©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologiezentrum.at LJUBLJANA, DECEMBER 2000 Vol. 8, No. 2: 129-136 XYA PFAENDLERI (HARZ, 1970) AUCH IN SLOWENIEN (ORTHOPTERA: TRIDACTYLIDAE) Stanislav GOMBOC1, Lisbeth ZECHNER2 und Matjaž BEDJANIČ 1 Biotechnical Faculty, Agronomy department, Jamnikarjeva 101, SI-1000 Ljubljana e-mail: stanislav.gomboc@bf.uni-lj.si 2 Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Zoologie, Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie und Histologie, Universitätsplatz 2, A-8010 Graz e-mail: lisbeth.zechner@kfunigraz.ac.at Fram 117/a, SI-2313 Fram, e-mail: matjaz.bedjanic@guest.arnes.si Abstract - AYA PFAENDLERI (HARZ, 1970) ALSO FOUND IN SLOVENIA (ORTHOPTERA: TRIDACTYLIDAE) In the year 2000 Xya pfaendleri was observed for the first time in Slovenia. The records were taken from 9 gravel-pits and 3 ponds in eastern Slovenia between Murska Sobota and Lendava. The animals live on sandy shores of the ponds with little or no cover of vegetation. Izvleček - XYA PFAENDLERI (HARZ, 1970) NAJDENA TUDI V SLOVENIJI (ORTHOPTERA: TRIDACTYLIDAE) V letu 2000 smo v ravninskem delu Prekmurja, med Mursko Soboto in Lendavo, prvič našli vrsto Xya pfaendleri. Med najdišči je 9 gramoznic in 3 starejše mlake. Osebki so bili aktivni od maja do septembra. Naseljevali so obalo tik nad vodno gladino, v glavnem peščeno, neporaslo ali le delno poraslo z vegetacijo. Bolj naseljene in z rovi prepredene so bile prisojne lege. 129 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biolo^tedatittillrtiCHtnologica slovcnica, 8 (2), 2000 Einleitung In Europa sind bisher sechs Arten aus der Familie Tridactylidae bekannt (Heller et al., 1998; Günther, 1979, 1990), wobei in Zentral- und Südeuropa Xya variegata Latreille, 1809 und X. pfaendleii vorkommen. Das Verbreitungsgebiet von X. pfaend-leri, die erst 1970 von Harz beschrieben wurde, erstreckt sich von Nordafrika über Süd-, Mittel- und Osteuropa mit Vorkommen in Spanien, Italien, Österreich, Südmähren, Jugoslawien, Albanien, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Ungarn über Zypern bis nach Südwestasien (Berg & Zuna-Kratky, 1997; Blackith & Blackith, 1979; Günther, 1974, 1990; Harz, 1970; Harz, 1975, als Tndactylus; Heller et al., 1998; Ingrisch & Pavicevic, 1985; Nagy, 1991; Schmidt 1987; Schmidt & Schach 1978; Zechner et al. 1999). Nach Blackith & Blackith (1979) kommt die Art auch weiter östlich, bis Indien und Ostchina, vor. In Deutschland fehlt X. pfaendleri und wurde bisher auch in Frankreich noch nicht festgestellt (Defaut, 1997). Aus der Schweiz wurden die letzten Nachweise zu Beginn dieses Jahrhunderts im Kanton Genf am Ufer der Rhone bekannt, wo die Art möglicherweise gemeinsam mit X. variegata vorkam, aktuell allerdings als verschollen gilt (Günther, 1974; Thorens & Nadig, 1997). Aus Slowenien war nach Us (1992) bisher nur X. variegata bekannt. Literaturangaben (Bellmann, 1993; Harz, 1970, 1975; Günther, 1979, 1990; Zechner et al., 1999) und eigene Funde in grenznahen Kiesgruben in der Oststeikrmark ließen erwarten, daß X. pfaendleri auch in Slowenien vorkommt und aufgrund ihrer geringen Grösse von 4-6 mm und ihrer teils versteckten Lebensweise bisher übersehen wurde. Nach einer vorerst vergeblicher Suche entlang der Mur und deren Zubringern sowie einigen Teichen in Zentralslowenien ist es uns im Jahr 2000 gelungen, mehrere Vorkommen an verschiedenen Orten zu entdecken. Material und Methode Die Begehungen fanden in Ostslowenien zwischen April und September 2000 tagsüber und bei meist sonnigem Wetter statt. Dabei wurde an den Ufern von Baggerseeen, Bächen sowie entlang der Mur optisch nach der Grabschrecke und den von ihr gebauten Gängen (Galerien) gesucht, wobei auch das Verhalten der Tiere beobachtet wurde. An Fundorten mit hohen Individuenzahlen wurden einige Tiere als Belegexemplare entnommen. Sie befinden sich derzeit in den Sammlungen von S. Gomboc, L. Zechner und M. Bedjanic. Die Bestimmung erfolgte nach Harz (1975) und Günther (1979). Weiters wurden auch alte Literaturdaten (Us, 1992) und die Sammlungen im Naturhistorischen Museum Sloweniens (PMSL) sorgfältig überprüft. Ergebnisse und Diskussion Us (1992) gibt für .AT. variegata das slowenische Küstenland als Verbreitungsgebiet an, wobei genaue Ortsangaben fehlen. Bei der sorgfältigen Überprüfung seiner Sammlung (74 Schachteln) durch S. Gomboc wurde allerdings kein Belegexemplar 130 S. Gomboc, L. Zcchncr, M. Bedjanic: Xya pfacndlcri auch in Slowenien gefunden, so dass das Vorkommen als hypothetisch angesehen werden muss. In Slowenien wurde bisher kein Vorkommen aus der Gattung Xya dokumentiert. Die zwei Individuen von X. vaviegata im PMSL befinden sich in der Sammlung von Stussiner und stammen aus Aleksinac in Serbien (Juli 1881). Zwei Exkursionen von S. Gomboc und L. Zechner im April 2000 erbrachten vermutlich aufgrund der zu kühlen Witterung keine erfolgreichen Kontrollen. Erst am 7. Mai 2000 wurden in Prekmurje (Übermurgebiet, NO-Slowenien) mehrere zerstreute Vorkommen von X. pfaenclleri an den sandig-kiesigen Ufern folgender Baggerteiche festgestellt: Ivanci bei Murska Sobota, 180 m NN, 46.66063° Nord, 16.27073° Ost, Kolonie mit mindestens 20 Individuen (Imagines und Larven) an der nördliche Seite der Kiesgrube mit Exposition Süd. Einige Tiere sonnten sich auf Steinen, weitere fanden sich in den Gängen; Petisovci bei Lendava, Kiesgrube neben Speedway-Piste, 159 m NN, 46.5324° Nord, 16.48114° Ost, Kolonie mit ca. 12 Individuen (großteils Imagines); Petisovci bei Lendava, industriell genutzte Kiesgrube neben der Haupstraße nach Lendava, 159 m NN, 46.52737° Nord, 16.43499° Ost. Hier wurden nur 2 Imagines gefunden. An den Baggerteichen wird derzeit Kies abgebaut und die Ufer sind großteils vegetationsarm bzw. -frei. Die Tiere wurden nur an vegetationslosen, sandigen Stellen mit geringen Anteilen von Grobkies oder Steinen festgestellt. Die 2-6 cm langen gewundenen Gänge aus Sand (Galerien) fanden sich an den steilen Ufern in einer Entfernung zwischen 10 und 60 cm von der Wasserlinie. Sie werden nach starkem Regen erneuert. Am 17. Mai 2000 wurden von S. Gomboc weitere Vorkommen vonX. pfaendleri an folgenden Baggerteichen festgestellt: Crni log bei Mala Polana, eine aufgelassene, ca. 20 Jahre alte Kiesgrube, die von einem Auwald umgeben ist, 162 m NN, 46.4101° Nord, 16.59813° Ost. Hier wurde ein großes Vorkommen mit mindestens 60 Individuen (v. a. Imagines) und zahlreichen Galerien am südexponierten Ufer festgestellt; Melinci bei Beltinci, eine noch genutzte Kiesgrube, 176 m NN, 46.57679° Nord, 16.22749° Ost mit einem kleinen Vorkommen zwischen dem teilweise bewachsenen Ufer; Gornja Bistrica bei Crensovci, drei größere, stillgelegte Kiesgruben, 174 m NN, 46.56558° Nord, 16.25447° Ost mit einem Vorkommen von mehr als 30 Tieren (v. a. Imagines); Doklezovje bei Murska Sobota, eine große, industriell genutzte Kiesgrube, 182 m NN, 46.59044° Nord, 16.18656° Ost. Hier wurden insgesamt 7 Individuen beobachtet; Murska Sobota, eine sehr große, teilweise schon rekultivierte Kiesgrube, 189 m NN, 46.64166° Nord, 16.17822° Ost. Vereinzelte Beobachtungen von 5 Individuen gelangen nur am östlichen Ufer. Weitere Funde von S. Gomboc stammen vom 27. Mai: Bakovci bei Murska Sobota, eine aufgegebene und teilweise bewachsene Kiesgrube, 186 m NN, 46.60984° Nord, 16.15229° Ost mit nur 2 Individuen, ohne Gänge; Gancani bei Beltinci, ein rund 20 Jahre alter Teich mit dem Namen Nova Graba, 131 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologteefeaiteuilitomologica sloveilica, 8 (1), 2000 der teilweise bewachsen ist, 178 m NN, 46.64382° Nord, 16.25739° Ost. Hier wurde trotz langer Suche nur 1 Individuum gefunden; Lipovci bei Beltinci, ein älterer Teich mit dem Namen Vucja Jama, der teilweise bewachsen ist, 181 m NN, 46.64382° Nord, 16.25739° Ost, mit 14 Individuen und Gängen; Kobilje im Umgebung von Lendava, ein alter Teich mit dicht bewachsenem Ufer, 190 m NN, 46.6941° Nord, 16.37552° Ost: Nur 1 Indivuduum an sandigem Ufer, keine Gänge. Am 13. Juli 2000 erfolgte eine weitere Beobachtung von M. Bedjanic (gemeinsam mit einer Gruppe junger Forscher im Rahmen des Jugendforschungscamp "Bakovci 2000") in Gornja Bistrica, wo S. Gomboc die Art am 17. Mai entdeckt hatte. Dabei wurde wiederum in der größten der drei verlassenen Kiesgruben eine große Kolonie von mehr als 100 Exemplaren gefunden und 15 Larven sowie 6 Imagines gefangen. Am 17. und 24. September 2000 wurden von S. Gomboc einige Fundorte (Gancani, Crni log, Ivanci, Petisovci, Doklezovje) nochmals besucht um festzustellen, ob die Tiere noch aktiv sind oder bereits überwintern. An allen Fundorten wurden nur sehr wenige Tiere beobachtet und in Gancani und Doklezovje nur je 1 Individuum. In der Kiesgrube von Crni log wurden 6 Imagines beobachtet, die großteils in kurzen Gängen versteckt waren. Die vereinzelten Gänge waren frisch und bis zu 3 cm lang, aber nicht weit voneinander entfernt. Aufgrund der kühlen Witterung waren die Bewegungsmöglichkeiten stark eingeschränkt und die Tiere sprangen nur sehr kurze Distanzen, so dass man sie gut fotografieren konnte. Schon am Beginn Oktober waren alle Tiere schon verschwunden. Die bisherigen Funde zeigen, dass die Art in Ostslowenien gut etabliert ist. Weitere Vorkommen sind auch in Zentralslowenien zu erwarten, wobei derzeit Nachweise fehlen. Flächen mit großen Individuenzahlen sind möglicherweise bereits mehrere Jahre besiedelt, während Einzelfunde eventuell auf eine Neubesiedlung hinweisen. Zur Ausbreitungsstrategie liegen aber kaum Informationen vor (vgl. Zechner et al., 1999). Langflügelige Tiere konnten bisher in Slowenien nicht gefunden werden. Aufgrund der derzeitigen Datenlage lässt sich die Gefährdungssituation nicht abschätzen. Die Art wurde bisher nur in anthropogen entstandenen Habitaten gefunden und scheint in Kiesgruben gute Lebensbedingungen vorzufinden, wobei offene, ungestörte Uferbereiche besiedelt werden. Diese Lebensräume gehen allerdings bei zu intensiver Abbautätigkeit bzw. durch die fortschreitende Verbuschung oder Rekultivierungsmaßnahmen nach Beendigung des Abbaus rasch verloren. Die Vorkommen benötigen daher artspezifische Schutzmaßnahmen, wie das Offenhalten von Flächen nach Aufgabe des Abbaus. Zusammenfassung Im Jahre 2000 wurde Pfaendlers Grabschrecke Xya pfaendleri erstmals in Slowenien festgestellt. Die bisherigen Nachweise fanden sich in 9 Kiesgruben und an 3 Teichen in Ostslowenien zwischen Murska Sobota und Lendava. Die Tiere besiedeln vorwiegend vegationsarme oder -freie sandige Uferbereiche der Baggerseen und Teiche. 132 S. Gomboc, L. Zechner, M. Redjani&Äyfl pfaendlcn auch iil S1 ÖWDITIföflwww.biologiezentrum.at Abb. 1: Verbreitungskarte von X. pfaenclleri mit derzeit bekannten Daten. 133 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biolo^tedatittillrtiCHtnologica slovcnica, 8 (2), 2000 Abb. 2: Mänchen und Weibchen vonZ! pfaendleri, Crni log, 17. Sept. 2000 . Abb. 3: Präpariertes Exemplar von X. var- Abb. 4: Gänge von X. pfaendleri, Črni log, iegata aus Stussiner Sammlung, Serbia, 17. Sept. 2000 (Foto: S. Gomboc). Aleksinac, Mitte Juli 1881 (Foto: S. Gomboc). 134 S. Gomboc, L. Zechner, M. BedjaniciaÄji?ß pfaendleri auch in Slowenienwww.biologiezentrum.at Abb. 5: Kiesgrube mitX pfaendleri in Črni log, 17. Sept. 2000 (Foto: S. Gomboc). Literatur Bellmann, H., 1993: Heuschrecken: beobachten - bestimmen. 2. Auflage, NaturbuchVerlag, Augsburg, 348 S. Berg H.M., Zuna-Kratky, T., 1997: Heuschrecken und Fangschrecken (Insecta: Saltatoria, Mantodea). Eine Rote Liste der in Niederösterreich gefährdeten Alten. NÖ Landesregierung, Abteilung Naturschutz, Wien, 112 S. Blackith, R. E., Blackith, R. M., 1979: Tridactyloids of the western oíd woñá.Acrida, 8: 189-217. Défaut, B., 1997: Synopsis des Orthoptères de France. Hors-série de matériaux ento mocenotiques, Ascete, 74 S. Günther, K.K., 1974: Über die Tridactyloidea in den Sammlungen des Museums f. 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