft vergeben, ohne dass sie um ihre Zustimmung gefragt worden waren, z. B. im Bezirke Foča, 1 ) und wo man sie fragt, ist dies oft nur eine reine Formalitat, was man aus des Miidchens Antwort, dass sie bereit sei, iiberall hinzugehen, wohin sie die Eltern geben, ersehen b Auch in einem Volksliede lieisst es: Mara wirbt man fiir Ivo aus Foča, Wirbt sie, aber Marica will ihn nicht. Geben die Eltern oh n’ sie zu bitten, Trauen sie, ohne sie zu fragen! So war es Brauch und ist es heutzutag! [ 327 ] Lil ek. Vermablungsbraucbe in Bosnien und der Hercegovina. 37 konne. Es kommt vor, dass Brautleute, die sich ni e geseken haben, blos auf Grund der gegenseitigen elterlichen Besprechung getraut werden. 3. In einigen Orten wird das Madchen noch sofort nach der Werbung heim- gefiihrt (siehe „povratak“ und „ugovor“ in Medna). 4. Des Brautigams Familie bat dem Vater des Madchens den sogenannten „mir“ (hebraisch mbhar) zu zahlen. Dieser wird meistens wohl nur auf dem Lande bezablt und betragt heutigen Tages nur noch 200 fl. als Maximum. Seinerzeit soli aber bis 500 fl. gezahlt worden sein! In den Hausgemeinschaften wird die fiir das verheiratete Madchen erhaltene Summe zwischen des Madchens Vater, ihrer Mutter und dem Hausvorstande getheilt; die Mutter theilt wieder ihren Antheil mit den Weibern und Madchen, die ihr bei der Hochzeit geholfen haben. Im Dorfe Miljevibi, sudlicli von Sarajevo, besteht diesbezuglich folgender Brauch. Hat der Bursche einem erkorenen Madchen einen Ring als Unterpfand gegeben, so geht sein Vater auf Werbung. Des Madchens Eltern verlangen nun von ihm den „adet“ (Brauch). Des Burschen Vater zahlt ihnen Ducaten auf Ducaten auf. Des Madchens Vater nimmt davon, wie viel es ihm beliebt, das Uebrige aber retournirt er dem Werber. Um das genommene Geld kauft er der Tochter die Ausstattung (Koffer, Wasch- beclien [legjen], Ibrik, Bilder, Rauchfass, Kochgeschirr etc.). 5. Des Brautigams Haus hat alle Hausgenossen der Braut zu beschenken, in Ljubinje (Hercegovina) auch die zum Hochzeitsmabl gekommenen verheirateten Schwestern, in Vlasenica sogar ihre Nachbarinnen und Genossinnen. Auch in einem Volksliede 1 ) wird uns erzaldt, wie der schmerzerfiillte Ivo das Madchen bei der Mutter, beim Vater, Bruder und bei der Schwester werben muss, und wie sie ihm von der Mutter erst nach Ueberreichung eines reichen Gewandes, vom Vater gegen unzahlige Schatze, vom Bruder fiir das schonste Pferd und von der Schwester fiir eine Hals- kette zugesprochen wird. 6. Der Bruder oder die Schwester der Braut (oder sonst ein naher Verwandter) verlangt bei der Uebergabe der Braut und ihrer Koffer ein Losegeld. Im Bezirke Vlasenica verlangt der Bruder auch von den Svaten fiir die ihnen den Abend vorher versteckten Pferdeziiume eine „otkupnina“. 7. Des Brautigams Haus muss dem Madchen zuerst ein „Unterpfand“ (obilježje), dann ein Geschenk in Geld geben, die sogenannte „jabuka“ (in Sarajevo z. B. 1, 5, 11, 51 Ducaten oder „Magjarien“), ferner noch Schmuckgegenstande (Ring, Hals- kette, Ohrgehange, Giirtelschnallen u. dgl.); fiir die Hochzeit muss es der Braut einen ganzen neuen Anzug machen lassen, in den Stadten auch noch einen Schleier und schon gestickte Pantoffeln. 8. Die Kosten fiir alle Zusammenkiinfte vor der Hochzeit, sowie auch die fiir die Hochzeit selbst hat hauptsachlich des Brautigams Haus zu tragen; deshalb versehen sich sowohl die Werber als auch die Svaten mit Speisen und Getranken, wenn sie ins M&dchenhaus geben. 9. Auf dem Lande bekommt die Braut nach altslavischem Rechte in der Regel nur ihre Ausstattung (ruho), und diese musste des Brautigams Haus bezahlen, denn im Verhiiltniss zum Werthe derselben musste er den „mir“ bezahlen. l ) Smilje, bilje etc., abgedruckt im Glasnik X, Sarajevo 1898, S. 78 und in anderer Version in der Liedersammlung „Iz naroda i o narodu 44 , knj. III, von Luka Grgjic-Bjelokosic. 38 II. Volksltunde. [ 328 ] 10. Die Braut sammelt beim Hochzeitsmahl Geschenke (poljevačina, ispratnja, češljarina) ab; in den Bezirken Maglaj und Gračanica wird sie auch spater fiir die demiithige Begriissung besebenkt (siehe Hochzeitsbrauche). 11. Sie ist sowohl auf der Hoohzeit als auch spater im Hause die „Jungste“, d. h. sie hat die geringsten Recbte. Im Bezirke Foča z. B. erfordert es nocb beute die Sitte, dass sie bei ihrem Eintritte in des Brautigams Haus allen alteren Hausgenossen die Hande und die Kniee kiisst; im Bezii'ke Trebinje war es noch vor 20—30 Jahren iiblich, nicht nur Hande und Kniee, sondern auch noch die Opanken zu kiissen. Nach vollzogener Begriissung wird die Braut bei den Katholiken und Muhammedanern in einen Winkel des Zimmers gestellt, bei den Orthodoxen auf dem Lande aber in die fiir die Brautleute bestimmte „zgrada“ oder „hudžera“ gefiihrt, wo sie bis zur Trauung zu' verbleiben bat. Wahrend des Hochzeitsschmauses wird sie nicht bei den Cere- monienmeistern und Gasten, sondern allein mit dem Brautfiihrer oder der Kranzeh jungfrau essen. Beim Mittags- oder Abendessen hat sie in Begleitung des Brautfuhrers den Svaten zu dienen und sich vor Jedem, der ein Lied anstimmt oder einen Toast ausbringt, bis zur Erde zu verneigen und ibm die Idand, stellenweise auch das Knie zu kiissen. Das Gleiche hat sie zu thun bei der Beschenkung der Svaten und wenn diese nach Hause gehen. Ferner hat sie den Ceremonienmeistern, Gasten und alteren Hausgenossen die Schuhe auszuziehen, ihnen die Opanken zu reinigen, ja auf Verlangen selbst die Fusse zu waschen und dem Betreffenden bei der Ge- legenheit die Fusse zu kiissen (z. B. im Bezirke Trebinje). In Bastaši am Unac bat sie die Svaten auch zu kammen. Auch nach der Hochzeit muss sie ihre Unter- wiirfiglceit durcli tiefe Verbeugungen und Handkiisse bezeigen; verbeugen muss sie sich vor Jedermann, selbst vor einem kleinen Kinde, das erst zu gehen angefangen hat (z. B. im Bezirke Vlasenica); die Hande zu kiissen hat sie den alteren Miinnern und den Frauen. Das dauert in manchen Gegenden ein Jahr lang, in manchen aber nur vierzig Tage. Im Hause selbst ist die Mlada nicht etwa an Tochter statt (filiae loco), sondern minderwerthiger und minderberechtigter als ihre Sehw&gerinnen (zaove). Das kanu man daraus ersehen, dass sie die niedrigsten Arbeiten zu verrichten und mehr zu arbeiten hat als ihre Sclnvagerinnen. Sie hat dem Schwiegervater, der Schwiegermutter und dem Gaste die Schuhe auszu¬ ziehen, sie eventuell zu trocknen und reinigen; sie muss ihnen auch die Fiisse waschen. Die iibrigen Weiber und Kinder ziehen sich zwar selbst aus, aber die Mlada hat auch ihre Beschuhung zu sammeln, sie an den hiefiir bestimmten Platz zu legen und dann am nachsten Morgen, wenn sich Alle zu Tische setzen, Jedem das gereinigte Schuhwerk zu bringen. Am Abend bat sie sich als Letzte niederzulegen, am Morgen als Erste aufzustehen, Feuer zu machen, Wasser zu bringen und den Hausgenossen auf die Hande zu schiitten, wenn sich diese waschen wollen. Auch wenn das kleinste Kind Wasser verlangen wiirde, z. B. beim Mittags- tisch, so hatte sie aufzustehen und dem Kleinen Wasser zu reichen. Das erste Jahr geht sie auch mit dem Vieh auf die Ahn. An Feiertagen gehen ihre Schwagerinnen in die Kirche, sie aber hat zu Hause zu bleiben, Alles in Ordnung zu bringen und das Essen zu bereiten. Ist eine der Schwagerinnen Braut, hat sie ihr bei der Fertigstellung der Ausstattung und Geschenke behilflich zu sein. Auch als Witwe bleibt sie noch immer die Jungste im Hause. Das dauert so lange, bis die nachste Mlada heim- gefiihrt wird. Diese niedrige und untergeordnete Stellung der Mlada den Hausgenossen gegen- iiber aussert sich auch in dem, dass sie von diesen gewohnlich nicht bei ihrem Namen [ 329 ] Lilek. Vermiihluiigsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 39 gerufen wird. Unter den Ljubibratidi in Ljubovo bei Trebinje ist ein 70jahriger Greis, der bisher noch nie sein Eheweib beim Namen gerufen hat. Als einst die Volkszahler in ein Haus kamen, um Zahl und Namen der Inwohner aufzuschreiben, wusste Niemand den Namen der Mlada, nicht einmal ihr Mann. Und so mussten die Volkszahler warten, bis die gerufene „Borčanka i! (so benannt nach ihrem Heimatsorte Borač) ihnen selbst den Namen nannte. 12. Die Mlada hat in einer Hausgenossenschaft nach dem Tode ihres Mannes kein Anrecht auf sein allfalliges Peculium, noch auf das Hausgenossenschafts-Vermogen, falls dieses getheilt wiirde; sie hat als Witwe nur Anspruch auf Wohnung, Nahrung, Bekleidung und Bestattung. Hat sie erwachsene Kinder, so geniessen diese das Erbrecht nach dem Vater, sonst aber dessen mannliche Verwandtschaft. Wilrde sich die Hauscommunion theilen, so bckame derjenige Hausgenosse, der die Witwe zu sich nahme, einen grosseren Antheil. Im Falle einer abermaligen Verheiratung diirfte sie ihr Peculium, d. h. ihre Ausstattung und das Geld, das sie auf der Hochzeit als Guss-, Begleit- und Kammgeld (poljevačina, ispratnja und češljarina) bekommen hat, mitnehmen; von den Kindern wurde man ihr allenfalls die weiblichen, aber keinesfalls die mannlichen iiberlassen. Vom Viehbesitz gebiihrt ihr nur Dasjenige, was von ihrem Gelde gekauft und vermehrt worden ist. Mit dem Verlassen des Manneshauses verliert sie alle in demselben erworbenen Rechte. Wie des Mannes Haus dessen verwitweter Gemahlin nichts von seinem Eigen iiberlasst, ebensowenig iiberlasst das 'Stammhaus der Ehegemahlin ihr Peculium im Hause des Ehegemahls, falls sie, ohne Kinder hinterlassen zu haben, gestorben ist. Bald nach ihrem Tode wird ihre Mutter kommen und alle ihre besseren Kleider und ihren ganzen Schmuck, den sie vom Hause mitgebracht hat, zusammenklauben und dann unter deren Schwestern und Briider vertheilen; den Ersteren fallen die Kleider und der weibliclie Schmuck, den Letzteren die Ducaten zu. Es besteht sogar der Brauch, dass die Mutter schon der durch Werbung vergebenen Tochter den ganzen Schmuck wegnimmt und ihn ihrer nachstaltesten Schwester iibergibt. Manchmal kommt es auch vor, dass die Mutter der Braut oder der „Jungen“ den Schmuck nur leihweise so lange iiber- lasst, bis die Braut oder die Mlada von ihrem Brautigam oder Ehegemahl einen solchen zum Geschenke bekommt. Das hiesige Volk sieht es nicht gerne, wenn sich eine altere oder lange Zeit verehelicht gewesene Schnur zur Wiederverheiratung entschliesst. Einer solchen wird man nicht einmal erlaubcn, dass sie von den Svaten feierlich abgeholt, geschweige denn, dass man zu den Hochzeitskosten etwas beitragen wiirde. Ist dagegen die verwitwete Scliwiegertochter noch sehr jung und hat ihren Mann sehr friih verloren, so wird ihr manchmal der Schwiegervater selbst zur Wiedervereheliehung rathen, wiewohl es ihm schwer ist, dass sie sein Haus verlassen soli; auch wird er die eventuellen Unkosten ftir die Hochzeit tragen. Vor Ablauf eines Jahres, gerechnet vom Todestage ihres Ehegemahls, darf sie jedoch nicht heiraten, denn so lange hat sie ihren verstorbenen Mann zu beweinen. Das Gewohnlichere ist jedoch, dass sie nach dem Tode ihres Ehegemahls in ihr Elternhaus zuruclckehrt und sich von dort aus vviederverheiratet. Die Witwe eines Popen hat nach der Sitte auf eine Wiederverheiratung zu verzichten. Will sie dennoch heiraten, so hat sie dies schon beim Begrabniss ihres Mannes anzugeben, und in diesem Falle wird dem Popen kein Armgeschmeide angethan. 40 II. Volkskunde. [330] Dass die Ausstattung einer verstorbenen Frau von ihrer Familie, besonders wenn sie arm ist, zuriickverlangt wird, dafiir kann ich aucb aus dem Bezirke Foča einen concreten Fali anfiibren. Es starb da die Fran N. . . . Nacb ihrem Tode kam ihr Vater mit dem Knezen (Dorfaltestei-) und dem Popen ins Hans ibres Gemahls und trug von dort ihre Pelzjacke, ihre Leintiicher nnd Teppiche fort, obwohl sie Kinder hinterlassen hatte. 13. Die armen Lente rauben und steklen die Madchen zumeist aus dem Grunde, weil deren Eltern mehr fiir sie begehren, als die armen Werber zablen konnen. Vor einigen Jahren ereignete sich im Bezirke Prijedor folgender Fali. Es verliebten sick ein Bursche und ein Madchen in einander, aber sie konnten nicht heiraten, weil der Bursche nicht im Stande war, das zu bezahlen, was ihre Eltern fiir sie verlangten. Nun klagte der Bursche sein Leid dem Pfarrer. Dieser rieth den Eltern, die ange- botene Summe anzunehmen und ihre Tochter freiwillig dem Burschen zu geben, denn sonst werde er die Jungen oline ihre Erlaubniss trauen, falls der Bursche das Madchen zur Trauung brachte; sie hatten dann nur das blosse Nachschauen. Nach einigem Weigern fiigten sich die Eltern des Madchens und gaben es dem Burschen um die angebotene Summe. Bei Zahlung des Madchenpreises ereignen sich manchmal auch komische Inter- mezzi. Im Sarajevsko polje entfiihrte vor zwei Jahren ein Moslim eine Moslimin. Nach vollzogener Trauung wollte er sich mit dem Hause der Mlada aussohnen. Da er sich nicht selbst ins Haus traute, schickte er einen Bekannten zu ihren Eltern fragen, ob er aufs „pomirenje a koinmen dlirfe, und ob sie mit der angebotenen „jabuka“ zu- frieden waren; er selbst wartete auf dem nachsten Hiigel auf Antwort. Als ihm diese dahin ertheilt wurde, dass die Eltern mit der angebotenen Summe nicht zufrieden seien, gab er zur Riickantwort, sie mogen nur warten, bis die Jabuka 1 ' (wortlich: der Apfel) grosser gewachsen sein werde. Als sich der Bursche hernach um den Ausgleich gar nicht mehr kiimmerte, schickten die Eltern einen Boten zu ihm mit der Bitte, er moge doch zur Versohnung (na mir) kommen. 14. Die muhammedanischen Bauern im Bezirke Konjic gehen geradezu darauf aus, dass ihnen die Tochter wider ihren scheinbaren Willen phjsisch oder moralisch geraubt (da se otmu ili potegnu) oder gestohlen wiirden (ukradu se), besonders wenn der Bursche aus einem guten Hause ist (ako je momak „prilika“ djevojci), damit sie dann von seiner Familie die Zahlung des „mir“ verlangen konnten, wozu sie nach dem Scheriatsrechte nicht berechtigt sind, wenn das Madchen bei der Werbung ver- geben wurde. 15. Beim hiesigen Volke kann man nach vollzogener Werbung oder Eheschliessung oft horen: „Die haben viel gegeben“, „die haben viel genommen“, „die Eltern haben ihre Tochter hoch geschatzt“, „sie haben sie iiberscliatzt“. Arbeitet die Mlada nicht nach dem Willen und Wunsche ihres Schwiegervaters oder ihres Gemahls, so kann sie den Vorwurf horen: „Habe ich Dich deshalb ins Haus gebracht, dass Du mir umsonst das Brot isst? Weisst Du nicht, dass ich fiir Dich mehr gezahlt habe, als Du werth List?“ Oder: „Warum arbeitest Du das nicht besser? Ich habe doch fiir Dich so und so viel gegeben“, „ich habe Dich von Deinem Vater gekauft!“ 16. Auf dem Lande geht der Brautigam weder mit den Svaten um die Braut, noch geht er nach der Trauung in der Kirche mit ihr nach Hause. 17. Auf dem Lande geht Niemand aus dem Brauthause weder zur Trauung in die Kirche, noch zum Hochzeitsschmause in des Brautigams Haus. [ 331 ] Lil ek, Vermiihlungsbrauche in Bosnien und der Hercegovina. 41 Religiose Ceremonien. Die gelegentlich der Eheschliessung geiibten religiosen Brauche erinnern uns an die heidnische Verehrung der Sonne, des Feuers, des Wassers, der Erde und der gottlichen Beschiitzer des Hauses und des ehelichen Lebens. Diese Verehrung wird ausgedriickt durch Opferungen, Libationen und Lustrationen. Durch besondere Handlungen soli noch ausgedriickt werden, dass die Braut die Religionsgemeinschaft ihres Geburtshauses verlasst und der Religionsgemeinschaft des Brautigamshauses theilhaftig wird. Dass bei einem aberglaubischen Volke die Hochzeit nicht ohne Zauberei und Erforschung der Zukunft abgehen kann, ist selbstverstandlich. Gehen die Freier das Madchen freien, so treten sie den Weg zuerst gegen O sten an; denn nach der religiosen Ueberzeugung des hiesigen Volkes hat jede Arbeit, die man einem gliicklichen Ende zufiihren will, in der Richtung gegen Osten, wo die Sonne „geboren“ wird, zu beginnen. Auch die Svaten gehen zuerst gegen Osten: 1. wenn sie die Braut abholen; 2. wenn sie dieselbe in die Kirche zur Trauung fiihren; 3. wenn sie dieselbe aus der Kirche ins Brautigamshaus fiihren. Die Heimfuhrung der Braut erfolgt mit dem Sonnenaufgange. Auf dem Lande vollenden die Svaten ihren Weg in einem Kreise (naoposlen), oder wenn sie das nicht konnen, gehen sie auf dem Hin- und Henvege auf der rechten Seite der Strasse. Wird der Braut bei ihrer Ankunft vor des Brautigams Wohnung ein Kind gebracht, dreht sie dasselbe dreimal im Kreise, und zwar in der Richtung des Sonnenlaufes. Das Opfern der Braut am Ii er d e in des Brautigams Hause ist allgemein ge- brauchlich; stellenweise opfert sie auch am heimatlichen Herde, wenn sie von dem- selben Abschied nimmt. Gelangen die Svaten mit der Braut, sei es auf dem Wege von ihrem Elternhause ins Haus des Brautigams oder zur Kirche, an das erste Wasser, hat die Braut ein Stuck ihrer Ausstattung oder sonst eine Gabe ins Wasser zu opfern. In Ljubovo (im Bezirke Trebinje) opfert sie a.in AVasserbehalter (burilo), der vor dem Hause auf- gestellt ist. (Bei den Slovenen am Brunnen.) Den gottlichen Beschiitzern des ehelichen Lebens opfert die Braut Niisse, Ilaselnllsse, Feigen, Bonbons, Getreide und Geldstiicke, der Cauš einen Hahn. Zur Versohnung des AViirgengels wird irgend ein Thier geschlachtet. Den agrarischen Gottern wird Getreide, Honig oder ein Apfel mit Geld', was Alles iibers Brautigamshaus geworfen wird, geopfert. Dem Hausgeiste wird an der Tliurschwelle und am Iiausherde Geld geopfert. An die AVeinlibation erinnern uns folgende katholische Gebrauche. Holt sich der Brautigam nach der Trauung seine Braut aus dem Elternhause, wo die „cena“ abgehalten wird, so bringt ihm ein er der Svaten einen Pokal Wein; von diesem macht der Brautigam einen Schluck, das Uebrige aber giesst er liber sich (an der dalma- tinischen Grenze). An anderen Orten, z. B. in Sarajevo, erwartet die Schwiegermutter die Braut mit einem Glas Wcin, aus dem ein jeder der Iiochzeitsleute ein wenig nippt und dann ein Geldgesclienk hineinwirft. (Bei den steirischen Slovenen giesst die Braut das ihr entgegengebrachte Glas Wein auf die Erde aus, d. h. sie opfert es den tel- lurischen Gottheiten.) Bei den Muhammedanern giesst der „kafedžija“ (Cafetier) eine Kanne Kaffee vor der Braut aus, wenn sie die Braut bei seiner „kafana“ voruberfiihren. 42 II. Volkslcunde. [ 332 ] Ins Gebiet der Wasserlibation haben wir zu verlegen den hercegovinischen Brauch, dass die Braut bei ihrer Ankunft vor des Brautigams Hause den vor dem Hause stehenden Wasserbehalter offnet und dann ein Geschenk darauf legt. Diese Opferung am Wasserbehalter trat in dieser Karstgegend jedenfalls an Stelle der Opferung an der Quelle oder am Brunnen, wie sie an anderen Orten liblich ist. Moglich, dass der „polijev“ (Begiessung) beim Hochzeitsmahl urspriinglich eine Libation war, und zwar zu jener Zeit, wo der Hochzeitsschmaus noch die Bedeutung eines Opfers an sich trug. Aber noch wabrscheinlicher ist es, dass das von der Mlada geiibte Wasserschutten auf die Hande der Svaten und Gaste gleich urspriinglich die Bedeutung einer Lustration vor dem Opfer hatte, an das sich dann das Mahi an- schloss. Die Gebr&uche, dass die „Junge“ in des Brautigams Hause iiber einen „gjugum