Narodna in univerzttetna knjižnica ___________v Ljubljtni ■■ 36119 Oesterreich-Ungarns in wort und Vild. ;eben vo^i Pr. Iriedrich Umlauft. VU. Vand. Vas Aömgreich V ahmen. Gcschilt>crt s Ml zahl fetch en Hlißisdunzen GEOGRAPiE EESaifl ISA:/;' j KUNST I iiillfl Verlag von Karl Grader. S. JL JL'^'M*. ^ _* i. Ä, JL *jk -£. Jk.JL.li. J." t iff I] ^ Die lander Oesterreich UugaruF in wort und Bild. Hcrausgcgcbcn von Prof. Dr. Friedrich Umlauft. Siebenter Vand. Das Aönigreich Vöhmen< Geschildert von L>r. Victor Kaughau^. Mit zahlreichen Abbildungen und cincm Titelliilde in Farbendruck. Wien ililli. Verlag von Aarl Gracscr l, walsischgasse 6. PRAG. Verlap von Carl Graeser in Wien. Das Uümgrelch VcihMk- Geschildert von Prof. Dr. Victor LmighanZ. Mit znhlreichcn Abbildungen >md einem Titelbilde in Farbendruck. Verlag von Aarl Graeser it ,!(> Mq^ Ul'orsl'hiMHzrecht >'>,n!'eha!se». 3(ill!)£^/ Das Aönigreich Vöhmen. ^. Geographisch-historische Einleitung. (3>M. — Gestalt. — Grüße des Landes. — Gebirge. — Gewässer. — Klima. — Landwirtschaft. — Industrie. — Bevölkerung. — Sprachgrenzen. — Die Tschechen. — Die Deutschen. '— Geschichte.) ^sM Hen nordwestlichsten Theil der österreichisch-ungarischen Monarchie ^^^K>/ bildet das Königreich Böhmen, die bedeutendste Provinz ^M^>^ ^islcithaniens, in jeder Beziehung eine Perle in der Kaiserkrone i^^W i>^- crlanchten Habsburger; ein Vand, hervorragend ebensowohl "5>^^ durch die Altsdehnung seines Gebietes, als dnrch seine Natnr-schönheiten, reich durch die mannigfaltigen Erträgnisse seines Bodens, wie durch die Erzeugnisse einer hochentwickelten, einsigen Indnstric, bewohnt von einem tüchtigen, gebildeten Volte und derühint dnrch eine großartige beschichte. Schon die ^age des Bandes bestimmte seine Bcdentung für alle Zeiten nnd inachte es nicht nnr geeignet znr Theilnahinc an jeder enltnrellen Entwickelnng Enrovas, sondern wies ihm in verschiedenen Momenten der Weltgeschichte geradezu eine epochemachende Atolle zn. Gelegen fast im Herzen des Welt-theils, anf deni Hochplateau, von wM^elli aus die Nichtnngcu der Gewässer sich scheiden, nahczn gleich weit von allen euroväifchcn Meeren, wie eine Niesenfcstuug von hohen GebirgsN'älleu umgeben, zn Schnh uud Abwehr, wie zum Nngrifs nnd Ausfall gleich vortrefflich geeignet, in sich abgeschlossen und doch nicht abgeschieden, sondern mitten im Gewühl der Stämme, an der Grenze der germanischen nnd slavischen Welt, leicht zugänglich über Mähren vou der sarmatischen Tiefebene her, geöffnet dnrch den Elbcdnrchbrnch nach der gcrmanifchrn hin, mit guten llbcrgängcn nach dem Westen und Sndcn, zwei grosie Wasserstraßen, die (Abc nnd die Donan, brherrfchend, mnsste Böhmen frühzeitig der Sitz mächtiger Fürsten werden, der Schauplatz " Das Königreich Vöhoien. großer Ereignisse, eine Pflegestätte der Bildung, ein Durchgangs- und Knotenpunkt des Völkerverkehrs sein. Die Gestalt des Landes zeigt sich auf den ersten VliÄ als ein unregelmäßiger Rhombus, dessen Winkel nach den vier Gegenden des Horizontes gerichtet sind und dessen nördlichster Punkt im Vllchberg oberhalb Hainspach zugleich der nördlichste der Monarchie ist. Vergleicht man die geographische Lage Böhmens mit jeuer anderer Länder der Welt, so findet man, dass der Norden etwa in der Breite Londons, der Süden in der Breite von Paris liegt. Der Paralleltreis von Prag geht durch Krakau, Brody, Charkow über Kiachta an der chinesisch - sibirischen Grenze mitten dnrch Sachalin am Südcndc Kamtschatkas vorbei uud zieht daun iu Amerika über die südlichsten M'Ntcn und den Winipegscc znr Nordspitze Neufundlauds. Wie gesegnet ist Böhmen mit seiucu grünenden Hügeln, rebcnbckränzten Geländen nnd üppigen Feldern gegenüber den Steppen donischer Kosaken und Kirgisen, gegenüber jenen Gegenden, wo sibirische Erstarruug uud chiuesischer Stillstand aneinander grenzen, und gegenüber den unwirtlichen Revieren eiusam streifeudcr Pclzfägcr des Saskatschavau Niver uud Labradors, die alle uutcr dcrselbcu Breite liegen, wie die stolze Stadt böhmischer uud deutscher Könige, der Erstlingssitz der deutscheu Hochschule», das huudertthürmige, schöne Prag! Der Größe nach ist Böhmen mit seinen 51.956 IIIKilometcrn in der Reihe der im Neichsrath vertrctencu Länder das zweite, unter deuen Gesammt-Osterreichs das vierte, iudcm es uur Nngarn, Galizien und Siebenbürgen nachsteht. Dagegen nimmt es nach der absoluten Bcvölkerungszahl (5,140.500 Eiuwohucr) uuter den Provinzen des Reiches schon den dritten Rang ein und nach der relativen Bevölkeruugszahl (98 Einwohner auf 1, l^Kilomcter) den zweiten, wenn man von Niederösterreich, das wegen Wiens Volksmasse obenan steht, absieht. Nur noch Schlesien ist dichter bevölkert. Die Einwohner Böhmens machen mehr als ein Viertel der Bevölkerung in der österreichischen Rcichshälfte aus, währeud der Flächeuraum des Laudes nicht ganz ein Fünftel des im Neichsrathe vertretenen Gebietes darstellt. Man hat Böhmen gewöhnlich ein Kessclland gcnauut, das auf alleu Seiten von Gebirgswälleu umschlossen ist; doch ist diese Vorstellung nicht ganz richtig. Es ist vielmehr znm größten Theil ein Hochland, das über 300 Meter hoch liegt nnd sich vom Süden nach Norden terrasscuförmig fenkt, dessen tiefsten Puukte also uicht iu der Mitte, sondern im Norden zwischen deu stcilcu Wäudeu zu fiudcn sind, die das Elbthal bildcu. Auch kanu mau eigentlich nur auf drei Sciteu vou Greuzgebirgcu reoeu. Au den Knotenpunkt des deutfcheu Mittelgebirges, das au Moorcu reiche, bewaldete Fichtel-gcbirge, welches mit seinen Ausläufern nach Böhmen hercinreicht, schließt sich südostwärts, durch den Wondrcbbach vou ihm getrennt, der nach Baiern steil abfallende Böhmcrwald bis zum Pass von Kapellen bei Hohcnfurth, durch deu Sattel von Ncmnarkt in zwei ungleichartige Hälften getheilt. Der BlldengcstalNmg. 7 Granit des Böhmcrwaldcs zieht als Stcrnwald noch bis zur Malisch fort. Dem Grcnzkamme des Böhmerwaldes vorgelagert sind einige Verg-landschaftcn, bis znr Wottawa das künischc Platcan, südlich davon das ehemals goldrciche Bcrgreichensteiner Gebirge und das sumpfige Gefilde, aiu linken ^fer der Moldau der gewaltige Gneisstock des Kubani und das Salnancr Gebirge, am weitesten nach Osten hingestreckt der Planskerwald bei Krumau. Ätordöstlich vom Fichtclgebirgc zicht mit dem Elstcrg eb irg c bei Asch beginnend, das ans Sachsen allmählich ansteigende Erzgebirge bis znm Nollendorfer Passe. Hinter diesem bildet in östlicher Nichtung das von der Elbe durchbrochene Elb sand stein geb irg c seine grotesken Formen, welche nördlich des Thales Schönlmde-Georgcnthal im Gebiete Numburg nnd Schlnckcnan wieder dem Granit des Lansitz ergeb ir g es weichen nnd im Osten durch die Ticfenliuic Warteuberg, Iohusdorf, Grottau begrenzt siud. Bon hier erstreckt sich ini Lande, das linke Ufer der Görlitzcr Neiße anfwärts bis zur Ifer bei Klein-Skal, das aus krystallinischein Schiefcrgestein aufgebaute Iefchkengebirge, während längs der südöstlich Hinzichenden Grenze am rechten Nfcr der Neiße den Raum bis zur Iscr die Granitkämme des I s crgebirgcs einnehnien. Jenseits des Hacken schließt sich das Nieseng ebirgc an, das im Grenztamm die höchsten Punkte des Landes trägt, nach Schlesien rasch abfällt, in Vöhmcn aber den sogenannten b ö h m ischcn K a in m und das Gitschincr Plateau mit dem K osakov-gebirgc vorgelagert hat. Südwestlich vom Licbaner Pass ziehen dann die Gebirgstheile, die den Glatzcr Kessel iin Westen einschließen, das Über-s ch a a r g ebirge bis zum Schönbergcr Pass, das Vraunaucr Bcrgl a n d mit dem Faltengebirge, vor welchem wieder der Qnadersandsteiu der Adcr s b a ch c r nnd Wcckclsdorfcr Felsen hervortritt, und südlich vom Nachodcr Pass bis znr Senke von Mittelwalde das Erlitzgeb irge, an welches noch der Stock des Spie glitz er Schneebergs anstößt, während südwärts das Hochland in einigen Sandsteinhöhen znr Tricbitzer Senke abfällt. Das von diesen Orenzgebirgen eingeschlossene Land bildet eine im allgemeinen nordöstlich geneigte, aus Mähren und Niedcrösterreich herüberreichende unebene Fläche, die bis zur Linie Kommotan, Prag, Hohcnmant als Hochland, nördlich von ihr bis zu den Grenzbcrgcn an der Elbe als Tiefebene bezeichnet werden muss. Das Hochland stnft sich gegen Norden in drei Terrassen ab, die dnrch die Flnsslänfc der Lnzniza, Wottawa einerseits nnd der Sazawa, Vcrann andererseits bezeichnet werden. Alle drei Terrassen werden wieder dnrch die Moldan qner durchschnitten. Westlich dieses Flusses steigeu aus der Hochfläche empor die B erg e v on Vlatna, die filmischen Höhen des Brdywaldes, endlich nördlich der Vcrann der K a i s e r w a l d, das TcPler Gebirge, die Buchaucr Berge uud der Zbanwald. Östlich der Moldau zeigt das Hochland an der österreichischmährischen Grenze im G ratzn er Gebirge, im Bist ritz er, Ig lauer 8 Taü Hllnissvcich Völiuiü^. und Politschkaer Berglaud eine Anschwellung, über welche dic europäische Wasserscheide zieht, und im innern Land die Gang berge, welche von Wojnowmiestetz über Nonow zur Elbe streichen, endlich die Berge von Pilgram, von Miltschin bei Tabor und den Vlanik bei Wlaschim. Fassen wir nun die Gewässer Böhmens ms Auge, so kommeu zunächst die fließenden in Betracht, welche sämmtlich einem nnd demselben Gebiete angehören, dem Gebiete dcr obern Elbe und mit ihr der Nordsee. Nur wenige Flüfschen fallen auderu Strömen zu, darunter die Ncißc aus dein Isergebirgc, die Steine aus dem Vraunancr Vergland, welche beide zur Oder eilen, dann die im Wandgebirgc bei Tricbitz entspringelidc mährische Sazawa, die Zwittawa und die Iglawa, welche sich zur Donau wenden. Sonst fließen alle Gewässer in das Rinnsal dcr Elbe, um mit ihr durch die große Sandsteinpforte bei Herrnskrrtschen das Land zu verlassen. Es ist das eine Eigenthümlichkeit, die Böhme» mit keinem andern Lande Europas theilt. Allerdings ist die Elbe, welche mit ihrem Oberlauf nach Böhmen fällt, nicht der Hauptfluss des Landes; ihr überlegen an Länge, an Breite und Wafscrmasse, an ökonomischer Bedeutung ist die Mol dan, welche mit mehr Necht der Hanptfluss Böhmens geuanut werden könnte, als solcher das Land in fast zwei gleiche Hälften theileu uud ein merkwürdig regelmäßiges System von Auflassen entwickeln würde. Die Moldau nimmt sämmtliche Gewässer des südlicheu Böhmens auf, die schon genannte Luzniza, Sazawa, Wottawa und Bcraun. Die letztere entsteht durch Vereinigung der Mies mit der On slawa, Angel uud Nadbusa bei Pilsen uud ist au Wassermeuge der dritte Fluss des Laudes. Vou den Flüssen, die sich außer der Moldau unmittelbar in die Elbe ergießen, sind die bemerkenswertesten: rechts die Is er, welche von den Hochmooren dos Isergcbirgcs, nnd der Pölzen, dcr durch aumuthige Thäler vom Ieschkcn hcrabkommt, links aber die vom Schueetovvenplau durch den schotten Riesen-gruud sich stürzende Anpa und die vou den Abhängen dcr hohen Mense rauschende Wilde Adler, welche die Landcögrenzc bildet und im wcitcrn Verlauf die Stille Adler aufnimmt. Unterhalb der Münduug der Moldau empfängt die Elbe links dir vou Baiern her ins Land tretende fischreiche Eg er mit der Tepl nnd als letzten Zuflufs im Lande uoch die viel Schlamm mit sich führende nnd oft gefährlich anschwellende Bicla. Im Erzgebirge entspringen anf böhmischem Boden noch zahlreiche Bäche nnd Flüsschen, welche ihr Wasser nordwärts durch Sachscu zur Elbe führen, darunter die Wilde uud die Weiße Elster. Da das Land zu uneben ist, andererseits nnr eine große Wasserstraße hat, so war die Canalisation ebenso schwer als nnnöthig. Daher dienen die wenigen Canälc des Landes mehr der Trockmleguug vou Sümpfen, dcr Regnlieruug von Flüssen und dcr Sicherung von Teichen oder ökonomisch laudwirtschaftlicheu Zwecken. So der OPatowitzer uud W okatschowitz cr Tcv ^Il'ofM. 10 Das Königlich Nohmei'. zur Sicherung der Teiche vou Pardnbitz, der Lauer Graben bei Podiebrad, der Goldgraben bei Wittingan zn ähnlichem Zwecke nnd der Schwarzen-bcrgcr (3 anal znr Holzschwcmmuug ans dem Böhmerwaldc. Die weite Ausbreituug der Nrgebirgsformation nnd die sie begleitende flache Beschaffenheit des Bodens begünstigen die Bildung von stehenden Gewässern, namentlich Teichen. Dagegen fehlen größere Seen. Doch wetteifern die neun kleinen im Vöhmcrwald mit den schönsten in der Monarchie. Anch das Nicsen-gebirgc hat drei kleine Seen, ebenso das Erzgebirge fünf, darnntcr den Mauritius see bei Ioachimsthal. Gering ist die Ausdehnung der Moräste im Lande, was mit der tausendjährigen (inltnr desselben zusammenhängt. Doch blieb noch immer in dieser Beziehung für die ökouomifchc Thätigkeit manches zn leisten übrig. Ansgedehnte Moorgründc sind im Vöhmcrwald als Wasserreservoire der Flüsse von großer Bedeutung. Torfmoore liegen noch bei ssrauzensbad, im Erzgebirge uud Tcplergebirge, eudlich nächst Wittingau das rothe Moor. Berühmt ist Böhmen dnrch seine Thermen nud Mineralquellen; es steht in dieser Beziehnng, sowohl was die Zahl, als den Wert betrifft, unübertroffen da. Karlsbad, Tevlitz und Maricnbad sind die besuchtesten Badeorte der Welt. Das Klima Böhmens muss im allgemeinen als ein günstiges bezeichnet werden. Obwohl sich nach seiner Lage bereits das continental^ Klima bemerkbar macht, so bewirkt doch die noch immer reichliche Bewaldung einen Ausgleich der Extreme zwischen Wintcrtältc nnd Sommerhitze nnd namentlich an den Rändern ein ziemlich gleichmäßiges, feuchtes Klima. Die grös;te Iahrcswärme weist Prag auf, die niedrigste zeigen, von den Berghohen abgesehen, Gottcsgab im Erzgebirge nnd die Hochplateaur im Böhmcrwaldc. Da sich au dcu hohen uud waldreicheu Randgcbirgcn die Niederschläge leicht entladen, so ist die Mitte des Landes, obwohl nicht nachthcilig für die Vegetation, doch einigermassen arm an Regen. Dafür ist sie aber auch geschützt gegen die kühlen Nord- nnd Nordostwinde, denen nnr das südliche Hochland ausgesetzt ist, während sonst fast überall der West- und Südwestwind vorherrscht. Diese klimatischen Verhältnisse bedingen, unterstützt durch eine äußerst fleißig dem Ackerbau obliegende Bevölkerung, eine gute Vegetation nud einen bedeutenden Ertrag. Die Landwirtschaft wird rationell betrieben nnd geht anf die intensivste Ansnützung deS Bodens, namentlich anf den großen Gütern des Adels. Weite Strecken sind noch mit Wald bedeckt, etwa drei Zehntel der Gesammt-arca des Landes, nnd größtentheils in den Händen des Großgrundbesitzes. Die fruchtbarsten Theile sind die goldene Nute bei Königgrätz, die Saa^er Gcgcud, „das Paradies" vou Tcvlitz nnd das Hügelland von Lcitmentz, „der Garten Böhmens" genannt. Hanptfrncht des Ackers ist Roggen nnd Hafer, doch ist auch der Gerstcnban bedeutend. Eine große Rolle spielen in den höher nnd ranher gelegenen Gebieten, besonders im Erzgebirge, die Landwirtschaft, 'Nidnstri^, Genn'rlitt!äti,',k^t. 11 Kartoffeln, oft das gan',c Jahr dic einzige Nahruug dor armeu Weber, und in der Elbcniedcrung die Runkelrübe wegen der Znckcrfabrication. Berühmt ist in ganz Europa der Saazer Hopfen, guten Rnf genießt auch der Flachs der höhern Theile des Bandes, Einzelne Gegenden, wie die Kuttcuberger nnd das Elbthal, siud weqen ihres reichlichen Obstes bekannt, das getrocknet in den Handel kommt und von dem besonders die Pflanmcn (Zwetschken), als „Powidl" eingekocht, viel Absatz finden. Gering an Ausdehnung, bloß auf die Umgebung von Melnit und 'Tschernosek beschränkt, sind die Weingärten, aber sie liefern einen vortrefflichen Wein. Die Viehzucht steht wohl dem Ackerban nach, doch ist sie immerhin nicht unbedeutend, auch der Wildstand, der ans den Adelsgütern gehegt wird, ist nicht unbeträchtlich. Besonders groß ist der Ertrag der Teichfischerei, die bei Wittingau im großen betrieben wird. Reicher Segen wird anch aus der Erde gegraben: Gold, Silber, Quecksilber, Blei, Zinn, Eisen und Kohle. In den Bergen findet mau zudem edle Steine nnd anf den Plateaux unerschöpfliche Torflager. Nur ein Mineral fehlt dem, Lande zur Vervollständigung seines Reichthums, das Salz, das eingeführt werden mnss. In der Industrie nimmt Böhmen den ersten Rang nnter den Kron-länderu Asterreichs ein. Besonders die deutschen Grenzgebiete widmen sich derselben, während in der Mitte die Slaven mehr der Landwirtschaft obliegen. Obenan steht die Glaöfabrication, die nach allen Welttheilcn exportiert nnd in 120 Hütteu und 200 Schleifereien 24.000 Meuscheu beschäftigt. Ihre Centren sind der Vöhmerwald, das böhmisch-mährische Plateau, das Thal der Sazawa und die Gegend von Gablonz, Haida und Steinschönau. Der zweite Zweig der Industrie, in welchem Böhmen wiedernm alle Länder Österreichs überragt, ist die Webeindustric. Reichenbcrgcr Tuch, Rumburger Leinwand, die Spitzen des Erzgebirges wetteifern mit den besten Erzengnissen dieser Art. Die Eisenindustrie macht der steierischen die erfolgreichste Concnrrcnz nnd mau zählt über 50 Eisenwerke, daneben Waffen-, Sensen-nud Maschinenfabriken. Unübertroffen in Österreich steht anch die Erzengnng von Thon-, Steingut- uud Porzellanwaren in Böhmeu da. Im Gebiete der landwirtschaftlichen Producte blüht die Bierbrauerei und das Pilsner Bier geht in alle Welt. Endlich darf nicht unerwähnt bleiben die Runkel-rübeuzucker- uud die Ölfabrication, welche im stetigen Aufschwnug begriffen sind. Die entwickelte G cwerbthäti g kcit des Landes bringt es mit sich, dass es in der Regel mehr exportiert als importiert, währeud auch eiu einträglicher Dnrchzngshandel stattfiudet, da die meisten Colonialwarcn von Hamburg aus über Prag in die Monarchie verfrachtet werden. Diesem regen Handelsverkehr müssen natürlich viele Verkehrsmittel dienen nnd es ist begreiflich, dass Böhmen nicht nnr die bestell und schönsten Straßen der Monarchie besitzt, sondern anch das reichstgcgliederte Eisenbahnnetz. Eilf Bahnen führen aus dem Lande nach Deutschland, eine nach Oberösterreich nnd je zwei nach 12 Das Königreich Böhme». Nicderöstcrrcich uud Mähren. Trotz der vielen Bahnen, die von Prag nach sieben Richtungen hin führen, ist aber auch der Verkehr anf den zwei Wasserstraßen des Bandes ein bedeutender nnd ein wahrhaft imposantes Bild gewährt er, wenn man ihn an dein großen Ausgangsthor Böhmens, in Vodcnbach, betrachtet. Dass mit dieser physischen Thätigkeit des Landes anch seine geistige Regsamkeit gleichen Schritt hält, ist leicht zn errathen. Sitz der ältesten Hochschule Deutschlands, war Böhmen von altersher eine Stätte der Wissenschaft, der Kunst nnd Bildung nnd behauptet auf diesen Gebieten seine Bedeutung bis heutzutage. Mit der hoheu Ertragsfähigkeit und (Inltnr des Landes hängt seine zahlreiche Bevölkerung zusammen, die am dichtesten in den Industriebezirken von Rumbnrg, Schluckenau uud Reichcnberg bcisammcnwohnt. Ausgezeichnet ist Böhmen vor andern Provinzen des Reiches dnrch seine zahlreichen Städte, von denen die meisten sehr alten Ursprungs sind. Ihre Zahl A75 überwiegt jene des ganzen österreichischen Staatsgebiets nm 10. Eigenthümlich sind im H?stcn die stundenlangen Dörfer, während im nordöstlichen Gebirge nnd im Böhmcrwald die zerstreuten Wohnuugeu vorherrschen. Zwei Nationalitäten theilen sich in den Besitz des schönen uud reichen Landes, die Tschechen und Deutschen. Die ersteren bilden über l!1 "/„, die Deutschen 37 "/y der Gesammt-bcvülkcrnng, der Nest entfällt anf die Israclitcn, die sich zn der einen oder der andern rechnen. Es ist natürlich, dass bei dein regen Verkehr die beiden Nationen vielfach untereinander gemischt wohnen, was besonders für die Städte gilt; doch bilden sie in: ganzen beide compactc Gebiete. Die Deutschen bewohnen in geschlossener Masse die drei Orenzgcbirgc, und zwar geht die Sprachgrenze vom Dorfe Bilowes in der Nähe der Hcuscheuer nördlich bis Politz, über Eipcl südlich bis Dolan bei Iaromicr, über Neu Paka nnd Starkenbach bis gegen Rochlitz im Riesengebirgc weiter über Eisenbrod, Böhm. Aicha, Wcißwasser nach Liboch an der Elbe, dann über Theresien-stadt, Laun, Manctin gegen Pilsen, von da westlich über Tauß hinano bis Mentsch nnd wieder zurück über Nengcdein, Schüttenhofen, Ober-Sablat bei Prachatitz, Ncttolitz, Mehlhüttcl im Planskerwald, Ömau bei Kaplitz nach Elnischt bei Schweinitz nnd Köhlcrsdorf. Am tiefsten reicht dieser dentschc Streifen ins Land vom Westcu her bis Pilscu, vom Norden her bis Liboch an der Elbe, am schmalsten ist er bei K'lentsch hart an der baicrischen Gren;c. Bei Neubisiritz im Taborcr Kreis reicht aus Österreich deutsches Gebiet halbiusclförmig ins Land herein, ans der Iglancr Sprachinsel 5>7 dentsche Dörfer bis Dcntschbrod und aus jener von Mährisch: Trübau das Stück, welches durch Politschka, Leitomischl nnd Wildcnschwcrt begrenzt wird. Endlich bilden 21 Dörfer mit der Stadt Budweis die Budwciser Sprachinsel. Auf der anderen Seite ist eine tschechische Sprachinsel die Umgebnng der Stadt Mies. Im allgemeinen ist ^u bemerken, dass das tschechische Element sich in neuerer Zeit allmählich ausbreitet, währeud in früheren Perioden das Bcvollcrimll. 13 Umgekehrte der Fall war. So sind z. B. die deutschen Colonicn aus dem vorigen Jahrhundert bei Pardubitz tschechisicrt, in der Stadt Ncuhaus, die vor 30 Jahren überwiegend deutsch war, hat sich das deutsche Wescu liur in wenigen Familien erhalten, ein ähnlicher Pwccss vollzieht sich in Budweis, Pilsen, uud viele Orte, wir Trautrnau, Kommotau, wo vor 20 Jahren kein tschechischer Laut gehört wurde, sind heutzutage sprachlich gemischt. Wo ein Bergwerk eröffnet, cinc Eisenbahn gebaut, ein grosses Fabriksetablissement eröffnet wird, strömen die tschechischen' Arbeiter hm, schließen sich zusammen, haben in einigen Jahren ihre Schulen, ihren Seelcnforger, woranf der Nm-waudlungsprocess beginnt. Allerdings gewinnen anch die Deutschen ihrerseits, wie bei Mies, neue Posten uud der gegenseitige Kampf weckt und stählt die intellcctuellen uud politischen Kräfte der beiden Nationen. „Das Leben ist ein Kampf" gilt auch in der Politik. Möge nur uicht vergessen werdeu, wozu der tschechische Dichter E. Wocel im „Labyrinth des Ruhms" crmahnt hat: „Wisst, nur mit dcö Lichtes blauten Waffen Bahnt ihr euch den Weg zum ewigen Ruhm!" Das Volk der Tschechen bildet, weit hinaus in den Westen mitten nnter andern Nationen vorgerückt, mit ihnen geschichtlich am engsten zusammenhängend, eine Eigenthümlichkeit unter den Slaven, da es am meisten uuter allen die europäische Cultur uud Gesittung augeuommcn hat. Die Originalität seiner Entwickelung wurde dadurch allerdiugs gehemmt, wie es sich besonders in seiner Literatur gegenüber den andern slavischen Literaturen zeigt. Anch im Leben macht sich diese Anlehnung an den Westen bemerkbar. Die nationale Tracht ist in Böhmen spurlos verschwunden uud der slavische Block- uud Pfahlwaudbau ist großeutheils verdrängt; nur in den östlichen Landcstheilen hat er sich noch erhalten. Man erkennt ein tschechisches Holzhans leicht an der geringen Breite, dein hohen Dach nnd den waldkautig behauenen Balken, die auf gemauertem Nntcrban ruhen und deren Zwischcnrä'umc mit Lehm und Moos verstopft sind. Die tauscudjährige Anstrengung, das eigene Wesen vor dem mächtigeren Deutschthnm zu retten, hat dem Tschechen manchen Charaktcrzug aufgedrückt, der sonst den Slaven fremd ist: Mifstrauen, Verschlossenheit und eine gewisse verbitterte nationale Erregtheit, da er sich immer durch den Dentschcn gedrückt mciut, hinter dem er, mit Vorliebe dem Ackerbau obliegend, in Gewerbe und Handel zurückbleibt. Seiue Natur zeigt aber viele schöue Eigenschaften. Er ist arbeitsam, tüchtig als Soldat nnd Beamter, hat natürlichen Verstand und rege Phautasic, fasst schucll, eiguet sich leicht fremde Spracheu an uud treibt gerne Poesie, Musik und Wissenschaft. Die tschechische Sprache, welche leicht dialektisch gefärbt auch die Mährcr und Slovaken reden, zeichnet sich dnrch Reichthum au Wurzelwörtcrn, Mannigfaltigkeit der Biegungsformen und durch große sinnliche Anschaulichkeit, Präcision des Ansdrnckes und feiucn grammatischen Ban ans. Dagegen 14 Das Hönigrcich 3M)»!cü, geht ihr die Weichheit und der Wohllaut anderer slavischer Idiome ab, obwohl ihr Vocalwcchscl ein melodischer ist. Eine Eigenthümlichkeit des Tschechischen ist die Haltung des Zeitmaßes im Vers, wie in den antiken Sprachen. Über den Umfang der tschechischen Literatur bis ins 14. Jahrhundert ist heutzutage kaum ein sicheres Urtheil zu gcbcu; erst seit Karl IV. derselben Aufmerksamkeit zuwaudtc, gewann sie an Ausdehnung. Dalimils Chrouik in Versen, die böhmischen Landrcchte des Andreas von Duba, Pulkawas Chronik, die didaktischen Schriften des Thomas von Stitnc nnd Sinil von Pardubitz sind die wichtigsten Denkmäler bis zum Auftreten von Johann Huß, der der tschechischen Literatur bedeutende Anregung und neuen Aufschwuug gab. Doch cutwickeltc sich zunächst nur die Prosa, von welcher zahlreiche theologische, rhetorische und historische Werke erhalten sind, während auster einigen kräftigen Liedern der Hussiten die Poesie nur die Reimereien dcs Simon Lom-nicky von Bndctsch hervorbrachte. Nach der Schlacht am weiften Berge gieng jede literarischc Thätigkeit der Tscheche» ^ zugrnnde, und kaum einige historische ^ Schriften nnd die Werke des mährischen Comcnius zeigen, dass sie nicht ganz crstorben war. Erst seit den „Erinnerungen über einen hochwichtigen Gegenstand" des Grafen Kinsky (1774), seit der Errichtung eines Lehr-stnhls der tschechischen Sprache an der Universität zu Prag 1793 nnd den poetischen Versuchen Puchmayers (i 1820) hob sich rasch die Literatur. l>elakovsky, Kollar, Hanka, Märet, Wo-ccl, Stcftanek, Ma- chacet, Klicvcra, K. Tyl, Dobrowsky, Eafarik, Palacky, Iunginann sind ihre besten Namen. Das 1818 gegründete National^Mnsenm, sein Comite ^Intic;« ^8k/>, nnd dessen Organ (^>«upi» ("««I«;i>c) Nu«<,!nn> find fnr dir Pflege der tschechischen Sprache und Literatur lebhaft thätig. Der Deutsche in Böhmen theilt im allgemeinen die Eigenschaften seines großen Stammes außerhalb der Landesgrcuzeu. Er ist iu der Regel eine stattliche Erscheinung, schlank gewachscu, nur im Gebirge gcdrnngener gebant, ernst nnd bedächtig im Handeln, aber gutmüthig, geselligen Vergnügungen nicht abgeneigt und gastfreundlich, geradeaus derb und offeu, aber treu, ehrlich und ein vcrläfslicher Geschäftsmann. Von Natur mit guten Gaben Iglaucr Tracht (Brciungam). Bcvollrnmg, 15 ausgestattet, nimmt er mit Erfolg thätigen Antheil an den künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen seiner Nation nnd liebt mit Leidenschaft Musik und Gesang. Die meisten böhmischen Musitanten, wie sie die Welt durch-ziehen, in allen Badeorten erscheinen nnd den Grundstock der österreichischen Militärkapellen bilden, find ans dem Elbogncr oder Saazcr Kreis. Gesangvereine beleben überall die Geselligkeit der Städte. Die Bauart dieser letzteren ist meist eine unregelmäßige, da jeder baute, wie und wo es ihm beliebte, daher krumme, winkelige Straften vorherrschen. Der Marktplatz ist in der Regel mit Lanbgängen versehen. Im Flachland sind die Dörfer zusammengebaut, im Gebirge herrscht dagegen die Einzclnwohnuug oder die Häuser- gruvftc vor, wic un Nicscugebirgc oder im Gebiete der knui-schen Bancrn. Das alte deutsche Holzhaus ist ein Blockwandban mit flachem Dache. Bon dcu Trachten hat sich mauche noch erhalten, so die der Eger-ländcr, dcrkiuüschen Bauern und die IglaucrTracht.Dcr Sprache nach trennen sich die Dcntsch-böhmcn in inchrcre Dialeete. Der Eger-ländcr, welcher bis Pilsen reicht, uud der ^ Erzgcbirg - Dialect, ^ welcher auch mn ^ aaz herum gcspro-chen wird, gehören zu dcr fränkischen Mundart, der Rie-scngcbirg - Dialect im Norden des Landes und in der IglauerSprachiusel ist dcr obcrsäch-sischeu zuzuzählen, derbis Vndweiö sich erstreckende Vöhmcr-wald-Dialect und dcr österreichische in: Süden dagegen znr baierischcn Äinnd-art. Der Beschäftigung nach sind die Deutschböhmen - theils Ackerbauer, . theils Gewcrbsleutc, das lehtere besonders in den OrcnMbirgen. In ihren Händen ruht die industrielle Bedcntnng des Landes. Anch anf dem geistigen Felde sind die Dentschen in Böhmen stets rüstige Arbeiter gewesen. Im 13. Jahrhundert blühte in Böhmen der deutsche Minnesang; anßcr K. Wenzel, dcr selbst ein Lied hinterlassen, sang da ein Raimnnd von Lenchtcnbcrg, Johann von Michelsberg, Heinrich von Nonow, Johann von Klingenbcrg nnd Johann von Czcrnin. Ans dem 14. Jahrhundert sind die Übersetzung des Dalimil, der Ackermann ans Böhmen, aus der Zeit der Reformation die geistlichen bieder des Michael Weiße, Hermann, Johann Mathcsius, ans dem 17. Jahrhundert die Dichtungen des Sigmnnd von Birken und des Christian Keymann benierteuswert. Iu Isslmier Trachl (Braut). 1<) Das 5lü>ülireich Nijhmcü. neuester Zeit haben dec Namen K. E. Ebert, Brauu, Frankl, Horn, Hartmann, Meißner, Rank, Kouipert, Kapper weit über die Grenzen guten Klang. Und nicht nnr in der Poesie, auch in Wissenschaft nnd Kunst weisen sie ehrenwerte Leistungen anf. Weit über die Zeit zurück, aus der nns die ersten historischen Nachrichten über Böhmen erhalten sind, reichen zahlreiche Denkmäler im Lande, die nns einiges, wenn anch nnr spärliches Licht auf das Lebeu seiner Bewohner vor Jahrtausenden werfen. Die anf dem Teplitzer Schlossbcrg, auf der Hengst-wiese bei Prassetic, in den Reihengräbern von Wcboschan, längs der Elbe bei Libochowan, Trebnitz, in dem Hügel bei Rowna, im Stringrab von Domanitz und sonst vielfach gemachten Funde berichten nns von einem Volk, das, zwar noch auf niederer (inlturstufe stehend nnd mit dem Eisen unbekannt, doch scholl kunstgerecht den Thieren des Waldes nnd des Wassers nachstellte, Feldfrüchte baute, regelmäßigen Angriffs- nnd Vertheidigungskrieg kannte, Mauern anfführtr, geordneten Hausstand hielt, sich schmückte nnd seineu Todten dauernde Grabstätten bereitete. Zahlreiche Uruen und Töpfe aus granem, rothem, graphitgeschwärztcm Thon verschiedener Größe nnd Art, mit geraden Strichen ornamentierte Spinnwirtel, Armsvangen, Ringe, Nadeln aus Bronze, Hämmer, Arte, Sicheln, Schwerter, Lanzen- und Pfeilspitzen aus Stein nnd Bronze, anch Goldgegenstände und Münzen, ferner Horngeräthe, durchbohrte Thierzähne siud zutage gefördert worden. Die meisten solcher Fnnde stammen aus den interessanten Wallbanten, die sich wie ein breiter Gürtel in der Mitte des Landes in der Richtung von Nordost nach Südwest ziehen. Es sind Wälle ans Stein oder Erde aufgeführt, auf Bergen und in der Ebene, wie man sie anch sonst in ganz Enropa, namentlich in Schottland, alicr auch in (5cntralasien, Indien, Nordamerika und in der Südfee findet. In Dcutschböhmcn heißen sie beim Volk Hnssitm- oder Schwedenschanzcn, wcil vielleicht ein oder der andere Wall zur Zeit der Hussiten- nnd Schweden-stürme als Schanze diente, oder Burberge, Burgberge, Vurgstädtel, ähnlich wie sie der Tscheche brnc>s KümM'ich Böhme». 2 18 Tas KmiMeich Vöhm?n. (6 n. Chr.). Marbod indessen, der die römische Kriegskunst in Rom kennen gelernt hatte, konnte, weil ein Anfstand in Pannonicn ansbrach, nicht besiegt werden nnd Tiberius musste sich zum Frieden mit ihm bequemen. Erst die Arglist der Römer, welche den Cherusker Hermann gegen Marbod hetzten und sich der Verrätherei Katwalds bedienten, brachte den mächtigen König zu Falle, so dass er aus dem eigenen Reiche flüchten und zu Ravenna eine schmähliche Zuflncht suchen musste. In der nächsten Hcit verhielten sich die Markomannen ruhig in ihren Sitzen, aber um 160 begannen sie Eiufällc über die Donan zn machen und drei Fcldzüge Marc Aurcls (167—180) nützten wenig, da sein Nachfolger Conuuodus schmählichen Frieden mit ihnen schloss, der die Donaugrenze nicht genügend vor ihnen sicherte. K. Gallieuus (253—260) musste dem Martomauueutöuig Attalus, dcsseu Schwiegersohn er wurde, sogar einen Theil vou Obcr-Pannonien abtreten. Doch sank die Macht der Markomannen bald wieder nnd 452 verschwindet ihr Name. Wahrscheinlich zogen die Neste der Markomannen uuo Gnaden, von einem frischen Nachschub sucvischer Herkunft mitgenommen, nach dein heutigen Baicru. In Böhmen aber rückten ihre östlichen Nachbarn, die Slaven, ein, die Sedletzcr in die Gegend von Karlsbad, die Lntschaner in die von Saaz, die Bieliucr an die Biela, die Dietschancr in die Gegend voll Tetschen, die Dudleben in die Ebene des heutigen Vudweis, während der mächtigste Stamm, die Tschechen, die Mitte des Landes besetzten. Im nächsten Jahrhundert finden wir die Slaven Böhmens unter der Herrschaft der Avareu, die ans den Steppen am Kaspisee hervorgebrochen waren und um 563 durch Böhmen ins fränkische Thüringen streiften; feit 623 aber machten sich die Slaven nnter dem Franken Samo wieder frei und ihre zersplitterten Stämme wurden zu einem Neichc geeinigt, das bis au die Donau reichte, bald indessen wieder auseinandergefallcn zu sein scheint. Bis zur Zeit Karls des Grosien ist die Geschichte des Bandes nur mit Sagen ausgefüllt, die von Krot und dessen Töchtern Kascha, Tctka nnd Libuscha romantische Begebenheiten zn erzählen wissen. Die letztere soll durch Berufuug des Bauern Prcmysl ans Staditz Stammuttcr der Premysliden geworden sein, eine Geschichte, die lebhaft an den weißchorwatischen Herrscher Krako nnd dessen Tochter Wauoa erinnert, sowie an den chorwatischen Herzog Leszek Premyslav. Nach Premysl weis; Cosmas eine Ncihe von Fürsten zu nennen: Nezamysl, Mnata, Wojeu, Wnislav, Kresomysl, Nctlan und Hostiwit. Aber schon der Sinn dieser Namen „der Nichtnnbedachte, der Hartsinnige, der Kriegerische, der Unbeugsame, der Gastfreie" verweise» sie in das Reich der Fabel. Erst 791 erhalten die Chronisten des Mittelalters Gelegenheit, Böhmen zn erwähnen, als Graf Theodorich die nördlichste der drei fränkische« Armeen gegen die Avaren dnrchs Land führte. Nach 806 zahltcu die Tschechen dem Frankcnkönig Tribut und wurden ^17 bei der Gl'lchicht?. 19 Theilung des Frankcnrcichcs dcr Herrschaft Ludwigs des Deutschen zugewiesen. Doch war die Abhängigkeit von Deutschland keine bedeutende und wiederholt gab es Kämpfe, in denen die Deutschen nicht immer glücklich waren. Dafür zwang Swatoplnt von Mähre» die Tschechen unter Boriwoj, der ein Sohn Hostiwits genannt wird nnd in Mähren mit seiner Gemahlin Ludmila gerauft worden sciu soll, zum Anschluss au seine Politik, die freilich bald so drückend gefühlt wnrde, dass nach deiu Tode Swatopluks 89 < der Sohn Boriwoss, Spitihniew, sich an das ostfräukischc Reich anschloss nnd in Regens-burg znr Huldignng erschien, worauf er in Böhmen den Theilherrschaftcn der Rechen ein Ende machte. Mit dem Anschluss an Deutschland uud mit dein folgeudcu Herfall des grosimährischcn Reiches 907 gewann aber anch der lateinische Nitus in Böhmen die Oberhand und Böhmen blieb fortan init dcr Cnlturcntwickelnug des Westens verbunden. Ans Spitihniew folgte sein Brndcr Wratislaw, der 920 zwei unmündige Söhne, Wenzel und Bolcslaw, hinterließ, für welch ersteren Drahomira die vorluuudfchaftliche Regierung führte. Als Wenzel 928 zur selbständigen Ncgicrnng kam und deutsche Priester ins Land rief, auch dem König Heinrich, der 929 vor Prag erfchicn, huldigte, erhob sich eine heidnisch-nationale Partei gegen ihn, die des Herzogs Bruder Boleslaw für sich gcwauu. Dieser ermordete Wenzel am 28. September 9!l5» in Alt-bunzlau, aber da er im Christenthum die Grundlage seiner Fürstengewalt erblickte, so hielt er an der neuen Religion fest und begncmte sich sogar nach 15jährigen Kämpfen zu Nimbnrg an der Elbe znr Unterwerfung unter den dentschen Kaiser, den er auch 9Ü5i gegcu die Ungarn unterstützte. Sein Nachfolger Voleslaw II., unpassend dcr Fromme genannt (967 bis 999), eine thatkräftige aber auch rücksichtslose Persönlichkeit, befolgte eine Politik der Umstände, bald anf Seite des Kaisers, bald anf dcr seiner Gegner fechtend, bald heidnisch, bald christlich gesinnt. Unter ihm wnrdc Prag 973 als selbständiges Bisthnm von dcr Ncgcnsburgcr Diöccse abgetrennt. Dcr zweite Bischof Adalbert (Wojtiech), ans den: Geschlecht der Slawnik, musste indessen zweimal vor dem Herzog zu Otto III. flüchten und gicng mit diesem, als Bolcslaw sein Geschlecht auf Austiften dcr dcu Slawuik feindlichen Wer-schowctze ausrottete, nach Prcnften, wo er 997 erschlagen wnrde. Ein Wüthcrich war dcr nächste Herzog Bolcflaw III,, dcr Noth-haarige (999 —1037), dcr seine Brüder Iaromir und Udalrich sammt der Mutter Emma, die deutscher Herkunft war, vertrieb. Das führte zu einer Empöruug dcr Grosicn, die ihn verjagten und einen polnischen Priuzcn Wladiwoj auf den Thron riefen. Doch Boleslaw flüchtete zu seiuem Oheim Boleslaw Chrobrü von Polen, dcr ein Sohn dcr Dnbravka, der Tochter Nolcslaws I,. war nnd dieser setzte ihn wieder in dir Herrschaft ein. Als aber der zurückgeführte Herzog seinem Rachedurst ungezügelt Lauf ließ nnd dem ränkrvollen Kochan Werschowetz eigenhändig den Kopf spaltete, sah 20 Las Königreich Böhmen. der polnische Fürst em, daft sein Schützling unhaltbar fei; er schickte ihn daher geblendet in die Verbannung und nahn: das Land für sich in Vcsitz. Nuu rückte aber Heinrich II., der die Ausbreitung der polnischen Macht fürchten musste, ins Land ein und trieb, indem er als Oberlehensherr des Landes für Iaromir, den Vrnder Bolcslaws III., eintrat, die Polen 1004 ails dem Lande. Die Greuel iu der Premyslidenfamilic uahmcu aber damit noch keiu Ende. Iaromir wurde von seinem Vrudcr Udalrich vertrieben, endlich geblendet nnd von einem Werschowctz ermordet, nnd erst Iidalrichs Sohn, Victislaw I., der böhmische Achill (1037—1055), führte bessere Zeiten iu Vühmcu herbei. Erzogen vou dein edlen Einsiedler Günther, der den Böhmcrwald gangbar gemacht hatte, holte er sich Jutta, die Tochter des Markgrafen von Nordgau, ans dem Nonnenkloster von Schweinfurt, indem er die Sperrkette mit wuchtigem Schwcrthieb zertrennte, als Gemahlin heim uud suchte Böhmen zu einem slavischen Reich zu machen, indem er auch die slavifche Liturgie wieder eiuführtc. Er eroberte Mähren, unterwarf eincu großen Theil Polcus und bewog feine Krieger am Grabe des hl. Adalbert zur Annahme allgemeiner Landesgesetze, die seine fürstliche Gewalt wesentlich hoben. Freilich als er fo mit feinem Auftreten in Poleu in die Lehensrechte Deutschlands eingriff, trat ihm Kaiser Heinrich III. entgegen uud umsoust suchte der Herzog der Gefahr durch Nachgiebigkeit zu begegnen. Umsonst lieferte er 10^9 Geiseln aus, umsonst besiegte er im nächsten Jahr zwei deutsche Heere, im Jahre 1041 musste er sich dem Kaiser, der, von dem Bäben-berger Leopold und von Eckehard von Meisten unterstützt, auf drei Seiten ins Laud rückte, unterwerfen. Dafür aber tonnte er von deu polnischen Eroberungen Schlesien behalten und beherrschte, fortan mit Heiurich im ssriedeu, seiu Ncich mit Kraft und in Ruhe. Auffallend ist, dass gerade er jenes verhängnisvolle Seniorats-Erbfolgcgesctz erließ, nach welchem das Reich uugetheilt bleiben, aber stets dem ältesten der Familie zukommeu sollte, während die übrigen Prinzen des Hauses Thcilherrfchaften in Mähreu zu erhaltcu hätten. Dieses Gesetz gab Böhmen wiederum den unheilvollsten Wirren preis. Denn einerfeits fuchten die jeweiligen Herzoge die Nachfolge ihren eigenen Söhnen zuzuwcudeu, andererseits widerstrebten die mährischen Theilfürsten der Oberherrschaft ihrer böhmischen Verwandten, es brachen daher stets neue Streitigkeiten aus und in dieseu gewann der deutsche Kaiser willkommene Gelegenheit, entscheidend einzugreifen, während anch der einheimische Adel in der Macht erstarkte, da die strciteudeu Picmyflideu aus seinen Reihen Parteigänger werben mussten. So begreift cö sich, dass in etwa anderthalb Jahrhunderten (1055-1198) fünfzehn Herzoge herrschten, acht davou in deu letzten zwanzig Jahren dieses Zeitraums. Schon der vierte Herzog nach Nretislaw !., uämlich Brctislaw II. s1092-1100), verletzte das Erbfolgegesetz, Geschichte. 21 monn cr uüt Umgehung des Hausältcsten Udalrich fcincll eigenen Bruder Noriwoi von König Heinrich IV. mit Böhmen belehnen ließ. Gegen ihn lehnte sich aber die nationale Partei anf und erhob Swatoplnt, welcher sofort die Familie der Wcrschowetzc, die Parteigänger.des gestürzten Vonwoj, ausrottete. Allerdings büßte auch er diese Unthat, Vom Nachestahl des letzten Werschowetz getroffen, mit dem Tode. Eine gnte Folge der Wirren war, dass sich dnrch die Einmischnngen der deutschen Kaiser in die böhmischen Znstände allmählich das widerspruchsvolle Verhältnis des Bandes znm deutschen Neiche klärte. Sobieslaw I. erzwang vom König Lothar nach der sieg-reichcnSchlacht l'ciKnlm1126 das Eingeständnis, dass die Herzugswahl unbeein- flnsi^t vom deutschen Kaiser vorzunehmen sei nnd , diesen: nur die lehensmäsiige <^ Bestätigung H d^s Gewählten U znkouune,weiter N auch, dass der ^ böhmische Herzog keinerlei Tribut zu zahlen,sondcrunnr !'.W Reiter znm Nönicrzug zu stellen habe. Unter Wladi-slaw I I. (1140 bis1173',schien dasScniorats-gesetz abgeschafft zu sein, da der Kaiser Friedrich I. 1156 zn Re-gcnsbnrg den Herzog zum crblichcnKö-uig erhob,nachdem schouWra-tislaw II. von König Heinrich IV. 1080 mit der Königskrone für seine Person ansge-zcichnet worden war. Doch als stch Wladlslaw unt Frledrich zerwarf, nahm dicier zu Ermendorf die Vcr-ordnulig znrnct nnd setzte dnrch die Belehnnng Sobicslawg, des Seniors der damaligen Premysliden, die alte Ordnnng wieder iu Kraft. Erst mit der Besteigung des Hcr;ogsstuhls dnrch Pi'cmysl Ottokar l. (l197 —1230) begann für Böhmen wieder eine Zeit geordneter Zustände. Er erreichte dnrch seine klnge Politik vom König Philipp 1198 für sich nnd die Nachfolger die Königskrone, 1212 zu Basel eiueu wichtigeu Freiheitsbrief, woruach die verlorueu (^rcuzgebiete zurückgewonnen, die Bischöfe im ^ande investiert werden dnrfteu und von den Königen nnr die Hoflager zu Komc, Ottolar li. «2 Das Ämüssreich Viihmcii. Bamberg, Nürulierg und Merseburg besucht zu werden brauchten. Im Jahre 1216 wurde endlich durch Friedrich II. in der goldenen Bnlle die Primogenitur-Erbfolge in Böhmen ausgesprochen. Unter Ottotar I. erstarkte die Landeshoheit bedeutend, da er deu Adel niederzuhalten wusste und deutsche Culonisationen begünstigte. Dasselbe that in noch größerem Maße sein Sohn Wenzel I. (1230—1253). Unter ihm wnrden deutsche Sitten und Gebräuche, Waffen und Trachlen üblich, an seinem Hofe ertönte deutscher Sang uud der Adel ficng an, sich deutsche Namen zu geben. In der Politik behielt sich Wenzel, obwohl stets im Anschlnss au Deutschland, freie Hand, bcstaud Kämpfe mit Österreich, erwehrte sich der Mongolen, ja stritt sogar mit seinem Sohne. Doch versöhnte er sich mit ihm wieder uud vcrhalf ihm nach dem Ansstcrben der Babenuergcr zur Eroberung Österreichs. Sein Sohn Ottotar II. folgte ihm, der mächtigste Fürst Deutschlands, da er nebst Böhmen und Mähren noch Österreich nnd seit dem Siege bei Kressenbrunn 1260 über Bela von Ungarn, der ans der babeubergischeu Erbschaft Steiermark erhalten hatte, auch dieses Laud besäst. Dazu erwarb er durch Erbvcrtrag mit Ulrich von Karnten anch dieses Herzogthnm, den größten Theil von Krain nnd Frianl uud bereitete den Anfall Egcrs an Böhmen vor. Durch glückliche Einrichtungen hob er deu Wohlstand seiner Länder, begünstigte Städte nnd deutsche Eolonisten, zerstörte die Ranbburgcu, zügelte den Adel uud befestigte iu seinen Erbländern, wie in den ucucrwor-benen, seine monarchische Stellnng. Er ist der Begründer der österreichischen Macht, nur dass eiu audcrcs Haus sie als Erbschaft gewann. Als er nämlich nach der dcntschen Krone zn trachten begann, wählten die Kurfürsteu, den übermächtigen König fürchtend, Rudolf von Habsburg, welcher von Ottokar die Herausgabe der österreichischen Länder verlangte und nach der Entscheidungsschlacht anf dem Marchfeld 1278, wo Ottokar, von Milota verrathen, fiel, diese Länder seinen Söhnen Albrecht nnd Rudolf zu Lehen gab. Ottokars Sohne Wenzel II. (1278 — 1305) verblieb wieder nnr Böhmen nnd Mähren. Er hatte manche Schickfalsprobe zn bestehen; znerst die unwürdige Bormundschaft Ottos des Langen von Brandenburg, dann, als er mit 12 Jahren die Herrfchaft selbst übernahm, die Anmaßungen seines Stiefvaters Zawisch von Falkenstcin, welcher feine Mutter Kuuiguudc geheiratet hatte. Er musste sich schließlich dieses ehrgeizigen Mannes, der ihm sogar uach dem Leben trachtete, durch Hinrichtung entledigen. 1300 gewann er die Krone von Polen und 1301 nach dem Aussterben der Arpaden auch Ungarn. Doch starb er schon 1305. Sein Sohn Wenzel IN. mnsste Ungarn aufgcbeu und zur Behauutuug Polcus gegen dcu Fürstcu Wladiflaw Lotietct rüsten, fand aber in Olmütz, dem Sammelplatz seines Heeres, schon 1306 ans unbekannten Gründen durch Mördcrhand seiucu Tod. Mit ihm erlosch der Mauuesstamm der Premyslideu. Geschichte. 23 Sofort erklärte König Albrecht Böhmen nnd Mähren für ein erledigtes Neichslcheu und gab es seinem Sohne Nndolf, der sich mit Wenzels III. Witwe vermählte. Doch als Rudolf schon 1307 starb, drang der österreichische (Einfluss liei der nenen Königswahl nicht mehr durch und Heinrich von Kärntcn, der Gemahl der ältesten Tochter Wenzels II., Anna, erhielt das ^and. Aber seine unentschiedene Haltung in den Streitigkeiten zwischen Deutschen und Tschechen, Adel und Vürgerthum rutfremdetc ihm bald alle ltail, 2. (I V.) Parteien und die Stände trngcn die Krone Johann, dem Sohne des deutscheu Kaisers Heiurich von Luxemburg, an. Heinrich musste Böhmen verlassen und Johann wnrde 1311 in Prag gekrönt. Doch bald zeigte der Adel sswße Unzufriedenheit mit dem König wegen Begünstigung des Vürger-standcs uud des Dcutschthmns uud zwang ihn schließlich, alle Ausläuder zu entfernen. Dagegen war Johann znm Theil glücklich in seiner auswärtigen Politik, 1322 erhielt er von König Ludwig für seine Theilnahme an der 24 Das Äöinssiüich Buhnen. Schlacht bei Mühldorf Egcr als Pfands das von nun an bei Böhmen blieb, und zwang die meisten schlesifchrn Herzoge zur Anerkennung seiner Oberhoheit. Auf einem Feldzuge nach Preußen 1336 erblindete er anf einem Auge, verlor bald anch das zweite, ließ sich aber dadnrch in seiner Lust an Unternehmungen aller Art nicht hindern, zog den Franzosen gegen die Engländer zuhilfc und fiel in der Schlacht bei Crccy 1346. Eine hervorragende Gestalt unter den Herrschern des Bandes wnrde sein Sohn Karl 1. „Bei dem Klang seines Namens erwärmt noch heute jedes Böhmcnherz uud jeder Mund überfließt von Dank nnd Verehrung gegen die Manen eines Herrschers, der in der Volksüberliefernng der Repräsentant der höchsten Blüte und Wohlfahrt seines Vaterlandes geworden ist." Durch kluges Benehmen steigerte Karl Böhmens Macht, erwarb einen Theil der Oberpfalz, Schlesien nnd Brandenburg, bestimmte in der goldenen Bulle 1356 Böhmen zum ersten Kurstaat und errichtete 1343 das Erzbisthum Prag. Er förderte Handel und Ackerbau, legte Straßen, Brücken, Berg-werte, Städte an, begünstigte deutsche Colonisten uud unterstützte Künstler und Wcrkleutc. Er wurde ein rechter Vater seines Landes. Leider gcrieth wieder manches nnter seinem Sohn und Nachfolger Wenzel IV. (137^ — 141!)) in Verfall. Anfangs regierte diefer zwar in ganz vortrefflicher Weise, verfiel aber, als er seine Kraft nicht gewachsen sah, um dem Ständckampf zn steuern, in Unthätigkrit und brachte sich bald in Missachtnng. Der Adel, an dessen Spitze Heinrich von Nosenbcrg in Verbindung mit des Königs Bruder Sigismnnd von Ungarn stand, nahm Wenzel sogar zweimal gefangen. Auch die Deutschen entsetzten ihn 1400 des Thrones. Die Wirren seiner Regierung steigerten sich durch die Anfregnngen der hussitischen Lehre. Schon nuter Karl hatte Konrad Waldhanscr aus Österreich, dann Johann Militsch ans Krcmsicr die Präger nnd das Volk durch Predigten gegen die Entsittlichung des Clerus und das kirchliche Schisma erregt, Huß und fein Freund Hieronymus gicngen in Wort und Schrift noch weiter nnd griffen die kirchlichen Dogmen an. Bald mifchtc sich der alte nationale Hader zwischen Deutschen nnd Tschechen ein und es entbrannten die schrecklichen Hussitenkriege. Anfangs ließ Wenzel Huß gewähren nnd anf dessen Antrieb veranlasste er die deutschen Studenten durch Verkürzung ihrer Rechte an der Universität znr Auswanderung; aber als Hnß 1411 in den Bann gethan war, nöthigte er ihn, die Stadt zu verlassen. Umso furchtbarer wirkten Hnßcns Predigten auf das Landvolk, nnd als derselbe 1415) in (Konstanz, wohin er sich, nm seine Lehren zn vertheidigen, freiwillig begeben hatte, den Feuertod erlitt, kam es zn blutigeu Auftritten in Prag, deren Kunde den König so in Aufregung versetzte, dass er bei Kunratitz, vom Schlag gerührt, starb. Seiu Tod gab das Sigual zum Krieg, da die Calirtincr nnd Taboriten von Wenzels Brnder, dem katholisch gesinnten Sigismnnd, als Herrn nichts Geschichte. 25 wisscu wollten. Sigismuud rückte mit einem Heer iu Böhmen cm, aber Zischka von Troznow, der Führer der Taboriten und Orebiten, besetzte Prag, nnd Sigismunds Vcrsnche, ihn zu vertreiben, misslangcn. Er wurde vielmehr bei Poukraz 1420 besiegt und musste sich'zurückziehen, während ,^ischka verwüstcud das ^'and durchstreifte. Ebenso schlecht crgicng es eincin deutschen Heere im nächsten Jahre bei Saaz, dem König Sigismnnd, neuerdings 1422 bei Deutschbrod,^ dem Markgrafcu von Nürnberg bei Brür. Selbst als Zischka 1424 starb, blieben die Hussiten in der mörderischen Schlacht bei Aussig 1426, bei Mies 1427 und bei Tauß 1431 über deutsche Heere Sieger, so dass sie selbst über die Grenzen ihre Plündernugen ausdehnen kennten, bis das Concil zu Basel der gemäßigteren Partei der (5 a l ixt in er in den PragerCompactateu großcZugeständnisse in Bezug auf das heilige Abendmahl, die Predigt und die Behandlung der Geistlichen machte. Nnu konnten die Taboriten bciLipan nächst Böhmisch-Brod überwunden werden; ihre beiden Führer, dicProtope, fielen, Unterhandlungen gewannen die Oberhand nnd dcr hussitische Erz-bischof Prags, No-kyzana, beschwor die Compactaten 1436. Sigismnnd, von den Ständen zu Iglan als'König an-erkalint, erlief eine Amnestie uud hielt in der Hauptstadt seinen Einzug. Aber schon im nächsten Jahre rief ihn der Tod ab nnd mit ihm starb das Haus der ^nrenlbnrger aus. Es folgte sein Schwiegersohn Albrecht von Österreich, aber dessen früher Hingang 14A9 brachte neue Unrnhen über Böhmen, da die eifrigen Utraqnistcn unter Ptatfchck von Pirkstcin den nachgeborncn Prinzen Ladislaus uicht anerkennen wollten und das Wahltönigthum vertraten. Erst als Albrecht von Baiern nud Äaiscr Friedrich die Krone ablehnten, bequemten sich alle Parteieu zur Anerkennung des jungen ladislaus, ohue aber dass die auarchischen Zustände sich gebessert hätteu. Ptatschel', Mcinhard von ^ceilhaus uud Ulrich vou Rosenberg stritten um den Einfluss, bis Georg vou Podiebrad 1452 alle Macht an sich riss. Nachdem der jnngc König, gerade als er die Hochzeit mit Margarcta von Frankreich feiern wollte, 1457 eines jähen Todes starb, ließ sich Georg selbst znm Könige wählen uud behauptete sich gegen den Papst und seinen Gegcnkönig Matthias vou Ungarn bis zn seinen« Tode 1471, ein begabter OcoiH von Podicbrad. 26 Prag mid Umgebung. und beim Volke beliebter Fürst, nur allzu ehrgeizig und schwankend in der Politik, so dass er keine Dynastie zn gründen vermochte. Die Krone Böhmens entgieng seinen Söhnen nnd die Stände wählten Wladislaw von Polen, der sich mit Matthias von Ungarn vertrug, ja sogar nach dessen Tode 1490 von den Magnaten ans Anregung des Wojwoden Hapolya als Schattcnkönig auf den Thron des heiligen Stephan gesetzt wurde. Sein Sohn Lndwig wurde schon im dritten Lebensjahre 1509 zum König von Böhmen gekrönt nnd die Stände versprachen anch, des Königs Tochter Auna die Thronfolge zuzuerkennen, wenn Ludwig ohne Erben stürbe. Dieser ssall trat aber in der Schlacht bei Mohacs gegen die Türken 1526 ein und Annas Gemahl, der Habsburger Ferdinand, Kaiser Maximilians Enkel, nahm Böhmen gleichwie Ungarn in Bcsilz. Damit fließt Böhmens Geschichte mit jener Gesammt - Österreichs zusammen. 2. f>rag und Umgebung. (Urtheile über Prag. — Aussicht vom Loren',bera/. — Geschichte. — Einwohnerzahl. — Der Hradschin. — Die Klemseite. — Karlsbrückc. — Iohannisfcst. — Die Altstadt. — Universität. — Nathhaus. — Die Indeustadt. — Die Neustadt, — Karolinenthal. — Smichow. — Schützeninsel. — Sophicninscl. — Wyschehrad. — Das Nuslethal.— Der Zischkaberg.— Baumgarten. — Dai« Scharkathal. — Der Weiße Berg.— Karlstein.) Prag, sagt Goethe, ist in der Mauerkrouc der Erde der kostbarste Stein. Es gibt in der That keinen zweiten Ort, der in seiner äußeren Erscheinung so großartig uud ehrfurchtgebietrnd sich darstellen möchte, als das goldene Prag s/I-M ^r-lba), wie die Stadt weithin im Osten genannt wurde und noch heute heißt. Ihre herrliche Lage, die Pracht und Größe ihrer Bauwerke, der Zauber ihrer wundervollen Geschichte, die Macht des Geistes, der aus ihren Männern oft sich verkündete: das alles wirkte auf die Gemüther derart, dass sie die Stadt mit dem, was ihnen das Reizendste, das Wertvollste erschien, benannten. Und immer reizte der Eindruck der böhmischen Metropole zu Vergleichen mit audercn Weltstädten. Seitdem Konrad Celtes, der bekannte Hnmanist, welcher 1491 Prag besuchte, es gethan hatte, verglich man Prag oft mit Nom und wirklich umschließen seino Manern, wie die der ewigen Stadt, sieben Anhöhen. Alexander von Hnm-boldt erkannte Prag nnter den europäischen Hauptstädten der Schönheit seiner Lage nach den vierten Rang zn, nur Eonstantinopcl, Neapel und Lissabon stehen ihm wegen der Ncizc des Meeres voran. Manche verglichen Prag mit einer rcichbcmasteten flotte, nannten sie die Stadt der hnndert Thürme Aussichten. Prags Geschichte. «« oder anders. Alle Fremden zollten der Moldaubeherrscheriu ihre volle Bewunderung. Der Böhme aber sieht in Prag sein Eigenstes, sich selbst, die Verherrlichung seines Bandes, seines eigenthümlichen, geschichtlichen Lebens. Von welcher Seite, von welchem Punkte aus man Prag betrachtet, überall erscheint es als großartiges und schönes Bild zugleich. Lohnende Staudpunkte sind die Anhöhe von Lieben, die Färber- uud Schützeninsel, die Brustwehr vor dem Hradschiuer Schlosse, am Ausgang der sogenannten Schlossstiege, am prachtvollsten entwickelt sich das Gemälde der Stadt oberhalb der Hascnburg am Lorcnzbcrgc. Der Anblick der zu unseren Füßen ausgebreiteten Stadt ist von uuvergesslichem Eindrucke. Mit Staunen uud Bewunderung weilt unser Auge auf der Sct. Nitolauskirche, der Karlsbrücke, der Teynkirche, dem Nathhaus, auf den Palästen und Klöstern der Alt- uud Neustadt uud auf der hellen Moldau, die sich mitteu durch das reizende Bild schlingt, mit ihren Kähnen, Flößen, Mühlen uud Wchreu. Besteigen wir darauf etwa die naheu Steiubruch-hügcl, so erweitert sich die Aussicht bis au die Grenzcu Böhmens. Da schimmert das Schlofs Lieben und das romantische Banmgartcn bis nach Troja hiu, ferner die Felsen von Scharka und der weiße Berg — dort uach Nordost heben sich vom Horizont die beiden Bösigc, der Nip, der Mille-schanerberg, darüber hinweg ziehen in feinen Linien die Höhen von Nollcn-dorf uud auf der auderen Seite die Umrisse der Schncckoppe. Doch das Auge sentt sich immer wieder zurück zu der in der Tiefe ruhenden alten Königsstadt, in welcher jeder Stein historisch ist, umsnngcn von den Wundcr-märcheu der Vorzeit. Da klingt es von Libuscha, die sich den Gemahl Prcmysl vom Pfluge holen lässt, von der jungfräulichen Wlasta, die vom Diewin Krieg gegen die Männer führt, und vom Ritter Horimir, den das trene Ross mit gewaltigem Sprung über die Moldan vom Tode rettet; fromme Legcudcn erzählen nns von, hl. Iwan, vom Preußcnapostel Adalbert, von der hl. Ludmila und der bösen Drahomira, vom hl. Weuzel und seinem bösen Brnoer; Dichter berichten uns vom Herzog Udalrich, der die schönste Magd des Landes znr schönsten Fürstin erhob, Chronisten schildern uns den tragischen Ausgang der Wcrschowetze. Welch ciu Stück Weltgeschichte liegt zu unsereu Füßcu! Vou hier aus zog der mächtige Ottokar zum verhängnisvollen Kampf ins Marchfcld, von hier aus trug der ritterliche Johann das böhmische Wappenschild in zahllose abenteuerliche Kämpfe, von hier aus pilgerte Huß nach Constanz zum Scheiterhaufen, raste Zischta racheschnaubend durchs Laud, hier entbrannte nnd verlosch die Fackel des 3s)jährigen Krieges, hier grollte der Fricdländer seinem Kaiser, hier siegte der preußische Friedrich, hier entschied sich des grosicu Corsen Schicksal, als Franz l. zu den Verbündeten trat, hier trennte sich Österreich von Deutschland! Schon die Markomannen sollen sich in der Gegend der hcutigeu Iuden-stadt angesiedelt uud den Ort nach ihrem Führer Marobod Marobudum 28 Pmii und Umgebung. genannt haben. Später drangen die Tschechen ein und legten den Grund zur jetzigen Stadt, wahrscheinlich am Fuße des Schlossbergcs; am Bache Bruska oder, wie andere vermuthen wollen, beim Aujezder Thor soll das erste Haus gcstaudcu haben. Alte Sagen schreiben die Gründung Prags der jüngsten Tochter Kroks zu, und der Name Prag soll daher stammen, weil ein Arbeiter, den Libuscha mit dem i!egcn von Balken beschäftigt sah nnd fragte, was er mache, antwortete: „I^'üll" (Schwelle). Der Chronist Hajck gibt als Gründungsjahr die Hahl 723 an. Geschichtlich sicher kann gelten, dass neben den kleinen'Vurgflcckcn, die unter dcu bcideu Festen Wyschehrad und Prag sder jetzigen k. Burg^ lagen, sich früher ein dritter Ort, am rechten Moldauufer erhob, wohin sich Gewerbe nnd verkehr zogen, die jetzige Altstadt, welche aber anfangs „Nenstadt" hieß. Vidukind spricht schon znm Jahre 928, als Heinrich I. gegen Prag zog, von einer >nl^ nov-i, in welcher der Sohn Boleslaws belagert wurde. Im 11. Jahrhunderte herrschte in der Altstadt ein reges Leben uud schwungvoller Handel, beim Eiuzuge Brctislaws II. 1092 feierte man dort öffentliche Spiele, und es bestanden anch bereits mehrere Kirchen, wie die kleine Kreuzkirche in der Postgaffe, die sich in ihrer ursprünglichen Form bis heutc erhielt. Auch gab es fchon im 12. Jahrhunderte eine eigene Iudenstadt, nnd feit 1167 verband eine steinerne Brücke, welche Judith, Wladislaws II. Gemahlin, erbaute, die Altstadt mit der Kleinscite. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts war Prag eine der größten und schönsten Städte in Europa, besonders unter Ottokar II., dem Förderer und Schirmcr eines starten Bürgerthnms. Die schlechte Vormundschaft Otto des bangen über Wenzel II. hielt zwar Prags Aufschwung nieder, doch erholte es sich, als der jnnge Prinz 1283 zurückgekehrt war. Schon Wenzel I. hatte die Altstadt, Premysl Ottokar II. die Kleinscitc befestigt, stolze Bauten im gothischcu Stile erhoben sich, die große Krenzkirche, jene des hl. Nikolaus, Leonhard, der hl. Maria, des hl. Martin nnd viele andere. Doch den Höhepunkt seiner Entfaltung erreichte Prag nntcr dem Lnremlmrger Karl IV. Er erbaute 1358 an Stelle der 1332 durch einen Eisgang zerstörten Indithbrücke eine neue Moldaubrückc, 1318 die Universität und die Neustadt, zu der er im selben Jahre mit eigener Hand den Grundstein legte. Damit der neue Stadtthcil sich regelmäßig uud schön entwickle, ließ der Kaiser selbst einige stattliche Eckhänscr aufführen nnd die Straßen uud Plätze ausmessen. Neue Einwohner, besonders Handwerker und Handelsleute wurden herbeigerufen, fo dass die Nenstadt rasch aufblühte. Nach einer alten Überlieferung pflegte Karl sie fremden Fürsten und Gesandten mit Vorliebe zn zeigen und dabei zu sagcu: „Das ist mein Werk." Er konnte auch in der That stolz sein anf dasselbe. Unter ihm erhielt Prag ziemlich die Ausdehnung, welche es noch hente, nach 500 Jahren, hat. Schon unter seinem Nachfolger Wenzel wurde die weitere Entwicklung der glänzenden Stadt gehemmt. In der nächsten Zeit, nach Prags Geschichte. 29 dem Tode 3adislaws des Nachgeborncn, war es nicht günstig für die Hauptstadt Böhmens, dass der König Wladislaw II. seinen Sitz in Ungarn Ferdinand dcv Gütige. nahnl nnd als Vöhmcn an Ferdinand I. siel, so wurde es für die Prager verhängnisvoll, dass sie im schmalkaldifchcn Kriege ihrem neuen König gegenüber cine drohende Stellung nahmen; sie Ucrlorcn Güter, Zeughäuser, 30 Prass und Umgebmiss. Privilegien und erst uutcr Ferdinands Enkel, Nndolf II., kamen für die Stadt bessere Zeiten. Neue Banten erhoben sich, als er hier residierte, und Prag wurde wieder die bedeutendste Stadt in Mittelenropa, aber die neue Glanzperiode erlosch bald. Mit der Schlacht vor dcu Thoren der Stadt am 8. November 1620 büßte Prag immer mehr au Bedeutung ciu. War es uutcr deu Luxemburgern eine Weltstadt, unter Rudolf II. eine Hauptstadt der Habsburgischcu Lande, so musste es seit Ferdinand II. vor dem glücklicheren Wien zurückstehen. Hunderte vou Häusern staudeu, nachdem der feige Wiutcrkönig gcfloheu und viele Tausende von utraquistischcn Bürgern ausgewandert waren, in der Stadt leer und obwohl Ferdinand III. derselben günstiger gesiuut war, als sein Bater, so blieb ihre Herrlichkeit doch unwiederbringlich verloren. Unglücksfälle thaten das ihre, dass sich Prag nicht mehr erheben konnte. 1679 nnd 1080 wüthete ciuc schreckliche Epidemie und 1cr Hradschin erscheint für diese Zeit wie ein Musensitz. Dort beobachtete der Däne Tycho de Vrahe den Lauf der Gestirne und ließ sich dnrch Kepler die sogenannten Nudolfmischen Tafeln anfertigen, und dort stellte Adam Zaluzansty zuerst das Sexualsystem in der Botanik auf. Damals glänzte Simon Lomnicky, der böhmische Ovid, von Nndolf gekrönt und in den Adelsstand erhoben, Johann Augnsta, der Freund Luthers, schrieb seine geistlichen Lieder, Matthäus Bencschowsky, Lehrer Kaiser Maximilians II. im Tschechischen, seine Psalmen. Nicht zn vergessen ist ans dieser Zeit Adam Daniel von Welcslawin, den alles, was unter Rudolf II. in der Literatur erschien, entweder zum Autor oder Helfer oder Drucker hatte, der Cotta jener Periode, dessen Tod im Jahre 1599 35 Dichter betrauerten. In der Nähe des Kaisers arbeiteten auch Maler wie Hans von Achcu, Spranger, Heinz, Hufnagel, Kupferstecher wie Sadler, Bildhauer wie Johann du Mont, und Gcmmenschneider wie die drei Miseroni, Iobst von Brüssel n. a. Eines steht aber einzig in der Weltgeschichte da, der Sammelgeist Rudolfs, welcher darin freilich schon Vorbilder an dem Erzherzog Ferdinand von Tirol, dem Schöpfer der Ambrafer Sammlung, und au seinem eigenen Bater Maximilian II. gehabt hatte. Rudolf hatte in Jakob von Strada einen eigenen Antiqnarius, der in seinem Anftrag ans allen Ländern, Deutschland, Italien, Griechenland, Asien, Egypten, selbst Amerika Schätze und Cnriosi> täten sammelte. 1612 wnrde die Sammlnng, welche eilte Reihe von Aimmcru füllte, auf 17 Millionen geschätzt nnd enthielt in der That eine Fülle der kostbarsten Dinge, daneben freilich auch viele sonderbare Stücke: Herzogs Premysl Mütze uud Pantoffel, das Gebiss einer Sirene ans dem ägäischcn Meer, zwei eiserne Nägel aus der Arche Noahs u. dgl. Im 30jährigen Kriege wurde die Knnstkammcr Rudolfs aufs schrecklichste geplündert. Die Burg cuthält drei Höfe. Im dritten, der von den königlichen Appartements gebildet wird, ist der große Hnldiguugssaal, vou Wladislaw ü, 1502 erbaut, der Laudtagssaal uud die alte Landstube, aus deren Fenstern den 23. Mai 1618 Slawata, Martiniz und Fabricius hinabgestürzt wurden. Eine Terrasse scheidet diesen dritten Hof von der Mctropolitankirchc zu St. Veit. Deu Grundstein zn der ersten Kirche, die hier stand, soll der hl. Wenzel gelegt haben, der sie auch dem Märtyrer Veit widmete, dessen Arm ihm Heinrich der Vogler znui Geschenke gemacht hatte. Der hentigl Dom wurde unter König Johann 1344 begonnen, Karl IV. ließ dnrch Matthias Arras weiter bauen, doch blieb das Werk unvollendet und litt durch Der Hradschni. 33 einen großen Brand 1541 und durch die Belagerung von 1757, wobei 770 Kugeln in das Innere der Kirche fielen. Ein eigener Dombauvcrein hat sich's zur Aufgabe gemacht, das großartige Werk der gothischen Kunst der Vollendung zuzuführen. Bon allen Seiten sich frei erhebend, gewährt der Dom einen imposanten Anblick, ist trotz der gewaltigen Massen licht, lnftig und nirgends gedrückt. Das Hauptschiff ruht anf 15 Vogcn und wird von einem Sänlengangc eingeschlossen, der m 12 Kapellen anslänft. Die Höhe der Decke beträgt 39 Meter, die des Thnrmcs jetzt 99 Meter, war aber vor dem Brand 160 Meter. Das Innere birgt eine Reihe von Sehenswürdigkeiten. Im Mittelschiff das große Manfoleum, welches König Nndolf II. 1589 von Alex. Colin alls Mccheln, del» berühmten Erbauer des Innsbrnckcr Grabmals ' in der Hofkirchc, errichten ließ nnd unter welchem Karl IV., Wenzel IV., Ladislaw Posthnntus, Georg, Ferdinand I., Ma-niniliau II,, Rudolf II. ruhen. In der Wenzclstapelle -erhebt sich das Grab mal des Lander-Patrons, dessen Er mordung ein kleiues Bild ans Cranacho Schule darstellt. Der Ning an der Thüre ist derselbe, den er hielt, als ihn sein Brndcr 936 in Alt-bnnzlau erstach. Im Chormugang steht das grosse silberne, 168<» Kilogramm schwere Denkmal des heiligen Johann von Nepomut ^gestorben 1383, heilig gesprochen 1729). Sehenswert ist neben der Sacristci die Von !<'>>>,, das Schwcißtnch(5hristi, nach einem alten byzantinischen Bild 1368 Von Thomas von Mutina co-piert. Hinter dem Dome erhebt sich die von Ottokar II. crbantc Allerheiligen-tirche, daneben das Thercsianischc adelige Damenstift, ehemals ein Palast der Nosenbcrge, uud anf den« Platz vor demselben die uralte, jetzt säcularisierte Gcorgskirche. 912 vou Wratislaw gegründet, enthält sie das Grabmal der heil. Lndmila, wird aber jährlich nur zweimal geöffnet. An einer Neihc von Palästen vorbei gelangt man dnrch die Lorctwgasse auf den Lorettoplatz, welcher nach der 1681 von einer Gräfin ^obkowitz crbantcn uud der s!-,«!, ^nntn in ^'oretto getreu uachgebildeteu Kirche benannt ist. Im Westen ist der Platz von wicr Kaserne begrenzt, die ursprünglich ein Czeruinsches Palais war, eines der kolossalsten Gcbändc Deutschlands. Daran vorüber führt uns der Weg dnrch ein unanfehuliches Quartier Pohoieletz zum Strahower Stift, in der Nähe des Ncichsthores, auf deu höchsten Puukt der Stadt. Es wurde 1141 vom' LangHans: Tas Königrcich Völimcn. 3 34 Pillss imd Unissobui^ss. König Wladislaw gegründet, mehrmals zerstört und ist eines der großartigsten Klostergebäude. In seiner Kirche erhebt sich das Denkmal des Ordens-stiftcrs der Prämonstratenser, des hl. Norbert, das Grabmal Pappenheims, in der 50.000 Bände starken Bibliothek sind schöne Antographen, die Gemälde gallerie bewahrt eine hübsche Madonna von Dürrer, die Fenster des obern Stockwerkes aber bieten eine entzückende Aussicht über Stadt nnd Land. Unterhalb des Hradschin zur Moldau dehnt sich die Kleinscitc ans mit 6 Plätzen, darnnter der Klcinseitner Ning. Von den Gcbänden nimmt neben den Kirchen das meiste Interesse der Waldstcinschc Palast in Ansprnch, den sich der Feldherr des 30jährigcu Krieges 1623 auf dem Ranmc von 20 niedergerissenen Hänscrn erbante. Hier sann er, scheinbar der Welt entsagend, nach der Abdankung seinen großen Plänen nach nnd sperrte oft die benachbarten Gassen durch Ketten ab, um Nuhe zu haben. Anf dem Ring steht daö Monument des Helden Nadetzky (geb. 1766, 1- 1858), ein Wert des Bildhaners Johann Mar; die Gestalt des Feldmarschalls steht anf einein Schild, den acht Vertreter der verschiedenen Volksstämme und Waffen Österreichs halten — ein Croate, ein Tiroler, eiu Artillerist, eiu Husar, eiu Matrose, ein Jäger, ein Uhlaue und ein Grenadier. Durch die Wendische Gasse kommen wir znr berühmten Karl^brücke. Die Aussicht von ihr ist bezaubernd. Rückwärts prangt der Hradschin, vorwärts die hundertthünuige Altstadt, zur Seite schweift der Blick über die stattlich mnsämuteu Ufer des Stromes und seine grünenden Infcln. Im Hintergrund die Bergfeste Wyschchrad nnd der Lorenzberg mit einer Kirche zwischen Gehölz uud grünen Matten schließen das reizende Bild. Deu Grundstein zur Karlsbrücke legte der große König selbst am 9. Juli 1357. Peter Arleti leitete deu Bau, der aber, durch die Unruhen uutcr Wenzel gestört, erst 144 Jahre später vollendet ward. Die Brücke ist ans großen Saudstcinqnadern erbaut, 497 Meter lang, 10 Meter breit nnd ruht auf 16 Bogen. An ihren beiden Enden erheben sich zwei alte, ehrwürdige Thürme, die zur Vertheidigung der Brücke dienten. Zn Balbins Zeiten bestand der Schmnck des Brückengeländers aus einem hölzernen Crncifir, welchem gegenüber Bildsäulen der Gerechtigkeit, Georgs von Podiebrad nnd des böhmischen Löwen standen. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts aber wurden 30 Standbilder und Gruppcu aufgestellt, darnnter die Erzstatue des hciligeu Johannes von Peter Vischcr. Eine tleiue Deckplatte anf der Brüstung der Brücke zeigt die Stelle, von wo der Heilige in die Fluten der Moldau geworfen wnrdc. Am 16. Mai wallfahrten Taufende und Tausende vom Lande zu dein Grabe nnd zu dieser Leideusstclle des zweitcu Laudcspatrous. Scholl am Vorabend des Tages ist das Erzbild anf der Brücke mit einem kapelleuartigcu Überbau aus Laub uud Blumen gcfchmückt und voll vielen Lampen festlich erlenchtet. Alles strömt Hieher, kein Wagen kann die Brücke passieren und selbst Fußgänger finden nur mühsam Bahn durch die Iohanuesseier. 35 Mcnschmwogen. Wie das Bild auf dcr Vrücke, so sind noch tausend andere in der Etadt, auf Plätzen und in Häusern aufgeputzt und besucht. In Kaiser R»dulf >l. laugen Zügen bewege» sich, laut dem Vorbcter nachsiugeud, die fromuicu Scharen, um alle oder doch soviel Iohauncsstatncu als Tuöglich in dcr Stadt zu besuchcu, durch die Straßcu. Auf alleu Plätzen aber ist reges Marktlebcn. :^ 36 Piass und Umgcbimg. Große und kleine, bedeckte und offene Buden, niedrige Kranistelleu werden errichtet, mitunter Körbe zu Auslagen verwandelt uud tauseudc von Abbildungen des Heiligen ansgeboten. Daneben Krcnze, Rosenkränze, Heiligrn-und Madonnenbildcr, gläserne Iohanuessärge, bieder, Gebete — aber auch die Arbeiten der Uhrmacher, Zinngießcr, Klenipner, wohlriechende Wässer, Zwirn, Kämme, Strümpfe, kurz alles Mögliche zu Nutz nnd Frommen, zur Erbauuug und zur Unterhaltung. Natürlich ist auch für den Leib hinreichend gesorgt und da die Gast- nnd Einkehrhä'uscr nicht Raum haben, die zahllosen Fremden zu fassen, so wird 'I'lM« ä'Küt« auf der Gasse gehalten. Über Stühle gelegte Bretter sind Tische nnd Crcdcnz, anf ambulanten Kochherden dampfen die Töpfe, Haufen von Semmeln uud Schwarzbrot siud zur Seite aufgethürmt und geschäftige Hände füllen die Snppeutasscn, die von Hand zu Hand gehen. Zwischen den Gruppen gehen die Händler, die ihre Herrlichkeiten ansbicten, herum, da singt ein Bursche, den Hut in der Hand, Volkslieder, dort recitiert ein alter Maun die Gebete, die er verkauft, iu jeder Ecke jammert ein Krüppel um ein Almosen. Gegen Abend bewegen sich die Massen nach der Schützeninscl, wo ein Feuerwerk den ersten Tag des Festes beschließt, das dnrch eine Woche andancrt. Jenseits der Steinernen Brücke betreten wir die Altstadt, das Centrum Prags, mit zahlreichen Plätzen, aber eugen und krummen Gassen nnd alterthümlichen Hänsern. Bei dem schönen, von Hähnel in Dresden entworfenen und 1848 zur 500jährigen Jubelfeier der Universität errichteten Standbild Karls IV. vorbei, kommen wir zum Karolinum, der Prager Hochschule. Schon zu Anfang des 13. Jahrhunderts bestand anf dein Prager Schlöffe für den Clerus ein Particnlarstudium mit akademischen Graden uud uutcr Ottokars II. Regierung war es schon von Ausländern besticht. Ocko und Bohumil lasen damals Grammatik und Logik, Gregor von Wartenberg iibcr die I^idi-i ,lnt,n^lc!8 des Aristoteles. Wenzel II. bemühte sich schon ein Generalstudimn von vier Facultäteu znstandc zu bringen, aber erst Karl I V. 1348 gelang es, eine Universität zu gründen, die durch die Bulle des Papstes Clemens VI. bestätigt wnrde. Der Andrang der Studenten war nngeheucr und erreichte die Zahl von 10.000. Doch kam es bald zu Streit zwischen Deutschen und Tschechen wegen der Zahl der Wahlstimmen, Wenzel entschied für die letzteren und so wanderten 1409 die Deutschen aus, woranf die Universitäten zu Leipzig :c. entstanden. Ferdinand I, berief Jesuiten nach Prag nnd räumte ihucn das Clementinnm mit allen Lehrrechtcn ein. Das ist eine ganze Hänserinsel in der Karlsgasse mit 2 Kirchen, 2 Kapellen, A Thoren, 7 Thürmen, wo sich neben den Hörsälen auch die Bibliothek, alle Sammluugen, die Steril warte uud die Akademie der bildenden Künste befinden. Nicht weit vou diesen Universitätsgcbäuden erreicht man den kleinen Ring nnd dann den großen, dessen westliche Seite das Rathhans bildet. Es ist ein schöner Die Altstadt. 37 gothischer Neubau vom Jahre 1841 an Stelle des theilweise niedergerissenen alten Hauses, welches ans dem Jahre 1338 stammte und von welchem die Kapelle, der große Thurm vom Jahre 1474 und die Südseite mit dem Portal uud der Rathsstube stehen blieben. Die Außenseite der ältern Theile sind mit gemalten und eingemeißelten Wappen und Inschriften geziert, der Neubau durch sechs Staudbilder im zweiten Stockwerke, die ums Land verdiente Fürsten darstellen, von dem deusch-böhmischen Bildhauer Josef Max. Sehr merkwürdig ist au der Südseite das astronomische Uhrwerk des Meisters Hanusch von 1490. Es zeigt uebcu deu Stunden auch den Auf- und Nicdcrgaug der Sonne und des Mondes, den Thicrkrcis, die Mondesphase, die goldene Zahl, die Festtage des Jahres n. s. w., knrz sie ist ein lebendiger Kalender. Mit dem Uhrwerke sind einige bewegliche Figuren verbuuden, so die eines Geizhalses uud eiucs Knochenmannes. Bei jedem Glockenschlag nickt der Knochenmann mit dem Kopf uud öffnet die Kinnlade, der Geizige, mit einer Geldbörse iu der Hand, schüttelt dabei das Haupt. Gegenüber dein Nathhanse steht anf dem Niuge die ans einem Block gchaueue große Mariensäulc, welche Kaiser Ferdinand III, 1K50 aus Dankbarkeit für die Rettnng der Altstadt vor den Schweden hatte errichten lassen, uud etwas nördlich davon ein schöner Wasscrkasten aus rothem Marmor, wahrscheinlich aus der Zeit Karls VI. In der Nähe dieses Brunnens stand sonst ein Eiscnkäfig, in welchen: zügellose Lcntc eingesperrt und stnndcnlang den Blicken der Vorübergehenden ausgesetzt wurdeu. Erst anf Befehl Josefs II. wurde er 1786 entfernt. In der Geschichte des Volkslebens ist der Altstädtcr Ring durch die häufigen anf demselben gehaltenen großen Tnrniere und Festlichkeiten merkwürdig. Die Schattenseiten seiner Geschichte bilden neben den Aldrccyt uu» Wau^M«. "8 Pvass und U»igel)»n^. hussitischeli Unruhen und dem großen Blutgerichtc vom Jahre 1621 die Hinrichtung von 11 Officieren aus den vornehmsten Familien, welche in der Schlacht bei Lützen fcldflüchtig geworden waren (1(^6.3). Auf der Ostscitc ragt neben dein großen nenumgebautcn Palais der Kinsky die doppclthürmige Teynkirche empor. Eine Reihe denkwürdiger, durch Alter uud Geschichte interessanter Bauten wäre noch in der Nähe zu besichtigen, doch wer kann Prag auf einem Gange, in einigen Stunden kennen lernen! Dazu gehören Wochen, Monate, Jahre, und um es zu schildern, Bücher. Wir eilen daher weiter. Vom großen Ring kommen wir in die nahe Iudenstadt, seit l,8l)0 auch Iosefstadt genannt. Die Änderung des Namens war nicht ohne Berechtigung, denn eine wahre Iudenstadt ist es nicht mehr, heutzutage besteht die Hälfte der Bewohner dieses Viertels aus armen Christen, während sich die wohlhabenderen Juden überall in der Stadt ansässig machten. Wie alt die Iudenstadt ist, darüber herrschen die widersprechendsten Augabcu, sicher ist es, dass im Jahre 1098 die Juden Prags ihren Wohnfitz hicher verlegen mussten. Manches Uuglück traf ihre Stadt. 1689 verbrannten ihnen 318 Hänser und 11 Synagogen. Im Jahre 1745 mussten alle Juden aus Prag auswandern und durften erst im nächsten Jahre zurückkehren. Es ist ein merkwürdiges Viertel, lebhaft crinuerud an ein füdläudisches Ghetto. In 280 Hänsern wohnen 10.000 Menschen, die Gassen sind eng, unrein, finster, überall sieht Armut heraus. Der Handel und das geschäftliche Treiben concentriereu sich am Tandelmarkt zunächst der Gallikirche, in manchen Gassen ist's ganz öde, in andern sieht's ans, wie wenn die Leute draußen wohnen möchten. Dem Fremden mag es vorkommen, als ob er etwa früh morgens eiue uoch nicht aufgeräumte Familienstnbe durch plötzliches Eintreten überraschte. Aus den glaslosen Fenstern und auf über die Straße gespannten Stricken hängen trocknende Tücher, Hemden, Rücke, dort au der Schwelle flickt eine zerfetzte Alte die dnrchsichtig gewordenen Höschen ihres hoffnungsvollen Enkels, der daneben die Vollenduug der Reparatur abwartet uud unterdessen durch die Lichtungen seines Unterkleides wie durch ein Fernrohr nach deu klciuen Streifen des blanen Himmels fpäht, nnd dort wickelt mitten in der Straße ein Mädchen ihr jüugstes rothhaarigcs Brüderchen in unsaubere Windeln ein. Beim Eintritt in diefes bewegte Stilleben verstummen die Gruppen, hiuter den schiefhängenden Fensterläden gncken juugc und alte, hübsche und hässliche Köpfe hervor und die kollernde, springende, kauernde uud träumende Jugend ballt sich sofort zu ciuem Kuäuel zusammen, der Dich neugierig und vielcrwartcnd nmstellt. „Will der Herr die Alt-Nettschule sehen?" ruft es aus mehrcreu Kehlen uud es entsteht nicht selten eine Balgerei, ehe Du Dich entschieden hast, welcher vou den schmutzigen Inngen Dir als Führer am besten behagt. Die IudeosiM. 39 Die Alt-Ncnschule ist eines der ältesten jüdischen Andachtshänscr. Die Sage erzählt, dass es schon 71 Jahre vor Tschechs Ankunft in Böhmen bestanden, glaublich ist es, dass es schon im Anfang des 1';. Jahrhunderts Msticrte. Das Dach des frühgothischcn Bauwerkes mit schmalen Fenstern und geziertem Portal ist etwas jüngeren Datums, die Manern sind geschwärzt, mit Moder und vielen unleserlich gcwordcuen Thorastcllen bedeckt. Mehrere Stufen führen in das - Innere hinab, bei dessen Vetrctnng nian sich eines geheimen Schauers kanm crwchreu kann. Nur mattes Licht wird von dm tiefverstccktcn schmalen Fenstern auf die schwarzen, zerfressenen Mancrn geworfen. In der Mitte des Raumes ist das erhöhte /Vlmomr, wo mn Sabbath cms dem Pentateuch vorgelesen wird, rechts davon ist der Stand des Vorbetcrs, der ^mu,die Bundes lade, mit Pergament-abschriften der hcil.Vücher.Iu derNähc brennt eine Lampe, das das ewige Licht. Woher der sonderbare Name Alt-Ncuschnlc Fcldinarschllll Radctzly. konunt, ist nicht ermittelt. Viele Sageu knüpfen sich an das ehrwürdige Denkmal grauer Vorzeit. Noch heute soll unter dem Dachstuhl des Gebäudes die Lchmfigur Golem des NabbiLöw liegen, welche dieser zu beleben und zn seinen häuslichen Diensten zn verwenden vcr> standen hat, wie der alte Hexenmeister den Besen bei Goethe. Ein noch lutcrc^antercr ^ rt lst der nahe Iudcnfnedhof, seit Josef II,, der die ferneren Pccrdignugcn hier verboten hat, eine ganz einzige Neliqnic aus uralter Acit. Er ist von grossem Umfang, mit zahllosen Würfeln, Pyramiden, Platten als Grabsteinen bedeckt, über welche wild und vcrworreu alte Flicderbäume ihre knorrigen Äste hinstrecken. Dieses Veth-Chaim, wie die Juden es nennen, „Haus des Lebcus," ist ciuc wahre Todtcustatt, mit keiucm andern Gottesacker zu vergleichen. Wie freundlich ist rin christlicher Dorffricdhof dagegen? Wie düster, unheimlich dieser Ort! Dort blinkt in den Krcnzcn über den blmnigrn Hügeln die Hoffnung nach cinem glücklichen Wiedersehen, hier brütet nnr die trostlose Entsagung, der 40 Prass imd Umgebung. gepresstc Schmerz, der schreckliche Tod. Wir fühlen, dass wir auf der Begräbnisstätte eines fremden Volkes, längstvcrgaugener Geschlechter weilen. Es ist wohl nicht zn wnndern, dass über dieser unheimlichen Stätte die Gcsftensterphantasie ihre Märchen wob. Wenn man anf dem Iudcnfriedhof wandelt, so bemerkt man die Meuge von Stcinchen und Scherben, die einzelne Grabsteine bedecken. Das muss dann ein sehr frommer Mann gewesen sein, der da drnnten liegt, nnd die Steinchcn sollen die Fürbitte des frommen Verstorbenen bei Jehovah erlangen. Die verschiedenen Zeichen auf den Grabsteinen deuten entweder den Namen des Todten oder den Stamm, dem er angehört hatte, an. So bedeuten zwei Hände den Staunn Aaron, die Kanne den Stamm Lewi, die Weintraube den Stamm Israel, ein Löwe besagt, dass der Todte Löw, ein Fisch aber, dass er Karpeles u. s. w. gcheißcu habe. Die Namcu auf der Umfassungsmauer sollen Selbstmörder bezeichnen nud solche, die ihren Eltern geflucht haben. Verlassen wir diesen unheimlichen Ort des Todes und der Vergangenheiten, so genügen einige hnndert Schritte nnd wir sind im vollen glänzenden Licht der Gegenwart und des Lebens; wir sehen vom Unteren Quai, gegenüber der Schwimm schnlc, ein reges Treiben anf den Wellen der Moldau, drüben hellen Sonncnglauz in den zahllosen Fenstern der Klein-seitucr Paläste nnd frisches Grün anf den Vcrghäugcn. Schreiten wir den Quai abwärts, immer gegenüber den schönen Anlagen auf dem andern Ufer des Flusses, dem sogenannten Belvedere oder den K ronPrinz N udolf-Anlagen, bis zur imposanten, 1868 eröffneten Franz Josefs- B r n ck e, so sind wir in der Neustadt, welche die Altstadt halbkreisförmig vou hier bis zum Botitzbach umgibt, jenseits dessen das Vergstädtchen Wyschehrad beginnt. Als Karl IV. 1341 den Stiftungsbricf dieses Stadtthcils erliest, staudeu auf dieser Stelle schou mehrere Ortschaften, so Poric an der Moldau und die Dörfer Nybnik, Zdaras, Podfkal. Da nun der Kaiser jedem, der sich da niederließ, bedeutende Vorrechte gewährte, so wuchs die nene Stadt soznsagen ans der Erde. 1418 war sie, wie die Geschichte der Hussiten-kämpfe beweist, schou start bevölkert. Die Privilegien der Neustädter erregten freilich den Neid der Altstädtcr nnd immer gab es Unfrieden, bis 1784 die Neustadt ihren besondern Magistrat verlor, worauf auch der die beiden Städte trennende Graben ausgefüllt und zu einer der breitesten Strcchcn Prags wurde. Die Neustadt ist das moderne Prag, reich an Kirchen, Palästen, zierlichen, eleganten, stattlichen Ncnbanten, Indnstriegebänden. Zu den entfernteren Theilen findet man wohl anch enge, nngepflasterte Gässchcn nnd niedrige, unscheinbare Häuser, dafür aber dehnen sich da auch frische, weite Gärten aus. Die Neustadt enthält die zwei größten Plätze Prags, den Wenzelsplatz und den Karlsplatz. Der erste hieß früher N o s s m ark t, Dlü Müstadt. 41 aber der Präger Magistrat hat, wie auch andere, die Vorliebe, alte Nainen voll Erinnerungen umzutaufen. Er ist ein fast regelmäßiges Oblongnm gegen 60 Meter breit nnd 682 Meter lang, wohl gepflastert, mit Trottoirs verfehm nnd von stattlichen Häusern eingcfasst. Die Hintcrfronte des Platzes ninunt das Nossthor ein, in feiner Mitte ist das Standbild des heil. Nepoinnt nnd die Neiterstatnc des heil. Wruzel, bei der am 28. September in den Abendstunden das Volk feine Andacht verrichtet. Noch größer ist der Karls platz, früher Vieh markt genannt, der zu einem Part umgewandelt ist, 531 Meter lang, 150 Meter breit. In der nordöstlichen Ecke erhebt sich das ans dem 14. Jahrhundert stammende, aber mm bis auf den stehengeblicbcnen Thurm vom Jahre 1451 umgebantc Neustadt er Nathhans, aus dessen Fenstern 1419 bei einer hussitischcn Procession ein Stein geworfen wurde, der den Hnssitcnpriester verletzte, woranf die wüthenden Kclchbrüder das Nathhanö stürmten und die Nathshcrren aus den Fenstern stürzten. Das Volk fieng sie nuten mit Spießen anf und ermordete sie. Dieser Fenstersturz war die Losung zu den Hussitenkriegen, wie später jener vom Ständesaal zu dem 30jährigen Krieg. In der Nähe liegen die Kranken- nnd Irrenhäuser, das Tanbstummeninstitut, das Kinderspital und Handelospital nnd andere öffentliche Gebände. An den zwei entgegengesetzten Enden, im Nordosten am rechten Ufer der Moldan und im Südwcstcn am linken Ufer des Flnsses sind die zwei Vorstädte Prags, Karolinenthal vor dem Ponzer Thor nnd Smichow vor dem Anjczdcr Thor. Die erste mit ihren 15.000 Einwohnern der Sitz des Gcwerbcflcißes, ist feit 1817 zu Ehren der Gemahlin des Kaisers Franz I. genannt nnd besteht aus durchgehcuds schönen Häuscru nud geradlinigen Gaffen. Smichow ist ebenfalls eine Fabriksstadt, in seinem Bestand noch jünger. Beide sind dnrch die Vcrbindnngsbahn verbunden, welche von dein Westbahnhof in Smichow zum Frauz Ioscfs-Vahnhof vor dem Nossthor und zum Staatsbahuhof beim Neuthor führt, der wieder seinerseits mit dem Bubuaer-Vahuhof nnd dem Sandthor-Vahuhof auf der linken Seite der Moldau in Verbindung steht. So zieht sich ein zusammenhängender Schienenweg nm die ganze Stadt hernm, während die zwei dnrch die Moldau getrennten Haupttheile durch 5 Brücken verbunden werden. Die eine von ihnen, die stattliche, im Jahre 1841 erbaute Kaiser Franz brücke geht über die Schützeninsel, welche nebst der etwas südlicher gelegenen Sop hicniuscl mit ihren Anlagen nnd Restaurationen einen Hanptvrrgnü-gungsort der Prager bildet. Den Namen führt die Arücke nach dein Kaiser Franz I., dem die Prager anch ein schönes Reiterbild von den Künstlern Kranncr uud Josef Mar ausführen nnd auf dem Franzensquai aufstellen ließen. Wenn wir die Umgebungen Prags besuchen wollen, so können wir nicht lang zweifelhaft fein, wo wir nnfercn Nnnogang beginnen sollen. Von vielen Stellen der Stadt sahen wir schon kühn und trotzig die grauen Manerreste auf steilem Felsgrat ober der strömenden Moldau ragen, wo ehemals der Sitz der böhmischen Herrschaft war — die Akropolis Prags, die Hochburg des Landes, Wyschehrad. Die Wyschchrader Straße führt uns aus der Neustadt zwischcu ununterbrochenen Hänscrreihcn über das Wasser des Botitzbaches und wir sind in dem stillen, kleinen Aergstädtchen, das ehemals Psary hieß, jetzt aber nach seiner alten Burg den Namen trägt. Auf steilem Weg — der Linzer Straße — steigen wir an und gclangcu durch ein modernes Festungsthor in die Citadelle, die den Naum der ehemaligen Königsbnrg einnimmt. Erst fallen unfcrc Blicke auf ciuigc Kornfelder, dann auf einc kleine Kaserne, in welcher die geringe Garnison der Citadelle untergebracht ist. Links von der Straße, die sich an der westlichen Umfassnngsmaucr hält, steht ein kleines Kirchlein, eine Nachbildung der Grabkapcllc zu Jerusalem aus dem 17. Jahrhundert, „Maria Schanz," dann einc Martcrsänlc und hart über der Straße eine vorgothische Notundc, das aufgehobene Küchlein des hl. Martin nnd der letzte Rest der stolzen Burg. Westlich von der Straße, wo der Palast der böhmischen Fürsten stand, liegt ein festes, stattliches Zeughaus mit Gewölben und Soutcrraius, ihm gegenüber erhebt sich an einem großen Fricdhof die Collegiatkirche St. Peter uud Paul, von deren alten Mauern eiuigc moderne Häuser der Domherren mit ihrer weißen Tünche grell abstechen. Der Kirche sieht man es nicht an, dass, wie Bohuslaw von Lobkowitz berichtet, in den Tagen Karls IV. NW Priester an derselben angestellt waren. An ihrem Äußern und in ihrem Innern merkt man verschiedene Rcstanrationsvcrsuchc, eine Perle mittelalterlicher Knnst, einc Madonna anf Goldgrund, Nin-ili, vl,<^>," das Fest der Schuster gefeiert. Ehemals gieng e<< gar feierlich her. Ein Bäumchrn wnrde mit der I?iä1ovt,<-Kl!. (dem Glättholz) ccremouiell seines Blätterschmuckes bis auf die Krone beraubt, darauf mit Bändern, Eiern nnd den Attributen der Schusterei geschmückt uud an dem genannten Tage von den Annftgcsellen nnd Lehrlingen unter die Linde bei der Mühle getragen. Mnsik begleitete sie nnd alt nnd jung zog nach uutcr Jubeln uud Singen. Den Ursprung des Festes erzählt mau so: Kaiser Josef schenkte den Znnftgcsellen, weitste ihm ein Paar Stiefel verehrten, an denen alle etwas gearbeitet hatten, ein silbernes Bänmchen, mit silberucn Werkzeugen behängen. Eiumal machteu die Schustcrgcfellcn, weil der blaue Montag abgeschafft werden sollte, Strike uud zogen mit dem Silbcrbanm nach Nnsle, solange lnstig lebend, bis sie das Bänmchcn ganz vertrödelt hatten. Dann schlössen sie mit den Meistern Frieden. Um nnn wieder mit Glanz einzuziehen, kamen einige Lehrbuben auf die Idee, ciu Bäumchcn in der Art des silbernen und nnn verprassten mit den Emblemen des Handwerks in natnr:, auszustaffieren und fo kehrten sie unter Jubel zurück. Diese 8«e<;88i0 feierten die Schustergesellen nnn alljährlich. Ein Theaterstück «^!6I,)v-n"Ii!,« hatte dieses Volksfest zum Sujet; es ist freilich verschollen, aber das darin cnthalteue Couplet „!< Gäste ät'nchelbads werfen, die sich mit ihren niedrigen Waldhöhen begnügen; der Hng biegt in das Thal der Berann, überschreitet wir grüsien die stolzen Thürme des Karlstcin nnd stehen vor den alten Mauern Boranns (570^» Einwohner). Es ist eine der ältesten Städte des Landes, die der Sage nach' von Slavosch, dem Gemahl der Tctka, die auf Tctin wohnte, nm 740 erbaut wurde. Große Trockenplätze mit Thongeschirr, bleichende Leinwand auf den Wiesen deuten auf die Beschäftigung der Einwohner, die anch znm Theil in den nahen Marmorbrüchen nnd Stcintohlcngrubcn ihren Erwerb suchen. Etwas südöstlich von der Stadt erheben sich die Neste der Vnrg Tetkas. Hier fand 921 oder 927 Ludmila, Boi'iwozs I, Gemahlin, den Tod dnrch ihre Schwiegertochter Drahomira, deren heidnischer Sinn erwachte, als der sterbende Wratislaw seine Söhne nicht der Mutter, sonderu der frommen Großmutter zur Erziehung anvertraute. So wenigstens erzählt die Sage, welche aber, wie es scheiut, der Drahomira Unrecht thut. Nahe der Stadt weckt das Dörfchen Hndlitz die Erinnerung an einen tüchtigen Mann der Wissenschaft, Josef Jung-mann, der hier 1773 das Licht der Welt erblickte. Dnrch treffliche Übersetzungen ins Tschechische, vor allem durch seine 8lnvl,'8,wst, das tschechische Wörterbuch uud die Geschichte der tfchcchischen Literatur erwarb er sich in der Gelehrtenwrlt einen allgemeinen Ruf. Am rechten Ufer der Litaww durch die Wälder vou Zbirow gelangen wir in dir gesegnete Ebene von Pilsen. Das Interesse an dieser Stadt kann nns diesmal aber nicht festhalten, wir eilen durch die hügelige, starkbevölkerte Gegend von Do bran und das Weizen- nnd obstreiche Thal der Angel weiter gegen das thnrmrcichc Klattan (9500 Einwohner). Schon bei Prestitz erhebt sich allmählich der Boden, Waldbcrgc treten rechts nnd links näher heran und endlich schiebt sich im Südwesten ein langer blau-dämmernder Streifen, von zwei hohen Gipfeln überragt, der mächtige Wall des südlichen Böhmerwaldcs. Der südliche Böhmerwald, d. h. jener Theil desselben, der vom Pass von Furth südöstlich bis Kavellu in einer Länge von 16 M. dahinzieht, gliedert sich iu den „Grenzkamm" nud das diesem in Böhmen vorgelagerte Vergland, welches den Böhmerwald vou hier aus wie ein gewaltiges Masscn-gebirge erscheinen lässt, während er sich ans der baierischrn Seite als fortlaufende Gebirgskette darstellt. Der Grenzkamm zerfällt wieder in vier Abschuitte. Der erste reicht vom Further Pass bis zum Pass von Eisenstein, den die Eisenbahn übersteigt, es ist das tünischc Gebirge, eine Ht'ette aus Glimmerschiefer, der kühnere Formen zeigt, als alle übrigen ^! a ngl> ans: Das 5tönMcich Aöl>mm. 4 50 T,is südwestliche ^and, Partien des Vöhmcrwaldcs. Es fällt nach Böhmen wie nach Baieru schroff in die Thäler der Angel und des weißen Regen ab und zeigt als Spitzen die imposante zackige Doppelpyramidc des Osser (1270 Meter), das Zwergeck (1364 M.) nnd die hohe Sccwand (1340 Meter), während ein Zwcig in Vairrn nahe bei Eisenstein sich im Großen Arber (1455 M.) hoch erhebt. Eine Abzweigung nach Böhmen gegenüber dem Arbcr trägt den Spitzberg (1367 Meter) nnd den Pauzerb erg (1148 Meter). Awischen dem ersteren und der Sccwand liegt in einem 990 Meter hohen Thaltcssel mit romantisch-wilder Umgebung der Teufels see, zwischen der Secwand nnd dem Hwergeck die dnnkle Wassermasse des Schwarzen Sees, des höchstgclegenen (1185 Meter), größten und tiefsten aller Seen im Böhmerwaldc. Der zweite Abschnitt des Grenzkamines geht vom Eisen-stcincr Pass bis zu dem von Kuschwarda und zeigt bis znm Mittagsberg (1341 Meter) den Charakter einer nach beiden Seiten sich abdachenden Gebirgskette, doch ist diese schon doppelt so breit, als der schmale Felsgrat des klinischen Gebirges nnd verwandelt sich südlich von der genannten Spitze in ein mit zahlreichen Torfsümpfcn, „Filzen," bestreutes, von flachen Thalmulden durchfurchtes und mit uiedrigen Höheuzügeu besetztes Hochplatean, das Platcan von Mader nnd Purst ling. Dieser Zng heißt anf böhmischer Seite wohl auch das Stnbeubacher Gebirge und steigt gegen Süden au. Die Thalhänge des Lakaberges (1302 Meter) fallen in einen tiefen, von steilen Wänden nmringtcn Kessel, der den einsamen Lakasee (1065 Meter) birgt, während im Norden des Mittagberges der Stubcn-bachersec seinen düstern Wasserspiegel ausbreitet (1060 Metcr). Das Plateau von Mader, au der Landeügreuze vou den bedentcudstcn Höhen des Bühmerwaldcs nmgeben, dem Rachelberg (1447 Meter), Marbcrg (1348 Meter) nnd Luscu (1375 Metcr), ist im Mittel 1106 Meter hoch und umfasst die ärgsten Wilduisse des Waldes. Freundlicher ist der dritte Abschnitt des Grenzgebirges, der sich in ziemlich gleicher Kammhöhe bis zur Senke zwischen Aigen nnd Glöckelberg zieht uud das Plöckeustcin-gebirge heißt. Seme erhabeustcu Punkte sind der Drciscsselbcrg (1490 Meter), der Plöckcustciu (1376 Meter) uud der Hochfichtel (1398 Meter). Der ganze Zng ist aus Granit zusammengesetzt und übcr und über mit Granitblöckcn bcstrcnt. Am Plöckenstein ruht der regnngslosc Pl ö cken stein see (1058 Meter). Von Glöäelbcrg erniedrigt sich der Grenzkamm plötzlich, reicht mehr plateauartig ausgebreitet bis gegeu Kapellu und bildet den vierten Abschnitt, das St. Th om as gebirg e. Seine geognostischc Fortsetzung ist der Granit des Sternwaldes und des Gratzucrgebirges, die aber nicht mehr zum Vöhmerwalo gerechnet werden, lohnend wäre es, die Bahnfahrt bei Ianowitz zn unterbrechen und die anf hoher Naldknppe thronende Bnrg Klenan, den Sitz des gleichnamigen Rittergeschlechtes, eine wahre Perle der Angelthales, zn bcsuchcu. Tcr Vllhmcrwllld. 51 Neben den malerischen Triunniern des alten Schlosses versteckt sich in üvvigcn Gewinden von (Hpheu nnd wilden: Wein ein herrlicher Neubau, den der jetzige Besitzer reich und geschmackvoll ausstattete. Nach tnrzer Wanderung könnten wir auch die mit fürstlicher Pracht' erbaute Sommerresidenz des regierenden Hauses von Hohcnzollern-Sigmaringen, V ist ritz an der Angel, mit ihren ansgcdehlttcn Parkanlagen besichtigen, wenn wir es nicht vorzögen, rasch ins Gebirge zu gelangen. Bmi, Neuern an führt uns die Bahn in steigenden Cnrven auf gewaltigen Dämmen durch tiefe Felseinschnitte über Der Plückr»Mns«» hohe Brücken mitten ins Hochgebirge der klinischen Bancrn zur Station Hämmern, dessen Kirche nnd Pfarre anf steilem Felsvorspruug hoch über der grünen Thalsohle steht. Hier aber ist es Zeit, die ssnsiwanderung zu beginnen. Wir glauben uns, indem wir dahinschreiten, in ein Alpenthal versetzt. Nings dehnen sich die grünen saftigen Wiesemuatten au deu Abhängen der Piarzreichen Gneisbcrge, die, mit Wald gekrönt, immer höher anschwellen, zahlreich in der Landschaft liegen grösicrc und kleinere Gehöfte und von hohen Grastriften und lichtcu Waldblösien töuen Hcrdcnglockcn herab. 4" ^ Das sndwcfNichc ^and. Schon dicfc Art des Wohncns in zerstreuten Gehöften deutet auf dcutfche Bevölkerung. Noch klarer tritt es hervor, wenn wir zu einem solchen Gehöfte näher kommen. Nber die ans nbercinandergclcgtcn Balken bestehenden Wände des Haufes springt weit ein flaches, mit Steinen befchwrrtcs Schindeldach hervor, mit versiertem Giebel nnd einem Olockrnthürmchen, während sich an der Fronteseitc nntcr dem Schutz des Daches eine offene Galleric hinzieht. Manche der Gehöfte sind sehr stattlich; es sind die Höfe der Freibauern inmitten ihrer oft sehr ausgedehnten Besitzungen, anf denen in kleinen Häuschen die Hintersassen gegen Taglohn arbeiten. Die Freibaucru waren ehemals mit besonderen Privilegien begabt, zahlten keine Robot, dnrftcn Bier brauen, Brantwein brenueu, genossen freie Jagd nnd Fischerei auf ihrem Gruud, hatten fclbstgcwählte Richter und waren nnr dem König nnterthan, woher ihr Name klinische, d. h. königliche Banern. Mit der Aufhebung der Patrimonialgcrichtsbarkeit im ^'audc wnrdcn ihnen die andern Baneru allerdings gleich, aber die alten Freibauern verloren nicht das Bewusstsein, etwas Besonderes zn sein, halten fest an ihrem Stammsitz und wahren die Reinheit ihrer Familie dadurch, dass sie nnr untereinander heiraten. Sie sind ein kräftiges Geschlecht, derb in Ausdruck und Mauier, etwas misstrauisch gegen Fremde, aber gastfrei uud höflich, wenn man sich ihnen freundlich nähert. Bor anderen Banern zeichnen sie sich nicht blos; durch größere Wohlhabenheit aus, fondern auch durch höhere Bildung, im Änsiern aber nur durch eigenthümlich brritkrämpige schwarze Filzhüte, um welche Väuder verschiedener Farbe gewundeu sind, je uach dem Gerichte, zu dem sie ehemals gehörten. Die Frauen tragen die gewöhnliche Tracht des Böhmcrwaldcs, am Kopf ein fchwarzes Tuch, das im Nacken in zwei großen, anseinanderstehenden, flügclartigen Aipfcn eudet. Auffällig sind die auf den Straßen, uuter Grenzen uud Bäumen in den Boden eingesteckte» „Leichenbrctter." Wenn ein Familicnmitglied gestorben war, so wird das Brett, auf dem es im Tode gclcgeu, buut bemalt, mit deu Sinnbildern des Todes bezeichnet, mit dem Sterbetag nud frommen Sprüchen versehen, znm Andenken anf den öffentlichen Wegeu eingepfählt und man sieht oft ganze Pallisaden solcher Gedcnkbrettcr. nebeneinander stehen. Wir gehen längs der Angel, welche von vielzweigigcn Erlen umsäumt ist, aufwärts bis zur Petermühle, wo der Osscrbach einmündet, nnd wenden uns dann in dem Thale dieses frischen Waldwassers bis zu einer Glashütte, die in der Nähe des beginnenden Hochwaldes steht. Bon hier geht es anf sich kreuzendeu Pfaden empor zum Offer. Anfangs schreiten wir über grüne, weiche Matten, voll der schönsten Berglräuter, zwischen einzelnen (Hrlcngebüschcn, an Holzsägen, Sennhütten, dann an manchem moosigen Steinblock vorüber, bis wir in geschlossene ^aubholzstäude treten, die durch ihre weißcu Birteustämme ein frcuudliches Aufehen gewinnen. Die Sonne wirft nns znr Seite manchen Blitz über die glatten Stämme, auf der Tcr Bohmcrwald. '^^ Lanbdecke des feuchten Bodens glitzern grüne, gelbe, rothe Lichter, der Bach spiegelt stellenweise Stücke des blauen Himmels, stelleuweise verdunkelt er sich im Schatten herabhängender Äste, hie nnd da flattert ein vielfarbiger Tagfalter oder eine schillernde Libelle vor rtns, in den Ästen der buntscheckigen Buche raschelt ein Eichhörnchen nnd in der Ferne pocht der Specht. Der Wald mit seiner Pracht uud Herrlichkeit hat uus aufgenommen. Der Boden steigt indessen an, das Buschwert tritt beiseite, die Stämme werden mächtiger und stehen weniger dicht beisammen, der Raum wird dnnklcr nnd kühler, der Pfad, den wir treten, unkenntlicher. Schwarze Fichtenstämme stellen sich einzeln und in kleineu Bcständeu zwischen die grancn Buchen, das Gewirr der Schlingpflanzen verschwindet, uur das Farrcnkraut breitet, in Büscheln zusammenstehend, noch seine Fächer aus und wir schreiten über weiches Moos und durch weite Strecken von Heidelbeerengesträuch dahin. Bald bilden Fichten und Tannen ausschließlich dcu Wald, die Stämme werden gerader nud stärker, die Krouen immer höher, wir wandeln wie dnrch eine Halle von viel tansend Säulen, über denen sich ein dunkelgrünes Dach wölbt, ein wirres Gitterwcrk von verschlungenen Ästen nnd Zweigen, spärlich durchbrochen vom Schimmer des Tages, der nnr eine schwache Dämmerung erzeugt. Nir siud im Hochwald. Ein Ernst nnd cine Stille liegt in seinen Räumen, die selbst die Thiere uud der streichende Wind nicht zn stören wagen. Nur in den höchsten Wipfeln sehen wir, wie sich die Lnft da draußen bewegt, soust steht der Wald laut- und regungslos, nur dann und wann fällt ein Tannenzapfen fchwer von der Höhe herab oder es knickt ein dürrer Ast unter unsern Füsien. Immer düsterer wird die Naldeinöde, soweit der Blick reicht uud sich nicht im starrenden: Duukel riugsum verliert, ragen dieselben schlanken, geraden Stämme da, nnr dnrch ihre Mächtigkeit verschieden. Viele sind über 5»» Meter hoch, 1'/., Meter stark uud weisen in ihren Ringen ein Alter von 200— :>(X) Jahren auf; auch die jüngeren sind keine Iuugcu mehr, sie zähleu selteu uutcr 70 Jahren, hie uud da sehen wir einen Baumstumpf, Stöcke abgehauener Bäume, deuu es ist kein Urwald im eigentlichen Sinne, sondern es wird da alljährlich „gcpläntert," d. h. je nach Bedürfnis Holz gefällt und herausgeschleppt. Allerdings verlieren die einzelnen Waldriesen nichts an Ehrwürdigkeit, denn keine Cultur hat sie gepflegt und gezogen. Auf eiumal beginnt sich das Dnntel zu lichten, langsam, erst kaum merkbar, dann schneller, Lichter fallen in die Reihen der Bäume, dann volles Licht nnd blauer Himmel — wir siud auf einer Blösie, über und über mit Etöckeu bedeckt, zwischen denen in üppigster Fülle Gesträuche Volt Hünbeeren nnd Brombeeren wachsen, Standen nnd Kräuter der mannigfachsten Art wnchcrn. Es ist eine Fläche, welche von dem verderblichen Bortenkäfer befallen war und deswegen entholzt werden mnfste. Eine Strecke weiter srhcn wir anch die Ursache, welche den Bortenkäferfraß znr Folge hatte. 54 Das südwcMchc Laud. Stürme, wie sie im ganzen Gebiet des Vöhmerwaldes, 1868 und 1870 besonders verheerend, in geringerem Maß» auch seitdem auftraten, hatten hier gewüthet, in die gefallenen Bänme war der Borkenkäfcrfraß gekommen nnd die rationelle Waldcnltnr mnfste ihm dnrch Entfernung des todten Holzes Einhalt thnn. Tanscnde von Klaftern wnrdcn fortgeführt, hnndcrte von Waldricsen aber, die bisher nicht fortgeschafft werden konnten, liegen entrindet noch da nnd lassen uns ans ihrer Gruppierung die Wnth des Sturmes crsehcit. Einer von den größten liegt mit der Wurzel ausgerissen da, in ihrem Netzwerk hängen Erdklmnpen nnd Felsstücke, der mächtige Wurzclstock starrt empor wie eine Ruine nnd daneben gähnt eine breite Grube. Sein Fall bedeutete das Verderben einer ganzen Reihe anderer, die unter seiner Last stürzten. Ader der Sturm war durch die Bresche durchgcfahrcn, entwurzelte oder brach andere, die wieder ihre Nachbarn mit sich niederrissen, darauf wirbelte der Wind in der Lücke, die er gebildet, hernm nnd legte im weiten Nmtreis fast alle Bänme nieder, die mit ihren Kronen gegen die Mitte der Fläche zn geknickt nnd zerrissen, gebrochen nnd zerspalten ans-und incinanderliegen, in Reihen und riesigen Trümmerhanfen. Ein banges Gefühl der Kleinheit und Ohnmacht ergreift nns bei dem Anblick der Macht dessen, vor dessen Zorn die Wälder splittern! Wir arbeiten nns durch das Wirrsal der Stämme und Äste durch und steigen weiter im Walde empor. Nach und nach aber schwinden die Tannen, nnr die Fichte zieht mit nns empor, doch wird sie knrzschäftigcr, ihre Äste setzen in geringer Höhe an, die niedrigen Kronen sind sehr dicht verzweigt, der Stamm ist nicht mehr so schlank, sondern dick uud stark „abfällig," wie die Forstleute sagen, d. h. er verschmälcrt sich rasch gegen den Wipfel, auch wird der Wald lnckig, die Vänme stehen gruppenweis zusammengedrängt, gleichsam um sich gegen die Nnbilden der Witterung zu schützen nud anf der Windfcite hängen lange, branne Flechtenbärte herab. Stellenweise senkt sich eine struppige, vom Wind wnnderlich zerzauste Krone bis zum Boden, ihre Äste schlagen Wurzeln in demselben nnd so entstehen gleichsam Familicngrnppen, in ihrer Mitte der seines Wipfels manchmal beraubte Muttcrstamm und rnudherum, ans seinen Zweigen sich erhebend, mehrere Tochter-, ja selbst Enkclstämme. Indem wir dann noch höher steigen nnd 1000 Meter Höhe erreichen, finden wir nnr mehr verkümmerte Zwergfichten, vereinzelte Ebereschen, dann hört der Wald anf, nur zerstreute Büsche vou Knieholz stehen noch hernm nnd wir nähern uns dem Kamme des Bergstockes. Ein scharfer Wind weht über denselben nnd wir gelangen nach beschwerlichem Steigen auf einen breiten Sattel, der durch die zwei Gipfcl des Offer gebildet ist nnd über den die Grenze zwischen Böhmen nnd Baiern zieht. Nach der letzteren Seite ist er mit moorigen Weidetrifteu bedeckt, eine kleine Herde Vieh, aus dem Dorfe Lam, weidet anf ihnen den Sommer über und am Fnße der baierischen Knppe lehnt die Hütte des Sennen. Wir rasten nnd erfrischen nns bei ihm nnd erklimmen Dcr Vohmcrwald. 55 dann die fast ganz kahle höhere böhmische Kuppe, die eine vollständige Rundschau bietet. Der Ausblick ist nach alleu Seiten hiu prachtvoll. Wir sehen uach Norden hin wie auf einer ^celieftarte all dic Hügel, Thäler uud tlciucu Ebenen unter uns mit Städteu und' Dörfcru übersäet; da liegt zunächst dentlich erkennbar Ä^eueru und links davou Ncugedciu, dann Klattan, Prcstitz und in der Ferne glitzern die Thürme '^ > '^ von Pilsen. Drehen wir uns nordwestlich, so schweift ..^^ unser Auge über die Flecken ? der Hochcbeue von Fnrth über deu h o h euBogeu uach der bairischeu Oberpfalz bis zu den blauen Kämmen des nördlichen Vöhmcrwaldes nnd des Fichtelgebirgs. Im Ncsteu lacht uus das blühcudc Thal des wcißcu Rcgcu herauf uud jenseits desselben verliert sich in dnftigcr Ferne die bairischc Hochebene. Weiter nach Süden bant sich der bairischc Wald auf und besonders großartig der mächtige Stock des Arber. Dnrch die 5>ücke, welche dieser nnd der östliche Falken stein lässt, kauu mau die fast himmelblauen zarten Linien der Alpen entdecken , dann thürmcn sich uebenciuaudcr die hohcu Kuppen des künischcn Gebirges anf, der Zwcrgcck, die S c e-w a n d, der SPitzbcrg und Panzcrbcrg mit ihrcu Dcr Osw'. dunkeln und blaueu, endlosen Forsten. Im Osten wird das reizende Vild durch das liebliche Augelthal uud das hohe künifchc Plateau mit seinen kahlen Kuppen vervollständigt. Zurück leitet uns der Führer, den wir in der Petermühle genommen, anders Wege zum Sccförster. Wir gehen zwei Stuudcu durch densclbeu Hochwald und der Führer erzählt uns vou sciuer Art. Wir haben ihn nur au einem uud au einem warmen, sonnenhellen Tage gesehen. Mau muss 56 Las südwestliche ^and. ihn aber zu allen Jahres- und Tageszeiten fehcn, bei Sonne und Sturm, wie uns ihn sei», Dichter Adalbert Stifter in seinen „Studien" zu schildern weiß. Man muss ihn in früher Stnnde sehen, wenn im Osten am Himmel zuerst ein blasser, milchiger Strcifcu crschciut, ein scharfer Windhauch au den Wipfeln rührt, der erste Morgenschrei ans der Kehle des Vogels dringt und dann ein rother Ball Feucrgarben über die Spitzen der Waldberge wirft, während in den Thälern Nebel dampfen und die Thauperlc am Grase im Kuss des ersten Sonnenstrahls verglüht. Man muss ihn in der heiligen Stille des Mittags fehen, wenn die Thiere sich zurückziehen und nur die Mücken in den heißen Lichtgarben, welche das Lanbdach durchbrechen, rastlos schwirren, wenn die Sonne brütend anf den Bloßen liegt nnd tausend Goldfäden zwischen dem Geäst der Himbeerstaudeu zieht. Und dann mnss man da sein, wenn sich's im Revier zur Nachtrnh rüstet, das Reh grascud auf die Waldwiefcu tritt, die Vögleiu sich in leisen, knrzen Tönen in Schlaf singen uud die Forste ihre Glieder weithin in Schlummer dehnen; wenn der Vollmond seine Strahlen in die Fichtenzweigc hängt nnd die rnhenden Nebel im Thal mit fenchtcm Glänze säumet. Anders ist der Wald, wenn sich ein blauer Himmel über sciue grünen Strecken spannt, anders, wenn schwere Wolken ihren Regen über ihn gießen, oder wenn der Sturm seine Wipfel kuickt und an seinen knarrenden Stämmen rüttelt, wenn der Donner in seinen Tiefen grollt nnd der Blitz seine Gründe erlcnchtet. Und wie großartig ist der Wechsel der Jahreszeiten! Keine ist ohne Reize und Schönheit. In den klaren, warmen Septcmbertagen, wenn der Sommer znr Neige geht, putzen sich noch die Birken nnd Bnchcn mit eitel Farbenpracht, die sich überall zwischen dem düstcru Grün der Fichten hervordrängt, aber der Flitter verweht im Herbst-wind, der sich erhebt, nur die starke Eiche vermag mit ihren tanscnd Fingern ihre raschelnden Blätter festzuhalten. Die leichtfertigen Geschlechter des Laub-Holzes müssen rasch nm eine Winterklcidnng sorgen nnd behängen,sich mit langbärtigcm Moos. Da legt sich in einer ruhigen Nacht der erste Frost über die Wiesen uud Wälder, schnell schlüpft der fliegende Waldsamc unter die dürre Hülle der Gräser und Blätter, die letzten Himbeeren fallen ab, die Spätlinge nnter den Früchten verkümmern, der Wald ist auf den Winter vorbereitet und erwartet ihn mit stiller Ergebung. Nun kommt der schlimme Gast, Sturm verkündet sein Nahen, dann breiten dunkle Wolkenmassm sein weißes Panier ans nnd die Kalte legt den Bächen nnd Seen die Eispanzrr an. Dichte Flocken schweben nieder anf Berg und Thal, in den Schluchteu, auf den Plateaux liegt der Schnee bald klafterhoch, Vorsprünge nnd Ecken der Gebirgsrücken sind ausgeglichen nnd die Äste des Waldes beugen sich unter der Last. So lange die grancn Wolken über der Landschaft hängen, ist's cin traurig öder Anblick, aber wenn die glänzende Wintersonne den Himmel reinfcgt, wie ändert sich das Bild! Da beginnt ein Glitzern nnd Flimmern rings und überall, ein Leuchten dort oben nnd cin Spiegeln hier nuten, dass Der Vöhmcrwald. 5? es eine Lust ist, und der Wald steht da wie ein Eispalast, behängt mit Silbcrgnirlanden und feinen Spitzen, die sich von Zweig zu Zweig ziehen. Da beginnt auch ein eigenthümlich lautes rühriges Lebcu in dem sonst so stillen Wald. Tausend Arbeiter ziehen ans Dörfern und Weilern herein, schleppen das im Sommer gefällte Holz zusammen gegen die Abhänge der Berge nnd fahren es auf Schlitten und glatten Riesen hinab ins Thal oder in die Schluchten zu den erstarrten Seen und Gewässern. Der Wald hallt vom Schlage der Art nnd vom Rufe der Arbeiter. Wenn dann die Sonne höher steigt nnd der neue Frühling mit ihr einziehen will, so ist's nicht minder lcbeudig. Zwar schüttet der Winter im April immer ncne Schueemassen ans, aber sie mögen nicht mehr standhalten den Augriffeu der Souue, die mit immer kräftigeren Pfeilen zuerst die Südabhängc der Wälder beschießt. Die Bäume werfen hier ihre Lasten ab, der warme Frühlingshauch dringt in den Wald ein, die Sonne leckt an der Schuecdcckc, taufend Wässertem stürzen von allen Lehnen durch alle Fclsenrinnen ins Thal, führen Lawinen zn den Flussbettcu, die Eisdecke springt und das Wasser schäumt hoch hinaus — alles kämpft gegen die Fesseln des Wiutcrs, der sich in den Wald nnd auf die Gipfel, zurückzieht, bis ihn auch hier die siegeudc Souuc vertreibt, obwohl er sich in einzelncu Gräben uoch bis zum Juni wehrt nnd Schnecschaucr ausseudct. Nuu zieht sich das geschäftige Trcibcu der Waldarbeiter zu den Flüsseu uud Sceu. Die Schlcußcu werden geöffnet, die aufgestapelten Holzmengen schießen mit dem brausenden Wasser hinab durch Schlucht und Thal in die Ebenen der Städte. Wenn die Schwemmzeit vorüber ist uud die Gewässer abfalleu, dauu beginnt sich der Wald zn schmücken, die Matten Prangen bald in Smaragdgrün uud Blumeupracht, das Laubholz setzt frisches Blätterwcrk an, die Abhänge werden trocken, die Decke der schwautenden Filze fester nnd die Gipfel überziehen sich mit duftenden Kräntcrn. Im höhern Gebirge beginnt der Frühliug anfangs Inni uud dauert cigeutlich bis zum October, eiuen rechten Sommer wie das Flachland mit feiner scugendcn Hitze uud erschlaffenden Schwüle hat es nicht. Der Nasen bleibt grün, bis sich der Schnee darüberlegt. Bezüglich der Begetationsverhältnisse unterscheidet man im Böhmerwalde drei Regionen. In der ersten, die bis 700 Meter steigt, ist die Kiefer der brstandbildende Baum. Die Fichte uud die Tauuc kommen nur vereinzelt vor. An den uutcrn Abhängen dieser Region finden sich streckenweise Birkenwälder; eingesprengt zeigt sich anch die Bnche, der Ahorn, die Esche, selten die Eiche. An den Bächen zieht sich oft die Schwarzerlc, die Weide und der Hafelstrauch. Übrigens überwiegt ill dieser Region uoch das Ackerland den Wald. weite Hutweiden ziehen sich hin nnd in den Gärten wird hänfig Kernobst gezogen. In der zweiten Region bis 1100 Meter herrscht die Buche uud Tauue vor, erstere stelleuweise wie am Kubaui, und im 58 Tas südwestliche Laud. Planskcrwald in unvermischtcn Beständen, sonst als Beimengung der Fichtenwälder. In den häufigen Mooren dieser Region erregt die Moosföhre und die Krnmmholzkicfer besondere Aufmerksamkeit, auch der Großstranch der Schwarzbirte und die Eberesche mit ihren rothen Sträußen. Statt der Haselstande steht hier olien die fchwarzbecrige Heckenkirsche nnd bis 900 Meter hinauf die Vogeltirsche. Feldban ist in dieser Höhe schon selten zu finden, Wald und Moor nehmen fast den ganzen Nanm ein. In der dritten Region bildet den Wald nnr mehr die Fichte. Anf den höchsten Knvvcu steht das Knieholz unter Farreukräutcrn nnd andern Waldkräntcrn, anf den Felsen wnchert das isländische Moos, die Renthierflechtc nnd das rothe wohlriechende Vcilcheumoos. Auffallend arm ist der Böhmerwald an Thieren. Das Nothwild ist ausgerottet, Rehe kommen nur in den nntcrn Regionen vor, da das Klima oben zu ranh ist, ebenso fehlt dem Walde der Fcldhafe, statt dessen der duuklcre Berghasc eintritt. Vären, Wölfe, Luchse, Wildtaften, Wildschweine sind vertilgt. Der letzte Bär fiel im Saluaner Gebirge am 11. November 1856 und schmückt das fürstliche Iagdmnsenm zn Ohrad bei Franenbcrg. Der ffnchs dagegen hanst bis zum Kamm des Gebirges und in den nntern Partien lebt anch noch der Dachs sein verborgenes Dasein. Zahlreicher sind die verschiedenen Geschlechter der großen Vögel vertreten. Oft findet man in den Filzen nnd Waldlichtungen den Auerhahn, in seiner Gesellschaft das Birkhnhn und Haselhnhn, überall im Walde den Habicht, nnten den Sucrbcr und über den Seen zieht zuweilen der Seeadler mächtige Kreise. Nur an Vögeln niederer Art ist der Wald arm, im Hochwald ertönt außer de,n Pochen uud dem gellenden Pfiff der Spechte kanm eine Vogclstimmc. Im Herbst findet sich aber in großen Scharen der Krammetsvogel ein, nm sich von den Früchten der Eberesche zn nähren. Unter den Thieren der Gewässer steht obenan die Forelle, welche Seen und Seebäche belebt. In der Moldau fischt man zuweilen anch noch einen Lachs. Daneben finden sich die gemeineren Arten der Hechte, Weißfische nnd Grundeln. Volt Interesse ist die Flnssperlrnfischerci in der Wottawa, besonders bei Horazdiowitz, welche hie und da noch einen gnten Fnnd abgibt. Eine große Gefahr erwuchs dem Vöhmerwald durch das Überhandnehmen eines kleinen Insectes, des Borkenkäfers, den nnr die größte Wachsamkeit nnd Energie bekämpfen kann. Fürst Schwarzenberg erlitt in zwei unglücklichen Jahren durch den Borkentäferfraß über 3 Millionen Gnlden Schaden. Indem wir mit nnscrni Führer so durch den Wald dahinziehen, weiß er uns auch mit mancherlei Erzählungen von den Menfchcn, die die Thäler des Böhmerwaldcs in Dörfern bewohnen, zu unterhalten. Mancherlei alte Sitte hat der kräftige, derbe Menschenschlag in seiner Abgeschiedenheit bewahrt und die in Böhmen herrschenden Gebräuche zeigen da mancherlei Eigenthümlichkeiten. Zu Neujahr ist jeder ängstlich bemüht, dem andern zn gratulieren. Kaum erwacht daher ein Knecht, so schleicht cr an des andcvn Bett und raunt ihm ins Ohr: Brüaderl! Nms Iohr! Nms Iohrl. s' Kristtin'l liegt im Krüßnhoor (krausen Haar,. LouM Lö'm, longs Lö'm, Und au Badl voll Gald dan'öm! Dann wird die Kammer der Mägde mit Wünschen gestürmt und das ganze Hans. Neben dem langen Leben wird aber jedem was anderes gewünscht. Dem Mädchen „a schern Mo dan'öm," dem Bnrschen aber „a schci's Wa dan^öm," die Schwester wünscht dem Bruder „hübsch viel Schlö," der Mann seiner Frau „oll sci Lia dan'öm." In „da Foschne" (Fasching) sind derbe Scherze an der Tagcsoronnng. Dorfburschc treiben alle alten Mütterchen zusammen und zwingen sie znm Tanz im Schnee, Masken durchziehen das Dorf, Ncitcr sprengen in die Wirtsstnbc und treiben die Mädchen ans einer Ecke in die andere nnd am Faschingsdicnstag gibt's einen Tanz, dessen Unkosten die Dirnen zu tragen haben, welche anch sonst viel „Wackerln, Flockn, Keichäl" in Bereitschaft halten müssen. Flockn gibt's anch am Palmsonntag, daneben aber isst man auch „Pölmkätzla" und reicht sich gegenseitig Stücke geweihter harter Eier (Södlas' oiä), nm sich vor Verwirrungen zu schüfen. Dass auch zu Ostern Eier eine Rolle spielen, ist selbstverständlich, die Mädchen holen aber ans dem ^ach mit ihren Hähnen Steinchen herans, waschen sich im Wasser Gesicht nnd Hände nnd werfen dann das Steinchen übern Kopf nach rückwärts. Darauf wissen sie, ob sie im Jahr noch heiraten werden und sind vor Zahnschmerz sicher. Dass die Obstbänmc besser tragen, werden sie am Ostermontag mit Strohbändcrn umwickelt. Am 1. Mai wird dagegen das Vieh vom Dorfhirten gesegnet, der von Stall zu Stall geht und entblößten Hanptcs spricht: Pfcits Got! dö Äalwla, Ofla, Hwßla ollö, Dö Hcußla (Füllen), Schaffla, ivciö do fan, Wmn Acbba schödn wollt, strof den Lollö (Lümmch, Nlia wisse o, dass d' Läd gcan uädii (Ileid! hau. Dann feilt er die Hornspitzen der Rinder ab und feierlich wird das erste Austreiben des Viehes in Scene gesetzt. Hn Pfingsten werden durch das soqenauute „Häxnostuschn" die Hexen ans dem Dorfe vertrieben. Nachts vor Pfingsten knallen die Bnrschc mit langen Peitschen herum, besonders vor Häusern, wo man Hexen vermuthet, dann wird Schabernack gethan, mdcm man was immer uur möglich an Gerathen ans den Hänscrn anf den Dorfplatz zusammenschleppt, von wo sich's die Eigenthümer am Morgen zu holen haben. Am Montag ist Wettrennen anf einer Wiese oder einem Brachfeld. Ein Westenstoff, ein Halstuch, ein Hosenträger sind die ersten 60 Das südwestliche ^aiid. drei Preise für die Sieger. Das Ziel ist durch einen Strohwisch abgesteckt, nach welchem die Bursche unter fieberhafter Aufrcguug der Zuschauer auf ciu gcgcbcues Zeichen durch einen Schnss mit ihren geschmückten Rossen jagen. Heben die Sieger ihre Preise, so reitet der „Gschboasmocha" nach dem Ziele. Sein Ross ist die elendeste Mähre im Dorf, auf der Schwanzseito erhebt sich ein künstlicher Strohkopf und nmgetchrt hängt ein Strohschwcif über die Augen des Pferdes herab. Mitten der Bahn muss der Ssiass-machcr füttern, Pofscu treiben uud mit dem Sieger um die Preise streiten. Drauf zieht die Neiterschar mit Jubeln uud Lärmen dnrchs Dorf. Am 23. Juni brennen überall anf den Bergen Iohannisfeucr, dor diesen: Tag darf aber eine Mutter, die in diesem Jahr ihr Kind verlor, keiue Erdbeere pflücke::, soust darf ihr Kiud uicht mit, weun die seligen Kinder in den himmlischen Hainen mit der heil. Jungfrau uach Erdbeeren gehen. Eiue lustige Zeit drauf ist Mitte August am „Kirda." Drei Nächte lang wird getanzt und am Montag der Hahnenfchlag gehalten. Der schönste Hahn des Dorfes wird von den Burschen heimlich gefangen und dauu mit eiucr laugen Schuur an seinen Füßen an einen Baum gebunden. Die Bnrsche snchen dann mit verbundenen Angel: einer nach dem andern mit einem Dreschflegel den Hahn zu treffen nnd dem es gelingt, der hat beim gemeinsamen Hahn-essen den Borrang. Außer den: Nikoloabend ist im Böhmerwald auch der 12. December ein Tag des Schreckens und der Frende. D' Lucia schlitzt schlimmen Kindern den Bauch auf, den braven aber gibt sie Obst und Kuchen. An: reichsten beschenkt die guten Kinder freilich hier wie überall das Christkindlein. Sonntagskinder können am hl. Abend sehen, wie das Icsnlein auf einem kleinen goldenen Wagen dnrch die Luft fährt, die Zügel sind zwei Sonnenstrahlen, die Räder rollen wie Musik, die Pferde sind weiß und tragen goldene Glöcklein. Nenn sich das Läuten nähert, so fallen die Kinder betend anf die Knie, eine goldene Hand wirft die Geschenke, welche das Christkind fürs Hans bestimmt hat, dnrch die Thür herein nnd die Kinder stürzen über die Gaben her. Manchmal rollen auch Erbsen oder fliegt eine Ruthe herein, daun weicheu die Kinder zurück, denn eins von ihnen mns« sicher schlimm sein nnd sollte auf den Erbsen knien oder gezüchtigt werden. Bon der Wohnuug des „Secförsters" auf grüuer Abu verfolgen wir die neu angelegte Strafte znm S chw arzen See, den die Landkarten wohl auch dcu Bistritzer oder Eiscnstraßer See ucuncn. Wir ziehen eine Stunde lang durch dichten Wald, bis wir ein Nanschen vernehmen, welches von dem Abfluss des Sees links in düstrer Waldschlncht herrührt. Bald darans sehen wir durch die Reihen der Fichten eine hellere Felswand schimmern und stehen vor einem seltsamen Bilde. Zu nnscrn Füßen liegt eine ziemlich große Wasser-masse, wie ein schwarzer Marmorsvicgel, ohne Welle, ohne Bewegung. Ningsnm schauen schweigend nnd regungslos die Wipfel der Fichten uud Tannen hinein, nur im Westen wirft die über 500 Meter steil aufstcigeudr, 62 Tcis südwestliche i!cmd. nlit Gestrüpp bewachsene Felswaltd, auf ihrer Höhe von der Sonne gestreift, einige gelbliche und grüne Lichter herab. Kein Wasservogcl regt die Schwingen, kein Fisch hebt spielend seinen Kopf aus der Flut, alles ist lautlos, ruhig -— eiu ernstes Bild der tiefsten Waldeinsamkeit. Wir wissen nicht, ob der Pavillon am nördlichen Ufer, an dem wir stehen, aus Fichtenstämmen aufgebaut, zur Zier oder Störuug des melancholischen Ortes ist. Am östlichen und südlichen Ufer entlang, dann au der Secwaud hiuauf, durch des Hochwalds dunkle Hallen uud wildes Gestrüpp, au Moor uud Sumpf vorbei, über Felsblöckc steigend, gelangen wir zu dem südlicher und tiefer gelegenen Teufels see, welcher den vorigeu an Wildheit und Odo wo möglich noch übertrifft. Es ist dieselbe Todtenstillc nnd Regungslosigkeit, derselbe duukle Wasserspiegel, nur kleiner, was ihn umso düsterer macht. Versuche es aber ja uichl, eiucu Steiu zu heben und in die finstere Tiefo zu werfen, denn dauu schäumt sie im Zorne auf, schlendert Dir den Stein zurück und dichte Nebel wallen auf, Thal uud Wald iu Duukel hülleud, den Weg Dir sperrend! Die Waldbcwohncr erzählen sich eine Menge unheimlicher Sagen vom See. Einst war abends zn einer Hütte im Walde ein Männchen gekommen und hatte nm Nachtherbergc gebeten, die es auch erhielt. Früh bat der Fremde den Besitzer, er möge ihn zum See geleiten und erzählte ihm, er wohne fern von da in einem großen See und fuche sein Weibchen, das ihm vor Iahrcu cntlanfcn sei. Am See angekommen, bat der Fremde seinen Führer, er möge warten, bis er ihm ein Zeichen gegeben, ob er da die Ungetreue gefunden, dann sprang er ins Wasser. Nach einiger Zeit schwamm der Stock, dcu der Freuide getragen hatte, am Wasser, aber ganz blutig. Er hatte sciu Weib gefunden und blutige Rache gcuommeu. Eilen wir von dem unheimlichen Orte weiter. Den schäumenden Secbach über Snmpf uud Steiu hiuab, gelangen wir, aus dem Hochwald tretend, zu mehrcrcu Brettsägen und zum stattlichen Gehöft des Girgelbaueru, von wo wir bald dic Bczirksstraße im Eiscnthal und Eisenstein (2340 Einwohner) erreichen, welcher Ort reizend zwischen der gewaltigen Kette des Grenz-gebirgcs uud dem Arberstoct liegt. In der barocken, von einer nnförmig großen, schindelgcdeckteu Zwiebeltuppe überragten Kirche ist die Grabstätte der ehemaligen Besitzer von Eisenstein, der Freiherren von Haffenbrädel. Ihr Ahnherr wnrde der Sage nach als Säugliug auf dem Brett eines „Hafens," wie ihn die Leute da zum Wasserwärmen in der Mauer eingefügt haben, gefunden, erhielt davon den Nameu, lcrute das Glasbläserhaudwcrk, wurde aber durch Glück und Fleiß so reich, dass er 1771 Eisenstein kaufte uud den Adelstand erhielt. Nicht jeder Glasbläser macht wohl solches Glück, aber viele können im Böhmerwald reich werden. In ganz Enropa gibt es nicht wieder eine Gegend, in der so viel Glashütten zu finden wären. Manche darunter sind so großartig uud so vollkommen eingerichtet, dass ihre Erzeugnisse, Hohl- uud Tafelgläser, Glaoixdustrie und Ncrscha» i,n Büh>,>crU'lldem waldigen Stcindlberg und Gfäuget, dann gelangen wir auf den Fahrweg, der durch hochstämmigen Fichtenwald nach Stuben bach zieht, Der Nühmerwald. 65 wo eine große Papierfabrik cincn neuen nicht unbedeutenden Industriezweig des Böhmerwaldes repräsentiert. Hier stehen wir am Rande eines ungeheueren Waldcomplexcs, der znin größten Theil dein Fürsten Schwarzenberg, dem Grafen Thnn und dem Fürsten von Hohcnzollern gehört. Die Gegend birgt nnstreitig die größten Wildnisse nud bietet Waldbilder wie nirgends im mittleren Europa. Meilenweit breiten sich urwaldähnlichc Bestände ohne menschliche Wohnnng dahin nnd wehe dem tollkühnen Touristen, der sich ohne wegkundigcn Führer hineinwagt nnd nicht das Glück hat, zufällig auf einen Holzhaner, Jäger oder einen andern Waldmcnschcn zu stoßen. Er kann tagelang hernmirren, jcljt sich einem Steg vertraneud, der ihn zn einer verlassenen Holzhauerhütte führt, jetzt einem andern, der sich in einem Moor verliert, bis er erschöpft, verzweifelnd liegen bleibt. Der Stubenbach führt beständig dnrch Wiesen und Wälder, mit Ausnahme der Ahornmühle, ohne eine menschliche Stätte zu berühren, eine gntc Strafte geht nach Mad er, die Mittagsstraßc genannt, weil sie am Mittagsstein vorbeizieht, während ein Pfad über den Stnbenbachcr See leitet, der in seinem ruhigen Wasser die dichtbewaldete Kuppe des Seeruckbrrg es abspiegelt. Mader ist wohl nur ein kleiner Ort mit wenigen Arbeiterhänscrn, aber berühmt dnrch seine Resonanzbodenfabrik und berüchtigt durch die Wildnisse des Plateaus, in dessen Mitte es liegt. Uni sie kennen zu lernen, gehen wir den Weg gegen den Ursprung des Maderbaches nach deut einsamen l tt<»0 M. hoch gelegenen Forsthans Purst ling. Von den Pl oh anscn h ütten, armseligen Holzhanerwohnnngen, die nahe bei Mader stehen, ab finden wir keine Spur mehr von Menschen. Streckenweise geht es dnrch einen vom Borkenkäfer fürchterlich zugerichteten ehemaligen Urwald, dann treten wir auf eine freie Hochfläche, die weite Allssicht über eine ausgedehnte Mulde, die Niedcruug eines Baches, eröffnet. Weit hinans dehnen sich grüne Wiesen alis, bunt bestreut mit allerhand Strauchwerk nnd Baumgrnppcn. Ein-gcfafst von Weiden schlangelt sich ein lichtes Band durch, in der Nähe bräunlich fchillernd, fernhin silberglänzend nnd anf allen Seiten flattern helle Wassrrstreifen zwifchen Erlen nud Espen. Es ist kein unfreundlicher Anblick, aber wenn wir näher kommen nnd dnrch die grüne „Au" hindurchschreiten wollen, uns freuend anf den weichen, schwellenden Grasboden, so finden wir, dass wir in cineu bösen Sumpf gerathen, der mit Woll- und Riedgräsern, Bnchcn und Simsen trügerisch bewachsen ist. Wo wir hintreten, sinkt der Fuß ein, rieselt trübes Wasser hervor uud umsonst versuchen wir watend die nasse Strecke zn umgehen, sie ist so weit wie die Niedcruug selbst und wir sind gczwnngen, ill großem Umweg auf festerem Waldbodcn unser Fortkommen zu suchen. Aber anch der setzt unsere Geduld sehr auf die Probe. Plötzlich gibt die Moosdcckc, auf der wir eben fest nnd sicher dahingeschritten waren, nach und rasch sich bildende schmutzige Pfützen bezeichnen unsere Fußstapfen. Wir retten nns zu eiucr Stelle, die mit Lanthans: Das Mingreich Böhmen. " 66 Das südwcstlichc ^mid. riesigen Hcidelbeerstaudcu bedeckt ist, welche uns trockeneren Grnnd anzudeuten scheinen, aber auch da finden wir uns betrogen, denn es ist die Sumpf-Heidelbeere und ihr Geäst scheint sich nm unsern Fuß verwirren zu wollen, run uns hinabzuzichen. Nun aber finden wir doch einen Pfad, festere Erde, die zwischen dein Wnrzelnctz der Fichten hängt, und kommen ein Stück vorwärts. Saftigeres Gras, riesige Glockenblumen, hohe Schachtelhalme, Büschel von Vergissmcinnicht machen uns aber bald wieder bedenklich und in der That -— ein versteckter, grünüberzogcner tiefer Bach kreuzt uusern Weg. Wir ziehen ihn entlang und suchen einen Pnnkt, wo wir ihn springend übersetzen könnten, weil uns drüben der Weg gangbarer scheint, so hoffen wir wenigstens. Denn des Sumpfwaldes, in den wir nns alls der Sumpf-wiese geflüchtet, siud wir satt uud versehen nns keines Heils mehr von ihm, drüben aber des Baches inerten wir eine ^ichtuug, die fouuiggclb und hellroth uns entgegmschimmcrt, wie eine Waldblume mit trockenem, versengtem Gras. Wir wagen also da, wo eine Schwarzbirte des andern Ufers den Vach verengert, den Sprung uud achten nicht, dass wir bis zu den Knöcheln im Wasser weitcrwaten müssen, — fort zur Lichtung. Wohl auf eine Stnndc dehnt fie sich in der ^ängc ans, aber ganz eigenartig anznsehen. Vrann gegen die Ferne, buntfarbig zn unsereu Füßen, ist sie offenbar nicht, wie sonst Waldblößen, mitten im hochstämmigen Wald irgend einmal gewaltsam entstanden, sondern rechts und links geht sie allmählich mit immer höher werdenden Kiefern in Wald über. Aber es ist kein Inngwnchs, die Bänme stehen da wie hundertjährige, wcttcrzerzanste verkrüppelte Hwrrge. Einzelne düstere Bergkiefern ragen mit dürren, kahlen Wipfeln mitten empor, hie und da kriecht niederes Knieholz dahin, üppig schwellende Polster bedecken die Flüche. Aber in der Hoffnung auf festen Boden sind wir anfs bitterste enttänscht worden, wie ein schwarzbrauncr Wassertnmpel zeigt, der offen vor nns gähnt. Wir sind in einem der ärgsten Torfmoore oder „Filze." In der Nähe ist freilich mancherlei Schönes in seiner Art zn sehen. Da trügt ein purpnrrother Moospolster eine heioelbeerblättrige Zwergwcidc, dort schwimmt in dnnklem Wasser wieder ein bleichgrüner Polster, geschmückt, mit den fadenförmigen Stämmchm der Moosbeere und dem zierlichen Sonncnthau, und dort erhebt sich ein saftgrüner Wulst, überreich mit Preiselbeeren besäet. Wir versnchen vorwärts zn kommen uud, den Pfützen ausweichend, über die Moospolster zn schreiten; der eine und der zweite trägt uns auch, obwohl er schwankt nnd Wasserblasen wirft, wie ein gedrückter getränkter Schwamm, aber der dritte sinkt unter dem prüfenden Stock, wie es scheint, in ein klaftcrtiefcs Wasserloch, dass wir fast das Gleichgewicht verlieren. So müssen wir znrück und wenn uns der Führer, den wir nns vom Förster in Stubenbach erbeten haben, nicht besser zn leiten wusste, von festein Wnlst zu Wnlst, wie sein erfahrenes Auge sie in dem schwanken Moor eben erkennt, so gienge es uns wohl schlecht. Er wählte den Dcr Nöhmürwald. 67 beschriebenen Wcg eben auch nur, weil wir ja das Plateau von Madcr kennen lernen wollten, jetzt bringt er uns bald auf einen sicheren Pfad, der durch deit Filz mitten durch geht und durch Ziehung von Canälen für den Verkehr und die Jagd hergestellt wnrdc. Eine vollständige Trockenlegung der weiten Filze, die oft hnnderte von Jochen betragen, wird wohl kaum möglich sein, wäre auch national-ökonomisch verwerflich, denn sie sind die natürlichen Reservoirs für die Bäche und Flüsse, welche hier ihre Wasserfülle sammelu. Von Pnrstling, das schon 1100 Meter hoch liegt, besteigen wir leicht die anfeinandergethürmten Granitblöcke des ^nscn, von dem ans wir einen herrlichen Ausblick auf die kolossalen geschlossenen Waldmasscn des bairischen Waldes, die dahinterliegeudeu Gefilde der Donan nnd auf der andern Seite über das Plateau von Mader genießen. Im Herabstcigen treffen wir auf die Überreste des „goldenen Steiges," der berühmten Verbiudungsstraßc Mischen Baiern nnd Böhmen im Mittelaltcr. Da wo er die Landesgrenze streift, zeigt man uus einen Trümmerhaufen, vou dem die Sage Folgendes crzählt: Als vor vielcnhundert Jahren hier der goldene Steig die Wildnisse Passiertc, hatte die Stadt Grafenan in Baicrn die Verpflichtung, an der Grenze eine Vorrathstammcr zu unterhalten, ans welcher die Reisenden ihre Lebensrnittel nehmen konnten nnd dafür das entfallende Geld hinznlcgen hatten. Nun unterließen es aber viele, wenn sie sich die ^ebcnsmittel nahmen, die Zahlung zu leistcu und da wnrde auf die Entwendung der Vorräthc Todesstrafe gesetzt. Eiu Galgen neben der Vrotbant aber sollte die Diebe 5* T^ Wctticlln« FUz. 6« Das südwestliche Land. schreckn. Da das nichts fruchtete, legten die Grafenaner Späher ilt den Hinterhalt und diese hängten dann unredliche Reisende ohne Gnade auf. Noch heute heisst die Gegend „Unter dem Hochgericht.^ Am Luscn vorbei gieug ein Zweig des goldenen Steiges nach Schüttenhofeu, der Hauptweg verband Passan mit Prachatitz und übersetzte die ^'andesgrenze bei Röhren, wo eine Röhre, d. h. ein Brunnen für Tränkung der Saumrosse stand. Der goldene Steig soll schon zur Zeit der Römer bestanden haben, nach anderer Überlicfernng aber von dem Einsiedler Günther (-j- 1045) gegründet worden sein; urkundlich ist er 10Ktt zum erstenmal als eine Schenkung an das Wyschchrader Domcapitel in Prag durch König Wratislaw erwähnt. Die Einnahmen des Steiges machten ihn für die Besitzer wirklich zu einem „goldenen"; denn kein Salz dnrfte nach Böhmen als anf diesem Saumpfad kommen und anch allerhand andere Waren giengen hin nud her, besonders Malz und Ärantwcin als Rückfracht nach Baicrn. Ausicr dem Domcapitel wurden Wallern, als gebotener Rastort, und Prachatitz, als Hauptstapelplatz der Waren, reich. Noch 1572 trafen in der letzteren Stadt wöchentlich 1300 beladcne Saumrosse aus dem Nachbarlandc ein! Als 1706 die Einfnhr des bairischen Salzes verboten nnd >trnman zur Niederlage des t. österr. Salzes für Böhmen gemacht wurde, endete der Verkehr auf dem goldenen Steig, der allmählig bis anf geringe Spuren verwnchs und blosi sagenhafte Erinnernugen an seiueu einstigen Glanz zurückließ. Über die Sumpfwälder des Marbergs und Schwarzbergcs wandern wir weiter nnd treffen mitten nnter jungem Fichtcnwuchs, Himbeer-gcstrüpp nnd Waldkräutern auf einen mit Steinen gcfassten Brunnen, aus dem ein klares Wasser fliesit — es ist der M o ld aunrsprun g. Ehemals stand hier der schönste Urwald, aber cr fiel als Opfer der Borkenkäfer; nur ein todter, hoch hinanf entrindeter Nicscnstamm, die sogenannte „Präsidenten-sichtc," von dein Forstverein 1870 auf seiner Wanderung dnrch den Böhmer-wald so genannt, erinnert noch an die alte Herrlichkeit des Waldes. Auf einem gutcu Reitstcig kommeu wir nach Buch Wald, dem höchsten Dorfe des Böhmerwaldcs s1140 Meter), dessen Bewohner für verwegene Raub-schützen gelten. Eine Strafte führt nns weiter über sscrchcnhaid, im Thal der Moldau, nach dem Dorfe Schattawa nnd von hier aus erreichen wir bald den von der tiefen Schlucht des wilden Kapellnbachcs bis znm Ost-abhaug sich erstreckenden berühmten ^nckcnanerwald, welcher nach einer Bestimmung des regierenden Fürsten von Schwarzenbcrg für ewige Zeiten intact erhalten bleiben soll. Urwaldähnlichc Bestände haben wir wiederholt durchzogen, hier aber finden wir Strecken, die des Mcnfchcn Hand uoch uic berührt hat. Wir dringen in eilt regellos onrchcinandcr stehendes Gewirr von Bäumen und Sträuchcru jeglicher Art und jeden Alters, von einjährigen Pflänzchcu bis zu halbtauscudjährigen Baumricscn, die wie mächtige Säulen 50—60 Der Vühinerwllld. 69 Mrtcr in die Höhe ragen und bis 5 Meter Ilmfang zeigen. Strcckenwcifc bilden die letzteren geschlossene Bestände. Dann banen sie in schwindelnder Höhe mit ihren ineinandergreifenden Kronen ein für die Sonnenstrahlen undurchdringliches Dachwerk nud in ihrem dlmklen Schatten wuchert nnr weiches dickes Moos, über das man leicht dahinwandelt. Solche Strecken sind aber nicht grosi. Wind nnd Wetter zerzauste das grüne Dach, einzelne Wipfel brachen und stürzten herab, oder eine altersschwache Fichte fiel dahin nnd riss eine lange Lücke. Nasch schloss nnn eine klafterhohe üppige Vegetation von Stränchcrn empor, die hingestreckte Riesin überzogen Moospolster, Farrcn, Bärlapp und ihr modernder Leib dient dein fallenden Samen als fruchtbares Keimbctt. Eine lange Reihe junger Bäumchen wächst auf ihr cmpor. Manchmal sieht man so gefallene und bewachsene Stämme, die man „Nonnen" nennt, nicht mehr, sie sind scit Jahrhunderten verwest und zur Erde geworden, aber eine schnurgerade Neihc von Waldriesen bezeichnet die Stelle, welche der gefallene Stamm einst eingenommen hatte. Dort wieder sieht man eine alte, schon halb abgestorbene Tanne auf hohem Gestell riesiger Wurzeln stehen, zwischen denen man bequem durchgehen kann. Sie war vorzeiten anf einem modernden Stock emvorgcteimt nnd als der Stock in Staub zerfiel, schwebte der junge Banm anf seinen Wnrzeln in der Luft. Nach allen Richtungen, in allen Stadien der Zersetzung begriffen, liegen die todten Stämme. Zuweilen reckt ein Baum, der stcheud starb, sein bleiches (Gerippe, ganz entrindet, mit Moos und sslechtwerk behängen, gespenstisch zwischen das dnnkle Grün der lebenden Tannen. Bon der kahlen sselscntuppe des Knbani, welche wir von der „Krrnz-sichte," einer Revicr-Grenzsänle an der Lnckenstrasie, erklimmen, Übersicht man den ganzen Zug des Böhmerwaldes, vom Arber bis zum Hochfichtct. Auf der Lnckenstraße kehren wir dnrch Schattawa zurück und richten unfern Marsch gegen Wallern. Ehemals wurden die Walliuger durch dm goldeuen Steig, der vorbeigieng, reich, denn ein Privilegium des Wat von Rosenberg vom Jahre 15'>tt rännite ihnen das Recht ein, allen Sauniern, die nicht in Wallern rasten und zechen wollten, Ross und Ladnng zu nehmen. Heute leben sie von dem Ertrag ihrer herrlichen Wiesengründe, in denen zur Anf-bcwcchrxng der reichen Hencrnte zahlreiche „Heustadeln" zerstreut liegen. Hunderte von starken Mastochsen senden sie jährlich nach Prag, nnd manches schöne Stück edler Nindvirhrassen, die sie als tüchtige Landwirte zu züchten wissen. Die, welche keinen Besitz haben, verstehen es, sich anf eine andere Weife Geld aus der Fremde zu holen nnd ziehen als Hausierer uud Leinwandhändlcr nach Österreich. Immer aber kehren sie in ihr rauhes Gebirgsthal wieder znrück, wo sie sich allein heimisch fühlen können. Denn sie sind ganz eigene Leute. Schon 15« »3 hatten sie sich unter Peter von Rosenberg von der Leibeigenschaft frcigckanft, während sie die übrigen Bauern in Böhmen bis 1771 zu tragen hatten, nnd fcitdcm leben sie in einer gewissen Abgeschlossenheit, 70 Das südwestliche Land, halten alle« Fremde fern, und ihr Eigenes in Sitte und Gewohnheit fest, so dass sie sich den Spottnamen der Chinesen des Böhmcrwaldes zuzogen. Doch dürfte mau diesen Namen nicht vor ihnen nennen, denn die Wallingcr Bursche haben eine derbe Faust und rauflustigen Sinn. Selten geht es bei ciuer Kirchweih oder einer Tanzmusik ohne das lärmende Finale einer Rauferei ab, bei der Bicrgläser und Stühle durch die ^'uft fliegen und die erst endigt, wenn Öfen, Fenster, Tifche und einige Köpfe zerbrochen sind. Das uenucn aber die rcschen Inugen ciucn „kloancn Ospoas," so lange es keine Messerstiche setzt. Eine andere Leidenschaft der Wallingcr ist die Jagd, der sie freilich iu Ermanglung eigener Reviere nur durch das Wilderu genügen können. Ihre Kühnheit, ihr sicheres Ange, ihre nie fehlende Hand waren früher der Schrecken der herrschaftlichen Förster. Oft zogen sie in ganzen Vandcn herum bis nach Baiern uud Hoheufurth hinab und zuweilen gab es kleine Schlachten zwischen den verwegenen Wilddieben und den Wächtern der Wälder. Sonst sind die Bewohner von Wallern kreuzbrave ^eute uud ehrlich gcgeucinandcr, Diebstählc kommen uicht vor und die Thüren der Häuser bleiben Tag uud Nacht uuvcrschlosseu. Woher die Wallinger stammen, ist bisher nicht ausgemacht, in allem bis auf die Kleidung unterscheiden sie sich von den andern Böhmerwaldbcwohnern. Ihr Äußeres zeigt fast südlichen Typus. Schöne Mädchen mit blauschwarzm Aöpfen und glutigcn Augen, schnell altern.de, hagere Frauen, Männer mit brannem Teint, schwarzem Haar und gebogener Nase ließen fast schließen, dass sie nicht Dentschc sind. Manche sehen iu ihneu alte römische Eolouisten, andere deutsche Urbcwohner Böhmens, einige fremde Sänmcr, welche, die Bedeutung des goldenen Steges erfassend, sich hier niedergelassen haben. Höchst eigenthümlich ist ihre „Haussprache/' der Dialect, den sie unter sich sprechen und der sich durch die Dchuuug der Vocale, durch massenhaftes Verschlucken der Mitlaute und durch viele ans ai nud al eudigendc Vcrtlcinernngswortc auszeichnet. Dirnai oder Dirnal heißt das Mädchcu, ^eual die kleine ^eue. Neben den vielen Spitznamen, die uuter deu Wallingeru beliebt sind, fällt die Menge ungewöhnlicher Taufnamcn ans: Hermenegild, Enphrosine, Scolastica, Emerentia, Kosmas, Peregrin u. s. w. Es soll ein Pfarrer einmal, nm die beständigen Namen Scppal, ssranzal, Annemarie uud Mariafranzl auszurotten, allen seinen Täuflingen die Namen jener Heiligen aufoctroyiert habcu, auf dessen Tag die Geburt des Kiudeö fiel. ^äugs der malerischen Schillert»crgc führt uus eine gute Straße nach Böhmisch-Röhren, wo die Säumer ihre Rosse tränkten, dann über den fahrbaren Kirchensteig in das romantische Waldthal der kalten Moldau, nach Neuthal, wo der große Schwarzcnbcrg-Canal beginnt, durch welchen eine Ausnutzung der ungeheuren Holzmassen der Urwälder möglich geworden ist und au dem sich das Vcben der Holzarbeiter conccntricrt. Ihr Gewerbe ist schwer uud dabei nicht ohne Gefahren. Im Sommer freilich wird im frischen Walde der geringere Theil der Arbeit gethan, es wird das erforderliche Ter Vöhmerwald. ^ ^ 1 Holz gefällt und für don Transport im Winter vorbereitet. Sobald hinreichend Schnee gefallen, beginnt man das Holz zu den flößbaren Gewässern nnd Schwcmmcanäleu fortzuschaffen. Klötze und Stämme werden entweder anf Schlitten oder auch unmittelbar an Ketten gezogen. Die Scheiter werden aber auf Hörnerschlitten mit starken ciscnbeschlagcnen Kufen von Menschen transportiert. Nachdem au den abschüssigen Lehnen eine Art Bahn hergestellt worden ist, setzt sich ein Holzhauer auf -den bcladcncn Schlitten zwischen die aufwärts gebogenen Hörner der Knfcn, die er mit den Händen umfasst, uud fährt daun, während er den Schlitten mittelst seiner Füße, die mit Steigeisen bewehrt sind, lenkt, pfeilschnell hinab. Um die Schnelligkeit der Fahrt zu mäßigen, hängt man hinten an den Schlitten Spalthölzer, sogenannte Hnnde. Der Holzhauer kehrt sich mit dem Rücken zurück gegen das Holz, stemmt die Absätze sciucr Stiefel iu deu Schuee oder stößt, wcuu es gilt, die Fahrt noch mehr zu hemmen, den „Kral," eine an der rechten Kufe hängende Doppelgabcl, in den Boden. Trotzdem kann es gcfchchcn, dass der Schlitten ans der Bahn kommt nnd umstürzt. Die kleinste Unachtsamkeit, eine hervorragende Wurzel, cin Stein kann diesen Unfall herbeiführen, bei dem der Schlittcnführer selten ohne schwere Verletzung davonkommt, ja leicht den Tod findet. Er tauu gegen Banmstämme geschleudert und zerschmettert, oder uutcr dem Schlitten zerquetscht werden. Gewohnheit nnd Übung von Kindesbeinen, Geschicklichkeit nnd Körperkraft lassen aber ein solches Unglück verhältnismäßig selten eintreten. Bei der gntcn Bezahlung gerade dieser Arbeit werden Unglücksfälle anch bald vergessen uud es melden sich genug 5-cute zu diesem Geschäfte. Im Frühjahr wird dann das Scheitholz in den Flüssen, Bächen oder Seen „verschwcmmt," das Nutzholz, nämlich Stämme und Klötze, „getriftet." Das Schwemmen geschieht dadurch, dass man die Scheiter in das Wasser wirft uud es seiner Strömnug überlässt. Klciuere Bäche werden im Gebirge mit „Schwellen" versehen, d. h, es werden dnrch Anstammg des Baches Teiche gebildet, deren Schleuße bei gehöriger Wasseransammlung aufgezogen wird, worauf das in den Teichen angesammelte Holz mit dem ausströmeuden Wasser herabschießt. Auch die Seen, in welche mau vou den Sccwändcn herab das Holz wirft, werden als solche Schwellen benutzt. Znwcilen werden die Schwellen mit künstlichen, ans Stämmen gezimmerten Ninuen, „uassen Holzriesen" oder Wasserriesen verbunden, die natürlich eine starke Neignng erhalten, so dass das Holz pfeilschnell herabschwimmt. Auch „trockene Riesen," d. h. Rutschbahnen an steilen Thalabhäugcn gibt es, die man mit Stämmen rinfasst und über welche das Holz hinabgrrollt wird. Wo es an Flüssen fehlt, die das vom Gebirge herabgebrachte Holz weitertragen können, bante mail in mehreren Gegenden Canäle, von denen der Schwarzenberg'sche der größte ist. Er misst in der Länge <)'7 Meilen nnd ist an 2 Meter breit. An manchen Stellen ist er iu Felsen gesprengt ausgemauert uud mit zahlreichen Schlcnßcn, Einwnrfsstcllcn, 72 T as südwestliche Land. Wärterhäuscru und Brücken versehen. Er beginnt am Fuße des Dreisesscl-berges und zieht bei Neuofcn und Glöckelberg vorbei über den Pass von Wuldau nach Österreich in die Mühl, welche das bis daher ver-schwcmmtc Holz in die Donau bringt. Jährlich werden so 18.000 Klafter Holz gegen Wien geführt. Großartig sind auch die Vorrichtungen im Böhmerwald für das Triften des Holzes, das Fortschaffen der Stämme und Klötze in fließenden Gewässern dadnrch, dass man sie zn Flößen, „Prahmen," bindet. Die Flößerei mit Prahmen beginnt auf der Moldau bei Humwald, südlich vou Wallern, und ist auf diesem Fluss die großartigste in Europa. Bis Sachsen, Preußen und nach Hamburg ziehen die Flöße. Da zu dieser großartigen Holzarbcit viel Menschcnkräftc nöthig sind, so sind in den ursprünglichen Wildnissen des Böhmcrwaldes viele Holzhauer-colonicn, scherzweise Holzhaucrstädte genannt, entstanden. Manche sind nur im Sommer während der Fällzeit bewohnt. In Blockhäusern mit spitzen Dächern, oft ohne Schornstein, führen dann die Holzhaucrfamilien ein echt amerikanisches Hinterwäldlerlcben. Auch im Winter sind manche dieser Holzhauerstädte von den Waldarbeitern eine Heitlang bewohnt, solange eben das Holz zu den Gewässern zn führen ist. Daneben findet man überall im Walde einzelne aus Stämmen nnd Fichtcnschwartcn (Rinden) errichtete Hütten, wo die ständigen Waldarbeiter die Woche über zubringen, während sie an Sonn- und Feiertagen in ihre entfernten Heimatdörfer eilen, nni ihre Familie zn sehen oder die Kirche zu besuchcu. Trotzdem, dass tauscudc Holzhauer beschäftigt sind, das Holz aus dem Wald zn schaffen, dass zahlreiche Fabriten und Glashütten viel Brennmaterial an Ort und Stelle branchcn nnd dass einiges zn Kohlen verbrannt wird, muss cinc Unmasse Holzes, das nicht transportabel ist, unbenutzt verfanlcn. So groß ist der Holzrcichthum des Böhmerwaldcs. Von der Nosenancr Kapelle, hinter dem großen Tunnel des Canals, im schönen Thal von Hirschbergen, zieht ein Ncitsteig durch herrliche Fichtenwaldnngen ;u der Perle des Böhmerwaldcs, dem P locke n st eins ec, dem größten, tiefsten unter allen. Wie eiu filmendes, träumerisches, dunkles Auge liegt er inmitten des hochragenden Waldes. Schroffe Felsen stehen an feinen Ufern und fchauen in die kühle Flut, in welcher ihre granen Schatten schwanken. Lichtgrüne Gebüsche, schwarze Föhren bedecken rings die Gehänge und darüber liegt Gottes blaner Himmel. Man kann hier tagelang weilen und sinnen und kein Vant stört die durch das Gemüth sinkenden Gedanken. Das ist der See, den Stifter so farbenreich geschildert hat. Hier fand der Dichter auch sein Denkmal. Hart am Absturz der Seewand steht ein aus des Böhmerwalds Urgcstciu massiv gehaueuer Würfel als Unterbau eines hohen Obelisken. Auf der Vorderseite stehen die Worte: „A. Stifter, dein Dichter des Hochwald," links: „Auf diesem Anger, au diesem Wasser ist Adalbert Stifter. 73 der Herzschlag des Waldes" und rechts: „^icg' in hohes Gras gestreckt, schaue sehnend nach der Felswand." Am Fuße des Obelisken sieht man über Fichten und Tannen in das Thal, wo der flüssige Faden der Moldau blitzt und die Saluauer Berge ihre Gipfel erheben, auf freundliche Dörfer und Flecken, daruuter auch deu Geburtsort des Dichters, Ober-Plan. Über Ncuofcu und Spitzbcrg gelaugt mau erst durch hohen Wald, dann durch die grünen Wiesen der Moldau dahin. Es ist ciu freundlicher Markt, der in der Bauart seiner wcißgetünchteu Häuser schon an das nahe Österreich erinnert und ehemals dem aufgehobenen Kloster Goldenkron gehörte. In einem kleinen Hänschen, das mit einer Gedenktafel geziert ist, erblickte Stifter als Sohn eines Leincnwcbers am 23. October 1805 das Licht der Welt, besuchte dann das Gymnasium zu .^remsmüuster uud die Universität zu Wicu, wurde 1850 Schulrath iu Viuz und starb daselbst 18l^. Seine „Studien" und „bnntcn Steine," sinnige Novellen voll eigenartiger Schönheit, gehören längst zur Lieb lingsleetüre aller Deut scheu. Über S ch w a r z-bach ziehen wir auf der Vandstrafte nach Fried- bcrg. Ehe wir den Olschbach erreichen, treffen wir anf die zum Theil dem Fürsten Schwarzeuberg gehörigeu Oraphitwerte in weiter Ebeuc, wo ans duutlcm Moorboden lichte äkicfcrgehölze stehen. Über 300 Arbeiter siud da mit der Gewinnung des wichtigen Materials beschäftigt. Ausicr drei Dampf-maschiuen, welche die Werte treiben, gibt es großartige Poch- und Schlemm-werte, Darren, Speicher und Verpackungsräume. Die sieben in Betrieb stehenden Schächte sind nicht tief, da der Graphit sehr oberflächlich gelagert ist. In der obersten Schicht, wo er als grauschwarzc, schmierige Masse erscheint, wird das treffliche Schrcibmaterial für die Hardmuth'scheu Bleistifte AdalbcN Süflei. »4 Das südwestliche i.'a»d. gewonnen, in den untern Schichten ist der Graphit zn viel mit Schwefelkies versetzt, hart uud spröde. Fricdbcrg liegt sehr anmuthig in einem Thalkcssel, der rings von bewaldeten Höhen nmgelicn ist. Die weißcu Hänscr mit rothen Dächern heben sich sehr freundlich von dem grünen Hintergrund der Gärten und Berge ab. Auf den Wiesen liegt überall Garn und Leinwand zur Bleiche, in vielen Häusern klappert der Webstuhl und snrrt das Spinnrad. Denn in der ganzen Gegend von Unter-Wuldau bis Hoheufurt ist Leinweber« die Haupterwerbsqnelle der Bevölkerung. Von der Vorstadt Fricdau zieht sich eine schöne Waldstraße nach St. Thoma. Es ist dies ein kleines ärmliches Dorf, auf dem Rücken des gleichnamigen Gebirgsplateaus, am Fuße des Berges, auf dem die Burg-ruiue Wittiughauscu sich erhebt. Über einige gut bestellte und selbst in dieser bedeutenden Höhe noch immer den Fleiß des Menschen lohnende Krautfelder und einen wüsten Heidegruud hinweg gelangt man zn der Burgruine, vom Volksmund „das alte Schloss" genannt. Da steht man auf historischem Boden, der auch die Weihe der Poesie empfangen. „Oft saß hier in vergangenen Tagen in dem Mllucrwcrke, ein liebgewordencs Buch lesend, oder bloß den lieben aufkeimenden Ingeudgefühleu horchend, durch die ausgebröckclten Fenster zum blauen Himmel schancnd, oder die goldenen Thierchen betrachtend, die neben ihm in den Halmen liefen, oder statt dessen blosi müßig uud sanft den stummen Sonnenschein empfindend, der sich anf Mauern nnd Steine legte" — ein jugendlicher Dichter — Adalbert Stifter. Dorthin lenkte er in späterer Zeit, so oft sein Herz in süßem Heimweh sich von den stolzen Palästen der Hauptstadt abwandte, seinen Blick, und in seiner schönen Novelle „Der Hochwald" gibt er eine poetische Schildcruug der Nuinen voll Witting Hansen. Man kommt zunächst an eine Ringmauer, die mit Schießscharten uud an der Innenseite mit Laufgängen versehen ist. Auf der Nordscitc ist sie gnt erhalten, gegen Süden aber liegt sie in Schutt. Zwischen ihr nnd dem Hauptgebäude bemerkt man wenige Reste von Gebäuden, die für die Besatzung nnd Vorräthc bestimmt gewesen feiu mögen nnd in deren Mitte sich ein Felsen mit dem zweistöckigen Palas, dem eigentlichen Schloss, erhebt, in jeden« Stockwerk in zwei Stuben abgetheilt. Ein sonst bei Bnrgen gewöhnlicher „Bergfried," ein hoher Wartthurm, scheint hier gefehlt zu haben, so dass Wittigos Haus eiu Haus im eigentlichen Sinn, nnr befestigt uud wehrhaft gemacht war. Aber es hatte seine strategische Bedeutung, da es den Weg aus dem Mühlvicrtel von Lcoufcldcn nnd Helfcuberg über Weisienbach nach Böhmen beherrschte. Für den Oberplaner Bezirk hat „das alte Schloss" den Charakter eines Wahrzeichens; es ist ein wahres „Lug ins Land" zur Wacht am Eingang des Landes. Wahrscheinlich war Wittinghansen der Nr- und Stammsitz der Witti-goncn nnd hieß auch Wittigsteyn. Die Wittigoncn waren die Ahuherreu Schloss Wlttinghcius«!. ^^ der Herren vou Roselibcrg, luelche anfänglich nnr einen Zweig des Geschlechtes gebildet hatten. Znerst nrkundlich sind sie erwähnt mit „^Vitko än^it»'!-" unter Wladislaw I. 1l69, den wir 1173 nnt einer Sendung am Hofe Kaiser Friedrichs l. finden und der nach einer Wallfahrt zum heiligen Grabe 1194 starb. Sein Sohn Wittigo 8n1,c!,in6r!n-nl8 ist der nähere Ahnherr des Geschlechts von Krmnan, zu dein auch der berühmte Zawisch von Falkenstein angehört, welcher sich nach einer obcrdsterreichischen Burg so nannte. Diese Krumaner Linie erlosch aber schon zu Ansang des 14. Jahrhunderts. Der Name „Rosenberg" kommt vorzugsweise jener Linie zn, die sich von dem zweiten Sohne des erwähnten „alten Wittigo" herleitet. Alis ihr ragt Wok von Rosenberg, der Erbancr dieser Burg und des Cistercicnser-Stiftes Hoheufnrt, hervor, ein Mann von uuvergäuglichem kriegerischen nnd staatsmännischen Ruf, der 1257 bei Mühldorf, 1260 bei Krcsscnbrnnn rühmlich mitkämpfte. Von einem dritteu Sohu des alten Witek werden die Herren von Wittingan nnd von einem vierten jene von Nenhans abgeleitet. Für den Böhmerwald war das Hails der Wittigonen von der gröfttcu Bedeutung, ihnen verdankte Wallern, Tussct, Oberplau, Unterwuldau, Fried-bcrg, Hohcufurt, Roscuberg, Krumau die Entstehung. Was Wittinghaufeu selbst betrifft, so stand es schon im 13. Jahrhundert uud blieb bei der Gründerfamilie bis 1412, wo es an Rainvrecht von Wallsce verkauft ward, kam aber schou 1464 au die Rosenberge uud gehört seitdem zur Herrschaft Krumau. Im Jahre 1394 brachte der König Wenzel als Gefangener einen Tag lang, von Heinrich II. von Rosenberg bewacht, ans Wittinghauscu zu. Das Schloss war dauu zur Zeit der Hnssiteukriegc in Gefahr, zerstört zu werden, fiel 1618 den oberösterreichischen Rebelleu in die Hände, sah aber im dreißigjährigen Kriege keine Schweden, noch weniger wurde es durch dieselben zerstört, wie der Dichter des Hochwald erzählt. Es scheint vielmehr, dass ein zufälliger Brand das alte Gebände einäscherte. Hart am rechten Moldauufcr führt uns die Straße nach Heuraffl, einem großen aus weit umhergestrcuten Häusern bestehenden Dorf mit alter gothischer Kirche vou 1384, und weiter an den Abhängen des Holitschberges über die „Lippner Schweb," wo die anf der Moldan herabgctriffteten Prahmen anseinandergeuommen und zu Wagen nach Hohenfurt gebracht werden, nach dem Dörfchen Kienberg, das zu beideu Seiteu des Flusses zwei ganz gleiche Kirchlein besitzt. Die Sage erzählt, dass zur Zeit Iodoks I. von Rosenberg die zwei Brüder Prokop und Ulrich ein nnd dasselbe Edel-fräuleiu liebten, darob miteinander in blntigc Fehde gcriethen nnd an dieser Stelle im Kampfe, ohne sich zu kenueu, weil sie das Visier geschlossen hatteu, aufeinanderstießen. Kaum aber zogen sie die Schwerter, als eine Stimme vom Himmel rief: „Versöhnt Euch, Ihr seid ja Brüder!" Erschüttert durch das Wuuder versöhnten sie sich nnd banten die beiden Kirchen. 76 Las südwestliche Land. Unterhalb Kienberg gelangen loir bald zur engen, wilden T eufc lsm au e r-schlucht (auf ältern karten l,il<^il8ti!»n Galgen endete, nnd der ehemalige Bartscherer Johann Müller, der geadelt, dann aber gehenkt wurde. Ebenso ergieng es dein Grafeu Marco Bragadiuo. Freilich auch in diesem Jahrhundert erhoben sich vernünftige Männer dagegen, so Amos Comenius in seinem Labyrinth der Welt, 1623. Noch unter Leopold I. laborierte indessen ein Augustinermönch Wenzel Scyler in Knttcuberg, und der letzte böhmische Adept soll erst in der zweiten Hälfte des vorigen Iahr-huuderts gestorben sein, namens Mladota, Besitzer des sogenannten Fanstischeu Hauses auf dem Karlsplatz. So sehen wir diese Thorheit auch in Böhmen großartig vertreten. Der erwähnte Wilhelm von Rosenberg war nun auch ein Gönner der Adepten nnd liest in Krumau 1563 für einen Antonio Michele ein Laboratorium errichten uud zwei audere noch in Prachatitz nnd Wittiugau. Eiue ganze Reihe von Gauklern fand bei ihm offenes Haus, ihn plündernd, und nnr der fast unerschöpfliche Reichthum Nilhelms erklärt es, dass er nicht wie Bavor von Huiistau als Bettler starb. Die gröstteu Beweise des Aufwaudcs, welcheu Wllhclm macheu konnte, sind die Beschreibungen der Kampffpiclc uud Jagden, an welchen Ferdinand I. oft theil-nahm. Bekannt ist der Küchenzettel bei Wilhelms dritter Hochzeit mit der Markgräfin von Baden. In 5 Tagen, vom 26. Jänner bis 1. Februar 1578, wurden auf Schloss Krumau vertilgt: 110 Stück Hochwild, 4460 Stück kleinerer Iagdthiere, 1«00 Achsen, Kälber und Schweine, 6241 Stück Geflügel, 29.000 Pfd. Teichfische, 16.500 audcre Fische, 5200 Schock Krebfc, 30.000 Eier und dgl. Gctrunkcu wurden in der Zeit 903 Fass Bier, 1100 Eimer Wein und außerdem 40 Tonnen spanischer Wciue. Dauebm aber wurdcu für jcue Gäste, die uicht im Schloss untergebracht werden konnten, in dcu Herbergen der Stadt 7354 Gulden Zeche gezahlt. Wilhelms Auftreten erregte auch überall Aufscheu und als er im Auftrage des Kaisers Maximilian ll. 1575 nach Poleu gieng, um für eiuen österreichischen Erzherzog die Königskrone, welche dnrch die abenteuerliche Flucht Hciurichs vou Valois erledigt war, zu crrcicheu, so impouierte er den edlen Wojwoden der Republik so, dass ihn viele auffordcrtcu, selbst als Candidat für die Krone aufzutreten, was er vernünftig genug ablehnte. Seine Leichenfeier, als er 1592 starb, danerte vom 16. October bis 11. December uud wurde ebenso oft beschrieben, wie jenes Hochzeitsfest zu Krumau. Peter Wok, der letzte Roscubergcr, verkaufte 1602 Krumau au König Rudolf II., 1622 schenkte es Kaiser Ferdinand II. dem Johann Ulrich von Eggenbcrg nnd erhob eS zu einem Fürsteuthmu mit herzoglichem Titel. Im ZO^ährigeu Krieg litt die Stadt vielfach, erholte sich aber wieder. Seit 1719 gehört die Herrschaft der Familie Schwarzeuberg. Das Seheuswcrtcste von Krnman ist, obwohl schon die Stadt mit ihrcu cugcn Gassen, alten Hänfern und durch die Lage au dein felsigen Ufer 80 Das südwestliche Land. der Moldau anziehend ist, doch das Schloss, welches mit seinen 5 Höfen einen bedeutenden Oebäudeeomvler umfasst. An verschiedenen Stellen bietet es reizende Aussichten auf die sich ringsum dchueuden Wälder, besonders den Plansterwald. Nach diesem richten wir nnscre Wanderung, indem wir jedoch dem Lauf der Moldau entgegengehen, und gelangen zn dem Trümmerhaufen der ehemals großartigen Burg Maid stein, welche auf schroffen Felsen die Moldau beherrscht. Sie ist unter Karl I V. von Iodok v. Rosenberg als Wohnsitz seiner fünf Schwestern, bevor diese verheiratet wurden, erbaut uud ist vielleicht im ^Ojährigcn Krieg zerstört worden. Im Volksmunde lebt die Sage, dass im großen, noch jetzt sichtbaren Kellergewölbe ein bedeutender Schatz liege, den ciu Zwerg hütet. Wcuu die Maiblumen zu blühen beginnen, sieht man diesen znweilen nachts bis Inni im Schloss herumgehen. Auch sitzt er dann gerne an der „hohen Steinwand" uud uiest von Zeit zu Zeit weit vernehmbar. Wer dies nicht weiß uud ihm unverdrossen aus gutem Herzen fünfmal „Gott segne Ench" zuruft, der kann den Schatz heben. Nach etwa 1'^ Stunden erreicheu wir die auf einer felsigen Halbinsel im Flusse liegende ehemalige Abtei Goldenkron, welche Ottokar II. zur Erinnerung an seinen großen Sieg anf dem Marchfeldc über den König von Ungarn 1260 gründete. Anfs reichlichste ausgestattet, erfuhr die Stiftung schwere Schicksale. Schon im Kriege zwischen Ottokar und Rudolf von Habsburg verwüstet, wurde sie 1420 von Zischka vollständig geplündert und die Mönche wurden au deu Linden vor dem Kloster aufgehängt. Seitdem sollen nach der Sage diese Linden die kavuzcnförmig gestalteten Blätter haben, die der Botaniker freilich überall an den Winterlinden trifft. Noch einmal raffte sich das Kloster anf, wnrde jedoch abermals 164,8 von den Schweden zerstört, was seinen Wohlstand hcrabbrachtc. 1785 hob es Kaiser Josef II. auf. Im ehemaligen Cavitclsaal ist jetzt eine Eisengießerei, berußte Mänuer hantieren in den Zellen der Mönche, Maschinen sauseu, wo ehedem Chorgcsänge erschollen! Wir wenden uns lieber dem Walde zu und ersteigen den 1s)61 Meter hohen Schöniuger, der mit einem massiven Anssichts-thurm gekrönt ist und eine herrliche Rundsicht bietet, nach Westen bis zur mächtigen Knvpe des Rachel, ini Osten weit über die Wittingancr Ebene und zu den duftig blauen Contourcn der Gratzncr Verge. Bei Berlau führen uns die Stege, welche den herrlichen Wald durchziehen, wieder auf die Fahrstraße und diese leitet dnrch anmuthig bewegte Gegenden nach Prachatitz. Es ist ein höchst malerisches Bild, welches diese alte, nach dem ^Charakter ihrer Bauwerte in Böhmen einzige Stadt in dem Thalbecken des Ziwnybachcö bietet. Wer sie so liegen sieht, mit ihren Mancru, Thürmen uud Zinnen, meint, es müsse jeden Augenblick ein Reiterzug in glänzenden Farben mit Speer und Schild aus deu Thoren reiten. Die engen, krummen Gassen mit schwarzen, alten, engbrüstigen Häusern möchten wohl von einer Picichntih. 81 langen Vergangenheit erwählen. Und so ist es. 1»^och hcutc schallt allabendlich «in 10 Uhr die „Tänmcrglocke," deren Klang ehedem eine ganze Stunde lang ertönte, mn den dnrch das Walddunkel,dahergehenden Karawanen ein Zeichen zu geben, dass die gastliche Herberge nicht mehr ferne sei. Am goldenen Steige, als privilegierter Hanptstaprlplatz des Salzes, gelegen, war Prachatitz iiu Mittelalter zu großem Ncichthnm gelangt, am blühendsten war es unter Johann von Luxemburg, der es 1323 zur Stadt erhob, und unter seinen nächsten Nachfolgern. Die lateinische Schule der Stadt genoss damals ciuen groben Ruf, Johannes Hnst, .^ischka von Troznow, sollen ihre Schüler PnichcUlll. gewesen seiu, zwei andere bedeutende Männer aus Prachatitz bildeten die Zierden der Prager Universität, Christian nnd Wenzel von Prachatitz, der erstere (f 1439), ein berühmter Mathematiker nnd Astronom, der zweite ein gefeierter Arzt. Ein dritter Sohn der Stadt aus derselben Feit, Johann von Prachatitz, gehört zu den vorzüglichsten Meistern der Gothik und bante von 1407—143N den Hochthurm der Wiener Stephanstirchc bis zur Spitze und schmückte das Innere mit der Prächtigen Kanzel. Wahrscheinlich war er ein Schüler des Baumeisters H cd b a wiN), der Karlsberg bei Vergrcichcnstcin, Nepomuk nnd Goldrnkron bante. Eine schreckliche ^ans>hans: Das KöüMeich Nöymen. >'» ^2 Das südwestliche Land. Prüfung bestand Prachatitz in den Hussitenwirrcn. Die Bürger hielten cs, als nnter dein Schutz des Wyschehradcr Propstes, zu dessen Besitz die Stadt seit 1086 gehörte, stehend, mit den Katholiken und Zischka belagerte die Stadt, welche die Prager Artikel auerkcnnen musste und dafür geschont wnrde. ^ Da aber die Gegner des Kelches wieder die Oberhand gewannen, kehrte Zischka, der fortgezogen war, im November 1420 vor Prachatitz zurück. Als die Bürger seine Aufforderung, ihm die Thore zu öffnen, zurückwiesen, rief der Führer der Taboriten: „Ich schwöre heute zn Gott, dass ich, wenn ich Euch mit Gewalt erobere, niemanden von Euch am Leben lassen, fondern alle, so viel Eurer sind, umbringen lassen will." Die Hussiten drangen vor und es half nichts, dafs die Prachatitzer tapfer ihre Mauern mit Stücken, Haken, Steinwürfcn und brennendem Pech vertheidigten. Bald waren sie überwältigt und Zischkas Scharen ergossen sich plündernd und mordend iu die Stadt. Nichts Männliches wurde verschont nnd 85 Gefangene ließ der unmenschliche Sieger in die Sacristei der Stadtkirchc sperren, rings Stroh und Pech anhäufen und dann anzünden. Vergeblich suchten die dem Fenster zunächst Stehendetl iu ihrer Todesangst das eiserne Gitter herauszureißen und sich zu retten — noch jetzt sieht mau die Eisenstäbe, wie sie die Verzweiflung bog; Ausweg fand keiner, alle mussteu qualvollen Todes sterben. 1507 kam Prachatitz an die Nosenbcrge, unter deren Herrschaft cs sich vollständig erholte, aber 1620 wurde die Stadt, weil sie auf Seite des Winterkönigs gestanden hatte, von Ferdinands Feldherrn, Grafen Bonquoy von Lougueval, dein Sieger am Weißen Berge, bombardiert, geplündert und vom Kaiser ihrer Güter beraubt. Als dann gar 1692 die Privilegien des goldenen Steiges aufgehoben wurden, verfiel die Macht der Stadt, die erst in der ueucsten Zeit durch Getreidchaudel eiucn neuen Aufschwung nimmt. Die Umgebung der Stadt bietet des Interessanten genug. Am Fuße des Libin (1097 Meter) liegt sehr lieblich das vielbesuchte Margaretenbad mit Mineralquellen, etwas entfernter gegen Wallern die Heilquelle Grindschedel uud nicht weit davon auf steilem Fetsvorsprung über der Flauitz die wildromantisch gelegene Burgruiue Hus, 1341 zum Schutze des goldcuen Steiges erbaut, dann im Besitz des Niklas von Hussinetz, des Anführers der Hufsitcn, der 1419 von hier ans gegen Prag zn ziehen beschloss. Als sie in die Gewalt des berüchtigten Raubritters Habart von Lopata kam, der den goldenen Steig von da aus beunruhigte, wurde sie von den benachbarteu Herren 1441 nach sechsmonatlicher Belagerung erobert uud geschleift. An der Blauitz gegcu Norden bcfuchcn wir den klcincu tfchcchischen Marktflecken Husfinctz (1200 Eiuwohner), wo man uns in Nro. 36 das noch in feiner Ursprnuglichkcit erhaltene Geburtshaus von Johann Huß zeigt. Er erblickte hier am 6. Juli 1373 das Licht der Welt. Im Thal der Vlauitz abwärts wandernd, kommen wir zum kleinen Markte Bar au (1500 Eiuwohuer), von wo wir einen Ausflug nach der Stilllomtz. 83 wohlerhaltenen Ruine der im dreißigjährigen Kriege zerstörten Helfen-burg unternehmen. Bei Wodnian (4!00 Einwohner), einer früher bedeutenden Stadt, die ungefähr ähnliche Schicksale, wie Prachatitz erlitt, erreichen wir die Schienen der Franz Iosefs-Bahn. Ehe der Zug abfährt, der uns gegen Pilsen führen soll, können wir flüchtig wohl noch das Schwarzenbergsche schöne Schloss Vibjetitz und die Wallfahrtskirche von Vomeb besehen — dann aber rasch mit dem Dampfross in das Thal der Wottawa. Station Strakonitz! Nahe dem Bahnhof liegt die Stadt mit ihrem alterthnm-lichcn, dem Malteserorden gehörigen Schloss und der gothischen Dechantei-kirche. Besonders Anziehendes hat die kleine Stadt (5800 Einwohner) wohl nicht, außer wir wollten uus die Bilder des Malers Streta in der Kirche ansehen, oder die Fabrication rothwollener Strümpfe und rother Feze (Kappen), die hier einen eigenthümlichen Industrie-zweig bildet. Wenn wir nnn aber anch nicht aussteigeu, so dürfen wir doch nicht versäumen, links zmn Fenster einen Blick in die Gegend zn thun. Wir sehen den langen Zug des Böhmerwaldes vor, nus, aus dem besonders imponierend Iohaim Husi, die breite Knppe des Knbani hervortritt. Ein Dudelsackpfeifer, der sich vernehmen lässt, erinnert uns, dass wir in Stratonitz in der Heimatstätte dieses böhmischen National ^ Instrumentes sind, welches ein ge wisser Schwand a hier querst eon-struiert haben soll. Stratonitz ist aber auch dieHeimat eines der besten Dichter der Tschechcu, Franz ^adiflaw Cclatovstv, der 179? geboren wnrde. Er war zuerst Bibliothekar bei dem Fürsten Rndolf Kinsty, dann Professor der slavischen Philologie au der Universität Breslau, zuletzt Professor desselben Faches zn Prag. Er kannte fast alle europäischen Sprachen nnd ragte als Gelehrter hervor, wie als lyrischer nnd epischer Dichter durch Universalität des Denkens und durch die Formvollendung seiner Sprache. Die erste Sammlung seiner Gedichte heißt „Die hundcrtblättrigc Rose," aus huudcrt stücken bestehmd, in denen der Dichter ^iebe, Freundschaft, Vaterland, Natur, Gott feiert. Die zweite Sammlung enthält den Nachhall russischer, die dritte den Nachhall tschechischer Volkslieder. Es sind nicht wirkliche, sondern nnr nachgebildete Volkslieder, aber mit großem Verständnis dem Bottsgeist abgrlanschte Gedanken und Formen. (5elatovsl^ war eben ein feiner Beobachter des menschlichen Lebens, ^>4 Dns südwestliche Land, und kannte besonders das slavische dura) und durch. Die anderen Gedichte sind Oden, Sonette, Epigrannne uud Übersetzungen aus fast allen enropäischeu Sprachen. Der verdienstvolle Schulrath Josef Wenzig hat seine bieder zum Theil ins Deutsche übersetzt. — Das Thal der Wottawa aufwärts führt uns der Dampswagcn nach Hora^diowitz, (3200 E.), in anmnthiger Thalmulde mit schönem Schloss uud Park der Fürsten Kinsky. Hier wolleu wir den Eiscnbahnzug verlassen, um in der Richtung gegen Schüttcnhofen einen Ausflug zu den weithin sichtbaren Ruinen von Rabi im Otawathal zu machen. Ein steiler Weg führt uns zur Burg hiuau, die drei durch Gräben uud Zugbrücken geschiedenen Höfe umfasst. Im dritteu ist die vierstöckige Hochburg noch ziemlich wohlcrhalten. Steigt man auf der Hol^trcppc in die Höhe der Mauer, so genießt man einen schönen Blick über die wcitgedehnten Reste der Burg, deren Ringmauern so breit sind, dass eiu Wageu bequem auf ihnen fahren konnte, uud auf die Umgcbuug. Nicht fcru glänzt das Schloss der Fürsten La mberg, denen Raln jetzt gehört, darüber hinweg sieht man die hohe Kirche von Nezamyslitz, südlicher die Zündwarenfabrit von Schütten Höfen, die mit ihren Erzeugnissen sogar Amerika versieht, im Hintergrund den düstern Böhmerwald. — Benutzen wir die Franz Josefs-Bahn weiter, so gelangen wir über eine holzreichc Hochebene in das waldige Thal der Oslawa, berühren Station Nepomnk, dcu Geburtsort des heiligen Iohauu von Nepomnk (1320), erblickcu links auf bewaldetem Berg Grünberg, ein Schloss des Grafen Colloredo, bald darauf rechts auf einer Anhöhe die Trümmer von Reichen hard uud erreichen Pilsen. Am Zusaminenfluss der Allies und Radbusa, in einem weiten Plateau zwischen lachenden Fluren, ein Knotenpunkt der Eisenbahnen, Mittclvuutt einer lebendigen industriellen Thätigkeit ist Pilsen (37.s»0t) Einwohner), nächst Prag die volkreichste, bedeutendste Stadt des Bandes. M»f Borstädte schliesicn sich an die eigentliche Stadt an und waren ehemals durch Wall und Mauern getrennt, aber die Thore fielen, die Wälle wurden ausgefüllt und die alten Fallbrücken über die Flüsse, welche Pilsen so start »nachten, wurden durch steinerne ersetzt. Denn als Industriestadt für Bierbrauerei, Chemikalien, Leder und Eisenwaren und als wichtiger Handelsplatz kann Pilsen solche enge Ilmschnürung nicht mehr brauchen. Bekannt ist, dass sich Pilsner Bier verdienten Weltruf erworben. Der Yankee in Amerika, der wählerische Franzose, der verwöhnte Engländer — alle schlürfen den ergnickenden Trans, der aus den Riesenkellcrcien Pilsens znr Verscndnng kommt. Einen kleinen Begriff von dein Absatz des „bürgerlichen" und „Aeticn-Bräuhauses" bekommt man, wenn man hört, dass beide jährlich an 21,5)00.000 Liter Gerste uud 4500 Centner Hopfen vcrbranchcu. Das iu den Kelleru lagernde Bier rcpräfentiert einen Wert von Millionen. Freilich müsste Pilsen noch unendlich mehr seines edlen Gebräues crzcngcn, wenn alles, was „Pilsner" hrisit, es auch wäre. Der Fremde mag eben leicht jedes böhmische Vier für Pilsner Pilsni. 85 nehmen, denn i^cdes ist gut und dir meisten besser als andere. Schon durch die Industrie wird Pilsen belebt, es ist aber auch der Sitz dcr Bezirksund Kreisämter, einer Verghauptmannschaft, einer Handelskammer, vieler Schulen und starker Garnisonsplatz, so dass in seinein Straßenverkehr etwas Großstädtisches liegt. Im Innern bietet es in seinen Gebäuden einen alter-thümlichcn Charakter; eine imposante Zier des großen Ringes ist, in seiner Mitte stehend, frnhgothifch, hoch nnd schlank in den Formen, die St. Bartholo-wäus-Kirche, deren Inneres manches Kunstwerk, birgt, und das altersgraue, Mim, weitläufige, reich verwerte deutsche Haus, die ehemalige Residenz dl,-r Comthuve von Pilsen. Ncich ist die (beschichte der Stadt. Hier lieferte Herzog Boleslaw II. dem Kaiser Otto ll. '.»76 eine siegreiche Schlacht, aus welcher dcr letztere nur mit genauer Noth entkam. Kosmas von Prag führt Pilsen in der gereimten Lebensbeschreibuug des heiligen Adalbert (f 997) schon als festen Ort anf. Im 11. Jahrhundert ist es der Vorort der Grenszupa uud erlebte seine Vlütcpcriodcu, wie fast alle Städte des Maudes, unter Premysl Ottokar I I. und nuter Karl IV., der den Pilsnern bedeutende Privilegien gab, wofür 86 Das südwestliche Laud, sie treu an seinem Sahne Wenzel IV, hiengen. In den Hnssitenwirren hielt Pilsen es anfangs mit Zischta und widerstand 1419 Sigismuud. Die Hussiten betrachteten Pilsen als Hauptort ihrer Partei und verbreiteten die Weissagung, eine neue Sündflut stehe bevor nnd ganz Böhmen werde zugrunde gehen, nur Pilsen, Saaz, Laun, Schlan und Klattau nicht. Doch als Tabor gegründet ward, zogen sich die Hussiten dahin und in Pilsen gewann von da ab die Oberhand der Katholicismus, der sich fortan gegen alle Angrisse der Hussiten, namentlich des heftigen im Jahre 1433 wacker behauptete, woran noch hcute das jährliche ssest am I. Sonntag nach Stanislaus erinnert. Den Habsburqeni hicng die Stadt stets an, wie sie das 1547 un Schmaltaldischen Kriege dnrch willige Kricgsfolge und im 30jährigcn Krieg durch unerschütterliche Trene bewies. Gleich zn beginn des letzteren, 161^, kaum dass die Director«! die Negierung des Landes übernahmen, wurde Pilsen belagert, aber erst nach der tapfersten (Gegenwehr von Mansfeld erobert. Im December 1633 schlng Wallenstein sein Winterquartier ;u Pilsen ans uud blieb da bis zu seinem Abzug nach (5ger. In Pilsen reiften seine letzten Entschlüsse, in Pilsen wurde sein blutiges Ende vorbereitet. Auf dem Nathhausc fand jenes verhängnisvolle Bankett statt, wo Wallensteins Ofsicierc sich verpflichteten, bei ihm treu auszuharren und für ihn den letzten Blutstropfen einzusetzen li 2. Jänner 1634). — Pilsen gebar dem Vaterlandc eine stattliche Neihe ausgezeichneter und merkwürdiger Männer. Von dort stammt der berühmte Hussitcnpredigcr Koran da, im 16. Jahrhundert der Olmützcr Bischof Johann Skala Dubrawsky, der Verfasser einer lateinischen Geschichte von Böhmen (1- 1553), der p"»"t, I-lurL»tu8 Caspar Kropac (f 1580), der Astronom unter Rndolf II,, Caspar Stehlik von Cenkow, der „böhmische Cicero" Ctibor Kotwa l!' 1634) und der Humaue Jesuit Matthias Tanner lgeb. 1630), welcher die Greuel der Hexenproccfse durch seine Schriften bekämpfte. Denn der Hcxenwahn hatte anch in Böhmen seine Anhänger, und zwar schon in alten Zeiten, wie denn die Priester des (5ernobog i^l-n^j! (Zauberer) hieftcu. Äretislaw II. und der Prager Bischof Kosmas von Prag erwähnen um 1100 in ihrer Verordnung betreffs der Ausrottnng der Reste des Heidenthums Zanbercr und Hexen, welche Gewitter heraufbeschwören nnd die Sinne der Menschen bethören. Auch Zawisch von ssalt'cnstein soll nach Peter von Zittau, dem Abt von Königssaal, die ?iobe der Witwe nach Premysl Ottolar nur dnrch schwarze Künste erworben haben. Der Glaube au Zauber war so fest in Böhmen, dass Peter Chelcicty, dcr Gründer der Brüdcrsecte, im Sittcnspiegcl seiner Zeit sagen tonnte: „Viele suchen nicht bloft bei den Heiligen, sondern in ihrem Wahne auch bei Zauberern und Wahrsagern Hilfe, indem sie zn diesen dasselbe Vertrauen haben, wie zn jenen. Bald wenden sie sich nach Kiejow an die Gottesmutter, bald nach Tcmelin an einen Hexenmeister, bald nach Thein und an den heil. Prokop bei Zajimatsch, es gilt ihnen gleich, wer ihnen helfe, Gott oder dcr Teufel." Aber von Hexenproccsscn Ter nordliche NöhmcNvcUd. 8? ist doch in Böhmen bis in die Mitte des 16. Jahrh, keine Spnr. Die älteste ^lnchricht von einer Hcrenverfolgung findet sich in dem Stadtarchiv von Nachod, wo 1540 der erste Scheiterhanfen brannte. Der dortige Regent der mährischen Herren von Pernstein lieft ein altes Bnttelwrib, Margarete, den Fenertod erleiden, weil sie einen Viebestrank gebrant hätte. Viachdcm den Nachodern cinnial der Appetit gereizt war, fand sich für sie bald wieder das Schauspiel einer brennenden Hexe, 1541 und 154li. Kurz darauf gal, es solche Exccutioncn in Brandris, Nenbystritz bei Nenhaus, Swinnä bei Zbirow, Kommotau, (Ihrudim, Kuttcuberg, Kolin, Kourini, Nakonitz, Leipa, Ninibnrg. Da waren selbst Scherze sehr gefährlich, Ein junger, thätiger Bauer, dessen Felder üppig dastanden, weil er die Feldmäuse emsig verfolgte, hatte ihrer einmal einen Sack voll cingefangen. Am Abend machte er sich im Wirtshause den Spass zu sageu, er könne Mäuse machru uud öffnete, nachdem er ciuigcu Hocnspocus ssethau, deu unbemerkt unter der Bank liegenden Sack — die Mäuse liefcu dahin und dorthin, die Gesellschaft floh entsetzt auseinander, der Bancr aber büßte seinen Scherz als Zauberer auf dem Holzstoß. Es ist bekannt, dass die Hrrenverfolgungrn, diese traurige Verirrnng des menschlichen Geistes, erst spät aus deu Gesetzbüchern verschwanden. Noch Viaria Thercsiens peinliche Gerichtsordnung vom 1. Jänner 1770 zählt die Zauberei uutcr dcu Eriminalvcrbrechen auf, obwohl ihr milder Sinn keine Erccntion mehr znlicft. In Böhmen hatten sich aber früher als anderswo einsichtsvolle Männer gegen den raffinierten Unsinn ausgesprochen. Besonderes ,Andenken ^verdient der Pfarrer zu Muichowitz bei Kourim, Johann Stclcar Zclctawöty, der gegen ihn in seinem „Geistlichen Bnche," Prag 1588, ankämpfte. Wir haben nun den südlichen Theil des westlichen Grenzgebirgcs, den eigentlichen Böhmcrwald, in Wanderungen zu Fuft durchzogen und init der Eisenbahn umschrieben; von Pilsen bietet nns die böhm. Westbahn Gelegenheit, auch den nördlichen Theil des Grenzgebirges zn besuchen, der zwar im allgemeinen zum Böhmerwalde gerechnet, von den Baiern aber das Ober-Pfälzische Waldgebirge, von den Tschechen der böhmische Wald, <-^Ii,v I«», genannt wird. Er zieht sich vom Pass von ssurth, mit dem Tsch erkow'(103? M.) beginnend, längs der Grenze uordwestwärts an Höhe abnehmend, bis zum Wondrebflnsse, wo er mit dem Dillcnberg (915 M.) endet. Da er nnr nach Vaieru zn steiler abfällt, uach Vöhmeu aber sich allmählich verflacht, anch keine vorragenden Berggipfel zeigt, so erscheint dieser nördliche Vöhmcrwald nicht als Hochgebirge, sondern bloß als niedriger, einförmiger Waldstreifen. Auch darin geht ihm der Charakter eiues Hochgebirges ab, dass seinen Thälern die steilen, felsigen Hänge fehlen; sie sind meist flache Mulden. Eiue Ausuahmc bildet der Stock des Tfchcrkow, der schroffe Bilduug nud daher romantische Partien zeigt. Aufgebaut ist der Vergzug aus Gneis und Glimmerschiefer, aus welch ersterem oft, wie im Pf räum b er g 88 Daö iüdwcstlichc ^and. (843 Meter), Grauit, ciumal, im Mühlberg bei Lochhäusel, auch eine Vasaltknppe emportreibt. Es fließen zahlreiche Gewässer uon den Hängen nach beiden Seiten ab, doch fchlcu die Seen, welche den südlichen Bühmcrwald so auszeichnen. Von Pilsen ab hält sich die Bahn zunächst an den Hügeln, die gegen Mies ziehen, um die Steinkohlenlager und Eisenwerke vonNürschan und Sekran zn erreichen; von Nürschan aber wendet sie sich gradans südlich durch die Ebene bei dem Fürst Taris'schrn Schloss (5H otie schau vorbei ins Thal der Radbusa, die bei Staab erreicht wird und in dem sie bis Stankau bleibt. Westlicher im Thal des Flusses liegt Bischoftcinitz (2900 Ein-wohuer), eine alte ummauerte Stadt mit großartigem Schloss der Tränt-mannsdorfe; der Schienenweg führt jedoch an der Bistritz bei Bliss owa vorbei nach Tauss (7400 Einwohner), ill fruchtbarer waldreicher Gegend, wo zahlreiche Glas- und Sviegelfabrikcu bestehen. Die vorwiegend tschechiche Bevölkerung der alten, angeblich 964 erbauten Stadt lebt heute von der Bereitung des Wachholderwasscrs, Ols und der ^einwandweberei. Verlässt man die Stadt durch dcu hohen Thorthnrm am östliche» Ausgaug, so führt eine schlangenförmig gewundene Straße dnrch welliges Terrain über Kanth mit Stadionschem Schloss au die bewaldete»: Amphibolitkegcl bci Neugcdcin. Einer derselben trägt die große Bnrg Riescubcrg, deren Thurm eine reizende Rundschau bietet. Nordwestlich erblickt man den Tschcrkow, südlicher dcu Osser, zwischen beiden das weite Gebirgsthor von Fnrth, über und über mit Ortschaften besäet. Zunächst nnter diesen liegt das freundliche Ne u-gcd ein (2100 Einwohner) mit dem riesigen Gebäude der seit 1790 bestehenden großartigen Wollzengfabrik, die mehrere tanscnd Arbeiter beschäftigt, und drüber hinweg uach Südeu bliukt beim Dörfchen Vicrtl die uralte Wenzelskaftrlle, welche an den Sieg Vretislaws I. über König Heinrich I II. im Jahre 1040 erinnert. Aber schon im 7. Jahrhundert hatten fieses Eingangsthor ihres Bandes die Tschechen glücklich gegen die eindringenden Franken vertheidigt und ebenso später 1431 nnter Prokop dem Großen gegen das Krcuzhcer, das Kurfürst Friedrich I. von Brandenbnrg heranführte. Noch weiter sieht man die Wallfahrtskirche von Tanuabcrg und daun die Thürme von Neumark, in dessen Nähe (Friedrichsthal) der Erzähler der Geschichten ans dem Böhmerwald, Josef Rank, 1815 geboren wnrdc. Riesenbcrg ist offenbar als Grenzfcste zur Bewachuug des Further Passes erbaut wordeu und wurde von Ferdinand III,, um nicht den Schweden als Schlupfwinkel zu dienen, zerstört. Eine halbe Stunde östlich, tief im Wald versteckt, von Fichten überwachsen, stehen die Reste einer andern Grcnzburg, Herrn st ein, die im 15. Jahrhundert während einer Fehde des letzten Besitzers Johann von Herrusteiu mit Herzog Albrecht von Baicrn von diesem belagert und in Brand gesteckt wurde. Der Schlosccherr soll seine Schätze und seine drei Töchter in einem Thurm (dem Iungfrancuthurm) eingemauert habeu, Ter (5hodcnblldc». Mil>^. Pla». 89 um sic den Feinden zu entziehen, und ein reiner Jüngling könne in der Nacht nach dem Palmsonntag wohl die Inngfrancn befreien und die Schätze heben. Die Gegend von Tanss, sowie jene von Pfraumbcrg nnd Tachau heißt Ehodenbodcu, ihre Bewohner Ehodcn (^!,0änvs nordwestliche Land. I. Lorenz, der Erzähler im Egcrländer Dialect. Einer der berühmtesten Söhne des Ländchrns ist Caspar Brusch (geb. 1518 zu Schlaggeuwatd, gest. 1577 in Steinbach an der Tauber), gekrönter Poet und ein Haupt-Vertreter des Humanismus. Schlaggcnwaldcr waren aber auch der treffliche Gcschichtsschreibcr der Hussitenkriege, der Altdorfer Professor Zacharias Theobald (1584— l 627) nnd (5 hri st oph Crincsi u s, der erste Verfasser einer syrischen Grammatik in Deutschland, der im selben Jahre wie Theobald geboren war und ebenfalls als Professor in Altdorf 1629 starb. Eine Stunde nördlich, mit der Bahu in 12 Minuten erreichbar, liegt Franzcnsbad, der 5?agc nach nicht mit Maricnbad zn vergleichen, da es im moorigen Thal der landschaftlichen Reize entbehrt — „Ein Hexenkessel ist rings das Thal, drans brodeln betäubende Dämpfe fahl," sagt A. Grün iu seinem Märchen von Franzcnsbad — aber von ebenso großem Nnf. Im 16. Jahrhundert scheinen Männer wie Georg Agricola, Paracelsus zuerst auf die Heilkraft des „Egcrischeu Saucrbrunns" aufmerksam gemacht zu haben; wir hören dann, dafs Kaiser Matthias, Ferdinand II. und HI. von dem Wasser desselben genossen, aber ein (5urort entstand hier doch erst 1793, als Kaiser Franz ein Brunnenhaus, einen Speisesaal nnd ein Gemeindehaus errichten ließ. Seitdem wuchs die Colonie, durch Privilegicu unterstützt, rasch heran nnd fasst jetzt iu seiucn eleganten, comfortabclu Baulichkeiten zwischen freundlichen Parkanlagen jährlich über 9000 Gäste. Dein Gründer znm dankbaren Andenken führt der Qrt seinen Manien nnd Graf Münch-Pcllinghausen ließ demselben durch Schwauthaler ein Staudbild aufstellen. Das Franzcnsbader Wasser, in Quellen aus der etwa 3 Meter dicken Moor-schichte, welche ans Sand rnht, kommend, ist ein alkalisch salinischer Eisensäuerling und wird theils getrunken, theils znm Vaden benützt. Aus dem Franzcnobrnnnen, dem kalten Sprndel, der Salzqnellc wird getrnnken; gebadet wird in dem Wasser der ^ouiseuauclle,, des Polterbruuns und im Moor, das sich längs des Schladabaches von Siehdichfür bis Dirschwitz ausdehnt. Von Haslan führt uns die Eisenbahn nach dem gewrrbreicheu Asch (13.200 Einwohner), welches sowie die anliegenden Dörfer in zahlreichen Fabriken Leinwand, Kattnn, Strümpfe erzeugt nud vou wo uns die Vahu nach Franzcnsbad zurück nnd dann im Thal der Eger ostwärts führt. Unweit des Städtchens Königsberg am linken Ufer erhebt sich auf hohem Verge die weitbekannte Wallfahrtskirche Maria Kulm, welche der Sage nach an der Stelle gegründet ward, wo vor Jahren ein Falkcnauer im Haselstrauch eiu Marienbild fand, das, von ihm fortgetragen, stets an dieselbe Stelle zurückkehrte. Allbekannt sind wohl die Geschichten von den Räubern auf Maria Kulm, dem Ritter Heinrich von Katzengrüu uud der tapferu Bibiana, des Burgvogts Tochter, die ihren Schlupfwinkel entdeckte. Da, wo der Bach Hwoda in die Eger mündet, liegt das Hopfen banende Falken an (4100 Fttlfeiia». ülbossl'N. 9? Einwohner) mit feinem mächtigen Schlossgebäude des Grafen Nostitz. Die Falkcnaucr haben mit den Egcrcru die Mundart gcllieiu, sonst aber unterscheiden sie sich in allem von ihnen; doch . geht ein gut Theil der alten ererbten Sitte mit steigender Anlehnung an das allgemeine Städtische verloren. Auch die Tracht. Noch vor weuigen Jahren trngcn die Granen lange, bis an die Fersen reichende Tuchmäutcl mit breiten Golokrägeu nnd große Goldhanben, die Mädchen zierlich gewundene schwarze Sci-dcntücher. Die eigenthümlichen Hochzcits-gebrauche sind schon bloße Sage geworden; öfters begegnet das alte Herkommen noch bei Kindstaufcn, bei denen den Täuflingen mit finnigen Sprüchen beschriebene Pathenbriefc gegeben werden. Auf dem Faltenaner Fried Hof erinuert eiu einfachn Stein an einen begabten Natnrdichter, Anto n Fürn stein, der 1783 hier geboren ward und 1841 starb. Als Kind gesund, verkühlte er sich im 6. Jahre, verkümmerte seitdem körperlich und konnte nur durch große Energie seine Hände znm Schreiben geeiguct machen, während seine Füße gelähmt blieben. Gehindert all der Häudcarbcit, entwickelte er umso intensiver seinen Geist, studierte für sich Latein nnd die Gymnasialfächcr, verlegte sich aufs Dichte» und erregte die Aufmerksamkeit Goethes, der im Jahre 1822 in ssaltcuan war und ihm m seiner Schrift über Knnst uud Alterthum eiue warme Charakteristik widmet. Nicht weit, anf vorspringendem Felsen, vom sslnss fast ganz umspült, liegt Elbogcn (3300 Einwohner), überragt von der großen Vnrg der 7 tt an st haus- DaS KöiiiMich Äoljmm, lHllwHm. 98 Das nordwestliche Land. Ilburge und Schlicke, welche Theodor Körner besang. Im 30jährigen Kriege war es die einzige Stadt, die den Schweden widerstand. Nach Norden von Falteuau gelangen wir mit der Bahn zn den Bleibergwerken Vlcistadts (1000 Einwohner), welche die Grafen Schlick um 1500 anlegten, nnd dann nach Graslitz (7600 Einwohner), hart an der Grenze, in einer Mulde zwischen dem Falkeubcrg nnd Spitzbcrg, die sich etwa 300 Meter über der Thalsohlc erheben. Letzteres ist eine nraltc Stadt, die schon l370 von Karl IV. Bergrechte erhielt nnd reichlich Silber grub. Noch blühender wnrdc im 16. Jahrhundert die Bcrgstadt dnrch die Ausschließung neuer Kuufermineu, durch Einwanderung vermögender Familien aus Sachsen und Errichtung vou Pochwerken, Schmelzhütten, Hämmern und Messingfabriken. Doch dauerte die Blüte nnr 100 Jahre, dann verfiel der Bergban durch Kricgsznfälle, durch geringere Ergiebigkeit der Stollen, zu deren Bewältigung man noch nicht Maschinen hatte, und heute erinnern nnr einzelne Halden an die alte Zeit. Darauf wandte man sich der Industrie zu, dem Geigenmachcn, Pfeifenmacheu, dem Spitzcnklöppeln, der Baumwollweberei nnd der Tamburier-Stickerei. Jährlich werden Mnsikinstrnmente im Wert von 500,000 fl. verfertigt. Graslitzer Erfindnng find die Mund-Harmoniken, von denen über 70.000 gemacht werden. Über 1000 Personen beschäftigen sich mit der Hand- nnd Maschinstickerci, einige Hunderte mit der Spitzcnklöpvelei. Als der Bergbau im Erzgebirge abnahm, fiel die Aufgabe vorzugsweise dem weiblichen Geschlechte zu, die Eristcnzmittcl zu schaffen und es löste sie durch Spitzcnklöppeln, welches durch Barbara Nttmaun ill Annabcrg zum Aufschwung kam. Hu Aufang diefcs Jahrhunderts war diefcr Erwerb in Graölitz bedeutend: 16 Spitzenhändler versorgten von hier aus den Weltmarkt. Eilt Schlag aber war es für die Grasliher und das Erzgebirge, als die englische Maschincnspitze den Continent eroberte. Erst als ^66 die schwarze Seiden- und die weiße Handspitze gesuchter wurde, gieng es den Klöpplerinnen wieder besser und heute können sie sich 70—^0 kr., alte Weiber mit der Perfertigung der Schmalspitzen bis 20 kr. täglich verdienen. Die Spitzcnfabrication ist leider überall im Erzgebirge im Sinken begriffen. Denn nnr wo, wie in Brüssel uud Frankreich, die Handarbeiter durch stete Variation der Muster uud durch sorgfältige Ausführung, wobei die Maschine nicht folgen kann, ihrem Fabricat einen bcfondcrcn Reiz zu geben wissen, können sie aufkommen. Gerade dieser Sinn für die Muster und das bcwusst denkende Arbeiten ist aber dem Erzgebirge abhanden gekommen und es muss erst die Zeit lchrcu, ob die eingerichteten Musterschulen in dieser Beziehung ein Vcsserwerden erzielen. An Gcschicklichkeit der Leute fehlt es nicht, nnr an der Schulung, an gefundcr Pflege der Con-currcuz uud regelmäßigen Verbindungen für den Absatz. Über Heinrichs-g rün erreichen wir das weltberühmte Karlsbad (10.600 Einwohuer). Wann die Quellen entdeckt wurdcu, darüber herrscht völliges Dunkel. Es war Uhr des Morgens förmlich belagert; dichte Scharen der Kurgäste wogen, während Musik ertönt, auf und ab, später am Tage zerstreut sich die bunte Menge anf den zahlreichen Promenaden in den Wäldern, aus Berg und im Thale, ein Theil aber bewegt sich auf der „alten Wiese" oder in der Pupp'schen Allee, wo es allerhand Vergnügen gibt. Die ^age des Bades ist ganz geschaffen, einem tränten selbst eine langwierigere Eur erträglich zu machen, die Neize der Umgebung helfen über manche Langeweile, an der es im Eur-leben nicht fehlt, hinweg. Johanna Schoppenhauer sagte einmal, es lohne sich der Mühe, alle Jahre nach Karlsbad zu reisen, einzig, um darin anzukommen; so reizend ist der Anblick, wenn man, vom Bahnhöfe Herankommelid, die Stadt im Thale liegen sieht. Herrlich ist der Höhcnkranz, der Karlsbad umgibt. Gerade über der Stadt thürmt sich der Hirscheusprung, weiter die von Maltitz besungene Frenndschaftshöhe, alts der anderen Seite des Flusses der bucheubcwachsene Dreikrenzcnberg, König ^'ttoshöhc und der Plobcn. Weitere Ausflüge lohneu sich zu den herrlichen wichen von Dahlwitz, von denen die größte 8 Meter im Umfang hat nnd unter denen 1812 Theod. Körner sein schmcrzbcwegtes Acd von Dentschlands Falle sang, das Herz so voll, so kühn was 1857 Masimaun paraphrasicrte. Kein Besucher Karlsbads versäumt auch den romantischen, sagcubekauuten Haus Hciliug-felscu im Egcrthal zu besucheil. Im Südostcn wird des herrlichen Ausblickes wegen auch oft die Burgruine Engelhans besucht, die im Schwcdeukrieg zerstört wurde, wie die weiter gegell Buchan gelegene Vnrg Ha neuste in. Von Buchau bis zur gesegueten Ebene von Saaz dehnt sich, nach dem Städtchen Duppan gcuanut, das D u pp auerg cb i rg e aus, eine pluto-nischc Bilduug aus Basalt uud Phouolith. Es hat im Ödschloss (91!) M.) seinen Mittclstock, von dem aus sich nach allen Richtuugcu strahlenförmig Narlöbad imd Uln^'dunss. I^l niedrigere Kämme mit Phouolithkegeln ziehen. Von Buchau kminen wir nun über die Bergstädte Laut erb ach und Schlaggenwald nach Karlebad zurückkehren. In beiden findet man, besonders in dein zweiten reichlich Zinn, das dem englischen an Güte gleichkommt. Ansierdem ist aber die Porzellanfabrication in der ganzen Gegend (Pirteuhammer, Dahlwitz, Alt-Nohlau) eine bedeutende. Ein Ausflug von Karlsbad nach Norden bringt nus in das Städtchen Nendeck (!')400 Einwohner), mit Eisengewerten, nach dem Grcnzstädtchen Platten mit Eisen-, Zinn- nnd Blcigrnben, dann beim Spitzbcrg vorbei m die rauhe Gegend von Gottesgab, die zwischen dem Spitzberg, Keil-berg, Sonnenwirbel, ssichtelberg 987 Meter hoch liegt, nnd nur wenige Wochen im Jahre warme Tage hat, an denen nicht geheizt werden muss. Auch sie nährt sich von Zinn- und Eisenbcrgban. Ein berühmter Name ist Joachimsthal, das wir ans der Straße, die sich zwischen den Spitzberg und Keilberg hineinzwängt, erreichen. Anfangs ein Dörfchen, Konradsgrün, erhielt es dann den Namen nach dem Grafen Joachim Schlick, der dessen Silberbergbau hob. Schou 15i->0 war Ioachim^thal eine freie Bergstadt mit 1000 Zechen, «000 Berglenten, N00 Steigern nud l<>" Schichtmeistern. Seitdem ist der Silberreichthum freilich sehr geschwunden und es wird zumeist nnr Blei gewonnen. Im Jahre l519 wurden auf Veraulafsuug des Grafen Schlick hier Münzstnckc geprägt, welche auf der Vorderseite das Bildnis des hl. Joachim trngen nnd Ioachinisthaler, auch Schlickruthalcr, hiefwt. Im Jahre 15^8 tam die Mi'mze nach Prag, der Name „Thaler" erhielt sich bis heute und gicng in alle Sprachen über. Zn Anfaug des ^. Jahrhunderts, wo der Bergbau von Joachimsthal blühte, war auch cm reges geistiges 5,'eben hier nnd noch hcnte glänzen in den protestantischen Liederbüchern einige Perlen geistlicher bieder des Ioachim>?thaler Pfarrers Ät athesi n s nnd des (Icnitoro H e r r in a n n, während Elias Sorbinn s unter den gekrönten Dichtern seiner Zeit erscheint. Von Schlacken werth führt die Bahn wieder ins Thal der Eger, welche sich mit ihren gelblichen Wellen bald zwischen graucu, melancholischen Felsen windet, bald durch breite, fruchtbare, grüne Ebenen dahineilt. Ein nettes Städtchen ist Klösterlc (2400 Einwohner), wann im grünen Thal gelegen, mit üppiger Vegetation, Sitz eines Majorats oer Grafen Thun. Nicht weit davon ragt weit in die Eger der Tümpelstein, in welchem dcr Sage nach nngehenrc Schätze verborgen liegen, zn denen man jedoch unr gelangen kann, wenn der Priester am Charfreitag die Passion liest. Von Llöstcrle zieht der Flnss durch gesegnete sslurcn nach Kaaden 6 Hajeks Chrouik ins Deutsche. Im darauffolgenden Jahrhundert war Johann von W eing arten (1829—1701) der tüchtigste Jurist seiner Zeit und als solcher von Kaiser Leopold I. geadelt. Am Hutberg zieht die Bahn zn dem freundlichen, am Gebirgsabhang eng zusammengebauten G örkau (5200 Einwohner), das Obstbau, aber auch Industrie pflegt. Nördlich ober dem Städtchen schaut vom Rand des Erzgebirges weit ins Land Schloss Rothcnhaus der Bouqnoys herab. Früher erhob sich hier eine mächlige Bergfeste, die aber im drcißigiährigen Krieg in Schutt sank, woranf der jetzige Bau, ein einfaches aber impofantcs Viereck, 1li?5 vom Grafen Harras aufgeführt wurde. Reizcud ist der große Park, der sich mit dem natürlichen Wald vermischt und dabei Wiesen, überbrückte Schluchten, Tempel, Bäche, Wasserstnrze, Teiche, liebliche Naturbildcr und artige Spielereien in sich fasst. Von der Terrasse des Gebäudes genießt man eine entzückende Fernsicht über die weite Ebene hin, in welcher Vrür, Kommotau, Saaz, Bilin, Görkau nnd Schlösser nnd Dörfer in Unzahl zerstreut liegeu. Immer am Gebirge sich festhaltend, berührt die Bahn ein zweites Schloss, das, ebenfalls von dunklem Nadelwald und frischem Lanbgrün der Hänge cingcfafst, weit in die Ebene sieht, das Lobkowitzsche Eisenberg. Die Aussicht vom Eisenberg mnsstc noch schöner als heute gewesen sein, als zu seinen Fnsicn der Knmmcrncr See seine glänzende Fläche spannte, der hcute ausgetrocknet ist. Er war ein Flnsssce, wic etwa der Bodcnsco oder die italienischen Seen es sind, lind eine Menge Gcbirgsbäche speisten das Wasserbecken, das in der Biela seinen Abfluss fand. Seine Grösic muss Dev Knmmerner See. Teeber,^. Teplitz. 103 beträchtlich gewesen scin, etwa cine HI Meile, so dass er ungefähr dem Zirknitzcrsec gleichkam, mit dem er auch durch die periodische Anschwellung Ähnlichkeit hatte. Seiuc Grenzen sind in dcu Rändern der Thalmulde zwischeu Sccstadtl, Briix, Lind an, Georgenthal uud Ei sen berg leicht zu vermuthen und die Teiche bei Knncrsdorf, Tschausch und Kopitz sind ohne Zweifel die Überreste von ihm. Die Bäche, welche, vom Erzgebirge kommend, jetzt iu die Viela münden und ihn bildetcu, wareu es andererseits auch wieder, die die erste Arbeit der Trockenlegung des Sees vornahmen, indem sie Steine, Sand nnd Gerölle iu Meugc mit sich führten und das Wasserbcckcu allmählich einschnürten nnd verengten, bis die Menschenhände nachhalfen und die Sümpfe vollständig trockenlegtcu. Von dein ehemaligen See heisit noch heilte eiu grauer stelsvorsprnng uuweit Eiseubcrg Seed erg mit den kärglichm Resten einer Ritterburg, zwischeu denen am Palmsonntag eine weibliche Gestalt, einen Schlüsselbund in der Hand, herum-wandclt. Es ist das der ruhelose Geist der stolzen Tochter des letzten Burgherrn, welche ihrem Verlobten schnöde die Trcnc brach nnd von diesem sammt ihrem Schlosse verflncht wurde. Über L ei te u sd o rf eilt der Zug gegen Ossegg (i»000 Einwohner) mit dem bekaunteu Cistercienscrstift, dessen Gebändc zwei Vierecke bilden, die von vier Thürmen überragt werden. Die Stiftskirche macht im Innern durch ihre Malereien und Stuecaturoruamcute einen imposanten Eindruck, interessanter ist indessen die alterthümlichc Prälatnr mit dem schönen Capitelsaal, manchen guten Bildern, Büchern uud Handschriften. Von dem stattlichen Speisrsaal geniesit man eine herrliche Anssicht nach dem Mittelgebirge. Milhost von Maskow gründete 1196 das Kloster, das, reich licschenkt, rasch emporblühte, freilich aber auch schwere Zeiten erlebte. Es wurde von Ottokars Scharen (1248), darauf vou denen Nndolfs von Habsburg (1288) verwüstet, wiederum von den Hussiteu (1421) verbrannt und (1778) von den Prensicn geplündert, erholte sich indessen stets wieder und ist eines der bestbestcllten in, Lande. Seine Mitglieder üben die Sccl-sorgc in mehreren Dörfern aus und leitcu das Gymnasium in Kommotan. Bei dem nahcu Klostergrab vorbei, dessen protestantischer Kirchcnbau, wie weltbekannt ist, den 30jährigen Krieg znm,Ansbrnch brachte, crreichcu wir, Niklasberg uud die Ziuugrubcu vou Graupen beiseite lassend, das „Bad der Vädcr," Tcplitz, in der anmuthigsten Gegend, im weiten Biela-thal, fast nlitten zwischeu dem Erzgebirge uud dein Mittelgebirge. Es sind die elf heißen (25—49" ^.) alkalisch-salinischcn Quelleu, welche dnrch ihr Natroucarbonat uud andere Bestandtheile bei Gicht, Lähmungen nnd Nervenkrankheiten geradezu erstaunliche Wirknng üben und hichcr ans ganz Enropa Kranke ziehen, die Heilung suchen. 10.000 Gäste besuchen jährlich das in seinem änsicrn höchst elegant ausgestattete, jeglichen Comfort des Vcbens bietende, allerdings infolge dessen aber auch nicht gerade billige Bad. Hotels, Badehänscr, Miethäuscr^ Cnrsalons, Trinkhallen, Cafes, Musik, Theater 104 Taö üordwchlichü ^and. dienen den mannigfaltig,,':: Bedürfnissen und der Unterhaltung, großstädtische Warenlager dem Luxns der Gäste. Mittelpunkt des Badclebcns ist am Morgen der fast in der Mitte der Stadt liegende Cnrgarten, wo das Kaiscrbad ans der Hanptcmelle gespeist wird und gegen Mittag der Salon nnd die Meierei im Fürst Clary'schen Park. Am stärksten ist der Bcsnch i,n Monat Angust, weil die Bäder gewöhnlich zur Nachcur gebrancht werden. Ein Relief mit einer Inschrift über dem Sprudel des Stadtbades berichtet uns, wie und wann die heilkräftigen Quellen gefunden wurden: Als der Herzog Nezamysl im Lande herrschte und Kolostinj Gutsherr in der Gegcud war, fauden des letzteren Hirten eines ihrer Schweine, die im Boden wühlten, verbrüht. Es war im Jahre 762, wie Hajek erzählt. Im 14. Jahrhundert fchrint man angefangen zu haben, sich des warmen Wassers zu Heilzwecken zu bedienen uud thut es mit steigendem Erfolg bis hente. Im Jahre 1l-!?9 wnrde Tcplitz in großen Schrecken versetzt, als iufolge eines Wasserdurchbruchs in den Dux-Osseger Kohlenschächten das Wasser der Urquelle ausblieb und die Bergwerke füllte; doch gelang es tüchtigen Ingenieuren, die Quellen wieder abzuteufen. Eine Verlängernng von Teplitz bildet die stattliche Häuserreihe Schö nan's (1500 Einwohner) mit vier großen Badchäuscru uud dem ueu angelegten Kaiserpark nnd zwei weiteren Anlagen, von denen die eine nach dein Tcplitzcr Stadtkind, dem bekannten Nordpolfahrer Julius Payer, die andere nach Humboldt benannt ist. Die Quellen von Schöuau unterscheiden sich von denen voll Teplitz nnr durch eine niedrigere Temperatur, die daher vorgezogen werden, wenn man (Kongestionen oder das Einathmeu der heißen Dämpfe für die Lunge befürchtet. Teplitz-Schöuau ist reich an schönen Pnntten in der Umgebung. Vorerst wäre der Turuerpart zu erwähnen. Saubere Wege führeu in ihm herum nnd längs des Baches, der ihn durchrauscht; hundertjährige Eichen, Tulpcnbäume, Weymouthskiefern, Ahorne bilden die fchönsten Grnppcn anf den grünen Thalflächen und wie in der Anlage, so herrscht anch ill der da und dort zerstreuten Gesellschaft kein Hwaug; der Freund der Geselligkeit fiudet überall Ansprache, Unterhaltung, Musik, der Freund der Einsamkeit lauschig verborgcue Plätzchen. Zwischen Teplitz nnd Schöuan erhebt sich der mit eiuem Tempel geschmückte iVIunt cl<> I^n<>. Aus den sieben hohen Bogenfenstern des Saales im Innern des Tempels, das beständig von Gästen bcfncht ist, bieten sich dem Auge ebcnsoviele reizende Landschaftsbilder. Gegen Westen sieht mau die Stadt, gegen Norden den weiten Bogen des Erzgebirges, gegen Qstcn die mächtige Pyramide des Schlossbcrgcs, gegen Süden den Nirsculcib des Donnersbergcs. Die günstige Lage und treffliche Einrichtuugcu sichern auf dem Schicsihause immer zahlreiche Gäste, noch mehr die nicht weit entfernte, auf dem Nucken des Spital-bcrgcs wunderlich aus Schlacken und siegeln erbaute Schlacken bürg, zwischen deren grauen Mauern immer das buuteste Leben herrscht, munteres Behagen an Freiheit, frischer Luft, belebenden: Sonnenschein. Kein Cnrgast, Tcftlitz und U»i,^l>!lmi, 105 dem es nur halbwegs möglich ist, versäumt abcr einen Ausflug nach den: Schlossberg, den die Natur wie eine Schaubühne iu dic Mitte des Thales gestellt hat. Eine schöne Straße führt auf deu Basalt- und Por-phyrschieferlcgel, der stellenweise von einen: Birkenhain, Nussbämuen uud Eichen besetzt ist und von den letzteren früher auch ä u I, i--> v « K-l, i>u i-!>, Eich b erg oder Do brauer Berg hieß. Auf seinem Gipfel ragen die weiten Trümmer einer im 30jährigen Kriege wiederholt von den Feindcu besetzten und daher nach dein Fricdeusschlnss geschleiften Burg. Die Fernsicht ist bezaubernd. Im Ostru entdecken wir am schimmcrudcu Elbcspiegel Aussig, herwärts gegen das Erzgebirge das seit 1814 neu erbaute Städtchru Karbitz und das weite Feld, welches die Tschechen seit der Niederlage der Deutschen ^pntz. ini Hussitenkriege Bihanc (Feld der Flucht) ncuueu. Über Karbitz hiuaus sieht man Kulm, Ar be sau uud auf dem Gcbirgskamm die Kirche von Noll end orf, die Gegend, wo Vaudamme sich am 30. Angust 1813 mit -10.000 Mann den vereinigten Österreichern, Russen und Preußen ergeben musste. Im duftigen Hintergrund rechts davon sieht man das riesige Sand-steingebild des Schneeberges, links, vom dunkeln Erzgebirge überragt, Osscgg, Nieseuburg, den Köuigshügel bei Klostcrgrab, den Kostner Forst, deu Mühlberg bei dem vielbesuchten Eichwald, den Thiergarten von Doppel-bnrg, die Wilhelmshöhe bei Granpeu, das Iesuiteucollcgium Mariasch ein, die Ruinen der Burg Geicrsberg, die alte Wächtern: des Passes nach Sachsen — im Süden abcr steigen die Kegel des Mittelgebirges empor, 106 Das »ordwüstliche ^and. an ihren Abhängen grüßt das Schloss K r e m n s ch, das düstere K ostenblatt — zu unseren Fiisicn liegen die Häusergruppen von Teplitz, in der Ferne zeichnen sich die Gcbirgszüge von Karlsbad, dic Hügelketten der Umgebungen Prags am Horizonte ab, — das alles umfasst der entzückte Blick. Wer die Burg erbant, ist nicht überliefert. Anfangs des 1?. Jahrhunderts gehörte sie dem Schwager Wallensteins, Wilhelm Kinsky von Chinitz und Tcttau, und kam nach dessen Ermoronng in Eger durch Schenkung von Seiten des Kaisers an den Fcldmarschall Aldringen, darauf durch Heirat au die Fürsten l^lary. Trennen wir nns l endlich von dem reizenden Badeorte, so führt uns die Bahn bei Schloss Türmitz ins Biclathal, in dein wir nun aufwärts bis Station Tschocha u fahrcu. Über Borislau steigen wir daun ins Mittelgebirge. Es zieht sich von Laun uud Brüx nordöstlich über die Elbe bis Kamnitz uud Hayda in eiuer Breite, die nördlich durch das Eulauthal, die Elbe und die Bodensenke Loosdorf-Ohlisch-Kamuitz, Falkenan, im Süden dnrch die Egcr, den Munkerbach und die Straße Anscha, Graber, Vöhmisch-Leipa, Hayda bezeichnet ist. Obwohl der Kern des ganzen Gebirges Aasalt ist, bleibt die Physiognomic doch nicht überall dieselbe und es lassen sich leicht drei Gruppen unterscheiden, welche durch zwei Tiefcnlinicn, nämlich das Elbethal und das Bielathal bei Aussig, angegeben werden. Das Gemeinsame aller drei Gruppcu sind die domförmigcu isolierten Kuppen aus Phouolith, die auf dem rückcnförmigcn Vasalt aufgesetzt sind; das Nuterschcidcudc ist, dass iu der südwestliche« Gruppe dieser Nucken lauggczogcu und schmal ist, in den beiden andern dagegen breite, hohe Plateaux bildet, doch so, dass sie iu der nordöstlichen Gruppe mauuigfach durch Tiefenlinien zerschnitten erscheint, während die nordwestliche Gruppe ciu ziemlich einfaches comvactes Ganze darstellt. Die südwestliche und bekannteste Gruppe führt deu Flamen nach ihrem (lentralpunt't, dem Milleschaner- oder Donncrsberg. Aus einem platranartigcn Rücken, der sich von Liebhausen bis Aussig erstreckt, ragen einzeln oder gruppenweise stark abgerundete Bergknppen empor. Die wichtigste ist der Millesch ane r bcrg M5 Meter), um den sich der K letschc n-berg (704 Meter) und die beiden F ranz bc rg c (662 Meter) stellen. Getrennt dnrch den Sattel von Kostenblatt erhebt sich das Brez in a - Pl ateau, das, dicht bewaldet, in der Mitte etwas vertieft ist uud dessen Ränder die zwei Klotz berge (734 Meter nnd 670 Meter) krönen. Südlich steigt das vielgeglicdcrte Plateau des 5)tadcl st eine s mit dem Zügcnrücken uud der schöncu Fclsspitze des W o str e y 715» Meter empor. Nördlich vom Douuers-berge liegt das Padloschin e r Platca u mit der stach abgerundeten Klippe des Glabcrbcrges l50'.' Meter). An seinem östlichen Abhang befindet sich jcucr schroffe Absturz zur Elbe, welcher sowohl wegen der höchst iutercssanteu radialenAbsouderuug derBasaltsänlen am W rkotsch gegenüber dem Schrccken-stcin, sowie wegen der merkwürdigen Wechsellagcrnng des Basaltes und des Krcidesandstcins den Geologen wohl bekannt ist. Das böhmische Mittelgebirge. 107 In dor nordwestlichen Gruppe, am linken Ufer der Biela mit dem Oätschenbcrg bei Anssig (547 Meter) nnd Pfaffenbcrg bei Bodcnbach, sindTertiärbildungcn von Thon, Schiefcrthon nnd Sandstein, die anf mächtigen Braunkohlenflötzen anfrnhcn, ans denen jährlich 19 Millionen Ctr. Kohle gewonnen werden. Die nordöstliche Gruppe rechts der Elbe hat keinen dominierenden Pnnkt und zerfällt in mehrere Plateaux mit einzelnen Hohen, wie der Tambnsch 671 Meter bei Aussig, der felsige Geltschb erg 719 Meter, der Zinkelist ein <»0K Meter bei Reichen, der D obern er be rg 5)50 Meter bei Tetschen und der schöne Kegel des Kleisberges 750 Meter, ein Wahrzeichen für das nördliche Böhmen. Dieses ganze Gcbirgssystcm übersieht mau vom Gipfel des „Millc-schancr," zn dem man von Pilkan ans beancm in einer Stunde und ohne Schwierigkeiten gelangt. Man sieht weit im Nordosten den blanen Kamm der Sudeten, auf der entgegengesetzten Seite die dnftigcn Linien des Vöhmcr-waldes uud die dnukcln Wälder des Erzgebirges; in diesem Rahmen aber all die herrlichen Ebenen und Thaler des Landes, durchzogen von den glitzernden, beweglichen Lichtbändern der Elbe, der Eger uud der Biela. Es ist ein Bild, wie man es selten wieder findet. Aler. von Hnmboldt wnsstc der Aussicht vom Millcschaucr nnr noch vier andere vorzuziehen nnd der brasilianische Reisende Decamara sagt, er kenne überhaupt keiuc schönere in der Welt. Eine hübsche Restauration sorgt für alle Bedürfnisse der Reisenden, die sich anch der Rcitescl nnd Tragsessel bedienen können, nm hinauf zu gelangen, nnd eine Reihe von Mooshütten bietet originelle Schlafstättcn. Hcrabstcigcnd finden wir am südlichen Abhang das Dorf Milleschan mit schönem Felsenschloss ans dem Jahre 1(!82 und von da erreichen wir auf der Strafte, die sich zwischen deM Donncrsbcrg nnd Klotzbcrg hinzieht, bei den Überresten von Kostcnbla tt vorbei, Dnx (:'>300 Einwohner) mit seinen reichen Branntohlengrnben. Sein Schloss ist eines der schönsten Gcbände des Landes, einst im Besitze der Lobkowitzc, jetzt Waldstciuisch. Interessant sind: die Bibliothek, die Bilder-gallrrie nnd die verschiedenen Sammlungen. Unter den Gemälden verdient jenes Beachtnug, welches darstellt, wie Heinrich Waldstcin 1254 dem König Dttokar seine 24 Söhne vorführt, nnd zwei Bilder Walleustcins, das eine ihn als juugen Mauu, das andere als crgrauteu Krieger zeigend, von der Hand des Meisters Van Dyt, Sonst wird noch die Partisane, mit der der Herzog durchbohrt wurde, sciu blutiges Hemd, ja sogar ein Stück seines Schädels gezeigt. Dic Bahn führt nns südwärts nach dem Städtchen B ilin (5800 Einwohner) an der Biela mit seinen« schönen thurmförmig aufsteigenden Phonolith-kegel des Boren oder Bilinerberges (534 Meter), anf dessen Klippen uian ein schönes rothes Moos sammelt, und mit dem weltberühmten Sauer-brunn, dessen Wasser in alle Gegenden versendet wird. Fahren wir südwärts, 108 Das uordwestlichc Vand. so treffen, wir ill öder Gegend andere Gaben der Natnr, die kostbaren Bitter-Wässer voli S e d l i tz, S a id sch i tz und etwas westwärts voni letzteren Pill it a. Das Hanptdepot dieser Nässer ist in der nahen Stadt Brüx (10.000 Einwohner), deren Burg schon bei dem Einbruch Ottos I. im Jahre 9:>«', Heinrichs II. 1004 nnd Heinrichs III. 1010 eine Nolle spielte. Sie hatte, wie die Castclle bei Tauss die bequemste Einbrnchsstelle dnrch den Böhlncrwald zn schützclt hatten, die Aufgabe, die Übergänge des Erzgebirges in dieser Gegend zu bewacheu, daher sie anch Landeswart hieß. Man hat sich Brüx für die alten Heilen als einen Brückellknopf an der Biela und dem Knmmerncr See zn delikcn, wie denn der Name Pruks, dln^vln-N««^ I'on« es andeutet. Von dem lateinischen !'o,,^ nannte sich der Brürcr Georg Bart hold, ein gekrönter Dichter unter Nndolf ll., t'ontunn^, ebenso sein Zeitgenosse Jako b Spanmüller, einer der tüchtigsten Kenner der classischen Sprachen. Ein Vrürer Kind war der Illii gcborne, als Eontrapuuktist bekannte (lompositmr Andreas Hammerschmidt. Bei dem Städtchen Laun (5600 Einwohner) überschreiten wir die Egcr. Es liegt anmuthig zwischen frenndlichen Obstgärten und thnt stolz anf seine Dcchanteikirche, die sein Bürger Vene sch zwischen 1520 und 1528 baute. Er war 1451 geboren, erhielt sorgfältige Erziehung, bildete sich im Ausland aus und wurde des König Wladislaw Hofbanmcistcr, als welcher er die neue Residenz auf dem Hradschin baute. Von England hatte er sich die Vorliebe für die aus Kreisverschlingnngen gebildeten Nctzgcwölbe geholt, von Baicrn dic Vorliebe für Hallenbanteu, uud baute darnach die Basilica der heiligen Barbara in Knttenbcrg um. Seilt Meisterwerk ist die Brürer Kirche nach Ingolstädter Motiven. Andere Werke des Meisters sind die Kirchen zn Aussig, Hohenmaut nnd die Hiniinelfahrtskirchc zn Kuttenberg. Er starb in Lanil 1537. Unterhalb Laun an der Eger liegt das Städtchen Libochowitz, der Geburtsort des Gelehrten und tschechischen Dichters Johann Purkync (geb. .1787), an dessen Namen sich eine Menge Entdeckllilgen auf anatomischeit«, uud physiologischen: Gebiete knüpfen. Für seine Nation hat er Schillers Gedichte in sehr gelnngencr Weise übersetzt. Wir fahren nun rasch in mannigfachen Windungen an dem netten Thuu'schcn Schloss P e r ntz nnd an Hl o n i tz vorbei in das reiche Kohlenbecken des mauernmschlosscnen Schlau (6000 Einwohner) und jenes unerschöpfliche bei Kl ad no (14.200 Einwohner), welches auch mächtige Eifcugrnben und die größten Hochöfen des Landes besitzt. Wir sind damit in die Nähe der Hanpistadt gelangt, müssen jedoch, um diese städtereiche Gegend des Landes vollständig kennen zu lernen, nnsere Eilfahrt auf der Bahn noch einmal west- und nordwärts wenden. Von Kladno aus ziehen wir über Straschitz auf dem Plateau des wallartig in seinen Abhängen aus Nothliegcndrm, im Scheitel aber ans Sall;. PlasS. 109 Sandstcinfchichten znfammcngesetzteu Zbänwaldes «528 Meter) dahin, und gelangen in starter Wendung nach Norden in die gesegneten Gefilde von Saaz (8900 Einwohner), das sich zu beiden Seiten der Egcr ausbreitet, über welche eine Kettenbrücke führt. Einige Reste der Umfassungsmauer erinnern an das Jahr 1419, wo deutsche Heere umsonst diese Hnssitenfeste belagerten. Denn ehemals war Saaz, Zatcc, eine tschechische Stadt, ol'wohl ihre Bewohner hclttzutage nur mehr deutsch reden. Ein altes Gebäude ist dasN^athhaus. Vor ihm steht ein Steinbrnnncn, ober welchem das Standbild eines Kricgsmannes sich befindet. Es ist der Sage nach Äoresch, dcr wackere Nachtwächter. In alten Zeiten nämlich waren die Saazcr zur Nachtzeit von schlimmen Erscheinungen geplagt nnd niemand wollte mehr Nachtwächter sein, nachdem einige derselben beim Nnudgang auf der Stadtmauer todt gefunden worden waren. Es hatten sie offenbar die gespenstischen Scharen getödtet, welche Nacht für Nacht vor der Stadt lagerten nnd miteinander kämpften. Da erbot sich ein beherzter Mann, Vorcsch mit Namen, das gefährliche Amt der Nachtwache zu übernehmen nnd fand nicht nnr den Mnth, int Angesicht des Spukes die Stadtmauer zu begehen, sondern auch die gespenstigen Kämpfer dnrch ein kräftiges ^ied: „Alle guten Geister loben den Herrn" ans immer zn verscheuchen. Seitdem blieb das Nachtwächtcramt in feiner Familie nnd die Stunden werden noch heute mit dem Klang des Nachtwächterhorns angezeigt. Weltbekannt ist Saaz dnrch seine» Hopfenban, der sich besonders gegen Stankowitz nnd das Goldbachthal anfwärts gegen Kriegern zieht. Wie Wälder stehen die Hopfenstangen, reich von dem kostbaren Gewächse umrantt, stundenweit eng zusammen, während anf dem Boden Gemüse, Gurken und Melonen durcheinander wachsen. Der Hopfenbau ist von viel Arbeit, Sorge uud Aufrcguug begleitet, da ein Nittrrnngsuinschlag alle Ernte in Frage setzt, aber er ist sehr einträglich nnd ein günstiges Jahr kann den Besitzer eines Gartens zu einem reichen Manne »lachen. Zur Zeit der Lese wimmelt Saaz von Agenten nnd Händlern und die Stadt ist eine eiuzigc Frnchtbörse, deren Schwanknngen in weitester Ferne Vierprcisc nnd Bicranalität beeinflussen. Hnndcrtc von Familien leben übrigens anch von dem Gemüsebau und auster den Gurken erfreut sich die gelbe Rübe, die Zwiebel nnd der Fenchel eines besondern Rufes. Ein Bild ist es, bei dem das Herz lacht, wenn man über die üppigen Fluren des Goldbachthales hinsieht; aber nmso schrecklicher war es, als im Mai 1872 dieses kleine Vächlcin infolge eines Woltenbrnches anfschwoll und all den keimenden, blühenden Segen vernichtete uud Hunderte Wohunugen fortriss! Von Saaz führt uns ein andrer Eisenschienenweg über P odersam, Kriegern, Schcles, lauter reichgescgnete Ortschaften, nach Plafs, dessen ehemaliges Cistercienserstift heute ein Mctter-uich'schos Schloss ist, so mufaugrcich iu feinen Nebengebäuden, dafs man cin kleines Städtchen zn sehen meint. Das Städtchen liegt in waldreicher legend am Stielabach, der zur Vcraun eilt, und hier wollen wir die Bahn 110 Das uoidwestliche ^cmd. verlassen, um den Rückweg längs der Beraun nach Prag einzuschlagen. Dabei wäre eine Wanderung an ihren Nfcrn allerdings sehr lohnend und böte der Landschaftsbilder, Dörfer, Schlösser uud Rnincn, die sich in dem Wasser des Flusses spiegeln, genug; wir können aber anch noch den Umweg über Kralowitz nach Rakonitz (5200 Einwohner) machen, dessen Reichthum jetzt in seinen Kohlengruben besteht, während er früher in den Salzwerken gelegen haben soll, die 750 Herzog Nczamysl entdeckte und die einen großen Wohlstand crzengten, bis die neidischen Saazcr die Werke zerstörten uno verschütteten. In Rakonitz sind wir wieder auf einer Station des in dieser Gegend dichtgelcgten Schienennetzcs und die Locomotive führt uus im Thal der Nakonitza in jenes der Berann. Auf der Stelle, wo der Bach in den Fluss rauscht, erblicke!« wir mitten in den weit sich dehnenden Forsten, zwischen Waldhängcn nnd malerischen Hügeln, überraschend schön gelegen, die stattliche, durch Alter und Geschichte interessante nnd noch bewohnte Burg Bürglitz. Eiu bequemer Fahrweg zieht sich ans dem mächtig hohen Bergrücken hinanf und durch eine lange düstere Thorhalle gelangt man in den geräumigen ersten Hof, in dem ein halbrunder Thurm, die I^clumoi-nll, (Mcuschcuwürgerin) mit Gefängnisräumen nnd ein viereckiger, die Ilusl«rkl^ einst Gefängnis des Adepten Kellcy, ragen, außerdem aber noch die Reste der königlichen Hof-bnrg starren. Ein cugcr Thorweg führt dann iu den zweiten Hof, der dnrch die Gcbände des königlichen Palastes gebildet ist, eine schöne Kapelle enthält uud dnrch einen kolossalen Rnndthurm an der Ostscite geschützt ist. Die Geschichte der Burg, die ursprünglich Ilrvoplnt, dann Hraoek und deutsch Bürglein hieß, woraus Bürglitz wurde, reicht ill die graue Vorzeit zurück. Hier wurde 1100 Bictislaw II. ermordet uud zehn Jahre später restaurierte sie nach Kosmas Wladislaw l., worauf Ottokar I. längere Zeit in derselben, wie Dalimil erzählt, ein üppiges Hoflebcn führte. Noch häufiger hielt von hier aus Wenzel l. große Jagden, anf deren einer er sich die Todcskrankheit holte, und sein Sohn Ottokar ll. nnternahm einen großartigen Nmbau der Burg, die start befestigt in den Wirren des Interregnums nach der Ermordnng des letzten Prcmystidcn Wenzel III. zu Olmütz von dein tapfern Wilhelm Zajic von Waldct im Intcreffe der Prinzessin Elisabeth gegen Kaiser Rudolf, Heinrich von Kärnten nnd selbst gegen ihren Gemahl Johann Uon Luxemburg besetzt hielt, als sie von ihm unwürdig behandelt wurde. Er schützte sie bis zu seiuem Tode 1319, worauf der König seine Gemahlin nach Mclnik bringen, ihren Sohn Karl (IV.) aber in Vürglitz bewachen ließ. Zur selben Zeit gab hier der österreichische Herzog Heinrich, welcher mit seinem Bruder Friedrich dem Schönen bei Mühldorf gefaugeu geuommen und Hieher gebracht wordeu war, eiu schönes Zcuguis der Worttrcue. Entlassen, nm mit seinen Brüdern die Vedinguugeu seiner AuslLsuug zu besprechen, kehrte er, als diese zu schwer befunden wordeu waren, in seine Haft nach Bürglitz zurück und blieb daselbst noch ein Jahr Gefangener, worauf ihn König Johann gegen 3000 Mann Das nllrdostllche Land. HI entließ. Zur selben Zeit erhielt auch der Kronprinz Karl seiuc Freiheit nnd zog bald darauf mit sciuer schönen Gemahlin Blanka von Balois in Bürgliy ein. Eine von Karl Egon Ebert bearbeitete Sage erzählt, dass der Prin;, als seine schöne Fran am Krankenlager sich nach Nachtigallcnsang, dcn sie liebte, sehnte, alle diese Sänger der Ilmgcbnug zusammensangen und in die Büsche der Burg bringen liesi. Bei, dem Flöten der Nachtigallen gebar ihm die Fürstin ihr erstes Kind, die nachherige Königin von Ungarn, Margarete. Noch einmal später wurde Bürglitz derart eines zurückgezogenen Eheglückes, als (1560) der Erzherzog Ferdinand seine ihm heimlich angetraute Fran Philippine Welscr hier vor dem strengen Vater Kaiser Ferdinand !. barg uud von ihr einen Sohn, dcn uachhcrigeu Markgrafeu von Bnrgan, erhielt. Öfter war aber die Bestimmung der Burg eine düstre uud schloss wiederholt Gefangene ein, so den Anstifter der böhmischen Verschwörung 1547 Johann Angusta und seinen Genossen Jakob Bilck. Von dcn Schrecken des 3Njährigcn Krieges blieb Bürglitz wie von denen der Hussiteuwirrcu unberührt, litt aber wiederholt dnrch Brände. Seit Ferdinand III, kam das kaiserliche Schloss an Private und ist jetzt im Besitz der Familie Fürstenberg. Anf der Station im Thal ertönt das Zeichen des herannahenden Znges, wir beeilen uns, hinabzukouunen, steigeu ein und die Dampfmaschine führt uns in dem romantischen Berannthal zur Hauptstadt zurück. 5. Vas nordöstliche (and. (Melnik. — Nciudnitz. — Schrcämsttm. — Aussig. — Tctschen. — Das Elbcscmdstcm-gcbirge. — Böhmisch-Lcipa. — BüraMn. — Nrichstadt. ^ Der Nollberg. — Die Büsige. — Trosky. — Ncichrnliera,. — Fricdland. — Das Isergcbirgc. — Das Niesen-gcbirge. — Traiitenau. — Mcrsbach. — Weckclsdorf. — Brauimu. — Der Sftieglitzcr Schneeberg. — Küniggrätz. — Ioscsstadt. ^ Könissiuhof. — Gitschin. — Podiclircid. — Nimburg. — Iuiizidnil^a!,. — Nltbiln^lau, - Vra„dri^.) Eine Ncisc voll Ocuuss erwartet uns, wenn wir uns nnnmehr, mit einem Zuge der Staatsbahu Prag verlassend, nach dem Nordeu des Vaudes wenden. Die Bahnfahrt durch das enge Fclsenthal der Moldan bis Wcpick, dann dnrch die freundliche Ebene voll Melnil und längs der paradiesischen Ufer der Elbe bis Aussig, von da endlich die Wasscrfahrt auf dem Dampfschiff bis an die Grenze gehören zu den lohnendsten Partien nicht blosi in ^DAkrrclch, soudcrn in Europa. Nächst dem Nheiu und der Donan dürfte ^Ml'^uss des Kontinentes diese Fülle von wechselnden Bildern, diese maß- voUe Schönheit der Ufcrlandschaften bieten. 112 Dllö lwrdllstnchl' V^nd. Die Locomotive dampft laugsam über den ^1W Meter langen Bia-duct, dessen 87 Bogen das 5tarolinrnthal, die Jerusalem- uud Hetzinsel, einige Arme der Moldau und den Hauptstrom überbrücken und dessen Bau ^'/2 Milliouen gekostet hat, zieht darauf in rascherem Tempo über den östlichen Theil von Banmgartcn nnd Vubentsch fort und braust mitten aus grünlcbcudigcn, sonnigen Scenerien zwischen die düster melancholischen Felsen-Wände der Moldau. Langsam folgt dic Bahn den oft scharfen Wiudungeu des Flufses in stiller, abgeschiedener Einsamkeit bis Rostok dahin, dessen Obstgärten angenehm überraschen, dann geht es in dem engen Thal weiter au Libs chit; nnd den Ruinen von Chwatierub vorbei nach itralup, wo sich die Bahu mit jener nach Kladno und Inngbnnzlan kreuzt. Am rechten Nfer des Flusses öffnet sich die, Gegend, am linken aber ragen noch steil die Abhänge des Koperbcrgcs, au denen Mühlhausen mit Lob-kowitz'schem Schloss lehnt. Erst wenn wir durch einen Tunnel hindurch in Station Weltrus eingelaufen sind, haben wir anch links das Gebirge hiutcr uns und fahren, bei Weprek die Moldan verlassend, mitten durch die lippig schöne Ebene nordwärts. Der Blick dnrch dieselbe ist reizend. Rechte sieht man die Moldan sich majestätisch ostwärts wenden, eine Zeitlang als blinkendes Wasserband sichtbar, später an Gebüschen und Baum-reihen erkennbar bis dorthin, wo das Auge an ciuc Hügelkette stößt uud Melniks Thürme die Vereinigung der beiden Landcsströmc bezeichuen. Der Zug der Verge, der sich von dem angegebenen Punkte nordwärts richtet, gibt dauu auch den Laus der mächtigen Elbe an uud unser Auge schweift über die einzelnen Gipfel, fo den Spitzbcrg, den Lummelbcrg fort, bis es durch die Riesengestalt des Geltschb ergcs in blauduftiger Ferne bei Anscha, gradans im Norden, gefesselt bleibt. Links aber im Westen erhebt sich, nun^gauz dcntlich, der schon lange Zeit sichtbar gewesene dunkle Basaltkegel des Nip oder des Gcorgsberges, dessen Masse umso imvosauter wirkt, je isolierter er ans dem Flachland ragt. Während der Fahrt lassen sich die Thnrme Melnits immer deutlicher unterscheiden, weil sich die Bahn der Stadt, obwohl sie dieselbe seitwärts lässt, immer nähert uud von Station Ientschowitz könnten wir sie in einer Stunde erreichen. Melnik (4ütz. der ersteren hängen (!»»0 meist historisch interessante Stücke in 12 Sälen. Neben vielen fürstlichen Bildnissen sieht man da das Portrait des Gründers der Gallcrie, des böhmischen Staatsmannes Wratislaw Pernstcin und seiner schönen Gemahlin Maria da Lara, deren Tochter Polyrcna die Frau jenes heldenhaften Wenzel von Lobkowitz war, der 15>9li als Oberster gegen die Türken bei Erlau fiel. Neben ihr hängt ihr Sohn, der bekannte Wenzel Ensrb ^'obtowitz, der Minister Leopolds, dann eine Reihe von Ahnenbildcrn der ^obtowitze, Pernsteinr, Noscnberge nnd derer von Mcndoza. Bon größcrem Werte wohl ist noch die Bibliothek mit 52.000 Bänden, 1200 Vllnsshans: Das Komgrnch Böhmen, 8 114 Tas nordöstliche Land. Incnnabeln und 600 Manuscriptcn. Ihr Stolz ist ein Prachtcoder dos Plato, den Bohnslaw von Lobkowitz (^ 1520), der bekannte Dichter und Gründer der Vüchersammlnng, griechischen Flüchtlingen iu Venedig mit Gold aufwog. Nandnitz gehört zu den ältesten Städten des Bandes, une denn auch erzählt wird, dass auf dem nahen Rip Tschcchs Scharen ihr erstes Lager aufgeschlagen hätten, während sich das Dorf Ctinowes rühmt, der Begräbnis^ ort Tschcchs zu sein. Iui 12. Jahrhundert war Randnitz ein Tafelgnt der Präger Bischöfe nnd kam in den Hussitenkriegen an Johann Smiricky, jenen mächtigen Parteigänger, der 1450 ans Befehl Georgs von Podicbrad in Prag hingerichtet wnrdc. Einige Jahre früher saß anf Randnitz ein interessanter Gefangener, cin Abenteurer oder Narr, der sich König Artns nannte, bei Staditz scinc Tafelrunde hielt und groftcn Zulauf hatte, bis ihn Smineky festnahm. Iln Jahre 1K03 kam dnrch Heirat Nandnitz als Erbthcil der verwitweten Polyxena von Rosenberg, jener dnrch Schönheit nnd Muth ausgezeichneten Frau, die Slawata und Martinitz nach dem Fenstersturz das Leben gerettet hatte, an Zdcnko von Lobkowitz, dessen Geschlecht das Schloss noch immer besitzt. Als dic Lobkowitze das Herzogthum Sagau verkauften nnd damit den Hcrzogtitcl verloren hätten, erhob Josef II. Nandnitz zn einem Hcrzogthmn. Vou Naudnitz ab hält sich die Bahn noch eine Strecke an der Elbe, dann aber zieht sie dnrch die weite Ebene in schnnrgcradcr Richtung nnd die Egcr überschreitend gegen Lobositz. Gerade in der Mitte dieser Bogensehne, bei P ans ch ow itz, sieht man nordwärts die langgestreckten Wälle der sscstnng Theresienstadt, welche Josef II. 1780 an der Stelle der ehemaligen Dörfer Dcntsch-Kovischt und Trabschitz erbante nnd zu Ehreu seiuer Mutter benannte. Etwas seitwärts an den Höhen des rechten Elbenfers winken die Thürme von Lcitmcri tz (11.000 Einwohner). Es ist eine ansierordentlich freundliche und malerisch gelegene Stadt, die infolge des Zusammenflusses vieler Straßen, der Elbcthalbahn und der Elbcschisfahrt sehr belebt ist. Leitmeritz ist cin Vischofsitz, den jetzt der gelehrte nnd liebenswürdige Sohn des Städtchens Hainspach, Dr. Frind, innehat; cncherdem besitzt es eiu Alumnat, ein Dominicaner^ nnd Kavuzinerkloster, cin Nonnenkloster, weiter Spitäler, ein Taubstummeninstitut und verschiedene Schnlen. Ans alten Zeiten stehen noch Reste der Stadtmauern und eine Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert. Die Ncnzeit baute vor der Stadt, die acht Vorstädte hat, hoch über der Elbe ein imposantes Vränhans, dessen Erzeugnis sich in und außer dem Lande eines vorzüglichen Rnfes erfreut. Fahren wir von Banschowitz weiter, so genießen wir rechts nnd links über die Ebene hinweg schöne Aussicht übcr ciuen reichen Kranz von Bergen: da die malerischen Basalttcgel des Mittelgebirges, den Lobosch, Milleschaner, Klctschcn, den Kostial und den cinsamstchcndcn bnrggekröntcn Hascnberg» Tscheinosel. Tchrcckcnstcin, ^^ dort auf der anderen Seite den Geltsch, Kelchbcrg, den Kreu^bcrg, Hradisko und Radbyl. Bei i^obositz erreichen wir wieder die Elbe. Das Städtchen, hcnte iin Besitz der Schwarzenbcrge, ist allgemein bekannt durch die Schlacht am 1. October 1756, an die eine Kapelle crinuert. Bon hier an treten wir in das enge Thal, welches sich der Flnss ins Mittelgebirge eingcschnitten hat. Die Ncbengelände des weinberühmten Tscherno sek, grüne Abhänge, schrosfe Fclsmassen, dunkle Wälder, freundliche Dörfer, die belebten Eisen-bahustrecken zu beiden Seiten des Flusses, anf welchem zahlreiche Schiffe dahingleiten, bieten stets ncnc, reizende Bilder, kaleidoskopisch wechselnd, bald lachend heiter, bald melancholisch ernst. Es ist diese Strecke nicht mit Unrecht Böhmens Paradies genannt. Je weiter nordwärts, desto romantischer wird die Fahrt und eines der schönsten Stellen ist die von Schrecken st ein, ein hoher mit Burg/ trnmmern gezierter Klingstcinfels, der sich aus dein Oe^ birgszug bis zur ^ Elbe herandrängt ^ und steil ins Wasser abstürzt. Von drei Seiten ist die Burg unzugänglich nnd, auf der vierten durch einen Gürtel von Zwingern undMau-l'rn geschützt, mochte sie wohl den Namen, ein Schrecken der Feinde, verdienen. NachHajeks(5hronik wäre die Feste schon 820 erbaut worden, Urknnden aber wissen von ihr erst zu An-^ fang des 14. Jahr-^ Hunderts, wo sie als 1 lanoesfürstl. Vehen i Pieschik von Sti'c-fow besasi. Er verlauste sie aber bald an die Wartcnberge, denen die .'«iinsky als Herren folgten. Im Jahre 1415 finden wir Wlassek von Kladno, einen eifrigen Anhänger Sigmunds, anf Schreckenstein, der eine Rolle während der Kämpfe der Hnssiten gegen die meißnische nnd thüringische Ritterschaft im Jahre 1425 spielte. Auch im 30jährigen kriege war der Schreckenstein wiederholt von schwedischen und sächsischen Kricgsvölkern besetzt und im siebenjährigen nistete sich noch eine Kroatenschar in den schon zerfallenden Gebäuden ein, um von hier aus Ausfälle lind Streifzüge gegen die Prenßen >',li machen. Wiederholt gaben die kühnen Rothmäntler den Feinden zu schaffen, erschossen ihueu einmal ciuen (General und uahiueu ein andcrcsmal ihrer 200 gefangen. Seitdem verödete die Burg ganz, ihr Dachwrrk brach ein und Wind und Wetter verzehrten die Farbenpracht der Wände. Ein Schenk-wn't reicht ill den Trümmern Erfrischnngcn, denn Bürger aus Aussig, Badegäste aus Tevlitz, Touristen und Landschaftsmaler ersteigen oft die 8» 116 Tas nordüstllcho ^llnd, interessante Höhe. In kurzer Frist dampft der Wagenzug, da wo die Bicla sich in dic Elbe ergießt, in dic Stationsgebäude Aussigs (16.500 Einw.) cin. Alls dcn Perrons hier ist's immer lebhaft, da die Bahn nach Teplitz abzweigt und die nahen Kohlenbergwerke anch einen lebhaften Kohlrntransport und regen Industriebetrieb, Handel mit Getreide, ^bst nno Holz, mit sich bringen. Allerdings bekam durch dicfcs nützliche Erdproduct Aufsig auch cin etwas verräuchertes, rußiges Aussehen uud wo man hiufieht, sind die Straßen nud Wege schwarz. Im übrigen ist die Stadt nicht unfreundlich. Im Jahre 1426 war sie der Schauplatz eines erbitterten Kampfes. König Sigmnnd hatte sie an Meißen verpfändet, die Hussitcu waren aber herangezogen, die Meißner zn vertreiben, ^eipa, Weißwasser, Dur, Graupen, Tcplitz hatten die letzteren schon geräumt, aber in Aussig trotzten sie noch den Kelchbrüdern und hielten sich drei Monate lang, als Katharina, das entschlossene Wcib Friedrichs von Meißen, cin starkes Heer, die Blüte der meißnischen und thüringischen Ritterschaft, zum Entfatze schickte. Die Böhmen, an Zahl kanm die Hälfte der Fremden, verschanzten sich am Berge Nie Hani bei Prcdlitz. Prinz Korybut, Protop der Große, Johann Sminety ordneten ihre Reihen, die Priester theilten das Abendmahl ans, Korybnt hielt eine fcnrige Anrede nnd Prokop übernahm die Führnng der Schlacht, zu der die Meißner heranstürmten. Es war cin Vcrzweiflnngökampf, die Feldschlangen dcr Wagenburgen rissen weite Lücken in das Heer der Angreifer, die Dreschflegelgarden Prokops schlugen ganze Gassen in ihnen nnd das Blut floss in Strömen. Korybut selbst hieb wacker nm sich, Wacha von Nitschan führte „wie cin Löwe" des Prinzen Banner nnd eine Ncihc von Tapfersten nntcr dcn Tapferen nennt das ^icd „Dell Tschechen ziemt sich's zn gedenken." 15.(XX) Todte ließen die Meißner zurück, als sie sich zur Flucht wandten und Tansendc fielen in den brenncndcn Hänsern von Prcdlitz, während andere bei Granpcn nnd Gciersberg noch ihren Tod fanden. Anch in der Knnstgeschichtc ist Aussig als Geburtsort des berühmten Malers nud Kunstschriftstellers Rafael Mengs bekannt. Er wnrdc aiu 12. März 1728 geboren lind von seinem Batcr Israel, dcr cin Däne von Geburt nnd Miniaturmaler war, zum Maler bestimmt. Daher cmpficng cr in dcr Tanfe dcn Namen des großen Rafael nud wurde fchon als Kind mit der härtesten Strenge znm Zeichnen und Malen angehalten. Im Jahre 1741 nahm ihn dcr Bater nach Rom mit, wo er die Meisterwerke Michel Angelos in dcr Sirtina uud jene Rafael Sanzios im Vatican kennen lernte und sich bald durch eigene Arbeiten so auszeichnete, dass cr 1744 in Dresden Hofmaler wurde. Doch lebte cr nicht immer in Dresden, sondern meist in Rom, Florcuz und in Spanien, überall mit Aufträgen von Seitc dcr Fürsten, des Papstes nnd reicher Privatleute beschäftigt, die ihm ueben großem Ruhm auch ein bedeutendes Einkommen verschafften. 177!) starb er in Rom und wnrde in der Pcterskirche beigesetzt, wo ihm Katharina II. von Russland em prachtvolles Denkmal aufstellen ließ. Er war nicht als großes Genie geboren, aber durch das strenge Studium der formen, edle Composition, correcte Zeichnung und schönes kräftiges Colorit, und durch verständige Vereinigung der Vorzüge Rafaels, Tizians und Eorreggios wusste er die Malcrknnst seinerzeit wieder zu veredeln und zu heben. Seine Fresken sind wieder, uach nmncher Verwilderung vor ihm, edel und würdig, seine Bilder wahr, lebendig und einfacher als alle andern seines Jahrhunderts. Alle Gallcricn Europas sind mit seinen Werken geschmückt. In Aussig stehen Dampfboote bereit, den steifenden, der mit der Staatsbahn angekommen ist, anfznnehmen und ihn weiter zu führen. Für die Betrachtung der liebreizenden Elbeufer, für den ungehiudcrtcu Naturgeuuss ist auch iu der That das offene Deck des Schiffes viel geeigneter, als die gefchlosfenen Waggons der Eisenbahn, aus denen man stets nnr die eine Seite der Gegend betrachten kann. Wir besteigen daher anch das Dampfschiff. Bald zwischen einengenden steilen Bergwänden, bald in erweiterten Thalbeckeu zieht der majestätische Strom dahin, seine Schiffe, Zillen, Flöße tragen, sowie zu beiden Seiten die Wagenreihcn der zwei Eisenbahnen, alles, was aus dem Lande, ja aus ciuem großen Theil der Monarchie nach Deutschland, England, Amerika geht, und die Wunder der Natur verbinden sich mit der staunenerregenden Rührigkeit der Menschen, nin Ang lind Sinn des Reisenden in Thätigkeit zu erhalten. Bei Neschwitz öffnet sich das Thal wieder zu einem weiteren Becken, dem reizendsten, das man sich denken kann. ^inks und rechts die grünenden Berge des Mittelgebirges, im Hintergründe die duuklcn Waldmasfcn der Schuecbcrggruppe und durch eine tiefe Schlucht getrennt von ihnen die Ausläufer des Binsdorfcr Plateans ....... dort aber, wo der Polzenbach daherschießt, anf fchroff aufsteigendem Sandsteinfclfen, als Wächter der Elbstraße und des engen Ansgangsthorrs nach Sachsen, der impofante Gcbändecomplex des Schlosses von Tetschcu, zu dessen Füßen sich das gleichnamige Städtchen lagert nnd das aufstrebende Bodeubach feine achtunggebietenden Indnstriegcbäude bis weit ius Enlanthal ansdehnt. Zahllose Villen auf allen Seiten, zwei gewaltige Eifeubahnbrücken und eine zierliche Kettenbrücke erhöhen das Malerische des Bildes. Vom Landungsplätze aus gehen wir dnrch das Städtchen (5600 Einwohner), das außer eiuer Vorctto-kavellc inmittcu des Platzes und dem hübschen gothifchen Schulgcbäude nichts Srhruswcrtes bietet, zum Schloss. Es ist für deu Fremden nur von ciuer Seite zugäugtich, vom Osten her, wo der nach den audern Seiten steil abfallende Felsen allmählich ansteigt. Durch Frlsrnsprcugung wnrdc für Wagen die „lange Fahrt" hergerichtet, ein 2tt<> Meter langer, breiter nnd schnurgerade aufsteigender Fahrweg zwischen hohen Wänden, der zwar etwas monoton ist, aber der Großartigkeit nicht entbehrt. Durch ein Thor gelangt man in einen Vorhof, der mit Ahornbäumen bevftanzt ist und von seinen Brüstungen die reitendsten ^andschaftsbilder bietet. Über eine Brücke, die „den Tctschnl mid UuissebilUst, 119 Äärengraben" überwölbt, tommt >nan dnrch ein mächtiges Thorgebäude in den innern Schlosshof, der sich als reizender englischer Garten mit Wasserbassins, einer riesigen Akazie nnd dem schönsten Blumenflor darstellt. Ein hoher, freilich stilloser Thurm erhebt sich an der Westseite über dem Gebände nnd bietet ans dem „Tluirincalunet" nach drei leiten hin entzückende Fernsichten in das Ell'ettial hiual'. Das Innere des Schlosse« ist einfach in Einrichtnng; sehenswert al>er ist unter den achtzig (Gemächern der Bibliotheksaal, der 30.000 Bände ans allen Gebieten der Literatnr fasst. Der schönste Schmnck des Schlosses jedoch ist der berühmte Garten, in den man durch die reizende Salaterrrna, oder dnrch das Loggiengärtchen ans der Nordseite »nd dnrch den Bärengraben ans der Südseite heral'steigen taun. Die schattige, romantische Nordscitc desselben mit ihren Brücken, den, Wasserfall, einer Eremitage und einem Rundtempel bietet Erinnerungen an den (Geschmack des vorigen Jahrhunderts. Dagegen ist die Südhälftc, zn der man nm das Schloss hernnidnrch einen Tunnel nnter dem Thnrinfelsen und über eine kleine Kettenbrücke gelangt, mit ihrer sonnigen ssraueuwiesc uud mit ihren rci- Nafarl Äl».'!>>i5>.(X)<» Guldeu zurückzahlen ließ, sein humaner Siuu, welcher stets für Beschäftigung der Armen sorgte und die gauze Gcgcud in eineu Park umwandelte, lebt uoch iu aller Erinnerung. Eiuer seiner Söhne ist der ehemalige Minister Graf Leo Thun. Tetschen wird jährlich von Tausenden Fremden besucht, sowohl von Böhmen wie von Sachseu aus, da es, zwischen drei Bergformationen gelegen: zwischen der vulcanischcu Traftpformatioli des Mittelgebirges mit ihren Basalt- und Phouolithkcgcln, dem krystallinischen Urschicfcr des Erzgebirges lind dem Qnadcrsandstein, der unmittelbar au der Elbe hervorbricht, die mannigfaltigsten landschaftlichen Schönheiten bietet. Es ist glcichfam die Borhallo der böhmischen Schweiz, wir man allgemein das Elbesand st e i n g e b irge nennt. Dieses begilint östlich der Strasie, welche von Königowald über Tyssa nach Raitza führt und ist rin Theil jenes grosicn Sandstein-gebildcs, das überall den Südfnsi der Sudeten begleitet uud uoch eiumal im Adcrsbachcr 'Gebirge zu»u Vorschein kommt. Die südliche Grenzlinie desselben wird zunächst durch dir Thalfurche von Eulau, Tetschen, Loosdorf, Kanluitz bis Faltenan bezeichnet, zieht dann über den Nückeu von Blottcndorf nach Haida, fchließt das Schwojkagebirge mit dein Slawitschek ein und wendet sich endlich über Neichstadt, Warteuberg nach Norden gegen Iohnsdorf, durch das Inngfernthal zum Dorfe Pass und ins Neisicthal. Im Nordeu zieht sich der Sandstein weit über die Grenze uach Sachsen, bloß in den Bezirken Hainspach, Schluckcuau und Rinuburg reicht das Granitgcbirge der Lausitz naäi Böhmen herein, wo man die Thallinie Khaa, Tic bolimiichc Lchwci.;. 121 Schöulinde, das Teichplateau von ^reibitz und den ^'auschebach bic« Georgen^ that als Grenze bezeichnen kann. Der westliche Theil bis zu der Thalfnrchc, welche von Kamni!) nach Daubitz ;ieht, wird besonders die böhmische Schweiz genannt. Sie uinfasot westlich der Elbe die (Gruppe des Tetschuer Schnee-bergs, östlich von derselben bis> zum Kamnitzthal das Biusd orfer Plateau und darüber hiuaus die Dittcrsbachcr Heide. Die Grnppe des Schnecbergs ist eigentlich ein 316 Meter hohes Plateau vou mehr als 1 ^'»Meile Umfaug, auf dem ciu fehr flacher Rücken, der hohe Daum Trlicheu. s5W Meter), sich wölbt, vou denl wieder mehrere Rückeu verlaufen, nordöstlich die Schcibenloppc mit der Elbleiteu und südöstlich der ^achenberg an der Elbe. Im Westen desselbcu erhebt sich der hohe Schnceberg <723 Meter). Von Tetschen aus geht man am besten gleich von der Kctteu-lnückc über Weiher iu der Mulde zwischen der vom Tunnel durchzogenen Schäferwand und dem Spitzberq nach dem reizenden Bielagruud und dann den herrlichen Waldweg gradaus auf deu Gipfel; doch kann man anch über Maxdorf oder Eulau nach dem Dorfe Schneeberg fahren und von hier aus hinaufgehen. Graf Franz Anton ließ oben im Jahre 1864 einen massiven ^22 Das nordöstliche Vnud. Aussichtsthurm, der 33 Meter hoch ist, erbaucu. Die Aussicht ist großartig. In dcr Nähe breitet sich cm ausgedehntes Waldpauorama aus, darüber ragen im Norden die eigenthümlichen Plateauberge dcr sächsischen Schweif der Tschirustcin, der Lampcrtsstcin, ^tönigsstein, Pfaffeustcin, Lilienstein nnd die Winterbergc; nach Osten sieht man die Lansitzcr Verge, den Tannenberg, die bausche; ini Süden öffnet sich das Eulanthal niit Enlau nnd der Ruiuc Blalikenstcin, links davon Vodcnbach, und ein Stück von Tetschen, weiter weg die Hioppcn des Äicittelgebirges. Im Westen '^ieht das ernste Erzgebirge hin mit der Nollendorfer Höhe und nordwestlich wird cm groftes Stück von Sachsen sichtbar, wo sich die Thürme Dresdens am fernen Horizont scharf abzeichnen. Dcr westliche Nand des Schncebcrgs fallt steil ab nnd bildet die romantischen Tyssacr Wände (Ans der Wand, Vürschlitzer Wand, Vogelwand), nach Norden znr Elbe dagegen senkt er sich allmählich herab. Überall zeigen sich die schroffen ssormationcn des Sandsteines, sselsplatten und Felswände von 100—15(^ Meter; neben den steilen, oben abgeplatteten isolierten Vcrgsäulen bemerkt man aber auch deutlich die cmadcr-, kegel- und domförmigen Basalt- oder Phonolithkuppcn des Wolfsbcrgs und Spwbcrgs. Östlich zur Elbe fallen überall steile Felswände ab, nur stellenweise sind sie unten von einer bewaldeten, schrägen Schutthalde umhüllt. Im Schueeberger Revier, hart an dcr Grenze, findet man eine befondevs schöne tcsselförmige Thalanswaschung in dem von 200 Meter hohen felsigen Abhäugeu umsäumten „Eiland." Östlich der Elbe bildet das B ins d o rfcr P1 atc au eiuc von West nach Ost ziehende hohe Vodcnanschwcllung, die mit der malerischen Platte des Ouaderbcrgcs bei Tctschcn, den Noseukämmen und dcr Elbleitcn steil ans der Elbe anfstcigt. Sie zeigt anf dcr Höhe einige flache Kuppen, wie den Hcinhnbcl nnd Hntbcrg, besikt aber die schönste Zierde in dem prachtvollen abgestutzten Basaltkegel des Rosenberg es (634 Meter) bei Rosendorf. Dcr östliche Abhang des Plateaus fällt in den Kammtzbach, von welchem aus sich die Dittrrsbachcr Heide ausbreitet, deren groteske ssclscnformrn und wildromantische Thäler jährlich Tansende von Touristen anziehen. Nm von Tetschen dahin zu gelangen, können wir den Weg am O.naderstein vorbei nbcr Loosoorf uud Ainsdorf nehmen, odcr den bequemeren mit dem Dampfschiff durch das hier besonders reizende Elbcthal bei Ober-, Mittel- und Nicdergruud vorbei über das freundliche Grcnzdorf Hcrrnstrctfchcn wählen, das zwischen den zerklüfteten Bergwänden eingebaut ist. Von hier aus können wir, dem Kamnitzbach folgend, über den lieblichen Edmundsgruud, nach dem Urtheil mancher deu fchönsteu Punkt dcr böhmisch sächsischen Schweif, weiter gehen, odcr durch deu Bielagruud, wo der Pfad durch romantische Waldpartien mit vielen Sägemühlen zum P rc b i schth o r führt. Es ist ein Naturwunder, wie cs in Enropa nicht wieder vorkommt. Durch eine freistehende schmale sselseuwand hat die Natur hier eine 20 Meter hohe und ebenso breite 124 Das nllidüMche Laud. Wölbung gebrochen, unter welcher eine alte Fichte steht, dic aber mit ihrem Wipfel zur Höhe uicht hinanreicht. Der obere Schlussstein, auf einer Seite unt dem Hanptfelsen zusammenhängend, ist !^ Meter stark. Ergreifend ist die Fernsicht vou der Felsenbrücke selbst. Iu unmittelbarer Nachbarschaft erheben sich die merkwürdigen Formcu des Prebischkegels ulid des Kreuz-steius, in der Tiefe erblickt mau eiuc Meuge fchauerlichcr Abgründe uud ill der Ferne dehnen sich die Flureu Böhmens aus, vom Erz- und Mittelgebirge umfasst. Bei fortgesetzter Wanderung uach Osten erreichen wir den Felscn-kessel von Dittersbach. 9tings um eine uur wenig ansteigende Fläche erheben sich steil uud abgestuft die wildesten Bergformeu, so die schroff abstürzende Wilhelmincnwand, auf der eine Eremitage steht, der prachtvoll spitzige Fclskegcl Maricufels, das iu kolossale Platten gespaltene Felscnprisma des Rabcnsteins und die abgestumpfte Pyramide des Falkensteius, welche die Trümmer einer Naubburg trägt. Wcuu man sich fragt, wie diese zerrissenen nnd zerklüfteten Felsenmasfeu entstalideu, wie sich diese sonderbaren Massen aufthürmten, so fiuder inan die Antwort in der erodierenden, auswascheuden Gewalt des Wassers. Während dieses alles weichere Material des Sandsteins und der Plänerdccke fortführte, blieb uur das festere Felscugerivve in seinen phantastischen Formcu stcheu. Von Dittcrsbach führt uus ciuc Stunde Wegs znr Bahnstation Krcibitz, und wir sind in dein gcwerbfleißigen Bezirke von Nnmburg sio.O(X> Einwohner). Dicfcs sowie Schöuliude, der große Markt Narusdorf, Schlucke nan und Hain sp ach sind wegeu ihrer Leiuwcbcrei uud Paumwollspiuucrei im ganzen Reiche bekannt. Wenn wir Tctschcu verlasscu uud nus in das Thal wenden, welches von dem Falkeubcrg uud Kolmerbcrg gebildet uud von der Pölzen durchströmt wird, so sehen wir kaum ciuc Viertelstunde weit rechts ein stattliches Ocbändc schimmern, welches für dcu letzteu Besitzer der Herrschaft ein ehrendes Denkmal bildet. Es ist das der Mcierhof Lieb werd, den Graf Frauz Auton Thun hier im Norden des Maudes für eine deutsche Ackerbauschule widmete, wie Fürst Johann Schwarzcubcrg Nablu im Südcu Böhmens für eiue tschechische. Der Freigebigkeit des Besitzers uud der tüchtigen Oberleitung des rühmlichst bekaunteu Ökonomen Wirtschaftsrathes Komers verdankt die im Jahre 1650 ins Leben gerufene Anstalt einen guten Rnf und ihre für die Landwirtschaft segensreiche Wirksamkeit. Das Flüsschcu, das lustig über das Gerölle seiues Bettes uns entgegenläuft, leitet uns durch Oegeuden, wo der fleißige Pflug über eine fruchtbare Scholle geführt wird, zeigt uus aber auch ansehnliche Industricgebäude au seiuen grünen Ufern. Der Polzeufluss mag übrigens ehedem Goldsand geführt haben. Wenigstens weiß die Sage davon, die vou einem Zwerge Nobart erzählt, der im Nabenstcin sasi uud den Menschen allerlei Schabernack spielte, wenn er uicht gerade mit seinen beiden Gesellen „Schickedich" nnd „Stehfest" aus dem Gold, das er aus dem Sand der Pölzen sammelte, Niugc, Spaugeu oder Ketten schmiedete. Z 126 Das nordöstliche Land. In zwei Stunden kommen wir in Bcnsen (1172 Einwohner) an. Der kleine Ort hat sich manches Denkmal versunkener Zeiten bewahrt. Zwei Schlösser, cin Czernin'schcs nnd ein Thnn'sches, sehen ins Thal herab nnd in dem Garten des Thnn'schcn sieht man noch die alten Wälle nnd Gräben. Venscn war eiu festes Städtchen nnd dic Hnssiten, welche drüben ans dem Dobcrbrrge ihr Lager aufgeschlagen hatten, sollen nnr dnrch den Verrath eines Weibes cingedrnngcn sein. Noch zeigt man nnterhalb des Branhauses die (5analöffnnng, durch welche das Weib die Taboriten in die Stadt geführt hat. Die Straße, mit welcher parallel auch die Eisenbahn zieht, führt uns nach B öhmisch-Leip a (10,200 Einwohner). Es ist eine von außen und innen frcnndlichc Stadt mit lichten, weißen Hänsern und fleißigen, dabei gemüthlichen Bewohnern. Sehenswertes gibt es kaum in Lcipa, denn das alte Schloss der Familie Verka ist aller Nomantik bar nnd dient heutzutage als Canditeufabrik, nnd die vier Kirchen sind nicht sehr ansehnlich. Gnt gesorgt ist durch cin Gymnasium, eine Realschule uud Bürgerschulen für die Bildung. Die Hauptbcdeutuug der Stadt ist aber in ihrer Lage an der Mündnng des Iscrsandstcinbcckens. Hier lanfcu die Straßen von Hühncrwasfer, Wartenberg, Gabel, Haida nnd Hirschberg zusammen, nm dnrch das Polzcn-thal znr Elbe zu ziehen. Wie der Polzenflnss alle Gewässer des Gebietes nach Leipa führt nnd von hier aus zur Elbe, so zieht die Hauptmasse der Handclsproducte der Gegend: sseldfrüchte, Holz, Hopfen, Vieh, nach der genannten Hauptverkehrsader des Maudes. Leipa eignet sich vortrefflich zu einer Reihe der schönsten Ausflüge. Wir unternehmen zuuächst ciuen solchen nach Nordwcsten in das Sch woiker Gebirge. Das ist cin Complex voll Sandsteinmasscn, in dem die Natur alle Schönheiten dieser Gebirgsformation vereinigt hat: wilde Schluchten, schroffe Abstürze, Höhlen uud Grotten. Reizend ist die Aussicht vou dem Slavitschek, eiuem Berge vou 53(> MeteruHöhc, vou welchem wir bis zum Niesengebirge, andererseits bis zum Millcschaner, nördlich bis znr bausche, südlich bis Müncheugrätz sehen. Der Name bedeutet Nachtigall, weil unter gewissen Richtungen der Wind beim Durchstreifen der zahlreichen Schlnchtcn klagende, melancholische Töne, ähnlich der Äolsharfe, hervorruft. Nicht weit vom Slavitschet nach Norden erhebt sich ein isolierter Sandsteintegel, schroff nach allen Seiten abfallend, der die Ruiueu einer Raubbnrg trägt: Bürgst ein. Die Burg fcheiut ursprünglich Sloup geheißen zn haben und muss von den Herren von Llpa gegründet worden sein. Im 14. Jahrhunderte gehörte sie dem Leipacr Geschlechte der Berka an, die sie aber 1412 verkauften, worauf sie bald iu deu Besitz der Pauecr von Smojno gelangte. Dieses Geschlecht nun bildete mit den Wartcnbcrgen auf Tctschen, den Mbnrgen von Ronow einen Ranbbnnd, der co besonders anf die Lausitz abgesehen hatte uud oft bei hellem Tage bis in die Vorstädte von Zittau zu dringen wagte. Endlich 1444 beschlossen die Lansitzcr Städte einen 128 Das nordöstliche ^and. Kriegszug gegeu die Räuber. Erst wnrde Mikcsch von Bnrgsteiu angegriffen, dann die Festen der Wartenberge und der ^>)lbnrge. Die letzteren bequeiuten sich zum Fricdeu, Mikesch aber nicht und Bürgstein wnrde von dein Sechsstädtebund, welcher vou Vantzcn, Görlitz, Zittan, Lauban, Löban und Cameuz 1446 zu gcmeiusamer Hilfe gegen Räuber geschlossen worden war, zerstört. Wiederhergestellt ivechselte die Burg, welche schon im ^Ojährigeu Kriege verödete, öfter ihre Besitzer. Einer derselben, Ferdiuaud Hrozuata Kotorowetz, fasste die cigcuthümliche Idee, die öde Fclscuburg zu einer Audachtsstätte zu machen uud errichtete dort eine Einsiedelei, Kapellen, Grotten und Bet-Nischen. Seitdem hies; der Bürgsteiu auch der Einsiedlerstein und hatte der Reihe nach 16 Einsiedler. Der letzte starb 1801. Aus Bürgstein stammt die im Laude bekauute Bildhauerfamilic M af. Schon Autou Max, der 1753 uach Bnrgsteiu von Hämmern in die neu errichtete Spicgelfabrit als Wortführer kam, war ein tüchtiger Holz? nud Stcinbildhanrr, ebenso sein Sohn Josef; beide wnrden aber dnrch des letztereu Sprossen Josef und Emauucl an Bedeutung überboten. Von Josef Max (geb. 1W4, gest. 1871) rühren das Radctzty-, das Franzensmouument, viele Statnen auf der Karlsbrnckc, am Rathhaus uud in mehreren Kirchen Prags her. Sein Sohn ist der berühmte Maler Gabriel Max in München. Die Gegend hatte indessen zahlreiche andere Punkte für solche Männer, welche sich vor der Welt zu bergen Ursache hatten. Räuber und Diebc, Vcrfchmto nud Verfolgte, Fahnenflüchtige, Falschmünzer und ähnliche Leute faudcn in den zerklüfteten Saudsteiufelscu und int Dunkel des dichten Forstes sicheres Versteck. Wie der Felsen von Vürgstein, waren auch die S a m n e l s - H öhle am Slavitschek und der H ö lleg r n u d, südwestlich von Leipa, bewohnt. Die Dräbska Skala (Ränberfcls) gewährte einst einer Vtänberbande Schutz ultd die ganze Gegend litt nuter ihren Missethaten, ohue von dem Schlupfwinkel zu wissen, bis eiuc geraubte uud ihren Entführern eutlaufcue Iuugfrau die Vaueru dnrch das Fclseulabyrmth zur Nache führte. Auf dein Mnsky bei Münchcngrätz war noch vor knrzem in den Felsenhöhlen des Gebirges ein echtes Troglodytendorf; in dumpfen, lichtloscn, von Schmutz starrenden Erd- und Stciulöchern hausteu ganze Fautilien mit nacktcu Kindern, alle ein unheimliches Bild geistiger und physischer Verkommenheit. Vou Bürgstcm ist's nicht weit nach Haidll, einem aumuthigen Städtchen am Fuße der Phouolithkuppe des Kleis. Iu allen Fcusteru der freundlichen Hänscr sieht man Zeugnisse des hiesigcu Gewerbfleisics und der Glasindustrie. Iu Haida uud dem etwas westlicher gelegenen Städtchen Stein-schöuan arbeiten die sogcnaunten Naffiueurs, welche das ihuen zur Verfügung gestellte Rohmaterial für den Welthandel zurichten. Zwei Drittel des gesammten österreichischen Glasexports entfallen anf Haida nnd seine Umgebung. Folgen wir der Strafte, die vou Bürgsteiu erst nördlich, dann Gabel. Neichstadt. 129 östlich zieht, so gelangen wir nach Gabel (2^0!) Einwohner), einer fleißigen Stadt niit Textilindustrie uud regem Getreidehandel, mit freundlicher Nnigcbung. Alte verfallene Mauern deuten auf eine alte Gründung der Stadt, die in der That der Schwester des hl. Wenzel zngeschrieben wird. Wir wandern südwärts die'Strafte nach Reichstadt. Die Stadt ist unansehnlich, aber ober ihr erhebt sich eines der stattlichsten böhmischen Fnrstenschlöfser, nnd an den Namen Neichstadt knüpft sich die wehmüthige Erinnerung an ein unglückliches Kind, das in der Wiege einen stolzen Namen trug und mit einem bescheidenen Titel starb. Die älteste historische Kunde aus dem 14. Jahrhundert nennt nns das (Geschlecht der Panecr Rcichftndt. als Besitzer der Bnrq. Es ist dasselbe, welches auf Bürgstciu saß uud seine Fehdelnst nicht nur durch dcu Streithaudschuh im Wappen, soudcrn anch durch Räubereien in Nah uud sscrn bewies. Von eiuem dieser Ritter erzählt man, dass er einst von Karl IV. mit einer goldenen Kette beschenkt worden war; später aber, da er als Landschädiger und Stegreifhcld ergriffen vor den Kaiser geführt wnrde, habe diefer ihm selbst einen Strick nm den Hals geworfen mit den Worten: „Nicht immer verleihen Herrscher Ehren-ketten!" Ein anderer Pauccr, der das sogenannte Mänscschloss auf einer Insel des Hirschbergcr Teiches bewohnte, soll in ähnlicher Weise um sein verruchtes Leben gekommen sein, wie Bischof Hatto im Mäuscthnrm bei Bingcn. 130 Das nordöstlich? Land. Im Jahre 1805 kam Ncichstadt au den Erzherzog Ferdinand, dcr es 1813, als es sich nm eine Dotation für den einzigen Sohn des entthronten Napoleon handelte, an diesen abtrat. Franz Josef Napoleon, der König von Rom, auch Napoleon ll. genannt, wurde der Besitzer der Herrschaft mit dem Titel eines Herzogs. Doch sah er niemals seinen Besitz, er starb am 22. Juli 1832 in Schönbrnnn. 1847 kam Reichstadt an den Kaiser Ferdinand, der es nach seiner Thronentsagung zur Sommerrcsidenz erwählte und in seiner bekannten Güte Städtchen nnd Umgebung mit reichen Wohlthaten bedeckte. In Neichstadt sind wir wieder in die nähere Umgebung von ^cipa gekommen. Diese bietet aber auch so viele der Schönheiten, dass es sich lohnt, die Rundreise nm die Stadt noch weiter fortzufctzen. Zunächst zieht uns dcr weithin sichtbare stattliche Rollbcrg im Südosteu an, der sich ganz isoliert 41 l Meter über die Ebene erhebt. Sein Fuß ist durch Saudsteiu gebildet, der von dichtem Nadelwald bedeckt ist; weiter oben aber lagert Vasalt mit prächtigem Vnchenwald. Anf dem Gipfel sind die Trümmer der ehemals mächtigen Burg Ralfko. Sie soll im 9. Jahrhunderte entstanden sein und war im Besitz der Wartenberge, welche auch Dicwin bei Wartcu-licrg innehatten und die Gegend brandschatzten. 1468 fiel die Naubfcste in die Hände der Sechöstädte, welche sie zu brechen kamen. Die Besatzung sah sie ruhig heranziehen, denn die Burg war durch Sturm nicht zu nehmen und wohl verproviantiert tonnten wrnig Mann Tausenden trotzen. Da griffen die Städter zu einer kühnen ^ist. Dcr Hirte, welchem die Herde des Schlosses anvertraut war, trieb diese täglich am Abhang des Verges zur Weide. In der Abenddämmerung wnrdc er überfallen und niedergemacht. Darauf trieb eiue Anzahl der Belagerer die Herde vor sich her, dem Gipfel zu. Als der Pförtner die wohlbekannten Glocken der Thiere hörte, öffnete er sorglos nnd im nächsten Augenblicke wüthete der Mord ill der Feste. Die überraschte Besatzung wehrte sich kaum nnd wurde bis anf den letzton Mann getödtet. Im Berge soll sich eine Schatzkammer befinden, welche jährlich während der Passion am Palmsonntage geöffnet ist. Auch geht da der graue Jäger herum, von Zeit zn Zeit den Leuten sichtbar. Am Fusic des Rollbergeö liegt das frenndlichc Städtchen Niemes (4W0 Einw.) mit einem schönen Schloss der Grafen Hartig, im übrigen ohne etwas Besonderes, das uns länger aufzuhalten vermöchte. Wir suchen daher die Eifenbahn zn erreichen nnd treffen sie bei Hab stein. Gefahrdrohend hängen die gelockerten Fclstlumpcn mit der feltfam geformten Rnine anf die letzten Häuser des kleinen Ortes herab, den wir ohne Anfenthalt passieren, nm nns längs den Ufern eines grosien Teiches zn flüchtigem Besuch nach dem herrlichen Sitz dcr Kaunitze Ncnfchlofs zu begeben. lHs ist ein schwerer qnadratischer Bau mit je einem Rnndthnrm an jeder Ecke, nmgeben von einem wohlangelegten und gutgcpflegtcn Garten, in welchem sich drei mächtige, ! Z <)^ 1"« Das nordöstliche Land. alte Linden befinden, welche Wallcnstcin gepflanzt hat und die in der böhmischen Landtafel eingezeichnet sind. Noch einen kurzen Spazicrgang in die schroffen Sandstcinfclfen des H öllcnth ales, dann lassen wir uns an dem Großteich (342 Hektar) vorüber nach dem Städtchen Hirsch b crg (2500 E.) führen. Es ist ein lieblicher Ort inmitten von Teichen nnd Bergen. Keinerlei Industrie stört das Stillcbcn der freundlichen Bevölkerung, zufriedru und behaglich Pflanzt jeder seinen Hopfengarten. Der Wildfreund mag sein Auge weiden an den Nudeln von Wildschweinen, Dam- uud Edelhirschen im gräflich Waldstein'schcn Thiergarten, oder an den mannigfaltigen Sumpf- und Wasservögeln, welche die Ufer- nnd Wasserflächen der Teiche beleben; der Botaniker uud Entomolog kann hoffen, reiche Ausbeute zu finden, deun Sandstein nnd Vasalt, selbständig uud vermischt, Wald und Wiese, sumpfige und trockene Striche sind iu reichster Abwechslung vorhanden. Von Hirschberg besucht man in einer Stunde die zwei Vösigc, imposante, kegelförmige Berge, von denen der höhere die Reste einer der ältesten und festesten Burgcu des Landes trägt. Stolz und mächtig erhob sich dieselbe, schon iu den goldenen Tagen ^drr böhmischen Piasten, der Pi'cmysliden, der weit-gebietende Sitz eines Zupan. Aus ciuer starkeu Landesfeste, einem mächtigen Herrensitze ward sie ans ein Jahrhundert ein Asyl frommer Beter, bis der großartige Bau zusannuenbrach. Eine von breiten Linden beschattete „lange ssahrt" führt zu den Ruinen des alten Bczdiez empor und man gelangt znm Teufclsthurm, einer hohen, nun uncrsteiglichcn Nuudwartc vou so unheimlich düsterem Aussehen, dass der Name sofort motiviert erscheint. Von dem Thurme steigt ein Weg allmählich zum zweiteu Burgthor, über dem sich ein einstöckiges Gebäude mit der auf einer Fclsplatte erbauten Kapelle erhebt. Diese Kapelle aus dem 13. Jahrhundert ist architektonisch höchst merkwürdig und lohnt allein schon die Besteigung. Iu der Mitte des Burgraumcs strebt noch eine mächtige Rundwarte kühn empör. Mau kauu sich schwer ein lieblicheres Bild denken, als das von den Hinnen derselben, die 1841 vom Grafen Waldstein zugänglich gemacht wurden. Städte, Schlösser, Dörfer, Wälder, Berge und Hügel wechseln in den mannigfaltigsten Formen. Auf Bösig hatte schon uutcr dcu Premyflidcu ein königlicher Castellan feinen Sitz. Nach Ottokars II. Tode ließ der ungetreue Vormund des Prinzen Wenzel, Markgraf Otto von Brandenburg, das 10jährige Kiud sammt dessen Mutter Kuuigunde bei Nacht ans dem Prager Schlosse, iu der strengen Wintcrkältc des 25. Januar 1279, auf dcu Bösig bringen uud dort so streng bewachen, dass außer den fremden Söldnern nur eiu einziger böhmischer Diener Hutritt zu den königlichen Gefangenen hatte. Königin Knnigunde wusste aber das Herz ihres Wächters, des Castellans Hermann, zn rühren, dass er ihr Wallfahrten nach Wcißwasfer, Melnit, ja felbst nach Prag gestattete. Als sie aber einmal eine solche Fahrt nach Znaim zum Sarge Ottokars zu unternehmen vorgab, kam sie nicht wieder. Ihren Sohn ließ sie in der Vösig. 133 Gefangenschaft. Da hielt Otto den Bösig nicht für sicher genug und schickte Wenzel über die Grenze. Der Sohn des damals reichsten Königs soll da oft den empfindlichsten Mangel an Kleidnng und Nahrung gelitten haben, zeigte aber einen festen Charakter. Der Markgraf schaltete nnterdessen in Böhmen Niit der größten Willtür, sein fremdes Kriegsvolt hielt die Unzufriedenheit des Landes im Zanm nnd plünderte das Landvolk, welches scharenweise Hans und Hof verließ, und im Gebirge und in Wäldern Zuflucht snchte. Es war eine schlimme Zeit für Aöhmen. Dazu lamm unerhörte Wolkenbrüche und Über- schwemmnngen, Missernten nnd Hungersnoth. Schauderhaft sind die Scenen, welche gleichzeitige Schriftsteller von der Noth des Bandes im Jahre 1281 entwerfen, wie hier das ansgchnngertc Volt, leichcnähulich, zu den Wohnungen ^'jcnigen hinströmte, die noch etwas hatten nnd es willig theilten, wie es dort, ül wilder Verzweiflung in die Hänfcr einbrechend, den Reicheren die Töpfe vom Hrrde riss oder wüthenden Thieren gleich über alles herfiel, womit es das ^'m zu f^^ gedachte, Leichname von Menschen und Thicrcu, Baumrinden nnd Gräser verzehrte, wie auf offenem Felde Hunderte hinstarben, wie man ^ Prag in acht Gruden die Leichen zu Tausenden hinwarf. Die Hanptstadt 134 Das nordöstliche ^a»d. allein soll durch die Sterblichkeit infolge der Hnngersnoth 20.000, ganz Böhmen 600.000 Einwohner verloren haben, bis eine gesegnete Ernte von 1282 der Noth ein Ende machte. Diese Hungersnoth war dein Markgrafen ein Vorwand, den König nicht ausznlicfern; erst als er 35,000 Mark Silber von den Ständen und dem König erpresste, gab er diesem 1283 die Freiheit. Nach den: Anssterbcn der Prcmyslidcn (1306) kam Bösig an die Luxemburger, war aber immer von ihnen verpfändet, bis sie die Bnrg endlich verkauften. Anfangs des 17. Jahrhunderts gehörte sie zn jenen Gütern, die Wenzel Enscb Wallcnstcin von seinem Oheim erbte. Der machte ans dem lauten Wasfenplatzc eine stille Stätte der Andacht, führte Mönche aus Wcißwasser herauf nnd weihte nach feinem Siege am Brückenkopf von Dessau über Mansfeld (15. April 1626) in der Kapelle einen Gelübdealtar. Nach der Katastrophe von Egcr wurde Bösig natürlich confiscicrt nud König Ferdinand, der in der Schlacht bei Nördlingcn ein Gelübde gethan hatte, drei Klöster der hl. Jungfrau von Montferrat zn weihen, stattete die nach dein erlangten Siege nach Prag berufenen Benediktiner von Montfcrrat mit Vnrg und Gnt Bösig ans. Bösig wurde — ein Wallfahrtsort, zn dessen Madonnen-bild nun Tausende frommer Pilger strömten. 1785 hob ein Decrct Josefs II. das Kloster auf, dcsscu Bcwohuer uach Emaus iu Prag zogen, und die uun bald verödete Burg erstand ein Weber um 50 Gulden, nm das Eisenwerk des Vanes zn vertrödeln! So wnrdc der Verfall Bösigs beschleunigt; noch hente aber wallt an Marientagen das Volk zn den Trümmern der Burg. Processioncn mit flattcrudcn Fähuchen uud bekränzten Heiligenbildern ziehen den Berg hinan nnd zwischen den alten Manern, Krambnden lind gelten regt sich ein bnntcs Leben, das freilich mit der sinkenden Sonne verschwindet, woranf die alte Stille sich über die Burg lagert. An der kleinen Stadt Weihwasser, die so nach dem Bache (Vila) heißt, an dein sie liegt, nnd ihrem dem Grafen Waldstcin gehörigen Schlosse vorbei, fahren wir zu dem Knotenpunkt der Eisenbahnen: Backofen, nnd von hier aus das Iscrthal aufwärts nach Münchcngrätz (3600 Einw.), nach dem von Josef II. aufgehobenen Mönchskloster genannt, in dessen stillen Kirche zinnerne Särge die Gebeine des Friedländcrs uud seiner ersten Gemahlin Lncrctia von Landeck bergen. Die Geschäftigkeit der Tuchfabriken rundherum stören seinen Schlaf ebensowenig, als die ewig wiederkehrende Frage, ob er schuldig oder unschuldig starb. Ob es wohl der Kanonendonner that, als am 28. Juni 1866 auf den benachbarten Muskyhöhcn die Österreicher trotz ihrer Tapferkeit den Prensien weichen musstcu? Östlich vou den stellen Sandsteinbastwncn der Musty gegen Sobotta zu, liegt auf einem Sandstrinplatean in reizender Umgebung eine sehr interessante Vnrg der alten Wartellberge, noch wohlcrhalten, das dnnkelmaurige, zinncn- nnd thurmreiche Kost, bekannt im Volke durch das Wortspiel Zischkas: ,/l'on xl'lml>!< .il,^iks',v" (von der Niederlage der Sachsen) die erste Erwähnung der Vurg Trosky. Vcncsch, Hermanns Sohn, ans dem Stamme des Markward, des Stammvaters der Lamberge, Wartcn-berge nnd Waldstcine, führte nach dem Liede im Jahre 12l)3, da Ottotar I. ausirr dem Lande für Otto l V. kämpfte, von der Burg Trosky ans das Landvolt von Ili-,,!»l! t>Kli!l, (Groß-Skal) gegen die eingefallenen Deutschen. Geschichtlich hört man von Trosky erst im 14. Jahrhundert; im 30jährigen Kriege scheint die Bnrg zerstört worden zu sein. Über das Bad Wartenberg und an der Rninc des Stammhauses der Waldsteine vorbei, gelangen wir in einer Stnnde nach Turn an (4900 Einwohner), dein ehemaligen Hauptsitz der böhmischen Kuustedelstein-Fabrikation. In jedem Hanse saß ehedem bei Schmelzticgcl nnd Gebläse ein Adept, der sein Geheimnis hatte, wie er Granaten, Türkise, Smaragde, Saphire oder Nnbincn crzengte. Hentzntagc hat sich diese Kunst höher ins Gebirge gezogen, nach Gablonz (9100 E.), Neuwelt nnd Morchcnstcrn. Das letztere ist ein Dorf bei Gablonz, Ncnwclt eine „Einschichte" in der Nähe von Harrachsdorf, nahe der Grenze. Bis aus Amerika kommen die Käufer herüber nnd Taufende von Kisten wandern jährlich nach allen Wcltrichtnngcn, besonders aber nach London, Paris, Wien, Berlin, Ncw-'.'jork, wo dann die funkelnden Waren von Gablonz den Diamanten nnd Brillanten Coucurrenz machen müssen. Übrigens hat diese Gegend anch echte Steine: den glutigen Granat, den mildglan^enden Amethyst, Achat, Chalcedon nnd Chrysopras, deren Abschleifen in der Gegend von Tnrnau allein <>00 Arbeiter beschäftigt. Nördlich von Turuau beginnt schon in Land und Lenten der Charakter des nördlichen Grenzgebirges. Reizend sind die Sandsteinfelsen von Klcin-Skal; es beginnen dann die steilabhängigen Lahnen, die stundenweiten Forste, die jähen Wasserstür^e und das Ackerlaud tritt zurück. Die Arbeit im Felde wird seltener, die Arbeit innerhalb der vier Mancrn hänfiger, bis sie beinahe ausschliesslich herrscht. Überall rasselt hinter dem kleinen Fcnsterlein der granen hölzernen Hütten der Webstnhl, saust die Drehbank, klappert die Walke. Wir sind in den Industriebczirkeu Böhmens. In Turnau verlassen wir die Iser nnd folgen der Nordwestbahn, die durch den Pass von Licbcnan führt. In vielfachen Wiudungcn und dnrch einen Tuuuel führt sie um das schöue, nen im englischen Stil restaurierte Schloss Sichrow des Fürsten Nohan vorbei, übersetzt darauf auf einem in zwei Etagen aufgeführten Viaduct das Moheltathal, erreicht das kleine Städtchen Lieben an mit Glasmannfacturcn und steigt dann rasch in starker Krümmnng über Reichenau ^ eine kleine Semmcringbahn — zn dem 12>l Meter hoher liegenden Lau gen brück auf der Wasserscheide zwischen dem Oder- uud Elbegebict. Bou hier aus senkt sie sich in ueuen Krümmnngen am Fusi des Ieschkcn, reizende Aussichten auf das Gebirge gewährend, nach N eich cub erg (27.700 Neichcnbcrss. 137 Einwohner). Czocrnig verglich die Stadt mit einer Spinne, die mit ihrem Körper die Mitte des Thales bedeckt, deren Füße aber, nach allen Richtungen gegen die rings mit Wald bedeckten Höhen ausgehend, die heimische Erde fest umklammert halten. In der That dehnt sie sich ganz ungezwungen je nach ihrem Bedürfnis auf der unebenen Thalsohlc zwischen dem Ieschken und den Ausläufern des Iscrgcbira.es ans. Ein regelmäßiger Theil ist nur die Christiansstadt. Ebene Pläbc wechseln mit steilen Straßen, breite, moderne Gassen mit engen winkeligen, nnansehnlichc Vlockhäuschcu stehen lieben stolzen Palästen. An monumentalen Vantcn ist Neilhenberg arm, selbst seine zwei Schlösser sind ganz ohne Interesse; das alte der Herren von Rcdern wurde im Jahre 1774 dnrch einen Nberban ganz verunstaltet. Der R^ulMiln^. jetzige Besitzer Clam-Gallas bewohnt es übrigens nie nnd überlässt den Park dem Publieum. Unansehnlich ist auch das Rathhaus mit hölzerucm Dache ans dem Altstüdter Platze. Eiu großes Gebäude ist das Mcistcrhaus mit der Tnchhalle, der Handelsschule nnd Webcrschule. Das Theater brannte un April 1879 ab mid wird wohl durch einen würdigeren Van ersetzt werden. Wenn aber große Bauten, schöne Kirchen nnd ragende Thürme fehlen, so ist die Stadt dafür reich an riesigen Feueressen und Dampfschloten, den Zeichen der nencn, rührig prodnciereuden nnd consumiercnden Zeit. Im Jahre 1278 stand hier ein Dorf Liberec, deutsch Habersdorf, 1364 kommt schon der Name Reichenbcrg vor. 1579 kam Urban Hoffmann, der erste Tuchmacher, von Seidenberg herein, 1605 legte Peter Lehmann die erste Färberei an nnd seitdem, nnterstützt von der schlcsischen Familie Redern, 138 TnS nordöstliche Land. der Ncichenbcrg gehörte, hob sich der Wohlstand und die Bedeutung des Städtchens. Aber als die protestantischen Redern auswanderten und die Stadt an Wallenstein kam, verlor sie ihre Privilegien nnd die Industrie floh über die Grenze zurück. Unter den nächsten Nachfolgern des Fricdläuders in der Herrschaft aus dem Hause Gallas gicug es deu Reichenbergeru noch schlimmer, bis unter den Erben des 1757 ausgcstorbcncn Hauses Gallas der Graf Christian Clam ihnen die goldene Periode brachte. Unter ihm entstand die erste Fabrik 1800 und seitdem vergrößerte sich Umfang, Bevölkerung und Leistung der Stadt stetig. Die Einwohnerzahl hat sich seit 1831 fast verdoppelt. Die Industrie ist außerordentlich groß. Die Stadt hat Tuchfabriken, Wollspinnereien, Druckereien, Kamm- und Strrichgarnwcbercicn, Färbereien, Hutfabriken, betreibt auch Gerberei nud verfertigt Gold- und Silberwaren. Doch ist die Schaf- und Bamnwollwarcnfabrication von überwiegender Bedeutung. Jährlich werden 40.000 Centner Wolle verarbeitet. Das fließende Wasser in der Stadt ist gauz schwarz von den Abflüssen der Färbereien. Die bedeutendste Fabrik ist die des Baron ^icbig, deren Gebäude sich im Ioscfsthal wie eine Stadt hinziehen. Sie nmfasst alles, was znr großartigen Erzeugung gehört: Spinnereien, Webereien, Appretur, ssärbereieu, Druckereien und Maschinenwertstättcn. Mehr als 2000 Menschen regen hier unausgesetzt die fleißigen Hände nnd überall surrt nnd sanst nnd klappert es in den fettig riechenden Räumen. Besonders großartig ist der mechanische Websaal, auf 300 gusseiseruen Sänlen ruhend, mit 600 Webstühlen, die von zwei Dampfmaschinen in Bewegung gesetzt uud vou 1000 Arbeitern bedient werdcu. Der Gründer des großen Etablissements war ein geringer Mann, als er begann, und wnrde ein leuchtendes Beispiel dafür, wohin Fleiß, Betriebsamkeit nnd Umsicht cs zu bringen vermögen. Die ^iebigshöhe, eine dolonie von Arbeitern der Fabrik mit etwa 70 Familien, zeugt auch von dem humanen Sinn des edlen Mannes. Ehe wir von Ncichenbcrg uuscrc Bahnfahrt fortsetzen, müssen wir einen Blick ans die Geburtsstätte eiues unserer berühmtesten Maler werfen, Kratz an, ein Städtchen, etwa eine Stunde nordwestlich, wo 1800 Josef Führich das ^icht der Welt erblickte. Nachdem er unter Bergler in Prag den ersten Unterricht genossen, bildete er sich in Rom ans nnd wnrde Professor in Wien. Anfangs der Romantik zugewandt, gab er in Zeichnungen uud Ölgemälden Illustrationen zu Tieck, Goethe, Bürger, widmete sich aber bald ausschließlich der strengen kirchlichen Malerei in der Richtung Ovcrbcckö zu. Zahllose Crayons, Cartous, Stiche, Aquarelle und Ölgemälde in Kirchen nud Privathänden hinterließ der rastlose Meister, der durch Reinheit der Formen, Einfachheit der Behandlung, sittlicheu Erust nnd treffliche Charakteristik eine bcdentende Stelle in der Kunst einnimmt. Von Neichenbcrg fällt die Bahn langsam zum Thal der Neiße, steigt daun wieder mäsiig gegen Ein sied l, durchschneidet in einem 528 Meter Fricdland. 139 langen Tunnel die Wasserscheide zwischen der Wittig und Neiße nnd senkt sich am Fusic des mächtigen Hcmmrich, eines Ausläufers des Ifergebirges, nach Fried land. Es ist ein kleines Städtchen mit 4800 Einwohnern, die Vaumwollwcberci treiben. Die Lage ist reizend. In der Ferne gegen Osten ziehen sich die blauen Umrisse des Isergelnrges, näher steht der Wohlische Kamm und rings Bergkuvften und Waldhänge, die mit den sonnigen Weiden, Obstgärten, Wiesen nnd Feldern ein herrliches Bild geben. Hanvtmerkwiir-digkcit ist das Schloss, das 1^69 wesentlich umgestaltet wnrde. Die Herren von Berka sollen die Gründer desselben sein; zur Zeit der Hussitenkriege jvi^'dll'md. hatten es die Vibersteine iuue, eifrige Verfechter des alten Glaubens; seit 155! die Freiherren von Nrdern, welche es als Feinde des Kaisers 1621 verloren, worauf Wallenstem die Herrschaft kanfte und zum Herzogthume erheben ließ, Der Schöpfer kühner -yecre, Tie Stütze und der Schrecken seines Kaisers, DcS Glückes abenteuerlicher Sohn, Der, von der Zeiten Gunst cmporgcttagcn, Tcr Ehr? höchste Staffel rasch erstieg Und, ungemtligt, immer wcitcr stiebend, Der nubeMmteu Ehrsucht Opfer ful. 140 Das nordöstliche Land. Die großen Schicksale dieses außerordentlichen Mannes, der 1553 in Nachod geboren wnrde nnd am 25. Febrnar 1634 zn Eger nnter der Partisane Dcvcrour' sein Lebcn endete, sind allbekannt, seine Gestalt ist dem Volke dnrch Schillers herrliche Tragödie nahcgcrückt, aber noch immer „von der Parteien Hass und Gnnst verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte." Erst nnlängsi haben zwei österreichische Geschichtsforscher, Hallwich uud Lorenz, über die Frage, ob Wallenstein an dein Kaiser Verrath geübt, in abweichendem Sinne sich ausgesprochen. Der erstere hält ihn für unschuldig, Professor Lorenz für schuldig. In Fricdland verlassen wir die Vahn nnd machen nns für eine längere Wandernng im Gebirge bereit, denn viele Meilen zieht sich das Iser- und Ricsengebirgc dahin, die wir nunmehr kennen lernen wollen. Zunächst geht es dnrch liebliche Waldgründe nach dem kleinen, nett hergerichteten Badeorte Lieb wer da mit alkalischen nnd eisenhaltigen Qnellen, dann nach dem viel-besnchtcn Wallfahrtsorte Hain dors mit wundcrwirkcnder Marienstatne, nnd weiter in immer enger werdendem schönem Thalc hinanf nach dem Dorfe Weißbach. Hier stehen wir schon hoch an den Hängen des Isergcb irgcs. Es nimmt den Naum zwischen der Görlitzer Neiße und der Iscr ein, die letztere bis zur Einmündung des Mnmmelbaches: dieser nnd der Zacken bezeichnen die Ausdehnung des Isergebirges nach Osteu. Es besteht aus Granit, Gneis nnd Glimmerschiefer nnd zieht sich in drei parallelen Ketten, alle fast gleich weit voneinander entfernt, südöstlich dahin. Der Hauptzug, der hohe Iserkamm, fällt anßcrhalb der Landesgrenze nach Prenßisch-Schlesien zwischen die Längcnthälcr der großen Iscr und der Dnciß, wobei der auffallende Umstand besteht, dass die erstere znr Elbe, die letztere zur Oder fließt. Mit dem höchsten Pnntte der Tafclfichtc (1124 Meter) trifft dieser Zng noch österreichisches Gebiet. Am Südfnßc dieses Berges entspringt die große Iscr, bildet in ihrem Laufe bis zur Einmündnng des Mnmmelbaches die Landcsgrenzc nnd trennt dcn Hauvtzng von dem böhmifchen Mittel-Iser kämme, der sich zwischen ihr nud der kleinen Iser bis zu beider Vereinigung hinzieht, anfangs mit sanftem, später mit steilem Abfalle. Er nimmt seinen Anfang an der Tafelsichte, wo sich anch der dritte Parallelzng anschließt, der Wohlischc oder Welsche K a m m. Seine höchste Spitze ist der K c n-lichte Vuchberg (970 Meter), der von Norden gesehen scharfspitzig, von Süden langgestreckt erscheint nnd an dessen Nordscite die Kleine Iscr in die Große mündet. Nach beiden Seiten hin sind dem Isergebirgc Vorlagen angesetzt, in Schlesien der Kcmnitzkamm, in Böhmen kleinere Züge, die dnrch Bäche, wie die Dessen und die Kamnitz, getrennt sind. In Weißbach müssen wir einen Führer nehmen, denn nnr wenige Fußwege dnrchkrenzen das Gebirge, das selten betreten wird und wollen wir in dcn finstern, wilden, sparsam gelichteten Wäldern nicht hernmirren, so können wir uns anf Compass nnd Karte allein nicht verlassen. Steil nnd langsam geht es anfangs längs eines Büchleins, dauu durch Sümpfe und Windbrüche aufwärts zur Tafelsichtc, die den Nameu nach einer längst vom Sturme geknickten Fichte führt. Ehemals stand ciue Hütte hier, von der nur Reste erhalten sind; dic Aussicht ist verwachsen, und nur stückweise kaun mau sich das Pauorama durch die Lichtungen zusammensetzen, es ist aber herrlich! Nördlich sieht man die städtercichc Ebene Schlesiens, am äußersten Rande schimmernd die von Polen, südöstlich erhebt sich verkürzt der Breite uach das Ricsrngebirgc, westlich gruppieren sich die Züge des Icschkcu, des Mittelgebirges und des Erzgebirges. Seitdem dic Fichte gebrochen ist, gibt am Nordabhange die Grauitmasse des Tafel-stcines (1066 Meter) ein dauerhafteres Grcnzzcichen ab. Südöstlich hinab durch dämmerigen Forst, zwischen moosbetleidctcn Granitblöckcn, über Bachgeröll steigen wir hinab zur Iscr. Da dehnt sich ein mcilenlanger, stunden-brciter Moorgrnnd, die sogenannte Iscrwiese, aus. Von Grasbüschcl zu Grasl'üschel springend, toinnion wir langsam vorwärts durch die feuchte ^de und nnr die zierlichen Snmpfblnuien, Knieholz und Weiden erfreuen uuscr Auge. Eudlich winkt eine Reihe von Hänsern: es sind dies die dreißig schlesischcn Iserhäuser, hart an der Grenze. Mau wuudcrt sich, was hier die Meuschcn hält; das Klima ist so rauh, dass uur Knieholz fortkommt, selbst der Hafer wird nicht mehr reif, Kartoffeln und Kraut sind die einzige Nahruug, Waldarbeit, Viehzucht uud Forellen fang die dürftigen Erwerbs-zweige der Bewohner dieser traurigen Gegend. Wir haltcu kurze Rast uud steigen wieder ins Böhmische hinanf, ans den Mittcl-Iserkamm. Von hier sehen wir die eiuzelneu Klippen des Wohlischen Kammes gerade uus gcgcuüber jenseits des kleinen Iscrthals sich dehnen. Ncbcn der scharfen Spitze des schon crwähutcn Buchbergs sehen wir da noch den Siech hüb cl (1122 Meter), der ganz bewaldet ist, aber an der Spitze dcu 19 Meter hohen Felsen Sicbengiebelstein trägt, den man nur mittelst einer Leiter ersteigen kann. Weiter den Rollberg^ deu Oranitblock des Taubenhauses, den flach-gewölbten Vogclbcrg (1070 Meter) uud deu Mittagsbcrg. In dein Hochthale llnter dem Kanime treffen wir 800 Meter hoch wieder eine einsame Niederlassung, Wilhelmshöhe, mit einer Glashütte. Feldbau wird hier gar nicht versucht, dafür fiudct mau in den Ablagerungen kleine Stücke Iserin (Titaueisen), duukeln Saphir uud Korund, die mau zn Traucrschmnck verarbeitet. Weiter geht es immer durch Wald nach dem kleinen Wazclsbrunu, stark abwärts nach Polauu und endlich nach Wnrzelsdorf, wo wir wieder eine Straße finden, jene, die von Neicheuberg kommt. Eine Spinnerei m der Nähe bringt Leben in die Gegend. Sonst beschäftigen sich die Menschen hier mit der Erzengnng von Olaskuöpfcu und mit dem interessanten Glasspinnen, anch mit der Hcrstelluug von Holzsacheu. Treten wir in die Stube ciues solchcu Holzdrcchslers ein, so scheu wir die ganze Familie — und die ist gewöhnlich groß — beschäftigt. Der Vater drechselt uud schneidet, rundherum ist ein Berg von Zuckerbüchse», Eierbechern, Stopfhölzcru, Nusskuackern, 142 Das nordöstliche ^mid. Rückenkratzcrn, Kinderkegelu, Kindertrolttpcten; ganze Regiincnter von Soldaten, ganze Herden von Schafen, Rindern, ganze Städte von rothen, grünen, gelben Hänsern liegen anfgehäuft. Rings sitzen die linder - das eine malt die Soldaten blau an, das zweite streicht die Bänme, das dritte die Hänser an, das vierte zählt die Stücke ab nnd ein fünftes packt sie in Schachteln. Das Leben hier ist hart und selbst die junge Welt mnss zugreifen. Die Kinder, die zn Hause keinen Antheil au der allgemeinen Arbeit erhalten, müssen hinaus in den Wald und auf die Gehänge, Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren suchen, Hagebntten pflücken, Schwämme suchen. Die Beeren werden in die Fabriken als Erfrischung für die Arbeiter getragen: das trägt für den Winter doch ein Paar Strümpfe; die Hagebntteu uud Pilze werdcu für dcu Winter auf Brettern getrockuet. Wir verfolgen die Straße, welche von Wurzelsdorf uach Schlesien führt, über die Iser hinüber, bis da, wo der Mummclbach einmündet. Da wenden wir uus auf dem Waldstcg nach Harrachsdorf uud stehcu im Gebiet des Rübezahl. Das Rieseug ebirge, ehemals Asengebirgc genannt, tschechisch Xi'kmx)^ das höchste unter den deutschen Mittelgebirgen, ist an Länge, Richtung und geognostischcr Bildnug dem Isergebirge ähnlich. Die Granit-masse seiues Hauptkammcs, die oft bis auf die Bergspitze heraustritt, im Süden aber uud Osteu von ciuer Gneis- nnd Glimmerfchieferzone umgeben ist, zieht südöstlich bis zum Licbauer Paffe, mit einem steilen Abfalle nach Preußen und einem sanfteren gegen Böhmen. Der Hauptkamm, der den Reifträger (1350 Meter), die Gruppe der Sa u- uud S ch weiustciu e, das Hohe Nad (1506 Meter), die Große Sturmhaube (1490 Meter), den Mittagstein, die Schneekoppe (1601 Meter) und die Schwarze Koppe (1418 Meter) trägt, bildet bis zum Forst berge die Laudesgrenze, dann folgt diese einem Rücken, der, mit dem Lämmerhau begiuucud, als Ra beuge birge bis zum Liebaucr Passe zieht. Es trägt als Gipfel den Kolbenberg und Reh orub erg an der Boberguelle, wird fast 1000 M. hoch, ist aus Gneis uud Glimmerschiefer aufgebaut und hat breite, faufte Formen mit bewaldeten Abhängen. Dem Hauptkamme vorgelagert ist in Böhmen ein gleich hoher paralleler Vorkamm, welcher der böhmische genannt wird. Mit jenem ist er durch Qucrricgcl, Hochwiesen, verbnndcn, einmal durch die Navarcr Niese, die sich vou der uackten, abgcruudeteu Kesselkoppe zum Reifträger hinüberzieht, das auderemal im Osteu durch die sumpfige Weiße Wiese, welche vom doppelgipfligen Vrunucubcrge gcgeu die Hochfläche westlich der Nicsenkoppe, den Koppenplan, ansteigt. Zwischen beiden Kämmen ist ein Längenthal eingeschlossen, die sogenannten Siebengrüudc, in denen sich die Onellwässcr der Elbe sammeln. Von Westen stürzt in einer Meeres-höhe von 1237 Meter, 55 Meter tief, der Elbscifrn, während ihm von Osten her das Weißwasser entgegenströmt. Vereinigt durchbrechen beide als Elbe den südlichen Kamm. Dic so entstandene westliche Hälfte heißt Krtouosch, die östliche der Ziegenrücken. Zwischen den Gewässern, welche vom Hoch-gebirg kommen, ziehen sich vom böhmischen Kamme Gebirgsstöcke von abnehmender Höhe ins Land hinein, so zwischen der Kleinen Iser nnd der Elbe vom Kesselberg ans der Rücken des F iu st er st eins nnd des Heidelberg es, zwischen der Elbe nnd der großen Aupa vom Brunnenbcrg drei Ausläufer: der Planurberg mit dem Riebeisen, der Bcrenberg nnd der lange Zug, welcher die Aupa auf ihrem rechten Ufer begleitet und in der flachen Kuppe des Fuchs berges (1315 Meter) und in dem imposanten Schwarzenbcrg s1224 Meter) eulmiuicrt. Zwischen die große uud kleiue Aupa drangt sich der Zug der Eule und der Knhbcrg hinein. Wir wählen den Weg über Scifcnbach, wo die Schule die hübsche Inschrift trägt „Grundlage des Staates und der Religion"; er führt uns, immer im Wald start ansteigend, in etwa zwei Stunden zu den Hofbanden, von wo wir das große Dorf Rochlitz (8000 Einw.) mit seinen weit uud breit über Berg uud Thal zerstreuten Hänseru übcrsehcu, nud iu einer wciteru Stuudc auf die Kammhöhc des Krtonosch nnd die Kesselt oppe (1383 Meter). Bon ihrem steilen östlichen Rand, über das tiefe Kcsselloch und die finstern Siebeugrüudc weg, scheu wir den Grcnzkamm des Riesen-gebirges seiner ganzen Mnge nach und haben auf der Wandcruug auch schou den Charakter des Gebirges in allen Einzelnheiten kennen gelernt. Erst sieht ulan an den Hängen der Berge, wenn man vom Thal aufwärts steigt, m der Nähe der Dörfer steillicgende Äcker, nmsämnt von Steinen, die, aus dom Feld gebrochen und ausgegraben, am Rande aufgehäuft werdeu. Au deu grünen Halden, denen aber die Frische der Alpen abgeht, zeigen zahl-"iche Rinnen mit mächtige»! Geröll die Wucht des Wassers, wenn es im Gebirge regnet oder thaut. Zn gewöhnlichen Zeiten schlangelt sich ein zarter Wasse'rfaden durch; ein Gewitterregen gmügt aber, einen wilden Gießbach aus ihm zu macheu. Vis 400 Meter Höhe stehe» Birken, Eichen uud Buchen einzeln und mitten im Walde, weiter oben herrscht nur mehr die dunkle pichte uud Föhre. Vis 1200 Meter dehueu sich Wälder aus, aber überall cultivicrt uud uirgeuds vou außerordentlichen Verhältnissen. Oft ist der Voden von Heidel- uud Blaubeeren überwuchert, so dass man keine Spalte, kcinc Wnrzel sieht, oft wieder von fenchter Moosdccke überzogen, an den Dichtungen über und über mit dem schmalblättrigen, glntrothen Weidenröschen bedeckt. In größerer Höhe breiten sich zwischen den lichteren Beständen die riesigen Wedel der Farreuträuter aus. Bei 1200 Meter Höhe hört der Wald auf; nur schntwe Reste halten sich noch gegen die Nord- und Wcst-stürine, die Zweige sind geknickt, die Wipfel zcrzanst, Gebüsche von Knieholz treten auf, von der Ferne wie Mooopolstcr anzusehen, dazwischen aber l'cgen mächtige Flächen »lit klemem, gelblichem Gras, au vielen Stellen «uch Torfboden, dessc» Wasser zuwcilcu in Psützen heraustritt, öfter aber 144 Das iioidllstlichc Land. trügerisch mit den weißen Borstcnbüscheln des Wollgrases überdeckt ist. Die Pflanzenwelt zieht sich ziemlich hoch hinauf, zumal die rothe Primel im Frühling, die weiße Alpenanenione im Sommer, bald jedoch hört die Thierwelt auf. Selten unterbricht das Piepen der Schncelerche die Stille der Hochflächen, nur lautlose Falter schweben anf nnd ab nnd laucrude Käfer kriechen zwischen dcu moosigen Steinen. Vom Getreide wird der Hafer stellenweise bis 800 Meter gebaut, wird aber doch nicht alle Jahre reif, Roggen kommt bis 400 Meter nur als Sommcrfrucht vor, da er den Winter nicht überdauert. Hanptfrucht siud die Kartoffeln. Die Thierwelt bietet kaum Besonderes, außer der rothpuukticrteu, schmackhafteu Steiuforellc, die selbst iu dcu Teichen des Kammes vorkommt. Die mineralische Ausbeute ist im ganzen Gebirge gering, bietet aber dafür Specialitäten an Gesteinen. Von Belang ist die Viehzucht, die gute, iu Schlesien und in der Mark gesuchte Butter uud den trefflichen Koppenkäsc aus Kuh- und Ziegenmilch liefert. Die ^uft ist ranh, selbst im Hochsommer an heißen Tagen herrscht am Kamme eine kühle, frische Frnhlingsluft, noch im Juli liegt in einzelneu Mulden der Schnee, nnd im Frühjahre, weun im Thale scholl lange aller Schnee verschwunden, vergnügt mau sich anf den Hochebenen mit den beliebten Hörnerschlittcnfahrtcn. Die Wcttervcrhältuissc find im Sommer äußerst wechsclud. Ganz uuerwartet steigt oft aus irgeudciuem Waldthal ein Nebel auf, wie der Nauch eines Feuers, bei welchem der Holzfäller seine Kartoffeln brät, aber er ballt sich immer fester zusammcu, schiebt sich zwischen deu Bergwänden hin uud her und von allen Seiten steigt er empor -—- im Nu steckt man im Nebel, der die Kleider durchdringt, während aus jcuem Thalgruudc ein scharfer Wind sich hebt, dass mau ganz durch-schauert wird. Jede Aussicht in die Ferne und auf den Weg, den man schreitet, ist verhüllt, nur riesig gewordene unheimliche Masscu bewegen sich da und dort, einem zur Seite und entgegen, wcuu man weiter schreitet. Mau verliert Maß uud Vercchuuug für Größe und Entfernnng und es ist nicht ohne Gefahr, vorwärtszugcheu. Da bricht ein Licht durch — eiu Stück blauen Himmels, ein Bild souuigcn Abhangs mit gläuzenocn Häusern, umrahmt vom Nebel, wird sichtbar; plötzlich reißt dieser an allen Enden, die Stücke sagen an den Bergwände« herum, mau steht wieder im hellen Lichtschein des Tages. Aber mm fängt es an in den Schluchten zn grollen, zu douucru, aus jenem Ncbclballcn uuten zuckeu Blitze nud mau steht da ober eiuem Gewitter, das sich mit strömendem Ncgcn über die Thalmulde cutladet. Ein farbenglüheuoer Regenbogen wölbt sich über dem Schauspiele. — In irgendeiner Winterbaude findet mau Erholung uud kann sich trocknen. Es ist das ein Haus, gewöhnlich aus Holzstämmcn gezimmert, was auch das einzig praktische ist. Denn uur iu dem leichttrockucndcn Holz-gcbäude kann der Nicsengebirgsbcwohner Wärme und Gesnudheit erhalten; steinerne Maueru, immer feucht uud kalt, brächten ihm gcwifs Sicchthum Vankhanö: Daö Königreich Bohmm. 10 »3 146 Das nordöstliche i!a»d. und Krankheit. Heiße Luft, die aber bald behaglich wird, strömt dem Wanderer entgegen. Ein riesiger Kachelofen nimmt den größten Raum ein, an der Wand steht ein Gcschirrkastcn und Bänke ziehen sich hcrnni. In einer Ecke steht ein Wcbstnhl. Die Stnbc ist voll von Menschen, die alle geschäftig sind. Der Großvater schneidet Späne, die die Enkel schichten, der Vater hantiert mit dem Wcbcrschifflciu, die Mnttcr bnttert nnd die Großmutter bereitet am rauchigen Herd „de Gaalschwammcl nn de Hicrschpapp;" nur der Säugling, der in einer von der Decke herabhängenden Schaukel aus Betteu liegt, darf noch müßig sein. Durch eine Fuge der Decke häugt duftiges Heu hcreiu, das den hohen Dachboden füllt, nnd über die Hansflur her tönt das Gcbrüllc des Viehes, welches nntcr demselben Dache wohnt. Reinlichkeit findet man trotzdem überall, vor dem Hause auch zuweilen zeigt ein Gärtchcn mit ungewöhnlichen Gewächsen den Sinn der Bewohner für Schmnck und Zier. Fleiß nnd gcnngfame Einfachheit sind freilich noch schönere Tugenden derselben. Ärmlich ist allerdings das Leben; die Weberei, das Schnitzen von allerhand Gegenständen ans dem rd'thlichcn Holze der Zwergkiefer, die kleine Wirtschaft trägt nur das Nothdürftigste, nnd Luxus ist eine Sache, um die der Gebirgler die Thäler nicht beneidet, weil er sie nicht kennt. Brot, Milch, Butter, Käse, höchstens Erdäpfel, Sancrkrant, im besten Falle Hirse, nur an hohen Feiertagen ein Stückchen Fleisch sind die Nahrung des Volkes. Die Kleidung ist einfach; einen dnnklcn, meist blauen, kurzen Rock, mit kurzen ledernen Höfen, wollene Strümpfe nnd einen dreieckigen Hut trägt der Mann, das Weib einen faltenreichen Rock, ein Mieder von Wollstoff und ein Hemd mit kurzen Ärmeln. Die Mädchen flechten ihre Haare in Zöpfe, die Fraueu bergen es in einer weißen Haube. Außer Haus wird ein gefärbtes Tuch umgebunden, bei Festen anch ein schwarzes Corset getragen. Tiefer unten verschwindet schon mehr die Tracht vor der allgemein städtischen. Streng ist das Leben im Winter, wenn die Baude eingeschneit ist, oft bis auf die raucheudcu Schlote. Mit Mühe hält der Maun die Öffnung für die kleinen Fenster frei uud ist ganz auf seine Stube angewiesen, da der klaftcrhohc Schnee fast jeden Verkehr unmöglich macht. Muss er hinans, so steigt er durch den Giebel aus dem Hause uud sucht sich mittels der Schneeschuhe fortzubringen, wobei etwa Stangen mit Strohbündcln die gangbarsten Stellen bezeichnen. Stirbt jemand zu dieser Zeit, so wird er im Schnee begraben, bis ein halbwegs besseres Wetter das Leichenbegängnis gestattet. Dann leistet aber auch die Nachbarschaft getreulich das Ehrcngeleitc. Die „Grabbittcrin" besorgt die Einladungen und der „Pempatsch" spricht die Grabrede, der Vorzüge des Verstorbenen gedenkend. Die Frauen erscheinen da in einem eigenen Trauergewaude, einem schwarzen Rocke mit darüber gehängtem weißen Tnche, welches nnr das Gesicht frei läfst. In strengen Wintern beschränken sich anch die Iahresfcstc auf die Stube. Das schönste uud liebste ist Weihnachten, doch auch der Fasching Tc>s Niesengelm'ge. 14? ist dcm Gebirgler angenehm, denn er tanzt leidenschaftlich seinen „Hoppich" (Walzer) und seine „Bnschkarantc" (Menuett), wenn es ihm das Wetter erlaubt, die Bauden zu verlassen. In den Dörfern ziehen vermnmmte Bursche herum, fordern Geschenke, uud das Mädchen, welches das schönste hergegeben, wird drauf in feierlichem Zuge in den „Kretscham" zum Tanz geholt. Am ^ 1. Juni, am Johannistag, wenn sich der alte Winter zurückgezogen hat uud uur noch aus den höchsten Felsschluchten der Tchncekoppe oder der Stnrmhanbe mürrisch hervorschaut, wird das Bieh unter grosicm Festjubcl wieder ausgetricben und auf einige Monate gestaltet sich das Leben in den Bergen fröhlicher nnd leichter. Dann gehen auch die Kinder abgelegener Bauden wieder zur Schule nud lernen dort die Elemente der Bildung. Übrigens ist das Volk aufgeweckt nnd mit Vescn und Schreiben sind auch die Ältesten vertraut. Der Aberglaube steckt freilich, wie überhaupt in Gcbirgs-ländcrn, noch tief in den Gemüthern lind der alte Rübezahl hat seine Herrschaft noch nicht abgedankt. Seinen Nameu soll er vom Zählen der Nüben in seinem Garten haben, welche Aufgabe ihm die schöne, von ihm geraubte Prinzessin Emma stellte, wie sie vorgab, um ihn dann zu heirateu, in der Wahrheit aber, um ihm unterdessen zu entfliehen, was ihr auch gelang. Übrigens gibt es eine reiche Etymologie über seinen Namen, denn die ubigc Geschichte wird nicht allgemein gcglanbt. M. Johannes Practorius hat 1672 ein ganzes Bnch herausgegeben: ,,^l,tv,'n,^ l-lt^inulu^icns oder der Reformierende und Informierende Nübe-Zahl," worin er hundert etymologische Untersuchungen über Rübezahl zum Theil in sehr possierlicher Weise anstellt. Zahllos sind die Schwanke uud Streiche des Berggeistes, selten aber waren sie bösartig; gewöhnlich foppt er nnr die Schlimmen, die Betrüger und Unehrlichen oder die seiner spotten, oft hat er auch den Frommen, Redlichen in Noth und Jammer geholfen. Wir wollen diese guten Seiten von ihm ansdrücklich anerkennen, dass er uus nicht etwa auch einen Schabernack spiele, wenn wir nnn unsere Wanderung im Gebirge weiter fortsetzen. Von der Kessclkoppe führt uns ein Steg nordwärts über die Navarer Wiese zur Pantsche, die etwa 250 Meter tief vom Felsraudc stürzt, um sich unten mit der jungeu Elbe zu vereinigen. Es fehlt diesem Falle nur die hinreichende Wasscrmassc, dass er einer der schönsten wäre; so aber leidet er an dem allgemeinen Mangel aller Niesengebirgsfällc, dass sein Wasser erst gestaut werden muss, wenn er auf den Beschauer die rechte Wirkung machen soll. Eine Viertelstunde weiter gelangen wir zur E lb wiese, einer großen, sumpfigen, mit Knieholz bewachsenen Hochebene, wo der in Stein gefasste Elbbrnnnon ist, der aber nicht der Anfang des Flusses ist, welcher einige Schritte höher liegt. Hwei zertrümmerte Pfeiler berichten von dem hohen Besuche, den zwei österreichische Erzherzoge: Josef (1804) und Rainer (^306) hier der Wiege des gewaltigen, ländcrdnrchbranscnden Stromes machten. Anfangs 10- 148 Das nordöstliche Land. plätschert das Wasser den scmftcn Rücken herab und hüpft von Felsstück zu Fclsstück, aber der Abhang wird steiler, der Bach rauscht wilder und plötzlich gelangt er an eine Felswand, wo er 55 Meter tief hinabstürzt. Ein Felsstück theilt den Fall in zwei Strahlen. In Sommcrtaa.cn muss wohl auch hier die Flut gespannt werden; nur wenn es geregnet hat, ist der Fall wahrhaft imposant. Vom Elbbrnnnen anfwärts zum hohen Kamme gelangen wir zur Grubenbaude. Rechts und links sieht mau in zwei wilde Fclseukessel, deren Wände etwa 300 Meter tief abfallen; es sind dies östlich die Große, westlich die Kleine S chncegrübe. Beide sind dnrch einen großen Fcls-vorsprnng getrennt, die Gräte genannt, auf der ein steiler Weg herabführt. Doch darf nur ein sehr geübter Kletterer ihn wagen. Schauerlich finster ist die große Grube, an dessen Wänden ein mächtiges Echo wiederhallt. Den Namen tragen beide Gruben, weil in ihnen den ganzen Sommer über Schnee zu liegen pflegt. Entzückend ist die Anssicht über die große Grube hiuwcg auf die lachenden Fluren Warmbrnnns von der Rübezahls- oder Tcufelskanzel, einer senkrechten Grauitmassc hinter der Vanoe. In kaum merklicher Steignng geht es nun auf der Höhe des Kammes aufwärts zum Hohen Rad, das eigentlich ein riesenhafter Steinhaufeu ist, r>ou desscu Gipfel man eine prachtvolle Aussicht genießt, in der Ferne weit nach Schlesien und bis zum Erzgebirge, in der Nähe tief zu den Sieben Gründen herab. Das sind Schluchten zwischen dem Grcnzkamm und dem böhmischen Kamm des Gebirges, von vielen Bächen mit rauschendcu Fällen zerschnitten. Der schönste der Gründe ist der Elbgrund. Die Sage erzählt von einem Schloss auf dem Hohen Rad, das dem Könige Ariovist gehört hatte und das Marbod, als er mit den Markomannen kam, schon verödet fand. Der Abstieg vom Hohen Rad nach Osten ist wegen des Gerolles schwierig, dafür ersteigt sich aber wieder ganz bequem die G roßcSt u r m Haube mit ähnlicher Znsammenschung und Aussicht, wie das Hohe Rad. An dem Mannst ein, den Mäoelst einen, später den Kleinste in en und an dem Saust ein, die wie Rittcrsbnrgen sich ansnchmen, vorbei kommt mau zur Petersbaude, dann scharf an einem sumpfigen Abhang bergab, der die Mädclwicfe heißt, ein Stück durch Wald, zur Spiudlerbaudc, in der Mitte eines tiefen Kanzmeinschnittes (1151 Meter) gelegen, bei der die Straße nach Hirschberg führt. Im Osten erhebt sich der Kamm wieder steil, da die kahle kleine Sturmhanbc hier eilten Eckpfeiler bildet. Um ihre Granittrüuuner herum führt der Steg zum Mittagsstcin, einer nicht ersteigbaren Granitmassc am Nordabhang des ^ahnbcrgeö, die, von einer Seite aus gesehen, einem angelehnten Menschen ähnlich sieht. Von hier ans sieht man die beiden Gebirgsteiche, den Großen nnd Kleinen Teich, auf schlesischem Gebiet liegen. Unser Wcg führt uns aber über den Koppenplan, eine östlich etwas geneigte, stundenlange Hochebene, welche nnr eine menschliche Wohnnng, die Wiesenbaude, trägt. Von dieser steigt der Wcg znr Ricscnbaude, die 1849 augclcgt wurde. Das Ricsenssebirss?. 149 Da verengt sich der Kamm, zwei tiefe Thäler drängen sich heran, der Mclzergrund und der Riefengrund, und m'an steht am Fuße der Nicscn-koppe, die sich noch 190 Meter über den Koppenplan erhebt. Vei dem halbstündigen Steigen zur Spitze begleitet uns feiner Duft von dem Peilchcn-moos, das hier wächst und, jahrelang aufbewahrt, seinen Geruch behält. Auf dem flach gewölbten Gipfel steht eine ^aurrntiuskapclle und ein großes Holzgebäude, für 300 Wauderer eingerichtet. Die Aussicht von der Koppe, über welche die preußisch - österreichische Grenze geht uud welche der höchste Punkt in den deutschen Gebirgen ist, ist großartig. Nicht nur, dass man die Thürme von Breslau und Prag zu gleicher Zeit sieht, also weite Fernen mit dem Auge misst, das schönste an dem Panorama ist die Mannigfaltigkeit der Gcbirgswelt, die hier dem Beschauer zu Füßen liegt. Am schönsten wirkt im Vordergründe das Thal der Aupa, der sogenannte Riesengrund. Durch dieses Thal wenden wir uns abwärts, wenn wir von den Bergen scheiden müssen. Freilich sind sie nns noch lange zur Seite, so der Vrunnenberg und der S ch w a r z c B e r g, deren Hänge die Aupa beglcitcu. Vei dem frcundlicheu Groß-Aupa (2000 Einwohner) vorbei, zwischen grüneil Wiesen nnd Feldern, kommen wir, immer durch die schönsten land-schaftlichcn Schönheiten von neuem cutzückt, uach dem ehemals goldreichen Freiheit (1200 Einwohner), das nun seinen Reichthum iu Gewerbe-thätigkeit uud Bildung sucht. Das Schulhaus zieren die Worte: „Volks-bilduug — Staatcnglüä." In der Nähe gegen Westen liegt das böhmische Gastcin, das saubere Johann is bad, mit indifferenten (W" (!.) nnd Eisenquellen. Die (Kurgäste, welche ihre franken (Glieder in dein warmen Wasser badcu, werden wohl nicht alle wissen, dass dieses direct ans Rübezahls Küche fließt, wo er für sich nnd seine dienstbaren Kobolde die Rüben kocht. Unfern von dieser Gegend im Osten ist ein anderer Quell des Segens, das weite Kohlenlager von Schatzlar. Wenn wir aber so weit vom Wege abgekommen, so können wir auch schou uach Hohcuclbe gehen. Diese Stadt (5300 Einwohner) >»it dem hübschen Schlosse des Grafen Morzin und vielen Fabriken ist eigentlich nur der mittlere Theil der von dem Dorfe Ober-Hohcnelbe sich zwei Stnnden lang hinziehenden Häuserreihe. Benutzen wir von Hohenclbr aber die Bahn, so erblicken wir in einer Stunde Fahrzeit in der Einsattluug zwischeu dem Olsnerberg nnd dem Töpferberg die Manrrn von Arnau, das sich eines bedeutenden Alters zu rühmen hat, wenn auch der Name erst im 14. Jahrhundert erscheint. Heute ist das Städtchen (3700 Einw,) ein Industrieort für Weberei uud Papicrfabritation. Bei Trautenau bringt uns der Zug wieder ins Aupathal zurück. Die freundliche, nach dem Brand von 1861 neu aufgebaute Stadt (11.200 Einwohuer) ist einer der rührigsten Plätze der industriellen Gegend uud der Mittelpunkt der Leinweberei im Ricsengebirgr. Ans dein Fricdhosc ruht der Dichter Uffo H oru. Er wurde hier am 18. Mai 1817 geboren, befuchte die Universitäten ^50 Das nordöstliche Vn»d, von Prag und Wien, wirkte nach größeren Reisen am Bliudeniustitute in Prag, lebte aber dann seinem literarischen Beruf theils in Dresden, theils, nachdem er sich 1848 an den politischen Vcwcguugen in Prag und 1850 als freiwilliger an dem erfolglosen Freiheitskampfc der Herzogthümer Schleswig-Holstein bcthciligt hatte, zurückgezogen in seiner Vaterstadt, wo er I860 starb. Er war einer der begabtesten österreichischen Dichter der neueren Heit, der sich bedeutenden Ruf in ganz Deutschland erwarb und mit manchen seiner zahlreichen Dichtungen durchschlagenden (Erfolg hatte, so mit dem Preislustspiel „Die Vormundschaft," mit seiucm Trauerspiel „König Ottokar," seinen Novellen, in denen er das böhmische Volksleben trefflich zu schildern vcrstaud, und endlich mit zahlreichen episch-lyrischen Gedichten, von deneu „Cammms Jugendliebe" das schönste ist. Ein treuer Sohn seiner Heimat, als welcher er anch der populärste Mann des Nieseugebirgcs war, schilderte er ili den „Bildern der Heimat" und im Prolog für das Iahrbnch des Erz-und Ricsengebirges mit lebendigen Farben die Schönheit ihrer Berge. Denkmale am Kapellenberg uud Hopfenbcrg erinnern an einen denk> würdigen Tag des K'riegsjahres 1866, den blutigen 28. Juli. Die von iücbau her anrückenden Preußen unter Bonin, welche den Kapellenberg uud die Stadt bereits besetzt hatten, wurden hier von dem General Gablenz geschlagen und mit großen Verlusten zum Rückzug gezwungen. Eine Straße in nordöstlicher Richtung führt uus über Qual isch zu dein interessanten Bergland, welches Böhmen im Nordosten gegen Schlesien und das Glatzischc begrenzt. Zunächst vom ^icbaucr Passe zieht sich das startbcwaldete Ül.» crs charge birg e fast in südlicher Richtung mit dem kegelförmigen K ö n i g s h a i n c r Sp i tz b c rg, bis zur Senke zwifchen Trantenan uud Schöu-bcrg. Astlich davon liegt das Vrannancr Berg land. Die ^andesgrenze bildet ein Granitzng, der im bewachsenen Spitzberg 76«! Meter hoch steigt. Parallel mit ihm, durch die Steine geschieden,zieht das steil abfallende Falten-gebirge, dessen Hauptgipfel, die Heuscheuer (921 Meter), im Glatzischen liegt, während die Ningeltoppc noch auf österreichischem Gebiet emporragt. Hier tritt der Sandstein, welcher den ganzen Sudetcnzug vom Elbedurchbruch her begleitet hatte, wieder mächtiger hervor und bildet die merkwürdigen Adersbacher Steine nnd Neckelsdorfer Felsen, welche Tausende Touristen mehr als die gewaltigsten Gebirgsmassen bewnudern, während der sogenannte versteinerte Wald von Radowenz das Interesse der Geognosten in hohem Grade fesselt. Wenn wir uns vom alten Gasthaus in Adcrsbach südlich wenden und über die fcnchte Wiesenflächc dahingehen, erblicken wir sehr bald die merkwürdigen Sandstciumassen, an deren Eingang der umgekehrte Suckerhut, auf einer Fläche von 1 ^ iMetcr stehend, 15) Meter hoch uud oben sehr breit, die Erwartung bedeutend steigert. Sind wir daun in die Fclsenstadt eingetreten, so müssen wir in der That über die sonderbaren Natnrspicle Die Weckelsdorfer Felsen. 15)1 staunen. Da fällt uns ein riesiger Steinpilz auf, dort inacht uns der Führer auf den Wartthurm aufmerksam, hier auf dcu heil. Johannes in der Wüste und weiter hinten auf den Bürgermeister mit dcr Allongeperücke. Stundenlang zieht sich das Fclfcnlabyrinth dahin, und immer gibt es neue Überraschungen, jetzt cincn uutcrirdifchcu Wasferfall, dessen Tosen eine überraschende Wirkung übt, darauf cincn See, über den wir eine Kahnfahrt niachcu, und wieder eine Stelle, wo ein schönes Echo erschallt. Manche Partien sind äußerst romantisch, wie die Iesuiteugasse, die Wolfsfchlucht, das Hochgericht, auch wenn sie nicht mit so sentimentalen, schauerlichen, stiminnngsbeabsichtigen-den Namen benannt wären. Au die Adcrsbachcr Steine unmittelbar anschließend ziehen sich die Weckclsdorfer Felsen dahin, welche erst seit cinem )u' Wccl^lodm'f^' ,«ljM. großen Naldbrandc von 1824 bekannt wurden. Ähnliche Lauueugcbilde dcr Natur uud ähnliche 9tamcn wiederholen sich hier: das Rebhuhn, der heilige Nepomuk, der Gemsjägcr, das Fleischcrbcil, die harrende Brant, die betende ^^oune, die Todtengasse, das ^laubschloss. Das interessanteste ist der Dom, dessen geheimnisvolle Dämmerung die Führer durch veritablcs Orgelspiel noch wirksamer ^n macheu sllchcn, Etwas südwestlich von Weckclsdorf liegt ein audercs Viaturluilnder, der Steiuwald vou Radowen'^, wo Taufende von urweltlichm Vaumstämmeu, zumeist ^i'üno-niitl'8 l>»^l'«I1i!iin,8, durch Eiu-wirknng von Kieselsaure in Stücken von zwei Meter Länge und ein Meter Vrcitc versteinert sind. Übrigens macht man ähnliche Funde bis Nen-Paka. Eine lohnende Fusiwaudcruug durch schüuen Wald von Weckclsdorf über 152 Das Nürdüstlichl Land. Vodisch und den Hutbcrg am ,^altengcbirge bringt uns nach Brannau (5800 Einw.). Es liegt in cineni äußerst cmnmthigen, rings von Bergen eingeschlossenen, vortrefflich angebauten Thal von etwa drei Stunden Länge nnd zwei Stunden Breite, einem der schönsten im Lande. (3s führt nicht mit Unrecht wegen der rothbranncn Porphyrrrde den Nmncn der braunen An. Die gewcrbthätigc Stadt selbst ist fast in der Mitte des Thales auf einem Felsplatcau gebaut, an dessen Fuß die Steine dahiurcmscht. Das bedeutendste Gebäude ist das imposante Venediktinerstift mit großen Räumen, die znm Theile mit Fresken des baicrischen Malers Schcfflcr geziert sind, uud einer prächtigen, fast überladenen Stiftskirche. Es entstand als Filiale des Klosters Viewnow bei Prag im Jahre 1322. An der Südseite der Stadt bezeichnet eine kleine Kirche den Ort, wo sich die Protestanten ein Gotteshans gebant hatten, welches der Abt von Vrannau 160^ schließen ließ. Infolge dessen und als in Prag die Unruhen ausbrachcu, kam es zu einem Ausstände in Vrannan, zur Plünderung des Stiftes und zur Flucht des Abtes Zelcndar. Erst der westfälische Friede brachte dem Städtchen die alte Ruhe wieder. Über Merzdorf wenden wir nns, an den Abhängen der Ningclkoppo wieder das Faltengebirge übersteigend, nach dem kleinen Städtchen Politz (2000 Einw.), das außer seiucm großen Klostergcbäudc uichts Bemcrteus-wertcs hat, uud bcuntzcu vou hier die Eisenbahn, welche uns bald nach Nachod (4200 Einwohner) bringt. Das Städtchen, dessen Einwohner Lein-und Baumwollweberci treiben, ist nnanschnlich, aber ein imposantes Gebände ist das Schloss, welches anf einem Bcrgvorsprnng stattlich Prangt. Wegen seiner Lage an den: Pass, der übers Gebirge nach Reinerz führt, spielte Nachod stets in Kriegen eine Nolle. In den schlcsischcn Kriegen des vorigen Jahrhunderts war Nachod ein bequemer Eingangsort für die Prcußcu und auch 1866 am 27. Iuui war die Gegend der Schauplatz eines heftigen Kampfes, der sich am nächsten Tage westlich gegen Stalitz zog nnd am dritten bei dem Dorfe Schweinschädel wiederholte. Südöstlich vom Pass von Nachod beginnt wieder ein Zug aus Gneisuno Glimmerschiefer, dessen Kamm bis zu den ^.uellcu der wildeu Adler die Grcuzr bildet nuo nach der majestätischen abgerundeten Hohen Mense (1080 Meter), deren Aussicht leider verwachsen ist, benannt wird. Von der Senke bei Friedrichswald ab, einem Dorfe an dcn südlichen Abhängen der ebenfalls keine Aussicht gewährenden D cschnayerkopPc (1098 Meter), läuft die Grenze mit der Adler (Erlitz), und der Zug des Adler- oder Erlihgebirgcs, auch Böhmischer Kamm genannt, fällt ganz auf öster-rcichischeu Boden. Gegen Südostcn sich senkend, bietet er außer dem Friedrichs-walder noch drei Übergänge nach Preuße»: bei Kronstadt, Ottendorf nnd Vatzdorf. Der wichtigste Pass ist indessen, dnrch dcn die Nordwestbahn von Wichstadtl nach Mittelwalde führt. Wollen wir vou diesen: Pafs die Grenze verfolgen, die wieder eine scharfe Wendung nach Nordostcn macht, so müssen Tcr Eviüsslitzcr Tchneebcrg. Grulich. 153 wir über ein hohes Trümmerfeld mit wackelnden, klappernden Steinen, daher Klappersteine genannt (1099 Meter), weiter über den kleinen Schneeberg mit seinen Lanterbacher Felsen oder weißen Steinen zur Glimmerschiefer-massc des Großen oder Spicglitzer Schneebergs steigen, der anf seiner 1424 Meter hohen gewölbten Fläche die Grenzsäule dreier Länder: der Grafschaft Glatz, des Königreichs Böhmen und der Markgraffchaft Mähren, trägt. Die Anssicht von oben ist leider kein umfassendes Panorama; wer in der Mitte der Flachkuppe steht, hat eigentlich gar keine Aussicht; die Berghohe erscheint ihm wie eine Insel im Luftoccan, aber von den Rändern der Nach od. Fläche genießt man allerdings die reizendsten Blicke in die Ferne. Vom Schncebcrg wendet sich die Landesgrenze wieder südlich in der Thalschlucht der March gegen Grulich (2900 Einwohner). Das Städtchen, gewerb-fleißig wie die ganze Gegend selbst, hat nichts Merkwürdiges, aber in der Nähe liegt auf dein Mnttergottcsberge (722 Meter) ein interessantes Scrviten-tloster, zn dem ein gepflasterter Weg nnd endlich 7mal 7 Stnfen führen. Bon den Thürmen des Klosters, das sich übrigeus uur einigemal im Jahre öffnet, gewährt das schmale, durch den Schnccberg abgeschlossene Marchthal einen prächtigen Anblick. 154 Das nordöstlich!.' ^'and. In Grulich bietet sich uns zur Weiterreise wieder die Eisenbahn. Nasch geht es im Thal der stillen Adler bei Wichstadtl vorbei bis Geiersberg, wo sich der Schienenweg nördlich zur wilden Adler wendet. Bei dem indnstriereichcn und durch die Sternwarte des Schlosses bekannten Senften-berg (3600 Einwohner) erreicht er den Fluss, dessen Ufer wie aufgemauert cmporstehen. Der Schlossthnrm von Neichcnau, die Kirchenspitzen von Kostelctz, Tinischt, Hohenbrnck fliegen an uns vorbei, das Thal erweitert sich, der Fug dampft zwischen den üppigen Feldern der „goldenen Nnthc" und die Schaffner rnfen: Königgratz! Uns klopft das Herz bei dem Namen und voll trüber Erinnerungen gehen wir vom Bahnhöfe über die Elbbrücke znr Stadt, die in der Gabcluug zwischen der Adler und der Elbe liegt, so dass man leicht sieht, wie die ganze Gegend im Nothfalle unter Wasser gesetzt werden kann. Breite Gräben nnd mächtige Erd- nnd Mancr-wällc umgeben die alte, schon 1055 ansehnliche Stadt (jetzt 6100 Einw.), da der frühere Witwensitz der böhmischen Königinnen (eigentlich Königingrätz) nach dem siebenjährigen Kriege zn einer starken Festung verwandelt worden war. Doch sieht es jetzt trotz Cascmattcn uud Kasernen ziemlich friedlich darinnen ans, weil der Ort als Fcstnng aufgelassen wnrdc. Die vornehmsten Gebäude sind nunmehr der Arbeit des Friedens bestimmt, ein bischöfliches Alumnat zur Heranbildung böhmischer Geistlichkeit, ein Gymnasinm, eine Realschule uud Lehrerbildungsanstalt zur Erziehuug der Jugend. Bemerkenswert ist wohl die große Kathedrale vom Jahre 1302, welche eine Zeitlang hnssitisch war und die deiche Hischkas barg, ehe dieselbe nach Tfchaslan übertragen wurde. Doch jedes historische Interesse wird überboten durch die Erinnerung an den für uufer Vaterland verhängnisvollen 3. Inli 1866, an dem sich hier über 400.000 Krieger in mörderischem Kampfe entgegenstanden und 7722 von beiden Seiten ihr Leben verloren. Wollten wir das Schlachtfeld begehen, das sich auf dem hügcligcu Terrain westlich der Stadt stundenweit hindchnt, so müssten wir über Wschetar auf der Gitschincr Strafte gegen Chlum nnd Sadowa wandern, kleinen Dörfern, die seitdem weltberühmt wurden — doch weiter! Wir wollen lieber im Thalc der Eisenschicnen bleiben und bei der Betrachtung des regen Lebens, das an ihnen pulsiert, uns des Aufschwungs freuen, den Österreich seit jenem Prüfungstage genommen. Unser Vaterland hat schon öfter Schicksalsschlägen zu trotzcu gehabt, noch keiner hat es zu schwächen vermocht. Durch fruchtbare Gefilde, immer am rechteu Ufer der Elbe, an dem unbedentenden Smiritz vorbei führt die Nordwestbahn nach Iosefstadt, der schönsten Festung Österreichs in ihrer regelmäßigen Gestalt eines Achteckes. 1760 stand hier nur ein Dorf Pleft, das weichen mnsste, als Josef II. znr Sicherung des Überganges Ncincrz-Nachod eine Festung zn banen beganu, die heute etwa 2500 Einwohner zählt und in der Ferne nur durch die wagrechten Linien der Wälle nnd eine senkrechte Linie, den Kirchthurm, markiert Iliromn'i'. Köuiziuchof. Di,i: Koin^lnhofer Hcindsch^ift. 1^>.) ist. Älter und belebter als der genannt.? Waffenplatz ist, eine halbe Stunde nördlich, an der Aupamüudung, das auf einem Hügel liegende, von den Taboriten 1421 heimgesuchte Iaro mier (6500 Einw.) mit einer aufehnlichen Pfarrkirche und einer großen Eisenbahnbrückc über die Elbe. Von Iaromicr weiter nordwärts strebt die Bahn wieder dem Gebirge zu und vor der Station Königinhof bietet sich uns über das grüuc faftige Thal der Elbe hinweg ein liebliches Bild, dem der Königrcichwald im Norden nnd noch weiter die Kämme des Ricscngebirgcs einen kräftigen Hintergrund geben. Königinhof (6800 Einwohner), einst als Chwojnow und Dwnr ein Landsitz der Prcmyfliden, unter Sobicflaw I. im 12. Jahrhunderte als Waffcnsilatz gegen die Einfälle der Polen befestigt, ist eine vielgenannte Stadt, nicht wegen der Indnstricthätigkeit der Bewohner, aber wegen der „Koniginhofer Handschrift," deren Name mit dem Wenzel Haukas innig verknüpft ist. Hanka war 1791 in Horenowes bei Smiritz geboren, wurde infolge Anregung von Seiten Dobrowskys ein eifriger Erforscher der altslavischen Sprachen, erhielt 1820 die Stelle eines Bibliothekars am vöhm. National-Mnseum nud starb 1861. Im Februar 1818 kündigte er im zweiten Theil seiner ^»>'<»^In t>KI:>älin^ an, dass er am 16. September 1817 hinter einem Schrank des Kirchthurmgcwölbcs in Königinhof 12 Pcrgament-blätter als Reste eines größeren Bnches, einer Sammlung alttschechischer Poesien, gefunden hätte. Der Inhalt der Fragmente besteht theils in epischen, theils in lyrischen Gedichten. Von den ersteren soll Zäboj nach Komarek um 806, Ccstmir um 830, Ielen im 9. Iahrhuudert, Oldrich um 1004, Zbyhon um 1100, Benes etwa 1203, Iaroslav nach 1264, Ludiöe nach 1270 gedichtet worden sein. Die kleineren lyrischen: „der Kuckuck," „die Erdbeeren," „die Rose," „das Sträußchen," „die Lerche," „die Verlassene" sollen zum Theil erst dem 13. Jahrhundert angehören. Die Bedeutung des Fnndcs für die tschechische Literatur und für das nationale Selbstbewusstsein der Tschechen mnsstc sofort klar werden, Hankas <>,,8 1818 (auf dem Titelblattc 1819) wurde nüt großem Jubel aufgenommen, die Gedichte erfreuten sich zahlreicher Com-mentarc und Übersetzuugcu. Doch ist die Echtheit der Königinhofer Handschrift, die gegenwärtig im Präger Mnseum aufbewahrt wird, von vielen Seiten bezweifelt worden nnd der Streit hierüber ist auch hcnlc noch nicht entschieden. Eines der Königinhofcr Lieder apostrophiert die dunklen Miletiuer Wälder. Durch sie, die freilich schon recht gelichtet sind, ziehen wir auf guter Landstraße nach dem ehemaligen Gute des deutschen Ordens Mile tin, wo der Dichter nnd Märchenerzähler Karl Iaromir Erben (1811—1870) geboren wurde, nnd über Ho ritz, das Obst- und Flachsbau treibt, zur Station Wostromicr, von wo nns die Bahn in einem kleinen Stündchen nach Gitschin führt. Schon bei Konctzchlum öffnet sich ein wuudcrsames 156 Das nordöstliche Vand. Thal. Lints gegen Süden bis auf zerstreute Hügel liegt es offen, südwestlich erhebt sich der schone Kegclberg Welisch, einst ein fester Sitz der Waldsteinc, weiter westwärts die Lorettohöhc mit kleiner Kapelle oben nnd dem Schlick'schen Sckstosse Wokschitz zu Füßen, nnd dalin dehnen sich Wälder, zwischen denen die stattliche Kirche von Wostrnzuo schimmert, bis zu den grotesken Felsenspitzen bei Prachow und Vochow dahin. Nach Norden ;n erblickt man die ehemalige Karthanse Walditz, die Fclsenrcihc des Tab or mit großer Wallfahrtskirche, bei Eisenstadtel halb vom Wald verdeckte Trümmer der hohen Knmbnrg, nnfern davon die Neste der Burg Brad letz, endlich gegen ^strn zu Rad im mit Schloss und Kirche, das alte Dorf Luzau und der Trauttmannsdorfc Schloss Kamenitz. Nahe der Stadt, die in der Mitte des Thales liegt,^ fesselt das Angc besonders der spitze, fast znckcrhntförmige Basaltfels des Zebin, von dem der Volkshumor erzählt, es fei das ein Sandkorn, das dem Satan anf einer Weltreise in den Stiefel gcricth und hier als lästi.q von ihm herausgcschüttclt ward. Die Stadt Gitschin selbst (7500 E.), deren Hanptbcdcntnng hcntc im Gctreidehandcl liegt, ist wohlgebaut, aber nicht ansehnlich. Das größte Gebäude bildet die Südseite des Marktplatzes: das Schloss des Herzogs von Fricdland, der es 1<>23 —1630 erbanen ließ uud zu seiner Hanptrcsidcnz bestinuute. Doch nur nach der ersten Abdankung residierte er da. Sein glänzender Hofstaat zählte damals über 80<> Personen mit 1000 Pfcrdcu, worunter 30 seiue Leibrosse waren. 50 Trabanten hielten Wache vor dem Schloss, 6 Kämmerer, Edelleute vornehmer Abkunft, hatten täglich Dienst nud außerdem eine große Anzahl Edelknaben in blauem Sammt mit Roth uud Silber. In späterer Zeit wurde Gitschiu infolge des Abschlusses der° Alliauz zwischen Franz !., Nussland nnd Preußen im Sommer 1813 gegen Europas Feiud und im Jahre 1866 wegen des Gefechtes vom 29. Juni genannt. Von Gitschin leitet uns das Thal der Hidlina zwischen frischem Wiesengrüu und lachenden Feldern nach dem kleiucu Städtchen Smid a r (2000 Eiuwohuer) und nach den: durch Rübenzuckerfabrication blühenden Nen-Bydschow l6700 Einwohner), welches eine (5olonie des etwas nordwestlich gelegenen, angeblich von Byd, einein Sohne Slawimils von Konrim, 763 erbauten Burgfleckcus Alt-Bydschow ist. Nicht weit südwärts liegt im selben Flussthal zwischen Teichen, von denen der Schchnner ziemlich groß ist, von Hügeln umgcbcu, Chlnmetz (3900 Einwohner) mit Industrie, Obst-und Getreidebau uud überragt von dem imposanten Schloss, das nach seiner Gestalt nud seit einem Besuche Karls VI. vom Jahre 1723 den Namen Karls krön trägt. Nach kurzer Fahrt au deu Abhäugcu des Baubcrges errcichcu wir die weite obstreiche Ebene der Elbe, in deren Mitte das von Obstbau uud Leinwebern sich nährende Städtchen Podiebrad (4500 Einwohner) liegt. Einen großartigen Anblick gewährt das mächtige Viereck des Schlosses, dessen Südseite die Flnten der Elbe bespülen, während eo nach den andern Seiten von tiefen Gräben geschützt ist. Über den vierstöckigen Bau erhebt Podiebrad. ^ibltz. Nimburg. l57 sich noch ein massiver hoher Thnrm. Im 14. Jahrhundert gehörte ei? dem Boczck von Kunstadt, der sich den Namen Podicbrad beilegte, und ihm folgte der aus den Hussiteu> kriegen als tapferer Krieger bekannte Gegner Sicgmunds, Hynck von Kunstadt. Sein Sohn war der berühmte Georg uon Podiebrad, dcr 1420 in Horowitz, südlich von Bcrann, geboren wnrde, 1448 bis 1453 während dcr Minderjährigkeit des Königs ^'adislaw PostHumus Reichöverweser war und 1457 nach des letzteren Tode zum König gewählt wurde. Als er starb (1471), verkauften seine Söhne Podiebrad an König Wla-dislaw. So wnrde die Herrschaft Krongnt. — Eine Stunde südöstlich an der Zidlina liegt das Dorf Libitz, der Sage nach von Libuscha begründet, und der Geburtsort des heil. Adalbert (Woj-ticch), der hier 939 als Sohn des mächtigen Herzogs Slawnik znr Welt kam, 983 Erzbischof von Prag wnrde und 997 den Mär-tyrcrtod unter den Prenßen fand. Sein Leichnam wnrde in Gncsen bestattet, wohin Otto III. eine Wallfahrt unternahm, aber fchon 1039 von Bretislaw 1., dem böhmischen Achilles, feierlich nach Prag gebracht. Nach kurzer Bahnfahrt Elbabwärts grüstt uus der ehrwürdige Kirchthurm von N i m-burg (53<»0 (5.). Die dunkeln Neste der Stadtmauern und Thore, das Nathhaus uud audere Gebäude zeugen von: Alter des Städtchens, dessen Erbauung sich im Dunkel 1^>8 Das nordöstliche Land. der Zeit verliert; (5hrouitcn geben das Jahr 779 an. Wenzel II. erweiterte es und begann auch 1282 den Bau dcr schönen Dcchantcikirchc zu Et. Egidi, welche leider wegen Baufälligkcit 1846 einen ihrer Thürme verlieren musste. Im Hussitenkriege nnd in dem dreißigjährigen litt Nimburg furchtbar durch den Feind. Auch 1757 sah es einen Feind, aber einen geschlagenen. Am 18. Juni spät abends saß hier ans einer Brmmenro'hre Friedrich II. und gönnte sich einige Rast anf seiner Flucht von Kolin, während an ihm die geschlagenen Regimenter nnd die decimierte Garde mit eingerollten Fahnen und gedämpftem Trommelschlag vorbeizogen. Bei Nimburg verlassen wir wieder die Elbe und erreichen uach einigen unbedeutenden Statioucn die ansehnliche Kreisstadt Iu ngbuuzlau (9700 Einwohner) an der Iser. Sic ist wie das ganze nordöstliche Böhmen reich an Fabriten für Baumwollwarcu, Rübenzucker, und die zahlreichen Juden, welche ehemals einen eigenen Stadttheil bewohnten, treiben Gctreidchandcl. Die Stadt entstand um das 973 erbaute Schloss Voleslaws II., welches jetzt als Kaserne dicut. Im dreißigjährigen Kriege wurde Iungbunzlau ganz zerstört. In dem nahen Kosmanos ist eine weltberühmte Baumwollfabrik. Verfolgen wir die Landstraße an dcr Iscr, so berühren wir das Städtchen Ncu-Bcuatek, in dessen altem Schlosse Tycho de Brahe seine astronomischen Beobachtungen machte, und gelangen bei Altbunzlau (3500 Einwohner) an die Elbe. Hichcr, wo der heil. Wenzel von seinem Bruder Bolcslaw 935 ermordet wurde, ziehen jährlich zahlreiche Wallfahrer. Durch ciue Brücke ist das Städtchen mit dcm am linken Elbcnfer liegenden Brand eis (3900 Einw.) verbuuden, ciuer der ältesten Städte des Landes, fchon 941 von Boleslaw l. erbaut. Rudolf II. stellte das 1552 abgcbranutc Schloss wieder her und erweiterte es bedcuteud. Südlich von dcr Stadt an der Präger Straße liegen in flacher Ocgcud die Ruinen des ehemals sehr festen Inn st ein, welches dcm alten mächtigen Geschlechte der Innstcine, Abkömmlinge der Wlaschim, gehörte. Von dem östlich gelegenen Städtchen Lissa s-IOOO Einwohner) mit schönen Schlossanlagcn nnd Fabriken bringt uns die Bahn zurück nach Prag. Whmisch-Vrod. Schwarzlostclctz. Kouiim. Küliu. 159 6. Das südöstliche (and. sKolni. — Tschaslan. — Kuttcnbcrss. — Chrudim. — Pardubitz. — Laudskrou. — Das böhnnsch-nlähvischc Grenzplateatt. — Drittschbrod. — Vcdctsch. — Sa;awa. - Trr Blanit. — Tabor. — Neuhauö. — Das Gratzncr Bngland. — Budwcis. ^ Fraiicubelg. — Pisrt. — Dic Brdybcrgc. — Künigsaal.) Wir verlassen Prag neuerdings, um den Sttdostcn dcs Landes kennen zu lernen, wozu sich nns znnächst a:n besten die Staatsbahn eignet. Zwischen dem Zischtaberg und Karolinenthal, wenn wir ans dein Staatsbahnhofe ans-fahren, kommen wir dlirch flaches, fruchtbares Ackerland, reich besetzt mit Gehöften, Dörfern und überragt von dampfenden Fabriksschlotcn bei Station Vicchowitz nnd A u w a l nach dem maucrnmschlosscncn B ö hntisch - Vro d (3800 Einwohner), dessen Einwohner sich wie sonst in den tschechischen Städtchen meist vom Feldbau nähren. Schlagen wir die nach Süden führende Straße gegen S chwarzkosteletz cm, so sind wir auf den Gefilden, wo der Hussitenkrieg mit der Niederlage der Taboriten endete. Schwarzkosteletz (3200 Einwohner) treibt Handel mit Holz ans den großen Wäldern der Umgebung nnd hat eine Zündhölzchenfabrik. Über das Städtchen Konrim (3200 Einwohner) mit reichem Landban, das vormals ein eigenes Hcrzogthmu bildete, bis es dnrch den Präger Herzog Neklan eingezogen wurde, gelangen wir zur Elbe und wieder zur Bahn bei Kolin (11.600 Einwohner). Die Stadt ist ein wichtiger Knotenpunkt der böhmischen Eisenbahnen nnd nimmt auch industriell eiuen hervorragenden Platz ein dnrch seine Ölfabriken, Knnst-mühlen, Bier- und Vrantwciubrennercien. Auch die fruchtbare Umgebung ist rühmlichst bekannt dnrch vortreffliches Obst, Gemüfc und besonders den guten Mcerrettig (Maliner Kren). Die Stadt hat von außen uud in einzelnen Theilen ihres Innern ein altcrthümlichcs Aussehen; interessant ist die früh-gothifchc Hallenkirche dcs heiligen Vartholomäns aus dem 13. Jahrhundert mit romanischem Qnerschiff nnd reich gothischem Chor von Peter Arlcr, und einem frei stehenden Thurme aus dem 16. Jahrhundert. Historisch berühmt ist Kolin durch den glorreichen Sieg des österreichischen Marschalls Dann über den bis dahin unbesiegten Friedrich II. am 18. Juni 1757. Die Österreicher standen in vortrefflicher, durch Schluchten uud Sumvflaud gedeckter Stellung bei Kictschhor, Chotzenitz nnd Boschitz. Vergebens suchte Friedrich den Gegner ans seiner günstigen Position zu locken, der besonnene Dann rührte sich nicht. Da ließ Friedrich von dem durch ein Denkmal bezeichneten Fricdrichshügcl bei Kolin das Zeichen zum allseitigen Angriff geben. Um die Österreicher auf ihrem rcchtcu Flügel bei Krctfchhor zu umgehen, fchicktc er Hülfen und Ziethcn ab, denen anch die Erstürmung des Dorfes gelang. Aber jetzt befahl Friedrich Hülsen halt nnd ließ die Fronte Danns angreifen. Die österreichische Infanterie schoss indessen 160 Das südöstliche Land. von ihren Höhen wie auf dem Ercrcierplatze und die Artillerie warf ein Bataillon der stürmenden Preußen nach dem andern zurück. Als nun der sechste Angriff derselben abgewiesen war nnd auch die (Kolonnen Hülsens, der von Friedrich anf dem rechten Flügel der Österreicher ohne Unterstützung gelassen worden war, in Nnordnnng gcricthcn, sah Friedrich die Gefahr nnd in höchster Aufregung mit den berühmten Worten: „Wollt ihr denn ewig leben?" snchtc er mit einigen zusammengerafften Neitcrhanfen znm siebentenmal selbst zu stürmen, aber nmsonst — die Flucht seines Heeres war nicht mehr zu hemmen. Fast sinnlos vor Zorn gab der König seinem Pferde die Sporen nnd ritt allein gerade auf eine österreichische Batterie zn, mit Gewalt musste ihn sein Gefolge zurückhalten. Mit finsterer Miene sah er seine Garden todt daliegen und Thränen traten in seine Augen. Daranf wechselte cr das Pferd und galoppierte, nnr von einer Compagnie seiner Garde begleitet, gegen Nimbnrg, während Moriz von Dessau die Trümmer des geschlagenen Heeres sammelte. 22 Fahnen, 45 Kanonen nnd 81 Länder und da den Knappen anch noch Privilegien ertheilt wnrdcn, so strömten von allen Seiten Glücksritter, um leicht reich zn werden, wie spater nach Amerika und Australien, nach Knttcnbcrg. Freilich, da sich hier die Hefe aller Länder zusammenfand, so war das Vebcn in der Bergstadt nicht immer sehr erbanlich und dem Königsaaler Chronisten erscheint sie wie ein zweites Sodom. Im Jahre 1300 wurden hier von Florentiner Münzcrn die ersten Silbergroschcn geprägt, die sogenannten böhmischen (droschen; die Münzstätte, lid ooi-tk! it,!,!i«l,, der welsche Hof, ist noch erhalten. Köniq Johann, immer in Geldverlegenheit nnd daher viel auf die Urburer und Münz-mcister K'utteubcrgs angewiesen, befreite die Knappschaft von der Unterstellung unter das Iglaucr Bcrggericht uud gab ihnen ein eigenes. In den Hussitenw irren begann der Verfall der bedeutenden Stadt. Die Kutten bcrger waren ihrem Könige und der alten Ncligion treu geblieben und litten daher schwer, als Zischka 1421 diesen „Geldbeutel des Antichrist," wie er sagte, in die Hand bekam. Zischka zog zwar ab, als Siegmnnd heran- rückte, dafür verbrannte sie aber dieser König selbst, um sie dem Feinde unzugänglich zn machen. Seitdem erholte sich Kuttenbcrg nicht mehr. Die Wasser gicugen ans, die Tiefsten konnten nicht mehr bewältigt werden und wnrdcn verlassen, und als mai: das nn-vcrritzte Feld versuchte und neue Mittel fand, so fehlte das nöthige Ocldcapital zur Bc-trcibnng des Baues, dazu kam Hader uud Zwist zwischen den Gcwcrken uud ihreu Beamten nnd eine Zeche nach der andern gieng ein. Wie großartig das Bergwerk war, zeigt die Berechnung des Grafen Stcrnbcrg, der die Ausbente von 1240—1620 auf 6,440.000 Mark Silber berechnet; von 1620 bis 1800 wnrden aber nur mehr 1,090.000 Mark gewonnen, und seitdem wird bloß nach Kupfer und Blei gcsncht. Die Stadt hat noch einen gewissen Glanz in ihren vielen Thürmen und Prachtbauten behalten, die an ihren ehemaligen Reichthum erinnern. Eine ihrer ersten Zierden ist die Sauct Barbaratirchc. Weithin sichtbar ragt sie an der Südseite der Stadt, frei auf einer Anhöhe ober dem Bache Wrchlitze stehend. Der freie erhöhte Standpunkt lässt das aus lauter Quadern Langl,nns: Das Königreich Äühme». ^ Daö Mchlll-Teulmlll. 16^ Das südöstliche Vand. in reicher Ornamentik ausgeführte Werk doppelt imposant erscheinen, ein Wald von Pfeilern und Spitzbogen umgibt den Grnndban. Ohne Zweifel diente der Vcitsdom in Prag dieser Kirche znm Vorbilde; leider aber stört dic Harmonie der Umstand, dass so verschiedene Meister, wie Benedict vcm Lauu, Matthias Rejsek, Nikolaus an dein Baue Proben ihrer Kuustfcrtigteit gaben und allzuviel des Sierats hinzuthaten. Am meisten zu bedauern ist, dass das große, schöne Wert, wie sovielc seinesgleichen, unvollendet bleiben musste. Als im Jahre 1548 in die Tiefsten am Esel, dem reichsten Gang Kuttcnbergs, Wasser eingedrungen war, ließ man den 1W0 begonnenen Bau wegen Mangels an (Geldmitteln stehen. Ansicr der Varbarakirche hat die Stadt noch eine Neihe interessanter Bauten, so das Jesuitcn-Collegium, das Münzhaus und das steinerne Haus. Von den früheren 15, Kirchen bestehen noch 9. Die Umgebung ist eine der anmnthigsten in Böhmen. Von herrlichen Alleeu durchschuittcu, mit Städten nnd Dörfern besäet, von Höhen umkränzt, ans deren dunkelgrüner Belaubuug viele Villen uud Häuschen weis; und roth dnrchschimmern, bietet die Landschaft ein Gemälde des Stillebens, das dnrch reiche geschichtliche Erinnerung an Nciz noch gewinnt. Besonders von dem nördlich gelegenen Hügel Gang, bei dem gleichnamigen Bcrgstädtchen, wo ein Denkmal an die Opfer eines Kampfes gegen die Hnssitcn erinnert, ist die Anssicht nmfassend. Man sieht nntcr zahllosen Dörfern die Städte Kolin nnd Tschaslau, zwischen beiden mitten im ausgedehnten Park das im antiken Stil erbaute schöue Schloss Choteks, Neuhof. Berühmt im 16. Jahrhundert war im Laude der Kutteuberger Com-pouist Iohauu S im o nid es, dessen Tod 158? die Dichter besaugcu. Ein Kuttenberger ist auch der 1803 geborne Johann Erasmus V o cel (1- 1871), der Dichter der „Prcmysliden," des Liederkrauzes „Schwert nnd Kelch" und des „Labyrinths des Ruhmes." Als Professor der tschechischen Archäologie bearbeitete er anch die Urzeit des Landes Böhmen. In Kuttenberg starb 1739 der in Prag 166« gcbornc Historienmaler Peter Bran del, dessen Bilder: „Die Tanfe Christi" in der Metropolitankirche zu Prag und „Die sterbende Maria Magdalcna" zu Mainz hohe Berühmtheit erlangten. Korinet, der älteste Chronist Kuttcnbergs (1675). liest sich durch die Ähnlichkeit des Namens verleiten, den Erfinder der Buchdruckerkunst, Johann Ocnsflcisch von Guttrnbcrg, für einen Sohn der Vergstadt auszugeben uud meinte, der später so berühmte Mann sei vor den Hnssiten nach Straßburg geflohen und dann nach Mainz gezogen. Leider nahmen diese Fabel noch vor wenigen Iahrcu ernste Männer für bare Münze. Knttenberg dürfeu wir nicht verlassen, ohne das gauz nahe gelegene Sedletz und dcsscu Marienkirche, die größte des Landes, zn besehen, denn keine Kirche erfreut sich in Böhmen einer ähnlichen Berühmtheit, keine steht in der Phantasie des Volkes erhabener da, als diese. Freilich sind hcnte nnr mehr die Grundmauern und die Pfeiler des vielgepriesenen nrsprüuglichcu Sedleh. 163 Baues erhalten und die großartigen Verhältnisse der fünsschissigcn inneren Halle mit sieben Scitentapcllen gewähren, da die Restauration langsam Vorschreitet und die Decorationsreste mangelhaft sind, den Eindruck der Öde. Die Wölbungen, Fenster und Ornamente stammen fast alle ans dem Ende des 17. Jahrhunderts und sind in jenem barocken gothischen Stile, der die damalige Baukunst in Böhmen charakterisiert. Imposant ist das kolossale Fenster ober dem Portal, über 12 Meter hoch, aus 4830 Scheiben bestehend, von denen eine durch ihre Inschrift besagt, dass sie von einem Bettler nm einen ihm geschenkten Heller gekauft worden ist. Inmitten des Fricdhofes steht noch eine Aller-heiligentirche, die eine merkwürdige Ausschmückung enthält. In der Krypta sieht manSäulen, Pyramiden, Guirlanden, Altarleuchter und dergl. ans gebleichtem Men-schengebein, welche der Sage nach „der blinde Jüngling" zusammengestellt, in der That aber ein Laienbruder des Klo sters Scdletz, Baugut, 1661 geordnet hat. Scdlctzist das erste Klo ster der Cistercicnser in Böhmen und wurde von Miroslaw, einem reichen Ritter, 1143 an der Stelle gegründet, wo er 164 Das südöstliche Land. im Walde, den Kopf auf einen Sattel (8«cUo) gelehnt, von dcr Jagd ausruhte und eine heilige Vision hatte. Das Vcrmögcu und die Pracht des schou voui Gründer überreich ausgestatteten Klosters wuchsen ins Unglaubliche, besonders als um 1300 dcr Abt Heinrich II. etwas Erde von Golgotha briugeu und feierlich auf dem Gottesacker aussäen ließ. Da wurde der Scdlctzer Friedhof von Tanseuden Glänbigcu aus Nah und Fern als Begräbnisstätte gewählt, und dcr Königssaaler Abt Peter von Zittau erzählt uns, dass 1318 während einer Epidemie 30.000 Menschen daselbst beigesetzt wurden. Von den Reichthümern des Klosters erzählt sich das Volk noch Fabelhaftes. Die Apostel sollen lebensgroß aus reinem Silber, Christus aber aus Gold daselbst vcrgrabeu seiu uud ciuc herrliche Monstranz, die man 170ä zufällig fand, bestätigt ihm die Richtigkeit des Glaubens. Seit den Hussitenkriegen schwand aber die Herrlichkeit des Stiftes, die Kirche wurde sogar zerstört; die Sago erzählt, gcgcu dcn Willcn Zischkas, der das herrliche Denkmal böhmischer Knust erhalten wissen wollte. Er ließ verkünden, wer den ersten Feucrbrand in die Kirche geworfen, solle sich melden, er werde ihm eine bestimmte Summe Goldes geben. Der Thäter stellte sich nud dcr ergrimmte Feldherr ließ ihm das versprochene Gold geschmolzen in die Kehle gießen. Freilich weiß die Geschichte weder von dem Iutcrcssc des Taboritcnhäuvtlings an Kunstbanwerkcn, noch von dieser Grausamkeit etwas, ja er war gar nicht bei der Zerstörung des Stiftes zugegen. 1763 wurde das Stift von Kaifer Josef II, anfgehoben, die Kirche verfiel, bis 1854 eine Restauration in Angriff genommen wnrde. Westlich von Kuttenbcrg liegt in hübscher Gegend Elbetcinitz, die Heimat des allbekannten Polkatanzes. In den Dreißiger-Jahren tanzte hier ein Mädchen eines Sonntags zn seinem Vergnügen einen sclbsterfnndencn Tanz und fang dazu eine passeude Melodie; der Ortslehrer Neruda setzte diese in Noten und so cutstand die Polka. 1835 war sie scholl in Prag bekannt, 1840 kam sie durch Tanzmeister Naab, dcr sie auf dem Odcon-theater tanzte, nach Paris nnd machte dann die Runde durch die Welt. Auch die I>cilkk tremdi^nw soll ein tschechischer Tanz sein, dcr I'll^nlc, Weil die Bahnroute zunächst durch die Elbebcnc keinen Reiz bietet, wenn wir nicht etwa das große Pferdcgestüt Kladrnb besichtigen wollen, so ziehen wir es vor, über Neu Hof, Chotusctz längs dcr Gaug berge, die von der Elbe bis Wojnowmiestetz streichen, südlich in das Thal dcr Doubrawa zu waudern. Das rasche, im Frühjahre anschwellende sslüsschen hat eine weitgedehntc lachende Flur zerrissen nud steile Gchängc eingewühlt, die,wieder von tiefen Schluchten durchbrochen sind. Zwischen der Lowu-tiner Schlucht und dcm Höllcnthal schcn von schroffer Höhe herab die Nuiuen dcr berühmten Lichten bürg, des Sitzes eines laugst verschollenen Dynastcngcschlcchtcs, uud weiter die wohlerhaltene giebcl- und thurmrciche Burg Zlcb, die etwa im 13. Jahrhundert von einem Zweige Zleb. Hmncmmichetz. Chn,dim. Ioftf Resftl. PardiiM, 165 der Lichtenbnrger crbant, heute i>n Besitze dcr Familie Ancrspcrg ist. Der Altcrthnmsfrennd taun sich tagelang an der Betrachtung des ans verschiedenen Perioden der Gothit, der Renaissance nnd der Borliebe für eine Art Alhambramanicr herrührenden An- nnd Nmbanes, an der Besichtigung der archäologischen Schätze im Innern weiden, dcr Frcnnd der Natur an den hübschen Nnsblicken ins Thal hinab nnd in die Ferne. Bei Podhrad führt uns die Straße nach Hermann, icstetz (4600 Einwohner) nnd nach Chrndim (11.700 Einwohner) am rechten Ufer der Chrudimta. Die Stadt, schon 1055 erwähnt, lebhaft dnrch Vier- nnd Brantweinbrcnncrcicn, Papierfabricatiou nnd Zimdhölzchenerzeugung, sonst aber ein ackerbautreibender Ort, hat einen uuvergäuglichen Namen als Geburtsstadt dcsEr-finders der Damftf-fchraube. 1793 kam Josef Nessel hier zur Welt, studierte in Wien und Mariabrunn, wnrde 1817 Neuicrforster in Krain und cudlich Marine-Iutendaut in Trieft. Sein reger Geist war sortwäl^ rcnd mit Erfindungen beschäftigt und schon 1812 hatte er eine Zcichuuug entworfen, wie man Schiffe mittels dcr archimedischen Schraube bewegen könne. Ein in Trieft 1829 unternommener Versuch gelang yvar nicht ganz, weil der Dampfkessel beschädigt wurdcund die Polizei verbot eine Wiederholung desselben; aber findige Fremde brachten Nessels Gedanken nach Frankreich und England, erwarben dort das Patent sür die wichtige Erfindung, vrellten den gutmüthigen Nessel um seinen Autheil am Gewinn uud hättcu ihn fast auch um den Nuhm seiner Urheberschaft gebracht. Ein Denkmal vor dein Polytechniknm in Wien ehrt das Andenken des bescheidenen Mannes, dcr 1357 starb. Eine Station nördlich liegt Pardubitz (10.300 Einw.), Knotenpunkt dcr Staatsbahn nnd der südnorddcutschcn Verbindungsbahn, eine bedcntendc Industriestadt und bckauut dnrch die großen Pferderennen, zu denen sich der böhmische Adel alljährlich znsammenfindet. Die Stadt, von Wall und Mauern umgeben, zeigt im Innern ein alterthümlichcs Gepräge, hat manche interessanten Gebäude, besonders stattliche Thore und außerhalb derselben ein altes Schloss ans dem 14. Jahrhundert. Einer von seinen Herren, Smil von Pardubitz, erraug für die tschechische Literatur Bedeutung. Sein Oebnrtsjahr ist uubetauut, doch wird er 1305 Perer Arandcl. 166 Das Westliche Land. als Mitglied des Hcrrenbundcs gegen Wenzel IV. erwähnt und fand in einer Fehde mit Kuttcnberg 1403 den Tod. Seme Bildung wird dnrch seine Nürdc eines Baccalaurcns der Präger Universität beleuchtet, sciu Andenken ist durch fünf Werke gesichert, von denen die Sammlung tschechischer Sprichwörter und „Der neue Rath" besonders wichtig sind. Die letztere Dichtung, wahrscheinlich als Rath für dcu jungen König Wenzel bestimmt, führt 44 Thiere auf, die dein jungen Löwen, der nach dein Hinscheiden seines Vaters zur Negierung gelangt, rathen, wie er nach dem Beispiele seines erlauchten Vorgängers glorreich und ersprießlich herrschen tonnte. Es ist noch heute lesenswert, gut angelegt uud trefflich ausgeführt, reich au der schönsten Lebenserfahrung, die der hochgestellte Smil als Landmarschall in Fülle besaß. Zudem gibt es eiu sprechendes, bis in seine feinsten Züge bedeutsames Vild der Zustände Böhmens im 14. Jahrhundert. Der verdiente Schulrath I. Ncnzig hat es wie die anderen Werte Smils ins Dcntschc übersetzt. Benutzen wir die Staatsbahn weiter und sind die Trümmer des fernhin sichtbaren Schlosses Kunictitz auf dein einzeln emporsteigenden Verge links an der Elbe unsern Augen verschwunden, so geht es fort dnrch Flachland zwischen Daschitz und H o h e n in auth (7000 Einw.), dessen hübsche Kirche man mit dem Fernrohre erblicken kann, bis nach (5hotzcn (N700 E.); hier tritt die Bahn, nachdem sie einen 190 Meter langen Tunnel passiert hat, in das romantische, im grünen Wiescnschmncke Prangende, von Felshängen umsäumte Thal der stillen Adler und hält sich in ihm, allen Wiuduugen des Wassers folgend, bis W ildenschwcrt, das eine bedeutende Industrie cutwickelt. Früher passieren wir noch das malerische Städtchen Braudeis (1230 Einwohner), den Geburtsort Karls vou Zcrotin (1564, nnd Hanptsitz der böhmischen Brüder. Darunter versteht man den Nest der Taboriteu, der, unzufrieden mit den dem Katholicismus gemachten Zugeständnissen, sich von den Ealixtinern trennte nnd namentlich im Osten des Landes ein abgeschlossenes armes, aber friedfertiges Leben führte. Sie hielten bei ihrem Bibelglaubcn fest, verwarfen alle hierarchischen Einrichtungen, leisteten aber allen Betchrungö-versuchcn nnr passiven Widerstand nnd bewahrten reine, fromme Sitten, so dass sie schließlich geduldet wurdcu. Erst als sie sich 1547 weigerte», gegen ihre protestantischen Brüder zu ziehen nnd wieder nach der Schlacht am weißen Berge wurden sie von neuem verfolgt und wanderten zumeist aus. Heute sind sie in der Brüdernnität der Herrcnhuter aufgegangen. Bei Wildenschwert zieht die Eisenbahn südwärts, passiert B ö hm i sch - Trübau i5300 Einw.), biegt bei Tricbitz nm das niedrige Wandgebirge und verlässt mit der nach Mähren fließenden Sazawa das Land, um nach Olmütz zu ziehen, während ciuc andere Strecke mit der Zwittawa sich gegen Brunn wendet. Bon der Station Nudel sdorf auf der ersteren Noute briugt uns ein halbes Stüudchcn Wagenfahrt iu die mit mehreren Dörfern zusammenhängende Stadt Land skr on (5»:l00 Einwohner), die wie andere deutsche Plätze des Landes ^.'N!!di>lvll,!. Marcus Vtarci. Vcit.umischl, lie bölim.-üiähv. Hiiye. 107 noch viel Holzbau zeigt. Das stattlichste Gebäude ist das neue Gymnasium, sonst ist uichts Sehenswertes in ihr. Wohl muss man sich aber in ihr an ihren berühmten Sohn Marcus Marci (1595 —1065) rriuucru, den Prager Professor und Leibarzt Ferdinands I I I,, der durch seine philosophischen und naturwissenschaftlichen Schriften mauchcn Aberglauben ausznrottcn half und sogar dem Begründer der seinen epochemachenden Ideen gegeben haben soll. Die Stadt gehörte vorzeiten der Abtei .Königssaal, dann dem Bischof von ^eitomischl. Das letztere (75<>» Einw.) au der ^outschla ist ein alter Platz. Im 1^. Iahrhnnderte sasi hier Slawult, der Bater des heil. Adalbert, darauf kam es in den Besitz der böhmischen Herzoge, bis es Wladislaw I I, 1107 den Prämonstraten- sern schenkte. Im Jahre 1059 verlor die Stadt ihre Bischöfe, die nach Kö-niggrätz übersiedele ten. Die Bewohner nähren sich zumeist von Flachs- und Leinwandhandel. Bon der Senke bci Tricbitz zieht sich längs der Bandes-grenze bis zum Durchbruch der ^'u^ nitza aus Osterreich cineVodenerhebuug, die böhmisch-mährische Höhe odcrdas böhmisch-m ä h r ischc Grenz-platcan. Es besteht aus Gneis, aus welchem sich in Blöcken, Knppcn oder langgezogenen Nucken Granit cr-hcl't, uud ist im allgemeinen mehr ein hochgclcgeucs Flach-laud al^ eigentliches (Gebirge und die eiu^elucn Kuppen und Bcrgrückcu ohne zusammenhängenden Kamm haben hän figer das Aussehen von grosten, ausgebreiteten, lauggczogcuen Hngelu, als von ansehnlichen Bergen. Die Wasserscheide wird oft auf der Hochebeue durch gauz uubcdeuteudr Bodenanschwclluugen gebildet Die höchsten Erhebungen des Greuzrückeus fallen schcm auf mährisches Gebiet im Iglauer Bergland uud bei Saar, ans böhmischer Seite sind hervorzuheben das Berg land von P o litschta mit dem Kellerb erg (775 Meter), die schon einmal rrwähuten Gang' bergc, welche von Wojnowmiestctz znr Elbe streichen; das Polnaer Bcrg-land mit dem Sirakow (694 Meter), das Neichcnaucr Gebirge mit dem von Wallfahrern vielbesuchten Kiemcschnik (769 Meter) uud das Bistritzer Bcrglaud mit dem H o lla brnn nerbcrg (755 M.). Überall *) Wenzel Hollnr uan Prnchna mmö noch »achträsslich u»md stnib ilii? i» E»g!^u>, W?»^l Hollüv, ) 16K Das südöstliche Land, zugänglich, ist das Plateau Uou Straßen durchzogen und mit Städten und Dörfern bedeckt. Die reiche Abwechslung von Höhe uud Niederung, langeu Gebirgszügen nnd weiten Hochflächen, engen Thaltesseln und ausgebreitcteu Thälern, duukelu Wäldern nnd grünenden Feldern, lauschigen Planchen nnd weit ausgedehilteu Fernblicken gibt diefein abgelegeneren, von deil Welleu der (beschichte selten bcrührteu nud von der (Großindustrie noch wenig ergriffenen Theile des Landes einen eigenthümlich idyllischen Zauber, den derjenige, dessen Wiege hier stand, nirgends wiederfinden kann; mag er sich auch zwischen den himmelansteigenden Gipfeln der Alpen, an den farbmglühcnden Ufern der Adria oder in den melancholischen Sanddünen der Nordsee herumgetrieben haben. Wollen wir eine kurze Wanderung durch das besprochene Gebiet unternehmen, so führt uns von Leitomischl eine gntc Landstraße znnächst durch wellig bewegtes Land, mit blättlich schimiuerndenFlachsfeldern, nach Politf ch ta (46(»<> Einw.), das von Ottokar II. 1265> gegründet worden sein soll, nnd wenden wir nns dem Zug des Kellcrbergcs entlang über Borowa, zwischen der Stalk a nnd dein P a s s e t y b e r g gegen Prosets ch, so wird dieser Gang in der Gegeud immer lohnender. Auf dem Wege treffen wir wohl öfter auf einen Trupp vou Zigeunern, die in der Nähe eines Dorfes am Waldsanm lagern. Zwischen den Wagen, welche ihr Hab und Gut enthalten, spielen die jüngsten Kinder, in Schmutz nnd Fetzen gehüllt, während die Mäuuer einen Kessel flicken nnd die Pferde rundherum auf dem Voden grasen. Bon den Weibern kocht nur eines am loderndcu Ncisigfeuer das Mittagmahl, die andern treiben sich bettelnd und wahrfagcud in deu Dörfern hcrnm. Schon im Jahre 1416 erschienen, wie die altböhmische Chronik berichtet, diese branncn Söhne Asiens in Vöhmen und treiben sich noch heute in den östlichen Theilen des Landes Heruni. Früher waren sie in großer Zahl da und eine wahre Landplage. Keine Bcrfolgung tonnte sie ganz vertreiben. Die erste Berorduuug gegen sie erliest Ferdinand I, l547; sie wurdeu über die Grenzen geschafft, kamen aber immer wieder uuo es mussten Nudols II. nnd Leopold l., da sich die böhmischen Wälder mit ihnen füllten, stets neue Ausweisungsbefehle geben. Der letztere erklärte sie geradezu als Brandstifter, Diebe nnd Türkenspione für vogclfrei nnd es begann eine wahre Hetzjagd auf sie: überall hicngen Zigcunerlcichen und für einige Zeit hatten wohl die Laudlente von den schlimmen Gästen Nnhc. Doch schon Josef I. mnfstc wieder gegen die gefährlichen Landstreicher strenge Maßregeln ergreifen, Karl Vl. bestätigte 172l die Rcscriptc Leopolds und selbst die milde Maria Theresia sah sich gczwuugeu, sie auszuweisen, uud dcu Wiederkehrenden zum erstenmal mit der Ruthe, zum zweitcumal mit dem Strange zu drohen. Zn festen Wohnsitzen waren sie anch in Vöhmen nirgends zn bewegen, das freie Hernmschwcifen geht ihnen über alles. Die meisten sind noch Heiden, lassen sich aber des Pathengeschenles wegen oft mehrmals tcmfcn nud leben ohne Ehebündnisse. Die böhmischen Zigeuner nennen sich Nome oder Kalo und theilen sich in zwei Gruppen. Der eigentliche Kalo Ti.' Nichl.'nbnr,'!. ' Do^ Zijclilader,',, 169 treibt Profession und haust im Osten des Landes, der Porno ist Pferdehändler, Abdecker, Bänkelsänger, Komödiant. Der Kalo spricht noch seine Ursprache, alle aber eine besondere Art Tiebssprache, die Ilünfvrkü oder Kl-nlnni^K-i r«'5. Das wildschöne Thal der Otschinta nimmt nns anf. Anf einer hohen Erdzunge erhebt sich die Richenbnrg mit ihrem gewaltigen Rnndthnrm. Grau vom Alter ragen die Manern wie ans dem Felsen gewachsen empor über den Lärchen und Fichtcngrnppen, die den Schlossberg bedecken. Jenseits der engen Schlucht, der Vnrg gegenüber, erhebt sich der Zischta-bcrg, von wo der bliudc Heerführer die Zlci'. Vcsitzthmu der Herren von Pardnbitz war. Von dem nahen Skutsch an tonnen wir die Bahn benutzen nnd durch hübsche, wald- nnd schlnchtcnreiche Gegend bei den Städtchen H linsto (32< »0 Einwohner) nnd Chotiebor (3900 Einwohner) nach Dcntschbrod (5400 Einwohner) fahren. Inder Mitte zwischen den beiden erstgenannten Orten, die sich mit Leinwand- nnd Tuchweberei beschäftigen, liegen bei Ransko nnd Pel es bedentende Eisen-werte an dem erzreichen Oanggebirge. Südlich von Nansto, hoch m>f einer windreichcn, ranhwlten Fläche gelegen, treffen wir Voran, das die Tschechen vor einigen Jahren als Geburtsort des Journalisten Havlicck feierten, nnd 170 Das südöstliche ^c»ll>. weiter das Städtchen Primislan (2700 Einwohner) an der Sazawa, bekannt in der Geschichte dadurch, dass bei dessen Belagerung Zischka von der Pest ergriffen ward nnd am 6. October 1424 auf dem nahen Schlosse Rausko starb. Bei Deutschbrod, welches schon im 8. Jahrhunderte bestanden haben soll nnd bis in die Hussiteuzeit Bergbau ans Silber trieb, erlitt bekanntlich Kaiser Siegmnnd 1422 eine Niederlage durch den Taboritenführcr, der dann die Stadt einäscherte. Die Sazawa aufwärts liegt in lieblicher Umgebung Schloss Frauenthal und im Walde der Wallfahrtsort St. Anna. Die Bahn zieht von Dcutschbrod in einem Seitenthal der Sazawa zwischen Stecken nud Polna aus dem Laude hinaus nach Mähren. Stecken, dem Fürsten Hohenzollcrn-Sigmaringen gehörig, liegt idyllisch zwischen Bergen mitten iu meilcnwcitcu prächtigen Wäldern und es ist ein reizender Blick, wenn man vom Hochbcrg nach Süden ins mährische Land sieht, über Iglau hinans zu deu Höhen von Ncgens oder vom Plattenhübcl über die Wälder von Polna in das Vergland von Siratow und Saar. Die Bewohner gehören zu der deutschen Sprachinsel von Iglau, sprechen denselben Dialect uud tragen dieselbe Tracht. Die der Weiber ist besonders kleidsam: Ein kurzer blauer Nock, rothe Strümpfe und Schnallenschuhe, ein bnntcr Schnürlatz und bauschige kurze Hemdärmeln, auf dein Kopfe ein langes rothes Zipfcltuch. Die Bauern tragen breite schwarze Filzhüte nnd einen weiten schwarzen Mantel. Polna (5300 Einwohner), von vielen Tnchmachcrn bewohnt, zwischen Hügeln und zu Füßen eines verfallenen Schlosses gelegen, konnte sich nach der Marienkirche zu Scdlctz der größten Kirche des Landes rühmen, doch fehlt ihr jetzt der Thnrm, der in dem schrecklichen Brande von 18(>1, welcher die ganze Stadt einäscherte, zusammenstürzte. Die Nordwcstbahn erreicht die Grenze im Thal der Iglawa, knapp bei Iglau, dessen Bahnhof noch auf böhmischem Boden steht. Bei dem letzten böhmischen Hanse, dem Schwancnwirtshause, erinnert eine Steinsäule auf der sogenannten Königswiese an den Vertrag, den Sigismnnd (143i!) mit den (lalixtincrn schloss, worauf er die Anerkennung als König von Böhmen erhielt. Um im Lande zu bleiben, wenden wir uns von dieser historischen Stelle südlich des sagenreichen Schatzbcrges dnrch den Föhrenwald über das Dörfchen Altenbcrg, wo der Bergban Iglaus begann und heute eine große Militärtuchfabrik Hunderte von Menschen beschäftigt, auf die Straße, die hart an der Grenze durch N n t e r-(5 erek w e und Obe r-(5 c r e k w e uach P o t s ch atek (2900 Eiuwohner) führt. Dieses kleine tschechische Tnchmachcrstädtchen ist ziemlich weit iu der stunde wegen des nahen Katharinenbades bckaunt, das sowohl durch seine hohe Lage an den waldigen Abhängen des No w inaberge s und der Iavoriza, wie durchsein kaltes Wasser Sommer- und (5nrgäste anzieht. Potschatek rühmt sich aber anch eines Mannes von Nuf. Hm Jahre 1629 erblickte hier als Sohn eiues Metzgers Peöina von (5echorod das Licht der Welt. Durch Fleiß uud Thätigkeit stieg er, nachdem Pilssva»!. Hmiipolctz. 171 er zum Priester geweiht worden war, von Würde zu Würde, wurde Dechant in Leitomischl, Doinherr anf din<^ I^ilntinu». In der Gelehrtcngeschichte Vöhnicns aber erwarb er sich einen Platz als Geschichtschreiber. Er hinterlich eine Geschichte der Türken, Mährens und seiner Mctropolitankirche, als er 1680 starb. In Potschatck wollen wir unsere Grenzwandcrung aufgeben und die Richtung unseres Weges wieder ins Innere des Landes kehren. Da gelangen wir zunächst durch Landschaften voll Abwechslung über Vozejov nach dem nianerumschlossenm Pilgram (4<»<)0 Eiuw.), indessen Til! '>>>chl'nl!»>,'li. ^lähe auf dem schon genannten Kveuicschult i,u Ncichemuier Bergland ciue lucit sichtbare uud von fernher besuchte Wallfahrtskirche steht, nnd weiter nach dein gewerbsicißigen Tuchmacherstädtchrn Hump oletz (5400 Einw.), wo sich die Hussiten lange Zeit ihren Glaubeu ;u wahren verstanden, verfolgen wir die Straße nordwärts, so erreichen wir, bei den mächtigen Nmncn der Vnrg Liftnitz vorbei, die Sazawa wieder, die wir bei Deutschbrod verlassen hatten. Es lohnt sich, zu ihr wiederzukehren, ihren Lanf zn verfolgen, denn ihre viclgewnndenen Ufer gehören zu den schönsten Partien des Landes und sie werden an MVnuiigfaltigkeit und malerischer Wirkung kaum denen der 172 Dns südiMiche Land. Elbe oder Moldau nachstehen. Bald wird ihr klarer Wasserspiegel durch steil aufstrebende, bunt bewachseue Fclscnmassen, bald durch kahle Klippen eingeengt, so dass nur einzelne Mühlen uud Weiler Raum fiudcn, bald treten die Felsen zurück, nnd in lieblichen Thälern und an sanften, bebauten Lehnen breiten sich hübsch gruppierte Ortschaften ans. Die stattlichste Zier verleihen dem Flnssc die vielen Schlösser nud Nninen, von denen mehrere dicht am Ufer liegen nnd ihr Gemäner in des Flnsses silbernen Wellen spiegeln, während andere ihre Hinnen oder Manern anf den Höhen erheben oder in den Wäldern und Seitenthälern emporragen. Besonders romantisch beginnt der Flnss bei Swietla zu werden, wo wir ihn eben treffen. Unterhalb liegt znuächst das Städtchen Ledetsch (24 E.), welches Schuhmacherei in: großen betreibt nnd von dem großartigen Schlosse der Trcka von Lipa überragt ist, dann Hammerstadt und Zrntsch. In der Nähe erblicken wir den Schutthaufen von Tschabclitz, nnd bald begrüßen uns die Thürme des Schlosses Katzow, welches im vorigen Iahrhnndcrt die fromme Großherzogin Anna von Toscana in italienischem Stil erbanen ließ, unfern der Trümmer der alten Burg Katzow. Immer enger rücken hier die Felsen und Hügel zusammen nnd immer gewaltiger strömt der Fluss dahin, besonders durch dcu Zufluss der Blanitza, die von Wlaschim herkommt, verstärkt. Unterhalb der Münduug dieses Wassers ragen da, wo sich der weichere Glimmerschiefer des linken Ufers zn verflachen beginnt, während der Gcbirgszng des harten Urschicfers am rechten Ufer wildromantisch weiterzieht, die Mauer-masscn des Schlosses Sternbcrg. Es steht auf einem Felsen von etwa 30 Meter über dem Spiegel des Flusses, ist hoch nnd fest, aber ganz nnrcgclmäßig gebaut. Erkerartigc Vorspränge, thnrmartige Ansbicgungen nnd mehrere Thürme geben dem Hanptgebände ein charakteristisches, altes Gepräge, während gegen den Flnss zn eine Terrasse wie eine Bastion imponiert. Die nächste Umgebnng des Schlosfcs war dnrch drei Anßenthürmc gefchützt, die hente freilich schon sehr verfallen sind. Das Gebiet dieses Schlosses, namentlich das südwestlich gelegene Diwischow, ist die Wiege des alt-berühmten böhmischen Herrcngcschlechtes von Sternberg, das seinen Ursprung ins 12. Jahrhundert zurückführt. Zdislaw, welcher 1253 Olmütz gegen die Knmanen und Ungarn vertheidigte, erbantc die gleichnamige Bnrg in Mähren nnd seine Söhne theilten sich in die böhmischen nnd mährischen Besitzungen. Durch Kuniguudc, die edle Tochter des Alesch von Sternberg, von welcher die Stadtkirche zn Podicbrad rühmt: „Sie war eine Mutter der Armen nnd liebte alles Gute," wurde das Geschlecht mit Georg von Podiebrad verwandt, da er sie heiratete, und ihre Tochter Sidouie ist die Ahnfran des jetzt in Sachfcn regierenden Hanfes. Bon Stcrnbcrg eilt die Sazawa dein steilen Berghangc zu, von welchem die zum Theil umgebaute Bnrg Nataj herabblickt, nnd hart daneben Pirkstein mit seiner alten Nnndwartc, zwei Sitze des berühmten Staatsmannes nnd Utraqnistcn Ptatschek Klostcr sazawa. 1?3 von Pirkstcin. Weiter abwärts hinter hohen Berglehnen birgt sich dcr vorfallende Rnndthurm der Ruine Talmberg, der Wiege des gleichnamigen Geschlechtes, welchem der Blutrichtcr Friedrich von Talmberg cntspross. Weiter nntcn, hart ain Flusse, treffen wir das alte berühmte Kloster Sa; aw a. Seit Cyrill und Mcthnd besaß Böhmen mit Mähren gemeinsam eine slavische Liturgie; als aber das erstere dem Bischofsprengcl van Ncgensburg zngewicsen wurde, fand die lateinische Kirchcnsprachc Eingang und Verbreitung, bis mit der Gründung dcs Präger Bisthnms Johann XIII. ausdrücklich die lateinische Litnrgie forderte. Für einige Zeit blieb aber noch das Kloster Sazawa, von Udalrich gegründet, eiue Stätte dcs slavischen Gottesdienstes. Seinem ersten Abte, dem heiligen Prolou, der 1053 starb, schrieb man das glagolitische Evangelium zu, welches als 'I'<',xt X«« u .IlNllcovn. (Er richtete soviel aus, als Götz bei Iankau.) In der Ferne sieht man aus dem Thal der Blauitz deu sagcnreichcn Blanik (625 Meter) ragen. Im Innern desselben sind ungeheuere Säle, deren Wände vom Bcrgkrystall glänzen. Da schläft König Wenzel mit feinen Rittern. Einst wird es, so erzählt man, den Böhmen so schlecht gehen, dass Prag vom Feinde dem Erdboden gleich geinacht wird. Dann wird Wenzel mit der Rcichsfahne in der Hand auf einem Schimmel ans dem Blanik hervorreitcn nnd mit seiner heiligen Schar die Feinde des Landes vertreiben. Eine nmc glückliche Zeit wird daranf für dasselbe anbrechen. Die brauue Quelle, welche aus dem Berge entspringt, rührt, wie Farbe und Gcrnch zeigen, von den Pferden her, welche an den Wänden im Berge gesattelt stehen. Oft fahrn Leute die Ritter in der Nähe Waffenübungcn anstellen, manche sogar waren vorzeiten in den Berg gekommen und brachten Kunde von den geharnischten Schläfern. So ein Schmied, der von ihnen gcrnfen worden war, ihre Pferde mit neueu Hufen zu beschlagen. Übrigens lassen andere Sagen Wenzel im weißen Berge oder bei Mclnik schlafen, währcud Libuscha im Wyschchrad ein Heer sammelt, welches das Laud von seinen Feinden Die Feste Schondeig, 175 säubern wird. Dann wird auch das Schwert des Ritters Brnnswik, welches unter dem Brückenpfeiler auf der Insel Kampa in Prag im Moldaugrunde ruht, znm Vorschein konnncn uud seine Ernte halten. Wenn es jemand vor den Feinden stehend in den Händen hält und rnft: Allen die Köpfe ad! so fallen jene enthauptet zu Boden. Südlich vom Blanik liegt in Kamberg der Stammort der Ritter von Kambcrg und unfern davon im Walde die Ruinen der uralten Feste Schonberg. Die Sage lässt sie schon zur Zeit der Markomanucu bestehen ^alwr. und 845 von Lndwig dem Deutschen zerstört werden, worauf das Fclsenncst, wieder aufgebaut, in den Besitz der Werschowetze kam. Ihre bleibende Zerstörung fand die Burg dem Volksglauben nach 1211 unter ihrer letzten Besitzern» aus dem genannten Hause,' der verwitwete» Frau Mratschek. Um ihr zweites Hochzeitsfest glänzend zu begehen, ließ sie Tag und Nacht, Sonn- und Feiertage arbeiten und schon versammelten sich die Gäste, die Dienerschaft stand bereit, die Braut zu schmücken, da fuhr der Blitz in das Haus des sündhaften Prunkes und die stürzeudeu Maueru begruben Brant und Gäste. Seitdem starren die Trümmer traurig ius Land hinein. 176 Das südöstliche Land. Von Hostitz fällt die Bahn in das Thal dcr Luzuitza, aus dem sich auf steiler, auf drei Seiten vom Wasser umgebener Anhöhe Tab or (7400 E.) erhebt, die Hauptfestung jener fanatischen und wildcnergischcn Secte, welche, nach ihr genannt, ganz Mittclcnropa in Schrecken setzte und die Welt mit ihrem Kriegsrnhme erfüllte. Äucas Sylvius Piecolomini, dcr nachherige Papst Pius, der mit anderen Gesandten Friedrichs III. auf dem Wege znm Landtage von Bencschau iu Tabor übernachtete, berichtet uns über das damalige Ausscheu dcr Stadt. Die Taboriteu tameu den Gesandten, die ihre Ankunft gemeldet hatten, haufenweise entgegen. „Sie kamen," schreibt Äneas, „uns theils zu Pferd, theils zu Fusi cntgegcu, einige iu leichten Nucken, andere in Pelzen, der eine einäugig, der andere einarmig, der ohne Sattel, jener ohne Stiefel oder Sporen, alle ohne ^rdnuug und mit Lärm, brachten jedoch Bewillkommungsgcschcnte: Fische, Wem uud Bier. Die Stadt selbst steht auf einem ebenen Vorspruug über Abhäugcn und Gewässer« und ist mit einer doppelten, mit vielen Thürmen versehenen Mauer umgeben. Wer herein will, muss durch eiu dreifaches Thor. Iu der Stadt gibt es keine regelmäßigen Gassen, sondern wo jeder zuerst zufällig sein Zelt aufschlug, dort erbaute er sich später eilt Hans von Holz oder Lehm. Auf dem öffentlichen Platze sind, den Nachbarn zum Schrecken, ciue Menge Kriegswerkzengc aufgestellt. Waffenfähiger Männer soll es in dcr Stadt 4000 geben, da sie aber nicht mehr wie früher auf Beute ausgehcu könuen, nähreu sie sich mit Woll- uud Flachsweberci oder mit Handel. Doch gibt es viele vermögeude Leute unter ihnen und das Hansgcräthe ist überall schön, ja prächtig. Früher gab es unter dcu Taboritcu kciu Soudervermögeu; die Beute wurde zusammeugctragcn uud gemeinsam verwendet nnd wa>? dem ciueu fehlte, gab dcr audcre her; jetzt aber lebt jeder für sich, die Nächstenliebe erkaltete, der eine schwelgt uud der audcrc stirbt vor Huuger. In dcr Stadt stcht cin hölzernes Haus, uach Art einer Dorfschencr, welches sie einen Tempel nennen; dort wird dem Bolkc gepredigt, das Evangelium erklärt uud das Sacramrut ausgetheilt. Ihre Priester trageu keiue Platte uud scheren sich auch nicht deu Bart; die Gemeinde schafft ihnen Nahrung nnd Getränke nach Vcdarf ills Haus und stcnert je auf ciucu Kopf mouatlich ein Schock Groschen bei, damit sie ihre kleinereu Bedürfnisse bestreiten können; Zehcute und Gcldopfcr am Altare werden keine dargebracht. Wer die Predigt nicht besucht, wird bestraft. Es sind jedoch nicht alle im Glaubcu eiuig, jeder kann in Tabor glanbcn, was ihm beliebt." Natürlich hat sich Tabor seitdem geändert, nur die Maucru sind zum Theile noch crhaltcn uud die wiukeligcu Gasseu, die Häuser sind meist renoviert oder neu uud nur einzelne sind noch mit spitzeu Dachschilden, Ziunen oder anderem altcrthümlichen Zierat geputzt. Taboritische Wahrzeichen fehlen überall, da Don Balthasar von Maradas sich nach der Schlacht am weißen Berge beeilte, jede Erinnerung an die uugläubigeu Zeiten zu verwischen; man sucht vergebens an deu Häuscru dcu Kelch, hussitischc Waffen Tabor. Thomas Etitnh, 1?? odcr alte Schriften. Das Rathhausarchiv besitzt an altru Diugcn nichts. Von dem Knappen aus Stein am Platzbrnnnen heißt es wohl, er stelle Hronmtta, den Gründer der Siadt, dar und zwei niedere Stcintischc auf dem Platz sollen Überreste jener sein, an denen die Gemeinde unter freiem Himmel das Abendmahl zu empfangen pflegte, doch ist das ganz nnerweislich. Alle größeren öffentlichen Gebäude sind nencrcn Datums, das Rathhans vom Jahre 1512, die Dechanatkirche aus derfctben Zeit, die Kirche Maria Gcdnrt aus dem Jahre 1662. 1877 haben die Tschechen ^ischta ein Denkmal errichtet — als ob die Hunderte zerstörter Burgen und Städte im Lande nicht genugsam sein Andenken gesichert hätten! Schon 1278 stand an Stelle Tabors cine Staot und Vurg der Sezima von Oust!, Hradistic genannt, von der jetzt noch der Wartthnrm Kotnow übrig ist. Im Jahre 1420 war Ulrich Sczima Herr auf Oust, an der TuMtza und auf dem schon halb verfallenen Hradistie. Er war Katholik, während sein Neffe Prokop es mit den Hussiten hielt. Die mit Ulrich unzufriedenen Hnssitcn iu Ousti, augeführt von dein Glockengießer Hromätka, überfielen in der Fastnacht des Jahres Herrn Ulrich in seiner Vurg, bemächtigten sich auch Hradistics; ^ischka befahl an des lehtcrn Stelle eine Stadt zu bauen und diefe wurde mit dem biblischen Namen Tabor genannt. Schon im Mai war die ncnc Feste so drohend, dass Siegmund dcu Ulrich von Rosenberg mit ihrer Zerstörung beauftragte, aber Nikolaus von Huss erschieu zu ihrem Schutz und trieb die Belagerer von dannen. Bis 1434, wo Zischkas Nachfolger Protop in der mörderischen Schlacht bei ^ipan sein ^ebcn aushauchte, war Tabor der Hauptplatz der Hussitcn, dann aber musste es seiue Rolle an Prag abtreten und blieb nur ein Schlupfwinkel der unruhigsten Köpfe der Partei, bis sich König Georg felbst veranlasst sah, daselbst aufzuräumen. Seiuc .Kerker in Podiebrad nahmen das Vischöflcin (di«Kn^<^) der Taboritcn Nikolaus von Pilgram uud den letzten Taboriteuhauptmauu Friedrich von Straznitz auf. Der selbständige Geist der ^tadt bewies sich aber noch einmal im jährigen Kriege. Selbst nach der Schlacht am weißen Berge musste Tabor erst besonders dnrch Maradas und Wallensteins Hilfs-fcharcn bezwungen werden, doch erhielt die Bcfatzung freien Abzug. Seitdem hörte Tabor auf, eine historische Rolle zu spielen. Nahe bei Tabor sind die Reste der Vurg Stitnc, der ein begabter tschechischer Dichter nnd Gelehrte entspross, Thomas Stitnv. Er war etwa 1325> geboren nnd einer der ersten Hörer der neuen Prager Universität. Nach vollendeten Studien zog er sich auf sein Schloss zurück, nur dru Wissenschaften uud seiucr Familie lebend. Wir besitzen von ihm 26 Werke, darunter das bedeutendste „Gedanken über Gott," worin er die Natur als wichtigste Quelle für die Erkenntnis Gottes erhebt. Er zeichnet sich durch Stil und poetischen Wert ebenso ans, wie durch feines Gefühl und sittlichen Ernst. — Östlich von Tabor gegen Ratiboritz, Bergstadtl, Cheynow ward in frühern Zeiten Silber Langhaus: Das Königreich Pöhnv.ü, >'^ 17K Das südöstliche Lcmd, gcgrabeu, heute noch etwas Eisenerz, das man in die Werke von Tschcrno-witz und Kaluenitz zur Verarbeitung führt. Die Bahn zieht im Thal der Luznitza aufwärts bei Sobicslau (3900 Einw.), welches viel Vier crzcngt, vorbei nach Wcssely, wo sich die Linie spaltet; eine zieht über Gmi'md nach Österreich, die zweite nach Budweis. Bei Wcssrly niündet die Ne^arka in die Luznitza nnd beginnt das Teichplateau von Wittiugau, welches zwischen Lcdcnitz und Ncuhans bis an die österreichische Grenze zieht. (5s sind auf der Wittingauer Herrschaft 270 Teiche, worunter der Nosen-berger mit 5'8 ll^Kilometcr der größte ist. Alle zusammen umfassen 50 ^Kilometer. Die Fischzucht ist in Böhmen überhanpt von großer Bedeutung und die sämmtlichen Teiche des Landes, etwa tt000 au der Zahl, bedecken eiuc Area von 400 ! ^Kilometer. Die meisten Teiche sind außer bei Wittingan noch im Piseker Kreis (1865), bei Fraucuberg (175), bei Ncuhaus (10,:), Gitschin (^09), Kruman (70). Schon Dalimils Chronik erzählt, dass das Land reich an Fischen gewesen, nnd noch iin 16. Jahrhundert gab es in der Elbe nnd Moldan soviel Lachse, dass Dienstboten in Leitmcritz z. B. beim Dienstantritte die Bcdingnng stellten, nur dreimal in der Woche Lachs zn essen zn erhalten. Karl IV. unterstützte die Teichwirtschaft, „damit das Königreich an Fischen uud Dünsten Überfluss habe." Er kaunte also auch die klimatischen Portheile der Teiche, die in der Folge so verkannt wurden, dass die meisten Teiche im Interesse des Wiesenbaues nud der Ackcrwirtschaft aufgelassen wurden, doch macht sich wieder die Erkenntnis von der Noth^ wrndigkeit großer und reichlicher Wasserbehälter int Lande geltend und Gesetze schützen die lang vernachlässigte Teichwirtschaft. Die Bahn geht uon Wessely über Lomuitz, wir ziehcu es aber vor, dem Lauf der Ne;arka entgegenzugehen, dorthin, wo Neu haus feilte Thürme in der klaren, rnhigen Fläche eines großen Weihers spiegelt. Auf dem Wege können wir Kardasch-Retschitz berührcu, die Heimat des tschechischen Dichters B ole slaw Iablonsky, des Verfassers von „Salomon, oder Vater Weisheit," worin die Liebe znm Vaterlande, zur Nation uud Mcuschheit, Wahrheit, Anftlärnng nnd andere Güter des Menschen in fließender und edler Sprache verherrlicht werden. Zwei Bäche, die hier vereinigt die Nezarla bilden, halfen iu frühern Zeiten die Festigkeit von Neuhans vermehren, dessen einzige vom Nasser entblößte Seite ein tüchtiger Wallgraben schützte. Der Mauern hat sich die Stadt entäußert, um sich freier entwickeln zu können; ihre 8200 Eiuwohuer sind fleißige, gcwerbthätigc Lente. Ganz Ncuhans überragt der hohe gothische Bail der Propsteikirche, feiner Anlage nach dem 1A. Iahrhuudert entstammend, doch fpäter wesentlich umgewandelt. Außer ihr besitzt Neuhaus aber noch vier andere Kirchen, darunter dic Wenzelstirche, wo mau ciu Autograph des heiligen Johannes (lapistranns zeigt, der hier «451 gegen die Hussiten predigte. Förmlich durch Wassergraben wie auf einer Infel isoliert, fußt auf flachem Felsvorsprung das ehrwürdige Schloss, das Nc»lill»5. 179 drei Höfe besitzt. Im dritten erwiesen dir alten Herren von Neuhaus ihre Prachtlirbc, denn er erinnert dnrch seine offenen Loggien an die stolzesten italienischen Schlösser des 16. Jahrhunderts. Über dir Südeckc steigt eilt siebenstöckiger, im Achteck eonftrnierter Thurm empor nnd dnrch eine knnstvollc Gitter-Pforte kommt man in den Garten, der manchen Nest früherer Pracht auszuweisen hat. So den „Neuen Altan," eine Rotunde für Bankette, reich nnd künstlerisch decoriert. Das Innere des Schlosses enthält eine Reihe interessanter Ränme, besonders die Rosenl'erger Zimmer mit einer Reihe merkwürdiger Bildnisse, die freilich dnrch Brand verwüsteten goldenen nnd spanischen Säle nnd verschiedenen Archiv- nnd Antiauitätcnräumc. Vcrrnfen ist das „Hcchrlzimmer" im Schloss, weil dort am liebsten die weiße Frau ihr Wesen treibt. Die Nnchn„s. Sage von ihr wiederholt sich auf allen Besitzungen der Witkowctzc und ihrer Linien, daher fpntt sie anf Wittingan, ^rumau, Ncuhaus, Frmlenl'erg, Bechin, Tcltsch und Borotin, von welch letzterer Orillparzcr den ^toff zu seiner „Ahnfrau" nahm. Man sah sie uft bei hellichten! Mittag wie in dunkler Nacht erscheinen, eine hohe, schlanke Gestalt, immer weiß gekleidet, aber ernst blickend und mit schwarzen Handschuhen, wenn der Familie ein großes Unglück bevorstand, heitern Blickes nnd mit weißen Handschuhen, wenn sie ein frohes ssamilieuercigniS zu verkünden hatte. Oft dankte sie freundlich den ihr Begegnenden, wenn sie grüßten, manchmal aber, wenn sie fcheltcn oder fluchen Hortes warf sie böse mit Steinen nach den Frevlern. Als der letzte Roscnberger Peter Wol Kind war, pflegte sie sich im Ammcnzimmer cinzusinden und 12* I^ä TaS iüdösüichc Vand. die alte, aber jetzt, da nur wenige dcr im dreißigjährigen Kriege vielfach erprobten Maueru stehen geblieben sind, modern aussehende Stadt. Interessant ist das regelmäßige Viereck des Marktplatzes, dessen Seiten von stattlichen, auf Lauben ruhenden Gebäuden geschmückt sind. Das größte darunter ist das 173») im Renaissaucestil mngebaute Rathhaus. Sonst ragen hervor die bischöfliche Residenz, die von Ottotar II. erbaute Dominicanerkirche, die Kathedralkirche mit ihrem frcistcheuden, massiven Glockenthuriu und das deutsche Vcreiushaus in dcr Borstadt. Die nach vier Nichtuua.cn laufenden Eiscnbahnsträngc — die nach ^iuz führcude, vou Gcrstncr 1824 als Pferdebahn vrojcctierte ist bekanntlich die älteste iu der Monarchie — machten in der neuesten Zeit Bndweis zu cineiu sehr blühenden Industrie- und Handclsortc. Der Charakter derselben ist noch immer deutsch, doch ist schon dic Hälfte der Einwohner tschechisch nnd die deutsche Sprachinsel Budwcis wird vielleicht bald verschwunden sein. Als Gründer dcr Stadt gilt Ottokar II., dcr Förderer nnd Schirmer des Bürgcrthumö in Böhmen. Au dcr Stelle, wo sie setzt steht, soll er die Nachricht von der Geburt seines ersten Sohnes erhalten haben, rief dabei erfreut: )luä00 Einwohner) konnncn wir nach cinigeu Stunden Wanderung über Schlüsselbnrg. Der Markt liegt schon wieder im Vergland, in den Ausläufern der interessanten silurischcu Formation, die von Prag über die Beraun bis Rotytzan streicht, mit einer Unzahl von dein Meere gehörigen Schalthiercn, Muscheln, CevhaloUoocn und andern Petrcfaeten, Überresten des ehemaligen Meeres zwischen dem Erzgebirge, Böhmcrwald und dem böhmisch-mährischen Hochland. Zunächst zieht sich von Michle, südöstlich von Prag, bis Zditz, südlich vou Berann, anfangs wellenförmig bewegt, dann höher ansteigend, ein Gebirgstrich von Kalkstein, von tiefen, engen Einschnitten durchfurcht und reich an Schluchten, desseu Höhen mit schönen Waldständcn bewachsen uud mit herrlichen seltenen Pflanzen bedeckt sind und zum Theil au den Abhängen bloßgelegte Marmorbrüchc uud Kalk zeigen. Umgeben siud die Kalkhöhen vou einer Lage weicheu Schiefers, iu welchem sie ringsum iu Form von breiten Thälern uuterwaschcu sind. Diese Thäler wieder sind ans der anderen Seite von einer Reihe vou Vergrückcu aus festem Quarz umgeben, welche in Gestalt eines großen cllivtischen Bogens jene Kalkstein-Höhen von Ferne umschließen. Die wichtigsten derselben, im Norden kahl, weiter südwestlich bewaldet, sind der P leschiwetz bei Hostowitz, derWatdeck mit seiner malerischen Nnine, der waldbedeckte Zl)ar und die Cilina bei Rokytzan, dann, sich wendend nach Nordosten zurück, der mächtige Radetsch oder Brno bei Radnitz nnd der burggekröute Totschuik uud so fort die Höhen bci^Bcraun, Chrastian, dauu jcue nördlich von Prag über der Moldau bis zum Zischtaberg. Bei Rokytzan schließt sich au diese Quarzkette ein bedeutend ansteigender quarzhältiger Rücken, der nordöstlich bis Königssaal geht uud Vrdywald, bei Dob'nsch Welky ^es (der große Wald), von da bis zur Bcrauu H r c b c n heißt. Er ist am höchsten im T r e m o s ch n a berg und Heiligcnberg (569 Meter) bei Pnbram nnd im Komo r s k o bcrg (916 Meter). Der südlichste Ausläufer der Brdybcrge ist der Tremschin (822 Meter). Nach Süden schließt sich wellenförmiges Flachland an, das bei Vlatna im Woliuy noch 582 Meter hoch steigt. Durch die Vrdyberge gelangen wir zur Stadt Pribr am (10.800 Einwohner) mit dem crzbischöflichen Schloss Marienburg, ansehnlichen Kirchen und einer Bergakademie. In dein benachbarten Birkenbcrge (Nlnxovl,, I'tti'l,) südlich sind die bekannten Silberbergwerke (50.000 Mark jährlich), nordöstlich auf dem heiligen Berge die vou Tauscuden besuchte Marienkirche. Das Dörfchen Duschnit bei Piibram ist der Geburtsort eines edlen deutschen 186 Das südöstliche Vaud. Dichters, Mori; Hartmann (1821 — 1872), der so innig von Muttcrherz nnd Mutterliebe zu singen, so tiefe Klagclautc über den Verfall seines Vaterlandes anzustimmen und in seinen epischen Wertet« so viel tüchtige Gesinnungen nnd Lebensweisheit zu zeigen weiß. Von Pribram führt uns die Rakonitz-Protiwincr Staatsbahn über M i l i l», B r e z n i tz und M i r o w i tz wieder zur Moldau zurück, wo beim Einfluss der Wottawa nnser Schiff wartet. Ein reizender Anblick thnt sich vor uns auf, wenn wir vou Warschau über Zbonin ins Moldauthal treten. Auf ciuem hohen, umfangreichen Bergrücken von Gneis, der sich von Süd nach Nord zieht, breiten sich die weitläufigen, romantischen Neste der ssestc Klinge n b c r g oder Hwikowauö.Hwi-scheu erustduukclu Fclscnufcrn koui-men die zwei Flüsse herbeigezogen, da über ihr steiniges Bett branst die Wottawa, dort rauscht dumpf und schwer dicMoldan. Tiefer Ernst rnht über dein Bilde. DenHaupteingang zur Burg, der durch eine auf sechs Bogen ruhende Brücke über die Schlucht vermittelt wird, bewachte TracM dci Met. der sogenannte Markomannen-thurm, viereckig aus rohen Quadern gefügt, den gewisse Gelehrte iu die Aciten der Markomannen versetzen wollten. Er heisit auch wohl Kronthnrm, weil in ihm, ehe Karlö-tcin erbaut war, an einer schweren Eisenkctte von der Decke herabhängend die Krone des Bandes aufbewahrt gewesen sein soll. AnocnKronthurin schliesst sich die Kapelle, dann der innere Burghof mit schönem Krcnzgaug, anü welchem gotlnfchc Thüren in eine Reihe von Gcmächcru führcu, alle mit Resten von zum Theil erhaltenen Malereien. Ein mit spitzem Dach gedeckter rnnder Wartthnrm an der steilsten Stelle des Felsens sieht in beide Flnsothäler hinab und gewährt, wenn man nicht schwindlig ist, einen herrlichen Ausblick. Eine Strecke weiter flussabwärtö bei Altsattel treffen wir auf eine andere Burg der viclbegüterten Schwarzeubcrge, Worlit, von dem eine Fahne mit dem Wappen des Geschlechtes hcrabwallt. Die wildromantische Gegend ist durch die nachhelfende Knnst zu ciuem Part gemacht worden, der seinesgleichen tauin finden dürfte. Im Jahre 1W2 großartig umgrbant. Worlil. Ncu Kimi. Kloster Äüoigsaal. 1^7 bewahrte durch drei Thurmrümpfe und Mauerreste mit Schießscharten Worlik wohl noch immer den Charakter einer Ritterburg, durch die innere Einrichtung aber erhielt es alle Reize des modern-comfortablen Lebens. Ill der Schloss-kapcllc ist das Herz des gefeierten Lenkers der großen Völkerschlacht bei Leipzig beigesetzt, welcher Herr auf Klingcnbcrg und Worlik war, des Generalissimus Karl Philipp Fürsten zu Schwarzenberg. Nach einer Voltssagc wäre ein Näuberhauptmann Gründer der Burg. Sein geliebtes Kind war ihm, während die Wärterin einschlief, von einem Adler entführt worden. Der verzweifelnde Vater fand es aber nach längerem ängstlichen Suchen in des Adlers Horst unversehrt noch neben der jungen Brnt nnd erbaute auf dein Felsen,hinfort dem Ranberleben entsagend, eine Burg, die er Aarburg, Orlik (im Volks-mnnd Worlit), nannte. Nur mühsam zwängt sich die Moldau durch das cugc Fclsenthal, dessen steile Ufer, meist kahl, stellenweise mit Ansch nnd Wald bedeckt, nur wenigen Orten Nan in gönnen. Erst von Kamaik, dessen Häuschen zcrstrcnt an beiden Seiten des Flnsscs lehnen, wird die Einsamkeit wieder öfter durch kleine Ortschaften unterbrochen, doch ist bis Sticchowitz keine bedeutend. Hier hatte ein Marktflecken Ncnnn, weil sich die Kotzaba, die aus dem Brdy-walde kommt, in die Moldau eindrängt. In ihren: Thal liegt die ehemalige Goldbevg-stadt Ncu-Kuin, die im 15. Jahrhundert blühte und Trncht licl Pisct. von König Wladlslaw II. 1479 das Bergrecht erhielt, seit dem 3<)jährigcn Kriege jedoch ganz verfiel. Unterhalb Stiechowitz bildet die Moldau eine große Iusel, auf der einst ein Bencdectinerkloster stand, das 1424 zerstört worden sein soll; bei Dawle, wo die Sazawa ihre klaren Fluten mit denen der Moldau mischt, erweitert sich das Thal der letzteren, doch muss der Fluss nach kurzer Zeit wieder eiu enges Felsenthor passieren, bis sich ihm bei Wran eine größere Ebene öffnet. An ihrem nördlichen Ende, vor der letzten Verengung des Flussbettes oberhalb Prags, schimmern die weiften Mauern der ehemaligen Cistereicuser-Abtei Köuigsaal über deu netten Häuschen des gleichnamigen Marktes. Wenzel II., der eine Vorliebe für die Cistercicnscr hatte, grüudetc 188 Das Mostliche «and. das Kloster wie es heißt infolge eines Gelübdes für die Nettling ans den Händen Zawischs von Rosenberg nnd bestimmte es als seine Begräbnisstätte. Zwölf Mönche von Sedletz unter dem Abte Konrad kamen 1292 ill das ncngestiftctc Ordcnshans nnd ergaben sich gelehrten Studien, wie es Wunsch des Königs war, der 200 Mark besonders für Bücher bestimmte. Wenzel II. war nämlich eiu großer Freund der Wissenschaft nnd Knnst und selbst ein Dichter, dessen Ableben, wie wir aus Ottokars Neimchronik wissen, Frauenlob beklagt und dem der Verfasser des Gedichtes von des Landgrafen Ludwig Kreuzfahrt hohes Lob ertheilt. Es ist uus bekanntlich anch ein Minnclico noch von ihm erhalten: Üz höher äventiure ein siieze werrtekeit hat minne an mir ze liehte brüht. Man hatte früher oft seinen Großvater Wenzel I. für dcu Verfasser des Liedes gehalten und eine tschechische Fassnng desselben für das Original proonciert, doch ist diese 1'i8«n >ni1<'utii!l Ici-iU^ Vueluvn I. nach allgemeiner Erkenntnis nnccht uud jene Meinung falsch. Der dritte Abt des Klosters Königsaal, Peter voll Zittau, lieferte uns die beste Geschichtsquellc Vöhmeus fürs 14. Jahrhundert, das sogenannte dln-onicoi, nul« ,x^I^. von dem eine Handschrift im Iglaner Stadtarchiv erliegt. Noch eine knrze Strecke im engen Thal dahin, dann strömen die Fluten der Berann heran, die Berge und Felshange treten znrnck nnd in der Ferne steigen die Thürme von Prag emvor. Register. Auf den wit * bezcichncien Scitcu^ahlcn befindet sich die bezügliche Illustraiion. Uchcn, Hans u. 32. Adalbert, Bischof 19. Aderebacher Felsen ?, I50-! Adler^ebirss« 152. ! Abler,' Stille 8. > Adler, Wilde «. Ad°lsstl,al «3. Altbunzlmi 15.8. Altenberg 170. Alt-Ncuschlile 3!,. All-Rohlau Ml. Anssel 5,. Arber, Großer 5,0. Arbcsnu 105. Arnau 149. Asenqebirge 142. Attatuö '«. Aussustll Johann 32. Auvli «. Auhergenld 04. Ausfia 116. Auwal 15,9. Vailofen 13l. Vanbrrg 15U. Narau ^2. Nartliold 1M. BasaUbcra bei Steiil- schonau 12?^. Blluiiissarten 45. Nmischowitz 1l». Benesch v. Lmm 21, 1U8. Penelchau I7.i, 1»1. Ncneschowssy M. 3«. Vensen ILL. Vermin 8, 4'.'. Vcrcnbcrg 143. Nerssreichenstein «3. Berssreichenst, Gebirge?. Bergstabtl i?7. Berlnu «<>. Fevöllerung ll. Ve,«, 132, Bichllni II«;. ! Biechin l«^. ! Niechowitz 159. Bicla «. Vieliner 18. l VMn 107. ^ Bilinerbcrg 107. Niii^dorfcr Plateau 121. i^. j Birle». Vet. v. 95. ! Birlenberss 185. ^Vischoftcimtz 88. Mstritz 5l, 17^. Vistritzer Vclsslcmd 7,167. Biwoi ^. ,Bla»it ?, 17, l?l. Vla!»« 1^1. BlaNui-Bcrssc ?. Vleiftadt >»8^ Vlissowa ^. iVlotlrndors 1W. Bochllw 15>t!i,ui ?. lViihmcrwald »n!chcr Kanmi 7. Bohn:i,chcs Mittelgebirge Wlimisch-Nohren 7<>. Völimisch-Trilbau 1«U. Vohumil W. Pole^lnw I, 1',«. Boleölnw II. i!». Voleolaw III. 1!). Vorau l!«>. Voren 107. Norii^lau lu«l. Boriwoj I. 19. Vorowa l>!8. Nösig 13Ä, 133*. Vradleh 15.6. PrandeiS iü«, l«<>. Vrandel P. l«L, 165*. Branit 4«, Braun v. Vraunthal 95. Vrauna» 152. Bramllluer Uerglanb 7, 15U. Vrdnwald 7, l85. Vrc^iiia-Plalcau 106. Nrcnmow 4b. Brctislaw I. 20. PretMaw II. 2«. Breznitz 1«'!. Vvimota 17. Briinnexbern 1i9. Briinnl i«l. Nrusch Caspar 96. Brusla s«. «nix 103, 108. Vubeittsch 45. Bnbua -15. Buchau 101. Vuchciuer Bcr^e 7. Viichwald «!x. Budetsch :n. Blidweis ltelMow 177. Chlomet 112. Clilum i»4. Chlumctz 156. Chodenbodeu 88. Cyo.el (Burg) 181. Cliotcl K.-.r: 30. ClMielwr 1U9. Choticschau 8«. Cl,otusitz 1>!4. Chotzen IUt!. Chrudim K!5. Lhuchle 42. >CYwatier>,b N2, Cibulla 40. Cilina 1«5. lälementinuui 36. Corbinus ahlwih 100, 101. Dalibortn:n. Taschch 16!>. ^llun, Marschall 15!!. Vawlc 174. Tcfferiiil li,«j. «l. DesilMyer Köpfte 152. jTcntschbrod K!9. Tielschaner i^. Diroischow 172. Duwin 130. Dillenbeig ^7. Diltcröbacher Heide 121, Lodernerbcrg 107. Do bran 49. Touucr^berg IW. Toppclburg' 105. Dopplerbera ikl. Drndsfc, Släla 12«. Dralionnra 49. T rcisesselberss 50. Dubrawla i!>. Tubrawll) 8U. Dudlebcn 18. Duppau 100. Dupftauergebirlic 100. Dux 107. saer 8, 93*, 94. Elchbcrc, 105. Eichwald 105. Eilnnd 122. Einsicdl 91, 13«. ltiseiibcrss 102, 103. Liftnstein »!2. Eisensteiuer Pass 50. Eisensteine! Schweiz 6<. Eismstraß «:>. Elbe «. Elbesall !>", iilbeteiilih lüÄ. Elboneu 97". Elbsandstcingebirgc 7,1ÄU. Elbiuiese 147. Eteonllrrichlliii 63. laliscnthal ,!3. Elstergebirqc 7, 92. Elster, Weiße 8. Elster, Wilde 8. l5na.l'lhaus 100. Erden K. I. 156. Erlitzgebiriie 7, 152. Erzgcbirne' 7, 93. Eulau 120. lEulc 1!3, 174. 190 !)irgistev. ^abricmo '!?. ^ i^allenail !>,!, 1^0, ! Fallender^ II«. ! Faltenstcin ^^, i'<5». ! Falldam» »!4. ^ Aallenqebirge i'»«'. ^ ^erchenhaid «i». ^ Ferdinand l. ^li. ,vordi»and deriÄiüissc 'ill". Fndinandsttial >',!<.' Fldlovacka ll. Fixstcrstein 14^. Fichtcl^ebir^e li. oorbeo i«<^. «forstberg 142. Fianzberqe i<«>. ^ranzensbad !!«>. Franenbera I«-i, I «3*. ^rancnthal I7'i. »vrciheit 14!). ^riedberq 7:^. Friedlaud 1^!»». ifricdrichswald I',.', ssuch^berg l l'!. Fiihrich Joses i3«. Furnstcin A. !»?. <0abcl l^!>. ^«blonz Nix. (Ällbriclllliütiü l«>. > GM!s> I!!'i, 1«!l, lisl>er>i Il2, Geschichte ^. l^ewevbtliätigleit 1l. <Äll;chln lä-..' Oitschiner Plotea» ?. Ollllierbercz 10«!. Glöcl,'lber>i '>^> '''-(^oldvllchlhal i«!^. l»o>döittron »». Grille i^«. Gratzen im. Gratzcncr Berliland i«0. Grixbschrdcl,^. ^r»si'Ai,pa i^!»> "«ros! 2lal 135. Drillich ^.^;. wimther, <öl»sicdler ««. «^urlrnthlil ,!-«. Oabichlstein l'<. Habstein III«. Hllsscnbiädol, Frcih. v. «!2, .yawdurf l^u. ! Hclilisvach 1.'«!. 1^4. Hammelschmidt 'Andr. u»?'. Hamnirrstadt l7'.'. .^a»la Wenzel i',,',. ! ,^ll»S Heilingfelscil 100. .yanilsch 37. >?art!nan!! M. 1««!. Hascnbcrg H4. Hascnlülrci am Vllreuzd. 27. 'vauenstem I(X). ^cddmunl) 81. Heideldeic, 14Ä. ^ettbrnim i«l. Heiniich vuii «arnicn ^i, Hcinlichs^rün!»«. Helftnbulft »3, Hermannnestey 1«'>5>. Verrnfteln 17, «". Hetzinst'l , l^'. Hlilljlll >«!!'. Huchfichtel 5U. ^ ,Vllchst!!!!I !»2. Hochwald 7l. 1«i, Hat»: Mcnft I,'>Ä. ° Ha!,sne!l,.' 14!». ! .^lll>l'»i>N't '.»!. ^ulie»»lnuth 16Ü. holier Bosscn ,V>. ^>u!>e« Rad 1-!'.'. ^>o!ilichdcrss 7.',. .^>o!lnbr»!lncrbrrli i>!7. HoUar W. i,i7*^ Yllpsenberzi I5»<>. Hllrazdloivitz ,^>, Horiinlr,'7. Horch l',5». Horn. Ufso 4N. Hoiowitz 17. Hosienjt«n 102. ,vostlwit 1«, Hrad»'I l«ü. Hradlslo N5. Hradschl» !>>. Hrrdl!!! 1«^'>. Hndlitz 4!». H,!!^l. .vmnpoletz 171. H»rlen!l,nl s>,'j. H»« (VnrssNline) ^^, Hussinctz ^,'. Hussilrmiieg 34. Hntwrii ii«. Iän,ert>n«tel!b«n i«l. Ianlan 174. v^anllwitz 5>u. Iaronucr 155. Iaroxiir 1!». ^avoriza 170. Ientschowiy 113. Ieschlün III, Ieschlmssebirlie 7. Isslaucr Verssland 7, Iildliftric il. Innstoin 15,^, Ioachlm^lhal «n. Iolinnni'jli! in Pra^ ^!4. Illl)liunii«dab lll>. ^oscftthal «!,'!. ^oftfstadt I5>>. asei «. IseraMrne?. 14<». ^serlannn, hllhel 14». Merlan!»!. Miltcl- 140. Iseiwicft 141. Inilssdlinzlau 15>«. Ilinssinanu Ioscf 4!». ttaaden u>l. «aiierwald 7, !. Kanicmlz 17«. «tllnlnit; > ^>, Kammerdxiss !7!l. Kapiil! ixi. ülllpclll'ülierg!>». I.',». Kllidaich-Itrtschitz 17«. Karl I. (lV.) :.'.'!», 24,3». KarU! 47. Karlsbad <«, !»!>». Karlsbern ü:l. Karlotron 15>, 47*. ,ssar«line»tl>l>l :!«>, 4l. Äarolinmn,W. >la,'cha l«. »atharinelibad 17«. .ssahon, i7i. Kauth x«. >Ieilbcrss!5>. .>leUerbeln 1<>?. Kesftlloppe 14.!, 147. Kcillichlr Vuchlierg l4<>. Kicnbcrq 7',. Nladiw 1(1». Kllldrau »«>. «NlldNll, l!!4. «Klapperstein >5>!i. iKlatta« l!>. zlllcinftlte.'U. Kleinstcin l<«. Kleie 12«. Äleisliera. 107. >tlenan .',<». Kletschen 114. Kletschenberg 10«. Nlima lu. 5Niiuienv«r«>:!. .«lüstüNe w l. ,Kllltzdclss»'!, !Kol,ll,ci!n «l^. Kolbenberg I4!i. Kolin l',!>. Kolowrllt stranz !»». Koincri» lil, >l0!N»!0tll!I 10^. iloiuurjloverq l«5>. Ko»itz 15>l, .»ic>l»lioi 1,'>'>, Köniqiüliofcr Handschrift 1.>->',. Kü»lciol>aincr Zpitzberg Kiinigswart 91. !.ssopcnbera. il^. ^KoPidlno 17. Kopih 103. Koppcnvlan 14^. Koranda 8»l. ,Kon,b»l II«. Hoslllowgevirsse ?. Koc>»lanöl< l',8, ssost 134. Kostelelj 174. KoslmblaN KV. Kvstial III, >kolwa ^itivor «ü. Kolivi>n !5>!». Krakow 5N. jütralnp 112. >trayall l^». !>treibill 121. Äicmeschnil l7>, «resunnist ix. Kremusch ll»!. Kreuzberq ll'>, Kriegern lw». Krloilosch «ü. ssrol >«. Kralowitz IIU. Kropac ««!. Kruiiian 77", 7«. Kubaüi 7. Kuchelbad 48. ,>«nl>bcr>i I4il. Kulni iu,>. .ssnlmerbcrk ll!j. Kumbur>i I5,l!. Kunlinerner Tee I0Ü. >l»ncrsdorf io^. «nnietift I«',<;. Kniiratly ^4, Klinische Ämiern 52. itimischcö Gebirge 4!'. Künischcö Platen» 7. >l«l1enbcrc> i««», l»!3*. F,llbiSlll!!s, Prin, -iü. ^afaberzi 5U. vaiasee '><>, *. Loblowitz, Wenzel «. n^> ^owutiner Hchllicht >>ü. ^llbosch 1>«, ^obosiy 114. ^oinetz 83. ^uctcmiucrwald <>^. ^'uditz 17, ^udnnla >!>, 4^». ^»miüelheni il-', Vuj^n '><>, »!7. ^u^ail I5>4«, Vtader 5,», !pl. ?1laldstein x», Maimstcin i^. Atardud 17. Marbcra 5u, li^, Viarcl M. I,i7. Villliiaretcnbad 82. Vtarqalctciiscst 45. Maria Kulin !»«!. Ätaiiaschem 105,. Warwchad !w, !>!". 3)tar!l>niai!Nl!N 17. Ntnroliudiml 27. MuNini; 32. Matliesuio im. Äiattl>ias a»«« Arras 4U, Max.Anton,-Josef»4; Gabriel 12^! Enmnucl 34, Max v'olMM ^!l, Nieinyard von NeülMw 25, Melnil 112. Me»ss<< NaflN'l ,,«!, li!!*, Mer^dovr 152. Mies x, "'->. Mileti» 15.',, Milliosl vo,i Nlaölow W3 VtUin ix«. Millcjchau 107. Ätillejchauerderss 1»»^, Mnowi» Is<,!. 'Dtiieroi'i ^!2, Mittasssdorss 5,», 111, Mittasssslein »!',, 1 >'. Mnata 1«. Molielnize 17. Molropch 4!>. Vloldnu «, Moldautem I«4. Äioldau»ripr»ng <>«. Dli?)llli,t:>2. Hlorchenstern 13«. ^i!!>)lyHII,«I !I2, ^lü,ichc>uir>itz lül, l^t!,jly 12,"<, l^achod 15,:!', 'Nllucn'« H^lese 142. Nebxichi^ l.'i. NM!(! «. '.üellan l«. ^ieftonnil "l. ^iieschwll^ 11«. ^!eu-B^»lllel l'>«. Ncudydschow 15,!!. '.Ül!u0ecl I,!I. vleudcckcr Pass !« 'iclllUied^l» 5>ü, ««. NcM,au<< 178, l7!>". ^teul>llf IlI2, 1«>l. >»!eu «iiiil l^7. ^ieiws!.'!! 72, 7Ü, ^tcuichll,^ Ilw. MuN,ül lu. Äteuwelt l«x. NezamM'l 1^. Äte,amyslih «4. Niedelll>al I«1. !^liemei« 1l»). vlieine^ I«.!. !Nillc,ii IU3. ^illllendovf 105,. ^tMeiidorf^ Pass !»8. Niirschan.^. Äiuslellial 44, Gberplcm?n. O«0 !!«!. Ödichlosi« il«>, ^Oieliite« 25>. ^Ossel 103. >Oss?r 5,0, 5,2, 55,*. ,Otte»schlllss I«1. ^Ottokar i.' 21. ^Nl'lar ll, >l», 22. Oustawa x. I.icidloschincr Plateau N»i!, Panzerliri^ 5,>>, Paniert Manlj, 77. Paxlri^ 25. Pardubil! Ill5>, !Pass 120. Pan'etyberq lü«. Paiier Iulwö 104. Poles l,ü», Pernstri» Wvaüslaw il3, Per»tz 10x. Pe«na o. C. 170. Psafieubeiy 107. Piiaumbera, 87. ,Pillirani 171. Pillail 107. Pillna 1l,x. Pilse» !-,!, X5,". Pirlenhaxiiner 1«1. iPirtstein 172. Pisel 1^!. ^Piseter Tracht 1^!«, 187*. Pla» «!». Pla»slenvald 7. Plasö IW, Platte» 101. jPlattenbeiss i»2. !P>all i«<>.' Pllichnvl'tz 17, 15',. Plockeüstnnsee 5,0,5,1", 72, Pl^!,a»iV>»IMte» «!5>. iPudiap 113. Podersam 10>.>, Pudiclirad 15>«!. Pudiedrad, G. l>. 2,',^ ,5?, ^Podl>rad 1,^2. Podslal 40, ,Pul!»veletz :!,',, Pulann 141. PolitMa i,!7, il!«. Politschlaer BcrMnd 7. Polna l7»>. Polnacr Verband U!7. Pollen «. Poiltsch 174. Porudiberq l«0. iPoschlass-Gcbirssc 7«, «u, «1*. Prnchatitz, I. v. «1. — Chr. v. «1. — W. v. «1. Machow l5>«>, Prac, 2,l. iPrevischlyor I2ll^. !Pven»>sl 15. Piestitz 1!'. Pndram i!<5>, Pviinislau 170, Pwselsch 1,!«. Plnlschel km, Pirlstein ^5> P»chew I,»,!. PuraMz i>ll!. Purlyui! Johann 1N8. Piirstlinn 5,0, . l',al>di ^vn, ^.!, !Rabe»ssel'iriie 142. ^Rabin'l24.' ^tachelber>i 50. Radbusa !<. ^tadvyl !1,'>, Radelstein l0,!. Radetsch l«5>. Äladelil», 'U, 3'»^. 3tad!n> 15,,!, 3tadowc»z, H^ald vo» l',». !itai!ia 12U, 3talo!nl! iin. !1lali>fo 1:«». Ranl Joses «". «Rausso 169. Rataj 172. Nativovih 177, Raud»i>i ii.!*. Rcliornlierg 142. ^Reichmberss i^!, il>7*. ,!)ceichelll>ard «4. IReichstadt 12>,i«. «Rl-ssel Joses l,!5>. 'Richenbura 1<ü», !7i*. !Nmsselt>»ch »n. !Rinssel!ovv« i"0. ! Riefend ery 8«. Ril'sena/birsse 7, l l2, 1!7. Riesenloftpe 14ü. Rip 112. ^»tochlitz 14:«. Royowec 42, ^>iot>ren »!,"<. »tülyzana 25», Rollbcra, 13», 131*. Nose»l>erss 77, >Ä2, ^Itoseilberii, Heinrich v. 24. Mosc»berq, P. >,', üv, 114. 'Roswl 112. ^tothcnliau^ i>>2. Nl>tl>ei< Hlioo^i i«0. 3towl»aberg l7>». Ro-imital 1>>5>. !itüdezal,l 147. ütübezalilkanzel 14,^. 3t»I>i «l. Nndclsdorf ülü. Rudolf II. !N*. !>i«,!>b,!r^ l2l», 124. Rubnil 40. Z,aaz 1M>. Sadler 32. Taidschik 10«. Hllma ik. Haniuelshiihle 12X, Slluct Anna l7<». Nllnct Vlatthiasfirche 45>. Hanct Tliomairlatl)al 45. 192 Register. Schattawa «8. Schatzlar 14!!, Schcleö I0!>. Schemil 42. Schillerberg 70. Echlackenwerih 101. Schlaggcnwalb im. Schlau 10^, Schlick, Graf I. 10l. Schluckmail 120, l24. Schneegrube, llcinr, grüße 148. Schneetoppe 142, 145", Schoxau 1(14. Schönbcrg 175,. Schoubcrger Pass 93. Sckouburg 102. Schöninger 80. Schö» linde 121, 124, Echreckensteiii N5, 117*. Schnttenhofen 84. Schwarzenberg 14!!. Schwarzenberg-Canal 8. Schwarzbach 73. Schwar;bcrg <:x. Schwarze Koupe ll<>. Schwarzer Vers, 149. Schwarzer Tec 50, «u, 61*. Tchwarzlosteletz 150. Schwarzthal i-^l. Schwcinschädel 152. Sckwoiker Gebirge 126. Sebastiansberg 93. Scdlctz 162. Scdletzer 18. Tedlitz ic»8. 184. Sceberg 103. Semickberg «5. Seestadt! 103. Seewand, hohe 50. Eeifcnbach 143. Setran 8«, Sembcra U. V. 43. Eenftenbera, 154. Sichrow 138, Sicbenberge 89. Siebengiebelstein 141. Siebcngründe I4ii, i!5. Eiechliiibel I4l. Si^ismunb, König ^>, Silbcrberq «^. Simnnides Johann i>». Siralow i«7. ! Slal, Klein- 1:«. Stalitz '52. Slalla il!X. ! Etraup str. 44. j Slutsch nü». ! Clawata !!!i. Slawitschet 12». ! Smidar 150. Smichow »VIiic»schlosö lxl. Spanmüller Jakob i»»8. Svervcacl H. 95. Spicgli^er Schnceberii 7. 152. Spitihmew 1l). Spitzberg 50, 73, 92, N2, 12^. Spitz mindllstric 98. Spransser 32. Staab ^. Staditz 18. Stantaü 88. Stantowiy lUl». Stara Dubg 174. Stelflil u. C, 8ll. Steinberg, gr. 183. Steindlbi:rg «4. Steine 8. Steinschöünu 128. Stecken 170. Sternberg I7ü. Sternwal o 7, 45, 50. Stiechuwitz 184, 187. Stifter A. 72, ?li*, 74. Stitnc 177. Stitnh Th. i?7. Strada, Ialud v. ^2, Strahüw 3». Etratonitz !<3. Straschitz'108. Strobnitz 181. Stroysackfest 45. Ttnbenbach .! Sturmhaube, grußc 148, Stnrnil>anb<>, huhe 142, Swietla 17Ä. Habor 15'!, 175», 17 Teich? 10. ! Teinitz 171. ! Tcpl, «. W. Tepler Gebirge 7, W. Tcplitz 10ij, 105^. Tctin 31, 4». Tetla 18. letschen 118. lin". Telschncr Schnceberg 121. lTeujelölanzel 7l!, 11«. Teufelsüianerschlücht 76. Teufelssec 5'», «12. zTheobald Zach. 4,^, !»i. Thun, Graf Leo 120. Torfmoore 1«. Toischuit 48, 185. !Trautcnau 149, Trebnil) 184. Tremoschuaberg 185. Treniichin 17, 'i«5. Trosin i:!5». Tschachan 10U, K!0. Tschansch 103. Tschrrtow 87. Tichcrnuscl 115. Tschernowitz 17«. Tuhoscht 17. Tümpelsteiu !. Wild^ittyal^r Pass !^l. Will,elu!^!,ül,e !41. Willow 45. Wittmgaii 180. Wittigönen 74. >Witlinglin»scn 74. ^Wladislaw !>. 2l. Wlaoislaw von Polen 3«. Wladiwoj 43. Wnislaw 18. iWudnian 83. Wojeu 18. Wolichitz 136, Wolftberg 122. Worlil 186. WostreN 106. Wostromier 155. Wottawa 8. Wran 18?. Wratislaw I, 19. Wratislaw II. 2>. Wrlotsch 10. Zbonin 18«. Zdar 184, 185. Hdaras 40. ,^lmi >5 E. 25, Z. 4 uon oben lies: Pantraz, ^ ^?', ," I!» ," ,f Nordwüst. „ 30, „17 „ „ 1757. ! -. 3N, Z. ^VFuMiHes: 136«. ,k ^^>, „7 „ „ führten. ,, ü>, „ 15 von oben „ Joses nub Emanuel Max. Fr. Winilci «i Schickardt, l. t. Hofbuchdrucker, Vrlinn. ssi. Wmiler «c Tchiitardl, l. l. Hosbuchdrucler in Nriinn.