November 1898. I. Jahrgang. Nr. 11. ii--.-usg.g-bm •«• dl»y--,m.Z«u WWMMWWWWMWM! Bim geehrten Lesern zur gefälligen Beachtung! Der „Ziern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrift am Schlüsse jeden Monates und kostet jährlich 1 fl. 50 kr. ö. W. — 3 Mark mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern von Centralafrika diese Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise verbreiten und uns Abonnenten werben zu wollen. Zur Bestellung des „Stern der Neger" wende man sich an den ?. Rector des Mission shauses der „Söhne des hlst. Herzens Jesu" in M ühland bei Brixen (Tirol). Allensallsige Abonnenten in Brixen können sich zur Entrichtung des Abonnements an A. Weger's Buchhandlung wenden. Neu hinzutretende Abonnenten erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Erhalten von: Herzogin von S.-P.-Wien Messstipendien 20 fs., Abonnement für 1898 und 1899 3 fl.; I. K. Kaplan-Stein Messstip. 20 fl.; M.-Brixen für das Missionshaus 9 fl.; F, H. Priester-Strengberq f d. Ms. 10 fl.; H. Sch.-Steele Messstip. 72 Mark; Unaenannt-Wienf.d. Ms. 1 fl.; H. G. Canonicns-Jnnichen 5 fl.; I v. G. Messstip. 120 Mark; L. M. Wien 1 fl.; Rcd.-Coll.-Jnnsbruck f. d. Ms. 3 fl.; W. K. Theolog-Olmütz 1 fl.; A. Sch. Pfarrer-Schwarza in hon. SS. C. f. d. Ms. 50 fs.; J. F. Pfarrer-Hof f. d. Ms.° 1 st.; F. W.-Linz f. d Ms. 1 ft.; durch A. W. Buchhandlung-Oppeln für Negcrkiiid „Franz v Assisi" 21 Mark; E. K.-Wien f. d. Ms. 10 fl.; E. B. Priester-Lemberg f. b. Ms. 100 fl.; Dr. S.-Wien f. d. Ms. 100 fl ; L. P. Cooperator-Gr. Schweinbarth 1 fl.; G. K. Gran 1 fl ; durch A. K.-Laatsch Legat f. d. Ms. 50 fl.; Messstip. 300fl.; A. B. Religionsprosessor-Proßnitz f. d. Ms. 20 fl ; Ungenannt-Gmunden zu Ehren des göttl. Herzens f. d. Ms. 1 fl.; Mous. Dr. F. N.-Rom f. d. Ms. 50 fl.; I. A. R.-Wien f. d. Ms. 1 fl.'; S-Frecken-horst Messstip. 10 Mark; Exe. Fürstbischof S.-Brixen f. d. Ms. 100 fl ; I. W.-Linz f. d. Ms. 3 fl.; R. S. Kaplan-Jlz Messstip. 50.10 fl.; A. Sch. Pfarrer-Kriegfeld Messstip. 85 Mark; A. W.-Oppeln eine kleine nette Krippe. Diese» und alten übrigen Wotzltbatern sagen wir vom Kerzen ein inniges „fl-crgctt's Hott!“ und bitten um weitere milde Beitrüge zur Iortletzung und Vollendung des Wanes unseres Wissionsljanses. um die Bekehrung der Lhamiten von Lentral-Afrika 51t erlangen. Seien wir für die unglücklichen Negervölker Central-Afrikas, damit Gott, der alles vermag, von ihren Herzen einmal den Fluch Cham'S hinwegnehme und ihnen jenen Segen verleihe, den man nur im Namen Jesu Christi, unseres Herrn und Gottes erlangen kann. O Herr Jesus Christus, alleiniger Erlöser des ganzen Menschengeschlechtes, der Du bereits herrschest von einem Meere zum andern und vom Flusse bis zu den Grenzen des Erdkreises, öffne erbarmungsvoll Dein heiligstes Herz auch Den unglücklichsten Seelen von Central-Afrika, welche noch in der Finsternis und im Todesschatten sitzen, auf dass durch die Fürbitte der gütigen Jungfrau Maria, Deiner unbefleckten Mutter, und ihre- glorreichen Gemahls, des heiligen Josef, die Negervölker ihre Götzen verlassen, vor Dir sich niederwerfen und Deiner Kirche zugesellt werden. Der Du lebst und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Eorrefponöeng 6er Expedition. Erscheint ant Ende jeden Monats. Mr. 11. Movemlier 1898. I. Jahrgang. 3nt;alt: An unsere Leser! — Das Lhristkindlein kommt! — Die unbefleckte, glorreiche Königin des Negerlandes (Gedicht). — Zur Stellung der Frau, in Ägypten und im Subart. — Die Erziehung unserer Negerknaben in der Lolonie (Sestra. Leben der Negerknaben in der Antisclaverei-Lolonie in Gesira. — Erinnerungen aus dem Pharaonenlande. — Unsere Bilder. Ai, ntifm Kkscr! ?ir Bitten die P. T. Abonnenten tun baldige Erneuerung des Abonnements für 1899. Der Preis beträgt mit Postversendung ft. 1.50 (3 Mark). Der Herr hat allen zu Ehren seines heiligsten Herzens begonnenen Unternehmungen und allen, welche zur Verbreitung der Verehrung seines göttlichen Herzens beitragen, besonderen Segen versprochen. Der „Stern der Neger" dient der Sache einer Congregation, welche berufen ist, die Segnungen der göttlichen Liebe den ärmsten Völkern zu bringen und ebendemselben gottmenschlichen Herzen Millionelt von Anbetern in Centralafrika zuzuführen. Wir erlauben uns daher die innige Bitte zu stellen: Jeder bisherige Abonnent möge aus Liebe zum göttlicheu Herzen und zu den armen Heiden Afrikas wenigstens eilten Abonnenten mehr für das Jahr 1899 gewinnen. Die Redaction des „Stern dev Neger". Wenn unsere Leser dieses Heft in die Hand bekommen, hat bereits die Adventzeit begonnen. Die Roratemesse ladet zum frühen Besuch des Gotteshauses ein, und es wird wieder das wehmüthige Lied „Thauet, Himmel, den Gerechten" und das andere schöne „Maria, sei gegrüßt, du lichter Morgenstern" gesungen Dies erinnert uns an den Anbruch des Tages, an das hochheilige Weihnachtsfest, Weihnachten mahnt an Bethlehem, Bethlehem an den Stall, dieser an die Krippe, und die Krippe endlich mahnt an den, der in derselben liegt, an das holdselige Christkindlein. Ueber der Krippe wird der Engel schweben, der in der Hand einen Papierstreifen, gleichsam einen offenen Brief aus dem Himmel, hält mit den Worten: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Geburt Christi. Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind!" Dies ist die Botschaft des neugebornen Welterlösers. Zum Zeichen, dass dieses Angebot ihm vom Innersten seines Herzens komme, hat der Herr oft und eindringlich während seines Lebens von diesem Frieden gesprochen und bei seinem Scheiden als Testament diesen Frieden hinterlassen. Ach, im fernen Centralasrika leben noch viele Millionen, welche den Frieden Christi nicht kennen! Diesen den Frieden des Christkindleins zu bringen, ist Aufgabe der Congregation der „Söhne des hIst. Herzen Jesu", und diese ihre bescheidene Zeitschrift soll mithelfen. Was ist erhabener als die Liebe zu den Leidenden und Verlassenen? Das Geheimnis der Menschwerdung und Geburt des Herrn ist die erste Offenbarung der ewigen Liebe. In der Krippe hat zur Ehre Gottes in der Höhe und zur Freude der Menschen cuts Erden das Herz des Er- Die unbefleckte, glorreiche Königin des Negerlandes. -243 lösers die ersten heiligen Schläge gethan. Wie die Liebe dieses Herzens das ganze Leben Jesu beherrscht und das ganze Kirchenjahr im Zeichen des Sonnenherzens Gottes steht, so leuchtet sie uns aus der Krippe an seinem Geburtsfeste entgegen. Im Herzen der verhüllten Gottheit ist die Schule des Mitleidens mit den Leidenden. Mögen wir immer mehr in dieser Schnle lernen und uns immer mehr begeistern für das erhabenste aller Werke, die Ausbreitung der Ehre Jesu Christi unter den armen und so hilfsbedürftigen Heiden. In diesem Sinne wünschen wir unseren verehrten Freunden und Lesern vom ganzen Herzen recht gnaden- und segensreiche Weihnachten! Die imbeßM, chmiche Ipitipt des Wegeckudes. Auf bveieinigem Thron frei waltet der Welten Gebieter, Rührt er das ewige Ejmipt, zitternd erbebet die Welt. Siegreich trout ihm zur Rechten des Menschengeschlechtes Erlöser, Leuchtet voll Liebe und Huld, hält triumphierend das Kreuz. Drüber erhebt majestätisch inild sich der himmlische Tröster, Gnaden er spendet und theil, weise nach göttlichem Maß. Funkeln in Frühlingsnacht auch alle die Sterne so glänzend, Stern übertrifft doch den Stern schimmernd in goldenem Kleid. Blühen die Blumen des Gartens auch alle in prächtigen Farben, Veilchen so himmelblau, Lilien schimmern so weiß; Gleichet doch keine der andren und zieren doch alle den Garten. So vor dem ewigen Thron leuchtet der Heiligen Thor. Grünen ja hier unzählige Palmen der Märtyrer Scharen, Dort in jungfräulicher Pracht blühen die Lilien teilt; Bittere Thränen der Buße, verwandelt in Perlen, hier blitzen, Dort manch makellos Herz, nie von der Sünde entweiht. lUie doch erblasset der Glanz der am Himmel funkelnden Sterne, Steigt zum Zenith empor leuchtend der silberne Mond I Kaum noch bemerket das Aug' das da blühende Farbengemälde, Thuet die Knospe so roth glühend der Rose sich auf. Also zur Rechten des Kreuzes, erhaben in goldenem Schimmer, Funkelnd wie reines Krystall, leuchtet der herrlichste Stern; Blühet die lieblichste Blume des himmlischen Gartens da droben, (Quelle der Freude und Huld, Krone der Heiligen all. Line holdselige Jungfrau ist es im strahlenden Kleide, Milde umfließet ihr Aug, Liebe ihr mütterlich Herz. Keine der Jungfrauen all in des Bräutigams göttlichem Saale Gleicht ihr an Wonne und Pracht, sie ist der Himmlischen Zier. Gütig ihr Blick ist gewandt aus des Himmels erhabenen Höhen Lieblich den Negern zu, seufzend in Laster und Noth. Königin ist sie des Landes der Schwarzen, noch trostlos verlassen: Sie wird zertreten den Kopf balde dem höllischen Feind, 23. Rohnen, F. 8. C. Zur SiklliW ber Fra» in fppten »H im Snbnn. den Segnungen, welche das Christenthum gebracht hat, nimmt die Verbesserung und Adelung der Stellung des weiblichen Geschlechts nicht die letzte Stelle ein. Die Größe dieser Segnung erkennt man erst völlig, wenn man die Stellung der Frau in nichtchristlichen Ländern betrachtet. Der schwarze Punkt der m n s e l m a n i s ch e n Moral, der seine düstern Schatten auf all die kleinen und großen Verhältnisse der Familie und der Gesellschaft wirft, ist die niedrige und unwürdige Stellung der Frau. Die tyrannische Übermacht des Mannes gegenüber der Frau, in welcher er nur einen Gegenstand zur Befriedigung der Sinnlichkeit und zur Erlangung von Nachkommenschaft sieht, zerstört vielfach die Sittlichkeit des häuslichen und ehelichen Lebens. Nach der Lehre des Koran, des religiösen und zugleich bürgerlichen Gesetzbuches des Islam, ist die Frau ein unvollkommenes Wesen, nur für den Mann erschaffen, und steht auf einer niedrigern Stufe als dieser; der Mann kann die Frau züchtigen und schlagen, wenn sie ungehorsam ist. Der Wille des Mannes ist für die Frau Gesetz. Der Mann erfreut sich der Frau gegenüber großer Freiheiten und Privilegien. Der Ehevertrag ist mehr als anderes ein Handelsgeschäft, das der Bräutigam oder dessen Stellvertreter mit den Eltern oder Verwandten der Braut abmacht; diese muss sich fügen. In wenigen Fällen kann von einer freien Wahl seitens der Braut die Rede sein; es wird mehr der materielle Vortheil, der den Verwandten erwächst, als die persönliche Neigung der Braut berücksichtigt, wofern dieselbe überhaupt befragt wird. Die Braut sieht ihren zukünftigen Mann zum erstenmale meist erst am Hochzeitstage. In der Ehe ist der Mann wieder durch die größten Privilegien bevorzugt. Ihn trifft keine Strafe für Ehebruch, während die Frau, wenn sie sich eines solchen Vergehens schuldig macht, bis zum Tode eingekerkert werden soll. Die Ehescheidung ist gesetzlich int weitesten Maße gestattet und kann wiederum nur vom Manne ausgehen. Er braucht seiner Frau in Gegenwart von drei Zeugen nur die Worte zu sagen: „Du bist verstoßen!", eine Entschädigung, gewöhnlich im Drittel der Summe des Ehecontractes bestehend, zu zahlen und der Frau ihre Brautausstattung zurückzustellen. Somit genießt der Mann die gesetzliche Möglichkeit, die Frauen nach Belieben zu wechseln; denn die frivolste Veranlassung, ja der bloße Wunsch und Wille des Mannes genügt, um zur Ehescheidung schreiten zu können Die Muselmanen machen den ausgiebigsten Gebrauch von diesem Privileg. Wer in Kairo oder andern Orten das Amtslocal des Gadi (Richter) besucht, findet den Vorhof alltäglich mit Frauen gefüllt, die verstoßen worden sind oder es werden sollen. Diese Richter verbringen ihre Tage mit Registrierung von Eheschließungen und Ehescheidungen, gesetzt, dass man solche Verbindungen Ehe nennen kann. Es ist klar, dass dies für das häusliche Leben und die Kindererziehung von größtem Nachtheile sein muss. Im häuslichen und Familienleben selbst zeigte sich auf jedem Schritte die niedrige Stellung und Hintansetzung des weiblichen Geschlechts. Jene gemeinsamen Acte, welche bei uns das Familienleben bilden und angenehm gestalten, bestehen nicht. Der Mann isst, betet, unterhalt sich für sich; die Frau isst nach dem Manne mit den Kindern das, was von der Tafel des Mannes erübrigt; sie betet nie oder fast nie und nicht öffentlich, da das Gebet hauptsächlich als ein auszeichnender Vorzug des männlichen Geschlechts gilt. Ja, eine Secte des Islam behauptete sogar, dass das Weib keine Seele besitze. Die Frau muss den Mann bedienen, wofern keine Sclaven vorhanden sind, und ihm zum Zeichen ihrer Unterwürfigkeit zu bestimmten Zeiten die Füße waschen. Überall kommt die Frau in letzter Linie. Zur Stellung der Frau in Ägypten und im Sudan. 245 Von der öffentlichen Gesellschaft ist sie ausgeschlossen. Familiennuterhaltnngen, wobei Männer und Frauen gemeinsam zugegen sind, sind unbekannt, sondern der Mann unterhält sich mit den Männern, während die Frau mit den Frauen in getrennten Gemächern bleibt. Nie zeigt sich der Mann öffentlich in Gesellschaft seiner Frau, da er dies als unter seiner Würde und gegen die Sitte verstoßend hält. In Kairo sieht man englische Damen hoch zu Ross an der Seite ihrer Gatten reiten, europäische Frauen mit Mann und Kindern ausfahren, christliche Ehepaare Arm in Arm promenieren, und daneben eingeborene Frauen, mit einem Kleiderwulst bis an die Augen verhüllt, einsam wandeln, vermummte Ägypterinnen, von Eunuchen bewacht, und die Männer einzeln oder in Gesellschaft setzen und fahren: ein sprechendes Bild von bei: verschiedenen Stellung der Frau im Islam und im Christen-thume. Der Mann spricht öffentlich und in Gesellschaft nie von seiner Frau. Bei den gegenseitigen langathmigen Begrüßungen erkundigen sich die Muselmanen nach dem Befinden der betreffenden Persönlichkeit, nach dem Stande der Felder, Esel und Kameele, aber nie nach dem Befinden der Frau, das letztere wäre ein grober Verstoß. Glücklich die Frau, welche einem Sohne das Leben schenkt: dies verbessert einigermaßen ihre Stellung. Von da an wird sie nicht mehr mit ihrem Namen, sondern nach dem Namen ihres Sohnes genannt; wenn sie früher Fatma hieß, heißt sie nun «Om Hassan» (b. h. Mutter des Hassan), wenn ich annehme, dass der Name des Sohnes Hassan ist: eine Benennung, welche zur Genüge andeutet, dass es eben der männliche Nachkomme ist, welcher der Mutter den Wert gibt Mit Rücksicht auf diesen Sohn werden der Mutter gewisse Privilegien und Rechte zugestanden, deren sie sich früher nicht erfreute. Die Geburt eines Sohnes wird mit großer Freude begrüßt und mit Festlichkeiten gefeiert. Töchter hingegen bringen der Mutter wenig Ruhm und verschaffen ihr viel geringere Privilegien; sie werden vielmehr als Glücksgüter betrachtet, da sich eines Tages aus ihrer Verheiratung etwas gewinnen lässt. Doppelt elend bleibt die Frau, wenn sie dem Manne weder Ruhm durch männliche Nachkommenschaft noch Aussicht auf Gewinn durch' Töchter verschafft. In diesem Falle ist meist Verstoßung oder Verachtung ihr Los. In der Geringschätzung des weiblichen Geschlechts wachsen auch die Kinder auf. So lange die Söhne der Mutter bedürfen, bleiben sie ganz ihr überlassen; sie muss die Kleinen pflegen und sie mit Aufwendung der mütterlichen Sorge aus die Beine bringen. Sind sie größer, so tritt der Einfluss des Vaters ein und jener der Mutter ist kaum mehr nennenswert. Die erwachsenen Söhne kümmern sich selten um die Mutter, und geradezu staunenswert ist die Gleichgiltigkeit, welche sie gegenüber derselben an den Tag legen. Der Sohn spricht gerne von seinem Vater und stets mit großer Ehrfurcht und Unterwürfigkeit, nie aber thut er seiner Mutter Erwähnung. In Gegenwart des Vaters benimmt sich der unverheiratete Sohn mit großer Ehrerbietung, er setzt sich auf keinen Stuhl, sondern bleibt entweder stehen oder setzt sich an die Wand auf den Boden, er raucht nicht, isst nicht, mischt sich nicht in die Unterhaltung und steht stets bereit, den Vater zu bedienen und seine Befehle auszuführen. Der Mutter gegenüber hingegen benimmt er sich theilnahmslos, er rührt für sie weder Arm noch Fuß, lässt sich im Gegentheil von ihr bedienen. Wirklich abschreckend ist die Hartherzigkeit, womit häufig die Söhne die alten Mütter vernachlässigen, welche von den erwachsenen Töchtern oder Verwandten unterhalten werden müssen. Ob die Frauen und Mütter diese unwürdige Behandlung seitens der Gatten und Söhne fühlen und wie sehr, kann ich nicht entscheiden. Es scheint aber, dass die allgemeine Sitte sie das Unwürdige und Erniedrigende ihrer Stellung wenig erkennen lässt, ebenso wie ja auch Sclaven sich häufig mit Apathie in ihre Lage als eine unvermeidliche fügen. 246 Zur Stellung der Frau in Ägypten und im Sudan. Folge und zugleich Ursache solch unwürdiger Stellung der Frau sind die Polygamie und die Einrichtung des Harem, beide ausdrücklich im Koran bestätigt. Die Zahl der gesetzlich gestatteten Frauen ist vier. Die Muselmanen machen ausgiebigen Gebrauch von der Polygamie. Die Ärmsten suchen in Kleidung und Nahrung zu sparen, mn die zum Erwerbe einer Frau erforderliche Summe zusammen zu bringen. Fragt man den Eseltreiber, den Ruderknecht, den Kameeljungen, welchen Gebrauch er von seinem Erwerbe mache, so erhält man sehr oft die Antwort: „Ich werde mir eine Frau erwerben; schon besitze ich so und so viel Geld, es fehlt mir nur noch so und so viel." Einst hatte ein Muselmann einem unserer Neger, der sich auf den Markt begab, eine kleine Summe abgenommen. Als wir am folgenden Tage reclamierten, stellte sich heraus, dass der Dieb das Geld bereits in einer Heirat angelegt hatte. Die Beschränkung der Zahl der gesetzlichen Frauen auf vier wird illusorisch, wenn man die gesetzliche Möglichkeit betrachtet, deren sich der Mann erfreut, durch die Ehescheidung die Frauen nach Belieben zu wechseln, sowie die weitere Be-stimmnng, welche eine unbestimmte Anzahl außergesetzlicher Frauen und Sclnvinnen gestattet. Viele, denen die Beschränktheit der Mittel gesetzliche Frauen nicht erlaubt, machen von dieser Licenz Gebrauch. Die gesetzlichen Frauen erben nach dem Gesetze, und zwar erbt nach dem Tode des Gatten die Witwe den achten Theil des Vermögens, jeder Sohn das Doppelte der Töchter. Überleben mehrere Witwen, so theilen sie sich in den achten Theil. Die ©einnimmt und außergesetzlichen Frauen hingegen sind nicht erbfähig, sind aber selbst vererbbar. Daraus ergeben sich zwei Dinge: nämlich die Hintansetzung des weiblichen Geschlechts auch bei der Erbschaft, und dass Unbemittelten der Besitz anßergesetzlicher Frauen leichter ist als jener von gesetzlichen. Bei den Großen und Reichen bilden die gesetzlichen und außergesetzlichen Frauen mit ihren Dienern und Eunuchen den Harem. So hat diese Einrichtung jene der Sclaverei und der Eunuchen zur unausbleiblichen Folge. Mehr Freiheit als bei den Muselmanen genießt die Frau bei den heidnisch e n N e g e r n. Die Frau nimmt hier freien Antheil am häuslichen und Familienleben, sorgt für die Bedürfnisse des Haushalts und betreibt in manchen Gegenden den Feldbau an der Seite des Mannes. Anderswo freilich ist die Frau mehr Sclavin, hat fast ausschließlich die Hans- und Feldarbeit zu verrichten, während der Mann den ganzen Tag faulenzt, raucht oder der Jagd huldigt. Nie sieht man in den muselmänischen Ländern Männer und Frauen zusammen tanzen, sondern stets getrennt; hingegen führen die Neger sowohl in ihrer Heimat als in der Fremde selbst nach Annahme des Islam gemeinsame Tänze auf; die Muselmanen ärgern sich zwar daran, verzeihen aber gern, indem sie sagen, es seien eben Schwarze und Sclaven. Ich führe dieses Beispiel an, nicht um den gemeinsamen Tanz beider Geschlechter zu loben, sondern lediglich.als ein charakteristisches Zeichen für die verschiedene Stellung der Frau bei Muselmanen mtb Heiden. Auch ist bekannt, dass in Nubien und int Sudan Frauen öffentliche Stellen bekleideten und sogar als Fürstinnen herrschten, und noch heute gibt es irgendtvo weibliche Häuptlinge, allerdings eine Seltenheit. Obwohl nun die Stellung der Frau eine viel freiere bei den Heiden als bei den Muselmanen ist, hält sie doch durchaus keinen Vergleich aus mit der Stellung der Frau im Christenthnme. Es gibt im Sudan Negerstämme, bei denen die Monogamie zwar nicht als Gesetz, aber als Sitte und Brauch allgemein besteht. Theils die Armut, theils der Mangel an Frauen gestattet die Polygamie nicht. So haben die Neger von Dschebel-Nnba, wo wir in Delen bis zum Aufstande des Mahdi eine blühende Missionsstation hatten, durchwegs die Monogamie, und nur der Kodschur oder Großhäuptling hatte zwei Frauen. Zur Stellung der Frau in Ägypten und tut Sudan. 2-17 Auch in Bezug auf äußere Sittlichkeit übertreffen diese Heiden die Muselmanen. Ein gewisses natürliches Schamgefühl ist, otten (Stämmen angeboren, obwohl es bei den einen mehr, bei den andern weniger entwickelt ist. Die Dinka-Neger am weißen Nil haben gegen unnatürliche Vergehen den größten Abscheu und bestrafen sie strenge. Die Barabra in Nubien rächen Vergehen gegen die Sittlichkeit; sie erzählten uns in Schellal, dass es bei ihnen Sitte sei, eine gefallene Frau in einen Sack zu nähen und im Nil zu ertränken, nnb berichteten über eine solche Execution aus nicht ferner Vergangenheit. Nun kann ich nicht beurtheilen, ob das Erzählte wahr ist, aber das steht feil, dass sie in diesem Punkte sehr strenge nnb auf die Ehre ihrer Frauen und Mädchen sehr eifersüchtig sind. Die Bedscha im östlichen Sudan betrachten den Fehltritt eines Mädchens als großes Unglück und Schande für die gesummte Familie; die Großmutter tobtet ein illegitimes Kind, und die Gefallene wird verbannt und in einem fremden Stamme verheiratet. Diese Barabra nnb Bedscha sind Muselmanen; aber nicht der Islam säht te jene Strenge bei ihnen ein, sondern sie ist ein altes Erbe ihrer Stämme. Man muss sich wundern, wenn man diese Völker wie die Neger halb entblößt einhergehen und die Jugend frei verkehren und spielen sieht, ohne dass man häufig von Unzukömmlichkeiten hört. Gewohnheit und Sitte mögen ihren Antheil dabei haben. Wie schlimm steht es hingegen dort, wo der Islam mit seiner Aftercnltur sich breit macht! Ich will die sittliche Verkommenheit, welche die Muselmanen, Türken, Ägypter, Officiere nnb Beamte nach dem Sudan und den Negerläuderu gebracht hatten, gar nicht andeuten. Unter dem Regime der Mahdisteu ist die Sache womöglich noch schlimmer geworden. Vielleicht keine Periode der Geschichte des Islam liefert uns ein trefflicheres Beispiel von der Verderbtheit seiner Moral, als gerade das Reich des Mahdi. Ich will nur noch ein Beispiel anführen, um zu zeigen, wie der Islam in Ägypten die Negerfrauen behandelt. Vor einigen Jahren waren ant Rothen Meere mehrere Negeisclaven den Händlern abgenommen worden. Darunter befand sich eine Anzahl Mädchen, welche nun als Frauen für die Soldaten des Negerregiments bestimmt wurden Wie giengen nun diese Verbindungen vor sich? Die schwarzen Soldaten, welche eine Frau zu erwerben wünschten, wurden im großen Hofe der Gonvernementshanses aufgestellt und ebendort die Negermädchen vorgeführt. Alsdann wurde den Soldaten Befehl ertheilt, Auswahl zu treffen. Der Befehl wurde pünktlich vollzogen, die Soldaten warfen sich ans die Mädchen, unter Schlagen und Zanken suchte jeder wenigstens eine Negerin zu erbeuten, und in weniger Zeit, als ich es niederschreibe, befanden sich die „befreiten" Negermädchen in den Händen ihrer neuen Gatten All dies gieng unter den Augen und auf Befehl des Officiers vor sich, sowie in Gegenwart zahlreichen Volke?, das aus Neugierde herbeigeströmt war. Wie lange solche Verbindungen dauern, zeigt nur zu sehr die Erfahrung. Die meisten Negerinnen, tvelche in Ägypten umherirren, waren mehrmals verheiratet und sind ebenso oft wieder verstoßen worden. Gar selten ist so eine unglückliche Negerin mit Kindern gesegnet. Als ich int Jahre ,1892 von Tokar nach Snakin zurückkehrte, wurden auf dem gleichen Schiffe auch 150 Negerfranen transportiert. Diese hatten alle möglichen Hans-ntensilien, Ziegen, Schafe und Vögel bei sich, aber an Kindern konnte ich nicht 15 ausfindig machen. Ans 150 Familien kaum 15 Kinder! Das ist die schreckliche Folge der ungeregelten Eheverhältnisse, welche die Neger vom Islam lernen! Wie ganz anders steht es in ihrer Heimat! Dort sieht man Familien mit acht bis zehn Kindern; wenn es nicht so wäre, würden die Negerstämme zum Theil schon ausgestorben sein infolge der großen Sclaven-Ansfnhr und der fortgesetzten Blutfehden. Unendlich traurig und trostlos ist die Lage dieser elenden Negerfranen in den mnselmäuischen Ländern, wenn ihre Jugendzeit dahin ist. Sind die Neger 248 Die Erziehung unserer Negerknaben in der Colonie Gesira. beiderlei Geschlechts schon im allgmeinen verachtet, so ist es eine alternde Negerin doppelt. Mögen diese wenigen Zeilen dazu Beitragen, den christlichen Frauen Europas zu zeigen, wie viel sie durch das Christenthum gewonnen haben. Nicht etwa der Cultur und sogenannten Civilisation verdanken sie ihre bessere Stellung; denn trotz des oft raffinierten Luxus der Muselmanen ist die Lage der Frau die denkbar unwürdigste, sondern sie danken sie dem Christenthum. Dort besitzt das weibliche Geschlecht nicht die freie Wahl zwischen Ehe und Juugfrauschaft; die Jungfräulichkeit gilt vielmehr als verachtungswürdig. Die allerheiligste Gottesgebärerin hat die Jungfräulichkeit geadelt und geheiligt, das Christenthum hat dem Weibe eine erhabene Stellung angewiesen und die hl. Familie hat in Nazareth das Vorbild für alle christlichen Familien aufgestellt. Mögen die christlichen Frauen und Jungfrauen sich in ihrem Glücke der unglücklichen Genossinnen in Afrika erinnern und durch Gebet und Almosen den Augenblick herbeiführen helfen, an dem auch jene unglücklichen Frauen im Schatten der Religion Christi gleicher Segnungen und Freiheit sich erfreuen können! P. A'ai-er Heyce, F. 8. C. ---- — |ie Ersieh»»,! unserer UegerKiuibe» in der Colonie Kefirs. Ge sira, den 16. November 1898. li ufere Negercolonie in Gesira bei Kairo hat im Jahre 1893 mit ausdrücklicher HR, Genehmigung des hl. Vaters den Titel „Antisclaverei-Colonie Leo XIII." er-halten. Daraus lässt sich der Zweck ihrer Gründung leicht ersehen. Wie durch die Sclaverei der Neger mit Missachtung seiner natürlichen, unveräußerlichen Rechte der persönlichen Freiheit beraubt und dem vernunftlosen Thiere gleichgestellt wird, so arbeitet im Gegentheil unsere Colonie an der geistigen und sittlichen Ausbildung des Negers und sucht, ihn zu einem menschwürdigen Dasein zu erheben. Damit der Leser sehe, in welcher Weise und mit welchem Erfolge die Colonie diese Aufgabe erfülle, möchte ich im Folgenden über den wichtigsten Zweig unserer hiesigen Thätigkeit, nämlich über die Erziehung unserer Negerknaben Näheres berichten. Um das Erziehungswerk der Neger hier in Ägypten mit Erfolg zu betreiben, ist es vor allem nöthig, dieselben vor dem verderblichen Einfluss des Islam so viel als möglich zu schützen. Ein Neger, der die Grundsätze dieser Religion in sich aufgenommen, ist für die christliche Erziehung unempfänglich, ist überhaupt für die Civilisation verloren. Daher nehmen wir den Negerknaben schon in sehr jugendlichem Alter auf, sobald er dem erziehlichen Einfluss zugänglich ist. Negerknaben, deren Eltern mohammedanisch und noch am Leben sind, finden nur unter der Bedingung Aufnahme, dass sie im Hause der Missionäre, welches ihnen zur Schule und Wohnung dient, bis zur Vollendung ihrer Erziehung bleibenden Aufenthalt nehmen. Trotzdem wir mit den Eltern bei Aufnahme ihrer Söhne diese Übereinkunft treffen, so kommt es doch gar häufig vor, dass dieselben ihrem Versprechen untreu werden und ihre Kinder aus blindem Vorurtheil gegen die christliche Religion oder aus anderen nichtigen Gründen vor Vollendung ihrer Erziehung aus der Colonie entfernen. Wenn auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass Die Erziehung unserer Negerknaben in der Colonie Gesira. 249 die im zarten Kindesalter erhaltenen guten Eindrücke sich nicht so leicht verwischen und auf das spätere Leben einen wirksamen Einfluss ausüben, so bildet doch begreiflicherweise die frühzeitige Wegnahme der Knaben seitens ihrer mohammedanischen Eltern eine der Hauptschwierigkeiten unseres hiesigen Erziehungswerkes. Die Geduld und Standhaftigkeit der Missionare wird dadurch zuweilen auf eine harte Probe gestellt, zumal, wenn man bedenkt, dass unsere Negerknaben eine unentgeltliche, ihren verschiedenartigsten Bedürfnissen entsprechende Verpflegung und Erziehung erhalten. Dieser elterliche Einfluss bildet auch das größte Hindernis für den Übertritt unserer Negerknaben zum Christenthum. Manche von ihnen bitten schon ItilBtuirsic in Kaira. seit Jahren um die hl. Taufe; doch können wir ihrem Wunsche wegen des hartnäckigen Widerstrebens ihrer mohammedanischen Eltern nicht willfahren und müssen sie bis zu ihrer Großjährigkeit vertrösten. Aus der Zeit meiner mehrjährigen hiesigen Wirksamkeit ist mir nur ein Fall in Erinnerung, wo ein Mohammedaner, nachdem er jahrelang seinen Sohn vom Empfang der hl. Taufe abgemahnt, schließlich seiner dringenden Bitte nachgab und durch eine schriftliche Erlaubnis dessen Übertritt zum Christenthum ermöglichte. Auf Grund dieser traurigen Erfahrungen geben tvir bei Aufnahme in der Colonie jenen schwarzen Waisenkindern bei weitem den Vorzug, welche in Kairo und den benachbarten Negerdörfern ziemlich zahlreich sind und theils als Bettler auf der Straße umherirren, theils als Dienstboten oder Eseltreiber ein kümmerliches Dasein fristen. Doch ist auch ihr Verbleiben auf der Colonie durch den 250 Die Erziehung unserer Negerknaben in der Kolonie Gesira. Umstand in Frage gestellt, dass sie sich nach jenem freien, ungebundenen Lebeu nur schwer der Hausordnung fügen und leicht bald heimlich davonlaufen, da sie lieber Hunger und alle möglichen Entbehrungen tragen, als dass sie sich die zur Erziehung nun einmal nothwendige Einschränkung ihrer Freiheit gefallen ließen. Es lasst sich nicht leugnen, dass die Nähe der Großstadt, die mit ihren buntem, geräuschvollem Leben und Treiben auf die jugendliche Phantasie einen verlockenden Eindruck ausübt, unter diesem Gesichtspunkte unser hiesiges Erziehungswerk in besonderer Weise benachtheiligt. Mit Genugthuung können wir jedoch constatieren, dass solche Escapaden nun seltener geworden sind, dass vielmehr unsere Negerknaben ohne Ausnahme jetzt eine innige Anhänglichkeit an die Kolonie bekunden. Ja manche jener leichtsinnigen Ausreißer sind, vom Hunger getrieben, reumüthig in die Kolonie zurückgekehrt und hoffentlich zur Überzeugung gelangt, dass ihre leibliche und geistliche Wohlfahrt durch ein geregeltes Leben, wie es hier, auf der Kolonie geführt wird, wesentlich bedingt ist. Die Zahl unserer Knaben beträgt gegenwärtig gegen achzig; ihr Alter bewegt sich zwischen dem 4. und 18. Lebensjahre. Die größeren sind von den kleinen getrennt. Beide Kammern unterstehen der Aufsicht eines eigenen Bruders. Dieselben haben ferner ihren eigenen Schlaf- und Speisesaal, sowie einen besonderen Spielplatz auf dem ihre täglichen gemeinschaftlichen Erholungen stattsinden Alle tragen die gleiche Kleidung; dennoch bieten sie in ihrer äußeren Erscheinung ein wechselvolles interessantes Bild, da sowohl in ihrer Hautfarbe als auch in ihrem Körperbau eine große Mannigfaltigkeit obwaltet. Sieht man sie in der Schule auf den Bänken beisammen sitzen, so glaubt man einen lebendigen Farbenkasten vor sich zu haben, der sich aus den verschiedenartigsten Stämmen des Sudan zusammensetzt. In tief glänzendem Schwarz präsentieren sich die Bewohner des Weißen Nil, unsere Dinka- und Schillukneger. Doch trotz ihrer gleichen Hautfarbe sind die Stainmesunterschiede in ihrem Äußeren unverkennbar. Den Dinkaneger erkennt man an seiner hervorragenden Stirn und seinem an den Schläfen etwas ein-gedrückten Schädel; schon von Ferne verräth er sich durch seine langen, dünnen Extremitäten und seinen hohen, schlanken Wuchs. Sein Gesichtsausdruck, so eigenartig er auch ist, hat etwas Mildes und Vertrauensvolles an sich. Zum Unterschied -von ihm hat der Schillilckneger einen mehr unruhigen, wilden Blick und dicke, stark aufgeworfene Lippen, zwischen denen eine Reihe schneeweißer Zähne hervorschimmert In der Suche nach dunkler, mattschwarzer Farbe fällt unser Blick nnf den Nubaneger, dessen Stamm am stärksten unter unseren Negerknaben vertreten ist. Ihr schlanker Wuchs, das Ebenmaß ihrer Glieder, ihr offenes Auge und ihr ruhiges, besonnenes Wesen machen auf jedermann einen günstigen Eindruck und lassen uns den Stamm der Nubaneger, der im Südwesten von Eordofan seine Wohnsitze hat, als besonders schätzenswert erscheinen. Die dunkelbraune Hautfarbe treffen wir in zwei Hadendoanegern an, welche uns die zwischen dem Rothen Meere und dem Nil gelegenen Wnstensteppeu des östlichen Sudan als ihre Heimat bezeichnen. Wäre nicht ihre dunkelbraune Hautfarbe und ihr gekräuseltes Haupthaar, so würde man versucht sein, sie wegen ihrer regelmäßigen Gesichtszüge und ihres wohlproportionierten Körperbaues für Vertreter der kaukasischen Race zu halten. Von gleicher Hautfarbe sind die Negerstämme von Darfur und Eordofan, von denen sich unter unseren Knaben zehn Repräsentanten vor-sinden. Was an ihnen besonders hervorsticht, sind ihre starken Backenknochen, ihre aufgeworfenen, wulstigen Lippen, die von einer plattgedrückten Nase überragt werden. Aber wer sind denn jene Knaben mit ihrem woÜigen Haar und den bronze- oder kupferfarbenen Gesichtern? Die sind aus dem nubischen Sudan; es sind theils Berberiner, theils Bischariner und zählen zu den sogenannten Nigritiern Die Erziehung unserer Negerknaben in der Colonic Gcsira. 251 ober Halbnegern. Sie sind von mittelgroßer Gestalt und haben ziemlich regelmäßige Gesichtszüge. Doch ihr stechender, fast möchte ich sagen, tückischer Blick ist nicht gerade vertrauenerweckend und lässt sie uns weniger sympathisch erscheinen. Einen ungleich günstigeren Eindruck machen unsere Knaben aus Abyssinien mit ihren großen, lebhaften Angen, ihrem ruhigen, milden Gesichtsausdrucke. Obgleich sie nicht zur Negerrace gehören, so fühlen sie sich dennoch unter unseren Schwarzen ganz heimisch. Es sind meist Waisen und Findelkinder, welche in Massaua und Umgegend, wo sie während der großen Hungersnoth im Jahre 1892 herumbettelten, auf der Straße aufgelesen wurden. Durch Vermittlung der dortigen italienischen Behörde wurden sie dann nach Kairo befördert und in unserer Colonie untergebracht. Sie haben gekräuseltes Haupthaar, braungelbe Hautfarbe und durchaus regelmäßige Gesichtszüge. Doch was uns an ihnen weit mehr gefällt, sind ihre geistigen Fähigkeiten, ihr offener, munterer Charakter, ihre Folgsamkeit und ihre Genügsamkeit. Sie sind überdies — und das ist die Hauptsache — sämmtlich getauft und hangen mit großem Eifer an unserer hl. Religion. Nach allem dem haben wir nun noch die Mulatten zu erwähnen, welche unter unseren Knaben ziemlich stark vertreten sind. Doch da sie von gemischter Abkunft sind, so sind sie nicht leicht zu beschreiben. Ihr Haupthaar ist in der That bald wollig oder gekräuselt, bald glatt oder lockig; ihre gelbe Hautfarbe weist alle möglichen Schattierungen auf. Der Leser ersieht aus dieser flüchtigen Zusammenstellung, dass mir es bei unseren Knaben mit den verschiedenartigsten Elementen zu thun haben, ein Umstand, der bei ihrer Erziehung gewiss auch wesentlich in Betracht kommen muss. Indem ich nun dazu übergehe, unseren Erziehungsplan auseinanderzusetzen, muss ich zunächst des Schulunterrichtes Erwähnung thun, der unseren Knaben den Vormittag hindurch täglich, mit Ausnahme des schulfreien Donnerstages, ertheilt wird. Unter den Schulfächern nimmt der Religionsunterricht die erste Stelle ein; denn nur auf die Grundlage einer christlichen Welt- und Lebens-anschanung lässt sich das Gebäude der wahren Civilisation aufbauen. Der Neger muss daher geistig umgewandelt werden, und diese geistige Umwandlung vollzieht sich am leichtesten und sichersten in der Jugend. Denn die kleinen Neger sind gelehrig und gehorsam, und wenn sie auch im allgemeinen ihren weißen Altersgenossen in Europa an Talent und Lernbegierde nicht gleichkommen, so haben sie doch gleich ihnen ein unverdorbenes Herz, welches für gute Eindrücke wohl empfänglich ist. Und das ist ja für die religiössittliche Ausbildung des Menschen, sei er nun weiß oder schwarz, von entscheidender Bedeutung. Der Religionsunterricht wird Hierselbst mehreremale wöchentlich ertheilt, nicht nur den Knaben und Mädchen, sondern auch den verheirateten Negern und Negerinnen, welche, in unserem Dorfe angesiedelt sind. Mit Letzteren — ich spreche nur von den Nichtchristen — brancht's allerdings viel Mühe und eine gute Portion Geduld, um ihnen die Vorurtheile gegen die christliche Religion zu nehmen und ihnen die nothwendigen religiösen Kenntnisse beizubringen. Doch umso besser steht es in dieser Hinsicht mit den Knaben und Mädchen, welch letztere im Hause unserer Missionsschwestern, der „frommen Mütter des Negerlandes", erzogen werden. Dieselben betreiben die Erlernung des Katechismus mit unverkennbarer Vorliebe und gutem Erfolge. Es fehlt nicht an solchen, welche sowohl im Katechismus als auch in der biblischen Geschichte gut bewandert sind und die Hoffnung bieten, einst der Mission unter ihren Stammesgenvssen im Sudan als Katechisten wichtige Dienste zu leisten. Es macht einen erbaulichen Eindruck, wenn man sieht, wie dieselben schon hier in der Erlernung des Katechismus jenen behilflich sind, welche des Lesens in der arabischen Sprache noch unkundig sind und daher den Katechismus nicht selbständig erlernen können. Letztere bilden in der Schule eine von den anderen abgesonderte Gruppe. Ein Knabe mit dem Katechismus in dee Hand liest 252 Die Erziehung unserer Negerknaben in der Colonie ©estra. ihnen die zu erlernende Frage vor und lässt sie dieselbe bald einzeln, bald zusammen aufsagen, und dies so lange, bis die Section dem Gedächtnis aller eingeprägt ist. Doch dabei gebt ihm zuweilen der Muth oder die Geduld aus, und er begibt sich zum aufsichtführenden Bruder und beklagt sich lebhaft darüber, dass der eine oder andere unaufmerksam sei und die Section durchaus nicht lernen wolle. Dieser tröstet ihn, ermahnt ihn mit einigen Worten zur Geduld, und das schwarze Sehrmeisterlein geht wieder mit erneutem Eifer an seine Arbeit. Ganz besonderen Eifer offenbaren unsere Knaben in der Erlernung des Katechismus, wenn sie sich zum Empfange der Taufe, der Buße oder der ersten heiligen Communion vorbereiten. Keine härtere Strafe kann man ihnen geben, als wenn man den Empfang eines dieser Sacramente aufschiebt. Der für die Feier der ersten hl. Communion festgesetzte Termin ist der 8. December, das Fest der Unbefleckten Empfängnis, dem eine dreitägige Mission vorhergeht, während welcher sie sich durch Betrachtung der ewigen Wahrheiten und ernsten Einkehr in sich selbst auf den Empfang des hl. Sacramentes würdig vorbereiten. Der Neger hat bekanntlich eine ausgeprägte Vorliebe für Musik und Gesang. Dies gilt natürlich auch von den Negern unserer Colonie, ganz besonders von unseren Negerknaben. Wir haben hier, wie unsere Seser bereits wissen, eine stattliche Musikbande, aus ungefähr 20 Knaben bestehend, welche unter Settling eines musikalisch gebildeten Bruders auf ihren Blasinstrumenten recht schöne Fanfaren spielen und schon manchen Europäer, der unsere Colonie besuchte, in Staunen versetzt haben. Öfters haben dieselben auch in Kairo bei kirchlichen Feierlichkeiten oder sonstigen öffentlichen Anlässen mitgewirkt und sich bereits einen ziemlich guten Ruf erworben. Der Neger hat eben trotz seiner eigenhümlichen Vorliebe für den eintönigen Tamtam, der stets bei ihren geräuschvollen Tänzen mit wahrem Feuereifer geschlagen wird, ein feines Gehör, und manche unter unseren schwarzen Zöglingen haben für die Musik vortreffliche Anlagen. Einige unter ihnen sind gewandte Flötisten, andere spielen geläufig das Harmonium. Ein Negerlein von 14 Jahren begleitet auf demselben den Gesang und alle gottesdienstlichen Functionen an Sonn- und Feiertagen in der Kirche. Nicht minder befriedigend sind die Leistungen unserer Negerknaben im Kirchengesang, sowohl im Gregorianischen als auch im Figuralgesang. An den gewöhnlichen Sonntagen führen sie während der Hauptmesse lateinische Gesänge auf, unter anderem auch die bekannte deutsche Singmesse „Hier liegt vor deiner Majestät", welche ehemals in Chartum vom Organisten der Mission ins Sateinische übersetzt worden, und die daher von unseren Negern „die Messe von Chartum" genannt wird. Ebenso anheimelnd sind für uns Deutsche verschiedene Marienlieder, welche mit unveränderter Melodie ans dem Deutschen ins Arabische übersetzt sind. An hohen Festtagen, wo ein feierliches Amt gehalten wird, führen unsere schwarzen Sänger lateinische Figuralmessen auf, wie z. B. von Haller, Mitterer und Molitor oder Gounod, und dies mit solcher Präcision und Andacht, dass sich jedermann daran erbauen muss. Was die eigentlichen Schulfächer angeht, so stellen wir darin natürlich keine hohen Anforderungen an unsere Negerknaben. Alle erlernen die arabische und die italienische Sprache und ein wenig Rechnen. Haben wir es dahin gebracht, dass sie in den beiden Sprachen geläufig lesen und schreiben können und die vier Rechnungsarten einigermaßen verstehen, so halten wir in diesen Fächern unsere Aufgabe für gelöst. — Außerdem besteht jedoch auf der Colonie eine Fortbildungsschule, gegenwärtig aus 15 Knaben bestehend, die sich durch Talent und gutes Betragen vor den anderen auszeichnen. Dieselben werden im Arabischen und Italienischen, in Arithmetik, Geographie und Naturgeschichte so viel als möglich ausgebildet. Ein Zögling dieser Schule, namens Amadeus Bilal, Neger des Dinkastammes, wirkt gegenwärtig als Schullehrer auf unserer, Missionsstation Die Erziehung unserer Negerknaben in der Kolonie Gesira. 253 Heluan im Verein mit seinem Stammesgenossen, dem hochw. Herrn Daniel Phartm Den. Diese junge Lehrkraft ist nun schon eine Stütze für unsere Mission; trotzdem wartet er mit Ungeduld auf die Stunde, wo er in den Sudan zurückkehren könne, um dort unter seinen noch immer verlassenen Stammesgenosseu als Katechist thätig zu sein. Der Unterricht in der Schule genügt nicht zur Erziehung des Negers; er muss in der Jugend auch befähigt werden, sich später auf ehrbare Weise sein tägliches Brot zu erwerben. Daher erlernen unsere Knaben auch ein Handwerk, jeder natürlich dasjenige, welches seiner Neigung und Fähigkeit entspricht. So sind sie den Tag über in nützlichster Weise beschäftigt, den Vormittag in der Schule, den Nachmittag hindurch in der Werkstätte. Die kleinen Knirpse, welche noch nicht die zur Erlernung eines Handwerkes erforderliche körperliche Kraft und geistige Gewecktheit besitzen, sind unter der Aufsicht eines Bruders bald im Garten mit Ausjäten des Unkrautes oder Bewässerung der Blumenbeete, bald auf dem Kornboden mit Ausklopfen der Durrah beschäftigt. So sind alle, Groß und Klein, vom Müßiggang möglichst bewahrt, der ja aller Laster Anfang ist. Treten wir in die Buchbinder-, Schuster-, Schneider- oder Schreinerwerkstätte, so sehen wir in jeder mehrere Knaben bei der Arbeit unter der Aufsicht eines fachmännisch gebildeten Bruders, der sein Möglichstes thut, um den schwarzen Krausköpfen seine Kenntnisse und Fertigkeiten im Handwerk mitzutheilen. In diesen mechanischen Arbeiten, wo es sich hauptsächlich darum handelt, die Arbeit des Meisters nachzuahmen, haben unsere Negerknaben bereits schöne Erfolge erzielt. Mehrere unter ihnen haben in ihrem Handwerke eine solche Fertigkeit erlangt, dass auch ein europäischer Handwerker sich ihrer Arbeiten nicht zu schämen brauchte. Im verflossenen Jahre haben die Befähigteren unter unseren Handwerkern bei Anlass des Besuches unseres Apostolischen Viears von ihren Fortschritten eine öffentliche Probe abgelegt. Bei dieser Gelegenheit wurde zunächst eine kleine Theatervorstellung gegeben, bei welcher unsere Negerknaben zum erstenmale öffentlich auftraten. Ihr unbefangenes Auftreten und ihr lebhafter, verständlicher Vortrag fanden die allgemeine Anerkennung des Publicums, welches bei diesem Anlasse zahlreich erschienen war. Doch nicht geringeres Interesse erregten die Fabrikate unserer schwarzen Handwerker, welche in einem eigens hiezu hergerichteten Saale ausgestellt waren. Zum Schlüsse fand eine feierliche Preisvertheilung statt, welche den Eifer unserer Knaben für die Erlernung und Ausübung des Handwerkes in wirksamer und nachhaltiger Weise anfachte. Um die Bedeutung dieser Negercolonie zu erkennen und die in unserem Erziehungswerke erzielten Erfolge gebürend zu würdigen, muss der Leser die allgemeinen Lebensverhültuisse der in Ägypten angesiedelten Neger wohl in Betracht ziehen. Dank dem Eingreifen der europäischen Mächte, ist zwar hier im Pharaonenlande seid dem Jahre 1877 infolge der englisch-ägyptischen Convention die ©datiern und der dadurch bedingte Sclavenhandel gesetzlich verboten. Doch hat damit die niedrige Anschauung über den Neger keineswegs aufgehört. Die überaus zahlreichen in Ägypten angesiedelten Neger nennt man nach wie vor abid, das heißt Sclaven. Ist es ja ein Grundsatz der in Ägypten vorherrschenden mohammedanischen Religion, dass der Neger eine vom Weißen verschiedene Seele habe und für die Sclaverei geboren sei. Unsere Negercolonie tritt diesem grausamen Borurtheile praktisch entgegen, indem sie an der geistigen und sittlichen Ausbildung des Negers arbeitet. Dadurch charakterisiert sie sich als eine Antisclaverei-Anstalt int vollen Sinne des Wortes, und als solche steht sie bisher hier in Ägypten einzig in ihrer Art da, ein Beweis, dass allein die Kirche dazu berufen ist, den Neger-aus seinem leiblichen und geistigen Elende zu befreien und ihn zu einem menschenwürdigen Dasein zu erheben. P. Joseph WeMer, F. S. C, apost. Missionär. sflu'i! btr Itgerhftbeii in bit Antijilnneleicnlnnic in Gkslrn. Hochwürdige P. Wilhelm Bauhölzer F. S. G. hat unter dem 20. September 1898 aus Gesira folgenden eingehenden Bericht an seinen ehemaligen Katecheten Hochw. Herrn Kaplan Hummel in Ravens-bürg in Württemberg gerichtet, der uns denselben in freundlicher Weise übersandte. Unsere Leser finden darin eine theilweise Ergänzung zu obigem Berichte unseres eifrigen Mitarbeiters Hochwürden P. Joseph äB eitler, F. S. C. „Um Ihnen mein Versprechen einzulösen, baldmöglichst eine kleine Beschreibung unseres Jnstitutlcbens in Gesira nach Ravensburg gelangen zu lassen, habe ich es versucht, ein wenig in der noch herrschenden Hitze meinen Stuhl zu beherrschen und darauf loszuschreiben. Ich wollte schnurstracks mit den Ferien beginnen, die sich, wie im ganzen Orient, so auch in Gesira eingebürgert haben und überall, wenn es auch dem Europäer, der mit seiner Ausdauer und seiner unvergleichlichen Schaffenslust, den Orientalen und am meisten den Neger einen ewigen Tagdieb und Faulenzer meint und heißt, auf den ersten Anblick nicht so scheinen möchte, wo einmal junge Leute beisammen sind, die in Ordnung und nach einem System leben, beten, arbeiten und studieren müssen, gleich dringend und naturnothwendig sind. Aber schon im ersten Satze fiel mir ein, dass das ein gleiches Unternehmen wäre, wie wenn ich Ihnen ein Herbst- oder Wintcrbild von Ägypten entwerfen wollte, ohne Sie vorher mit der Vegetationskraft und der Flora dieses Landes, wie sie sich in den andern Jahreszeiten entfaltet, bekannt gemacht zu haben: der Winter ist gewissermaßen die Natur außer Diensten, das Ruhen und Sichwieder-sammeln aller Kräfte. Die Vakanzen sind eine Erholung für die abgespannten Verstandes- und Willenskräfte und auch für den ganzen Körper, in dem nun einmal der obere Stock sitzt, gleich der Pflanze im Blumenhafen. Ich muss daher damit anfangen, über die Thätigkeit unserer Buben zur Schulzeit und ihre Erfolge am Jahresende zu erzählen, um das wirkliche Recht und das Bedürfnis nach Ferien und zugleich den Unterschied der einen und der anderen Zeit hervorspringen zu lassen. Sie müssen sich aber in afrikanische Verhältnisse hineindenken und sich wohl bewusst sein, dass von Negern die Rede ist, an welche sich der Maßstab der kaukasischen Raffe nicht anlegen lässt, da sie sich noch im Zustande großer Unwissenheit und Freiheitslust befinden und von ihren Voreltern nicht die kostbaren Gaben geerbt haben wie wir, sondern einzig den Fluch mit all seinen Folgen, der über ihnen lastet. — Solange die Mission noch in ihrer Verbannung in Ägypten arbeitet, bedienen wir uns vorzüglich der italienischen Sprache, die ja leicht erlernbar ist. Nachher wird wohl, bei der jetzigen Lage der Dinge, wenn überhaupt noch eine europäische Sprache in Betracht kommt, ans Englische gedacht werden müssen. Das Italienische wird mit Beihilfe des Arabischen angelernt, natürlich nicht des Hocharabischen, das ja in Kairo nicht einmal die vornehmsten Scheichs sprechen. Ein vulgäres Arabisch, wie es fremde und ungebildete Völker sich bilden können, mehr sudanisch als arabisch, ist die Grundlage weiterer Sprachstudien. Die jungen Leute, die in die Colonie kommen, sind ihrer Heimat meist in früher Jugend entrissen worden, haben die Sprache ihres Stammes beinahe ganz vergessen und unter den Muselmännern ein Arabisch erlernt, das in das wurzelgerechte Volksarabisch hineinreicht, etwa wie der niedrigste deutsche Dialect in das Hochdeutsch. Leben der Ncgerknaben in der 2Iuti]"cIatiercicolome. in ©estra. 255 Ägyptischer jSoIbnt zu Rameel. fammeuIeBen, ein Verkehr, die Inangriffnahme einer Hausregel nach den Principien des hl. Evangeliums stattfinden. Damit den eintretenden Zöglingen die Kirche und die Colvnie nicht der Weg zur Küche werde, muss ein ganz geregelter Stundenplan eingeführt werden, das Essen nicht viel über das Nothwendigste znm Leben hinausgehen und, was das wichtigste ist, die Leute müssen alle vom Morgen bis zum Abend beschäftigt und beaufsichtigt werden. Nur dadurch, dass der Faulenzerei alle Rechte und Stützen benommen werden, sind wir sicher, Knaben voll guten Willens und voll Eifers, etivas int Hause zu erlernen, zu bekommen. Ein von der Großstadt abgeschlossenes Leben, die fortwährende Bewachung, Cs ist daher von vornherein klar, welche Schwierigkeiten Missionäre und Schüler haben, sich einander gegenüber anszusprechen und zu verstehen. — Ein Unterricht in den Natursprachen der Knaben wäre möglich und das einfachste, wenn alle eines Stammes wären und die Möglichkeit fern läge, mit europäischen Völkern -und Sprachen in Berührung zu kommen. Kurzum, die Sprachenfrage ist in den jetzigen Umständen in der Colonie eine schwierige und kostet mehr Geduld als Verstand.. Erst nachdem man übereingekommen ist über die Sprache, kann ein Zu- 256 Leben der Negenknaben in der Antisclavereicolonie in Gesira. die Erholungen und Spiele überzeugen sofort den noch wilden Knaben, dass man auch ohne Schlechtigkeit und wilde Ausgelassenheit heiter zusammenleben und Mensch sein kann: das Verständnis für die allgemeinsten Forderungen der Sittenlehre ist hiemit schon ziemlich leichter geworden. Das ist schon viel. Der Fluch, der über unseren schwarzen Brüdern lastet, macht das «redite praevaricatores ad cor» unendlich schwierig. Es fehlt in den jugendlichen Herzen noch das Licht der ewigen Wahrheiten, die im Laufe der Zeit bei ihren Voreltern die dunkelste Gestaltung angenommen haben: es ist, wie wenn aus einer rußigen Laterne nur noch ein matter Lichtschimmer an den Wänden des Herzens aufflimmerte. Es gilt nun, da drinnen wieder Licht zu machen und wenigstens die nothwendigsten Glaubenswahrheiten klar zu machen, damit in diesem zerrütteten Menschenthnm das Bewusstsein seiner Würde und des auch für sie vergossenen Erlöserblutes eindringe. Verirrung, Unwissenheit, Verkommenheit und thörichter Aberglaube haben ja nicht alles verdeckt und ein Fleckchen ist immer zu finden, wo man anbinden kann. Die äußeren Handlungen und Verrichtungen unserer hl. Religion, für welche der Neger sehr viel Verständnis mitbringt, das tadellose Beispiel aller Missionsangehörigen schaffen auch viel Licht zum Verständnis des Katechismus. Auf ein Zeichen des sie leitenden Bruders erheben sich sämmtliche Knaben, um sogleich, im Bette knieend, laut ein kurzes Morgengebet zusammen zu beten mit einer Weihe an das hl. Herz Jesu. Darauf hat das Ankleiden und Waschen unter strengstem Schweigen stattzufinden. In etwa einer halben Stunde sind alle 80 Buben fertig für den Kirchgang. Der Aufstieg in die Kapelle geht unter Schweigen und in Reihen zu je zwei vor sich. Während der hl. Messe wird in arabischer Sprache der Rosenkranz gebetet oder sonstige Gebete zur Vorbereitung auf große Feste. — Ich wunderte mich schon oft, wie diese jungen und musel-mänisch erzogenen Neger, die doch nie eine christliche Kirche gesehen und wenn sie etwas von Christlich wissen, es höchstens als Hassens- und verabscheuenswert kennen gelernt haben, schon beim zweit- und drittmaligen Besuch des hl. Messopfers die Kirche mit musterhafter Sammlung betreten, die Verehrung des Crucifixes, das Knieen und das laute Beten und alle andern Erfordernisse von seiten der Betenden so natürlich finden und sich in unseren Geist hineinfinden; man sieht wohl, dass man Leute vor sich hat, die eines Eindrucks fähig sind und etwas Hohes wohl aufzufassen verstehen. — Nach der hl. Messe geht alles wieder in schönster Ordnung in den Hof, um sich von hier aus in die verschiedenen Schulen und Werkstätten zu vertheilen. Jetzt gehts schon nicht mehr ohne Spectakel ab und obwohl in der Classe ihrer ein Priester harrt, verstehen sie doch wohl, dass er sie nur als Lehrer spreche, dort oben in der Kirche aber als etwas Außerordentliches Achtung und Ehrfurcht verdiene. An 40 Negerknaben begeben sich in das Schutlocal im Hofe, wo wiederum in einem und demselben Saale drei Classen sich bilden: die höhere lernt Multiplicieren und Dividieren und versteht schon ordentlich zu lesen und zu schreiben. Sie steht etwa auf der Stufe einer deutschen zweiten Elementarclasse. Während die 1. Classe Arithmetik an der Tafel betreibt, vollendet die 2. Classe in aller Stille ihre Schulaufgaben oder hat Schönschreiben oder Lesen oder sonst etwas, was nicht stört. Nichtsdestoweniger schreien die 4—6 jährigen Schwarzköpfe der 3. Classe, von denen viele der Hosen noch nicht mächtig sind, auf der entgegengesetzten Seite des Saales, vorgroßen Wandkarten sitzend, aus vollem Halse das ABC und schwierige Probleme von Zusammensetzungen aus demselben Alphabet. Diese Leute bilden sich auf ihr Wissen nicht wenig ein, wenngleich nach einem Vierteljahr keiner die große Tafel ablesen kann. Stockt es in den allgemeinen Gebeten oder treten neue Kinder hinzu, dann lernt dieselbe Gruppe unter einem älteren Negerknaben die Gebete in arabischer Leben der Negerknaben in der Äntisclavereieolome in Gesira. 25? Sprache. Das geht auch nicht so leicht als man sichs denkt: der geduldige Lehrer muss eben zehn- und hundertmal ein und denselben Satz vorsagen und wenn er glaubt fertig zu sein und einen seiner Schüler aufruft, damit er das ganze Vaterunser, an welchem eine ganze Woche Bitte für Bitte gearbeitet worden ist, hersage, bekommt er gewöhnlich erstaunt fragende Gesichter zu sehen, wie wenn es sich nun um etwas ganz Ungeheuerliches handelte. Inzwischen haben die schon vorgerückteren und geweckteren Neger „der Hochschule" (im oberen Stock) italienische und arabische Seetüre, Decimal- und Bruchrechnen, oder es wird ein wenig Geographie und Physik getrieben. Am meisten Interesse und außergewöhnliche Ruhe herrscht in der Geographie und zeigen sie da wirklich für europäische Länder und Leute, Cultur und Civilisation Verständnis, das in dem gegen alles Neue und aus Europa Kommende feindlichen Araber nicht zu finden ist. Der Neger ist auch äußerlich in Kleidung und Bildung auf einen Schlag ein Europäer — Kittel, Hosen, Cravatten, Manschetten und andere Einfuhr stehen ihm vorzüglich, während der Araber im europäischen Costüm und Leben sich nicht zurechtfindet und mir immer vorkommt wie ein No8 mit Frack und Manschetten. In dem am Ende eines Monates zu machenden Aufsatze ist aber von all dem Gehörten entweder gar nichts mehr zu finden oder ein Durcheinander von Kraut und Rüben, dass man wohl sieht, es handle sich nur um eine augenblickliche Auffassungsgabe in den schwarzen Köpfen; von einer Verdauung ist noch keine Rede. Einen ähnlichen Eifer mit gleichen Resultaten zeigen sie in der Physik und Botanik. — Auf eine schöne Handschrift sehen sie viel. Fast ganz resultatlos ist bei einigen der Rechnenunterricht, wenigstens der praktische Theil desselben. Eine glatte Multiplication oder Division geht schließlich ganz flott von statten, gilt es aber eine kleine Multiplication aus einem Text — aus einem Problem zusammenzustellen —< dann schaut alles hilflos auf und wirft nach einigen vergeblichen Versuchen die Geduld mit der Feder weg. — Wir haben einen ungefähr achtzehnjährigen Burschen — noch aus der Schicke von Chartuni, der jetzt etwa neun bis zehn Jahre Rechnen lernt — und doch noch keine Division mit fünf zuwege bringt, dabei aber im praktischen Leben und Schachern ein Schlaukopf ersten Ranges ist. Der gute Junge sitzt nun in der Schneiderei, um auch dort sein Glück zu versuchen: er soll bereits ein Sacktuch säumen können. Er weiß ganz gut, dass wenn ihn heute die Mission entlässt, er als Abstauber oder Laufbursche in Kairo sein Brot suchen muss; das kümmert ihn jedoch wie alle Neger wenig. Als ich kürzlich einem andern Neger drohte, er müsse bald mit ° Abstauben sein Leben fristen, antwortete er mir: „Das ist doch einerlei, wie mau sein Brot hereinbringt — ob mit der Schusterei oder der Schneiderei oder der Handlangerei. Was will man mehr, wenn das Essen und Schlafen sicher ist?" Wie der Schwarze sich absolut nicht um die Zukunft kümmert, so liegt ihm auch am Fortschritt wenig. Bekommt er Prügel, oder wird ihm der Brotsack höher gehängt, so fügt er sich eben betreut und spielt trotzdem auf seiner Rohrflöte Stücke aus allen möglichen Opern, die er alle in kurzer Zeit behält und auswendig weiß. Sie sehen, wie schwer es ist, bei diesen Leuten ein kleines Streben zu erzielen. Die übernatürlichen Motive müssen in diesen Köpfen Raum finden, etwas anderes auf Erden lässt sie gleichgiltig. Das Merkwürdige ist aber noch das, dass sie sich mit ihrer Indifferenz für Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft auf Gott berufen und von ihm die . ganze Lösung des Lebensräthsels hoffen. Ein kleines Abschweifen wird das angefangene Tagesbild nicht stören. Indes kehren und reinigen andere Knaben die Gänge des Hauses und richten das Frühstück für ihre abgespannten Brüder her. Das Frühstück besteht in einer Flade des so oft beschriebenen Kesrnbrotes und einer Bodendecke voll Ahal, tote 258 Leben der Negerknaben in der Antisclavereicolonie in ©estra. sie sagen, d. h. Honig; es ist aber nichts weiter als der dem Zuckerrohr entnommene Saft mit einer kleinen Mischung Zucker. Nach dem Morgenbrot ist eine halbstündige Erholung in den beiden Höfen; im kleinen für die Jüngeren, im großen für die Handwerker und Schüler der oberen Classe. Wenn die gierigen Wölstein wieder gesättigt sind, gibts ein Leben und Treiben in der Erholung, an dem der neuankommende Europäer sich nicht satt sehen kann; nicht, dass etwa alles einander in den Haaren liege, das wäre nicht so leicht möglich, da der Neger kurzes gekräuseltes Haar trägt; die Mannigfaltigkeit der Typen und der Farben, die vielartigen Spiele, die zu gleicher Zeit gespielt werden, die Feurigkeit und die Wildheit, womit ein jeder sein Spiel verfolgt, ändern das Urtheil des Fremden über den Neger, als über einen stumpfen Menschen, int Nn um. Das Zeichen für die Schule macht dem prächtigen Treiben auf einmal ein Ende: die schweißtriefenden Gesellen versammeln sich um die beaufsichtigenden Brüder und verrichten in musterhafter Sammlung die Danksagung. — Wo vorher vor Schreien, Trommeln und Singen das eigene Wort nicht mehr hörbar war, herrscht volle Ruhe, um dem vorbetenden Bruder zu antworten. In derselben Ordnung wie früher vertheilt sich die Jugend in die Schulen nur mit dem Unterschiede, dass die, welche für ein Handwerk Lust und Neigung zeigen, sich in die Werkstätten begeben. — Die Zahl der Handwerker ist verhältnismäßig gering, wegen Mangels an Raum und Brüdern. Der Neger hat sonst reiche Anlagen für mechanische Arbeiten, ja in diesem Punkte sind seine Anlagen besonders entwickelt. Seine Geschicklichkeit im Nachahmen ist nicht gering. Einzelne haben es mit ihrer Ausdauer, denn darauf kommt alles an, dahin gebracht, sich später selbständig niederzulassen. Draußen in der Stadt oder im Anslande treibt der Neger fast gar kein Gewerbe. Die vielen Tausende von Negern in Ägypten fristen beinahe alle ihr Leben als Handlanger, oder als Abstauber, Makler u. s. w., ganz wenige lassen sich irgendwo sesshaft tiieder und treiben ein Handwerk. — Die Negerknaben sind, wie ich schon gesagt habe, als Laufburschen und Abstauber sehr beliebt. — Wenn sie ihre 25 Jahre erreicht haben, will sie aber kein Mensch mehr und sie führen ein jämmerliches Leben, jedoch mit dem gewöhnlichen Gleich-muth, der bei ihnen nicht Tugend, sondern eine Beschränktheit des Geistes ist. — In den letzten Jahren hat die englische und deutsche Regierung den Negern Gelegenheit gegeben, alles auf die Seite zu werfen und in den Krieg zu ziehen. Der Neger liebt den Krieg, namentlich gefüllt ihm das deutsche Militärwesen mit seiner Strammheit und Ordnung. Auch ans unserem Hanse sind immer verschiedene weggegangen, haben sich aber als Christen, wie wir aus Sansibar vernahmen, ganz wacker benommen. (Schluss folgt.) Itimiminip miš brni yiiimioiuiiliiiiiir. Von P. Zoscf Münch, F. S. C. Apostolischer Missionär. versteinerte Wald bei Kairo in Ägypten ist gewiss eine von den Merk-SfxW Würdigkeiten, deren das Pharaonenland so reich ist sowohl ill ethischer als (^y auch in kosmologischer Hinsicht. Er bildet ein weites Feld, dicht besäet mit J versteinerten Stämmen einer ausgestorbenen Art des Balsambaumes; wie dieser Vorgang hervorgerufen wurde, ist bis heute noch nicht erklärt, sowie auch Erinnerungen aus dem Pharaonenlande. 269 die Epoche, in der es geschehen. Ich will aber nicht schon gleich jetzt der Schilderung eines Ausfluges, welchen ich mit noch zwei Hochw. Mitbrüderu unternommen, vorgreifen und gleich sagen, wie dieser versteinerte Wald aussieht. Ich hatte ihn mir bei seiner Erwähnung ganz Zanders vorgestellt: mit in der Erde gewurzelt stehenden Bäumen, die noch ihre Äste ausstrecken, und das alles eben versteinert. Einer von meinen Hochw. Begleitern war derselben Ansicht, und da sie eben eine sonderbare war, so mussten wir die lustigen Nerkereien unsers Feld zeig meisters des H. H. ?. Heymans ruhig und geduldig einstecken. Dieses seltene Naturwunder also liegt östlich von Kairo; man erreicht es in ungefähr drei Stunden, macht aber die Strecke gewöhnlich nicht zu Fuß, da das Marschieren im Sande für Pflastertreter zu ermüdend sein würde, sondern man greift, wenn kein Pferd zur Verfügung steht, zn einem Locomobil, welches beinahe an allen Straßenecken der schönen El Kähira (die Siegreiche) geduldig auf eine Beschlagnahme wartet, daun und wann aber auch seine Existenz durch einen herzzerreißenden Schrei nicht nur den Fußgängern, sondern sogar der ganzen Umgebung zu wissen gibt, ich meine den Esel und zwar den ägyptischen Esel, der eine viel hervorragendere Rolle spielt als seine Brüder in Italien. Er hat sein Eigenartiges, im Guten und tut Schlimmen, ist aber im großen Ganzen ein Wesen, mit welchem man sich vertragen kann und oft, wenn man ans seine Dienste angewiesen ist, auch muss; daher die vielen Lobeshymnen, welche von Gelehrt und Ungelehrt in großen und kleinen Büchern ihm schon gesungen wurden. Bei dieser Gelegenheit tarnt auch ich nicht umhin, ein Weniges dazu beizusteuern, schon znm Danke dafür, dass er sich auf unserm Ausflüge nur gemäß seiner guten Eigenschaften aufgeführt hat. 1 An jeder bedeutenden Straßenkreuzung steht in den Städten Ägyptens ein halbes Dutzend Esel bereit Sie sind gewöhnlich von kleiner Gestalt, genügsam und ausdauernd, so dass sie auch beinahe einen ganzen Tag bei der Arbeit ohne Futter aushalten können, hager und je nach dem Gemüthe ihres Treibers mehr oder weniger zerschunden, wozu nicht nur die harten und anliegenden Ledergurten des Sattels, sondern auch, und zwar den größten Theil, die Stachelstöcke der unbarmherzigen Treiber beitragen. Man schaue also die Thiere nicht zu genau an, sonst könnte einem angesichts der offenen Wuuoen die Lust zu reiten vergehen. Ans ihrem Rücken haben sie einen eigenen Sattel befestigt, der trotz seiner beträchtlichen Höhe vorne noch einen kuppelartigen Aufbausch hat, wo sich wenig geübte Reiter anhalten, ja nöthigeufalls auch anklammern können. Die so bewirkte Höhe des Sattels macht es beinahe schwieriger auf einen Esel zn reiten, als ans einem Pferde; denn hoch zn Sattel sitzt der Reiter, vor sich nur die Kuppel und erst ca. 35 cm unter sich erspäht er den Hals seines vierfüßigeu Thurmträgers. Die Bügel fehlen selten znm Sattel, denn die grauen, wenn sie reiten, haben die Füße angezogen nub hoch oben am Sattel in den Bügel eingestellt; sie hocken also mehr als sie reiten, während die Männer auch keinen Gebrauch davon machen. Ein schöner Sattel (buntscheckig sind sie alle) ist wohl ein Zeichen eines bemittelten Eselbesitzers, aber durchaus nicht ein Beweis, dass auch der Esel tüchtig ist; ja hagere unscheinbare Esel sind oft leistungsfähiger und ausdauernder als manche ihrer wohlgenährten und aufgeputzten Kameraden. Ein Halsgehänge von messingenen Münzen verschiedener Herkunft wird aber selten einem fehlen. Betrachten wir uns die Treiber des Granthieres, seine Peiniger. Die Eseljungen sind aus der ärmsten Bevölkernugsschicht; dass sie daher einem Thierschutzvereine nicht beigetreten, versteht sich. Mit einem ganzen oder halben Turban auf dem Kopfe, mit einer meist blauen Dschalabieh bekleidet, den Fnttersack nach Art einer Schultasche umgehängt, wenn nicht der Granschimmel damit bebürdet ist, einen spitzigen Stock' in der Hand, dann von Zeit zn Zeit ihren kargen 260 Erin »eni»gen aus deni Pharaoncnlande. Mundvorrath betrachtend, welchen sie bald in der Brusttasche verbergen, bald ihn wieder hervorziehen, ohne sich zu getrauen ein Stück davon abzubeißen, so stehen sie neben ihren Schutzbefohlenen. Ist ein müder Fußgänger in der glücklichen Lage, sich ihrer Dienste zu bedienen und lässt es irgendwie durchblicken^ so wird er in einem Nu von ihnen umringt, gezogen, geschoben, gestoßen; in allen europäischen Sprachen werden seine Ohren bestürmt. Wird er als Deutscher erkannt, so kann er sogleich sich zurufen hören: „Nix Esel reit, Baron? Gut Esel, Bismarck Esel!" oder auch das zweideutige: „Nix reiten, Herr, Esel?" Kurzum man hört da unverständliches Geschrei nnd sieht vor sich lauter geduldige Eselsköpfe, welche den Belagerungszustand vervollständigen. Endlich wird dem Herrn Baron ein Grauthier unter die Beine geschoben, er selbst weiß oft nicht, wie ihm geschehen, und die Hetze kann losgehen, wenn nicht die Jungen noch zuvor einen Streit von wegen der leidigen Rivalität auszutragen haben, wobei man sagen kann: „viel Geschrei und wenig Prügel", was aber der Schnelligkeit der Abreise nicht förderlich ist. Gegen dieses Übel war mein Ebenholzstock ein probates Mittel, deshalb bewundert und bekannt. Also fort geht es im Trab und Galopp, der Treiber hinterdrein. Er sorgt nicht nur dafür, dass das Thier ordentlich läuft, er muss auch im Straßengewirre die Leute warnen und ausweichen heißen, deswegen ruft er mit Sperberaugen vorschauend beständig sein öa öa redschlak (Obacht, deinen Fuß in acht), iaminak, echemalak (nach rechts, nach links). Ist das Terrain schwierig oder stolpert der Esel, so warnt er ihn auch gutmüthig und mahnt ihn, die Füße in acht zu nehmen, um im nächsten Augenblick ihn wieder mit einem sausenden Hiebe oder durch ein scharfes cha, cha anzufeuern. Leicht passiert es da dem Reiter, dass er durch einen solchen unvorhergesehenen Hieb aus dem Sattel geworfen wird, oder dass der Esel, sei es aus Schwäche, sei es aus Bosheit, plötzlich im flottesten Trab und Galopp auf beide Vorderknie niederstürzt und der Insasse des Sattels im weiten Bogen über ihn hinausfliegt. Da aber das Thier nicht hoch, die Straße nicht gepflastert ist, so geht das meist ohne schlimme Folgen ab, und begütigend versichert der Junge „malesch", thut nichts, auch wenn der Abgestürzte sich die Beine zweimal gebrochen hätte. Ja, boshaft kann auch das liebe Eselein sein, und fast kann man es ihm nicht übel nehmen, nur sollte es sich nicht am Unrechten rächen. Aber leider ist das gewöhnlich der Fall. Hat man Eile so geht es gewiss langsam; ist die Straße mit Wägen überfüllt, so läuft es sicher in das größte Gewühl hinein, so dass sein Reiter als Putzlappen für die kothigen Wagenräder dienen muss; ist neben der Straße ein steiler Abhang, so kann man gewiss sein, dass es ihn aussucht, gerade am Rande dahintrabt und anderen die schöne Aussicht überlässt das Genick auf ganz natürliche Weise sich brechen zu können. Bei mir kam einmal einer an den Unrechten. Anstatt auf dem kürzeren Wege nach Abbassieh, hatte ihn der Treiber auf den längeren getrieben; der graue Patron hatte nicht nur keine Eile (umsomehr aber ich), sondern nahm sich noch heraus mit mir in sehr verdächtiger Weise am Rande des Jsmailiehkanals und zwischen den Eisenbahnschienen herumzutanzen, mochte ich es anfangen, wie ich wollte. Endlich ward mir das Ding zu bunt: ich stieg ab, gieng zurück und nahm mir einen gelehrigeren, ohne auf die vielen ja sidi, ja sidi malesch (o Herr, o Herr, es thut nichts) des ersten Eseltreibers zu hören. Ist der Esel gut aufgelegt oder hat er einen tüchtigen Hieb verspürt, so jagt er auch wie rasend durch die Straßen. Er scheint darin einen Gefallen zu finden, wenn er es dem stolzen Pferde gleichthun kann; in der That zeigt er sich außerhalb der Stadt nicht so eifrig; darum galoppiert er regelmäßig schnell und um ja nicht aus dem 'Tempo zu kommen, schlägt er dazu mit den Ohren den Takt. Aber mit Eselslaunen und Schicksalsmächten ist kein ewiger Bund zu flechten. Erinnerungen aus dem Pharaonenlande. 261 Mitten int Galopp besinnt er sich eines anderen, fällt ans seine Knie, senkt den Kopf ganz geduldig und lässt seinen Reiter vor sich auf die Straße absitzen, und das geht noch schnell! Ehe einer Zeit hat sich zu besinnen, befindet er sich schon regelrecht auf dem Pflaster. Ja, wenn der Graukopf doch etwas Anstand und Schicklichkeitsgefühl hätte! Aber gerade in den belebtesten Straßen, auf öffentlichen Plätzen fällt es ihm ein, solche Komplimente zu machen. Einmal kehrte ich vom Spitale heim und war froh, schon ganz in der Nähe unseres Hauses angelangt, ohne Unfall davon gekommen zu sein; gleich im nächsten Augenblick eine Kniebeugung des Esels mit der herkömmlichen Einladung zur Beschreibung einer Parabel — aber ich blieb sitzen; zur Strafe musste er sich mit der ganzen Last erheben. Unbeachtet aller diesbezüglichen Niederlagen hat man doch den Trost, sagen zn können, ich bin niemals herabgefallen; nur der Esel ist gestürzt! Äscl in Sniiro. Nun abeiT'zum versteinerten Walde! Als Ausgangspunkt wurde das österr. Spital in^Abbassieh bestimmt, wo sich bereits unser Feldzeig Meister befand und die guten Schwestern unsern Mundvorrath noch vermehrten. Auch wir bedienten uns wie gesagt, der Esel. In Kairo standen schon in aller Frühe drei an Zahl nebst ihren Treibern vor der Thüre unseres Instituts; also aufgesessen und vorerst nach Abbassieh. Sichtlich waren sie gut gefüttert worden, denn kaum war man im Sattel, so giengs auch schon durch die Straßen, aber in halsbrecherischer Art. Ich hatte öfters in Ausübung der Seelsorge solche Touren machen müssen und dann und wann auch Lehrgeld bezahlt, weshalb es bei mir mit dem Reiten keine Noth mehr hatte. Aber mein Mitbruder hatte zu thun, um sich während dieses Galoppes im Sattel zu halten; von Zeit zu Zeit hörte ich ihn todt hinter mir rufen: beschwesch, beschwesch, schwaja beschwesch ia hammär (langsam, langsam, ein wenig langsam, o Eseltreiber), aber der Treiber grinste vergnügt 262 Erinnerungen aus dem Pharaoncnlcmde. hintendrein und der Esel wollte absolut kein Arabisch verstehen. Von Abbassieh weg gieng es schon langsamer. Unser Ziel war der kleine versteinerte Wald. Ein eigener Führer dahin war nicht nöthig, da meist auch die Eseltreiber-hinreichend Bescheid wissen. Dieser üebel chaschab, wie er arabisch heißt, wird fast von keinem Besucher Kairo's vergessen. Er ist in der That von Interesse, weit man einen kleinen Begriff von der Wüste bekommt, die keineswegs überall das flache Sandmeer ist, wie sie in der Vorstellung der meisten Leute lebt. Bald befanden auch wir uns in derselben. Weil wir uns gleich anfangs zu sehr nach Norden gewendet, so bekamen wir die Chalifengräber erst auf dem Rückwege zu Gesicht, den ersten Eindruck machte also die Wüste. Wir reiten über ebene Flächen, vom Regen und Winde plattgestrichen; durch Muldenthäler mit Sandseen, in welchen die Thiere tief einsinken; über kleinere Höhenzüge, aus denen kahles Gestein aufstarrt. Selten ein kleines Pflänzchen am Boden, keine Vogelschar in den Lüften. Doch ist der Eindruck keineswgs trostlos oder einödend. Keine langweiligen Flächen, sondern ein abwechselungsvolles, reichgegliedertes Gebiet, vergleichbar einem mitten in mächtiger Sturmesbewegung erstarrtem Meere. Kein eintöniges, lebloses Grau, sondern ein zartes, bewegtes Farbenspiel. Die höhersteigende Sonne sendet auch den violetlen Niederungen den Morgengruß und sie erröthen unter dessen Strahlen wie die Wangen eines vom Schlafe erwachenden Kindes, und allerlei Steinchen und Muschelreste blitzen fröhlich darein. Über das Ganze aber breiten sich die erhabenen Schauer eines großen Schweigens, einer lautlosen Weltenferne, einer hehren Einsamkeit. In meiner Kindheit Hieng ich mit ganzer Seele an den wilden Schönheiten des bayrischen Waldes, wo in so lieblicher Weise das Hochgebirge mit den lachenden Triften sich vereint; die sonnigen Hügel und üppigen Gärten Italiens konnten dieses Gefühl nicht verdrängen, beengt fühlte sich das Herz inmitten der südlichen Pracht und spähte sehnsuchtsvoll imd) den Alpen hinüber. Nur die Wüste mit ihrem Ernste und ihrer feierlichen Stille hat es vermocht, mich an meine neue Heimat unter dem Sternenkreuze des Südens mit unzertrennbaren Banden zu fesseln. Ja ergreifend schön ist die Wüste! Wir alle waren in solche Gedanken versunken, aus denen uns nur von Zeit zu Zeit verdächtige Bewegungen des Esels aufrüttelten. Nach längerem Ritte am Dschebel el Ahmar (rother Berg) hin, wendeten wir uns an einer erkennbaren Wegscheide rechts einem gelben Hügel zu, an dessen Fuße ein sehr enges Thal nach etwa 20 Min. zur sogenannten Ain Musa (Mosesquelle) führen würde, wo man aber keine Quelle findet, sondern nur günstigenfalls aus einer Felsenspalte spärliche Tropfen eines ungenießbaren Wassers heraussickern sieht. Dock; ist die Schlucht reich an Versteinerungen und Salzpflanzen, also nicht uninteressant. Trotzdem nahmen wir von einem Besuche abstand. Nach zehn Minuten ritten wir weiter nach links liber eine große, ebene Fläche, welche im Augenblicke eine Beduinenfamilie mit ihrer Herde inne hatte. Der Mann stand abseits von uns bei seinen Schafen; er schritt ihnen langsam nach, eine lange Flinte mit ausgebreiteten Armen quer über den Rücken haltend. Sein Weib — die Beduinen, obwohl Mohammedaner, haben gewöhnlich nur eines — saß mit seinen Kleinen, die sich ganz lustig im Sande badeten, unter einem Stücke Zelt, ganz mit der Zubereitung des Mittagmahles beschäftigt. Mit Neugierde, aber ohne Scheu, betrachtete sie unsere Karawane. Am Ende dieser Ebene erwarteten uns noch einige leichte Hügel, die im Sturm genommen wurden, und wir befanden uns am versteinerten Walde. Ich wäre sicher darüber hinausgeritten, von meiner Vorstellung irregeführt, wenn ich nicht aufmerksam gemacht worden wäre. Anstatt himmelhohe Bäume mit breiten Ästen und womöglich, noch versteinerte Vogelnester darauf zu finden, wie es die Grundidee zweier von uns Erinnerungen aus dem Pharaonenlande. 263 gewesen, sehen wir nur Wüste, Hügel und Himmel — Himmel, Hügel und Wüste. Und doch befinden wir uns im versteinerten Walde! Womit ist denn der Boden so dicht besäet? Mit Steinen hätte man beim ersten Anblicke geantwortet. Aber es sind keine eigentlichen Steine, sondern Stückchen, Stücke und Trümmer versteinerten Holzes. Bei genauer Besichtigung erkennt man sogleich, dass man keine Steine vor sich hat; ihr Gewicht verneint es; denn erstaunlich leicht sind auch große Stücke; man sieht deutlich die Holzfasern, deren Verbindung, Lauf und Dicke; an den Ästen die Knie und die Augen. Wir dringen weiter ein, und treffen in steigender Menge diese versteinerten Überbleibsel einer in grauer Vorzeit dagewesenen Vegetation. Nach des Botanikers Unger Untersuchungen gehörten sie einer jetzt ausgestorbenen Art des Balsambaumes an, von ihm Nicola ägyptiaca genannt. Vor fünfzig Jahren konnte man noch ganze und ziemlich lange Stämme hier liegen sehen, aber die Habgier vieler Alterthumsforscher hat gewaltig damit aufgeräumt; mit Wägen sollen sie hieher gekommen sein, um möglichst viel fortschaffen zu können. Längere Stücke und Stämme sind nur noch im großen versteinerten Walde, der vom kleinen 21/3 Stunden östlicher liegt, zu finden; aber auch im letzteren find noch hier und dort manche im Sande vergraben; an kleinen Stücken hat es keine Noth. Hochw. H. P. Heymans sammelte eifrig, während wir Enttäuschte keine große Lust zeigtenj sondern nur herumschweiften und dabei eine Pharaosratte (herpestes ichneumon) aufspürten, die anfangs von jemanden für einen Vogel angesehen wurde. Die Sonne stand mitten am wolkenlosen Himmel, es war also Mittag! Wir versammelten uns um einen Steinhaufen, der als Tisch dienen musste, und thaten dem Inhalte des Körbchens alle Ehre an. Auch an Zündhölzchen wurden Anforderungen gestellt —- etwas Selbstbegreifliches in Ägypten — aber der Treiber, welcher in Abbassieh weggeschickt toitrbe, um einige zu kaufen, hatte beinahe alle in unschuldiger Weise verbraucht. Man vermuthete, er hätte sie ans Bosheit nur verborgen, um einen Backschisch zu erpressen, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall war. Deshalb hätte er bald etwas Hölzernes bekommen, wenn ich nicht abgerathcn hätte. Diese meine Milde machte Eindruck ans sein verwittertes Herz; ganz frei sagte er den anderen ins Gesicht: „nur der weiße Hawadscha (damit meinte er mich) ist gut!" Ja aufrichtige, mitleidsvolle und hinopfernde Liebe ist auch der Schlüssel zu den Herzen der Muselmanen! Wenn der katholische Glaube je eindringen soll, so muss dieser Schlüssel ihm die Pforte zu den Herzen öffnen — oder sie bleiben für immer verschlossen. Miss Beecher-Stowe barg in ihrem vortrefflichen Buche „Uncle Toms Cabin" (Onkel Toms Hütte) gewiss unter vielen guten, manche irrige Ansichten, die Erziehung des Negers betreffend; aber eines hatte sie richtig erkannt und auch geschildert, nämlich dass hinopfernde Liebe imstande ist, das verthierteste und verstockteste Herz zum schmelzen zu bringen. In den Capiteln 24 und 25 wird uns das Negermädchen „Topsy" als Geschöpf geschildert, an dem alle Erziehungskunst zu Wasser geworden und welches mit einem Worte unverbesserlich ist. Gut; was der humanen Erziehungsmethode nicht möglich war, brachte in wenigen Augenblicken das kindliche Gemüth der kleinen Miss Eva mit den herzlichen Worten: „O Topsy, du armes Kind — ich liebe Dich" zustande. Die Sonne neigte sich schon sehr gegen Westen. Wir saßen auf, jeder vollgestopft mit Stücken versteinerten Holzes; hierin kannte der Eifer des Feldzeig Meisters keine Grenzen, was manchem nicht lieb war. Wieder beinahe der nämliche Rückweg, die nämliche Wüste. Wir ziehen diesmal vorbei an den Chalifen-grübern, die einem unaufhaltsamen Verfalle zur Beute geworden zu sein scheinen. Schade um die ungemein kraftvolle Architektur, um die Mausoleen und um die schlanken Minarete. Aus der Ferne macht das alles großartigen Eindruck; aber 264 Unsere Bilder. je näher man kommt, desto mehr überzeugt man sich, dass die ganze Herrlichkeit raschem Ruine anheimfällt. Der Islam lasst eben zerfallen, was zerfällt. Es ist Abend geworden. Wir sehen wieder Abbassieh; wir scheiden von der Wüste und galoppieren über die letzten Streifen derselben Kairo zu, „dass Ross und Reiter schnoben und Kies und Funken stoben." ----._-------------- Unters Silber. Mbriicke bei Kairo. Diese Brücke verbindet Kairo mit der „Insel" Gesira, auf welcher die unseren Lesern bekannte Antiselavereieolonie Leo XIII. liegt. Vom Platze Kasr-el-Nil weg führt uns eine Straße geradeaus zum Nil, wobei wir links ein vieekönigliches Schloss, rechts die große Kaserne Kasr-el-Nil, jetzt von den Engländern besetzt, liegen lassen. Alsbald stehen wir vor der großen Nilbrücke. Es ist eine schöne, etwa 400 m lange Gitterbrücke, welche den östlichen Nilarm überspannend, seit 1871 Kairo nt.it Gesira (Insel) verbindet. Der Europäer staunt, in der ägyptischen Hauptstadt eine europäische Construction von solchem Umfange zu begegnen. In den ersten Nachmittagsstunden (in der Regel von 1—3 Uhr) ist die Nilbrücke behufs Durchlassung von Schiffen gesperrt. Dadurch wird der stets sehr rege Verkehr behindert und im Augenblicke der Wiedereröffnung der Brücke bietet sich ein Bild von unbeschreiblicher Hast dar. Reiter zu Esel, Pferd und Kameel, beturbante Männer und verschleierte Frauen, Bettler und Geschäftsleute, alles drängt und schiebt sich durcheinander in buntem Wirrwarr, um möglichst rasch die Brücke zu passieren. Am linken Ufer zweigt sich von der Straße zu den Pyramiden rechts die Straße nach dem Norden Gesira's ab, wo umgeben von prächtigen Gärten, hart am Nil, das Schloss Gesira liegt, das 1863—68 von dem deutschen Architekten Franz Bey gebaut wurde, nun aber in ein Hotel umgewandelt ist. Hinter diesen Anlagen nilabwürts dehnt sich unsere Negereolonie aus bis zu dem an der Nordspitze der Insel gelegenen Dorfe Embabe, das am 21. Juli 1798 Schauplatz der berühmten Schlacht bei den Pyramiden war. Napoleon feuerte hier seine Soldaten an mit jenen Worten: „Viertausend Jahre schauen auf euch herab! Von der Terrasse unserer Colonie aus bietet sich ein hübscher Ausblick auf die Pyramiden. Zwischen Embabe und dem Nordende der gegenüberliegenden Vorstadt Bulak zeigt sich der Nil in voller Majestät. Aegyptischer Soldat zu Kameel. Das Pferd, das Maulthier und das Kameel finden in der ägyptischen Armee Verwendung. Während das Maulthier zur Bespannung von Geschützen, Munitisns- und Trainwägen benutzt wird, dient das Kameel als Reitthier. Die ägyptische Armee besitzt ein eigenes Corps von Kameel-reitern, die besonders für die Wüste praktisch sind. (Esel in Kairo. Wir sehen vier der berühmten Kaireneresel mit ihren Treibern. Beide, Esel und Treiber, werden uns von der witzigen Feder unseres hochwürdigen P. Münch, F. S. C. wahrheitsgetreu in ihren guten und bösen Eigenschaften geschildert. Für die Redaction: P. Lader Geyer, F. 8. G. — Druck von A. Weger's fk>. Hofbnchdrackerei, Bcixeu.