Zeitschrift für krainische Landeskunde. Nummer 11. Laibacli, im November 1891. III. Jahrgang. Reiseskizzen aus Italien. Von A. Müllner. (Fortsetzung.) Ereignisse, von so tief einschneidender Bedeutung, wie die Wanderungen kriegerischer Völker, welche neue Reiche gründen, Cultur- und Oultus-Oentren schaffen, und welche sich in unmittelbarer Nähe unserer Alpenländer, speciell Kr ain’s abspielten, können unmöglich ohne Rückwirkungen auf die letzteren geblieben sein, um somelir, als sie von der Sagengeschichte der Alten direct bezeugt sind.r) Es muss daher für die Geschichte des Landes von Interesse sein, chronologische Anhaltspunkte für diese so nachhaltig wirkenden Ereignisse zu gewinnen. Die Basis für diese natürlich nur annähernden Berechnungen, müssen wir in Aegypten suchen, weil von dort der Anstoss zu der grossen Pelasger-bewegung durch Vertreibung der Schasu oder Hyksos ausgegangen war. Dies geschah unter Phra Aahmes der XVIII. Dynastie, dem Amosis der Griechen, welcher nach Brugsch zwischen 1700—1666, nach Lepsiüs von 1684—1659 herrschte. Nehmen wir nun für den Auszug der Hyksos das Jahr 1680 v. Ohr. Aus Aegypten gingen Schwärme derselben : 1. zurück nach Palästina; 2. nach Kreta, von hier 3. nach Griechenland, wo sie sich ausbreiten und Städteburgen gründen, von Lyko-sura in Elis geht die erste Kolonie nach Italien, die zweite aus Epirus an den P o und landeinwärts bis Cortona. Nun setzt Pausanias VIII, 2—5, den Argonautenzug in die achte Generation nach Pe-lasgus, also c. 250 Jahre später. Geben wir ihnen für die Festsetzung in den verschiedenen Theilen von Griechenland 180 Jahre, so fiele die Argofahrt etwa c. 430 Jahre nach dem Auszuge aus Avaris, somit c. 1250 v. Ohr. Um diese Zeit, 0 Man denke z. B. an die Sage von der Argonautenfahrt der pelasgisohen Minyer. etwa c. 1300 v. Ohr. sollen die Griechen auch die phönikische Schrift erhalten haben, welche nach Schlottmann’s Untersuchungen eben unter der Hyksos-Herrschaft entstanden ist. Nach Dionys v. Halikarnass, lib. I, cap. 17, zogen die Pelasger sechs Menschenalter nach Pelasgus aus dem Pelopones nach Thessalien oder Haemonien, von wo sie fünf Menschenalter später wieder vertrieben, nach verschiedenen Richtungen, unter anderen auch nach Italien wanderten. Setzen wir „Pelasgus,“ das heisst die Festsetzung in Griechenland auf 1600, so fiele diese Italienfahrt etwa um 1300 v. Ohr., was wieder ziemlich mit der Argofahrt stimmen würde. Der Trojanische Krieg soll nach Dionys I, c. 9, sechzehn Menschenalter vor Rom's Gründung, somit c. 1230 fallen, andere setzen ihn c. 1180 an; nehmen wir das Mittel mit 1200 v. Ohr. Nun sagt Dionys v. Halikarnass lib. I, c. 26 : „Die Drangsale der Pelasger begannen ungefähr zwei Mensehenalter vor dem Troerkriege, und dauerten noch nach diesem Kriege, bis das Volk auf die geringste Anzahl herabgeschmolzen war. Denn ausser Kroton, einer berühmten Stadt in Umbrien, und wTas vielleicht sonst die Aboriginen erbaut hatten, wurden alle übrigen kleineren Städte der Pelasger zerstört.“ Nach dieser Angabe begann somit die Reaction gegen die Pelasger in Italien schon c. 1240 bis 1100 v. Ohr. Es war um die Zeit der Aeo-lischen und Dorischen Wanderung in Griechenland, welche von der letzten Hälfte des XII. bis über die Mitte des XI. Jahrh. v. Ohr. währte. In Italien endet diese Bedrängung der Pelasger mit der Begründung des Tyrrhenischen Staatswesens um 1044 v. Ohr., etwa 290 Jahre vor Rom's Gründung. *) 1 1) Nach tuskiselien Quellen und Traditionen. Nach Diiinichen hist. Inschr. I, Tab. 1—6, sollen aber schon im XIV, Jahrh. v. Ohr. unter Ramses II. etruskische Seeräuber einen Raubzug nach Aegypten unternommen haben. Um die Stammeszugehörigkeit der Etrusker zu bestimmen, wäre die Enträtselung ihrer Sprache das sicherste Mittel, leider ist bis heute jeder Versuch fehlgeschlagen. Es ist uns allerdings die nicht unbedeutende Anzahl von c. 5000 Inschriften erhalten, darunter eine Bilingue:) in etruskischer und lateinischer Sprache, welche die Worte: net in vis trut not fruntao, und lat. „haruspex fulgurator“ giebt. (Tabretti Nr. 69.) Der umfangreichste ist der 1822 in Perugia gefundene öippus aus Travertin von P45 m Höhe, 0'55 m Breite und 0-27 m Dicke. Er trägt auf der Vorderseite 24 und auf der linken Schmalseite 22 Schriftzeilen eingemeisselt, deren Buchstaben rotti gefärbt sind. Er befindet sieh im Museo von Perugia. Zur Erklärung der etruskischen Sprache wurden die mannigfaltigsten Versuche gemacht. Vergeblich zog man dazu herbei: Hebräisch und Ohaldäisch, (P. Nanni im XV. Jahrh. und Stickl 1895,) Sanskrit, (ßertani); Lateinisch, (Passeri 1740) und Verwandtschaft mit Umbris ch, O skis oh und Griechisch, (Lanzi 1789 und jüngst 1875 Corssen) : Irisch und Walisisch, (Maack 1873 und Betliam) ; Skandinavisch, (Orawford-Land-say); Slavi sch, (Kollar) ; Armenisch, (Ellis). Etliche verfielen auf Aegyptiscli und Aethio-pisch, andere auf Baskisch, selbst auf Chinesisch gerieth man und noch 1874 erklärte Isaak Taylor in der Londoner philolog. Gesellschaft das Etruskische für Altaiisch. Er geht von den Wörtern auf den zwei bei Toskanella gefundenen Würfeln aus und erklärte dieselben aus dem Ostjakisehen und Woguli sehen uni dein am Ob und Jenisei gesprochen Taftarischen. Die etruskische Mythologie aber idghtificirt er mit der des fmischen Epos Kalevala. In neuerer Zeit hat Deecke, welcher früher Oorssens Ansicht bekämpfte, sich in seiner Arbeit über die etruskischen Bilinguen 1883 Corssens Ansicht wieder angeschlossen, und das Etruskische zum italischen Stamm der indogermanischen Sprachfamilie gestellt. Diesen Standpunkt nimmt auch Bugge in seinen „Beiträgen zur Erforschung der etruskischen Sprache 1882“ ein. Nach Suetonius: Claudius c. 42, schrieb dieser Kaiser eine Geschichte Etruriens in griechischer Sprache, welche leider verloren ist. Viel- ') Die übrigen etwa 80 doppelspraehigen enthalten nichts als Namen, so wie 4/5 der sonst erhaltenen nur Grabsehriften sind, welche Namenverwandtsehaft, Stand, Alter ergeben. Die Bilinguen zum Ausgangspunkte zu nehmen, räth schon Maffei 1740. leicht wäre uns heute manches klarer über unsere Frage, wenn wir das Werk des Kaisers hätten. Als Beispiele wie etruskische Inschriften gelesen wurden, diene die Erklärung der Perusini-schen Inschrift, welche Bettham für Irisch erklärt und meint : sie sei eine Nachricht für Seefahrer über eine Beise von Biscaya nach Irland ; — doch könne sie sich möglicherweise auch auf Ackerbau beziehen. Eine andere Inschrift erlebte z. B. von Bugge folgende zwei Uebersetzungen, zuerst : a) „Diese Schale stiftet das Oberhaupt der Gemeinde, nachdem es dreimal sein Amt verwaltet, wegen (vollbrachter) Amtshandlungen, wegen Erfolgen in der Verwaltung.“ Später liest derselbe Bugge: b) „Der König des Staates der (zum dritten Male) Imperator ist, weiht diese (Schale) zum Trankopfer den (verstorbenen) Porsenna’s, denen man, wenn man königliche Gewalt hat, vor allen anderen Todten Gaben darbringen soll“. Ein anderer Etruskologe, Pauli übersetzt wieder so : c) „Dies ist die Gabe, ich habe euch Saatkorn gesammelt, die glänzende Sonne aber wird euch geben Hirse zu worfeln gegen den Hunger und Weizen in Fülle, zu schneiden ! ! “ Doch genug des grausamen Spieles, so viel ist sicher, dass der Charakter der Sprache ein harter und rauher war, welche den Bornem fremdartig klang, weshalb sie die Tusker auch Barbaren nannten, was den übrigen Italikern gegenüber nicht der Fall war. Besser als über die Sprache sind wir über die Schrift der Etrusker unterrichtet. Die alten Autoren wissen zu erzählen, dass P e 1 a s g e r zuerst die Schrift nach Italien brachten. So sagt Dionys v. Halikarn ass I, 33: „ Die Arkadier (Pelasger), behauptet man, brachten auch den griechischen Schriftgebrauch, der ihnen selbst noch neu war, zuerst nach Italien.“ PI ini us VII, 56, (57) 2, 3, sagt: „Die Buchstaben waren nach meinem Dafürhalten in Assyrien stets heimisch, andere, wie Gellius, glauben, sie seien in Aegypten von Merkurius, und andere, sie seien in Syrien erfunden. Jedenfalls soll sie, und zwar 16 an der Zahl, Kadmos aus Phönikien nach Griechenland gebracht haben.“ „Aristoteles behauptet, es habe ursprünglich 18 gegeben: A, B, r, /J, E, Z, I, K, A, M, N, O, Tl, B, 2, T, T, cfi.“ „Nach Latium brachten sie die Pelasger.“ „Tn Latium eas attulerunt Pelasgi.“ Damit stimmt Aurelius Victor de. orig, gen. rom. 5, überein, wenn er sagt: „Eu ander lehrte zuerst von allen die Einwohner Italiens die Buchstaben.“ Dazu soll er sie zuerst säen und ackern gelehrt haben. Euander aber erlernte sie nach Plutärch Qu. Rom. 59, der sich auf Juba beruft, wieder von Herakles. Nun ist aber Euander kein gewöhnlicher Sterblicher, sondern der Sohn des Hermes und der arkadischen Nymphe Themis. Wenn er daher 60 Jahre vor dem Troerkriege, wie Dionys I, 31, angibt, also um 1250 eine Colonie nach Italien führt, so heisst das so viel, als dass dieselbe ihn als Schutzgott mitführte. Wenn nun der arkadische Euander sie von Herakles (Melkart) erlernt haben soll, so heisst das modern gesprochen, dass Phöniker die Schrift nach Arkadien gebracht, von wo sie Auswanderer nach Italien übertrugen, was um c. 1250 v. Chr. geschehen sein soll. Von besonderem Interesse aber ist die Nachricht des Tacitus über diesen Gegenstand in Annal. XI, 14. Tacitus erzählt, dass Claudius neben anderen Schrullen auch die hatte, das Alphabet zu verbessern,1) und giebt dabei eine kurze Geschichte der Schrift, er sagt : „Die Ägypter drückten zuerst Begriffe durch Thierbilder aus.“ — „Sie geben sich als Erfinder der Buchstabenschrift aus: von ihnen sollen sie die Phöniker, die sich am meisten mit Schifffahrt abgaben* nach Griechenland gebracht und den Euhm davongetragen haben, als hätten sie selbst erfunden, was sie von anderen hatten, denn die gemeine Sage ist: Kadmos sei mit einer phönikischen Flotte nach Griechenland gekommen und habe unter diesem noch ungebildeten Volke diese Kunst aufgebracht.“ — — „Aber in Italien haben die Etrusker sie vom Demarat aus Korinth und die Aboriginer vom Arkader Euander erlernt.“ Demnach ist nach Italien zweimal der Schriftgebrauch gekommen, erst durch die Pel a sg er und später durch die Griechen. Von der ersteren Action ist wohl kaum etwas nachzuweisen, die der letzteren hat bleibend auf Italien eingewirkt, den sowohl das etruskische als lateinische2) Alphabet sind aus dem phönikisch-griechischen hervorgegangen. Das etruskische Alphabet zählt 20 Buchstaben, davon sind 16 altphönikisch, 3 sind in Griechenland und 1 in Etrurien dazu erfunden. Die Buchstabenformen haben den Charakter der chalkidisch-do rise heil Schrift, so dass man die Ansicht 9 Er erfand drei neue Buchstaben, die aber nach seinem Tode wieder in Vergessenheit kamen, wie die Sehriftverbesserung weilend Prof. Metelko's. 9 Da nun Westeuropa lateinisch, der Osten griechisch oder mit der, aus der griechischen entstandenen cirilisehen Schrift schreibt, so schreibt noch heute ganz Europa phönikiseh, und ausser uns noch alle Aramäer und Inder. aussprach, Ohalkidier hätten die Schrift nach Etrurien gebracht, eventuell sie sei durch 'Kaufleute aus Kyme oder Tarent nach Etrurien gelangt. Ueber die Zeit, wann dies geshah, bemerkt M o m m-sen R. G. 1881, I, p. 216: „Für Etrurien und Latium wird der Anfang der Solireibkunst in eine Epoche hinaufrücken, die dem ersten Eintritt der Sotisperiode in historischer Zeit dem Jahre 1321 v. Ohr. näher liegt, als dem Jahre 776, mit dem in Hellas die Olympiadenrechnung beginnt.“ Nach Dr. Mommsen 1. c. p. 215 scheint sich der älteste Gebrauch der etruskischen Schrift auf die Etrusker am Po und im heutigen Toskana beschränkt zu haben. Von Hatria und Spina, wo auch zuerst Pelasger landeten, wie wir oben p. 201 hörten, soll sie dann an die Ostküste hinab bis an die Abruzzen, nördlich zu den Venetern und Kelten, ja selbst bis jenseits der Alpen nach dem heutigen Tyrol und der S t e i e r m a r k gelangt sein. Im Museo Etrusko des Vatikan wird ein Thon-gefäss aufbewahrt, -welches bei Gäre in einem Grabe gefunden wurde. Um seine Basis ist das Musteralphabet, wie es nach Etrurien kam, eingeritzt, um das Gefäss selbst aber ist ein veritable!’ Buehstabirtext zu sehen.1) Die Schriftzeichen sind griechisch von sehr archaischem Style, welche in eine sehr alte Zeit hinaufreichen müssen ; das Alphabet selbst hat folgende Buchstaben: A, B. G, D, E, V, Z, H, Th, I, K, L, M, N, O, P. S, R, F, T, U, X, Ph. Oh. — Bei Bomarzo fand man endlich noch ein Thongefäss mit etruskischem Alphabet mit folgender Lautreihe: A. G, E, V, Z, H, Th, I, L, M, N, P, S, R, S, T. Th, Oh, Ph. Die Schreibweise -war wie bei den Semiten, von Rechts nach Links. Auf den Bildwerken erscheinen die Etrusker als Menschen von kleiner Statur, mit grossen, rundlichen, nicht scharf geschnittenen Gesichtern, eher kurzer, dicker Nase, grossen Augen, welche an bemalten Figuren brau n sind, kurzen muskulösen Armen und gedrungener fast unbehülflicher Leibesgestalt. — „Obesos et pingues Etruscos.“ „Dick und fettwanstig“ nennt sie Catullus 39, 11. Die Männer erscheinen bartlos, das Haar g e 1 b b r a u n gemalt. Auffallend ist die Physiognomie einer mit Helm, Harnisch und Beinschienen gerüsteten Kriegerfigur von c. 38 cm Höhe, welche 9 * 11 9 Er lautet: Bi, Ba, Bu, Be. — Gi, Ga, Gii, Ge. — Zi, Za. Zu, Ze. — Hi, Ha, Hu, He. — Thi, TJia, Thu, The. — Mi, Ma, Mu. Me. — Ni, Na, Nu, Ne. — Pi, Pa, Pu, Pe. — Ki, Ka, Kn, Ke. — Si, Sa, Su, Se. — Chi, Cha, Chu, Che. — Pili, Pha, Pini, Plie. — Ti, Ta, Tu, Te. — Ein Alphabet und Buchstabiertext wurde auch in einem Grabe bei Siena an die Wand gemalt, im Jahre 1698 entdeckt. 11 * Und 1. c. 11, sagt Valerius Maximus: bei Ravena gefunden wurde. Gori 1737 bildet sie auf Taf. OVIH ab. Am Schenkel ist eine etruskische Inschrift gravirt. Diese Figur zeigt ausgesprochen mongolischen Typus mit' schiefgeschlitzten Augen und vorstehenden Backenknochen. Gori sagt, das Stück befinde sich im Cortona „in Museo Oorazio“ und nennt es per insigne. Das Kunstwerk wäre einer genauen Untersuchung und photographischen Reproduktion werth. Aus dem vorhandenen anthropologischen Materiale lässt sich noch wenig machen. In Marzobotto fand man sowohl dolichocepale als b r a c h y-cephale Schädel von sehr differirenden Verhältnissen, so dass Zanetti sagt: ,,Gli Etruschi furono un popolo a tipo molto variabile.“ Dem Charakter nach war der Etrusker hart, grausam und abergläublisch und darin von echt orientalischem Raffinement. A r n o b i u s VII, nennt Etrurien : G e n i t r i x et mater supers ti tionis.“ Nach Cicero Weissag. I, 15, waren die römischen Auguren Stümper, während Cilicier, Pamphilier, Pisidier und Lykier darin Meister wären. Ebenso verstünden sich die Etrusker: „Ganz besonders auf die Deutung aller yorkommenden unnatürlichen Erscheinungen und Vorzeichen“ J) 1. c. 41. Noch der abtrünnige Julian führte etruskische Wahrsager auf seinem Zuge gegen die Farther mit.2) Grausam schien ihr Verfahren gegen Sklaven selbst den Römern, welche gegen diese doch auch nicht gerade human verfuhren, so dass Martial IX, 23, 4, ausruft: „Et sonet innumera compede Tuscus ager. “ „Von unzähligen Fesseln ertönt das tuskische Land.“ Valerius Maximus (30 n. Chr.) schildert mit Schauder die Grausamkeit dieses Volkes, er schreibt IX, 2, 10: „Die Etrusker hatten eine entsetzliche Gabe Strafen auszusinnen. Sie banden Lebende mit Leichnamen, Gesicht gegen Gesicht gekehrt, fest zusammen, so dass die einzelnen Theile der Glieder sich völlig einander entsprachen. Auf diese Weise mussten die Lebenden mit den Todten zugleich verfaulen. “ *) *) Aulus Caecina, ein Freund Cieeros, schrieb ein Buch über die etruskische Wissenschaft. Nach ihm gab es z. B. laut ihrer Blitzlehre: auffordernde, trügerische, erbittliehe, aufhebende, bestätigende, rathgebende, entscheidende, verschüttende, königthiimliche, zu Gast ladende, htilfreiche Blitze ! ! — (Bei Seneca quaest. nat. II, 89 u. 49.) a) Die braven Leute gaben sieh alle Mühe dem Kaiser vom Feldzuge abzubringen, — sie sahen offenbar das Unsinnige desselben ein, — aber sie kamen nicht auf gegen den Widerspruch der „Phi-j o s o p h e n, “ welche den Kaiser umgaben, meint Ammianus Mare. 23, 5. „Die Hetrusker kommen jenen Barbaren ganz gleich, von welchen erzählt wird, dass sie geschlachtete Thiere ausweiden und Menschen hineinstecken, jedoch so, dass der Kopf herausragt. Um nun ihr martervolles Leben zu verlängern, gaben sie ihnen Speis und Trank, bis sie von der inneren Fäulniss ergriffen, und von den Thieren angefressen wurden, die sich gewöhnlich im Aase erzeugen.“ Gleiches berichtet Cicero von den etruskischen Seeräubern bei Servius ad Aen. VIII, 479, und Virgil Aen. VIII, 485, vom Tyrannen von Agylla, Mezentius. Für die asiatische Herkunft der etruskischen Oultur spricht auch der Umstand, dass man behauptete, die ganze etruskische Disciplin sei von einem Genius Tages, welcher ein Sohn des Herakles (Melkart) und der Minerva1) war und der bei Tarquinii aus einer frischen Ackerfurche hervorgekommen sein soll, gelehrt. Gerade zu überraschend aber ist ihre Kenntniss der mosaischen Schöpfungsgeschichte, welche die Etrusker genau gleich erzählen, nur statt der mosaischen Tage, je ein Jahrtausend setzen und dem Bestände der Welt 6000 Jahre zuschreiben. Sui das2) erzählt darüber in seinem Lexicon sub 'j VQQrjncc Folgendes : „Opificem rerum omnium deum duodecim annorum millia universi huius creationi cftncessisse, eamque per XII domos ita dictas distribuisse: et primo quidem millenario fecisse coe-lum et terrain ; altero fecisse flrmamentum illud quod ap-paret, idque coelum vocasse; tertio mare et aquas omnes, quae sunt in terra; quarto lumina magna, solem et lunam, itemque stellas; quinto omnes volnenim, reptilium, quadru-pedum animas, quidquid in aere, terra et aqua degit; sexto autem hominem, sequitur. superiores sex millenaries ante for-mationem hominis praeterisse ; reliquos autem sex millenarios duraturum esse genus humanum : ut sit universum consum-mationis tempus duodecim millium annorum.“ Erwägen wir nun noch ihre orientalische Ueppigkeit, (cf. Athenaeus XV, c. 12), asiatische Gewandung, die Liederlichkeit ihrer Weiber, welche mit der Frechheit der Lydischen3) übereinstimmt; endlich den Gebrauch ihre Abkunft von mütterlicher Seite herzuleiten, wie dies aus Inschriften hervorgeht so sind wir genöthigt diese Race Asien zu überweisen, wie dies bereits Seneca gethan hat, wenn er sagt : „Tuscos Asia sibi vindicat“ r) Naeli etruskischen Inschriften und Spiegeln. Ueber Minerva vergi. „Argo,“ 1893, p. 126, Note 1. a) W. Bernhardi, Tom. II, 2, p. 1248 8) Cf. Herodot I, 93: „Tov yaQ đrj sivdwv ärj/rov cd OvynrsQSfT noovEvovzai mirrai, trvXlsyovaai crpim rpsQvaa.“ Und dazu Plautus Cistellaria (Ed. Schöll 1894) v. 561, wo Lampadio sagt: „Vnde tibi talenta magna uiginti pater Det dotis : non enim hie, ubi ex Tuseo modo Tute tibi indigno dotem quaeras corpore.“ — „An die Tusker hat Asien als die Seinigen Anspruch.“- Es entsteht nun die Frage: Wie weit reichten etruskische Macht und etruskischer Einfluss? und dürfen wir annehmen, dass auch unsere Alpenländer, speciell Kr a in, davon berührt wurden? Den Nachrichten der Alten zur Folge, beherrschten die Etrusker schon in sehr früher Zeit den grössten Theil Italiens, im Süden bis an den Busen von Salerno. Nach Strabo V, 4, 3, p. 242, hätten sie im schönen Campameli zwölf Städte erbaut, darunter Capua als Haupt derselben, aber in Weichlichkeit verfallen, alles an die Samniten verloren. Desgleichen Herculanum am Vesuv, 1. c. 8, p. 247. Li vi us IV, 37, nennt Capua eine etruskische Stadt. Velleius Paterculus sagt I, 7, dass Capua und Nola in Campameli vor 830 Jahren, also 47 Jahre vor Eom’s Erbauung, von den Etruskern gegründet wurden. Ebenso bezeichnet Pomp. Mela II, 4, Capua als tuskische Gründung. „Oapua a Tuscis condita“, und Servi us ad Aeneid. XI, 567, sagt gar, dass fast ganz Italien in etruskischer Gewalt war: „In Tuseorum jure pene omnis Italia fuerat.“ Von Wichtigkeit für uns ist jedoch die Ausdehnung ihrer Herrschaft im Norden. Hier rangen sie mit Erfolg mit den ümbrern um die Herrschaft, wie Strabo V, 1, 10, p. 216, berichtet : „Den Römern aber ist auch der Stamm der Umbrer, hie und da auch der Tyrrhener, beigemischt. Den diese beiden Völker führten vor dem grösseren Waehs-thnme der Römer eine Art von Wettstreit mit einander über die Oberherrschaft.“ In Etrurien müssen zweierlei Völker in Ueber-und Unterordnung gelebt haben. Die herrschende Bace, die den Adel bildete, bestand aus den eingewanderten Tyrrhenern ; das Volk, beziehungsweise die Heere bildeten die Nachkommen der unterworfenen Ureinwohner. So sagt Dionysus v. Hali kar n ass IX, 5, von der Heeresmacht der Etrusker: „Auch die feindliche Kriegsmacht war aus der Stadt ausgerückt, zahlreich und gut. Es waren nämlich aus ganz Etrurien die mächtigsten Männer züsammengekommen und hatten ihre Hörigen (ntvisTa.^) mitgebracht; so war das etruskische Heer bedeutend zahlreicher als das römische geworden.“ Wir sehen somit hier eine etruskische Ritterschaft mit einer gesellschaftlich abhängigen Gefolgschaft eine Art niedriger Ministerialen, aus der unterjochten, älteren, walir- scheinlich umbrischen Landesbevölkerung das Heer bilden, welches gegen die Börner rückt. Während, die Phöniker Söldnerheere warben,, die la-tiner Volksheere aushoben, bestand in Etrurien eine Art Eeudalverhältniss zwischen den herrschenden Tyrrhenern und den s. g. Penastem Ihre Herrschaft über das Poland bezeugt Polybios II, 17, mit den Worten: „Vor Alters indessen bewohnten diese Ebenen die Tyrrhener, in den Zeiten, da sie auch die s. g.Phlegräi-schen, um Kapua und Noia besassen.“ „Wer daher von den Unterthanenlanden der Tyrrhener liest, darf nicht das jetzt (im II. Jhr. v. Chr.) von ihnen eingenommene. Gebiet, sondern muss die genannten Ebenen und die aus diesen Gegenden gezogenenHülfs-queilen im Auge haben.“ Livius V, 33, berichtet: „Die Macht der Tusker erstreckte sich vor der römischen'Herrschaft weit über Land und'Meer. Wie viel sie auf dem oberen und dem unteren Meere, welche Italien wie eine Insel umschliessen, vermochten, dafür zeugen die Benennungen, indem die italischen Völkerschaften, das eine das Tuskische, das andere nach Hat ria, einer tuski-sclien Pflanzstadt, das Ilatriatische Meer Messen. An beide Meere stossend, bewohnten sie ihr Land in je zwölf Städt en, zuerst diesseits des Apenrnnus 1), am unteren Meere; nachher auch jenseits des Apenninus, wo sie eben so viel Ansiedlungen, als sie ursprünglich Hauptstädte hatten, anlegten, welche jenseits des Padus, den Winkel der Veneter, die um den Meeresbusen her wohnen, abgerechnet, alles Land bis zu den Alpen hin inne hatten.“ • Noch zu Plinius Zeiten, Mitte I. Jhrh. v. Ohr. war Mantua etruskisch, da er III, 19, (23), Folgendes sagt: „Mantua Tuseorum trans Padum sola reliqua.“ Aus den Sümpfen des Adrias, in welchen die Ureinwohner ihre Terramären-Ansiedlungen hineinbauten, hatten Pelasger und später Etrusker ein reiches Oulturland geschaffen, welches die Raubsucht der Kelten anlockte. Plutarch in Camillus c. 16, schildert es, wie folgt: „Dieses ganze Gebiet ist mit fruchtbaren'Bäumen bepflanzt, reich an trefflichen Weiden und von Flüssen durchströmt. Es hat achtzehn schöne, grosse, für den Gewerbfleiss zweckmässige, und zum Lebensgenuss glänzend eingerichtete Städte, welche die Gallier nach Vertreibung der Tyrrhener besetzten.“ Der anonyme Verfasser des Periplus, vulgo Skylax genannt,8) gibt an, dass die etruskische *) Diese waren: Tarquinii, Caere, Veji, Falerii, Volsinii, Vetu-lonia, Rusellae, Ciusinm, Perusia, Cortona, Arretium und Volaterrae. 2) Fabricius hält in seiner Ausgabe von 1878 den Verfasser für einen Byzantinischen Grammatiker, welcher aus alten Geographen schöpfte. Küste bei Antipolis (jenseits Nizza) beginne und bis Eom reiche. ,.5. \Ann if 04vTim)X(Ki'7 'fvijóipioì e&voir ^léyni. 'Pcófirjg noiaof.“ Er gibt ihr eine Erstreckung von 4 Tage-und 4 Nachtfahrten.1) " 'Ivijtjr^vhrv ò't tzuiicIttIo vg rj[iegóòv rtrragi' V xai vvxràv TEzzcćgmv.“ Es scheint somit auch das ligurische Bergland vor c. 400 v. Ohr. noch etruskisch gewesen zu sein. In der Gegend von Alessandria in Piemont (Busca) fand man nach Fabretti 0. J. I, 42, eine alt-etruskische Inschrift und jüngst 1872 östlich von Nizza, beim alten Oemelion (Plin. c. V.), Grabziegel mit etruskischen Inschriften. (Fabr). Erwägt man, dass die Küstenfahrt von Hadria bis Triest nur 140 km beträgt, somit bei obiger Fahrgeschwindigkeit in 24 Stunden zürückzulegen war, so scheint es uns ganz undenkbar, dass dieses ebenso energische als seetüchtige Volk in den 500 Jahren seiner Herrschaft über Ob er it a lien nicht auch in unsere eisen reichen Berge e i n gedrungen wäre, wo 40 km vomLandungs-platze entfernt, sofort das Eisengebieth von St. Michael bei Hrenovitz, das in Oberitalien fehlende Metall lieferte, während Populonia mit seinen Eisenwerken über 300 km entfernt in den, durch den wilden Apennin* 2) geschiedenen Stammlande lag. Rechnen wir noch dazu den wichtigen Bernsteinhandel, der durch Krain zog, so ist das herübergreifen etruskischen Einflusses zwischen 800—400 v. Ohr. geradezu unabweisbar. Wir kommen übrigens auf die Frage noch später zurück. Die S e e h e r r s c h a f t der Etrusker im adria-tischen Meere dauerte Jahrhunderte lang. Ihre Haupthafenplätze dürften Spina und H a t r i a gewesen, sein von avo sie zunächst nach Korcyra verkehrten. P Da die Strecke e. 560 km beträgt, so berechnet sieh daraus eine Fahrgeschwindigkeit von 6 km pr. Stunde. 2) AVie im I. Jahrtausend v. Ohr. noch die Apenninen ausgesehen haben müssen, lässt sich nac-h der Schilderung des, im südlichen Etrurien gelegenen eiminisehen Waldes beurtheilen, welchen Livius IX, 36, beschreibt. 308 v. Chr. erlitten die Etrusker bei Sutrium eine Niederlage und flohen in den ciminisehen Wald. Aron diesem sagt Livius 1. c. : „Der eiminisehe AVald war damals noch unwegsamer und schauerlicher, als neuerlich die germanischen Wälder waren, und nicht, einmal ein Kaufmann hatte denselben bis dahin betreten.“ Kaufleute waren also in jener Zeit die Pfadfinder, — und sind es am Ende noch jetzt. lieber den Apennin vergi, man auch „Argo,“ 1893, p. 83. Als wichtigste Ausfuhrartikel hatten sie unser Eisen und das Kupfer von Volaterrae und Oampanien, Silber von Populonia, und Bernstein durch Landhandel von der Ostsee. Diodor v. Si ci li en, V, 40, rühmt ihre grosse Seemacht und sagt, sie beherrschte lange Zeit die Geivässer ,,nolovg ynóvnvq {)alnrroxQCt- Tìjaavz ec.“ Im Ostbecken des Mittelmeeres vertrugen sie sich mit den phönikischen Puniern ganz leidlich, schlugen mit ihnen verbündet die Phokaeer, — Herodot I, 166. — Allen übrigen, voran den Griechen, welche ebenfalls mit Seehandel sich zu befassen begannen, gegenüber waren sie die ge-fürchtetsten Piraten. Ephorus, c. 340 v. Ohr., VI, 2, 2, p. 267, sagt, dass „die ersten griechischen Städte auf Sicilien im lOhj? Mensehenalter nach dem Troianischen Kriege erbaut wurden, denn die früheren Hellenen hätten die Seeräiib er eien der Tyrrhener und Rohheit der dortigen Barbaren gefürchtet, so dass sie nichteinmal auf Handel dahin geschifft wären.“ Nach einem, erst in neuester Zeit gefundenem inschriftlichen Denkmale, beschloss man erst 325 v. Ohr. in Athen zum Schutze der Kauffahrer gegen die etruskischen Piraten in der Adria eine Colonie zu gründen. Die einzigen Cäretaner enthielten sich nach Strabo V, 2, 3, 220, der Seeräuberei. Ein Volk von solcher Energie zur See, welches von vor 1000 bis 400 v. Ohr. unumschränkt das adriatische Meer beherrschte, höchstens die Phöniker1) und Karthager neben sich duldete, soll nun nie versucht haben von den Küsten der Adria aus ins Innere einzudringen? Die Schiffe der Etrusker müssen wir uns natürlich nach phönildschem Modell gebaut denken, da diese für alle Völker des Mittelmeeres im Seewesen die Lehrmeister waren. Of. „Argo“, 1893, p. 154. Die' Waffen der Etrusker waren theils aus Bronze, theils aus Stahl. In ihren Gräbern findet man die kreisrunden bronzenen Schilde bis zu 1 m Durchmesser mit Holz gefüttert, bisweilen, wie bei Bomarzo, mit einem Lanzenstosse durchbohrt, Helm3) und Beinschienen ebenfalls aus Bronze, das Schwert aus Stahl, ebenso die Speere, p Phöniker waren nach den Grabfunden das erste Volk, mit welchem die Etrusker verkehrten. In den ältesten Gräbern von Tar-quinii, der Metropole Etruriens, finden sich ägyptische und phöni-kische Fabrikate. Erst seit dem VI. Jhrli. wird der griechische Import bemerkbar. p Cassis bei den Römern aus dem Etruskischen, „Cassidem autem a Tuscis nominatami dieunt.“ Isid. Origg. 18, 14. Tc/.X'i. K*. /. 'S "p 7-Zq. n 'S~0OQ ? y'&* .,vC ^/,,//^V -p. ;#£§ ^ ' ---j %^|1: S/w'’«II O l ! ( ■ ’ ' '.»' , ÄTilW '‘^mp \)p % >f - S2Z ■m? S~