SEPAEATABDKUCK ans đem ^ÓST^jmiEIOiilSOSlBISr BJLlDEI^BTTOia:". Herausgegeben von Dr. KAEL DIEM. Att'it Verlag: UBBAN & SCHWAEZENBERG, Wlen. ^ Die volkswirtschaftliclie Bedeutung der Kurorteíí^^^^ Von Dr. phil. et jur. Johann S1 o k a r (Wien). % t In Erkenntnis der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung eines regen Fremdenvei-kehrs sind die maBgebenden Kreise aller Staaten eifrig bestrebt, ihn nach Kraften zu fordern. Unter den Einrichtungen, welche auf die Fremden eine Anziehungskraft ausuben, nehmen die Knrorte eine hervorragende Stellung ein. Besondere Wichtigkeit erlangt der durch aie be-dingte Fremdenverkehr durch den Umstand, daB sich an diesen Orten, wie sonst nicht bald irgendwo, ein áuBerst kaufkrâftiges iind zahlungsfahiges auslándisches Publikum zusammen-findet, sich meist lUngere Zeit dort aufhált, Einkaufe besorgt, verschiedene Taxen und Honorare zahlt und so zu einem, zahlreiche Kreise unseres wirtschaftlichen Organismus inter-essierenden Faktor wird. Der enge Zusammenhang der zu einer volkswirtschaftlichen Einheit verbundenen Gebiete bewirkt es, dafi der Fremdenverkehr in den Kurorten und die damit im Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Erscheinungen nicht nur fůr die stándigen Ein-wohner der Kurorte, sondern auch fiir die weitere Umgebung derselben und im weitesten Sinne fiir den ganzen Staat von groBem Werte sind. Die stándigen Einwohner der Kurorte beziehen teils ihren Erwerb ganz vom Fremdenverkehr (Hotels, Pensionen, Vermieter von Wohnungen, Kuranstalten und deren Ârzte u. s. w.), teils bietet sich ihnen Gelegenheit zu einem Febeneinkommen (Vermieter von Zimmern, Musiker, Fremdenfiihrer u. s. w.) oder wenigstens zu einem vermehrten Einkommen wáhrend der Saison (Handels- und Gewerbestand, nicht angestellte Ârzte u. s. w.)- Erheblich sind auBerdem die anderweitigen Vorteile, welche der stándigen Bevolkerung der Kurorte indirekt zugute kommen und die, bei der Kleinheit der meisten hier in Betracht kommenden Siedlungen, sicherlich zum groBen Teile der Kucksicht auf den Kurcharakter des betreffenden Ortes zuzuschreiben sind. So haben von 294^ osterreichischen Kurorten 186 (63-7°/o) eigene Wasserleitungen, 49 Quellwasser, 16 teils Wasserleitung oder Quellwasser, teils Brunnen und nur 43 (14-77o) ausschlieBlich Brunnen. Dabei muB beriicksichtigt werden, daB von diesen 294 Kurorten 66 (22%) weniger als 500 Einwohner, 120 (40%) weniger als 1000 und 249 (84-67o) weniget als 5000 Einwohner zàhlen. — Trotz der Klemheit dieser Siedlungen haben 218 (74-37o) elektrische (179), Gas- (14), Azetylen- (19), bzw. Gasolin-, Spiritus- oder Petroleumgliihlicht-(5) Beleuchtung, wahrend nur 76 (25'77o) ausschlieBlich Petroleum verwenden. Selbst von den 66 Kurorten mit weniger als 500 Einwohnern haben 29 elektrische, 10 Azetylen- und nur 26 (407o) Petroleumbeleuchtung. Nicht weniger als 132 (44-87o) Kurorte sind kanalisiert, darunter von den Siedlungen mit weniger als 500 Einwohnern 20 (317») ; 196 (66-47o) Kurorte besitzen Feuerwehren, von den Orten mit weniger als 500 Einwohnern 33 (507o); 131 (44-87o) der hier in Betracht gezogenen Orte haben ein Krankenhaus oder wenigstens Isolierraume fur Infektionskranke; endlich befindet sich in 255 (87-37o) dieser Siedlungen ein eigenes Post- (meist auch Telegraphen-) Amt und selbst von den Orten mit weniger als 500 Einwohnern haben 51 (78-57o) ein Postamt, darunter mehrere nur wahrend der Kursaison, somit nur mit Eûcksicht auf ihre Eigenschaft als Kurorte. Wie die Einwohner der Kurorte selbst, ziehen auch die Bewohner der Umgebung betrâchtliche ôkonomische Vorteile aus dem FremdenzufluB. Sie verkaufen ia den Kurorten wahrend der Saison ihre landwirtschaftlichen Produkte preiswert (Fleiseh, Gemiise, Milch, Eier, Obst), nehmen aber auch am Nutzen des Fremdenverkehrs dadurch teil, daB ^ Nach den Angaben im speziellen Tefle dieses Bûches, wobei dleAnstalten sowie die in grôBerer Enlierming von einer gesehlossenen Siedelimg befindliehen alleinstehenden Badehâusernicht mitgezahlt warden. sie fiir Arbeitsleistungen im Kurort, Personalstellen u, s. w. in erster Linie in Betracht kommen, ferner daB sich ihnen bei den vielfachen Ausfliigen der Kurgáste Gelegenheit zu Einnahmen bietet. Die guten Verkehrsverhaltnisse niitzen auch der Umgebung, ebenso wie sich verschiedene hygienische und gemeinniitzige Einrichtungen allmahlich auch in der weiteren Umgebung ausbreiten (elektrisches Licht, Wasserleitungen, Promenaden). Endlich hat die gesamte Volkswirtschaft aus den Kurorten mannigfachen Nutzen. Die zahlreichen auslandischen Kurgáste geben groBe Summen im Inlande aus, welche unserem Nationalvermogen anwachsen. Im Jahre 1909 wurden die Osterreichischen Kurorte^ von 116259 auslandischen Parteien besucht. Nimmt man die Zahl der auslandischen Kurgáste mit 174771^ an und gibt jeder derselben innerhalb der Grenzen der Monarchie an Reise-, Kur-und Unterhaltungskosten samt etwaigen sonstigen Auslagen durchschnittlich 400 K aus (eine Summe, die bei der Erwâgung, da6 die auslandischen Kurgáste groBtenteils die Weltkurorte der Monarchie besuchen, fiir welche die Statistik bei der uberwiegenden Mehrzahl der Be-sucher einen Aufenthalt von iiber 6 Tagen ausweist, eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sein diirfte), so ergibt sich, daB im Jahre 1909 die Ausgaben der auslandischen Kurgáste in Osterreich rund 70 Millionen Kronen betragen haben. Die auslandischen Kurparteien verteilten sich im Jahre 1909® auf die wichtigsten dabei in Betracht kommenden Kurorte folgendermaBen: 1 Parteien Personen Im ganzen Darunter auslandische Auslandische in % Im ganzen Hiervon hiel-ten sich uber 6 Tage auf Karlsbad............ 50636 28329 56 66153 65818 Meran.............. 24378 16301 67 24378 15766 Marlenbad............ 20672 13080 63 31969 30597 Badgastein ........... 14429 6908 48 21492 9903 Zakopane ............ 9748 4116 42 11667 8137 Franzensbad ........... 10039 3770 37-5 14540 14437 Abbazia............. 24774 3392 14 39410 32234 Ischl .............. 14019 3283 23 24918 7738 Teplitz-Schonau......... 5367 2600 48 6631 5788 Johannisbad........... 3092 2492 80 5750 2136 Kiva .............. 4312 1840 42 4312 2081 Ki^uica . . -.......... 5848 1660 28 8676 7582 Gmunden............ 9694 1378 14 15425 3251 GossensaB............ 1973 1346 68 3506 1433 Baden bei Wien......... 10942 1335 12 29456 15907 Aussee............. 6042 1274 21 10949 3949 Arco.............. 2317 1122 48 3080 2026 Grafenberg........... 2348 1084 46 3588 2752 Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daB bei einigen Kurorten die Zahl der auslandischen Kurparteien groBer ist als die der inlándischen (Karlsbad, Meran, Marienbád, Johannisbad und GossensaB). Mit den Kurorten im Zusammenhang steht auch die Ausfuhr von Mineralwassern, die fiir unsere Handelsbilanz nicht ohne Bedeutung ist. Dieser Export betrug fiir die oster-reichisch-ungarische Monarchie^ im Jahre 1909: 8365348 K, im Jahre 1910: 8313841 K und ^ Die ZaM der von der offlziellen Sanitatsstatistik als Kurorte aufgefafSten Siedlungen ist jedoch vlel geringer als die der in vorliegendem Buche angefuhrten. Dennoch muBte hier, mangels anderer verlafilicher Daten iiber die Zahl der auslandischen Kurgáste, die offlzieUe Statistik herangezogen werden. I Berechnet aus der in der offlziellen Sanitatsstatistik ausgewiesenen Gesamtzahl der Kurgftste und dem Verhâltnis der auslândischen Parteien zu der Gesamtzahl der Kurparteien, wobei das Verhaitnis der Zahl der Personen zu derjenigen der Parteien bei Inlândern und Ausiandem gleich genommen wurde. ® Neuere oîflzielle Ďaten sind noeh nicht verofíentlieht. * Daten fiir Osterreich allein liegen nicht vor. 1911: 8462189 K. Davon gingen 1911 nach dem Deutschen Reiche Mineralwásser um iiber 3 Millionen Kronen, nach Italien um 1 Million, nach Frankreich um ^U Milionen, nach den Vereinigten Staaten und nach RuBland um iiber V2 Million Kronen, der Rest groBtenteils nach Rumanien, GroBbritannien, Belgien, der Schweiz, der Tiirkei und Egypten.^ Innerhalb der Grenzen der Monarchie und nach dem Auslande zusammen versandten die osterreichi-schen Kurorte im Jahre 1909 im ganzen 39908920 Flaschen Mineralwasser. Nimmt man den durchschnittlichen Preis einer Flasche mit 40 h an, so bedeutet dies einen Wert von rund 16 Millionen Kronen. Von dieser Gesamtversendung entfielen mehr als 26 Millionen Flaschen auf Bohmen, ungefahr 6-5 Millionen auf Steiermark, liber 2 Millionen auf Karnten, fast 2 Millionen auî Mahr en, 1-7 Millionen auf Tirol, der Rest auf Dalmatien, Galizien, Ober-osterreich, Bukowina, Niederosterreich, Schlesien und Salzburg. Hiebei sind die Einnahmen aus den Quellprodukten, wie Salze, Pastillen u. s. w. nicht in Rechnung gezogen. Die vielfach nur mit Riicksicht auf die Kurorte eingefuhrten Verbesserungen und Ver-dichtungen des Eisenbahn- und Postverkehrs sind auch fur das sonstige wirtschaftliche Leben des Staates von Bedeutung. Ferner ist in den Staatseinnahmen aus dem Eisenbahn-, Post- und Telegraphenverkehr sowie aus dem Tabakmonopol wahrend der Kursaison zweifellos eine starke Zunahme zu verzeichnen. Fiir die heimische Industrie, abgesehen von den bei der Bauindustrie, der Anlage und Instandhaltung der Badeeinrichtungen, den elektrischen Installationsarbeiten u. s. w. interessierten Gewerbezweigen, kommen die Kurorte, u. zw. in erster Linie die groBen Welt-kurorte, wahrend der Saison als wertvolle Márkte in Betracht, indem sich dort die aus-landischen wie die inlandischen Kurgaste viele Bedarfs- und Luxusartikel anschaiîen, wes-halb zahlreiche Industrie- und Handelsunternehmungen eigene Filialen in den groBen Kur-orten halten (Glas- und Schmuckwaren, Konfektions- und Putzwaren, Galanteriewaren, Biicher, Ansichtskarten u. s. w.). Der fremde Kaufmann kommt hier in die Lage, die Leistungsfahigkeit und Vollkommenheit vieler Zweige unserer Industrie kennen zu lernen und wird dadurch zum Bezuge aus unserer Monarchie angeregt. Die Bedeutung der Kurorte filr die Industrie und das Gewerbe kommt auch gesetzlich zum Ausdruck, indem dieselben nach § 65 der Gewerbeordnung durch spezielle Verordnung fiir die Kurzeit den Jahrmarkten rechtlich gleichgestellt werden konnen. AuBerdem konnen in einzelnen Kurorten, in welchen der Geschaftsverkehr in den Abendstunden ein besonders reger zu sein pflegt, innerhalb der Saison die Bestimmungen iiber die Mindestruhezeit der Hilfsarbeiter, bzw. iiber den LadenschluB vom Handelsminister im Einvernehmen mit dem Minister des Innern im Ver-ordnungswege ganz oder teilweise auBer Kraft gesetzt werden. (Gesetz vom 14. Januar 1910, R.-G.-Bl. Nr. 19.) Aber auch in volkshygienischer Hinsicht sind die Kurorte fiir den Staat von unschatz-barem Werte, indem in verschiedenen Kurorten auBer den Kurgasten der besitzenden Klassen Tausende von Minder- oder Unbemittelten in zahlreichen Anstalten, welche vom Staate, von Gemeinden, Vereinen oder Stiftungen erhalten warden^, Heilung ihrer Leiden oder Kráf-tigung ihrer Gesundheit finden. Die Sorge um die Volksgesundheit ist ja die erste und wich-tigste Aufgabe einer jeden Volkswirtschaft. Der Besuch der Kurorte seitens inlandischer Kurgaste bewirkt Verschiebungen in bezug auf die Vermogensverteilung innerhalb der Monarchie und bedeutet fiir die osterreichische Volkswirtschaft insofem einen Gewinn, als auch ungarische Staatsbiirger unter diesen inlandischen Kurgasten in groBer Zahl vertreten sind. Indirekt kommt der Besuch seitens osterreichischer Staatsbiirger vom volkswirtschaftlichen Standpunkte noch deshalb in Betracht, als dadurch eine Kraftigung Jener Faktoren (Badeanstalten, Hotels u. s. w.) bewirkt wird, die fiir das Gedeihen und den weiteren Aufschwung der Kurorte iiberaus wertvoll sind. » Die Einfuhr von Mineralwassern in die osterreichisch-ungarische Monarchie betrug 1909—1911 jâhr-lich nur etwas uber 1 MiUion Kronen (1909: 1113017 K; 1910: 1152597 K; 1911: 1268855 K). ® Nach den Erhebungen fiir dieses Werk bestehen gegenwartig in Osterreich 93 Kurhauser fiir Offiziere, Beamte und Unbemittelte, und zwar 27 Offlziers-, Militar- und Veteranenhauser, 8 Beamtenkuranstalten und 58 sonstige Wohltatigkeitsinstitute und Stiftungen dieser Art. AuBerdem gibt es eine sehr betrachtliche Anzahl you Freiplatzen, namentlich fur Offiziere, Staatsbeamte und Studierende, und Unterstutzungsfonds in zahlreichen Kurorten und privaten Kuranstalten und sind ferner die nicht minder haufigen Preis-ermafiigungen, Kurtaxbefreiungen u. dgl. fiir Unbemittelte zu beriicksichtigen. Ósterreichiaches BUđerbucli. Die folgenđe Tabelle soil eine Ubersicht iiber den Besuch der ôsterreichischen Kurorte nach Lándern im Jahre 1909 geben, soweit hiezu verwertbare Daten vorliegen: Zabi der Kurorte P a r t e i e n Aus dem betreifen-den Kron-lande Aus den iibri-gen Landern der Monarchie Aus dem Auslande Im Ganzen Aus dem Auslande in % Personen im Ganzen NieđerSsterreich...... i 9293 2978 1427 13698 1-227 35893 Oberosterreich....... 17 3403 27719 8369 39491 7-198 68407 Salzburg......... 10 1069 8944 8183 18196 7-038 26815 Steiermark........ 24 2564 11598 1596 15758 1-372 24886 Kamten.......... 35 991 7675 1267 9929 1-089 19500 Krain........... 4 1586 3866 711 6163 0-611 8931 GBrz Tind Gradiška .... 2 1124 6711 637 8472 0-548 11798 Istrien.......... 5 859 28366 3803 33028 3-271 53240 Tirol........... 24 8768 13563 29700 49031 25-546 59549 Vorarlberg........ 2 914 56 381 1351 0-327 1351 BBhmen.......... 35 17890 30668 51024 99582 43-888 137177 Mahren.......... 9 4810 3634 251 8695 0-215 14978 Schlesien......... 5 798 1623 1185 3606 1-019 5619 Galizien.......... 14 23857 895 6964 31716 5-990 42796 Bukowina......... 5 1825 1253 681 3759 0-585 4955 Dalmatien......... 2 1709 307 84 2100 0-072 2100 Summe . . . , jj 197 78460 149856 116259 344575 100-000 517995 Den grofiten Nutzen zieht đemnach aus đem đurch die Kurorte beđingten Fremđen-verkehr Bohmen mit einem Besuch von iiber 80000 nichtbohmischen Parteien, sodann folgen der Reihe nach Tirol, Oberosterreich, Istrien, Salzburg, Steiermark, Galizien und Nieder-Osterreich. Das Kur- und Erholungsbediirfnis, welches sich in den groBeren Stâdten immer mehr verallgemeinert, hat neben der rein wirtschaftlichen auch eine hohe kulturelle Seite iiber-haupt. Durch die fôrmliche Wanderbewegung, welche die Stâdter der Erholung halber in den Sommer- und in neuerer Zeit auch in den Wintermonaten zum zeitweiligen Domizilwechsel treibt, wird die Kultur mit alien ihren Errungenschaften von ihren friiher einzigen Zentren, den Stâdten, auf das Land hinausgetragen und verbreitet. Diese groBe wirtschaftliche und kulturelle Wichtigkeit der Kurorte laBt also schon ihren Schutz und ihre FSrderung als eine Pflicht der allgemeinen staatlichen, nicht nur Sanitâts-, sondern auch Volkswirtschaftspolitik erscheinen, die nicht vernachlassigt werden darf.