'5Pi7 " Separat-Abdruck aus den «Mittheilungen cjes, Musealvereins fiir Krain». 1897. . v jo fsf/ Erechthites hieracifolia Rafinesque. Eine fur Krain neue, eingewanderte Composite Amerikas. Von Prof. A. Paulin. Die stetig steigende Vergrosserung des Weltverkehrs hat bekanntlich zur Einfuhrung, aber auch Gelegenheit zur Ein- schleppung so mancherPflanzenarten aus iiberseeischen Landern gegeben. So hat sich z. B. eine Reihe von Arten nachweislich erst seit der Entdeckung Amerikas allmahlich in Europa ein- gebiirgert, und einzelne derselben haben sich in ihrer neuen Heimat derart ausgebreitet, dass wir sie jetzt zu den ganz gewohnlichen Unkrautern zahlen. Einige dieser fremden An- siedler, als Oenothera biennis L., Erigeron Canadense L., Stenactis bellidiflora A. Br. und Rudbeckia laciniata L., haben vor lan- gerer oder kiirzerer Zeit auch bei uns zu Lande festen Fuss gefasst. Aufgabe dieser Zeilen soli es nicht sein, diese all- bekannten amerikanischen Colonisten, die theilweise bereits anderweitig 1 naher besprochen wurden, zu behandeln, wohl 1 Cf. Dcschmann: dJeber einige in jiingster Zeit in Krain ein- gewanderte Pflanzen« (Laibacher Zeitung 1868, Nr. 78 und 79); ferner Voss: «Zur Chronik der Pflanzenwanderungen» (Oesterreichische bota- nische Zeitschrift, XXVII. [1877], p. 168 ff) und desselben «Zur Flora von Laibach« (ibid. XXXII. [1882], p. 285). Anmerkungsweise sei hier erwahnt, dass sich Rudbeckia laciniata L., deren Vorkommen auf dem Laibacher Moor und an den Abhangen des Schischkaberges. auch u. a. in den obcitierten Abhandlungen constatiert wird, in grosser Menge an den Gewassern in der Umgebung von St. Bar- thelma in Unterkrain vorfindet und daselbst stellenweise, wie z. B. bei Schmalzendorf ynd Oberfeld, nahezu ausschliesslich die Ufervegetation bildet. ? /" TA^Ot — 2 — aber auf eine in letzterer Zeit in einzelnen Theilen unserer Monarchie sich neu ausbreitende, gleichfalls aus Amerika stam- mende Wanderpflanze aufmerksam zu machen, da ich heuer das Vorkommen derselben nun auch in Krain constatieren konnte. Im Jahre' 1876 fand der bekannte kroatische Natur- forscher und-' hervorragende Botaniker L. v. Vukotinovič auf einer Ausrodung an der Grenze einer Weinbergsanlage in der Nahe von Agram einige Individuen eines ihm un- bekannten, fur die kroatische Flora neuen Korbbliitlers, den er jedoch im folgenden Jahre vergebens an derselben Loca- litat, die inzwischen mit Weinreben bepflanzt wurde, wieder gesucht hatte. Erst im Jahre 1880 (20. Juli) gelang es Vuko¬ tinovič, gemeinsam mit seinem Mitarbeiter an der «Flora Croatica«, J. Schlosser Ritter v. Klekovski, die in so rathselhafter Weise wieder verschwundene Pflanze auf einer im Jahre 1878 durchgefiihrten Eichenwaldausrodung im erz- bischoflichen Parke Maximir (Jurjevac) nachst Agram in grosser Menge in Gesellschaft von Senecio silvaticus L., Erigeron Canadense L., Epilobimn virgatum Fries., Centaurea stenolepis Kern., Molinia littoralis Host. u. a. anzutreffen und in dem darauf folgenden Jahre auch auf den hochsten Kuppen des Agramer Gebirges bei St. Jakob, woselbst kurz vorher ein Buchenwald abgestockt worden war, wiederzufinden. Vukotinovič vermeinte in der fraglichen Pflanze eine neue Art aus der Gattung Senecio zu erkennen und benannte dieselbe wegen ihrer grossen habituellen Aehnlichkeit mit der Gattung Sonchus im Rad Jugoslavenske akademije 1 als Senecio sonchoides. Fast gleichzeitig hat Schlosser diese Art in der Oesterr. botan. Zeitschr., XXXI. (1881), p. 5, als Senecio Vukotinovici, versehen mit genauer Diagnose, 1 Cf. Vukotinovič: »Pleme sucvjetakah (Compositae) u Hrvatskoj, dosad našastih» (Rad Jugoslavenske akademije, knjiga LVIII. [1881], p. 85 und 86). 3 publiciert. Als Exsiccate gelangten in der Umgebung von Agram von Wormastiny gesammelte Exemplare des Senecio sonchoides Vuk. im Jahre 1882 in K er n er s »Flora exsiccata Austro-PIungarica» sub Nr. 658 zur Ausgabe (cf. v. Kerner: «Schedae ad Floram exsiccatam Austro-Hungaricam», II. [1882], p. 131). Weitere Angaben ilber das Vorkommen von Senecio sonchoides Vuk. finden wir nun zunachst im botanischen Cen- tralblatt 1883, XIV. Band, woselbst v. Borbas (p. 270 ff.) gelegentlich der Besprechung von «Waisbeckers Gefass- pflanzen von Gilns» bekannt gibt, dass Senecio sonchoides Vuk. auch bei Guns (nach Prof. A. F r e h daselbst von ihm zuerst schon im Jahre 1877) beobachtet, jedoch mit Senecio Cacaliaster Lam. verwechselt wurde. In derselben Zeitschrift, 1884, XVII. Bd., 1, p. 370, theilt ferner v. Borbas mit, dass er auch selbst die in Rede stehende Pflanze bei Mannersdorf (Kethely) im Oedenburger und bei Khofidisch (Gyepii Fiizes) im Eisen- burger Comitate gesammelt habe. Desgleichen hat Preiss- mann in der Oesterr. botan. Zeitschr., XXXV. (1885), p. 161 und 224, die Mittheilung gemacht, dass er Senecio sonchoides Vuk. schon im Jahre 1877 in einem Buchenwaldschlage bei Luttenberg in Steiermark aufgefunden habe. Einen ausfiihrlichen Artikel widmeten unserer Pflanze Kornhuber und Heimerl, welche beiden dieselbe im Jahre 1884 bei Kapuvar im Oedenburger Comitat aufgefunden haben. Die genannten Forscher, welche im Monat August 1884 eine botanische Begehung des Hansag-Moores unternahmen, besuchten zu diesem Zwecke von Kapuvar aus den sogenannten Grossen oder Kapuv&rer Erlenwald, woselbst sie an den von iippigstem Pflanzenwuchs erfiillten Randern dieses Waldes, zu- mal aber langs der Durchschlage und Alleen Senecio sonchoides Vuk. zumeist gruppenweise in vollster Ueppigkeit in 1 — l 1 /* m hohen Exemplaren gesellschaftlich mit Glyceria spectabilis M. u. K., Lythrum Salicaria L., Urtica dioica L. u. a. antrafen (cf. Kornhuber und Heimerl: Erechthites hieracifolia Raf., 4 eine neue Wanderpflanze der europaischen Flora, in Oesterr. botan. Zeitschrift. XXXV. [1885], p. 297 ff.). Der eigenthumliche, vor allem durch den leicht zerbrech- lichen, saftreichen Stengel, die diinnen, ungleich doppelt-scharf- gezahnten, unterseits netzaderigen Blatter und durch die zu einer meist reichbliitigen Rispe vereinigten discoiden (strahllosen), blassgelben Anthodien (Kopfchen) bedingte Habitus der in Rede stehenden Pflanze veranlasste Kornhuber und Heimerl, dieser ein eingehenderes Studium zu widmen. Die genauere Untersuchung der in Kapuvar gesammelten Exemplare ergab alsbald, dass hier uberhaupt kein Senecio vorliege, sondern dass die Pflanze der von Rafinesque aufgestellten Gattung Erechthites angehore, die sich durch discoide, hetero¬ gam e Anthodien, deren Randbliiten fadlich und weiblich, deren Scheibenbliiten dagegen oberwarts etwas verbreitert und zwitterig sind, leicht von der Gattung Senecio DC. unter- scheidet, welche discoide und homogame oder aber st rahle n de und dann heter o gam e Anthodien hat. Die Gattung Erechthites Raf. umfasst nur eine massige Anzahl von in Nord- und Sudamerika, ferner auf Australien und Neuseeland einheimischen, zum Theile einander sehr ahnlichen, zum Theile aber auch gut charakterisierten Arten. Durch genaue Vergleichung der kroatischen und ungarischen Pflanzen mit den bisher beschriebenen, grosstentheils auch in den Plerbarien des k. k. Hofmuseums niedergelegten Arten der Gattung Erechthites konnten Kornhuber und Pleimerl in der bishin als Senecio sonchoides Vuk. angesprochenen Pflanze mit Bestimmtheit die in Amerika einheimische Art Erechthites hieracifolia Raf. erkennen. Diese Art bewohnt ganz Amerika und gehort in Nordamerika, wo sie eine ausser- ordentlich weite Verbreitung hat, zu den lastigsten Unkrautern. Was nun die Art und Weise der Uebersiedlung unserer Pflanze aus Amerika nach Europa anlangt, muss angenommen werden, dass dieselbe auf ahnliche Weise bewerkstelligt wurde, wie die anderer amerikanischer Ansiedler, welche nachweislich 5 durch keines jener Vehikel (wandernde Thiere', Luft- und Wasserstromungen) erfolgte, die sonst so vielfach zur Ver- breitung von Samen und Friichten dienen, sondern lediglich nur durch Vermittlung des Menschen stattgefunden hat. Die Annahme einer Vertragung der Friichte durch Wanderthiere ist, abgesehen von allem anderen, schon durch die geographische Lage der beiden Continente, jene eines Transportes durch Meeresstromungen schon durch die Qua- litat der Friichte selbst ausgeschlossen. Wohl aber gehort Erechthites hieracifolia Raf. in jene Gruppe von Gewachsen, deren Friichte mit federigen Anhangseln, denen die Rolle von Fallschirmen zukommt, versehen und somit fur Luft- reisen ganz vortrefflich eingerichtet sind, was einen Trans¬ port der Friichte durch Luftstromungen von vorneherein als nicht im Bereiche der Unmoglichkeit erscheinen liesse. Wie die Friichte einer grossen Anzahl von Compositen, tragen namlich auch jene unserer mehrfach bezogenen Art einen aus einfachen, etwas rauhen Haaren bestehenden Kelch, der bei trockener Luft ausgebreitet die Gestah eines um- gekehrten Hohlkegels hat, dessen Durchmesser den der kleinen Frucht um das Vielfache iibertrifft. Diese Einrichtung der Haarkrone bietet bei moglichst geringer Masse und einem moglichst kleinen Gewichte der Luft eine moglichst grosse Angriffsflache, wodurch dieses Convolut von Haargebilden nahezu dieselbe Rolle spielt, wie ein aus einer continuier- lichen Membran gefertigter Tragapparat. Durch die Aus- gestaltung mit derartigen Flugapparaten konnen nun die Friichte unter gewissen Bedingungen geraume Zeit sich in der Luft schwebend erhalten und mit dem aufsteigenden Luftstrom in ganz bedeutende Hohen emporsteigen, wie denn auch, von kraftigen horizontalen Winden erfasst, auf gewisse Entfernungen vertragen werden. Allein bei dem Umstande, als die Haare des Flugapparats bei nassem und feuchtem Wetter zusammenkleben und dann der ihnen bei trockener Luft zukommenden Function entkleidet werden, und da ferner 6 die Fruchte mit ihren gespinstartigen Flugapparaten an and fur sich schon leicht an anderen Pflanzen haften bleiben, kann eine Verbreitung von derartigen Friichten durch Luft- stromungen uber weite I-Iorizontaldistanzen in ununter- brochenem Zuge nicht stattfinden. Die noch vielfach ver- breitete Ansicht, mit Flugvorrichtungen versehene Samen und Fruchte konnten durch die bewegte Luft gleich viele Meilen weit fortgeftihrt werden. muss daher als eine irrige bezeichnet werden, deren Nichtstichhaltigkeit durch die so interessanten darauf hinzielenden Forschungen Kerners direct dargethan wurde. Kerners diesbeziigliche Beobachtungen 1 haben u. a. ergeben, dass die den Moranenschutt bevolkernden und auf dem Firn der Gletscher sich ansiedelnden Pflanzen, resp. die daselbst vorfindlichen Samen, nicht einer einzigen Art an- gehoren, die nicht auch an den zunachst liegenden Berg- gehangen oder in den unmittelbar benachbarten Thalgebieten heimisch und verbreitet \vare, und dass sich somit die hori¬ zontale Distanz, uber welche mit Flugvorrichtungen versehene Fruchte durch Luftstromungen dahingeftihrt werden, wohl kaum jemals weiter als von einer zur anderen Thalwand erstreckt, woraus sich unmittelbar aus der Erfahrung der Schluss ergibt, dass von einer Uebertragung luftfahrender Samen und Fruchte uber weite Lander und Meere keine Rede sein kann. Wie wohl aber einerseits eine sprungvveise Aus- breitung von Pflanzenarten, deren Samen fur Luftfahrten eingerichtet erscheinen, durch Vermittlung von Luftstro¬ mungen nicht erfolgen kann, so fordern doch anderseits mit Flugvorrichtungen versehene Samen und Fruchte eine schrittweise Verbreitung auf zusammenhangendem Terrain und ermoglichen die Ansiedlung auch auf hoher gelegenen 1 Cf. A. Kerner: «Der Einfluss der Winde auf die Verbreitung der Samen im Hochgebirge» (Zeitschr. d. Deutschen Alpenvereins, II. Bd. [1871], p. 144 ff.), ferner desselben «Beitrage zur Geschichte der Pflanzen- wanderungen» (Oesterr. botan. Zeitschr. XXIX., [1879], p. 174 ff.). 7 Orten, insofern durch die Beschaffenheit von Boden und Klima dieser Verbreitung nicht eine Grenze gesetzt wird. Es konnte daher auch von unserer Pflanze von vorneherein angenommen werden, dass eine schrittweise Verbreitung derselben, pach- dem die erste Einbiirgerung an einer ihr zusagenden Localitat erfolgte, von Generation zu Generation stattfinden werde, zumal die Migrationsfahigkeit der Gattung Erechthites, wie Schenk 1 im Anschluss an die diesbezuglichenUntersuchungen Hofmeisters und Nagelis nachgewiesen hat, durch die eigenthtimlichen Structurverhaltnisse der Haare, mit denen die kleinen Achenen besetzt sind, wesentlich noch erhoht wird. Die derFrucht zugewendete Seite dieser in derRegel dreizelligen Haare, die Innenseite derselben, besteht aus zwei Zellen, einer oberen langeren und einer unteren kurzen; die von der Frucht abgewendete Seite, die Aussenseite, wird von einer Zelle gebildet. Die Wande dieser Zellen bestehen in ihrer aussersten Schichte aus einer glatten Cuticula; an diese schliessen sich Verdickungsschichten, welche im Wasser ziemlich stark quellen, infolge dessen die Aussenschicht sprengen und aus- treten. Dadurch wird nun einerseits die Richtung der in trockenem Zustande dicht an der Frucht angedriickten Haare bei Zutritt von Wasser geandert, als auch anderseits ein aus den gequollenen Verdichtungsschichten bestehender an- klebender Schleim ausgeschieden. Wenn auch diese klebenden Ausscheidungen aus den befeuchteten Friichten vor allem die Befestigung an das Keimbett bezwecken , 2 so wird doch durch diese Einrichtung noch der weitere Vortheil einer grosseren Beweglichkeit und leichteren Transportfahigkeit der Friichte auch bei feuchtem Wetter bezweckt und dieser Zweck durch das Ankleben der Friichte an das Gefieder und die Haare wandernder Thiere auch thatsachlich erreicht. 1 Cf. Schenk: «Zur Kenntnis des Baues der Friichte der Com- positen und Labiaten* (Botan. Zeitung, 35. Jahrg. [1877], p. 409 ff.). 2 Cf. Kerner v. Marilaun: Pflanzenleben, I. Bd., p. 575, und II. Bd., p. 804. 8 Die Muthmassung, Erechtliites hieracifolia Raf. werde sich nach und nach liber ein grosseres Areale verbreiten, hat sich in der That auch bestatigt, wie aus den folgenden Siandorts- angaben zu ersehen ist. 1887: Feuchte Waldblossen des Kolbeterberges bei Htitteldorf in Niederosterreich (Mtlllner 1 , Verhandl. der k. k. zoolog.-botan. Gesellsch. 1888, S. B., p. 29).— 1889: In Waldschlagen des Johannisberges bei Budapest (Simonkai, Oesterr. botan. Zeitschr., XLIII. [1893], p. 68). — 1890: In Holz- schlagen amSchildberge zwischen Boheimkirchen und St. Polten in Niederosterreich, hier nachweislicli erst im diesem Jahre aufgetreten (Grimburg und Hackel, Oesterr.botan.Zeitschr., XL. [1890], p. 428); in Holzschlagen amEulenbergebeiLitschau und am Radelberge bei Plerzogenburg (B e c k, Verhandl. der k. k. zoolog.-botan. Gesellsch. 1891, p. 645); Gleichenberg in Steiermark (Krašan, Mitth. d. naturw. Vereins fiir Steiermark 1890, p. 228); in der Umgebung von Fiirstenfeld in Steiermark (H at le, ibid. eod. p. 362); bei Stimeg und Tatika im Zalar- Comitate (Szep, Programm der Stimeger Realschule 1890/91). — 1891: Im Holzschlag Tannenschachen bei Rappoltenkirchen in Niederosterreich (Haring, Oesterr. botan. Zeitschr., XLIII. [1893], p. 66); ferner in Ungarn bei Keszthely und Mura- Keresztur (Czako, Oesterr. botan. Zeitschr., XLIII. [1893],p. 68) und bei Tatika (Piers, ibid. eod. p. 68). — 1892: am Bacher- gebirge bei Pikerndorf in Steiermark (Murr, Deutsche botan. Monatsschr. 1892, p. 129); Holzschlage bei Nestelbach in Steier¬ mark (Molisch, Mitth. d. naturvv. Vereins fur Steiermark 1892, p. C V) und am Hilmteiche bei Graz (Krašan, ibid. eod. p. CIII). — 1893: Neuer Schlag am goldenen Briinnl im Rohmald nachst Spillern in Niederosterreich (Haring, Oesterr. botan. Zeitschr., XL1V. [1894J, p. 112). — 1894: Wald- schlag in Czak und Gtins in Ungarn (Waisbecker, Oesterr. 1 Die mit gesperrten Lettern gedruckten Namen beziehen sich auf die der Entdecker. 9 botan. Zeitschr., XLV. [1895], p. 109); in Holzschiagen nachst der Station Weidlingau in Niederosterreich (Fritsch, ibid. eod. p. 325). — 1895 : In Blauda nachst Mahrisch-Schonberg (Panele, Oesterr. botan. Zeitschr., XLV. [1895], p. 476). Im laufenden Jahre ( 1896 ) konnte ich das Vorkommen von Erechthites hieracifolia Raf. auch in Krain feststellen. Um dieVegetationsverhaltnisse einesTheilesdesUskoken- gebirges und der zwischen Weisskirchen und Landstrass ent- lang der Gurk sich ausbreitenden sumpfigen Niederung naher zu durchforschen, unternahm ich im Monate August einen Ausflug nach Unterkrain. Die Zureise nach dem zum Auf- enthalte ins Auge gefassten Orte St. Barthelma wahlte ich nun derart, dass ich mit der Stidbahn bis Lichtemvald fuhr, den weiteren Weg aber nach Uebersetzung der Save zu Fuss von der Ortschaft Radna quer iiber das Gebirge nach St. Cantian einschlug, um dieses mir noch unbekannte, aus Triaskalken aufgebaute Terrain bei dieser Gelegenheit naher kennen zu lernen. Unmittelbar bei Radna (177 m) steigt der Weg an- fanglich ziemlich steil an und fiihrt durch einen aus Buchen, Berg- und Feldahornen, Eschen, Stiel-, Stein- und Zerreichen und Edelkastanien bestehenden Wald, dessen Unterholz Hasel- stauden, der gemeine und der wollige Schneeball, die gemeine Heckenkirsche, der Hartriegel, die Kornelkirsche, die Berbe- ritze, der gemeine Spindelbaum, der Epheu, der Faulbaum, der gemeine Seidelbast, der Wachholder u. a. bilden. Die niedere Waldvegetation stimmt vielfach mit jener der Kalkvorberge in der Umgebung Laibachs iiberein. Man findet unter anderen Alliutn carinatum L, Polygonatum multiflorum Alk, Epipactis viridans Crtz., Moehringia muscosa L., Clematis recta L., Hepatica triloba Gilib., Helleboms altifolius Hayne, Helleboms intermedius Host., Epimedium alpinum L., Asarmn Europaeum L., Euphorbia Carniolica Jacqu., Euphorbia amygdaloides L., Mercurialis pe- rennis L., Sanicula Europaea L., Haquetia Epipactis DG., Astrantia maior L., Peucedauum Oreoselinum Mnch., Selinum Carvifolia L., Aruncus Silvester Kostel., Trifolium rubens L., Astragalus glycy- 10 phyllos L., Pirola secunda L., Calluna vulgaris Salisb., Primula acaulis L., Cyclamen Europaeum L., Gentiana asclepiadea L., Vinca minor L., Symphytum luberosum L., Pulmonaria offici- nalis L., Calamintha silvatica Bromf., Salvia glutinosa L,, Clinopodium vulgare L., Galeobdolon montanum Kab., Verbas- cum nigrum L., Melampyrum nemorosum L., Campanula Trache- lium L., Galium silvaticum L., Valeriana officinalis L., Knautia silvatica Coult., Eupatorium cannabinum L., Solidago Virga aurea L., Gnaphalium silvaticum L., Buphthalmum salcifolium L., Senecio nemorensis L., Carlina vulgaris L., Serratula tinc- toria L., Centaurea IVochinensis Bernh., Aposeris foetida Cass., Hieracium silvaticum L., Lactuca muralis DC., Prenanthes pur pur e a L. Nach etwa einer halben Stunde Weges durch den eben geschilderten Wald gelangt man in einer Hohe von ca. 350 m auf kleines, mit Acker- und Wiesenland bestelltes Plateau, an dessen Siidende sich das armliche Gebirgsdorf Lukovica erhebt. Von diesem Dorfe fuhrt der Weg liber ein steiniges, mit Wach- holder, Schleh- und Weissdorn besetztes Terrain auf eine un- gefahr70m hohere, am Nordabhange der Tetna gora gelegene bewaldete Terrasse. Nicht weit von der Stelle, an der ein Seiten- steg nach Novo Orle abzweigt, gelangt man zu einer aus- gerodeten Flache, die, nach dem gegenwartigen Vegetations- charakter zu schliessen, schon vor einigen Jahren abgestockt worden sein musste. In dem dieser Ausrodung entlang sich hinziehenden feuchten Strassengraben sowie langs der Lisiere des gegentiberliegenden, bis an die Strasse reichenden Waldes habe ich nun Erechthites hieracifolia Raf. in einer massigen Anzahl von Individuen in Gesellschaft mit Calamagrostis Epi- geos Schrad., Erigeron Canadense L , Gnaphalium silvaticum L., Lactuca saligna L. und Hieracium boreale Fr. angetroffen. Auf der abgestockten Flache selbst, die mit Calamagrostis Epigeos Schrad. ziemlich dicht besetzt ist, fanden sich nur ganz vereinzelte Exemplare, und ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, dass unsere Pflanze sich an dieser 11 Stelle schon vor Jahren angesiedelt habe, gegenwartig aber daselbst bereits wieder im Niedergange begriffen sei. Erechthites hieracifolia Raf. ist namlich ein Gewachs, das fast consequent nur von ganz bestimmten, gleichartigen Localitaten Besitz ergreift, und wie dasselbe nach Pursh in Amerika stets der Urbarmachung durch Axt und Feuer in grosser Menge folgt, so siedelt es sich auch in seiner neuen Heimat fast ausschliesslich nur auf frischen Rodungen und Holzschiagen mit anderen, derartige Oertlichkeiten occu- pierenden Arten, wie z. B. Epilobium angustifolium L., Cirsium palustre Scop., Erigeron Canadense L., Gnaphalium silvaticum L., Eupatoriurn cannabinnum L., Senecio silvaticus L., Glyceria spectabilis M. u. K., Calamagrostis Epigeos Schrad. u. a., an. Genauere und iangere Beobachtung von Oertlichkeiten, deren Besiedlung durch Erechthites hieracifolia Raf. erfolgte, haben ergeben, dass die Pflanze im ersten Jahre nach Abtrieb des Holzes nur zerstreut, im zweiten und dritten Jahre zahlreich vorkommt, im vierten und funften Jahre schon viel sparlicher wachst und dem iiberhandnehmenden Graswuchs immer mehr weicht, um schliesslich, im Kampfe ums Dasein gegentlber den anderen, kraftigeren Concurrenten erliegend, spurlos wieder zu verschwinden. Erwagt man, dass Calamagrostis Epigeos Schrad., welche Grasart, wie bereits ervvahnt, die Rodung, an der ich Erechthites hieracifolia Raf. vorfand, tiberzieht, zu jenen Pflanzen gehort, deren Rhizome zeilen- und truppweise angeordnete Bestande von Ablegern bilden 1 und die sich an einem ihnen zusagenden Boden, wie es eben Holzschlage fiir die genannte Grasart sind, mit uberraschender Schnelligkeit ausbreiten und an den Stellen, von denen sie Besitz ergriffen, jede \veitere Vegetation unterdrilcken und verdrangen, so dtirfte mit Riicksicht auf das massenhafte Vorkommen dieses Grases auf der bezeich- neten Localitat die Muthmassung nicht unbegrundet sein, dass 1 Cf. Kerner v. Marilaun: Ptianzenleben II., p. 725. 12 Erechthites hieracifolia Raf. daselbst wieder im Absterben be- griffen sei, Dass unsere Pflanze von dieser Oertlichkeit nicht bereits frilher bekannt wurde, findet wohl seine naturliche Erklarung darin, dass diese Gegend bisher wohl kaum jemals von Botanikern betreten wurde. Die Beantwortung der Frage, auf welchem der im Vor- stehenden angefilhrten Standorte die erste Einbiirgerung, beziehungsweise von welcher der genannten Localitaten aus die weitere Verbreitung erfolgte, fallt um so schwerer, als die Mehrzahl der namentlich anfanglich entdeckten Standorte gleich dem von mir aufgefundenen in abgelegenen, vorher von Botanikern wenig oder gar nicht besuchten Gegenden liegt. In Berticksichtigung, dass unsere Pflanze weder einen Zier- noch Nutzwert reprasentiert und daher wohl kaum anderswo als in botanischen Garten cultiviert worden ist, kann mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass wir in derselben einen Fliichtling aus einem botanischen Garten zu erblicken haben. Bei dem Umstande, als zur Zeit der Ent- deckung der Pflanze in der Umgebung von Agram in dieser Stadt ein botanischer Garten nicht existierte, kame zunachst der Grazer Garten als Verbreitungscentrum in Betracht, zumal die Pflanze schon im Jahre 1877 in Steiermark, wenn auch nur an einer Localitat gefunden wurde. Dass man sie nicht friiher in der nachsten Umgebung von Graz beobachtet hatte, fande wohl in der Eigenthiimlickeit der Localitaten, auf denen sich Erechthites hieracifolia Raf. mit Vorliebe ansiedelt, in dem voriibergehenden Auftreten sowie auch darin seine Er¬ klarung, dass man der Pflanze vor dem Jahre 1886 nicht hin- reichende Aufmerksamkeit gewidmet hat. Der Umstand, dass nach Hatle 1 , der der Annahme einer Einbiirgerung durch direct aus Amerika eingeschleppte Friichte zuneigt, im Joanneumgarten in Graz wohl Erechthites 1 Cf. Hatle: Erechthites hieracifolia Raf. Ein Beitrag zur botanischen Topographie der Steiermark (Mittheil. d. natura. Vereins fur Steiermark 1890, p. 362 ff.). 13 palmitifolia, nicht aber Erechthites hieracifolia cultiviert wurde, fiele meiner Ansicht nach bei Erorterung vorstehender Frage nicht so sehr ins Gewicht, wenn man beriicksichtigt, wie haufig sich bei Samensendungen seitens der botanischen Garten Verwechslungen ergeben, wie oft man statt der verlangten Species die Samen einer zweiten, zuweilen sogar einer ganz anderen Gattung angehorigen Art erhalt, und die man, falls die Verwechslung bemerkt wird, gar haufig einfach wegwirft oder aber bis zur nachsten Revision unter einem falschen Namen cultiviert. Ueberblickt man den gegenwartigen Verbreitungsbezirk und erwagt man, dass die grossen, iiber ein mehr oder weniger ebenes Terrain hinziehenden Verkehrsadern den sich aus- breitenden Fremdlingen besonders bequeme Wanderstrassen bieten, so konnte, Graz als Verbreitungscentrum vorausgesetzt, die Verbreitung in radialen Richtungen iiber Ost- und Siid- steiermark und das angrenzende Krain, iiber Nordwestkroatien und das vvestliche Ungarn, von den nordlichsten ungarischen Standorten aber auch entlang der Donau und March iiber Niederosterreich und Mahren verhaltnismassig leicht statt- finden, wahrend einer Ausbreitung in westlicher und nord- licher Richtung durch die daselbst sich erhebenden gevvaltigen Gebirgsmassen immerhin einige Schranken gesetzt werden mogen. Beriicksichtigt man die im Vorstehenden geschilderte Atisbreitung von Erechthites hieracifolia Raf., so kann man mit Recht voraussetzen, dass diese Pflanze, die sicherlich schon jetzt in dem ostlichsten und siidostlichen Theile Krains auf mehreren Stellen zu treffen ware, in nicht allzuferner Zeit ihren Einzug auch in das westliche und nordliche Krain halten werde, zumal sich deren Ausbreitung, wie die bisherigen Bcobachtungen lehren, in ziemlich rascliem Tempo vollzieht. Da es von grossem Interesse ware, ihr dermaliges Verbreitungs- gebiet auf krainischem Boden sowie die Modalitaten des wciteren Fortschreitens in der Verbreitung genau festzustellen, 14 so fuge ich zum Schlusse eine genaue Beschreibung unserer Pflanze an, damit das Auffinden und Erkennen derselben moglichst erleichtert werde. ErechthUes hieracifolia Raf. Synonyme: Ereckthites hieracifolia Rafinesque in De Candolle Prodromus VI., p. 294; E. praealta Lessing in Linnaea 1831, p. 411; E. ambigua DC. in Prodr. VI., p. 295; E. sulcata Gardner in Hooker Lond. Journ. VII., p. 419. — Senecio hieracifolius L. in Spec. plant. ed. I., p. 866. — Sonc/ms agrestis Swartz in Fl. Ind. Occident., p. 1289; S. occidentalis Spreng. in Syst. plant. III., p. 648; S. brasilicnsis Meyen et Walpers in Nova Acta XIX., Suppl. I., p. 293. — Neoceis hieracifolia et rigidula Cass. Diet. XXXIV., p. 387, sec. Kornh. et Heimerl. Sammlung: Kerner v. Marilaun, Flora exsicc. Austro-Hung. Nr. 658. Wurzel spindelig, einjahrig. Stengel strafif aufrecht, saftig, leicht zerbrechlich. rohrig, gefurcht, fast kalil oder nur unterhalb zerstreut be- haart, 3—18 dm hoch und (am Grunde) 12 — 15 mm dick, bei sclrvvachen Individuen nur wenig verzweigt, bei kraftigeu von der Mitte an oder nur in seinem oberen Theile reichlich rispig-astig. Blat ter wechselstandig, dtinn, freudiggriin, unterseits netzaderig, an der Mittelrippe und am Rande kurz gewimpert, die untersten langlich-eiformig, allmahlich in einen ziemlich lang geflugelten Stiel verschmalert, am Rande gezahnelt, die mittleren (bis 16 cm langen und 3 - 5 cm breiten) langlich bis langlich-lanzettlich, mit verschmalerter bis herzformiger, halb- stengelumfassender Basis sitzend, spitzlich, grob und ungleich doppelt gezahnt, die Zahnspitzen knorpelig verdickt, die oberen lineal-lanzettlich bis linealisch, ganzrandig oder nur an der Basis spiessformig ausgeschnitten, sehr spitz, die obersten sehr klein, lineal-fadlich. Anthodien 12 — 16 mm lang und (am Grunde) 5 bis 7 mm breit, strahllos mit gelblichgriiner, einreihiger, walzlich- glockiger, nach oben hin in 10 — 20 spitze, braunlichrothe 15 Zahne gespaltener, langsgefurchter, kahler Korbhulle, die sich zur Fruchtreife an den Furchen in lineale, weisshautig ge- randete Blattchen spaltet und am Grunde von circa sieben (4 — 6 mm langen) pfriemlichen Blattchen umgeben ist; die au f i — 2 cm langen, mit mehreren (4 — 6 mm langen) pfriem¬ lichen Blattchen besetzten Stielen ruhenden Kopfchen anfang- lich dicht doldentraubig stehend, spater eine ausgebreitete, ansehnliche Rispe bildend. BIuten 12 mm lang, sammtlich mit blass schwefel- gelber, rohrig-fadenformiger Krone; die ausseren (Randbliiten) fadlich und weiblich, die inneren (Scheibenbltiten) nach oben zu einem funfzahnigen Trichter erweitert und zwitterig mit heraustretenden Antheren, Griffelschenkel bei allen Bliiten fast vvalzlich, stumpflich; Bliitenboden flach, ohne Spreublatter, aber mit wabenartigen Vertiefungen, in welchen auf warzen- formigen Erhebungen die Achenen sitzen. Achenen 2 — 3 mm lang, braunlich, gerieft, sparlich kurzhaarig, an beiden Enden etwas verschmalert. Pappus- strahlen 12 mm lang, seidenhaarig, biegsam, reinweiss. Vorkommen: Bewohnt feuchte Waldblossen, Rodungen und Holzschlage und bliiht im Juli und August. Erechthites hieracifolia Raf. ist eine sehr variable Art, und es unterliegen die Hohe und Verastelung des Stengels, die Behaarung, namentlich aber auch die Blattbreite und Blattheilung vielfachen Schwankungen. Eine in Waldsclilagen um Czak und Giins sehr zahlreich vorkommende Form mit dimnem, nur 10 — 30 cm hohem, unverzweigtem Stengel, der nur ein bis drei kleine, 8 — 12 mm lange und 3 — 4 mm breite Kopfchen tragt, wurde von Waisbecker 1 als Erech¬ thites hieracifolia Raf. forma minor bezeichnet. 1 Cf. Waisbecker: «Beitrage zur Flora des Eisenburger Comi- tats» (Oesterr. botan. Zeitschr., XLV. [1891], p. 109). b. VII. Mb