Kdhefifche iiliiiionszeitidirlit Erscheint monatlich und wird vom llüiüonshaus ITleiiendorf bei Graz, Steiermark, herausgegeben. Redigiert von P. Beinridi Wohnhaas P. 8. 6. Bezugspreis ganzjährig mit Polizuieudung 6000 K - 3 hire. Der Beiiige Vater Pius X. huf der Redaktion, den Hbounenien und Wohltätern den Hpoifoliichen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Meilen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigiten Oderhirten von Brixen, Brünn, Sraz, iieitmerijs, iiinz, Oimütz, Marburg, Crienf, Crieff und Wien. Best 10-11-12. Oktober —ilouember —Dezember 1023. XXVI. Jahrgang. □ D □ D Abschied der iüliitondre ihr Urcmsuacd vorn Sudan» Von P. Bernard Zorn. □ □ D □ Jedes Land und jedes Volk hat seine eigene Geschichte; so auch der Sudan und seine ungezählten Negerstämme, ja sogar seine Mission. Fünfundsiebzig Jahre wurden es vor kurzem, daß die ersten Glaubensboten in dieses Land kamen. Es waren Angehörige verschiedener Nationen und Sprachen, doch vorwiegend Deutsche und Österreicher, die diese schwierige und ausgedehnte Mission übernahmen. Vergleichen wir sie mit anderen Missionen, welche schon seit Jahrhunderten bestehen, so ist sie noch jung zu nennen. Und doch, wie viele große Opfer an Menschenleben, an heldenmütigen Missionären, die dem mörderischen Klima und den unerhörten Strapazen gar zu früh unterliegen mußten, hat sie schon gekostet! Ihrer einzeln zu gedenken und ihre großen Taten hier anzuführen, erlaubt mir weder der beschränkte Raum dieses Artikels noch der Gegenstand, den ich hier behandeln möchte. Fünfundzwanzig Jahre sind es, daß der Mahdiaufstand durch die Engländer unterdrückt und der Sudan europäischer Kulturarbeit wieder eröffnet wurde. Fünfundzwanzig Jahre sind es, daß Deutschlands und Österreichs wackere Söhne wieder mit heroischem Mut an der Bekehrung der Nilneger mitarbeiten. Mehrere Glaubenskämpfer sind auch in dieser Zeit im tapferen Streite glorreich gefallen. Andere hat der fürchterliche Weltkrieg schonungslos ihrem Arbeitsfelde und liebgewordenen Kampfplatze entrissen, ohne ihnen die Hoffnung zu lassen, noch einmal an ihren Posten zurückkehren zu dürfen. Doch blieb eine kleine Schar zurück. Es waren mutige Mannen, und als Lohn für ihre Ausdauer scheint der Herr in feiner väterlichen Güte sie erwählt zu haben, um sie in einen andern, besseren Teil seines Weinberges zu senden, wo sie mit seiner Gnade und seinem Beistände jene reichlichen Früchte zu ernten hoffen, auf die sie in diesem unfruchtbaren Teile so lange vergeblich gehofft. „Transvaal" heißt unser zukünftiges Missionsgebiet und „Kaffern" jene Neger, an deren Bekehrung wir fortan arbeiten, für deren ewiges Heil wir Gut, Blut und Leben aufopfern wollen. „Aber wie kam es," könnte mancher sich und uns fragen, „daß gerade die Deutschen, welche sonst doch stets ob ihres Mutes und ihrer Ausdauer bei all ihren Unternehmungen gepriesen werden, ihre Arbeit im Sudan plötzlich einstellen und sich entschließen konnten, ihn für immer zu verlassen? Fehlte es ihnen schließlich doch an Mut?" — Gewiß nicht! Denn sie ziehen vom Sudan direkt nach Transvaal, in ein Land, das sie nie gesehen und von dem sie nur aus flüchtigen Berichten hie und da spärliche Nachrichten erhalten haben; zu einem Volke, das bis vor kurzem nur dem Namen nach bekannt war und wohl noch niemandem in der Welt großen Enthusiasmus eingeflößt haben dürfte. „Aller Anfang ist schwer!" sagt das Sprichwort, und kaum wird es nötig sein, zu beweisen, daß es entschieden mehr Mut braucht, eine ganz neue Mission von vorne zu beginnen, als eine, wenn auch noch nicht blühende, so doch gut bekannte und organisierte, einfach fortzuführen. „Oder mußten sie (die Deutschen) höheren und stärkeren Elementen weichen?" könnte eine zweite Frage lauten. Darauf antworte ich: Ja und nein. Denn, wie ich schon zu Beginn meines Artikels angedeutet, hat der Weltkrieg, wie überall, natürlich auch in den Missionen seine unliebsamen Spuren und Nacherscheinungcn zurückgelassen. Ich mag hier nicht näher darauf eingehen. Manches wurde in früheren Nummern des „Stern der Neger" bereits erwähnt. Vieles wird ja auch die Geschichte späterer Zeiten noch in klareres Licht stellen, wenn sich die Wolken einmal verzogen und der politische Himmel entschleiert, den Völkern die beglückende Eintracht zurückgeschenkt haben wird. Was ich mit Sicherheit sagen und genügend begründen kann, ist: 1. Die Kongregation der „Söhne des heiligsten Herzens Jesu", Missionäre für Zentralafrika, bestand aus Mitgliedern verschiedener Nationen und Sprachen. Es gab in ihr Italiener, Deutsche und Österreicher. Zu Anfang, ja noch in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts war der deutschsprecheude Teil stärker vertreten als der italienische. Dies wurde anders während des Krieges und besonders nach demselben. Denn, während die Italiener sich frei und ungehindert bewegen und entwickeln konnten, waren wir überall geknebelt und gehemmt. 2. Die ganze Kriegszeit hindurch gelang es den Italienern, so viele materielle Mittel auszubringen, daß sie nicht nur alle ihre bestehenden Stationen erhalten, sondern auch noch neue eröffnen und gründen konnten. Wir hingegen, die wir doch fast allein aus Deutschlands und Österreichs Gaben die Mission lebensfähig gemacht, hatten kaum das Nötige zu unserem Unterhalt. Von neuen Unternehmungen und überhaupt von einer Entfaltung der Missionstätigkeit konnte keine Rede sein. Unter solchen Umständen hört jede Mission auf, „Mission" zu sein. 3. Die meisten deutschen Missionäre, welche während des Krieges nicht interniert, sonvern im Sudan zurückgelassen worden waren, hätten einer Erholung bedurft. So lange der Krieg dauerte, war eine solche Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen. So wurden es zehn, für einige sogar fünfzehn Jahre, daß sie in einem mörderischen Klima ununterbrochen arbeiten und aushalten mußten, ohne auch nur für kurze Dauer aussetzen zu können. Endlich, und das wurde für uns ausschlaggebend, versagte die Regierung allen Deutschen und Österreichern auf unabsehbare Zeit die Einreise in den Sudan. Da gingen uns vollends die Augen auf, und alles in allem nochmals erwägend, stellten wir uns folgende Fragen: Sollen wir Teutsche in einer Mission bleiben, wo wir nicht arbeiten können? Wenn unsere deutschen Mitbrüder in Europa nie zu uns in die Mission kommen dürfen, welchen Zweck haben sie dann noch? Welche Hoffnungen, welche Tröstungen? Nehmen wir einmal an, wir, die wir noch im Sudan sind, würden hier bleiben. Wie lange würden wir es noch aushalten können? Nach einigen Jahren würden wir doch aussterben. Was hätte die Mission dabei gewonnen? Die Antwort auf diese Fragen gab die göttliche Vorsehung, indem sie uns ein neues Arbeitsfeld in Transvaal zuwies. Im Juli erhielten wir Khartumer von Europa die erste frohe Botschaft: Unsere neue Präfektur ist kanonisch errichtet und heißt „Apostolische Präfektur von Lydenburg". Bald darauf erhielten wir in der Person des hochw. P. Jakob Lehr unseren ersten neuen Generalobern, und am 16. August hatten wir auch schon unseren Apostolischen Präfekten. Dieser nun, Se. Gnaden Hochw. P. Dr. Daniel Kauczor, machte sich mit allem Ernste und der ihm eigenen Energie sofort ans Werk. „Reisen wir ab von Khartum", waren seine ersten Worte, „und bereiten wir uns vor, so bald als möglich in unser neues Heim zu kommen!" Da kam plötzlich neues Leben in unsere Reihen. „In exitu Israel de Aegypto“ („Als Israel auszog aus Ägypten") jener herrliche Psalm des königlichen Sängers, war nunmehr täglich in aller Mund und — er kam aus innerstem Herzen. Kaum hatte sich in der Stadt die Nachricht verbreitet, daß nun bald alle deutschen Missionäre Khartum und den Sudan für immer ver- lassen würden, fanden sich von nah und fern unsere Freunde in der Mission ein, um uns noch einmal herzlich zu begrüßen und uns ihren tiefen Schmerz über unser Scheiden auszudrücken. Unter ihnen sahen wir betagte Männer, Ellern geworden. Alle waren tief ergriffen und untröstlich bei dem Gedanken, uns in diesem Leben nie mehr wiedersehen zu können. Am trostlosesten gebärdeten sich die Schulkinder, die bei uns wohnten, etwa vierzig an der Zahl. die wir noch als lustige Burschen gekannt; manche Ehepärchen, die wir, da sie noch Kinder waren, in unseren Schulen unterrichtet; Dutzende I von Kindern, denen wir die heilige Taufe gespendet, die wir auf die Beichte und die erste heilige Kommunion vorbereiteten, denen wir die heilige Firmung erteilt, denen wir, um alles in einem Worte zu sagen, wie zweite Als wir sie am Vorabend unserer Abreise in der Schule besuchten, trafen wir sie, als sie eben im Speisesaale angekommen waren, um ihr Abendessen einzunehmen.. Sobald sie unser ansichtig wurden und den Zweck unseres Kommens errieten, schwand ihnen der ganze Appetit. Sie brachen in Tränen aus, schoben die Speisen unwillig von sich weg, verbargen ihre Köpfe in beide Händchen und schluchzten, daß wir selbst tief gerührt wie ratlos neben ihnen standen. Einige von uns mußten sich gleich entfernen, um nicht mitweinen zu müssen; niemand vermochte seine Rührung ganz zu verbergen. Auch mir liefen Tränen in den nun schon grau gewordenen Bart. Daß sie uns immer geliebt, wußten wir; doch eine solche Treue und Anhänglichkeit hatten wir nicht erwartet. Am folgenden Tage, und zwar in aller Frühe, Meldeten sich eine ganze Anzahl dieser Kinder und baten um die Erlaubnis, uns Patres noch einmal, und zwar bei unserer letzten heiligen Messe in Khartum ministrieren und uns nachher alle zum Bahnhof begleiten zu dürfen. Soweit möglich, wurde ihnen dies freudig gewährt. Am 17. September fuhren wir von Khartum ab. Schon rast unser Zug gegen Norden, vorbei an Städten und Dörfern, die wir so oft besucht, so gut gekannt und so begeistert in unseren Berichten geschildert haben. Die Entfernung wird immer größer; bald ist auch der letzte uns bekannte Fleck Erde verschwunden und j wir werden ihn nie mehr wiedersehen. Wenden wir also, bevor wir die letzte Oase für immer verlassen, nochmals unseren Blick zurück nach Süden und sagen wir allen, besonders unseren dort verstorbenen Mitbrüdern, noch ein letztes „Lebewohl!". Gern hätten wir sie alle, besonders in dieser feierlichen Stunde, an unserer Seite gehabt; gewiß würden sie alle jetzt wie immer ihren vollen Mann gestellt haben und glücklich gewesen sein, die neue Mission mit uns eröffnen zu können, aber dem Herrn hat es anders gefallen; sein Name sei gebenedeit! So lebe wohl, teuerer P.Stephan Vocken-huber, der du dich für deine geliebten Dschur-neger aufgeopfert hast! Nun kannst du ja für immer, wie du stets gewünscht, unter ihnen und bei ihnen weilen. Beschütze und vermehre deine kleine Schar! Sie wird dein Lohn und deine Krone sein! Lebe wohl, geliebter P. Peter Kostn er! Dein Leben war dem Herrn angenehm, darum beeilte er sich, dich so früh aus deinen Sorgen und Mühen abzuberufen. Hast du auch, nach menschlichem Ermessen, nicht Großes zu leisten weder Zeit noch Gelegenheit gehabt; tröste dich immerdar! Gott belohnt nicht nur das, was man wirklich für ihn ausgeführt, sondern auch alles, was man für ihn zu wirken bereit war. An großen, heldenmütigen Ideen hat es dir niemals gefehlt, und deshalb wird auch dein Lohn groß sein im Himmel! Lebet wohl, ihr wackeren Schillukapostel, P. Wilhelm Bahnholzer und Bruder Christian Platz! Beide wäret ihr tapfere Streiter, ja Helden bis zu euerem letzten Atemzuge. Darum schlummert ihr nun auch nebeneinander auf dem friedlichen Gottesacker in Lul und betrachtet vom Himmel aus den Fortschritt der von euch unter so unsäglichen Opfern und Blühen eingeleiteten Mission. Ein Grabmal habe ich dir, teuerer P. Bahnholzer, errichtet aus Stein und Zement. Mit scharfem Meißel habe ich darin verewigt, daß du den Schilluk ein Vater, ja noch mehr gewesen, auf daß die Kinder und Kindeskinder sich stets deiner erinnern und nie vergessen sollen, was sie deinem Eifer und deiner Geduld verdanken. Und sollten auch kommende Geschlechter dich und dein Grabmal vergessen, der Himmel war dein Zeuge und dort ist noch unauslöschlicher eingetragen, was du in den fünfzehn Jahren deiner Tätigkeit vollbracht! Lebe wohl, unvergeßlicher Mitbruder, Pater Johann Sch uh man! Gestählt durch manchen Kampf auf verschiedenen Linien, sandte dich dein himmlischer Feldherr zuletzt zu den Nuba-negern. Deine Energie war stärker als deine Nerven und Gesundheit. So mußtest du erliegen. „Erliegen" sage ich, doch so spricht man nur menschlich. Von der Stunde deines Todes an wirst du, des sind wir gewiß, nur noch mehr für deine Nuba gebetet und gewirkt haben. Lebe wohl, als letzter, obwohl nicht der Letzte im vornehmen Kampfe für die Ehre Gottes, unvergeßlicher P. Hugo Larisch! Es sind erst drei Jahre, seitdem du uns verlassen und als letztes Opfer im Sudan deine ewige Ruhe auf dem Gottesacker in Khartum gefunden. Ein schönes Denkmal haben dir deine Omdur-manner Pfarrkinder errichtet, damit sie dich nie vergessen und sich auch ferner der heilsamen Lehren erinnern, die du ihnen während so vieler Jahre gegeben. Wir, deine Mitbrüder, werden dich stets in frommem Andenken haben und dich wie alle verstorbene Mitbrüder bitten, uns mit eurer Fürsprache im Himmel nach Transvaal zu begleiten und dort zu beschützen. Nochmals, alle ihr teueren Hinterbliebenen, lebet wohl! Wenn wir in Transvaal glücklich angekommen, werden wir euch allen von ganzem Herzen danken! □iggignig □ODODO Von Khartum nach Kairo. Von Br. Johann Kobinger. gogogsg DO DO DID Herrlicher Abend! Die letzten Sonnenstrahlen spiegeln sich im blauen Nilstrom, das Auge entzückend, als läge ein purpurner Teppich über der sanftbewegten Flut. Doch nur für kurze Zeit fesselt das farbensatte Schauspiel die Sinne. Im Westen versprüht das letzte Sonnengold über der endlosen Wüste. Noch wenige Augenblicke, und der glutrote Feuerball ist verschwunden und damit die erstickende Hitze des verronnenen Tages. Alles atmet auf und erquickt sich an der milden Abeudluft, dem zarten Säuseln der stolzen Palmkronen und dem ausströmenden Balsamduft der vielen Blumenbeete. Bald leuchtet von der wolkenlosen Himmelskuppel Stern an Stern freundlich hernieder, uns Abschied winkend mit strahlender Hand. Das Kreuz des Südens tritt hervor. Ist es nicht, als spräche es stille Trostworte in das abschiedswunde Herz? ■— Die wechselvolle Geschichte der Mission zieht in großen Bildern an meinem Geiste vorüber. Vor 75 Jahren erklangen zum erstenmal aus dem Munde der Glaubensboten deutsche Laute an den heiligen Gewässern des Nil. Welch ein Unterschied zwischen einst und jetzt! Wie dornenvoll war der Acker, wie mühsam die Aussaat, wie langsam das Wachstum, wie leidvoll die Herrschaft des Mahdi und des Kalifen, wie viele Misstonäre hat der Tod in der Blüte der Jahre dahingerafft! Und dann der letzte große Sturm des Weltkrieges mit seinen bitteren Nachwehen! Dennoch haben Gebet, Geduld, Opfersinn und Ausdauer im Sudan schöne Erfolge erzielt. Allein, Gottes Gedanken sind nicht der Menschen Gedanken. Es ist den deutschen Missionären nicht vergönnt,, das Missionswerk in diesem Lande weiterzuführen. „Auf nach Transvaal!" ist die Losung des heutigen Tages. Alle sind reisefertig, Patres und Brüder. Letzte Nacht in Khartum! Am Morgen des 17. September brachte ein Lastauto unser Gepäck zur Bahn. Es kamen die Zöglinge der Mission, um Abschied zu nehmen. Nicht wenige Tränen flössen aus den sonst so hellen Kinderaugen. Der Zug setzt sich in Bewegung, wir passieren die Brücke über den Blauen Nil und sagen rückschauend der geliebten Mission und den italienischen Mitbrüdern in Khartum das letzte Lebewohl. Aus der Ferne grüßen die Berge von Kerreri. Sonderbar geformte Felsenkegel begleiten rechts und links den Zug. Um 12 Uhr mittags hält das Dampfroß in Schendi. Zahlreiche Störche belebten, Nahrung suchend, die Teiche und Tümpel. Ziegen- und Rinderherden zogen vorüber. Auf der Weiterfahrt genießen wir das reizende Schauspiel einer Fata Morgana. Am .Abend erreichen wir Atbara am gleichnamigen Fluß. Wahrend der ersten Hälfte der Nacht war es noch ziemlich heiß, so daß nur wenige sich des Schlafes erfreuen konnten. Erst als wir gegen Mitternacht Abu Hamed verlassen hatten und in die schweigende, einsame Sandwüste hineinfuhren, trat eine merkliche Abkühlung ein, und ein erquickender Schlummer senkte sich auf die brennenden Augen. Als der junge Tag sich erhob, langten wir in der Grenzstation Wadi Halfa an. Die Zollrevision ging rasch und glatt von statten, ohne Öffnen und Durchsuchen der Koffer und Gepäckstücke. Mittags fuhren wir auf dem schönen Nildampfer „Möros" nach Norden weiter. Sonnenverbrannte Granitfelsen treten auf beiden Ufern so nahe an den Fluß heran, daß oft nur ein schmaler Streifen fruchtbaren Ackerlandes übrigbleibt, den die Eingeborenen auf das sorgsamste bebauen, soweit sie mittels Schöpfräder den durstigen Boden bewässern können.'Nicht selten erblickt man wohlgepflegte Dattelhaine. In vielen Windungen durchbricht der Strom die qnerstreichenden Felsenmanern. Das Stauwerk in Schellal, die größte Talsperre der Welt, verwandelt das nubische Niltal in einen ausgedehnten See, weshalb die Ufersiedlungen verlegt werden mußten. Häufig erscheinen sie an steilen Berghängen und auf Felsvorsprüngen wie hingemalt, ein bezaubernder Anblick für Touristen und Künstler. Der jagende, alles beherrschende Fortschritt der modernen Welt und Technik konnte die armen Bewohner nicht loslösen von der Scholle Erde, die sie ihre Heimat nennen. Nach einer scharfen Biegung des Flusses taucht ans den Fluten das Juwel des Pharaouenlandes auf: die Insel Philä mit ihren vielbeschriebenen Tempelanlagen, die zur Zeit des Hochwasserstandes in der schäumenden Flut säst ganz versinken. Da aber in diesen Monaten die Schleusen des Dammes geöffnet sind, enthüllt uns das Eiland seine vollen Reize. Assuan, der erstklassige Winterkurort, von reichen Europäern und Amerikanern gleich hochgeschätzt, nimmt uns auf. Wie manches mit Glücksgütern gesegnete Menschenkind hat hier in der trockenen Wüstenluft schon Hilfe und Heilung gesucht, um das armselige Erdenleben um einige Jahre zu verlängern. Von da bringt uns der Zug in sechsstündiger Fahrt in das weltbekannte Luxor. In dieser Gegend stand das im Altertum so vielbesungene Theben, durch Jahrhunderte Ägyptens Hauptstadt. Am linken Flußufer liegt die Totenstadt der Pharaonen. Welch ungeheure Schätze an Goldschmuck und Elfenbeingerät daselbst durch Ausgrabungen englischer Forscher vor zwei Jahren zutage gefördert wurden, wird manchen Lesern noch aus den Zeitungsberichten in Erinnerung sein. Um 5 Uhr abends scheiden wir von diesem Edelstein der Vorzeit und besteigen den Nachtschnellzug nach Kairo. Der bald hervortretende Mond gießt seinen Silberschein über Fluß und Ebene. Wie helleuchtende Inseln huschen Städte und Dörfer mit ihrem Lichterglanz an uns vorüber. Beim Morgengrauen lagen weiße Der Imbiß am großen Stein hat uns besser gemundet als vielleicht das Prunkmahl großer Herren an einer reichbeladenen Galatafel. Aber dann hieß die Parole wiederum: Vorwärts! Gegen sechs Uhr gelangten wir in ein großes Dorf. Es war jedoch noch nicht das ersehnte Obbö, sondern die letzte größere Niederlassung der Latuka. Erst bei tiefer Nacht kamen wir in Obbo an. Unsere Gefühle lassen sich leicht beschreiben. Ein jeder, der sich schon einmal todmüde weiter-fchleppte und endlich ausruhen kann, ohne gleich wieder weiter zu müssen, kennt sie aus Erfahrung. Nie begreift man leichter die Wahrheit des Sprichwortes: „Nach der Arbeit ist gut ruhen" als in solchen Fällen. Indes, ein gut' Ding braucht lange Weil'. Zum Unglück mußte gerade das ganze Dorf auf den Beinen Nebclstreifen über dem schönen Niltal. Ein prachtvoller Sonnenaufgang hauchte neues Leben in die schlummernde Natur. Man sah Scharen von Frauen und Kindern in den ausgedehnten Baumwollpflanzungen mit dem Sammeln dieses kostbaren Produktes beschäftigt. Sonnenübergoldet erscheinen die Pyramiden im Gesichtsfeld, die trotzigen Zeugen verrauschter Jahrtausende, versunkener Weltherrlichkeit. Es war am ‘21. September, 7 Uhr morgens, als wir Kairo erreichten, das ich seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen. Welch eine Fülle von Neuheiten bot sich dem Auge dar! Welche Zunahme des Verkehrs, welche Baulust! Wahrhaft eine Weltstadt! Wir bezogen unser altes trautes Heim in der früheren Negerkolonie Gesirah. Auch hier ist inzwischen ein neuer Stadtteil entstanden mit Villen, Promenaden, Alleen. Da warten nun neun Patres und fünf Brüder mit heißer Sehnsucht auf die Stunde der Weiterfahrt nach Transvaal. Wenn sie schlägt, werde ich nicht mehr bei ihnen weilen, denn ein höherer Wille ruft mich nach Europa zurück. So mag die Seereise eine andere Feder schildern. Lebe wohl, Afrika! Durch zweiundzwanzig Jahre warst du mir eine liebe, liebe Heimat. Kairo, den 10. Oktober 1923. sein, um zu Ehren des Häuptlings ein Fest zu feiern, und just vor der Hütte, die von der Regierung zur Aufnahme durchreisender Fremder bestimmt war. Nur wer schon ein afrikanisches Festgetümmel mitangesehen, versteht, was das für uns bedeutete. Für die anderen darf ich wohl sagen, daß, wenn die Hölle einmal für eine Nacht Ferien bekäme, kein größerer Spektakel gemacht werden könnte. Wir rufen also den Häuptling und lassen ihm sagen, wir seien überaus müde und unbedingt der Ruhe bedürftig. Er solle das Fest nicht so nahe der Fremdenherberge abhalten lassen. Allein der Kerl schien einfach taub zu sein. Doch wir kennen unsere Pappenheimer. Wir waren gezwungen, das Rezept des Dichters anzuwenden: „Und folgst du nicht willig, so brauch' ich Gewalt." Die englische Kolonial- llnfer den HffdioÜ uon UlengaHcL Reitenofizen von Br. F. Gosner, F. S. C. (Schluss.) Verwaltung kennt schon wegen sich selbst keinen Spaß, wenn Europäer von Schwarzen ohne Grund rücksichtslos behandelt werden und wenn die Fremdenhütte, die der Häuptling durch seine lung wurde in seinem eigenen Hofe, der hübsch entfernt war, abgehalten, und da er einen Mordsrespekt vor der Regierung hatte, suchte er uns für den gemachten Ärger zu entschädigen, (0 0 0 0 MW« «»GW ■ . o> ;;no»WS' . ULM Grab des P. Hugo Saris d), gestorben am. 4. Oltober 1920 zu Khartum. 0 0 0 0 Leute reinhaltcn muß, in solcher Unordnung ist und von Unrat starrt. Überdies haben auch wir Lunge und Mund nicht umsonst vom Schöpfer erhalten. Als nun der Häuptling sah, daß wir uns nicht einschüchtern ließen, kam er nicht nur wieder zu seinem Gehör, sondern auch zum Verstand. Die Festversamm- indem er Eier sandte und Mehl und einen herrlichen Ziegenbock. Vierter Reisetag. Ein mißlungener Brudermord. Heute bleiben wir hier. Es befanden sich in der Gegend eine Anzahl von Christen, die bei dieser Gelegenheit zu den heiligen Sakramenten gehen wollten. Nachdem sie ihre Andacht verrichtet hatten, versammelten wir uns alle im Hof, wo man uns gegen dreißig Katechumenen vorstellte, die von den Christen bereits unterrichtet worden waren. Sie mußten alle einer Religionsprüfung sich unterziehen. Hernach aber holten sie einen Fußball hervor, und los ging es mit einer Leidenschaftlichkeit, wie sie eben dem Neger eigen ist. Da für mich die Sache weniger Interesse hatte, verfügte ich mich hinüber in den Hof des Häuptlings, wo Spiel und Tanz und Lärm auch heute wieder anfing. Als aber gegen .vier Uhr alles im vollen Gange war, da auf einmal tritt unvermutet Stille ein. Das ganze Fest wird abgebrochen, ohne daß auf den ersten Blick ein Grund dazu erkenntlich wäre. Wir fragen den einen, wir fragen den andern; keiner will etwas Bestimmtes wissen. Schließlich erfuhren wir es doch. Der Häuptling, der ein eingefleischter Heide war, glaubte bei dem Lärm und Durcheinander eine günstige Gelegenheit gesunden zu haben, sich seines Bruders, der Christ geworden war, zu entledigen. Wie weiland Saul gegen David, so schleuderte er Plötzlich seine Lanze gegen seinen Bruder, verfehlte jedoch sein Ziel. Darauf gab er sofort den Befehl, das Fest aufzuheben. Was veranlaßte nun den Häuptling zu diesem Verbrechen? Wie schon bei Kain und Abel war es die Eifersucht. Der Vater der beiden war Heide gewesen und hatte als Häuptling nach dem Aberglauben seines Volkes als Vorsteher der Zauberer auch die Macht, regnen zu lassen zu geeigneter Zeit. Diese Macht vererbte sich nicht einfach mit der Gewalt des Häuptlings, sondern sie war vielmehr eine persönliche. Wem der Regenmacher sie hinterließ, der hatte sie wie Elisäus den Mantel des Elias. Nun aber hatte der sterbende Häuptling jenen Sohn, der später Christ wurde, zu seinem Nachfolger ernannt und ihm die Macht, Regen zu machen, hinterlassen. Die Regierung ernannte jedoch den andern Sohn zum Nachfolger. Indes, das Volk sah den Wechsel nicht gern, weil es mehr Vertrauen in die Regenmacherei des vom Vater dazu bestimmten Sohnes hatte. „Der Regen gehorcht dem andern nicht", sagten sie. Daher also der Neid und Bruderhaß. Wiederum war es Nacht geworden. Auf einmal schallt eine wutentbrannte Stimme durch die bange Stille. Es war der Häuptling, der, wie rasend geworden, eine Flut von Schimpfworten, Flüchen und Verwünschungen gegen seinen Bruder hervorbrachte. In der Ferne war ein anderer Mann aufgestellt, der wie ein Echo jedes Wort wiederholen mußte, damit es ja von möglichst vielen Leuten gehört würde. So ging es über eine gute Stunde fort. Darauf wurde es wieder totenstill. Ich brauche nicht besonders versichern, daß wir froh waren, als der Morgen da war und wir abreisten. Vor fünf Uhr waren wir schon auf. Alles lag noch in Frieden und Ruhe. Doch da fing der tolle Häuptling schon wieder mit den Flüchen gegen seinen Bruder an, genau wie in der Nacht. Wir aber brachen auf, sobald es etwas hell wurde. Gegen zehn Uhr trafen wir in Paluän ein. Die Bewohner nahmen uns sehr freundlich auf. Sie brachten Eier, Hennen und Mehl und zeigten sich sehr den Worten der Missionäre gewogen. Ein fortschrittlicher Häuptling. Um zwei Uhr nachmittags hieß es schon wieder: Marsch! Heute geht es mitten durch die Prärie. Unsere Führer mahnten zu großer Vorsicht, da es hier herum sehr viele wilde Büffel gäbe. Zum guten Glück wollte keiner mit uns Bekanntschaft machen, und so gelangten wir unbehelligt um acht Uhr abends in Faradschok an. Hier residiert der Häuptling Otschjen, der in den Augen seiner Untertanen als das Muster eines modernen Oberhauptes gilt. Wir suchen ihn auf und betreten sein „Palais". Es ist dies ein eigenartiger Bau, groß, geräumig, an der Spitze mit Antilopenhörnern dekoriert. Der Häuptling führt uns in jenen Raum, den er mit dem hochklingenden Namen „Empsangssalon" bezeichnet. Die Wände sind vollkommen tapeziert mit illustrierten Zeitungen ohne Auswahl und Anordnung. Manche sind umgekehrt aufgeklebt. Ob die Leute auf den Bildern und die Buchstaben auf dem Kopf stehen, verursacht Herrn Otschjen kein Unbehagen. Er kann ja doch nicht lesen. An einer Stange hängen zwei hübsche Krüge und in der Mitte steht ein lebensmüder, wackliger Tisch. Unser Gastfreund lädt uns zum Sitzen ein oder vielmehr zum Liegen, denn er stellt uns zwei Liegestühle hin, die so alt waren wie Methusalem und besser in einem Museum für Altertümer untergebracht würden. Mit aller Vorsicht lassen wir uns darauf nieder, denn jede etwas unbedachte Bewegung kann uns auf den Boden setzen. Der Häuptling stellte uns auch seine Kinder vor. Ein Bursche von ungefähr sieben Jahren füllt besonders vorteilhaft auf. Auf die Frage, ob er nicht zu den Missionären in die Schule gehen wolle, antwortet er sofort mit „Ja". Der Vater hätte es auch sicherlich zugelassen, aber die Regierungsvorschriften sind dagegen, weil wir in einem andern Bezirk wohnen. Auf dem Heimweg werden wir am nächsten Tage von einem Unwetter überrascht. Da wir unsere Fahrräder wieder hatten, ging es flott voran. Unsere Burschen zogen frohgemut hinterher. Doch bald tauchten dunkle Wolken vor uns auf. In kurzer Zeit war der ganze Himmel bedeckt. Kein Zweifel, in wenigen Minuten wird der tropische Regen herniederrauschen. Doch die Vorsehung öffnete uns eine Hütte. Nachdem das Wasser wie bei einem Wolkenbruch eine halbe Stunde herabströmte, war der Regen vorbei. Einige Minuten später befanden wir uns wieder auf dem Rad. Doch welche Überraschung! Nicht weit weg vom Dorf wurde uns eine Frau gebracht, die, wie man sagte, dem Tode nahe war- Sie hatte während des Unwetters draußen im Gras geweilt und war halb erfroren. Sonst fehlte ihr nichts. Gleich darauf trafen wir den Dorfhäuptling, der jammernd ausrief: „Die Welt ist zugrunde gegangen!" Was das alles bedeutete! Erst als wir auf dem verabredeten Lagerplatz ankamen und unsere Burschen halberstarrt eingehüllt in ihren Decken fanden, erhielten wir Aufklärung. Strichweise war starker Hagel niedergegangen. Die Burschen befanden sich unglücklicherweise an einer Stelle, wo weder Haus, noch Baum, noch Gras zum Schutze standen. Einige Zentimeter hoch lagen dort die Eiskörner, und wäre nicht der Hagel nur kurze Zeit gefallen, so hätte es leicht schwere Folgen für Gesundheit und Leben haben können. Am nächsten Tage hatten wir noch vierzig Kilometer zu machen, erst, quer durch das Tal und dann aufwärts über die Hügel von Offirika, dann abwärts unserer Heimat Turit zu, das wir vor acht Tagen verlassen hatten. Auf den Hängen wachsen die Bäume, deren Früchte als Ersatz für Butter dienen. Als wir heimkamen, eilten uns die Missionszöglinge voller Freude entgegen. Glückwünsche zur heilen Heimkehr und tausend neugierige Fragen! Wir lenkten jedoch unsere ersten Schritte zur Kirche, um dem Herrgott zu danken für seine gütige Vorsehung. Wir haben zwar nichts Großes erlebt, auch nichts Großes erstrebt. Doch unser Zweck war vollkommen erreicht. Die bereits Getauften wurden besucht und getröstet, die Katechumenen ermuntert und begeistert, günstige Pflanzstätten für zukünftige Missionsstationen gefunden und für uns selbst die Überzeugung gewonnen, daß da wirklich eine reiche Ernte unser harrt, sobald genügend Arbeiter vorhanden sind, die der Herr der Ernte in seinen Weinberg senden wird. , Kickt und Schaden im Charakter der Hraber Kordofans, Von P. Otto Buber. (Schlufo.) Furchtsamkeit gilt für eine Schande, Der echte Araber flieht die Gefahr nicht. Sieht er, daß bei irgendeiner Gelegenheit eine Schlägerei zu entstehen droht, so bleibt er am selben Orte, bekommt Hiebe und versetzt sie auch. Stürzt ein Hund auf ihn los, so macht er Gebrauch von seinem Stock, und wenn er keinen hat, läßt er sich eher beißen, als daß er flieht. Heutzutage durchzieht das Dampfroß einen guten Teil von Kordofan. In den Dörfern, die längs des Bahnkörpers gelegen sind, kann man manchen finden, dem ein Fuß oder ein Bein fehlt. Es ist ihm abgefahren worden. Der Betreffende war zufällig auf der Strecke, als der Zug heranbrauste. Nach überlieferter löblicher Sitte sollte er den Schritt nicht beeilen und verlor so ein Glied. Selbst vor dem Tode soll man keine Furcht haben. Bisweilen ereignet es sich, daß ein Araber wegen begangener Bluttat zum Tode durch den Strang verurteilt wird. Er soll sich nichts daraus machen. Männer stehen bei Vollstreckung des Urteils daneben und rufen ihm zu: „la tatalauam“, das heißt „laß dich nicht zuschanden machen". Stirbt er tapfer, so wird er allgemein gelobt und besungen. Zeigt er aber Furcht, wird er mit Hohn überhäuft. Ebenso hält man es für eine Schande, den Schmerz äußerlich kundzugeben und zu meinen. Ein Araber hatte sich den Arm gebrochen. Er kam zum Arzt und streckte ihm das Glied hin. Dieser arbeitete daran, richtete den Arm zurecht und der Patient unterhielt sich zu gleicher Zeit mit einem Freunde in aller Seelenruhe, wie wenn es sich um nichls handle. Ein Nomade aus dem Kababischstamme hatte bei einem Streite einen Schwerthieb auf den Kopf und einen Lanzenstich in den Rücken bekommen. Er wurde ins Spital nach Bara in Kordofan gebracht. Die Behandlung der Wunde, die durch den Lanzenstich verursacht worden, erforderte das Abschneiden von drei Rippen. „Tu nur so", erwiderte der Verwundete dem Arzte, der ihn befragte, ob er sich dazu hergeben wolle, und der Wüstensohn hielt die Operation aus, ohne das geringste Zeichen von Schmerzgefühl zu geben. Eine Araberfrau war bei einem Gange auf den Marktplatz in einen Nagel getreten. Sie achtete dessen gar nicht, sondern ging ruhig weiter mit dem Nagel im Fuße, zum Staunen der Kaufleute. So etwas würden Europäer gewiß nicht fertig bringen. Der echte Araber weint nie aus Schmerz wegen körperlicher Verletzungen, beweint aber heftig einen teueren Verstorbenen, und das gilt für lobenswert. Schmählich ist das Ehr-crbschneiden und Lügen. Ein Mann soll immer die Wahrheit sagen, selbst wenn er sich einen Mord zuschulden kommen ließ. Bisweilen ereignet es sich, daß ein Araber nach begangener Bluttat es einsieht, daß er keine Aussicht hat, dem Arm der Gerechtigkeit zu entrinnen. Er will wenigstens seinen guten Namen retten, stellt sich deshalb freiwillig der Regierung und bekennt seine Schuld. So stürzte einst ein Araber zu Nahud in Westkordofan in vollem Lauf ins Amtszimmer des englischen Inspektors hinein. „Ich habe einen umgebracht", rief er aus und warf das blutige Messer auf den Boden hin. Der Beamte erwidert ihm: „Ich muß dich zum Tode verurteilen, jedoch zu Khartum ist einer, der über mir steht und an den du appellieren kannst; ich gebe dir fünf Tage Zeit." Der Mörder tat nichts von dem, wartete ruhig sein Todesurteil ab und ließ sich aufhängen. Zweideutige Reden gelten für unschön. Wer bald auf eine, bald ans eine andere Weise spricht, wird dem Chamäleon verglichen, das oft die Farbe wechselt. Verherrlichung des Diebstahls. Das Stehlen betrachtet der Araber grundsätzlich als keine tadelnswerte Eigenschaft, sondern vielmehr als ein Zeichen von Fähigkeit und Mut. Tölpel und Hasenfüße stehlen nicht, weil sie dumm und feige sind. Er macht jedoch einen scharfen Unterschied betreffs der Leute, zu deren Nachteil der Diebstahl verübt wird. Wer zum Beispiel bei Nachbarsleuten, bei Freunden oder Stammesgenossen stiehlt, zieht sich einen großen Schandfleck zu und wird ein Dieb genannt. Man nimmt ihm das gestohlene Gut ab und stattet es seinem Herrn zurück. Der Dieb selbst wird gemieden und muß das Dorf verlassen. Ganz anders aber verhält es sich, wenn einer bei fremden Leuten oder bei einem feindlichen Stamme stiehlt. Er wird als tüchtig und mutig gepriesen. Je kecker und reichlicher er stiehlt, desto mehr wird er gefeiert und die Mädchen besingen ihn als einen Helden. Die Regierung bekommt endlich davon Nachricht, läßt den verwegenen Dieb ergreifen und sperrt ihn ein. Im Gefängnis soll er nicht umsonst sein Brot essen, sondern es durch Arbeit verdienen. Er muß Arbeiten verrichten, die ihn verdemütigen, damit er sich bessere und künftig seine bösen Streiche einstelle. Dann sieht man den gefeierten Helden als Sträfling durch die Straßen ziehen mit geducktem Kopfe und die Anstandsorte reinigen, und zwar in Begleitung eines Soldaten, der ihn unsanft berührt, wenn er bei der Arbeit zimperlich sein sollte. Der unbändige Steppensohn fühlt gewaltig die Herabsetzung, und wenn er Mädchen begegnet, möchte er in den Boden versinken aus Scham. Endlich wird er wieder auf freien Fuß gesetzt und kehrt zu den ©einigen zurück. Die Gefängnisstrafe hat seinem Namen nicht geschadet; im Gegenteil heißt es, er müsse wohl ein tüchtiger Mann fein, denn er habe sogar dem Türken zu schaffen gegeben. Er selbst rühmt sich dann und wann, daß er monatelang unentgeltlich gespeist, in einem solid gebauten Hause gewohnt habe, ohne Hanszins zu zahlen usw. Die schmähliche Zwangsarbeit, die er verrichtet hat, erwähnt er freilich nicht. Im Grunde hat er sich doch gebessert Heft 10-11-12 Stern der Neger 75 und eingesehen, daß Mädchenlob teuer zu stehen kommt. Der Araber züchtigt seinen Knaben strenge, wenn er im Hause oder bei Nachbarsleuten etwas entwendet, betrübt sich aber, wenn er von fremden Leuten zurückkehrt, ohne sich etwas angeeignet zu haben; denn er befürchtet, er wachse zu einem blöden Jüngling heran. &SSS L Kannibalismus. Von P. 3oM krähle. SS SS Der Verfasser war lange Jahre als Missionär in Zentralafrika und schildert seine Erlebnisse in einem Buche: „Meiner Urwaldneger Denken und Handeln" (Herder & Co., Freiburg i. Br.), woraus wir das Folgende entnehmen. Im Schatten einer jungen Palme wische ich mir die Schweißbächlein von Stirn und Augen und raste ein wenig bei der Feldarbeit, die so schwer ist unter der glühenden Äquatorsonne. Da kam ein etwa siebenjähriges schlankes Büblein herangestürzt, mit Schmeiß und Kot ganz überdeckt, und seine Haut blutete aus vielen Rissen, den Spuren von Dornen und Gestrüpp des Urwaldes. Sein ganzer Leib bebte und zitterte, seine Brust hob und senkte sich und rang nach Atem, während seine ausgestreckten Hände, seine tränenvollen Augen und seine schluchzenden Worte mich anflehten: „Herr, rette mich, schütze, schütze mich!" Da lag er hingestreckt auf dem grasbedeckten Boden und schaute zu mir auf und mit erstickter Stimme wiederholte er die Bitte: „Rette mich, Herr!" und dann seufzte er vor sich hin: „Kitibo, mein Bruder, mein Bruder!" Es war mir klar, das arme Wesen war der äußersten Lebensgefahr entronnen. „Armes Kind, was ist dir passiert? Haben sie dich töten wollen?" „Ja, Herr, sie kommen, und ich kann nicht mehr laufen." „Hab' keine Angst, Kind; dich soll kein Verfolger mehr erreichen. Auf diesem Boden bin ich Herr! Steh auf, komm in die Veranda, daß ich deine Wunden reinige." Mit beiden Händen hob ich ihn auf und führte ihn unter das schattenspendende Vordach meiner Hütte, pfiff meinen Burschen herbei, daß er Wasser und den Arzneikasten bringe und mir behilflich sei . . . Das Negerlein war seiner Tätowierung nach einem fremden Stamme angehörig und erzählte mir ein entsetzliches Ereignis. „Höre, Weißer, meine und meines Bruders Geschichte! Wir waren zusammen ausgegangen, unsere Nahrung zu suchen. In einem Waldbache fingen wir Krabben. Da stürzten plötzlich acht Basokomänner aus dem Walde, packten uns, banden uns mit Lianen die Hände auf den Rücken, schleppten uns den Bach hinunter bis an das große Wasser des Lukalaba. Dort warfen sie uns in ihren Einbaum und führten uns mit sich über das weite Wasser, den Strom hinauf, hinauf bis an den Bach, der uns sagt: ,Hier fangen die Jagdwälder des Basokodorfes Jamotonga an/ Hier verließen sie mit uns den Lukalaba und ruderten den Waldbach hinauf, weit, weit in den Wald hinein. Dann legten sie den Kahn an, zogen ihn aufs Land, ergriffen mich und meinen Bruder und zogen uns noch weiter in den dichten, dunklen Wald hinein. Dann banden sie mich an einen Baum und meinen Bruder an einen andern. Nicht weit davon säuberten sie mit ihren Messern einen Platz im Walde, brachten ihre Töpfe und das Feuer aus dem Kahn, sammelten Holz und holten Wasser herbei. Als das Feuer große Flammen schlug, stellten sie die Töpfe auf das Feuer. Dann kamen sie alle zu uns und besahen uns. Sie stritten sich vor uns, wen von beiden sie losbinden wollten. .Diesen', sagten sie endlich, .nehmen wir zuerst; er übertrifft seinen Bruder an Fett/ Sie banden meinen Kitibo los und schleppten ihn zur Feuerstätte. Wir weinten und schrien beide; mein Bruder sträubte sich aus allen Kräften. Aber was will ein Kind gegen große Männer, und der Wald hat keine Ohren für eines Kindes Stimme. Herr, sie warfen meinen Bruder auf den Boden, ich hab's gesehen und hab' geschrien, und alle acht kauerten um ihn und hielten ihn an Händen und Füßen, und sie schnitten ihm die Kehle ab. Stöhnen hörte ich meinen Kitibo, meinen lieben Bruder, stöhnen, wie eine sterbende Antilope stöhnt, immer langsamer und schwächer, dann war er tot. Mein Bruder war tot. Meine Seele brach vor Schmerz! Sie haben ihn zerschnitten und sein Fleisch in ihre Töpfe gelegt. ,Den essen wir hier/ haben sie gesagt, ,ben andern räuchern wir nachher/ Ich zitterte vor Angst, und die Angst gab mir Kraft und lehrte mich, den Weg der Befreiung zu finden. Ich reckte mich und dehnte mich und drehte mich, bis die Liane sich lockerte und mein Mund sie erreichen konnte. Ich biß und biß und — biß sie durch. Ein Ring siel, und der zweite ward locker. Ich biß wieder: meine Brust ward frei. Ich neigte mich und biß — die Liane fiel zu meinen Füßen. Ich reckte und drehte die Hände, die Liane ward länger und locker, sie fiel, und ich loste die Bande an meinen Füßen. Sie haben es nicht bemerkt; denn ihre Seele war ganz bei ihrer schlechten Arbeit. Leise, leise schlich ich fort ins Dickicht hinein, leise, leise fort, und schnell wie eine Antilope lief ich durch den Wald über die Wurzeln und durch die Äste, durch die Bäche und über die Sümpfe, fort, fort gegen Osten. Ich war schon weit gelaufen, als ich die Stimme jener wilden Menschen bellen hörte: ,Er fit uns entlaufen, lauft ihm nach!' Das Rufen ihrer Stimme sagt mir: sie suchen dich; sie kommen dir nach; sie laufen schnell! Doch der Körper des Kindes ist klein und dringt durch den Wald; den großen Manu halten die Äste der Bäume auf. Das Kind ist leicht, und der Sumpf trägt seine Last; der schwere Mann aber sinkt tief ein. Sie haben mich nicht erreicht. Ich kam ans Ende des Waldes dort drüben. Ich hörte die Stimmen deiner Kinder; ich sah dich mit ihnen gut sein, und meine Seele sagte mir: ,Dieser Herr liebt die Kinder; zu ihm gehe ich/ Ich lief zu dir. Jetzt bin ich hier." — Der Neger ist Fatalist; seine Tränen versiegen schnell. Kitibo mußte gefressen werden; er ist also gefressen worden. Daran war nichts zu ändern. Mongwana fand sich bald in der Mission zu Hause. „Mich hat Gott gewollt und mich in sein Dorf geführt", sagte er oft. fr- Vermifdite iladiridrieiL Die katholische Kirche in Afrika. Als vor ungefähr 80 Jahren die Neuzeit- > liche Missionstätigkeit im Dunklen Weltteil einsetzte, zählte man daselbst kaum 100.000 Katholiken. Nach den neuesten Berechnungen ist die Zahl der Eingebornen-Katholiken schon auf zwei Millionen gestiegen. Die katholische Bevölkerung europäischer Herkunft wird auf 300.000 geschätzt. Das Festland samt den Inseln ist augenblicklich in 119 kirchliche Sprengel eingeteilt, nämlich 1 Patriarchat, 2 Erzbistümer, 14 Bistümer, 62 Apostolische Vikariate, 36 Apostolische Präfekturen, 1 Prälatur und 3 einfache Missionen. Am Seelcn-heile der afrikanischen Völker arbeiten rund 2600 Priester, unterstützt von 1000 Laienbrüdern und 5000 Missionsschwestern. Unstreitig das fruchtbarste Missionsgebiet ist Uganda mit 200.000 Katholiken und 60.000 Taufbewerbern. Auch zahlreiche andere Gebiete weisen ein blühendes katholisches Leben auf. Leider hat der Islam, der grimmigste Feind des Christentums, weit mehr Anhänger ge- wonnen und die Protestanten wurden schon zu Rriegsbeginn auf lVi Millionen beziffert. Was auf katholischer Seite das Bekehrnngswerk am meisten hemmt, ist der Priestermangel. Immer wieder klingt aus den Missionsberichten der Schrei nach dem Priester. Verhallt er unge-hört, so werden ganze Völker der Irrlehre anheimfallen. Es ist klar, daß Europa auf die Dauer ganz außerstande ist, so viele apostolische Arbeiter in die Heidenländer zu entsenden, als notwendig wären, um die schnittreife Ernte einzuheimsen. Mit allem Nachdruck hat deswegen der große Missionspapst Benedikt XV. in seinem Missionsrundschreiben vom 30. November 1919 auf die Notwendigkeit der Heranbildung von einheimischen Priestern hingewiesen. In Uganda und anderen fortgeschrittenen Missionen wirken bereits eine kleine Anzahl von Negerpriestern (etwa 50) segensreich am Heile ihrer Volksgenossen. Der Marianhiller Bischof Adalbero Fleischer und andere afrikanische Oberhirten widmen gegenwärtig der Gründung von Instituten und Seminarien für schwarze Priestertumskandi- boten besondere Aufmerksamkeit. In der Schaffung einer bodenständigen, eingeborenen Geistlichkeit erblickt man mit Recht die Hauptmissionsaufgabe der Zukunft. Die Apostolische Delegatur für Südafrika. Am 7. Dezember v. I. hat der Heilige Stuhl eine Apostolische Delegatur (Gesandtschaft) für Südafrika errichtet. Ihr Wirkungskreis erstreckt sich über alle Missionsgebiete im Bereiche der Südafrikanischen Union. Mit dem hohen Amte Erfolgreiche Bekämpfung der Schlafkrankheit. Wiederholt wurde in diesen Blättern auf die schrecklichen Verheerungen hingewiesen, die die Schlafkrankheit in Mittelafrika anrichtet. Die Krankheitserreger werden durch die Stiche der Tsetsefliege auf Menschen und Tiere übertragen, verursachen einen vollständigen Kräftezerfall und schlafähnliche Benommenheit, die stets mit Tod endet. Volksstämme, deren Gebiete von der Schlafkrankheit verseucht sind, Der Weihnachtsbaum auf der Missionsstation Turit. des Apostolischen Delegaten wurde der 1870 geborene holländische Dominikaner I. Gijlswijk betraut. Nach LOjähriger, erfolgreicher Tätigkeit in der Mission Curaoao beauftragte ihn der Apostolische Stuhl, eine Visitationsreise durch die südafrikanischen Missionsfelder zu unternehmen. Die heilige Bischofsweihe empfing er von seinem Landsmann Kardinal van Rossum am 8. Dezember 1922. Am 30. April d. I. ist Msgr. Gijlswijk in Kapstadt angekommen. Durch seine Vertrautheit mit den Verhältnissen wird er einen segensreichen Einfluß auf das Missionswesen in den südafrikanischen Staaten ausüben. können sich nur durch Abwanderung nach gesünderen Gegenden vor dem Untergang retten. Die Angesteckten müssen in Absperrlager gebracht werden. Alle ärztlichen Mittel, die man bisher anwandte, um der gefährlichen Krankheit Einhalt zu gebieten, hatten nicht den gewünschten Erfolg. Nun haben zwei deutsche Ärzte, Dr. Klein und Dr. Fischer, ein wirksames Gegengift gefunden. Bayer 207 heißt das neue Heilmittel. Die englische Regierung gab den beiden Gelehrten die Erlaubnis, zu Bangweolo in Nord-Rhodesia ein Krankenhaus zu errichten. Die Kunst der beiden Ärzte versetzt die Neger in das höchste Erstaunen. Be- währt sich das neue Mittel im großen, so wird das beraubte und geächtete Deutschland der Retter Afrikas und seiner Bewohner. Das Erdbeben in Japan. Bei dem furchtbaren Erdbeben, das am 1. September die japanische Hauptstadt Tokio und die benachbarten Bezirke heimsuchte, wurden Haus und Habe des Apostolischen Delegaten zerstört und das Universitätsgebäude der Jesuiten beschädigt. In Jokohama kamen zwei französische Priester und in Tokio eine französische Schwester ums Leben. Ein schreckliches Schicksal traf das Waisenhaus St. Maurus in Jokohama. Das Gebäude stürzte ein und begrub 10 Schwestern und 20 Kinder unter seinen Trümmern. Der älteste Missionär gestorben. Gewöhnlich erreichen die europäischen Glaubensboten, namentlich in den ungesunden Tropenländern, kein hohes Alter. Doch gibt es Ausnahmen. Am 23. August starb auf der Insel Ceylon der Oblatenmissionär P. Konstantin Chounavel im 99. Lebensjahre. Er war nicht bloß der älteste Missionär, sondern auch der älteste Priester der ganzen katholischen Welt. Durch 71 Jahre wirkte er rastlos auf seinem Missionsfeld, ohne auch nur einmal seine Heimat zu besuchen. Als er 1852 die Reise nach Indien antrat, war die Zahl der Eisenbahnen noch gering. Das Segelschiff, das er in Marseille bestieg, wurde durch Stürme bis nahe an die Küste von Südamerika abgetrieben. Die Seereise bis Madras in Indien währte vier Monate. P. Chounavel war nicht bloß ein seeleneifriger Priester und Missionär, sondern auch ein begabter Maler, Bildhauer, Musiker, Architekt und ein fruchtbarer Schriftsteller. Seiner Feder entstammten 30 Werke. Er arbeitete von 4 Uhr morgens bis 10 Uhr abends, ohne Zeit zu verlieren. Sein Wahlspruch lautete: „Niemandem schaden, allen nützen !" — Ein amerikanischer Oblatenpriester, P. Damasus Dandurand, starb am 13. April 1921 im patriarchalischen Alter von 102 Jahren. Das deutsche Arbeitsfeld in Südafrika. In acht südafrikanischen Gebieten wirken deutsche Glaubensboten. Im Vikariat Marianhill die Marianhiller Missionäre, im Zululand die Benediktiner von St. Ottilien, in Mittelkapland die Palottiner, im Swaziland die Serviten, in Ost-Transvaal die Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu, in Groß-Namaland die Oblaten des hl. Franz von Sales, im Zimbebasien Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria, in Gariep die Priester vom Herzen Jesu. Uhedogen=IIMionsuerein St Pölten. Mit Jahresschluß fand die Neuwahl statt, aus der die Gefertigten als Vorstand hervorgingen. Drei Dinge haben wir uns als Arbeitsziel fürs heurige Jahr gesetzt: Zirkelarbeit, Bibliothek, Presse! Im Zirkel behalten wir die Einteilung in drei Gruppen bei; die erste Gruppe, gebildet von den Herren des 4. Jahrganges, haben zur Bearbeitung: „Praktische Missionstätigkeit in der Seelsorge"; die zweite Gruppe, 3. Jahrgang, behandelt Missionsgeschichte. Missionskunde bildet die Grundlage für die Arbeit der dritten Gruppe (2. und 1. Jahrgang). Unsere Missionsbibliothek, die verhältnismäßig reichhaltig ist, wird heuer neu katalogisiert in der Form eines Zettelkataloges (Autoren- und Sachkatalog nach dem Muster der Anthropos-bibliothek in St. Gabriel). Heuer wurde ferner begonnen, den Missionsgedanken auch durch die Presse zu fördern. Unser Zirkel hat sich die Aufgabe gestellt, unsexe Provinzzeitungen regelmäßig mit Missionsnotizen zu versehen. Zweck derselben ist: Verbreitung und Weckung von Missionsinteresse in weiteren Kreisen sowie engerer Zusammenschluß und Verbindung mit den auswärtigen Mitgliedern. Die Zahl der internen Mitglieder beträgt 28, die der externen 60. Josef Klamminger, Obmann; Karl Raab, 1. Schriftführer; Leopold Schmid, 2. Schriftführer. Durch Sand, Sumpf und Wald. Missionsreisen in Zentralafrika. Von Bischof Franz Xaver Geyer. In diesem prächtigen Reisebuch schildert der hoch-würdigste Verfasser seine vielen interessanten Fahrten und Wanderungen im Schwarzen Erdteil. An 400 Abbildungen zieren das großangelegte, für die Missionsgeschichte der Nilländer bedeutungsvolle Werk. Alle Negerstämme jener weiten Gebiete mit ihren fremdartigen Sitten und Gebräuchen ziehen in buntem Wechsel am Blick des Lesers vorüber. Meisterhafte Schilderungen der afrikanischen Tier- und Pflanzenwelt finden sich auf jeder Seite. Wir empfehlen die Anschaffung dieses Buches allen Missionsfreunden, namentlich den Instituten und Vereinen. Es wolle stets direkt vom „Verlag Herder, Freiburg int Breisgau, Deutschland" bezogen werden. IIMionsrubrife für die Jugend. Von P. Jakob kehr, Rektor. Die Dichtkunst der Schilluk. (Schluß.) Als Ersatz des fehlenden Reimes haben wir im Schilluk die Gegenüberstellung eines Ähnlichen Gedankens gefunden, so daß der zweite Vers den Inhalt des ersten oft nur etwas abgeändert wiedergibt. Dem Mangel einer äußerlich leicht erkennbaren Strophe wird durch verschiedene Mittel begegnet. Angedeutet wurden bereits die Einteilung und Anordnung des Stoffes (Disposition) und die Wiederholung desselben Verses (Kehrvers, Refrain). Es ist sehr häufig die besondere Aufgabe des Kehrvcrses, Klarheit zu bewirken. Der Schillukdichter singt nur für sich und seine Stammesgenossen. Was er weiß, wissen auch sie. Darum wird alles Anwesentliche beiseitegelaffen. Die anderen wissen ja, worum es sich handelt, und so erlaubt sich die Phantasie des Dichters oft ganz gewaltige Sprünge. Solche Auslassungen (Ellipsen) könnten aber trotzdem das Lied unklar machen. Dem Hilst nun der Kehrvers ab, indem er sonst sich verwirrende und verirrende Gedanken teils auseinander-, teils zusammenhält. Der Kehrvers muß jedoch nicht immer eine Strophe abschließen. Läufig leitet er sie ein. Diese Verwendung hat dann etwas Eindringliches an sich. Daher wird sie- auch zu einer Art von Wortmalerei gebraucht, wie in dem Siegeslied gegen die Türken nach dem Kampf bei Atano im Jahre 1890. 1. Ein Rennen iff8, und was ein Nennen! Sie rennen nach Atano. 2. Ein Nennen ist's, und was ein Rennen! Sie rennen wie der Sturm. Ist die Strophe dreiversig, so wird manchmal auch der dritte Vers noch als Kehrvers verwendet. Zum Beispiel in dem Lied an den Stammvater Nyikang, der ja das Volk auf der großen Wanderschaft angeführt hat, fleht nun ein Schilluk um Schutz, bevor er seine Reise antritt: 1. Drücket die Lände nieder zur Erde! Wir grüßen den Wanderer (= Nyikang), Den .Häuptling, den B e r ü ck e r der W a n d r e r. 2. Drücket feie Lände nieder zur Erde! Wir grüßen Nyikango, Den Läuptling, den Berücker der Wandrer. Von dieser Dichtungsart ist nur noch ein Schritt zu einem andern Ausdrucksmittel der Schillukpoesie, nämlich der Amrahmung. Bei dieser Gattung wird eine Strophe oder auch ein ganzes Lied mit demselben Vers angefangen und geschlossen. Im Jahre 1914 starb der langjährige Leiter der Mission in Lul, P. Banholzer. Er wurde wie ein Vater von den Schilluk verehrt. Groß war ihr Schmerz über seinen Tod, groß aber auch ihre Freude, als sie hörten, P. Stang, der viele Jahre in Lul gewirkt hatte, sei zum neuen Obern ernannt worden. Sofort wurde ein Festspiel veranstaltet und ein Festlied gedichtet, das also lautet: 1. Das Spiel geht los — der Nordwind weht. Pater Stang, er ist erwählt. Ein Oberer wie Banholzer; zwei Brüder sind's. Großgezogen im Lause des Lerrn. 2. Pater Stang ist unser Oberer. Das Spiel geht los — die Mädchen kommen. Des Laufes Burschen sind schmuck und flink. Man tanzt mit Lanze und Gewehr. Pater Stang, er ist erwählt, Pater Stang ist unser Oberer. Das Lied zeigt uns aber auch noch ein anderes wichtiges Lilfsmittel der Schillukdicht-kunst, die Verkettung. Die erste Strophe ist an die zweite gekettet durch die Worte: „Das Spiel geht los" und den Vers: „Pater Stang, er ist erwählt". Wir müssen uns auf diese kurzen Andeutungen über Wesen und Form der Dichtkunst bei den Schilluk beschränken. Auf die Art und Weise, wie der Dichter seine Gedanken im einzelnen zur Darstellung bringt (— die sogenannte poetische Diktion), können wir gar nicht eingehen, denn da müßten wir neben der Abersetzung auch die Schillukformen bringen. Indes, etwas sei noch bemerkt. Wir haben im Verlaus dieser kleinen Skizzen manchmal auf die Lieder der Leiligen Schrift zurückgewiesen. Was uns da als weitschweifige Wiederholung bcdünken möchte, ist für den Orientalen ein gefälliges Kunstmittel seiner Poesie. 80 Stern der Neger Heft 10-11-12 x: T^r KmderMciti» ■fl Se JJ IV. Meister Lampe und Frau Lyäne. (Schluß.) Die Schilluk, welche Tanz und Spiel leidenschaftlich lieben, glauben, daß auch die Tiere solche Vergnügungen unter sich veranstalten. Bei einer solchen Gelegenheit geschah es nun, daß aus einem Lasen viele wurden. Droben, über dem Firmament, so erzählen sie, waren wieder einmal Festspiele. Der Adler und die Eule hatten am ersten Tag bereits teilgenommen. Als sie auf die Erde zurückkamen, fanden sie den Lasen, der traurig dasaß. „Le, Freund!" riefen sie, „Warum so kopfhängerisch, da es doch bei uns da droben so lustig zugeht?!" Der Lase wäre nun für sein Leben gern mitgegangen, allein er wußte nicht, wie er da hinaufkommen sollte. Denn so schlau er sonst war, fliegen konnte er eben doch nicht. „Weißt du was," sagten seine Freunde aus der Luft, „du steigst auf unsern Rücken, und wir tragen dich hinauf." — „Topp", sagte der Lase und schlug ein. So ging es denn in Eile hinauf zum Tanz. Allein der Lase machte eine schlechte Figur, und niemand wollte mit ihm tanzen, während der Adler und die Eule immer dabei waren. Das verdroß den Lasen gar sehr. Beschämt kehrte der Lase auf dem Rücken seiner Freunde zur Erde zurück. Als sie ihn am nächsten Morgen wieder abholten, meinte er, sie müßten sich alle mit duftenden Salben einreiben. Er selbst rieb sich mit wohlriechendem Fett ein, seine Freunde aber mit übelriechendem. Der Lase wurde wieder hinaufgetragen wie vorher. Da aber der Adler und die Eule nicht gut rochen, wollte nienmnd mit ihnen tanzen. Jetzt wurde nur noch der Lase begehrt. Das verdroß die beiden anderen so sehr, daß sie sich am Lasen rächen wollten, und sie verließen heimlich den Spielplatz. Der Lase sollte sehen, wie er nun auf die Erde zurückkäme. Der Lase aber tanzte immer fort und fort. Endlich rief er seine Freunde. Indes, so laut er auch schrie: „Adler, lieber Vetter; Eule, liebe Base!" niemand antwortete. Da fing er an zu weinen. Man lachte ihn zwar aus, hatte aber schließlich doch Mitleid mit ihm. Ein findiger Kopf wußte Rat. Mit einer langen, langen Schnur wurden dem Lasen die Füße zusammengebunden. Dann wurde, er langsam hinuntergelassen. Wenn er ganz nahe an der Erde wäre, sollte er einen Ruck machen, damit man losließe. Der Lase täuschte sich jedoch. Er war noch ganz hoch in der Luft, da machte er einen Ruck, aber im nächsten Augenblick sauste er schon mit einem mächtigen Plumps auf die Erde. Armer Lase! Er zerschmetterte sich so sehr, daß er in tausend Stücke flog. Jeder andere wäre mausetot liegen geblieben. Allein der Lase nicht. Jedes Stück wurde wieder lebendig, und so gibt es der Lasen gar viele. Unkraut verdirbt halt nicht! Niemand hätte sich über den Tod des Lasen mehr gefreut als die Lyäne. Denn bald darauf überlistete er sie wiederum. Die Lyäne hatte von dem großen Geist aus Barmherzigkeit eine Kuh erhalten, die bald auch ein Kalb bekam. Das Junge verstand aber nicht recht, an der Mutter zu trinken. Der Lase machte der Lyäne weis, er wolle das Kalb schnell angewöhnen. Er sagte, er brauche bloß „mutsch, mutsch" zu sagen. Jedoch er saugte „mutsch, mutsch" die Milch selbst an der Kuh, und so starb das Kalb vor lauter Lunger. Die Lyäne klagte ihr Leid dem großen Geist, der den Lasen für seine Bosheit züchtigte. Aber der Lase sann auf Rache. Eines Tages sagte er zur Lyäne: „Du, heute gibt es viele Bremsen. Das Wild wird davon rasend. Nimm deine Lanze, und das erste beste, das an dir vorbeirennt, stößt du nieder!" Die Lyäne glaubte es. Der Lase machte nun die Kuh scheu, die wie toll nach Lause lief. Ohne viel Besinnen warf die Lyäne ihre Lanze darauf und tötete so anstatt eines Wildes ihre eigene Kuh. Der Lase aber floh. Nun gab ihr der große Geist ein Schaf, wovon sie und ihre Kinder leben sollten. Der Mensch jedoch fand das Schaf allein auf der Weide, da die Lyäne während des Tages schläft. Er nahm es weg und sperrte es in seinem Lause ein. Darum kommt die Lyäne jede Nacht in die Schillukdörfer, kratzt und scharrt an den Loftürcn und stiehlt Schafe, wo sie nur immer kann. Was sie wegträgt, gehört ihr mit Recht als Gabe vom großen Geist. Zu guter Letzt noch fröhliche Weihnachten vom Onkel Jakob. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Messendorf Nr. IW bei Graz. Verantwortlicher Schrtstletter: Isidor Kronsteiner, Laienbruder, in Messendorf Nr. 102 bei Graz. Universitäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.