Acta agriculturae Slovenica, 87 - 1, april 2006 str. 27- 37 Agrovoc descriptors: agricultural policies, agricultural and rural legislation, European Union, Germany, crop residues, rotational cropping, leaching, fertilizer application, water management, water quality, nitrates Agris Category Code: E10, D50, P10 Die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland und daraus abgeleiteter Forschungs- und Beratungsbedarf Franz WIESLER 1 und Martin ARMBRUSTER 1 Received March 21, 2006; accepted April 6, 2006 Delo je prispelo 21. marca 2006 sprejeto 6. aprila 2006 ZUSAMMENFASSUNG Das mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie verbundene Umweltziel ist das flächendeckende Erreichen eines guten Zustandes der Oberflächengewässer und des Grundwassers in der gesamten Europäischen Union. Im Land Rheinland-Pfalz (Bundesrepublik Deutschland) wurde im Rahmen der Bestandeserhebung bei 47 % der Oberflächenwasserkörper und bei 31 % der Grundwasserkörper die Zielerreichung der EU-Wasserrahmenrichtlinie als unwahrscheinlich eingestuft. Beim Grundwasser beruht dies im Wesentlichen aus diffusen Nitrat-Einträgen aus der Landwirtschaft. Zur Verbesserung der N-Ausnutzung wird von uns die Entwicklung von integrierten N-Managementsystemen vorgeschlagen, die zu einer Verringerung der Gewässerbelastung mit Nitrat in unterschiedlichen Produktionssystemen beitragen können. Die von uns gezeigten Beispiele zeigen, dass sowohl vorhandene Werkzeuge von den Landwirten verstärkt genutzt werden sollten (Beratungsbedarf) als auch neue Werkzeuge entwickelt werden sollten (Forschungsbedarf Schlüsselworte: Dünger-Bedarfsermittlung, Ernterückstände, Fruchtfolge, Gemüsebau, Integriertes N-Management, N-Effizienz, Nitrat-Auswaschung, IZVLEÈEK IZVAJANJE EVROPSKE VODNE OKVIRNE DIREKTIVE V NEMÈIJI IN POTREBE PO RAZISKOVANJU IN SVETOVANJU, KI IZHAJAJO IZ NJE Vodna okvirna direktiva EU je bila sprejeta z namenom,, da bi dosegli - prostorsko pokrito -dobro stanje površinskih voda in podtalnice na vsem ozemlju Evropske Unije. V deželi Porenje-Pfalško (ZRN) so ocenili, da zastavljeni cilji evropske Vodne okvirne direktive verjetno ne bodo doseženi pri kar 47% površinskih vodnih telesih in 31% telesih podtalnice. Pri podtalnici je bistveni vzrok v difuznem vnosu N z izvorom v kmetijstvu. Za izboljšanje izkoristka N avtorja predlagata razvoj takih integriranih sistemov gospodarjenja z N, ki bi lahko privedli do zmanjšanja obremenitve voda z N. Rezultati poskusov na dveh lokacijah, ki sta jih predstavila avtorja, kažejo, da bodo morali kmetovalci bolj kot doslej koristiti usluge dobrih kmetijskih svetovalcev, zasnovati pa bo potrebno tudi ustrezne raziskave. Kljuène besede: doloèitev potreb po gnojilih, žetveni ostanki, kolobar, zelenjadarstvo, integrirano gospodarjenje z N, uèinkovitost N, izpiranje nitratov 1 Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer, Obere Langgasse 40, D-67346 Speyer, Germany 28 ABSTRACT IMPLEMENTATION OF THE WATER FRAMEWORK DIRECTIVE IN GERMANY -RESEARCH AND ADVICE NEEDS The directive 2000/60/EC (water framework directive) aims at achieving good quality of surface and groundwater in whole EC within 15 years. In the state Rhineland-Palatinate (Federal Republic of Germany), it was estimated that 47% of the surface water bodies and 31% of the groundwater bodies will not achieve this environmental goal. Particularly regarding soil water, this is mainly caused by nitrate leaching from agricultural soils. To improve N efficiency in agriculture we recommend development of integrated nitrogen management strategies which may contribute to reduced nitrate leaching and protection of ground water in various production systems. We present examples, showing that both is necessary, advice of farmers to make use of well known tools to improve N efficiency (e.g. modern N fertilizer recommendation systems) as well as research to develop new approaches to influence nitrogen cycles in soil (e.g. to improve N transfer from crop residues to succeeding crops in the rotation). Key words: crop residues, crop rotation, integrated N management, N efficiency, nitrate leaching, prediction o fertilizer demand, vegetable production 1 EINLEITUNG: INHALTE UND ZIELE DER EUROPÄISCHEN WASSERRAHMENRICHTLINIE Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) ist mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 22.12.2000 in Kraft getreten. Sie soll einen Ordnungsrahmen für den flächendeckenden Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers schaffen (Artikel 1). Die Gewässer und deren Einzugsgebiete werden von den Mitgliedsstaaten Flussgebietseinheiten zugeordnet. Diese können in Bearbeitungsgebiete untergliedert werden. Liegen Einzugsgebiete von Flüssen auf mehreren Hoheitsgebieten, werden diese internationalen Flussgebietseinheiten zugeordnet (Artikel 3). Deutschland hat Anteil an insgesamt 10 Flussgebietseinheiten (Eider, Schlei/Trave, Warnow/Peene, Oder, Elbe, Weser, Ems, Rhein, Maas, Donau). Die mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie verbundenen Umweltziele (Artikel 4) sind das Erreichen (i) eines guten ökologischen und chemischen Zustandes der Oberflächengewässer, (ii) eines guten chemischen und mengenmäßigen Zustandes des Grundwassers und (iii) eine weitgehende Kostendeckung der Wasserdienstleistungen. Diese Ziele sollen innerhalb von 15 Jahren erreicht werden. Dazu sorgen die Mitgliedsstaaten dafür • dass bis 2004 für jede Flussgebietseinheit eine Analyse ihrer Merkmale, eine Überprüfung der Auswirkungen menschlicher Tätigkeit und eine wirtschaftliche Analyse der Wasser-nutzung durchgeführt wird ("Bestandsaufnahme", Artikel 5); • dass für diejenigen Gewässer, für die angenommen werden muss, dass die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht werden, bis 2006 Monitoringprogramme zur Überwachung des Gewässerzustandes fertig gestellt werden (Artikel 8); WIESLER, F., ARMBRUSTER, M.: Die Umsetzung der europäischen ... 29 • dass für jede Flussgebietseinheit unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Analysen gemäß Artikel 5 ein Maßnahmenprogramm als Bestandteil des Bewirtschaftungsplanes (s.u.) aufgestellt (2006 – 2009) und umgesetzt wird (bis 2012), um die Ziele gemäß Artikel 4 zu verwirklichen (bis 2015, Artikel 11). Das Maßnahmenprogramm beinhaltet die Erfüllung bestehender Richtlinien (z.B. Nitrat-, Trinkwasser-, Pflanzenschutzmittelrichtlinie) und ggf. darüber hinaus gehende Maßnahmen zur Zielerreichung "guter Zustand" in allen Gewässern durch gewässerspezifisches Vorgehen; • dass bis 2009 für jede Flussgebietseinheit ein Bewirtschaftungsplan erstellt und veröffentlicht wird. Spätestens nach 15 Jahren, und danach alle 6 Jahre, erfolgt eine Überprüfung und Aktualisierung (Artikel 13, Anhang VII). Nach Anhang VII enthält der Bewirtschaftungsplan u.a. (i) eine allgemeine Beschreibung der Flussgebietseinheit, d.h. der Oberflächengewässer und des Grundwassers, (ii) eine Zusammenfassung der signifikanten Belastungen und anthropogenen Einwirkungen auf die Gewässer, (iii) eine Auflistung der Schutzgebiete, Karten des Überwachungsnetzes für die Oberflächengewässer, des Grundwassers und die Schutzgebiete, (iv) eine Liste der Umweltziele für die Gewässer, (v) eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse der Wassernutzung, (vi) eine Zusammenfassung aller Maßnahmen und Maßnahmenprogramme gemäß Artikel 11, (vii) eine Auflistung der zuständigen Behörden und (viii) eine Zusammenfassung der Maßnahmen zur Information und Anhörung der Öffentlichkeit. Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten können zu Beanstandungs- und Klageverfahren seitens der Europäischen Kommission führen, mit der Gefahr der Verhängung von Zwangsgeldern. Um die erforderliche internationale Koordinierung bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu gewährleisten, hat die Europäische Kommission eine Strategische Koordinierungsgruppe gegründet (Stratetic Coordination Group, SCG), die mit 10 Arbeitsgruppen und drei Expertenforen die Implementierung der Vorgaben der EU-WRRL steuert. Von diesen Arbeitsgruppen wurden Leitfäden entwickelt, die unter http://forum.europa.eu.int/Public/irc/env/wfd/home abrufbar sind. 2 VORLÄUFIGE ERGEBNISSE DER BESTANDSERHEBUNG – DARGESTELLT AM BEISPIEL DES BUNDESLANDES RHEINLANDPFALZ 2.1 Der allgemeine Zustand des Gewässers in Rheinland-Pfalz Im föderativen Staatswesen Bundesrepublik Deutschland erfolgt der Vollzug der EU-Wasserrahmenrichtlinie durch die Bundesländer, wobei jedoch ein bundeseinheitliches Vorgehen zwingend notwendig ist. Der erste, inzwischen abgeschlossene Schritt, war die Bestandsaufnahme. Deren wichtigste Ergebnisse sollen im Folgenden am Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz dargestellt werden (Anonymus, 2005). 30 Acta agriculturae Slovenica, 87 - 1, april 2006 Rheinland-Pfalz hat eine Gesamtfläche von 19.847 km2 (5,6 % der Gesamtfläche in Deutschland) und eine Einwohnerzahl von 4,06 Millionen (4,9 % der deutschen Bevölkerung). Die Landschaft ist geprägt durch Mittelgebirge (z.B. Eifel, Hunsrück, Pfälzer Wald), lößbedeckte Hügelländer (Rheinhessen) und Flusstäler (z.B. Rhein, Mosel, Nahe). Die Landwirtschaftsfläche macht 42,5 % der Gesamtfläche des Landes aus, die Waldfläche 41,6%. Von der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche entfallen etwa 35 % auf Dauergrünland, 36 % auf Getreide, 9 % auf Weinreben und immerhin 2,5 % sind gartenbaulich genutzt (Gemüse, Obst, Baumschulen). Die gesamte Landesfläche von Rheinland-Pfalz liegt innerhalb der internationalen Flussgebietseinheit Rhein, wobei das Land Anteil hat an den Bearbeitungsgebieten Oberrhein (zusammen mit Frankreich, der Schweiz und dem Bundesland BadenWürttemberg), Mittelrhein (zusammen mit den Bundesländern Hessen, NordrheinWestfalen und Saarland), Mosel/Saar (zusammen mit Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Saarland) sowie Niederrhein (zusammen mit den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen). In Rheinland-Pfalz wurden insgesamt 338 Oberflächenwasserkörper abgegrenzt, wobei es sich um 326 Fließgewässer und 12 Stehgewässer handelt (Anonymus, 2005). Diese wurden in die Kategorien "Zielerreichung wahrscheinlich" oder "Zielerreichung unwahrscheinlich" eingeteilt. Die Kategorie "Zielerreichung wahrscheinlich" wurde dann erreicht, wenn alle biologischen Parameter mindestens als "gut" eingestuft wurden und die Schadstoffgrenzwerte nach europäischem und nationalem Recht eingehalten wurden. Die Bestandsaufnahme ergab, dass von den insgesamt 326 Fließgewässern bei 164 die Zielerreichung wahrscheinlich ist, bei 154 unwahrscheinlich, bei 8 konnte eine Bewertung nicht stattfinden. Insbesondere in dem einer hohen anthropogenen Beanspruchung ausgesetzten Bearbeitungsgebiet Oberrhein ist bei den meisten Oberflächengewässern (80 %) die Zielerreichung unwahrscheinlich. Neben den Oberflächenwasserkörpern wurden in Rheinland-Pfalz insgesamt 117 Grundwasserkörper abgegrenzt (Anonymus, 2005). Diese wurden im Hinblick auf die Verschmutzung durch Punktquellen und diffuse Quellen (Siedlungs- und Verkehrsflächen, Landwirtschat, Luft) untersucht. Dabei wurde den Einflüssen durch die Landwirtschaft, insbesondere die Belastung mit Nitrat und Pflanzenschutzmitteln, die größte Bedeutung beigemessen. Um diesen Einfluss bewerten zu können, wurden bezüglich Nitrat Emissionsdaten und Immissionsdaten verglichen. Die Emissionsdaten stellen kritische Stickstofffrachten dar, die aus der Grundwasserneubildung und N-Bilanzüberschüssen berechnet wurden. Die Immissionsdaten sind Messwerte aus verschiedenen Grundwassermessstellen. Die Gegenüberstellung von Emissions- und Immissionsdaten ergab eine deutliche Abhängigkeit der gemessenen Nitrat-Konzentrationen im Grundwasser von den berechneten N-Bilanzüberschüssen. Aufgrund diffuser Stickstoffeinträge wurden 36 Grundwasserkörper (31 %) in die Kategorie "Zielerreichung unwahrscheinlich" eingestuft. In ihnen liegen 90 % aller in den letzten 10 Jahren untersuchten Grundwassermessstellen mit Nitratwerten von mehr als 50 mg L-1. Es handelt sich dabei ausschließlich um Gebiete mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, so mit WIESLER, F., ARMBRUSTER, M.: Die Umsetzung der europäischen ... 31 intensiver Tierhaltung (z.b. Eifel) und Regionen mit intensiver Pflanzenproduktion wie z.B. Gemüsebau (Vorderpfalz, Vorhaardt). Bezüglich den Pflanzenschutzmittel ergaben umfangreiche Grundwasseruntersuchungen neben einer Korrelation mit den Nitratbelastungen nur vereinzelt Wirkstoffkonzentrationen von größer 0,1 µg L-1. Kein Grundwasserkörper musste aufgrund seiner Belastung durch Pflanzenschutzmittel in die Kategorie "Zielerreichung unwahrscheinlich" eingestuft werden. Bei fast allen Grundwasserkörpern wird in Rheinland-Pfalz ein guter mengenmäßigen Zustand erreicht, d.h. es findet keine Übernutzung statt. 2.1 Integriertes Stickstoff-Management - ein Beitrag zur wirksamen Verringerung der Gewässerbelastungen entsprechend der Forderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie Die Forderung nach einem guten chemischen Zustand des Grundwassers wird in Rheinland-Pfalz insbesondere in Regionen mit intensiver Tierhaltung und in Regionen mit intensiver Produktion von Sonderkulturen nicht erreicht. So weisen Untersuchungen des mineralischen Bodenstickstoffs in der Vorderpfalz auf erhebliche N-Bilanzüberschüsse in der Gemüseproduktion hin. Je nach Gemüsevorfrucht finden sich hier in der vegetationsfreien Zeit im Winter teilweise Nitrat-N-Mengen von über 400 kg ha-1 allein in der Bodenschicht 30-60 cm (Strohmeyer, 2004). Ebenfalls problematisch ist die Belastung der Oberflächengewässer durch Nitrat. So berichtet die Internationale Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR, 2003), dass - bei allen Erfolgen zur Verbesserung der Wasserqualität dieses Flusses - Stickstoff immer noch mit die größten Probleme bereitet. Dieser Stickstoff stammt ganz vorwiegend aus landwirtschaftlich genutzten Böden wo er aus dem oberflächennahen Grundwasser in die Oberflächengewässer und schließlich in den Rhein wandert. Der unbefriedigende Zustand des Grundwassers wird die Erstellung (2006 - 2009) und Umsetzung (bis 2012) eines Maßnahmenprogramms erforderlich machen, um die vorgegebenen Umweltziele auch in Gebieten mit intensiver Produktion von Sonderkulturen mittelfristig (bis 2015) erreichen zu können. Dieses Maßnahmenprogramm wird insbesondere die Verbesserung der Stickstoffausnutzung bzw. Verminderung von Stickstoffverlusten in der Landwirtschaft zum Ziel haben. In der landwirtschaftlichen Forschung wurde in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl einzelner Maßnahmen zur Verbesserung der Stickstoffausnutzung untersucht (s. Tabelle 1). Das Zusammenfügen einzelner Bausteine zu einem integrierten N-Managementsystem wurde dagegen relativ wenig untersucht (De Datta and Buresh, 1989; Van Erp and Oenema, 1993; Poutala et al., 1994; Wiesler und Horst, 1998). Eine Schwachstellenanalyse (welche Ursachen tragen bei einem gegebenen Produktionssystem maßgeblich zur einer unbefriedigenden N-Effizienz bei?) und darauf aufbauend die Erstellung eines integrierten N-Managementsystems (welche Maßnahmenkombinationen führen zu einer wesentlichen Verbesserung der N-Effizienz in gegebenen Produktionssystemen?) könnten zu einer wirksamen Verbesserung des Gewässerschutzes und damit zur Erreichung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie beitragen. 32 Acta agriculturae Slovenica, 87 - 1, april 2006 Unter den spezifischen Bedingungen der intensiven Pflanzenproduktion in der Vorderpfalz und in Rheinhessen wird erwartet, dass die folgenden Schwachstellen einer höheren Stickstoffausnutzung entgegenstehen: • einseitige Gemüsefruchtfolgen mit Problemen hinsichtlich Durchwurzelung des Bodens, langen Brachezeiten, ungünstiger Bodenstruktur etc., • hohe N-Mengen in den Ernterückständen, die über Winter stark auswaschungsgefährdet sind, deren Transfer auf die Folgefrüchte nicht gewährleistet ist und deren Einbeziehung in die Düngerbedarfsermittlung unbefriedigend ist, • nicht bedarfsgerechte N-Düngung (hohe Sicherheitszuschläge) aufgrund starker Betonung der äußeren Qualität (Farbe, Größensortierung etc.) und Nichtberücksichtigung der standortspezifischen N-Mineralisierung. Aus diesen Schwachstellen ergibt sich, dass eine Verbesserung der Stickstoffausnutzung durch • die Entwicklung optimierter Fruchtfolgen einschließlich des Anbaus von Zwischenfrüchten, • des Managements der Ernterückstände, • die Entwicklung optimierter Verfahren der Düngerbedarfsermittlung, erreicht werden könnte. Die Prüfung der ökologischen Effizienz und der ökonomischen Auswirkung dieser Maßnahmen und deren Zusammenfügen in ein System des integrierten Stickstoffmanagements wird derzeit in einem von der LUFA Speyer durchgeführtes Projekt untersucht. Tabelle 1: Maßnahmen zur Verbesserung der Stickstoffausnutzung in der Pflanzenproduktion, die als Bausteine in ein integriertes Stickstoffmanagementsystem eingehen können [nach Wiesler et al., TheScientificWorld 1, 2001]. Table 1: Elements of integrated N management strategies that may result in improved N efficiency in plant production [based on Wiesler et al., TheScientificWorld 1, 2001]. • Wahl der Kulturpflanzenart und der Fruchtfolge • Beregnung und Pflanzenschutz • Zeitpunkt, Intensität und Tiefe der Bodenbearbeitung • Art der Stickstoffzufuhr • Treffsichere Ermittlung des Stickstoffdüngerbedarfs • Zeitpunkt der Stickstoffdüngung • Technik der Stickstoffdüngung • Form des Stickstoffdüngers • Sorte • Anbau von Zwischenfrüchten • Management der Ernterückstände • Einarbeitung von Stroh Dazu wurde ein umfangreiches Versuchsprogramm entwickelt (Tabelle 2), das unterschiedliche Managementsysteme beinhaltet. Die Untersuchungen werden auf WIESLER, F., ARMBRUSTER, M.: Die Umsetzung der europäischen ... 33 zwei Standorten mit vergleichbarem Klima (N: 500-600 mm; T: 10-11 °C) aber unterschiedlichen Böden durchgeführt. Der Boden auf dem Standort „Rinkenbergerhof“ ist eine pseudovergleyte Braunerde mit vorwiegend anlehmigem Sand. Hier sind sehr schnell bewirtschaftungsbedingte Effekte im Hinblick auf Ertrag und Qualität des Ernteprodukts sowie im Hinblick auf Stickstoffverluste zu erwarten. Der Boden auf dem Standort „Queckbrunnerhof“ ist eine Parabraunerde aus Löß mit vorwiegend sandig-schluffigem Lehm. Hier werden bewirtschaftungsbedingte Effekte stärker abgepuffert, sind aber vermutlich länger wirksam. Es werden 4 Fruchtfolgen, die auch Zwischenfrüchte sowie eine Gemüse-/Getreide-Fruchtfolge beinhalten, untersucht (Tabelle 2). Die im Projekt untersuchten Fruchtfolgen unterscheiden sich sehr stark in ihrer N-Auswaschungsgefährdung. Diese ist am höchsten in Fruchtfolge 1 (hohe N-Mengen in Ernterückständen, keine Winterbegrünung), vermutlich reduziert in Fruchtfolge 2 (intensive biologische N-Konservierung durch die Sommerzwischenfrucht; hier Hirse), Fruchtfolge 3 (Winterbegrünung) und Fruchtfolge 4 (Einbeziehung einer tiefwurzelnden landwirtschaftlichen Kultur in die Fruchtfolge). An beiden Standorten wird die N-Düngung nach Faustzahlen (ohne Berücksichtigung der Nmin-Bodengehalte) mit dem von der Offizialberatung empfohlenen N-Expert-Verfahren (Feller et al., 2001) verglichen. Zusätzlich wird ein Verfahren entwickelt, in dem die Pflanze als Indikator für den N-Versorgungsgrad dient. Dabei wird ein SPAD-Chlorophyllmeter (Minolta SPAD 502 DL Meter) eingesetzt, und die relative Grünfärbung einer optimal (N-Expert) und reduziert mit N gedüngten Variante gemessen. Die Pflanzen wurden dabei mit 2/3 der empfohlenen, über das N-Expert-Verfahren ermittelten N-Menge gedüngt. Eine zusätzliche N-Düngung sollte erst erfolgen, wenn die relative Grünfärbung der Variante „Diagnose“ unter 95 % des Wertes der Variante „N-Expert“ absinkt. Das Management der Ernterückstände beinhaltet am Standort „Rinkenbergerhof“ die sofortige Einarbeitung, verzögerte Einarbeitung und Abfuhr der Ernterückstände vom Feld zur Nutzung in einer Biogasanlage. In diesem Projekt werden Erträge und Qualität der Ernteprodukte, N-Mengen in Ernteprodukten und Ernterückständen, N-Mineralisierung der Ernterückstände, Gehalte an mineralischem Stickstoff im Boden, die Wasserversickerung, die Nitratkonzentration im Sickerwasser ("Saugkerzenwasser") und die Nitratauswaschung untersucht. Die bisher durchgeführten Untersuchungen (2004: 1 bzw. 2 Sätze Blumenkohl mit bzw. ohne Sommerzwischenfrucht; 2005: 2 Sätze Kopfsalat mit bzw. ohne Sommerzwischenfrucht) ergaben, dass gegenüber hoher Düngung nach Faustzahlen in den Varianten mit wesentlich reduzierter Düngung (N-Expert bzw. Düngung nach Pflanzendiagnose) gleiche Erträge und Qualitäten erzielt wurden. Reduzierte N-Düngung führte jedoch, ähnlich wie der Anbau von Zwischenfrüchten, zu wesentlich geringeren N-Bilanzüberschüssen und geringeren Nitrat-Restmengen im Boden nach der Ernte. 34 Acta agriculturae Slovenica, 87 - 1, april 2006 Tabelle 2: Versuchsvarianten des Projekts. Table 2: Treatments of project. I Standorte 1. Rinkenberger Hof (pseudovergleyte Braunerde, anlehmiger Sand) 2. Queckbrunner Hof (Parabraunerde aus Löss, sandig-schluffiger Lehm) II Fruchtfolgen 1. Intensive Gemüsefruchtfolge ohne Zwischenfruchtanbau 2. Intensive Gemüsefruchtfolge mit Zwischenfruchtanbau (Sommerbegrünung) 3. Intensive Gemüsefruchtfolge mit Zwischenfruchtanbau (Winterbegrünung) 4. Gemüse-/Getreidefruchtfolge III Management der Ernterückstände 1. Verbleib auf dem Feld mit Einarbeitung 2. Verbleib auf dem Feld mit verzögerter Einarbeitung 3. Abfuhr vom Feld und Verarbeitung in Biogasanlage IV Düngerbedarfsermittlung 1. Düngung nach Faustzahlen 2. Düngung nach N-Expert 3. Düngung nach Pflanzendiagnose Im Folgenden werden Ergebnisse der Messungen der Nitratkonzentrationen in Saugkerzenwasser in 105 cm Bodentiefe auf beiden Standorten im Zeitraum Dezember 2004 (nach den ersten beiden Blumenkohlsätzen) bis Februar 2006 (nach Salatkultur im Vorjahr) dargestellt. Abbildung 1 zeigt, dass auf dem leichten Standort Rinkenbergerhof bei hoher Düngung nach Faustzahlen wesentlich höhere Nitratkonzentrationen über den gesamten Beobachtungszeitraum ermittelt wurden als bei reduzierter N-Düngung nach N-Expert bzw. nach Pflanzendiagnose. Im Laufe des Jahres 2005 zeigte sich eine beginnende Differenzierung der Varianten „N-Expert“ und „Diagnose“ in Richtung verminderter Werte der Variante „Diagnose“. Der durch sandig-schluffige Böden und langjährigen Gemüseanbau geprägte Standort „Queckbrunnerhof“ zeigte dagegen erst im Juli / August 2005 eine sich abzeichnende leichte Differenzierung zwischen den Düngungsvarianten „Faustzahlen“ und „N-Expert“. diese Unterschiede wurden im Laufe des Winterhalbjahres 2005/06 immer größer. Wie zu erwarten, wurden durch den schwereren Boden dieses Standortes bewirtschaftungsbedingte Effekte stärker abgepuffert. WIESLER, F., ARMBRUSTER, M.: Die Umsetzung der europäischen ... 35 Düngungsvariante: „A„ Faustzahlen -0- N-Expert -v- Diagnose N-Düngung N-Düngung Rinkenbergerhof I 1. Satz Salat 2. Satz Salat 250-------------------------------------------------- 200 150 100 50 0 A AA* >..* -AAA ,A-A / * >' * *"A Ä'' A--A *"-A~—A Queckbrunnerhof 250 200 150 100 50 0 Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun 2004 2005 2006 Abbildung 1: Nitrat-N-Konzentrationen im Saugkerzenwasser in 105 cm Bodentiefe im Zeitraum von Dezember 2004 – Februar 2006. Intensive Gemüsefruchtfolge: 2004 zwei Sätze Blumenkohl; 2005 zwei Sätze Salat. Einfluss von Standort und Düngungsvariante. Figure 1: Nitrate-N concentrations in suction cup water in 105 cm soil depth in the period December 2004 - February 2006 as influenced by field site (Rinkenbergerhof, Queckbrunnerhof) and N fertilization (Faustzahlen vs. N-Expert vs. Diagnose). Growing of cauliflower in 2004 and of lettuce in 2005. Der Einfluss der Abfuhr der Ernterückstände auf die Nitrat-Konzentrationen im Saugkerzenwasser (Standort „Rinkenbergerhof“; Abbildung 2) zeigte sich etwa ab April des Jahres 2005. Von diesem Zeitpunkt an wiesen die Varianten mit Abfuhr der Ernterückstände wesentlich niedrigere Nitratkonzentrationen im Saugkerzenwasser auf als die Varianten mit Verbleib der Ernterückstände auf dem Feld. 36 Acta agriculturae Slovenica, 87 - 1, april 2006 Düngungsvariante: —A Faustzahlen —A-- Faustzahlen (Abfuhr ER) O N-Expert --0-- N-Expert (Abfuhr ER N-Düngung N-Düngung 250 200 150 100 50 0 T T 1. Satz Salat ¡ T 2. Satz Salat 1. Satz Sellerie '0 b-°e> ,0QO—Q~O—G--G— G—O—-O- Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun 2004 2005 2006 Abbildung 2: Nitrat-N-Konzentrationen im Saugkerzenwasser in 105 cm Bodentiefe im Zeitraum von Dezember 2004 – Februar 2006. Intensive Gemüsefruchtfolge: 2004 zwei Sätze Blumenkohl; 2005 zwei Sätze Salat. Einfluss der Abfuhr der Ernterückstände (ER in Graphik). Figure 2: Nitrate-N concentrations in suction cup water in 105 cm soil depth in the period December 2004 - February 2006 as influenced by crop residues (incorporation into the soil vs. export from field). Growing of cauliflower in 2004 and of lettuce in 2005. Die genaue Berechnung der Sickerwassermenge auf der Basis der Messungen zum Bodenwasserhaushalt ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Erste Abschätzungen der N-Auswaschung im Zeitraum Nov. 2004 bis März 2005 mittels einer klimatischen Wasserbilanz ergaben am Standort „Rinkenbergerhof“ (intensive Gemüsefruchtfolge; Verbleib der Ernterückstände) eine N-Auswaschung von 140 kg N für die Düngungsvariante „Faustzahlen“ und jeweils 40 kg N für die Varianten „N-Expert“ und „Diagnose“. 3 SCHLUSSFOLGERUNGEN Das mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie verbundene Umweltziel ist das flächendeckende Erreichen eines guten Zustandes der Oberflächengewässer und des Grundwassers. Unter spezifischen Produktionsbedingungen (z.B. intensive Tierhaltung mit hohen Viehbesatzdichten, intensive Produktion von Sonderkulturen WIESLER, F., ARMBRUSTER, M.: Die Umsetzung der europäischen ... 37 wie Gemüse) werden z.T. erhebliche N-Überschüsse produziert, mit der Gefahr der Belastung der Gewässer mit Nitrat. Dies erfordert eine Verbesserung der N-Effizienz in der Landwirtschaft, die - nach einer Schwachstellenanalyse - durch ein integriertes N-Management erreicht werden kann. Das vorgestellte Projekt zeigt, dass allein durch die Anwendung moderner Systeme der Düngerbedarfsermittlung (z.B. "N-Expert") eine erhebliche Verminderung der N-Auswaschung erreicht werden kann. Die teilweise unbefriedigende Anwendung dieser Systeme durch die Landwirtschaft weist auf einen erheblichen Beratungsbedarf hin. Andererseits weisen die hohen Nitratkonzentrationen im Saugkerzenwasser der Varianten mit Verbleib der N-reichen Ernterückstände auf dem Feld darauf hin, dass auch noch ein erheblicher Forschungsbedarf besteht, z.B. bei der Entwicklung von Systemen / Maßnahmen, die einen Transfer des Stickstoffs aus den Ernterückständen auf die Folgefrucht gewährleisten. 4 LITERATUR Anonymus (2005): Gewässer in Rheinland-pfalz. Die Bestandsaufnahme nach der Europäischen Wasserrahermnrichtlinie. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, 165 Seiten. De Datta S.K., Buresh R.J. (1989): Integrated nitrogen management in irrigated rice. Adv. Soil Sci. 10, 143-169. Feller, C.; Fink, M.; Maync, A.; Pascold, P. Scharpf, H.-C.; Schlaghecken, J.; Strohmeyer, K.; Weier, U. und Ziegler, J. (2001); Düngung im Freilandgemüsebau, Schriftenreihe des IGZ Großbeeren/Erfurt e.V., Heft 4. IKSR, Internationale Kommission zum Schutze des Rheins (2003): Stromaufwärts: Bilanz Aktionsprogramm Rhein, 31 Seiten. Poutala R T, Kuoppamäki O, Korva J, Varis E (1994): The performance of ecological, integrated and conventional nutrient management systems in cereal cropping in Finland. Field Crops Res. 37, 3-10. Richtlinie 200/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik vom 23.10.2000. Strohmeyer, K. (2004): Gesellschaft für Bodenberatung, Laboruntersuchung und Qualitätsprüfung mbH. Persönliche Mitteilung. Van Erp P.J., Oenema O. (1993): Towards integrated nutrient management. Fertilizer Soc. Proc. 345, 3-32. Wiesler, F.; Behrens, T.; Horst, W.J. (2001): The role of nitrogen-efficient cultivars in sustainable agriculture. In: Optimizing Nitrogen Management in Food and Energy Production and Environmental Protection. Proceedings of the 2nd International Nitrogen Conference on Science and Policy. TheScientificWorld 1, 61-69. Wiesler, F.; Horst, W.J. (1998): Intergrated strategies to improve soil and fertilizer N efficiency. Proceedings of the Workshop "Nitrogen Use Efficiency in Intensive Cropping Systems", University of Hannover.