Areitag den 8. Hktover 1880. XIX. Jahrgang. Die ^Marburger Zeitung" erscheint jeden Sonntag, Mittwoch und Kreitag. Preise — für Marburg ganzjährig 6 fl., halbjährig 8 fl., vierteljahrig 1 fl. 50 kr.: snr Zustellung ins Hau« monatlich 10 kr. — mit Postversendung: ganzjährig 8 fl.. halbjährig 4 N., vierteljährig Z fl. JnsertionSgebiihr 3 ?r. per Zeile. Vrwttbc «nd Mujtrie im Verhültniß allgtmkilltii Wohlstand. In unfern Völker- und Länderbeschreibungen, ja oft sogar in unsern voltswirthjchastlichen Lehr- und Handbüchern wird, wenn sich bei einem Volke ein bedeutender Grad von industrieller Entwicklung zeigt,. die« meist ohne-weiter« als ein großer wirthschaftlicher Vorzug gepriesen und wohl auch den andern Völkern al» anzustrebendes Ziel empfohlen. Dieses gilt namentlich auch von der englischen Industrie, allein der Enlhusiasmui», der sich für diefes Land so häufig kundgibt, ermäßigt sich sehr, wenn man ernstlich prüft, wie die Industrie auf den allgemeinen Wohlstand und die Zitt-lichkeit eines Volkes wirkt. Der allgemeine Wohlstand wird offenbar durch die Kleingewerbes mehr ge- hoben als durch den Grobbetrieb, und der för» derlichste Zustand des Kleinbetriebes ist der, wenn sich viele Gewerbe derselben Art an einem und demselben Ort kon»entriren und gleichfalls einen Exporteur oder Grobhändler für den Absatz ihrer Waaren heWen, dabei aber eine vollständige Arbeitstbeil«ng durchgeführt haben (wie dieses ^ B. tn Mutzig im Unter-Elsaß und in Steinseifen, Kreis Hirschberg in Schlesien, mit dem Zeugschmied-Gewerbe geschehen ist), so daß Jeder nur denjenigen Artikel als Spezialität fabrizirt, für deffen Herstellung er ein besotideres Geschick besitzt. Diese aus Fabriksbetrieb und Handwerk zusammengesetzte Arbeits-Organisation findet sich in allen englischen Industrie-Zentren, ebenso in den rheinischen und sächsischen; auch in der Nürnberg-Fürther Kurz- und Spielwaaren' Industrie, sowie namentlich auch in der Bleistift- und GlaS'Manufaktur. Die Großindustrie scheint zwar den allgemeinen Wohlstand insoferne zu heben, als sie erstens den Unternehmer bereichert, zweitens den Besitzern von Häufern und Bau-Terrain im Fabriksort felber höhere Mieths- und Kaufpreise gewährt, drittens der landwirthschaftlichen Produktion verstärkten Absatz verschafft und endlich viertens auch die Lebensverhältnisse des Arbeiters in mehrerer Hinsicht besiert. Denn sie gewährt ihm unter Umständen nicht nur höhern Lohn, sondern bei oft geringerer körperlicher Anstrengung auch kürzere Arbeitszeit und ein weit ungebundeneres und freieres Leben als er es in der Landwirthfchaft zu finden pflegt. Es ist deßhalb ganz natürlich, daß die ländlichen Arbeiter, sobald in ihrer Nähe Fabriken entstehen, in denen man sie brauchen kann, denselben in Maffe zuströmen. Da nun durch ihren Abzug zugleich auch die Löhne der in der Landwirthschaft zurückgebliebenen Arbeiter sich erhöhen und diese konsumtionsfähiger machen, so folgt, baß die Großindustrie, inso-lange sie bei mäßiger und schrittweiser Ausdehnung nur diejenigen Arbeitskräste in Anspruch nimmt, die in der Landwirthschaft entbehrlich oder überzählig sind, in der That den allge« meinen Wohlstand hebt und sich für das Ge-mejnwefen vortheilhaft und ersprießlich erweiil. Gatiz anders aber gestaltet sich das Bild, wenn die Ausdehnung der Großindustrie nicht schritt-, sondern stoß- und ruckweise erfolgt, und wie es eben meistens geschieht, zugleich auch ins Uebermaß ausartet. In diefem Falle verwandeln sich alle ihre wirthschaftlichen und sozialen Vortheile in eben so viele Nachtheile und zwar in Nachtheile der schwersten Art. Die übertriebene Konkurrenz schmälert den Gewinn der Unternehmer, die allzustarke Ent» ziehung von Arbeitskräften schädigt die Land^ wirthschaft und zwingt unter Umständen sogar zur Annahme des extensiven Betriebe«, wie dieses im Verlauf der letzten Jahrzehnte in Sachfen thatfächlich der Fall gewesen ifl. Die anfänglich hochgestiegenen Arbeitslöhne können sich auf die Dauer nicht halten, und der starke Zuzug von ausländischem Arbeiter-Proletariat ändert da« Verhältniß der wirklich wohlhabenden und besitzenden Bevölkerung zu der auf der untersten Stufe der Lebenshaltung stehenden Arbeitermasie in fo bedeutender Weise, daß die Wohlhabenheit von der Armuth sörmlich zugedeckt wird, und der allgemeine Wohlstand sinkt. Zur.geschichte des Tages. Der Wiener Gemeinderath hat in einer sehe wichtigen Frage Stellung genommen — gegen die Regierung. Diese Vertretung erklärt sich einstimmig für die Einberufung eines allgemeinen deutsch-österreichischen Parteitages — einstimmig sür jene Politik, welche von der deutschen Partei beantragt wird. Gewinnt dieser Tag an Bedeutung durch die mannhaste Theilnahme der Reichshauptstadt, so wird die Regierung wiedrum zu höherer Machtäußerung sich herausgefordert fühlen und kann der allgemeine deutsch-öster-reichische Parteitag die Entscheidung nur beschleunigen. Die letzte Massenkonfiskation der Wiener Zeitungen hatinderPrefseDeutschland« einen Gedanken zutn lautesten Ausdruck gebracht, den wir dort schon wiederholt, aber in leiseren Ankündigungen begegnet; die Klust zwischen der VersöhnungSpolitik des Ministeriums Taafse und der Bünduißpolitik des Freiherrn von Haymerle ist nun so breit geworden, daß wohl in Kurzem das eine oder das andere System fallen muß. Die französische Regierung hat weit zurückgreifen müssen, bi» in die dunkelste Rüstkammer de« zweiten Kaiserreich«, um eine Verordnung aufzustöbern, mittels welcher eine Massenversammlung sich verbieten läßt, die Herrn Gambetta unangenehm geworden wäre. Allerding« besteht die fragliche Verordnung vom Jahre 16ö2 noch in Kraft; aber daß man dieselbe noch nicht aufgehoben, daß man sie anwendet zu Gunsten des Diktators ... das ist, was die Freunde der Republik in Harnisch bringt. Ii e u i t o »l. Mi Sä»i>tr a» rintm Hrr)tli. Von O. Müller. (Fortsetzung.) Der Mann ist fort; wohin? das weiß nur Der, welcher die Sorge kennt und die Seelenangst, womit die Frau nun fchon fünf' bange Tage und eben so viele schlaflose Nächte seiner Rückkunft entgegensieht! — Die Kinder! Dort auf einem der ärmlichen Lager schlummern Beide so ruhig, als gäbe es beim Erwachen keinen neuen Hunger zu leiden, weil sie sich heute Abend einmal wieder sattgegeffen haben an der herrlichen nahrhasten Suppe, welche ihnen die gute Frau Hauptmännin durch ihre Magd herauf-schickte! Da, beim Gedanken an diefen hilfreichen Engel ihres verlassenen Daseins, läßt die arme Spinnerin plötzlich wie kraftlos den Faden sinken, vor Schreck und Schwäche wird es ihr dunkel vor den Augen, ein halbunterdrückter Schrei entringt sich ihrem schwergeprüften Herzen und die mageren Hände zusammenschlagend, stammelt sie zitternd, ^Matthesl Wo bleibst Du? Wae unternimmst Du, daß Du Dein unglückliches Weib verläßt und heimliche Dinge treibst, wovor mir schon lange in innerster Seele graut? Der barmherzige Himmel bewahre Dich um Deiner unschuldigen Kindsr willen vor bösen Handlungen; denn bald wird ein schweres Gericht ergehen über alle Gottlose«, und wehe dann Dir und mir, wenn der neue Amtmann, wie Vetter Uhl spricht, der rechte Mann wäre, um die Werke der Finsterniß zu zerstören und der im Verborgenen schleichenden Miffethat nachzugehen bis zu ihrer letzten Heimlichkeit!" Sie stand nach diesen Worten vom niederen Schemel auf, da sie'« vor Angst und Beklemmung nicht länger mehr in der gebückten Stellung aushalten konnte, und durchschritt schluchzend, die Schürze vor den Augen, die Stube; vor dem Lager der beiden Kinder blieb sie stehen und betrachtete eine Weile still vor sich hinweinend die Schlafenden. Vorn yuf dem Tische knisterte zuckend da« Flämmchen'der kleinen Oellampe; sonst war e« so stille in dem Zimmer, als zähle in diesem Augenblicke ein mitleidiger Engel unsichtbar die Schläge der drei armen verlassenen Herzen. Und wirklich ist es, wenn auch kein Engel, doch ein guter Mensch, den das Mitleid mit der armen Frau noch spät am Abend hierherführt und der jetzt eben lauschend durch da« von Innen verhangene niedere Fenster in die Stube blickt. „Guten Abend, Bafe Christine, ich bin'«", sagte eine wohltiekannte Stimme und herein trat der alte Amt«diener Michel Uhl in seinem blauen, mit rothem Kragen und Aermelauf-fchlägen besetzten Dienstrock, welcher seiner, vom Alter und den Strapazen de« Kriege« nur wenig gebeugten stattlichen Grenadierfigur mit dem grauen Schnauzbart und den dichtduschigen weißen Augenbrauen ein noch ehrsurchtgebieten-dere« Aussehen verlieh, als es das Bewußtsein seiner Amtswürde ohnedies schon seinem ganzen Wesen aufprägte. Demungeachtet war Michel Uhl mit seiner martialischen Erscheinung ein seelenguter Mensch, weichherzig wie ein Kind, und hatte, wie oft nicht schon, den strengen Befehlen des verstorbenen Amtmann« hinter deffen Rücken, aus feine eigene Gesahr hin, die mildeste Auslegung gegeben. Manchen Unfchuldigen, der wochenlang bei Wasser und Brot im Thurm schmachtete, entließ der gute Michel schon nach einigen Tage,» heimlich der harten Hast; bei Auspfändungen und Exekutionen schonte er der lieben Armuth so viel ihm möglich war, und hatte fast immer das eine, oft sogar beide Augen zu, wenn er dadurch ein nnter gesetzlichen Scheingründen erlassenes ungerechtes Mandat umgehen, oder es dem davon Betroffenen weniger fühlbar machen konnte. Vermijchte Zlachrichten. (Erinnerung an Kaiser Joseph.) Ueber die Kaiser-Ioseph-Feier in Waidhosen an der Abb« schreibt ein Berichterstatter der ^N. Fr. Presse": „Es war ein glücklicher Gedanke, daß die Stadt Waidhofen bei der heurigen Gedenkfeier zur Erinnerung an den Regierung«' antritt Joseph'« II. sich in die erste Reihe stellte. Nepräsentirt ja die Stadt an der grünen 9)bbs mit ihren alterthitmlichen Bauten ein be-redtes Stück österreichischer und deutscher Geschichte. Der jahrhundertlange Kampf Waidhofens um seine Emanzipation von dem bayrischen Bisthume Freiftngen ist gerade unter Kaiser Joseph II. zu Gunsten, der Stadt auagetragen worden. Das Kreuz über dem liegenden Halbmonde auf der Spitze des Sladtthnrme« erinnert an die Kämpfe mit den Türken, welche bei der Belagerung Wiens durch Soliman II. im Jahre 1K29 und durch Kara Mustapha 1633 auch der alten Eisenstadt einen unerwar-teten Besuch abstatteten. In den Kirchen begegnen wir Reminiszenzen an das Zeitalter der Reformation und an die erbitterten Religionskämpfe, welche einen Theil der arbeitsamen protestantischen Bevölkerung zur Auswanderung bewogen. So mahnt denn jeder Schritt in dem lieblichen Thalkeffel, welchen die Ubbs durchzieht, an vergangene Zeiten aus der vaterländischen Geschichte, nnd die ländliche Bevölkerung — welche für die Vergangenheit durch die sich fortpflanzenven Traditionen ein besseres Gedächtniß zu haben schein^ als die in den groben Städten — hält noch heute das An-denken Kaiser Joseph's II. in Ehren, indem ee nie und nimmer vergibt, daß er die Leibeigenschaft aufgehoben und dem arg geknechteten Bauernstande ein menschenwürdiges Dasein sicherte. So pilgerte denn auch eine bedeutende Anzahl Bauern ans Nah und Fern nach Waidhofen, um den Manen des großen Kaisers den Tribut der Dankbarkeit zu zollen. Die Stadt selbst hatte sich prachtig geschmückt, von allen Dächern wehten schwarz-gelbe und roth-weiße Fahnen, zwischen denen auch hie und da schwarz» roth'goldene hervorlugten, als wollten sie den Gästen in Erinnerung bringen, daß Kaiser Joseph ein deutscher Kaiser gewesen sei, wenn auch der damalige Zug der Kleinstaaterei dem deutschen Kaiser viel von dem ehemaligen Prestige geraubt hatte. Nachdem Vormittags die landwirthschastliche Ausstellung eröffnet worden war, versammelten sich die herzlich begrüßten Gäsje mit den städtischen und auswärtigen Korporationen, Bürgerkorps, Turn-, Veteranen-, Schützen-, Gesang- und landwirthschaftlichen Vereinen vor dem Gemeindehause und zogen unter Püllerschüsien mit Musikbegleitung zu Laner's Gasthaus, in welchem ein großer Saal Auch die arme Wollspinnerin Ehristine und ihre beiden Kinder hatten an dem würdigen Veteran einen rechten Freund in der Roth gefunden; und war auch der Verwandtschaftsgrad zwischen Beiden ein so entfernter, daß er kaum noch als solcher gelten konnte, so hatte dafür das traurige Schicksal der armen ,^Bergchristel", wie man sie wegen ihres auf dem Berge gelegenen Häuschens nannte, zwischen ihr und dem Amtsdiener ein so nahes und herzliches Ver-hältniß gegründet, daß der alte Uhl, wäre nur sonst Alles aus dem Berge /^richtig" gewesen, gewiß keinen Tag versäumt hätte, bei seiner lieben Base vorzusprechen und sich ihrer und ihrer Klndsr durch Rath und That als rechtschaffener „Befreundeter" hilfreich anzunehmen. So aber wußte alle Welt, daß er dort nur an solchen Tagen erschien, wo er sicher war, den Matthes Bork nicht zu Hause anzutreffen, mit dem er schon seit Jahr und Tag, was gleichfalls stadtkundig war, wegen dessen Aufführung gegen sein treffliches Weib und seines auch sonst höchst unordentlichen Lebenswandels halber ganz und gar auseinandergekommen war, so daß er ihn mied wie der Gute den Bösen, sowohl um seiner selbst wie um der arme» Frau willen. Auch heute hatte er die Abwesenheit Bork's vom Hause benutzt, um Christinen auf ein zu dem Feste sehr geschmackvoll hergerichtet war. Inmitten von exotischen Gewächsen erl»ol> sich die Büste Kaiser Joseph's II. An den mit Draperien geschmückten Wanden prangten, von Reisig umrahmt, Denkjprüche des großen Kaisers, vor Allem der bekannte Ausspruch: .^Mein größtes Glück wäre es, über freie Männer zu gebieten" zc. Bürgern»eister Paul hob in seiner Begrüßungsrede hervor, daß die Stadt Waidhofen stels ihrem deutschen Cha» rakter treu bleiben und jederzeit die Gelegenheit wahrnehmen werde, um da« Deutschthum zu kräftigen. Die Fesirede des Prosessors Ruff bot ein Bild des Wirkens Kaiser Joseph's II im Dienste der Humanität und de« Fortschritts. Die Verdienste um den Bauernstanv, Hebung der Schule, Justiz und Kolonisation, Abschaffung zahlreicher Mchbräuche auf dem Gebiete der Verwaltung und Förderung des Handels wurden eindringlich betont. Demonstrativen Beifall fand die Erwähnung der Verdienste um die Einigung des Reiches zu einem einheitlichen, mächtigen, von deutschem Geiste und deutscher Kultur beseelten Oesterreich, in welchem die deutsche Sprache als Reichssprache dienen sollte." (ZurRegulirung der Grundsteuer in der Steiermark.) Die steiermärkische Landeskommission empfiehlt der Zentralkommission zur Erwägung: „daß, wenn der auf ganz irrigen Natural- und GeldertragS-Attsätzen erhobene, gegen die SchätzungS-Ziffern in allen Übrigen Ländern zusammen um 73Perzent höher ausgemittelte Rein-Ertrag in Steiermark als Grundlage der für diefes Land zu bestim-Menden Grundsteuer-Quote angenommen wird, die Existenz der dortigen Grundbesitzer untergraben würde, daß daher der Rein-Ertrag für Steiermark mit jenem in anderen Gebirgs-ländern in ein richtiges Verhäliniß zu bringen sei". Zugleich wurde aus dem gleichen Grunde um Erweiterung der Reklamationsfrist ersucht. Diese Manifestation der Landes-Kommifsion ist begleitet von Petitionen einzelner lokaler Vertretungen in derselben Angelegenheit. So führt die Bezirksvertretung Leoben in einer Vorstellung an das Finanzministerium und an die Zentralkommission aus; „Der gefammte Nein-Grtrag des in Kultur stehenden Bodens der österreichischen Monarchie wird nach den pro-ponirten Ziffern der länderweisen Ab- und Einschätzung mit Einschluß des Königreichs Galizien, in welchem so große, früher ganz unbesteuerte Grundflächen neu zugezogen wurden, um 19 8 Perzent höher, mit Ausschluß von Galizien aber nur um 15 4 Perzent höher taxirt als uach dem bisher der Besteuerung zu Grunde gelegten Kataster» Der Rein-Ertrag für Steiermark allein wurde jedoch um 698 Perzent höher, sür Böhmen z. B. nur um 0 27 Perzent und sür an Steiermark grenzende, unter ganz ähnlichen Stündchen zu besuchen. Denn als ihr einziger Vertrauter wußte er nicht nur, was sie von ihrem jähzornigen Manne Alles zu leiden hatte; er wußte auch, ohne daß sie ihn in diese letzte schwarze Sorge ihres Herzens hatte blicken lassen, in welcher Angst sie ihres Mannes wegen neuerdings lebte, da MattheS nicht selteu mehrere Tage hintereinander vom Hause wegblieb und in den benachbarten Orten ganze Nächte hindurch mit Anderen seines Gleichen in den Wirthshäusern zechte und kartete; während seine Frau daheim am Hungerfaden spann und doch oft nicht das trockene Brot sür sich und ihre Kinder erschwingen konnte, geschweige denn das Bischen Salz und Schmalz zur nährenden warmen Suppe. „Nun wie steht's, Christel?" redete sie der Alte, nachdem er sich auf der Bant hinter'm Tische niedergelaffen hatte, gütig an und betrachtete voll Thellnahme baid die blaffe Frau, bald die große Anzahl voller Spulen auf dem Tische. „Die Kinder schlafen und Dir thäte Nuhe glelchsalls noth; denn ich sehe, Du Host Dich heute wieder mal über Deine Kräste hinaus abgearbeitet und Deine Augen sind obendrein roth vom vielen Weinen; gelt. Dein Mann ist noch iistmer nicht zurück, und die Uhr, die ihm der Herr Stadtschreiber schon vor drei Wochen natürlichen Verhältnissen liegende andere Alpen-länder: Oderösterreich nur um 39 S Perz«-«!, Kärnten um 37 8 Perzent. Salzburg um 25 4 Perzent höher, sür Krain sogar um 14 Perzent und für Tirol um 53 Perzent niedriger eingeschätzt. Wenn schon diese Ziffern Bedenken gegen die Gleichartigkeit der Einschätzung rege machen müffen, so erscheint es vollends unlie, greiflich, wenn das Land Steiermark von dem nach den SchätzungStarisen vorausgesetzten Mehr-Ertrage (von 20 Millionen mit Ausschluß von Galizien) nahe an öV« Millionen, also 275 Perzent zugewiesen erhält, während es doch nur 7 5 Perzent der gesammten österreichischen Kulturfläche und darunter die Hälfte Waldungen enthält." Es scheinen hier in der That verhängnitz-volle Jrrthümer in den Berechnungen vorzuliegen, da es nicht bekannt ist, daß Steiermark bisher irgendwie oder wohl gar in so hohem Grade bezüglich der Grundsteuer-Belastung gegenüber anderen Kronländern begünstigt gewesen. (Zur Vertretung vor dem Strafgerichte.) Der Kaufmann Ignaz Mendel hatte gegen den bekannten Großhändler Jofeph Pfeifer Ritter v. Hochwalden und den Necht«. aliwalt desselben, den Advokaten Dr. Postl, einen Ehrenbeleidigungsprozeß angestrengt, weil ihm in einer Satzschrist unehrenhaste Handlungen zum Vorwurfe gemacht worden waren. Dr. Postl bestritt die Absicht zu beleidigen, während deffen Klient sich zur Erbringung des Wahrheitsbeweises anbot. Es kam während der Verhandlung zu allerlei Rekriminationen zwischen dem Privatkläger und Pfeifer und die Debatte nahm einen recht unerquicklichen Charakter an. Der Privatkläger stellte wiederholt Anträge, die durch den Richter zurückgewiesen werden mußten. Da gleichwohl der Privatkläger immer neue Antrüge stellte, verkündete der Richter folgenden Gerichtsbeschluß: „Ich vertage die Verhandlung und weise den Prioatkläger an, sich bei der nächsten Verhandlung eines Rechts-beistände» zu bedienen. Sollte er zur fortgesetzten Verhandlung ohne Rechtsbeistand erscheinen, müßte ich ihn als von der Anklage zurückgetreten betrachten." Dieser Gerichtsbeschluß stützt stch nach der Anschauung des Richters auf den zweiten Absatz des § 50 der Strafprozeß-Ordnung, welcher lautet: „Das Gericht kann, wenn es ihm angemessen erfcheint, dem vom Gerichtsorte abwesenden Privatkläger oder Privatbetheiligten die Namhastmachung eines daselbst wohnenden Bevollmächtigten austragen und den Einen wie den Andern anweisen, stch eines Rechtsbeistandes aus der Zahl der in die Vertheidiger-Lisle Eingetragenen zu bedienen." (Naturwein und Kunstwein.) Außer dem Gesetze, „betreffend die Erzeugung und den Verkauf weinähnlicher Getränke^, publi^irte heute das Reichsgesetzblatt auch eine hiezü ge- zur Reparatur gegeben hat, liegt noch unan» gerührt im Kasten?* „Unser Herrgott mag wissen, wo er sich wieder herumtreibt!" seufzte Christine und zwang stch, dem einzigen Menschen in der Welt, dem sie sonst ihr ganzes Vertrauen schenkte, die innere Angsi und Unruhe zu verbergen, welche ihr das lange Ausbleiben ihres Mannes verursachte, indem sie zögernd, als sei dies ihre alleiniae Sorge, hinzusetzte: „Wenn ich nur das Herz hätte, zum Herrn Stadtschreib^r hinunterzugehen und ihn noch um einige Tage Geduld zu bitten!" „Es ist eine Echand', wie der Matthes sich sein bischen Kundschaft durch seinen lüderlichen Lebenswandel verdirbt!" sagte der Atte un-muthsvoll. „Könnte mit seiner geschickten Hand bei Fleiß und Ordnung einen so schönen Verdienst haben; aber statt dessen streicht er wie ein rechter Tagdieb im Lande herum, hat immex neue Projekte im Kopse, hält sich zu allerhand nichtsnutzigem Volke, reparirt den Wilddieben ihre Flintenschlösser und prahlt bei betrunkenen Bauern in den Wirthshäusern, er könne so gut DreibäKner und Sechsbätzner schlagen wle der Landesherr, und der Steuererheber selbst sollte die nachgemachten nicht von den echten unterscheiden." „Wenn der Matthes angetrunken ist, weiß hörige Durchfl^hrungS-Verordnung der Mini-sterien de» Innern, der Finanzen, de« Handel« und de» Ackerbanes. Der Inhalt dieser Ver-ordnmig bietet fttr die Wein-Produzeiiten wie Konsumenten Interesse. „Naturwein" wird dariu folgender Weise definirt: „durch die alkoholische Gährung des Traudensasles gewonne»ier und allenfalls nur zur Verbesserung seiner Qualität oder zur Erzielung gröberer Dauerhastixikeit behandelter Wein." Im Gegensätze hiezu wird unterschieden zwischen „weinähnlichen" Erzeugnissen (Kuns^wein) und „meinhältigen" Erzeug' Nissen lHalbwein). In der Verordnung ftnr>en auch diese Erzeugnisse ihre Definition. „Kunst-weine" werden hergestellt ohne Trauliensaft aus einer den Wein nachahmenden Mischung ver' schiedener Stoffe (Wasser, Meingeist, Glyzerin, Zucker, Weinstein, Oenanth-Aether n. !. w.), „Halbweine" dagegen durch künstliche Vermehrung des Moste« oder Naturweines mittelst Hinzuft'lgung von Wasser und andern zur Herstellung de« Weingeschmackes in der vermehrten Flüssigkeit dienlichen Stoffen (Zucker, Glyzerin, Weingeist u. s. w.), oder in gleicher Weise aus den Trestern der bereits zur Most'Erzeugung verwendeten Trauben oder aus Weingeläger gewonnen. Hieher gehören insbesondere jene Erzeugnisse, welche durch da« sogenannte Gal-listren (Verdünnung des Mostes mittelst Wasser und Zusatz von Alkohol oder Zucker) oder durch Petiotistren (Nufgießen und Gährenlassen von Zuckerwaffer aus den Trauben'Rttckständen nach Ablassung des Mostes oder Auslaugung dieser Rückstände durch verdünnten Alkohol) hergestellt werden. Die Erzeugung von Kunst, oder Halbweinen wird nunmehr ausdrücklich als ein der Konzessionirung bedürfendes Gewerbe erklärt und muß bei dem Gesuche um die Erlangung einer solchen Konzession gleichzeitig da« dead« fichtigte Versahren zur Erzeugung de« Kunst« oder Halbwtine« vom Konzessionswerber dargelegt, seitens der Gewerbe-Behörde in sanitätS' polizeilicher Beziehung als unbedenklich erkannt und die Betriebsstätte der sanitätepolizeilichen Aussicht stets zugänglich gehalten werl>en. Kunst-und Halbweine dürfen unter einer für Wein üblichen Bezeichnung weder angekündigt, noch seilgeboten, verkaust oder ausgeschenkt werden. Als eine für Wein übliche Bezeichnung wird insbesondere jene anzusehen sein, welche ganz allgemein gehalten ist (wie z. B. „Tischwein" oder die Bezeichnung lediglich durch eine.Jahreszahl), oder welche die Herkunst des Getränkes aus einer mehr oder minder bestimmten Gegend oder Lage (z. B. „Gebirgswein", oder nach einem Lande oder Orte) oder eine besondere Qualität des Getränkes (z. L. ^Schiller", ^Rothwein", ^Dessertwein"' u. s. w.) angibt, ohne zugleich durch einen entsprechenden Zusatz die etwaige Eigenschaft des Getränkes als er nicht, wa« er thut", sagte Christine mit hörbar zitternder Stimme. „Dummes Gerede und gesährliches obendrein bleibt's aber doch", entgegnete Uhl voll Mitleid mit dem Schicksal der armen Frau. „Drüben »m Amerika, wo'« vielleicht alle hundert Stund nur ein Amtsgericht gibt, konnte er so was wohl sagen; bei uns aber, wo auf jeder Ofenbank ein Heimlicher hockt, ein Aufpasser und Zuträger, sollt' er dergleichen Ge-sch^ÜK unterwegs lassen. Denkt doch gleich Mancher bei stch. Dem wär's schon zuzutrauen; denn welcher rechtschaffene Handwerksmann wird sich seiner Geschicklichkeit in Sachen rUhmen, worauf im Gesetzbuch lebenslängliches Eisen — wo nicht gar noch Schlimmeres gesetzt iftl" „Ach, Vetter Michel, Er redet mir die kalte Todesangst ins Her^ mit Seinen Worten l^^ stammelte Christine, u^d der verstörte Blick, die Leichenblässe in ihren Zügen, womit ste, die ^änve in ihren Schoob zusammengepreßt, vor slch hin auf den Fußboden starrte, verrtethen dem Alten nur zu deutlich, welchem längstgehegten furchtbaren Gedanken ihrer Seele er damit Worte und Ausdruck verliehen hatte. Ste zu trösten, sagte er daher nach einer Pause: „Der Matthe« ist eben auch, wie mancher Andere, halb durch eigene Schuld, hald durch Kunst- oder Halbwein anzuzeigen. Die behördlichen Organe können in den ih^er Aussicht ulUerliegenden Verkaufs-Lokalen gegen Ent« richtung des entsprechenden Kunf^ oder Schank-preises Weine, Kunst- und Halbweine sich ausfolgen lassen, haben dieselben sofort im Beisein des Verkäufers oder eines geeigneten Stellver' treters mit ihrem Amtsstegel zu verschließen nnd mit einer entsprechenden Relation der Behörde zur weitern Neranlßter Auswahl stets im Lokale am Burgplatz und im eigenen Hause, empfiehlt achtungsvoll 1078) _ Fleischermeister. SS»«sv«rlL»«t Das Haus Nr. 39 in der Kärntnerstraße zu Marburg, 1 Stock hoch, mit 12 WohnungS-pieeen, ganz neu hergerichtet, ist unter annehmbaren Bedingungen sogleich zu verkaufen. Auch ist daselbst eine sehr freundliche Wohnung mit 3 Zimmern, Küche, Holzlage und Keller zu vermiethen. Gefällige Anfragen im AushilfSkasse-Berein zu Marburg. (1113 Eine Wohnung, 3 Zimmer, Küche, Speis, Keller, Boden und Garteuantheil — ist vom 1. November zu beziehen. Anfrage; Wielandgasse Nr. 8. 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Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser großen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet 1 xsv-vH Original'Looß nur 6 oder A'/, L. lvwrtsl „ „ „1'/. „ goVr.^ Alle Aufträgt werden sotort gegen löivseuäuQx, ?0>tviQekdwv^ vÄvr N»odv»kw« ävs Lotrsxvi mit der größten Eorgfalt ausgeführt und erhält Jeder-mann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Orj^ual-I^ooss selbst in Händen. Den Bestellll>gen werdm die erforderlichen amt-lichen Pläne gratis beigefügt, auS welchen sowohl die Eintheilung der Gewinne auf die resp. Llassen, als auch die betreffenden Einlagen zu ersehen sind und senden wir nach jeder Ziehung unseren Interessenten unauf gefordert amtliche Listen. Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets promp uvtor Ltsutv-Üsrantiv und kann durch direkte Zu sendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen größeren Plätzen Oester reich'S veranlaßt werden. Unsere Collecte war stet» vom Glücke besondert liegünstigt und haben wir unseren Interessenten oft-malS die größten Tresser ausbezahlt, u. a. solche von Mark 2St).WV, ttS.lXW, tSU.VW, IVV.WV 80.00V, SV.WV, 4«.000 n. Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der go ii6e»tvi» vttsl» gegründeten Unternehmen überall au eine sehr rege Betheilignng mit Bestimmtheit gerechne werden, und bitten wir daher, nm alle Aufträge aus führen zu können, unS die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem S9. Vlitvdvr «l. zukommen zi lassen. ksukwail» üi 8jiuv»» Aank- uud WechselgeschSst in Hamborg, Lil»- ullä Vvrilkuk »Ilsr ^rtsa LtkstsodlixationsQ Ullä ^vlstisllsloois. p. 8. Wir danken hierdurch für das unS seither ge schenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Berloosnng zur Betheiligung einladen, wer« den wir ttnS auch fernerhin bestreben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufrieden heit uuserer geehrten Interessenten zu erlangen. 1114) I». «. z ________ist AU »erautvoitliche »edakiion, Druck n«d Verlag vo» Eduard Sanschitz in Marburg. Keller auf 30 Startin ist z« vermiithin in der Postgasse Nr^ 4> ««»,» «