item cjerisleger ZEITSCHRIFT DER MISSIONARE SÖHNE DES HLST. HERZENS JESU Juli / August 1965 Jährlicher Bezugspreis: DM 3.— S. 15 Lire 500 Einzahlung: Missionshaus Josefstal Postscheckkonto Stuttgart 540 66 Scheckkonto 862 11 Stern der Neger Herz-Jesu-Missionshaus Milland Bressanone/Brixen C. C. P. 14 7392 Trento Bestellung: Missionshaus Josef stal 709 Ellwangen/Jagst Postfach 28 — Missionshaus Maria Fatima Unterpremstätten bei Graz — Herz-Jesu-Missionshaus Milland Brixen Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionare Söhne des Hist. Herzens Jesu Eli wangen/Jagst Josefstal Schriftleitung: P. Udo Baumüller MFSC Missionsseminar St. Josef 719 Eil wangen/Jagst Postfach 28 Drude : Schwabenverlag AG Zweigniederlassung Ellwangen/Jagst Mit kirchl. Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern Unsere Bilder: Fides 6; dpa 2; Anthony 2; Patzelt 2; Steger 2; Klose 1; Wellen-zohn 1. ln der Stadtmitte von Johannesburg unternimmt die Stadtverwaltung den Bau einer turmartigen Sammelgarage, die in 14 Stockwerken gleichzeitig 400 Autos unterbringen kann, die in drei Aufzügen befördert werden. Es war bisher fast unmöglich, im Zentrum der Stadt ein Auto zu parken. In 20 Jahren hat sich die Ele-fanten-Bevölkerung des Krüger-Nationalparks verdoppelt. Ein Luftüberblick ergab 2370 Elefanten, doch mögen etwa 100 Tiere bei der Zählung übersehen worden sein. Die Luftschau scheint auch zu beweisen, daß die Elefanten die menschlichen Besucher nicht gerne sehen, denn die größte Ansammlung der Das wertvollste Geschenk seines Lebens erhielt der zehnjährige Samson Nkosi aus Südafrika. Der seit Jahren völlig erblindete junge Bantu kann jetzt wieder sehen — durch die Augen eines Weißen. Der weiße Südafrikaner hat kurz vor seinem Tod den Wunsch geäußert, daß die Hornhaut seiner Augen für die Heilung Samson Nkosis verwendet würde. Herden findet sich in einem nördlichen Dreieck ohne Wege und Einfriedungen. Eine schwierige Frage werfen jene Herden auf, die zwischen dem Park in Transvaal und dem östlich angrenzenden Gebiet von Mocambique hinüber und herüber wechseln. Die Parkverwaltung strebt einen Weg an, diese unpolitische Wanderung der Herden zu unterbinden. Letztes Jahr wurden 35 Elefanten abgeschossen, um Leben und Besitztum zu schützen. Im Meer bei Durban wurdenj drei Schwertfische von je über! fünf Mièter Länge gefangen. Das Fangboot von 4,8 Meter Länge! erlitt dabei erheblichen Schaden. Eine schmutzige Sache Ein großes Fragezeichen steht über Südostasien, über Vietnam, §0 die Botschaft politischer Propheten einen Krieg herpufbe-schworen hat, der bis an die Jauern der Hauptstadt Saigon brandet. Jahrelang führte hier ein christlicher Staatspräsident den Kampf gegen die Vietkong, die das Land den Heilslehren von Karl Marx, Stalin und Maos unterwerfen wollen. Die weltweite Auseinandersetzung zwischen Ost und West schien sich hier zu einem direkten Kampf zu entwickeln zwischen Kommunismus und Christentum. 1963 traten auch die Anhänger Buddhas gegen das Regime des Präsidenten Diem auf, das sie der Intolleranz und der .Diktatur Itwa 15 km außerhalb von Saigon liegt das kleine katholische Dort Luong Hoa. tietkong-Rebellen kontrollieren dieses Gebiet. Es ist den Rebellen bisher noch licht gelungen, das Dort einzunehmen. Amerikanische Flugzeuge, im Volksfeind Reisbomber genannt, versorgen seit kurzem die Bevölkerung aus der Luft. bezichtigten. Das Regime Diem ist längst gestürzt und mittlerweile auch viele andere. Waren auch sie intollerant, buddhistenfeindlich? Wohl kaum. Heute weiß jeder, daß viele buddhistische Klöster kommunistisch unterwandert sind. Der Kampf gegen die Vietkong geht weiter mit einer Verbissenheit und Absolutheit, mit all den' sich daraus ergebenden Brutalitäten asiatischer Grausamkeit. Es steht fest, daß die Christen in Vietnam eine weitaus größere Last dieses schmutzigen Krieges tragen, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung, nicht viel mehr als 10 Prozent, entspricht. In der Nähe von Saigon gibt es eine riesige Flüchtlingssiedlung, in der nicht weniger als 54 Kirchen stehen. Die zahlreichen Pfarrgemeinden sind geschlossen nach dem Süden geflüchtet und keine wollte auf ihre eigene Kirche verzichten. Doch wohnt hier nicht immer der Geist der Milde. Aus der Stimme mancher Priester sprechen die Verzweiflung und ein kaum noch verhohlener Aufruf zum Kampf mit der Waffe in der Hand. „Die Vietkong sind dieselbe Sorte von Kommunisten, die ich von China her kenne," sagt Pater Raimond de Vevre. „Die beste Waffe gegen sie sind die strate- gischen Dörfer und die besten Kämpfer sind die Katholiken, denn die Katholiken kämpfen für die Freiheit der Religion und die Freiheit von Vietnam. Bitte vergeßt sie nicht und betet für sie!" Die strategischen Dörfer, von . denen der streitbare Pater sprach, befestigte Siedlungen,an deren Eingang mit Ausweisen und Erkennungsmarken eine strenge Kontrolle ausgeübt wird, haben sich tatsächlich als ein wirksames Mittel erwiesen, um die drangsalierte und in Furcht und Schrecken lebende Landbevölkerung vor dem Zugriff der kommunistischen Gorillas zu schützen und gleichzeitig zu Die einstigen Flüchtlinge aus Nordvietnam verrichten tat S0den jede Art von Arbeit, um Ihren Lebensunterhalt ru verdienen. Hier sind Mann und Frau in einer Arbeitsgemeinschaft mit Flechtwerk beschäftigt. Verhindern, daß sie sich in den Dienst der Vietkong pressen läßt, [s ist nur natürlich, daß vor jjllem die Christen in diesen Dörfern Zuflucht suchen, denn sie haben mehr zu befürchten ials Buddhisten und Anhänger des konfutianischen Ahnenkults, lange Zeit galt dieses Land als eines der aussichtsreichsten Missionsgebiete. In Burma oder Indien gibt es nicht mehr als drei Prozent Christen. In Vietnam sind es immerhin zehn Prozent. Das katholische Schulsystem reicht bis hinauf zu einer Universität und anders als in so vielen Ländern der Erde sind die Priesterseminare überfüllt :ind kennen die Orden keine Nachwuchssorgen. Das alles ist jetzt aufs äußerste bedroht. Die Arbeit auf den Feldern, wie in Itjer Mission, geht nur unter dem Schutz bewaffneter Posten weiter, denn die Vietkong sind iberall und nirgends. Plötzlich feilen von irgendwoher Schüsse. Die Bauern hasten zurück hinter den schützenden Stacheldraht. Der Kommandant alarmiert den nächsten Armeeposten. Wieder einmal steht ein Überfall bevor. Nicht immer ist die Armee rasch zur Stelle und nicht selten kommt sie zu spät. Sind die strategischen Dörfer ein Sinnbild für die Lage des Christentums in diesem Teil der Welt? Eingedeichte Inseln beim nerannahen der Flut? Einge-igelte Stützpunkte auf verlorenem Posten? Erste Stätten eines neuen Katakombenchristentums? Noch trotzen die Kirchen dem Sturm, wie Wehrkirchen in Europa zur Zeit der Türken-Iriege. über dem Portal tragen de lateinisch die Inschrift: „Das peuz bleibt stehen, solange die Ende sich dreht!*. Hl. Kommunion im Rebellengefängnis Erlebnisbericht einer Veroneser Schwester Die Erinnerung an die gefahrvolle und schwierige Zeit unter den „Simbarebellen" im Kongo läßt mich jedesmal erzittern, wenn ich einen Priester den Tabernakel öffnen sehe. 2. November 1964: 15 Tage waren schon vorübergegangen, seitdem unsere Patres plötzlich von der Missionsstation weggeführt wurden. Die eintreffenden Nachrichten, daß die „Simbas" fortwährend Gefechte verloren, gaben uns eine kleine Hoffnung auf die Rückkehr unserer Patres. Der kleinen Kapelle in der Pfarrei galt unser besonderes Augenmerk, denn dort standen zwei Speisekelche mit konse-krierten Hostien im Tabernakel. Was würden wohl die „Simbas" dem heiligsten Sakrament antun, nachdem sie schon das Altarlinnen als Handtuch verwendeten und sich selbst mit den Meßgewändern bekleideten, um ein teuflisches Spiel zu treiben. Ich entschloß mich, durch einen Eingeborenen einen Brief an den Bischof zu senden. Die Antwort kam; ein sehr väterlicher Brief. Der Bischof drückte seine Genugtuung über die Nachrichten aus, die ich ihm zukommen ließ. Er ermächtigte mich, die heilige Kommunion an die Schwestern auszuteilen und dabei alle Hostien zu verzehren, die auf der Missionsstation zurückgelassen wurden. Gegen Abend ging ich mit Schwester Emiliana zur Kapelle. Als wir das Priesterhaus erreichten, begegneten wir einem Haufen „Simbas", die von einem verlorenen Gefecht zurückkehrten. Als wir ihre Wut sahen, ließen wir für heute davon ab, das Allerheiligste zu holen. Bei der Dämmerung am nächsten Morgen waren wir mehr begünstigt. Meine Hand zitterte, als ich versuchte, die Tabernakeltüre zu öffnen. Es mußte das Geräusch der Simbawagen außen auf der Straße gewesen sein, das mich zur Eile antrieb. Ich ergriff das Allerheiligste mit Ehrfurcht, hüllte es in ein Korporale und dann verließen wir eilig die Kapelle. Wir schlugen den nächsten Weg ein, um jede Gefahr zu vermeiden. Zu Hause warteten die Schwestern furchtsam. Der Hausaltar war hergerichtet. Zitternd deckte ich den Kelch ab und kniete andächtig nieder. Tränen rollten über meine Wangen. Ich dachte einen kurzen Moment an unsere in Wamba inhaftierten Patres. Dann nahm ich die heilige Hostie zwischen meine Finger und legte sie auf die Zungen meiner Schwestern. Der Leib Christi... Der Leib Christi... Ich hatte die heilige Handlung am folgenden Tag zu wiederholen, da die „Simbas* fortlaufend ihre Gefechte verloren und ihre Besuche auf der Missionsstation immer häufiger und bedrohlicher wurden. legte ihnen- die heilige Hostie auf die Zunge. Ich dachte an den heiligen Tarcisius und die Katakomben des alten Rom. Gerade als ich aufhörte, um den Patres den gleichen Trost zu bringen, führten sie mich zu einer spanischen Schwester namens Mutter Alacoque, die durčh einen Schlag-mit dem Gewehrkolben über ihren Brustkorb verwundet in der Ecke lag. Sie konnte nicht mehr gehen. Ich kniete mich neben sie, während die andern sich um uns scharten und uns abdeckten. Dann gab ich ihr die heilige Hostie. Mit einer Flasche Kaffee und einigen Eßwaren ^ und dem unter meinem Mantel verborgenen Heiligsten Sakrament fuhr ich fort, die Patres zu besuchen. Wie üblich wurde ich von Wachen begleitet. Die Patres begegneten mir mit großer Verwunderung. Ich mußte meine Worte abwägen, um jedes Risiko zu vermeiden, da ich von meinen „Leibwächtern" ins Gefängnis begleitet wurde. Sie ließen mich an der Rückseite des Gefängnisses einen Gang hinünter-steigen, wo ich etwas mehr ihrer Aufsicht entging. Ich flüsterte einem Pater zu, daß ich das Heiligste Sakrament bei mir trug. Sein Gesicht hellte sich auf und ich versuchte die Pyxis von meiner in seine Tasche gleiten zu lassen. Dahn versuchte ich angegriffen und ohnmächtig auszusehen,' daß mich die Simbas aus dem Gefängnis führen würden. Es geschah so. Ungestört konnten die Patres kommunizieren. Die Freude, daß ich den Patres und Schwestern die heilige Kommunion bringen konnte, war ein großer Trost für mich und belohnte mich reichlich für all die Opfer und Demütigungen, die ich während der Zeit der Haft unter den Simbarebel-len im Kongo ertragen mußte. 24. November 1964: Stanleyville wurde von der Nationalarmee eingenommen. Der Führer der Aufständischen war wütend und sperrte alle Patres und Schwestern ein. Später wurden wir im Schwesternhaus in Gewahrsam genommen. Dort konnten wir uns etwas waschen und ausruhen. Wiederum teilte ich die heilige Kommunion an die Schwestern aus. Es geschah in einer Atmosphäre wie zur Zeit des Urchristentums. Ich nahm die heilige Kommunion mit zu den Patres und Schwestern ins Gefängnis. Auf unser Ersuchen hin wurde uns erlaubt, ihnen einige Eßwären zu bringen. Natürlich nahmen wir den höchsten Trost der Seele mit uns. Man kann sich vorstellen, mit welcher Begierde sie die Speise zu sich nahmen nach solch langer Zeit der Haft und schlechten Behandlung. Aber als ich ihnen eröffnete, daß ich das höchste Sakrament bei mir trug, erstrahlten die Aügen der Schwestern vor Freude. Sie führten mich in eine Ecke an der Rückseite des Gefängnisses und versammelten sich um mich Ich Eine eingeborene Veroneser Schwester bei ihren Landsleuten. Missionsarbeit in Indonesien v. W. Gulba Du schreibst mir, ich möchte dir etwas über die Missionsarbeit in Indonesien schreiben. Das ist gar nicht so einfach, denn was ist Indonesien? Ein Staat, der sich über 3000 bewohnte und 7000 unbewohnte Inseln erstreckt, ein Staat, dessen äußerste Enden Sabang und Merauke mehr als 5000 km auseinander liegen, ein Staat aber auch, dessen Existenz seine 20-Jahr-Feier noch nicht hinter sich hat. Viel zusammenhängendes kann ich also nicht von mir geben, sollen es dagegen ein paar Streiflichter sein, dann gern. Die zwei Jahre «eines hiesigen Aufenthaltes laben mich an die verschiedensten Stätten katholischer Missionsarbeit geführt. Hier auf lava arbeiten hauptsächlich die Jesuiten mit ihrem großen Gewicht auf dem Bildungs- und Erziehungssektor. Hier auf der am dichtesten bevölkerten und am weitesten entwickelten Insel sieht Missionsarbeit natürlich ganz anders aus als z. B. auf Paloe, finer kleinen Insel nördlich von Flores, von deren Missionar ich zunächst berichten möchte. Wir gingen damals nebeneinander den staubigen Weg zum «and hinunter, er trug die gleiten grau-braunen Hosen wie soweit man sieht. In dieser Zeit wandern die Menschen oft bis zu 7 km, um aus kümmerlichen Rinnsalen — Bäche kann man das gar nicht mehr nennen — in ihren Bambusstangen das Wasser zu holen. In der Regenzeit fällt in diesen Gegenden aber so unge- Gefährte ich mit einem Platten nach Hause kam. Die Mechaniker an der Tankstelle hatten Mitleid mit mir und den Reifen umsonst geflickt. Das hätte bös ausgehen können! Es war an einem Abend, als ich durch die Lokation (Wohnsiedlung der Schwarzen) fuhr. Ich hatte meinen Wagen mit schwarzen Kindern vollgeladen, die natürlich ihre Freude daran hatten und bald auch übermütig wurden. Schnell hatten sie einen Refrain gemacht und sangen: „Nithathe lebandla", was man ungefähr mit „werdet katholisch" übersetzen könnte. Es war also heuer viel Wasser, daß ein Kirchendach genügt, um Wasser für ein ganzes Dorf in Hülle und Fülle aufzufangen. Der Pater eines Dorfes machte also seinen Schäfchen den Vorschlag, er würde Blech für das Kirchendach stiften und Zement für zwei große Zisternen, die das ganze Dorf in der Trockenzeit versorgen könnten. Die Leute sollten lediglich die Arbeitskraft stellen. Kein Mensch zeigte Interesse an diesem Plan, lieber liefen sie alle monatelang kilometerweit um ein paar Liter Wasser, als einmal etwas mehr zu arbeiten. Für manche mag es zwar zweifelhaft erscheinen, ob die Erziehung zur Arbeit Sache der Missionare ist, aber wie soll sich denn der Mensch zu gesteigerter geistiger Leistung aufschwingen, solange er 24 Stunden am Tag davon gefangen ist, den Hunger und Durst zu stillen soweit es möglich ist. Reklame für unsere Kirche. Aber plötzlich wurde es ganz still und eine Frau winkte mir ganz verzweifelt zu. Ein Kind war vom Wagen gesprungen. Es hatte am Wegrand seine Eltern gesehen und war deshalb einfach heruntergesprungen. Nun lag es am Boden und war bewußtlos. Sie können sich vorstellen, wie ich erschrocken war. Nun war alles ruhig. Eine beherzte Oma nahm dann aber schnell das Kind, setzte sich zu mir ins Auto und los gings ins Krankenhaus. Einige Tage mußte das Kind dort bleiben, aber es war ihm tatsächlich nichts Ernst- Pater Neher mit seinen Täuflingen auf einer Außenstation der Mission Middelburg. haftes passiert außer einer Schramme unter dem rechten Auge. Es war mein Glück, daß die Straßen in der Lokation so schlecht sind, daß ich gezwungen war, langsam zu fahren. Heute spielt der achtjährige Toko wieder glücklich mit den anderen Kindern. Ein zähes Leben Ich kam gerade vom Unterricht aus einem Kral und war auf dem Weg zu einem nächsten, um dort auch zu unterrichten. Wie üblich war ich in großer Eile. Da sah ich etwas langes auf dem Weg liegen. Es war eine große Schlange. Zuerst wollte ich halten, aber es war schon zu spät. Ich überfuhr die Schlange. Da kam mir der Gedanke, die Schlange völlig zu toten, denn schon lange wollte ich eine schöne Schlangenhaut besitzen. Also fuhr ich wieder zurück und wieder über die Schlange. Ich sah wie sie sich aufstellte und durch das offene Fenster hörte ich ihr Zischen. Sie wollte nicht kaputtgehen, sooft ich über sie fuhr. Hoffentlich hat mein Datsun bei den oft sehr schlechten Straßen auch solch ein zähes Leben! Durst? Ich war wieder einmal auf dem Weg in die Lokation zur samstäglichen Jugendstunde. Der Samstag ist hier schulfrei. Auf dem Weg dorthin wollte ich schnell noch einige Leute und Kinder besuchen, die in der letzten Zeit den Anschluß an den Gottesdienst und die Jugendgruppe verpaßten. Plötzlich blieb mein Datsun stehen. Einige Schwarze hatten Mitléid mit mir und halfen mir den Wagen an den Wegrand zu schieben. Ich schloß ihn ab und ging zum ein- zigen Telefon der Lokation, meinen Rektor anzurufen, damit er mich mit seinem VW abschleppe. Das Telefon funktionierte nicht. So ging ich zu Fuß zu meiner Jugendgruppe und schickte einen Jungen zu meinem Pater Rektor. Bald kam er dann auch mit seinem VW, lachend und stolz, um meinen Datsun abzuschleppen. Daß das alte, brüchige Seil dabei dreimal zerriß, hat uns beide furchtbar zum Lachen angeregt. Aber richtig gelacht haben wir erst dann, als in der Garage uns bestätigt wurde, daß auch ein Datsun ohne Benzin einfach nicht läuft, selbst wenn der Benzinanzeiger hinterlistigerweise noch auf halbvoll steht. Mein lieber Gefährte Drei Monate habe ich nun diesen Wagen und er ist mir ein;, lieber Gefährte geworden, über 10 000 km bin ich schon gefahren. Auf seiner Ladefläche hat. er schon viele Schwarze zum Gottesdienst und Unterricht getragen. Er bringt mich zu den Eingeborenen im Busch auf den Außenstationen und mit mir soll| ja auch Gott zu diesen Menschen kommen. So bin ich mei-j ner Heimatgemeinde für dieses Primizgeschenk sehr dankbar, aber auch all den Wohltätern,5 die mir immer wieder hilfen, daß der Datsun auch etwas zu trinken bekommt. Dieses Fahrzeug hat manchmal einen ganz gewaltigen Durst! P. Benno Singer [Pater Singer vor seinem Datsun. Er 'kann sich eine wirksame Missionslarbeit ohne ihn nicht mehr vorstellen. ; Pater Singer mitten unter seinen Schülerinnen der Mittelschule auf der Mis-sionsstation Maria Trost. Inzwischen I arbeitet P. Singer auf der Station Mid-! delburg. „Ich verspreche dir, ein treues Mitglied deiner Familie zu werden und die Gebote des Familienältesten zu respektieren." — „Ich verspreche dir, dein Haus reinzuhalten und, so du es wünschest, selbst für dich zu kochen." — „Ich werde dich nie in Gegenwart anderer Menschen kritisieren." — „Ich werde weder um Juwelen noch um Kleider bitten." — „Ich folge dir, wohin du immer gehen magst, ausgenommen auf Geschäftsreisen." — „Im Unglück werde ich geduldig sein und dich aufmuntern." — „Nie werde ich Streit mit dir beginnen." — „Ich verspreche dir, nie mit dir zu schimpfen, jedenfalls nicht wegen Geldsachen." Die Braut, die nach uraltem Brauch diese Gelübde ablegt, und der Bräutigam kannten sich bereits fünf Jahre, bevor sie sich verehelichten. Sie hatten sich zu- Indische Hochzeit fällig kennengelernt, sich ineinander verliebt und sich gegen die Opposition in den Familien durchgesetzt. Eine völlig ungewöhnliche, dem Herkömmlichen zuwiderlaufende Liebesgeschichte; war es doch seit Jahrhunderten Sitte gewesen, daß die Eltern die Ehepartner ihrer Kinder bestimmen, ja, daß sich Braut und Bräutigam vor der Trauung überhaupt nicht kannten. Aber auch die modernen Brautpaare Indiens zahlen den Überlieferungen ihren Tribut. So Die Eltern der Braut legen zum Zeichen der endgültigen Bindung die hl. Silberschnur um den Bräutigam. mußte ein Rechtsanwalt warten, ehe er sein Mädchen, eine Tänzerin des nationalen Balletts, aus der niedrigeren Kaste heiraten durfte. Und erst als die Astrologen eine glückliche Ehe des jungen Paares mit männlichen Nachkommen voraussagten, ließen die Widerstände in seiner Familie nach. Auch der Tag und die Stunde der religiösen Zeremonie wurden von den Sternkundigen festgesetzt. Daß man sich einerseits über die alten Regeln hinwegsetzte, andererseits sich aber wieder streng an sie hielt, ist typisch für das heutige Indien. Keinesfalls wollte man auf das traditionelle Hochzeitsfest verzichten, das gänzlich auf Kosten des Brautvaters gefeiert wird, diesen einen großen Teil seines Vermögens kostet und doch das erhabenste Ereignis seines Lebens bedeutet. Auch sie arbeiten für die Mission V/ir Dillinger Franziskanerinnen sind das älteste Drittbrdensklo-ster in ganz Deutschland, denn wir wurden schon zu Lebzeiten der hl. Klara 1241 gegründet. Wir sind also schon 700 Jahre alt. Die großen klobigen Steine unseres Mutterklosters, das immer'noch auf dem gleichen Platz steht, können sehr viel erzählen: von der Flucht der meisten Schwestern im schrecklichen 30-jährigen Krieg, von den Franzosenkriegen im nahen Höch-städt, von der Auflösung im Jahre 1803; aber auch von frohen Ereignissen, z. B. daß unsere Vorfahren, obwohl sie damals noch Klausurfrauen waren, schon 1774 anfingen, die Bürgertöchter von Dillingen zu erziehen, daß seit dem Jahre 1843 immer mehr Töchter-Klöster in ganz Bayern sich um die alte Mutter scharten, daß seit 1913 auch in Nordamerika Dillinger Franziskanerinnen wirken und seit 1937 auch in Brasilien. Inzwischen ist nämlich aus dem einzigen Kloster eine große Kongregation geworden. Das Mutterhaus in Dillingen ist das Generalmutterhaus mit einer deutschen, einer nordamerikanischen und zwei brasilianischen Provinzen. Die Schwestern unseres Ordens sprechen also nicht alle deutsch, sondern zum Teil nur englisch oder portugiesisch. Genau so wie bei den Ellwanger Patres kommen nun hei uns Franziskanerinnen auch spanischsprechende Mitschwe- stern in unsere Reihen, denn in Saldana ist außer dem großen Franz-Xaver-Kolleg der Ellwanger Missionare auch das franziskanische Kolleg Regina mundi entstanden. Fast 200 kleine Spanierinnen möchten Franziskanerinnen werden. Vor 120 Jahren hätten wir noch nicht viel erzählen können von der Tätigkeit der Dillinger Franziskanerinnen, denn damals wirkten nur einige Schwestern als Lehrerinnen. Sehr bald kamen zu den Bürgertöchterschulen auch richtige Volksschulen, höhere Schulen und jetzt haben wir zwei Gymnasien (Dillingen, Kaiserslautern), eine Frauenfachschule für jene, die Handarbeits-Hauswirtschaftslehrerinnen werden wollen (M. Medingen), ein Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnenseminar (Dillingen), sechs Mittelschulen, einige Haushaltungsschulen mit Grundausbildungslehrgängen, ein eigenes Studentinnenheim in München, in dem unsere Kandidatinnen unsere jungen Schwestern und auch ziemlich viele freie Studentinnen wohnen, und eine ganze Reihe von Volksschulen. Vor rund 100 Jahren fingen unsere Vorfahren an mit der sozialen Tätigkeit. Zunächst fanden Taubstumme im Mutterhaus eine Heimat, zeigten sich aber bald zu laut und es wurde die erste Taubstummenanstalt gegründet. Ober 400 von unseren Schwestern wirken zur Zeit in den zwölf großen Häusern der sogenannten „Wagnerschen Anstalten" und erziehen in Gehörlosenschulen die Taubstummen und betreuen sié, wenn diese es wollen, das ganze Leben hindurch. Sie versuchen die Schwererziehbaren doch noch zu schulen und zu erziehen, oder sie betreuen die ganz Hilflosen und Bildungsunfähigen in eigenen Heimen. Recht bald reihte sich an diese spezielle Fürsorge für Taubstumme und Schwachsinnige eine Menge anderer sozialer Aufgaben. Es wurden Krankenpflegestationen übernommen, Krankenhäuser mit Dillinger Franziskanerinnen besetzt; in über 100 Kindergärten und einer ganzen Reihe von Kinderkrippen werden die allerkleinsten Gotteskinder betreut und für den lieben Gott erzogen. In ordenseigenen Kinderheimen mit Heimschulen erziehen wir elternlose oder sonstwie gefährdete Kinder. Selbstverständlich müssen diese Heime in einer einsamen Gegend sein, denn daß es auf den Spielwiesen und Turnplätzen oft recht laut zugeht bei diesen übernervösen Kindern, das ist ja selbstverständlich. In den Missionen, besonders in Lateinamerika, wirken die Dillinger Schwestern in den gleichen Berufen wie in Deutschland, nur sind sie dort noch mehr und noch stärker auf das Apostolat ausgerichtet. So haben wir im Norden von Brasilien, ganz in der Nähe des Äquators und im Süden, in der Bannmeile von Rio, je zwei ganz große Lehrerinnenbildungsanstalten, wo zusammen mit den Kandidatinnen brasilianische Mädchen zu Lehrerinnen ausgebildet werden. Dem erschrek-kenden Mangel an Priestern in Lateinamerika versuchen die Schwestern auf ihre Art abzuhelfen. Sie verlangen von allen Im anderen Leben wird man sehen, daß in dieser Welt weise war, wer die Kunst verstand, um Christi willen dem Nächsten selbstlos zu dienen. Die Seminaristin bei der Praxis. Die Kinderkrankenschwester bei ihren Patienten. Schülerinnen, daßsie die große Missio Canonica oblegen und somit an den Orten, wo sie .Volksschullehrerinnen sind, auch zugleich als Katechetin wirken können. So kämpfen unsere Schwestern in den Dörfern draußen oder in den einzelnen Städten gegen die unglaubliche religiöse Unwissenheit und nehmen den Priestern, die ja sehr oft nur einmal im Jahr in die Gemeinde kommen können, die religiöse Belehrung ganz ab. Eingeübt werden die Mädchen für diesen Beruf durch sogenannte Straßenkatechesen, d. h. sie müssen am Samstagnachmittag oder am Sonntag meist zusammen mit einer Schwester auf die Straße gehen, dort die Kinder und Erwachsenen um sich sammeln und an Hand von Bildern aus der Religion erzählen. Die kleinen Spanierinnen werden, wenn sie einmal Dillinger Franziskanerinnen sind, an der Seite der Missionare aus Ellwan-gen in den entsprechenden Diözesen in Peru wirken. Die Kraft für all diese apostolischen Tätigkeiten holen wir uns beim lieben Gott im hl. Opfer, in der täglichen Betrachtung und geistlicher Lesung und im gemeinsamen Breviergebet. Den besonderen Schutz der Unbefleckten Jungfrau erbitten wir uns im täglichen Rosenkranz. Als franziskanerinnen verehren wir die Hauptpatrone, den hl. Vater franziskus und die hl. Mutter Klara und Elisabeth und erstreben in besonderer Weise die typisch franziskanischen Tugen-fdèn: Bescheidenheit, frohe |chwesterlichkeif und die Buße in der treuen Erfüllung der Pflicht in jeder Minute und an jedem Ort und all dies in großer, reiner Liebe zu Gott. Unsere Kandidatinnen bereiten sich meist zusammen mit den weltlichen Schülerinnen auf die äußeren Berufe in unseren eigenen Schulen vor. Mädchen, die sich mehr für Hauswirtschaft interessieren, werden herangebildet zu Köchinnen, Diätassistentinnen, Altenpflegerinnert; wieder andere kommen auf Landwirtschaftsschulen, um ein- mal eine tüchtige Fachkraft in einem unserer Gutshöfe zu werden. Schon in diesen Lernjahren wachsen die Kandidatinnen durch Belehrung und Anschauung hinein in die ordensèigene Spiritualität. Hier die Adresse für jene, die uns näher kennen lernen wollen: Mutterhaus der Franziskanerin-nen, 888 Dillingen, Klosterstr. 6. Die Hausglocke des Bischofshauses läutet. Ich gehe öffnen. Ein junger Mann ist draußen, der Deutsch grüßt, eine junge Dame grüßt Englisch und ein kleines Mädchen ist zu scheu, um etwas zu sagen. Ich führe die drei ins Sprechzimmer und bitte sie, Platz zu nehmen. Dann frage ich, ob ich ihnen helfen könne. Der junge Mann — er hat sich nicht vorgestellt noch die anderen — macht mit dem Kopf ein Zeichen zur jungen Frau, sie solle sprechen. Ich bemerke ihr blondgefärbtes, schönes Haar und ihre weiße Gesichtsfarbe. Das kleine Mädchen scheint beides von ihr zu haben. Sie beginnt in Englisch: Pater Schmid von oben, d. h. vom Pfarrhaus, habe sie hierher geschickt. Vielleicht könnte ich ihre Schwierigkeit lösen. Dann beginnt sie ihre Geschichte zu erzählen. Sie ist Südafrikanerin. Ihr Vater ist ein Einwanderer von Schottland mit Namen K ... und ist in der nahen Douglas-Mine gestorben. Die Mutter lebt noch und ist eine Coloured oder Farbige (Mischling), hat aber einen zweiten Weißen mit Namen Joubert geheiratet. Nun möchte die junge Dame eine Identitätskarte und dazu brauche sie einen Geburtsschein. Aber der ist nirgends aufzutreiben, sie wurde scheinbar nie und nirgends registriert. Nun bittet sie mich, ihr ein Taufzeugnis auszustellen, das auch ihr Geburtsdatum enthalte, damit sie ihre Identitätskarte bekommen könne. Das Weitere sagt sie nicht, aber ich kann es mir leicht zusammenreimen: Sie braucht die Karte, um den jungen Deutschen hier heiraten zu können. Sie gibt mir noch einzelne Angaben über ihre Taufe: Sie sei hier in Witbank von P. Angerer getauft worden, ungefähr im Jahre 1935. Ich gehe in mein Zimmer, um im Taufregister nachzuschauen. Im Inhaltsverzeichnis der Weißen ist nichts zu finden. Ich nehme den Index der Schwarzen her. Hier in der Kurie sind ja die Taufduplikate der ganzen Diözese numeriert, indesiert, alphabetisiert. Richtig, da ist der Name: Mathilde Joubert, und der Index verweist auf Nummer 147 im Taufregister der Schwarzen in Witbank. Da finde ich denn alles. Ich nehme das Taufregister mit mir und gehe zurück zum Sprechzimmer. Um sicher zu gehen, frage ich sie nach dem Geburtsdatum. Sie gibt es mir ohne Zögern: Es stimmt genau auf Tag, Monat und Jahr mit dem im Taufbuch. Auch daß P. Angerer sie getauft hat, stimmt. Doch der Name des Vaters ist ein anderer: Packery. Das ist ein indischer Name. Ich schaue sie fragend an. Das ist mein Stiefvater, sagt sie schnell. So, nun haben wir fast die ganze Rassenmischung Südafrikas beisammen: eine Schwarze, ein Inder und ein Europäer. Was ist nun die Tochter? Ich schaue sie nochmals an: Nein, es ist kein Zweifel, sie ist lOOprozentig weiß, d. h. nach ihrem Aussehen. Nichts verrät den Mischling. Und nun möchte sie natürlich auch als Weiße anerkannt und von der Regierung als solche klassifiziert werden. Nur dann ist eine Ehe mit dem Deutschen hier möglich, der aber viel jünger wie sie zu sein scheint. Das Kind kann aber nicht von ihm sein, denn er behauptet, er sei erst 18 Monate im Land, die Kleine ist aber schon vier Jahre alt, wie mir die Mutter sagt, die es als ihr Kind mit Schwarz, Weiß oder Farbig? v. P. Dr. W. Kühner Schwarze, Inder und Mischlinge auf dem großen Markt in der Hafenstadt Durban. Stolz anerkennt, auch lOOprozentig weiß, die. Haare europäisch lang, nichts von Kraushaaren, die Lippen, die Nase, die Augen, keine Spur von einem Neger. Hier haben wir also einen der vielen „Grenzfälle". Die Professoren in Stellenbosch schätzen, daß allein im westlichen Kap-land 50 000 solche Grenzfälle durch die Gerichte entschieden werden müßten. „To slip across the colour border" oder „passing for white" (durch die Farbenschranke zu schlüpfen oder als weiß zu gelten) ist das Ziel vieler Mischlinge, wegen der bevorzugten gesellschaftlichen und »litischen Stellung der Weißen « diesem Land der Apartheid. Ver ist als weiß, wer als farbig, »er als schwarz zu registrieren? ins Gesetz sagt, es kommt nicht »fdie Hautfarbe allein an, sonarti auf die Lebensweise und ilentliche Meinung, die jemand Ir weiß, schwarz oder gemischt tnsieht. Der Richter, der solche folle zu entscheiden hat, ist nicht jo beneiden. Manch tragische Fälle haben ferzzerreißende Folgen, wenn los Urteil auf „Nicht-Weiß' lauft: Preisgabe der Wohnung, Wischlinge dürfen nicht in Europervierteln wohnen, noch we-jger Schwarze), Aufgabe von Bekanntschaften oder Zusammenbruch von Ehen (Verbindungen von Weißen und Andersfarbigen wie Mischlingen, Schwarzen, Indern usw. sind gegen den Immorality Act, das Gesetz gegen Unsittlichkeit), Berufsveränderungen (gewisse Berufe sind nur den Europäern Vorbehalten). Solche Fälle beleuchten blitzartig die ganze Härte der Apartheid oder Rassentrennung. Mir tut die Frau leid und fast noch mehr das kleine Mädchen, das die Mutter noch gar nicht hat registrieren lassen. Ich weiß nicht, wie ich den Taufschein, ausstellen soll. Unter der Rubrik: Nachname, ist nichts eingetragen, nur der Vorname Mathilde, die Eltern, Geburtsund Taufdatum, Ort der Taufe, Taufpatin und der geistliche Taufspender. Von Regierungsseite wird vorgeschrieben oder wenigstens dringend gewünscht, daß bei Taufzeugnissen die Eltern nicht erwähnt werden, um im Falle illegitimer Geburt den guten Namen des Betreffenden zu schonen. Ich frage die Frau um ihre Meinung: Soll ich den Zunamen der Mutter Joubert, auf dem Taufschein erwähnen oder überhaupt keinen Zunamen? Sie meint, sie komme in Schwierigkeit, weil sie unter dem Namen ihres Vaters, des schottischen Einwanderers K... um eine Kennkarte eingegeben habe. Die Beamten werden stutzig werden, wenn sie den Namen Joubert lesen und nachforschen und wohl auch herausfinden, daß ihre Mutter ein Mischling ist. Damit wären dann all ihre Chancen verpatzt. So schreibe ich denn den Taufschein, wie es im Taufbuch geschrieben steht: Mathilde, kein Familienname, keine Eltern, Ge-burts- und Taufdatum und Ort, Patin und taufender Priester. Die beiden sind dankbar, sie sehen, daß ich gern helfen möchte. Aber wird dieser Taufschein ihnen helfen? Werden die Beamten ihn annehmen, ohne Familienname? Werden sie nicht bohren und bohren und die Frau unaufhörlichen Verhören unterziehen, bis sie heraushaben, was sie wollen, weil eben solch ein Ausweis Verdacht erregen muß. Ich wünsche den beiden Gottes Segen für die Zukunft. Was wird aus ihnen werden? Das Damoklesschwert der Apartheid schwebt über ihnen. Zwischen Wüste und Eis Am 12. Oktober des Jahres 1492 um 2 Uhr morgens sichtete der Matrose Rodrigo de Triäna vom Mastkorb der St. Maria Land. Kurz danach betraten in prunkvollen Rüstungen Columbus und seine Kapitäne den Strand. Sie glaubten den Westweg nach Indien gefunden zu haben und entdeckten in Wirklichkeit einen neuen Erdteil. Mit dem Entfalten des Castilischen Banners nahmen sie die Insel für die Krone in Besitz; der erste Schritt der schicksalsschweren Conquista. Der 29. September 1513 war wieder ein entscheidender Tag. Balboa und einige Männer, darunter Francisco Pizarro erblickten das westliche Meer, den Pazifik. Weit im Süden, wenn man die Küste entlang segelt, läge, so wurde von Einheimischen ge- sagt, ein großes Königreich. Dieses Reich entschloß sich Pizarro zu erobern. 1532 betrat er endlich nach drei opfervollen Versuchen innerhalb von 20 Jahren, nach maßlosen Entbehrungen, Rückschlägen, Hunger und Krankheiten die abweisende Küste jenes sagenhaften Goldreichs in den Kordilleren. Propheten der Inkas hatten gesagt, Götter mit wallenden Bärten würden übers Meer kommen, eine böse Täuschung. 110 Fußsoldaten und 68 Reiter marschierten von der Küste 700 Kilometer hinauf ins Gebirge und besiegten in einer entscheidenden Schlacht den Inka mit seinem Heer von über 20000 Kriegern. Mit der Gefangennahme des Inka und seiner späteren Hinrichtung fiel das große Reich in sich zusammen! Im auf und ab einer bewegten Geschichte entstand das heutige Bild Südamerikas. Es birgt viele Rätsel und Widersprüche in sich. Gerade Peru mit Wüste, Hochgebirge und Urwald ist ein im modernen Sinn wenig erschloss senes Land, voller Entwicklungsmöglichkeiten, mit riesigen Bodenschätzen urid Waldgebieten. Mit entsprechender Hilfe von außen kann es wieder ein Doi rado, ein Goldland werden. An der Küste Perus liegen die einsamen Guanoinseln, deren Leben aus Millionen Kornorane besteht und deren Mist man heute das stinkende Gold Perus nennt. Hier hat sich seit Jahrhunderten wenig geändert. Das Meer brandet wie in jener Zeit und das Leben pulst, genährt lurch den Fischreichtum des kal- InHumboldstromes, im gleichen iythmus. Nur der Guanodung ird jetzt in große Schiffe veritieri, während damals die In-ianer ihre eigenen Felder da-litfruchtbar machten, fst nach Lima, der Haupt- und bfenstadt Perus, beginnt für en Besucher dieses Landes ! jeuland. itdlos erscheint die' Wüste, die |s schmaler Gürtel der Küste pusende Kilometer folgt. Im jintergrund leuchten Eisberge, jnd doch gibt es Leben zwi-chen Küste und Eis. tan findet Zeichen. Auf Fels-iroeken gemeiselt sind die so-lenannten Bilderbücher, deren lelieimnisvolle Sprache bis jetzt ijoch nicht entziffert werden lonnte. Man hat keine Schrift Munden, aus der man den Auf-jnd Untergang der vielen In-fianerreiche, die vor der Inka-leit waren, lesen kann. Nur was lie Erde bewahrt und das we-ige, das die Sage überliefert, |ibt uns eine vage Vorstellung. Vieles wird Rätsel bleiben. Gehen wir einmal auf die Suche nach dem Peru der Vergangenheit, der Geheimnisse abseits der großen Städte und Straßen, wo kaum Fremde hinkommen. Schon die Straße Lima - Oroya -Ayacucho - Cuzco ist ein Erlebnis besonderer Art. Es sind Pässe vor Höhenunterschieden von nahezu 5000 Metern zu bewältigen. Solange keine Brücken abgestürzt und Straßenteile abgebrochen sind, könnte man fast von normalen Verkehrsbedingungen sprechen. Allerdings sind viele hundert Kilometer nur einbahnig zu befahren. Man hat das ganz einfach gelöst. Manche Etappen, mit Feldwegen zu vergleichen, darf man an einem Tag nach links, am nächsten Tag nach rechts benutzen. Da aber rechts und links zu unterscheiden Glücksache ist, bedarf die Fahrt starker Nerven. Aber Peruaner sind Akrobaten am Steuer. Man hat das Gefühl, bremsen wäre verpönt. Kommt unübersichtliche Kurve, wird kurz gehupt, die heilige Maria um Hilfe gebeten und dann mit möglichst hoher Geschwindigkeit hinein! Die Zahl der einsamen Kreuze an der Straße ist dementsprechend groß. Dazu kommt noch die Gefahr der Steinschläge. Diese Straße gehört zu den größten Leistungen im Straßenbau überhaupt. Allein das Instandhalten ist eine aufopfernde, mit vielen Gefahren verbundene Tätigkeit. In der Regenzeit sind manche Stellen überhaupt nicht passierbar. Am Titikakasee vermutet man den Ursprung des Sonnenreiches der Inkas. Hier begegnen sich zwei Zeitalter. Lamas gab es schon immer, nicht aber Reittier und Wagen. Seit der Flucht des letzten Inkas in die Berge, sind die Hochlandindianer friedlich geworden. Der Begriff Zeit ist ihnen anscheinend fremd. Manchmal möchte man sie um ihre Ruhe beneiden. Um Kleinigkeiten zu besorgen, ziehen sie tagelang übers Hochland. Bald links: Windbildungen in der Wüste Rintlang der peruanischen Küste. [rechts : Der Jahr ein Jahr aus mit Schnee bedeckte Huasgaran fiber S000 m hoch. ertönt dann auf der Rast die Melodie des Flötenspielers, eine Melodie aus uralter Zeit. Wie die Menschen, so paßt sich auch das Lama der Landschaft an. Es ist das Kamel Südamerikas. Es gibt Wolle für die Kleidung, es trägt ergeben die Lasten. So phlegmatisch und arrogant sie aussehen, so lebhaft werden die Lamas, wenn man sie aufschreckt. 5—9 Meter breit waren die königlichen Inkastraßen des Gebirges. Sie reichten von Chile bis Äcuador, 6000 Kilometer lang. Dazu kam die Küstenstraße und viele Grenzverbindungen. Alle 20 Kilometer waren Rasthäuser angelegt. Obwohl die Inkas Reittier und Wagen nicht kannten, brauchten sie die Wege zur schnellen Verschiebung des Inkaheeres, für die präzise organisierten Stafetten, die eine enorme Geschwindigkeit schafften. Um Strecken von 4500 Kilometern zurückzulegen, benötigten sie zwischen links : Die Lamas sind hochnäsig wie eingebildete Filmschauspielerinnen. rechts: Die Indiofrau ist immer tätig. Im Reich der Inkas wurde Arbeitscheu streng bestraft. 12 und 20 Tagen, je nach Jahreszeit. Daneben gab es Feuer-und Rauchzeichen. Die Hochebene wird Puna genannt, eintönig gelb und braun, nur von den Farben der bunten Gewänder unterbrochen. Auf den Pampas wird Viehzucht getrieben. Neben den Lamas weiden heute Rinder, Schafe und Pferde, die von den Spaniern ins Land gebracht wurden. An den Eisbergen, wo häufig Regen fällt, bauen die Indianer auch ohne künstliche Bewässerung bis hinauf auf 3500 Meter Gerste, Weizen, Hafer und Mais. Schwer ist die Arbeit in dünner Luft, weit ist der Weg hinunter zu den Dörfern. Hier ist der Mensch noch immer sein eigenes Tragtier. Nobel ist es, die Last einem Lama anzuvertrauen. Es trägt keine schweren Lasten, doch in der Höhe ist es äußerst zuverlässig. Die Indianer sind tierliebend. Nur im Notfall, wenn die Geduld reißt, wird es aus pädagogischen Gründen gezüchtigt. In der kargen, oft wüstenähnlichen Landschaft liegen Hacienden, das sind Farmen, die auf den Kanalsystemen der alten in-, kaischen Felder aufgebaut sind. Zuckerrohr gedeiht durch diese künstliche Bewässerung prächtig. Fast beneidenswert einfach ist das Leben im Indianerdorf, ein Leben, das so ruhig dahinzufließen scheint wie das Plätschern des Brunnens. Er fließt für ■ alle, für Mensch und Tier, er ist | der Mittelpunkt, ohne den das Leben auf dem Dorf nicht zu denken, wäre. Auch die Art des Spinnens spiegelt die Ruhe der; Menschen wider. Unaufhörlich dreht die Indianerin ihre Spindel. Solange sie sich erinnern kann, tun sie das. Manchmal ist der Faden dünn, manchmal stärker, es kommt darauf an, was sie später weben will. Primitiver geht es nicht mehr. Ein paar Stecken im Boden erfüllen den gleichen Dienst wie ein Web-juhl, wenn man nur damit umgehen kann und sich genug Zeit nimmt. Das Erstaunliche, geradezu Unbegreifliche ist, daß juf solchen Rahmen die herrschen Ponchos gewebt werden. Ire Muster werden seit Generationen in den Familien überliefert. Zu einem einzigen Ponilo brauchen die Indianer-frauen fast ein Jahr, je nach Feinheit und Muster des Stoffes langer. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet eine unrentable Angelegenheit. — Schön, daß es noch Menschen gibt, die handwerkliche Kunst pflegen. Eine Unsitte haben die Indianer allerdings doch übernommen. Für eine Flasche Schnaps sind sie bereit, einen solchen Poncho, die Webarbeit eines Jahres, einzutauschen. Anlässe zum Feste feiern gibt es auch hier genügend im peruanischen Hochland. Maisbier und schrille Musik schaffen die rich- tige Stimmung. Auf den Festen zeigt der sonst so ruhige Indianer sein wahres Temperament. Er tanzt mit der Inbrunst und Besessenheit, die allen Naturvölkern eigen sind. Uber den Titikakasee verläuft die ' Grenze Peru — Bolivien. Hier zeigt sich die Verwerfung der Erdkruste in einer Gesamthöhe von rund 15 000 Metern. Nirgends auf der Welt gibt es auf so kurze Entfernung einen solch gewaltigen Höhenunterschied mit den damit verbundenen klimatischen Kontrasten, Wüste, Eisberge und Urwald. Eingebettet in mächtige Gebirgsketten liegt der Titikakasee. Um ihn ranken sich unzählige Sagen und Legenden der Indianer. Kein See der Welt ist so mit Geheimnissen umwoben wie dieses Binnenmeer in 3800 Meter Höhe, 14mal so.groß wie der Bodensee. An seinen Ufern liegen gewaltige Bauten versunkener Kulturen. Alles atmet hier Vergangenheit, über die Kultu- ren der Ägypter, der Babylonier, Etrusker wissen wir viel durch ihre Schrift. Uber die Ruinen am Titikakasee so gut wie nichts. Nicht nur Steine weisen am Titikakasee in die Vergangenheit. Dort lebt heute noch einer der ältesten Volksstämme Altamerikas, die Uri. Vor den fremden Einwohnern geflohen, haben sie sich der Zivilisation widersetzt und auf schwimmende Inseln zurückgezogen. Einem dichten Teppich gleich wird aus Binsen Lage um Lage geflochten, bis er Hütten und Bewohner trägt. Ihre Nahrung finden die Urus im See. Sie essen hauptsächlich Muscheln und getrocknete Fische, die sie am Ufer gelegentlich gegen Korn eintauschen. Das Korn wird zwischen den Steinen geschrotet. Man läßt sich Zeit dazu. Gegenüber den andern Indianern sind, die Urus arbeitsscheu und wenig sauber. Der weise Inka Roko wußte um ihre Schwächen, er löste beide Auf dem Titikakasee. In den Hütten auf den schwimmenden Inseln leben heute noch die Uri, einer Her ältesten Stämme Altamerikas. Im Vordergrund ein typisches Binsenboot. Probleme aufs einfachste. Eine Flohsteuer wurde erhoben. Jeder Bewohner hatte monatlich ein Rohr voll Flöhe abzuliefern. Aus Binsen ist so ungefähr alles hergestellt, was die Urus zum täglichen Leben brauchen. Ihre Binsenboote sind handwerklich meisterhaft. Allerdings halten sie nicht länger als ein Jahr, denn dann sind die Halme vollgesogen und das Boot išt nicht mehr tragfähig. Kommt man vom Titikakasee wieder auf die Puna, dann merkt man, wie heiß und karg hier das Land ist. Man freut sich über einen Schluck Wasser, über jedes Grün, auch wenn es noch so stachelig ist. Hier gibt es Wälder von Säulen- und Feigenkakteen, ein Paradies für jeden Kakteenfreund. Bis zu 10 Meter hoch werden diese Säulenkakteen, und ihre gelben Blüten handtellergroß. Um Cuzco, der einstigen Metropole des Inkareiches, liegen zerstörte Festungen, und so weit das Auge reicht, Ackerbauterrassen. Hoch über dem Ürubam-batal thront die Burgruine von Pisac. Ihre Steine sind wie aneinandergegossen gefügt. Was noch an Leben erinnert, sind Brunnen, deren Wasser durch feine Kanäle zu den Feldern oder zum sogenannten Bad der Inkas rinnt. Noch zeugen diese fast unbeschädigten, riesigen Indios im Festschmuck. Sie tragen kunstvolle, mit Silberplättchen besetzte Gewänden jl Die Inkafestung Sacsayhua-man wurde von den alten Inka-Indianern mit einfachen Hebelwerkzeugen errichtet. Selbst das Rad war im alten Peru noch nicht bekannt. | mkerbauterrassen von dem Fleiß eines versunkenen Reiches. Früher haben die Indianer hier lomaten, Kartoffeln und Mais jepflanzt. Durch künstliche Bewässerung waren sie unabhängig vom Regen. Aus trockenem Soden, aus dem Land der bun-len Erde sind die Kulturen gewachsen. Alle Straßen des Son-jnenreiches führten nach Cuzco, einst Nabel der Welt. Hier regierte der Inka uneingeschränkt über ein Gebiet von Feuerland iSis zum Äquator. Das Schild jCuzcos war der Saxahuaman, die gewaltigste Festungsanlage Südamerikas. Ober die Entstellung dieser Anlage gibt es viele Iheorien. Manche versteigen pich im Alter bis zur Sintflut, antere schreiben sie der Inka-tpoche zu. Ein echter Beweis fehlt. Kein Werkzeug wurde gefunden. Die Spanier zertrümmerten das Reich der Inkas, 'doch der Indio lebt weiter, stumpf vor der Größe seiner Vergangenheit. pe Blöcke des Saxahuaman" sind so gigantisch, daß diese Mauern den von Menschen erschaffenen Weltwundern mindestens ebenbürtig sind. Die Steine sind gewaltig. Mehr als 200 Tonnen sollen die schwersten wiegen, so daß man sie heute mit den modernsten Mitteln der Technik kaum bewegen könnte. Aber niemand wäre fähig, die Felsblöcke so zü behauen und aneinanderzufügen, daß selbst in die geschwungene Fuge kein Rasiermesser eindringen kann. Auf den Fundamenten alter Inkabauten, aus zusammengetragenen Steinen der Festungen stehen die Kirchen und Bauten der spanischen Eroberer. Kaum je hat ein Eindringling vermocht, dem unterworfenen Volk seinen eigenen Charakter so sehr aufzuprägen, wie dies den Spaniern in Peru gelungen ist. Was die ersten, in Gold und Blutrausch blind gewordenen Soldaten in maßloser Zerstörungswut materiell und menschlich vernichteten, haben später Mönche und fromme Christen wieder gutzumachen versucht. So sind die Fassaden der Kirchen und Klöster im spanischen Kolonialstil von indianischen Steinmetzen unter Anleitung der Patres entstanden und zeigen neben der Darstellung der Conquista friedlich vereint indianische und christliche Motive. Bauwerke wie der Saxahuaman könnten nur unter eiserner Disziplin entstehen. Still ist es am Saxahuaman. Nur einmal im Jahr, am 24. Juni, wird, es in diesen Mauern lebendig, Das Indianerfest wird hier gefeiert, ein Fest der Farbe, der Musik, der prächtigen Gewänder. Symbolisch, wie vor der Zeit der Spaniér, wird das Fest des Sonnengottes gefeiert, der Inka, Sohn der Sonne, gekrönt. Tausende erleben dieses Spiel, das für die Indianer mehr ist als nur eine Schau'. Es ist Rückblick in ihre versunkene Vergangenheit. So prunkvoll dieses Fest heute noch gefeiert wird, so ist es doch wohl nur ein schwacher Abglanz von dem, was sich früher in diesen Mauern abgespielt haben mag. Nach alten Überlieferungen werden die Zeremonien beachtet. Die Leibgarde stellt sich auf. Der Inka tritt vor sein Volk. Gaben werden gebracht. Ein Auserwählter reicht das Salz zum Zeichen des Friedens. Unter Zaubersprüchen wird ein Lama geopfert. Die Fackeln werden entzündet und zum Zeichen der Macht von einer Stafette über die altén Inkastraßen getragen. Noch tanzen die Indianer ihre alten Rhythmen, jeder Landesteil mit eigener Musik und eigener Tracht. „Intiraimi" hieß früher das Sonnenfest. Zum Kult gehörte, daß in großer Pracht Mumien der verstorbenen Inkas mitgetragen wurden. Hunderte von Metern feinsten Gewebes waren um die Toten gewickelt. Det Bufchòohtoc v. B. Sträfling Atiman wurde von den Weißen Vätern auf dem Sklavenmarkt losgekauft, von ihnen erzogen und zum Medizinstudium geführt. Die Medizinen in seinem Krankenhaus am Tanganjikasee wurden immer spärlicher. So mußte er zur Selbsthilfe greifen, denn die Kassen des damaligen Kardinals Lavigerie wurden leer.- Je vornehmer der Verstorbene, umso reicher seine Totengaben. Die Schätze liegen heute in den Museen der Welt. In die Gewebe waren symbolisch die Heldentaten der Toten eingewirkt. Ein großer Teil Perus ist wüstenhaftes Gebirge und Hochsteppe. Hier konnten sich wenig Städte der Vergangenheit .verbergen, doch dort, wo die Nebel und Wolken des Amazonasbeckens von Osten gegen die Kordilleren branden, sind die Täler von dichtem Urwald bewachsen. Hier hat das wuchernde, alles verschlingende Geflecht der Vegetation nur wenige prähistorische Geheimnisse dem suchenden Menschen zurückgegeben. Auf den Spuren des letzten Inkas, von dem man annahm, er wäre in das untere Urubamba-tal geflüchtet und habe dort ein Schattendasein geführt, fand der Amerikaner Bingham im Jahre 1911 auf einem Sattel zwischen senkrechten Bergen die gewaltige Stadt Machu Pichu, vom Urwald überwuchert. Man hat mit viel Mühe die Ruine befreit. Wann wurde sie erbaut? Wozu die vielen Treppen? Niemand gibt Antwort. Wer hat hier gelebt? Keine Antwort. Fragen, nichts als Fragen! Man sagt, die letzten Bewohner dieser Stadt seien vor den Spaniern geflohene Sonnenjungfrauen gewesen. Die Indianer sahen im Licht Lebenskraft. Ohne Sonne nur Finsternis, Dunkel, kein Leben. So war die Sonne ihr Gott, zu dem sie beteten. Von Machu Pichu verlieren sich Wege und Straßen aus der Inkazeit im fast undurchdringlichen Urwald der Kordilleren. Gerüchte und Legenden gibt es genug, die von verlorenen Städten sprechen. Ausdauer und Glück wird noch manche Entdeckung bringen. Zu den Leidtragenden gehörte Dr. Atiman, dem der Kardinal stets nur einen Bruchteil dessen sénden konnte, was er an Medikamenten benötigte. Und dieser Bruchteil kam überwiegend nicht aus Frankreich, sondern aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden, wohin der Kardinal Bettelbriefe schickte. Aber Dr. Atiman wußte sich zu helfen. Er hatte festgestellt, daß die Stammeszauberer allerlei Pflanzen und Kräuter als Heilmittel benutzten. Also setzte er sich mit seinen einheimischen „Kollegen" zusammen, verriet ihnen einiges von seinen „Zaubermethoden" und ließ sich dafür in ihre Künste einweihen. Bei den Wochen- und monatelangen Experimenten, die nun folgten, war ein einfaches französisches Chemielehrbuch sein wichtigstes Hilfsmittel. Es gelang ihm, aus den Heilpflanzen der Zauberer eine ganze Anzahl konzentrierter und weit wirksamerer Medikamente zu gewinnen. So wurde er aus Not sein eigener Pharmazeut und Apotheker. Seine Mängel auf dem Gebiete der Chirurgie beseitigte er mit Hilfe von Fachzeitschriften und Lehrbüchern. Als Buscharzt mußte er einfach alles können, und bis in sein hohes. Alter bemühte er sich stets, auf allen Ge- bieten der Medizin möglichst auf dem Laufenden zu bleiben. Und das trotz aller Arbeit, die buchstäblich über ihn zus'am-menschlug. Er war ja nicht nur Arzt, er fühlte sich zuerst als Missionar, der jede Gelegenheit benutzte, die Eingeborenen über den christlichen Glauben zu unterrichten. Und sein ärztlicher Beruf brachte ihm viele solcher Gelegenheiten. Die Missionare in Karema erinnerten sich, daß er oft kam und ihnen sagte: „Es wäre nicht schlecht, Pater, wenn sie gelegentlich einmal dieses oder jenes Dorf besuchten. Da, können sie, glaube ich, taufen".; Manchmal war vorher nie ein Missionar in dem Dorf gewesen. Der Einfluß des Buschdoktors auf die Stämme der Nachbarschaft war so groß, daß er auch Politik machen mußte. Wenn zwischen zwei Dörfern oder Stämmen Feindschaft ausbrach und offener Krieg drohte, bot er seine guten Dienste als Vermittler an, und gewöhnlich unterwarfen sich beide Seiten seinem Schiedsspruch. So wurde er auch noch zum von allen anerkannten Richter. Sein erfolgreichster politischer Schachzug aber war die Befriedung der als außerordentlich kriegerisch bekannten Wa-bembe. Eines Tages brachte man Jem Buschdoktor einige Krieger, die von den Wabembe bei einem Oberfall übel zugerichtet worden waren. Da beschloß Atiman, Jem König des Stammes einmal ordentlich die Meinung zu sa-jen. Die Weißen Väter warnten, iber Atiman ließ sich nicht hindern. Bereits zwei Wochen später war er wieder da und versicherte, die Wabembe würden in Zukunft Frieden halten. In seinem Gefolge befanden sich eine Abordnung des Stammes und (ine Tochter des Königs. Dr. Atiman hatte das Problem sozusagen auf die österreichische Methode gelöst: Tu felix Austria nube! Die Missionare gönnten dem Doktor den Ehestand von Herzen, hatten jedoch Bedenken »egen der gewiß sehr hohen lorgengabe an den königlichen Schwiegervater. Doch die Sorge Lar überflüssig: Zum ersten und einzigen Male in den ganzen lahren hatte Dr. Atiman für die Behandlung der kranken Wabembe liquidiert: zwölf fette Kühe. Das Honorar war genauso hoch wie die Morgengabe für die Prinzessin. Der König freute sich, die Kühe zurückzuerhalten, doch die Missionare wurden zu Anfang von dem Verdacht geplagt, seine Freude habe der Tatsache gegolten, daß er seine Tochter los wurde. Die Prinzessin wurde den weißen Schwestern des von Dr. Atiman inzwischen gegründeten Hospitals anvertraut. Kurz nach ihrer Taufe fand die Hochzeit statt. Nach anfänglichen, recht lebhaften Ehejahren wurde das Doktorhaus doch zurStätte eines glücklichen Familienlebens — nicht zuletzt, weil Dr. Atiman seiner Frau gegenüber die gleichen Methoden anwandte wie bei seinen Patienten, eine eigenartige Mischung aus Güte, Fürsorge und Strenge. Die Tatsache, daß er mit einer Einheimischen verheiratet war, erhöhte sein Ansehen, was ihm vieles erleichterte, brachte aber auch neue Aufgaben: Er hatte soviele Kranke zu betreuen, daß die beiden weißen Schwestern in seinem Hospital unmöglich alle Arbeiten schaffen konnten. Atiman besorgte ihnen einheimische Helferinnen. Da die Mädchen dort vieles lernten, hatten die Väter dagegen nichts einzuwenden. Aber als sich die ersten von ihnen entschlossen, in den Orden einzutreten, gab es erheblichen Widerstand. Daß ein Mädchen über sein eigenes Schicksal bestimmen wollte, war völlig neu. Bis dahin hatte es stets unter der Gewalt des Vaters gestanden. Er entschied auch, ob und wen es heiratete. Und er setzte die Morgengabe fest, die der Bräutigam zu entrichten hatte. Die jungen Schwestern brachen mit diesen Überlieferungen, und Dr. Atiman hatte alle Mühe, die aufgebrachten Väter zu beschwichtigen. Die besten Helferinnen dabei aber waren die jungen Schwestern selbst. Ihre Tüchtigkeit und Selbstlosigkeit erwarb ihnen bei den Kranken einen derart guten Ruf, daß es für die Familien bald zur Ehre wurde, eine Ordensfrau als Tochter zu haben. Das andere Problem trugen die Lièbespaare an den Doktor heran, der seit seiner eigenen Heirat in dem Ruf stand, sich in Ehedingen bestens auszukennen. Durch die Mitarbeit im Hospital und den Besuch der Missions- Kinderuntersuchung in unserem Krankenbaus auf der Station Gien Cowie. schule hatten die Mädchen viele Kenntnisse erworben,, die ihren Wert als Ehefrauen erhöhten. Die Väter versuchten, daraus buchstäblich Kapital zu schlagen, indem sie die Morgengabe kräftig anhoben. Dann kamen die Liebenden in ihrer Not zum Buschdoktor. Er war ihre letzte Rettung. Und meistens brachte er es fertig, den Brautpreis zu senken, oder gar ganz abzuschaffen. Wer in der Regenzeit vom Zipperlein geplagt war, wagte es nur selten, dem Doktor einen Wunsch abzuschlagen. Das alles tat Dr. Adrian Atiman neben seiner eigentlichen Arbeit. Schon die Aufgaben, die täglich in seinem Hospital auf ihn warteten, konnten einen Mann ausfüllen. Wiederholt mußte er anbauen, weil sich daš Einzugsgebiet immer mehr erweiterte Man brachte ihm die Patienten über Hunderte von Meilen, mit Booten aus Uganda von jenseits des Sees. Trotzdem wurde Dr. Atiman kein Spitalarzt. Bis in seine alten Tage blieb er der Buschdoktor, dem kein Weg zu weit war. Oft wanderte er tagelang durch Hitze, Staub und Wildnis, um in einem Dorf einen nicht transportfähigen Kranken zu besuchen, erst spät konnte er manchmal auch einen Wagen benutzen. In den Dörfern unterrichtete er die Frauen über Kranken- und Säuglingspflege und über Hygiene im Haushalt. Abends saß er mit dem Stammesrat beim Palaver und machte den Dorfältesten klar, wie j notwendig gute Brunnen, vernünftige Abwasserleitungen und Sauberkeit im Dorf wären. Er mußte mahnen, gut Zureden und notfalls auch ein Donnerwetter loslassen. Und es fehlte nicht an Enttäuschungen. Der gute Wille der Afri- kaner war der Last der schweren Arbeit und der drückenden Hitze nicht gewachsen, und oft mußte der Buschdoktor bei seinem nächsten Besuch feststellen, daß der von den Männern des Dorfes mit soviel Schwung begonnene Abwassergraben immer noch unvollendet, das fertiggestellte Stück mit üppigem Pflanzenwuchs überwuchert war, wenn es sich nicht inzwischen sogar in eine üble und gefährliche Kloake verwandelt hatte. Aber der Doktor war hartnäckig und zäh. Er fürchtete nicht um seine Beliebtheit, sondern wagte es, den Stqmmesältesten die Wahrheit ungeschminkt an die Köpfe zu sagen. Und er erreichte so meistens, was er wollte. Mit derselben Hartnäckigkeit, mit der er den Dorfhäuptlingen zusetzte, wandte er sich an die Kolonialbeamten. Erforderte die Sanierung besonders gesundheitsgefährdeter Gebiete, die Trockenlegung der Sümpfe und die Bekämpfung von Moskitos und Tse-Tse-Fliegen und machte dafür Vorschläge. Und er gab nicht eher nach, bis geschehen war, was er für notwendig hielt. Er hinterließ ein gesundes Volk Als Dr. Atiman starb, war die bei seiner Ankunft heidnisch ge-wesené Bevölkerung seines Arbeitsgebietes nicht nur überwiegend christlich, er hinterließ auch ein gesundes Volk. Nirgendwo sonst in Ostafrika war die Säuglings- und Kindersterblichkeit so gering, das Auftreten der gefürchteten Seuchen so selten, und die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung so hoch. Es hat nicht an äußeren Ehrungen für den Buschdoktor gefehlt. Ertrug drei belgische, zwei französische und vier britische Orden, sämtlich verliehen wegen seiner überragenden humanitären Leistungen und Verdienste. Eines Tages brachten ihm britische Kolonialbeamte die Welcome Medal of the Royal African Society, die neben ihm nur ein einziger in Afrika arbeitender Arzt trug: Albert SchWeit-zer in Lambarene. Auch drei Päpste ehrten Dr. Atiman: Leo XIII. verlieh ihm deh Orden Pro ecclesia et pontifice, Pius XI. sandte ihm den Orden Bene Merenti, und Pius XII. ernannte den ergrauten Afrikaner zum Kommandeur des Ordens St. Silvester. Doch nach jeder Ehrung saß der Buschdoktor wieder an den Lagern seiner Kranken, als wäre nichts geschehen. Dr. Adrian Atiman hat sein Leben und seine doppelte Arbeit als Katechet und Arzt ganz unter die Devise gestellt, die Kardinal Lavigerie seinen Söhnen, den Weißen Vätern, empfohlen hatte: Ihr müßt ein Beispiel der Nächstenliebe geben, damit die Menschen in ihr ein Abbild der alles umfassenden Liebe Christi erkennen und so bereit werden, die Botschaft von der Liebe zu hören und sie anzunehmen. Dr. Atiman hat in seinem Wirken keine Glaubensschranken gekannt. Er behandelte alle Patienten mit der gleichen Liebe und Fürsorge. Er hat nie zu überreden, sondern zu überzeugen versucht, wobei er sich, wie auch die Andersgläubigen rühmten, mit bewundernswerter Menschenkenntnis, mit Takt und Geduld auf den anderen einstellte. Als Buschdoktor erwarb er sich Dank und Anerkennung weit über die katholische Kirche hinaus. Er war einem Albert Schweitzer ebenbürtig. .Nein, danke, ich habe mir gerade ein Fernsehgerät gekauft!" ... daß die Durchschnittsgröße der Menschen in den letzten siebzig Jahren um sieben Zentimeter gestiegen ist? Gleichlaufend damit ist ein schnelleres Wachsen und früheres körperliches Reifwerden zu beobachten. Die Ursache ist noch ungeklärt, da sich sehr viele Umweltsbedingungen geändert haben. * * Ihm fällt ein Stein vom Herzen Der medizinisch wenig aufgeklärte Mensch des Mittelalters hatte nur unklare Begriffe von den Ursachen seiner zeitweiligen Gebrechen. Fühlte er sich durch Schmerzen gestört, waren seelische Nöte die Ursache seines Unbehagens, sö dünkte ihn ein Stein auf seinem Herzen zu liegen. Heute noch glauben wir, ihn vom Herzen fallen zu fühlen, wenn wir von irgend einem Kummer befreit sind. Wußten Si< ...daß die meisten Men-äthen ein kleines Atomkraftwerk bei sich tragen? Den Leuchtziffern der Uhr ist neben einem Binde-; mittel eine gewisse ] Anzahl selbstspaltender lAtome beigegeben. Das liußerdem beigefügte Zink-jsulfid leuchtet auf, wenn p von abgesprengten Atomteilchen qetroffen jtìrd. Warum sagt man „Pantoffelheld“? Was versinnbildlicht deutlicher den Sieg über einen Gegner — als dem Unterlegenen den beschuhten Fuß auf den Nacken zu setzen! Es galt von alters her ein Brauch, daß bei neu geschlossenen Ehen jeder der Partner versuchte, zuerst seinen Fuß auf den des anderen zu setzen. Da dieser Wettstreit im häuslichen Milieu ausgetragen wurde, pflegte man dabei Pantoffeln an den Füßen zu haben. Gelang es der Frau zu siegen, so mochte darin das erste Zeichen zu erblicken sein, daß sie auch künftig das Übergewicht haben würde. Es fehlte dann nicht mehr viel, daß der auf den Fuß getretene Ehemann, eingeschüchtert von seiner fixeren und resoluteren Ehehälfte, zum „Pantoffelhelden" degradiert wurde. * Die Bienen I Lieber Fritz! Unser Lehrer hat Bienen. Die Bienen wohnen in einem Haus mit vielen Wappen. Manche Bienen sind faul. Die Bienen machen Honig. Wir sollen ihnen nachmachen. Wenn die Bienen stechen, dann müssen sie sterben, das ist schade für die Blüten. Und wir bekommen kein Obst. Das wünscht Dir von ganzem Herzen Dein Freund Karlchen Zwei Mädchen aus dem Stamme der Pedi auf unserer Missionsstation Gien Cowie. Das Gebiet um Gien Cowie soll zu einem Reservat für die Schwarzen werden. Das halte zur Folge, daß alle Weißen, Missionare, Schwestern und Ärzte die Station verlassen müßten. Die Folgen wären noch nicht auszudenken. Es klingt wie ein Roman Ein ungewöhnlicher Bericht über das Schick-sal von vier Veroneser Missionaren bei den Aufständen im Kongo. festliche Söldner durchstreifen den Dschungel nach Simba-Rebellen. Bis August 1964 ging die Tätigkeit in den beiden Missionsstationen von Rungu und Ndedu in der Diözese Nyangara in der kongolesischen Provinz des Uelle durchaus zufriedenstellend voran. Zu Rungu war P. Lorenz Piazza Oberer und leitete die beiden Schulen der Station. P. Evarist Migotti unterrichtete die Taufbewerber und besuchte nebenbei die Dörfer der Umgebung. P. Anton Zuccali beschäftigte sich mit den missionarischen Außenposten, während Bruder Carlo Mosca die Werk- statt besorgte und sich überhaupt mit den materiellen Dingen zu béfassen hatte. Alle vier Missionare hatten vorher im Sudan gearbeitet, wo sie von der mohammedanischen Regierung ausgewiesen worden waren. Die „Volksrepublik" des Christoph Gbenye zu Stanleyville hatte anfangs noch keine ernsten Schwierigkeiten Verursacht; nur die Versorgung litt unter Hindernissen. Man könnte sich nicht mehr frei bewegen, da die „Simbas" die „Löwen"-Rebellen, die Autos abgefordert hatten. In jenen Tagen war ein ständiges Hin und Her von „Simbas", die von Paulis, der Provinzhauptstadt, flüchteten und häufig in der Mission zukehrten, wo sie Nahrung, Geld oder anderes forderten. Die Missionare hatten vorsichtig zu sein, um nicht eine Kugel oder einen Lanzenstich zu kassiéren. Die „Simbas" waren alle bewaffnet. Selbst die Verwundeten im Krankenhaus von Paulis flohen nicht ohne eine Waffe, bereit, sich zu verteidigen oder zu töten. Die „Simbas" erzählten sich häufig ihre abergläubischen Ansichten. So waren sie überzeugt, daß die „Zaubermedizin", die sie am Tag ihrer Einreihung erhalten hatten, sie vor den Kugeln der Gewehre bewahren werde. Damit ein Flugzeug ab-stürze, genüge es, ein Messer in den Boden zu stecken. Einer der Führer im aufständischen Heer stattete der Mission einen Besuch ab. Er zeigte sich sehr höflich und bot den Missionaren Zigaretten an; aber auch er glaubte an die Unverwundbarkeit der „Löwen". Niemals gaben die Rebellen die Möglichkeit des Verlierens zu. Das Missionshaus von Rungu wurde von Soldaten und ihren Frauen besetzt, während die vier italienischen Missionare, drei belgische Dominikaner und drei belgische Laien sich mit einem einzigen Raume begnügen mußten. Am Tag nach der Ankunft der belgischen Fallschirmjäger zu Paulis, 60 km von Rungu entfernt, wurden die Aufständischen von Schrecken ergriffen und zogen sich zurück. Die Missionare ihrerseits fürchteten, daß der eine oder andere Nachzügler in die Mission kommen und sie töten könne. Sie beschlossen daher, sich einstweilen im Wald zu verbergen; die drei Dominikaner gingen mit ihnen. Sie schliefen im Freien unter Bäumen. Täglich erhielten sie Nahrung von ihren getreuen Lehrern, welche die Mission bewachten Und dabei mehr als einmal in Todesgefahr, gerieten. Eines Tages vernahmen die Missionare das Brummen eines stehenden Autos. Sie wußten natürlich nicht, ob sie mit Freund oder Feind zu tun hatten. Später erfuhren sie, daß es ein Lkw der Nationalarmee gewesen sei, der nach ihnen suchte. Am Morgen des 30. November, nach einer Woche im Busch, erzählten ihnen die Lehrer, daß die „Simbas" sie mit dem Tode bedroht hätten, wenn die Missionare nicht zurückkehrten. Die Missionare berieten sich untereinander und beschlossen einstimmig, nachzugeben, um das Leben der Getreuen nicht in Gefahr zu bringen. Sie bereiteten sich durch die hl. Beicht auf den Tod vor und kehrten in die Öffentlichkeit zurück. Gerade als sie ihr Versteck verlassen wollten, kam ein Lehrer in aller Eile herbei und riet ihnen, noch im Wald zu bleiben, weil am nächsten Tag ein Lkw der Nationalarmee erwartet werde. So blieben die Missionare noch einen weiteren Tag im Wald. P. Zuccali aber war nicht mehr bei ihnen,- er war mit dem Bei; gier Paul Lepeche, der in der Nähe eine Kaffeepflanzung besaß, bereits vorher davongegangen. Lepeche fühlte kein Verlangen, sich den „Simbas", aus freien Stücken auszuliefern. Er hatte vielmehr im Sinne, mit P. Zuccali nach Paulis zu fliehen; allein sie entgingen ihrem Schicksal nicht. Als die Missionare am folgenden Tag, dem T. Dezember, auf der Mission angekommen waren, drohten ihnen die Rebellen mit Erschießen; der eine oder andere von ihnen aber sagte ganz freundschaftlich: „Fürchtet nichts! Wir werden euch nicht umbringen!" Bald darauf aber nahmen ihnen die „Simbas" die Uhr.en ab und ließen ihnen nur eine einzige Decke. Beim Kommandeur wurde ihnen alles Schriftliche abgenommen und sie wurden dann in eine Hütte gesteckt. Ein Offizier versicherte ihnen, daß sie nach Paulis gebracht würden und dort freigelassen werden. Er bot ihnen Zigaretten an, während ein Grieche ihnen etwas zu essen gab. Nach einigen Stunden erschien ein Major und fragte, ob BeU gier unter den Missionaren seien. Dann fügte er hinzu: „Die Italiener erledigen wir morgen; ihr letztes-Stündlein ist gekommen." Von P. Piazza verlangte man Geld, aber die Missionare hatten kein Geld mehr, es war ihnen bereits alles abgenommen worden. Nachdem man den Missionaren Schuhe und Strümpfe abgenommen hatte, lud man sie auf einen Lkw und es ging dem nahen Fluß Bomakundi zu, dessen lange Brücke sehr eng ist. Sie wurden über die Brücke ans andere Ufer gebracht. Es waren lie Außenstationen sind oft nur auf abentéuerlichen faden zu erreichen. In der Regenzeit ist dies besonders (hwierig. irer sechs Personen, nämlich lie Patres Piazza und Migotti, lie drei Dominikaner Augustin enden Wijngaert, Josef Cools nd Vincent de Doncker und luder Carlo Mosca. Da der etztgenannte auf fast wunder-Jnre Weise mit dem Leben da-Jonkam, wollen wir ihn gelbst wählen lassen: Wir fühlten große innere Ruhe, line daß wir Worte äußerten, iottes Gnade stärkte uns. Es jochte 10 Uhr abends gewesen sin, und es war sehr dunkel. Se Rebellen stellten den Waten so, daß die Lichter nach ungu blickten. Ich wurde als fster zürn Absteigen veranlaßt; iji mußte mich auf die Straße or der Brücke setzen: Der Andrer der „Simbas" rief mir zu: „Zeige dein Gesicht!" Ich tat es. Ein Schuß fiel. Ich fühlte eine starke Spannung in meiner linken Schulter, und mein linker Arm schien wie gelähmt. Einige Sekunden war ich unentschieden, wie ich mich verhalten sollte. Dann kam mir ein guter Gedanke. Ich ließ mich schwerfällig auf meine rechte Seite fallen, wie wenn ich tot wäre. Nach mir hatten die übrigen den Wagen .verlassen. Zuerst wurden die drei belgischen Dominikaner erschossen, alle zu meiner Rechten, wie ich mit dem Gehör feststellen konnte. P. Piazza setzte sich zu meiner Linken nieder. Ein gut gezielter Schuß traf ihn und er fiel hintüber, ohne ein Zeichen von Schmerz zu geben. Zuletzt kam P. Migatti daran. Da wenig Platz mehr war, fragte er mit gewohnter-Einfalt: „Wapi?" „Wohin?". Sein Opfer beschloß das Trauerspiel des Tages. Die „Simbas" entfernten sich aber in größter Eile, und es blieben nur vier jugendliche Neugierige auf dem Platz. Sie packten die Leichen, eine nach der andern, bei den Kleidern und schleiften sie zur Mitte der Brücke, wo sie diese über das Schutzgitter hinweg in den Fluß fallen ließen. Die Brücke steht etwa zehn. Meter über dem Fluß. Das Wasser im Fluß ist aber nur etwa einen Meter tief. Ich war der Vorletzte, der in den Fluß geworfen wurde. Die Gnade Gottes stand mir bei in jenem kritischen Augenblick. Ich hatte keine Furcht, mir vielleicht eine Verletzung beim Sturz zuzuziehen oder in die Gefahr des, Ertrinkens zu kommen. Glücklicherweise berührte ich mit dem Rücken das Wasser und ich konnte mich gleich auf die Füße stellen und mich an einem Brük-kenpfeiler halten. Ich hielt mich unter der Brücke verborgen, bis die letzte Leiche abgeworfen war. Die merkwürdigen Totengräber entfernten sich eilig. Ich zog mein Kleid aus, das mich an der Bewegung hinderte. Indem ich gegen die Strömung ankämpfte, gelangte ich von Pfeiler zu Pfeiler, bis ich das Ufer erreichte. Nach einiger Überlegung fand ich es angebrachter, mich von der Brücke zu entfernen. Bei einer Hütte am Weg klopfte ich an, aber der Eingeborene, der dort wohnte, bat mich flehentlich, weiterzugehen, weil man ihn sonst umbringen würde. So verbrachte ich die Nacht am Flußufer. Ein heftiges Gewitter brachte starke Blitze, rollenden Donner und einen wolkenbruchartigen Regen, so daß ich fröstelte. Beim Morgengrauen suchte ich das Seminar zu erreichen, wobei ich dem Fluß folgte, der hier eine große Biegung macht. An diesem Tag genoß ich nichts als das Wasser des Flusses. Am zweiten Tag faßte ich Mut, die Umgebung auszukundschaften. Ich fand zwei Maniokwurzeln, mit denen ich meinen Hunger stillen konnte. Nachts befielen mich Gedanken der Verzweiflung, und ich schrie mit der ganzen Kraft meiner Seele: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Am dritten Tag kam ich zu einigen verlassenen Hütten. Ich betrat eine und fand darin etwas Maniok und Palmöl. Ich röstete den Maniok mit dem öl und aß. Später fand ich noch wilde Ananas. Am Morgen des vierten Tages hörte ich das Brummen vieler Autos, die auf der Straße dahinrollten. Nach einiger Zeit begegnete ich einem Mann, der mir zu verstehen gab, daß die Rebellen mich suchten. Sie hatten offenbar bemerkt, daß eine Leiche im Fluß fehlte. Schon lief ich den „Simbas" in die Finger. Sie luden mich auf ein Lastauto, das gerade des Weges kam, und brachten mich zum Kommandeur von Rungu. Anfänglich betrachteten mich die „Simbas" mit unverhülltem Haß, dann aber begann ein Offizier seine Glossen zu machen. „Das ist doch ein Wunder! Nur Gott hat dich gerettet! Du bist unverwundbar, deshalb wirst du Erzbischof der Volksarmee werden!" Man gab mir Brot und Margarine zu essen. Alle wollten meine Schulterwunde sehen und wunderten sich über meine Rettung. Am Abend ging der Offizier zu den Schwestern und erzählte ihnen von meinem Wiederauftauchen; er werde mich am folgenden Tag zwecks Behandlung meiner Wunde zu ihnen bringen. Der Oberst von Rungu kam von einer Reise zurück und war sehr ungehalten darüber, daß man die Missionare erschossen hatte. Er versicherte den Schwestern, es wäre nicht geschehen, wenn er gegenwärtig gewesen wäre. P. Zuccali, der mif dem Belgier Paul Lepeche im Wald geblieben war, wurde am 2. Dezember von einem Eingèborenen aufgefordert, ihren Schlupfwinkel zu verlassen, weil die Rebellen jeden töteten, der Weiße verheimlichte oder auch nur gesehen hätte, wenn er es nicht auch anzeigte. Daraufhin begaben die beiden Freunde sich zur Mission. Ein böswilliger Schwarzer verriet ihre Anwesenheit an die Rebellen, die beide sofort erschossen. Auch ihre Leichen wurden in den Fluß geworfen und von der Strömung fortgeführt. Die griechischen Kaufleute blieben alle unbehelligt, vielleicht hatten sie sich durch namhafte Zahlungen losgekauft. Um uns besser schützen zu können, lud der Oberst die Schwestern und mich ein, in seinem Haus zu wohnen, einem schönen Gebäude, das einem griechischen Kaufmann gehört hatte. Dort blieben wir ungestört und gut behandelt mehr als drei Wochen. Ein gewisser „Löwe", der mich früher tödlich gehaßt hatte, wurde unser Freund, der mir Zigaretten brachte. Wir waren hier über Weihnachten. Die Lehrer der Mission hielten Gebete mit Gesang in der Kirche; an diesen Andachten nahmen auch die beiden Schwestern teil. Die meisten Europäer waren in den Wald geflohen. Am Nachmittag des 29. Dezember hatten wir in Gesellschaft von 15 Griechen einen Lkw zu besteigen, der uns nach Aba brachte, wohin die Rebellen sich begaben, um Waffen zu fassen. Zu Nekalaba hielt uns ein halb betrunkener Oberst eine lange Predigt mit unzähligen religiösen Entgleisungen. Die Nacht verbrachten wir zu Gao, alle zusammengedrängt in einem Raum, Am Morgen fuhren wir nach Mungbere ab, wo wir kurz vor Mittag ankamen. Dort fanden wir zu unserer Überraschung etwa 70 Patres und Schwestern und zwei protestantische Prediger. Am folgenden Morgen, als ich mich gerade im Freien wusch, trieben die Wächter uns wieder ins Innere. Nach wenigen Augenblicken entstand ein großer Lärm: die europäischen Söldner waren im Anzug ! Nachdem die Schießerei aufgehört hatte, öffnete sich die Tür und drei Söldner von riesiger Körpergröße traten ein, die Gesichter bis zur Unkenntlichkeit beschmutzt. Die Gefangenen warfen sich ihnen entgegen, um sie zu umarmen. Bei ihnen war Dr. Giacomelli von der italienischen Botschaft in Leopoldville, der sogleich nach mir fragte. Man lud uns wieder auf Lastautos und brachte uns in die Stadtmitte. Dann wurde beschlossen, einen verwundeten holländischen Pater und mich in einem Helikopter weiter zu schicken. Erst als ich nach Paulis kam, erfuhr ich vom gewaltsamen Tod unseres Paters Armani, Er war anfangs November nach Rungu gekommen, aber wir hatten vergebens auf seine Rückkehr gewartet." Soweit die Erzählung des dem Tode entronnenen Bruders. Bruder Carlo Mosca kam am Fest der Erscheinung des Herrn ins Mutterhaus der Kongregation nach Verona. Am Nachmittag erzählte er seine Erlebnisse, die wie ein Roman klingen. VI una I an7P I 'wi I IjLv der inainaianer v. P. A. Starker ____ I• . I• Eine Gruppe Huanucener Negritos. Es sind Maskentänzer, die an die Freilassung der Negersklaven in Peru erinnern. Oberali in Peru, wo wir Indios, ganz und gar in ihre Welt versunken, bei religiösen oder weltlichen Festen musizieren hören, da wissen und empfinden wir, daß es vor vielen hundert Jahren oben in den Anden Menschen gegeben haben muß, deren Empfindungswelt sich in Ec'nts von jener der heutigen, olteingesessenen Stämme unterschieden hat. Gewiß hat die katholische Kirche viele Feste und ! neuartige Tanzspiele eingeführt, ober das geschah schon in den Anfängen der spanischen Herrschaft. Katholische Priester erfanden neue Pantomimen und führten neue Charaktere ein, wie .Mohren und Christen", und versuchten damit, die Kämpfe zwischen den Christen und den Heiden darzustellen. So kam es, daß die Indios in den Tanzspielen ihre eigene Unterwerfung enter den neuen Glauben vor-; führen. iMusik ist eine völlig abstrakte und subjektive Kunst. Darum kann sie länger und reiner als andere künstlerische Aussagen viele Zeitalter überdauern. Obwohl gerade Peru in den letzten Jahrhunderten sehr unter dem Einfluß der Zivilisation gestanden hat, welche die Musik mit spanischen Elementen durchsetzte, so gilt das doch in der Hauptsache nur für die Städte und Ortschaften, in denen Mestizen (oder Cholos), Mischlinge aus Weißen und Indios, vorherrschen. Die Musik, die dort gepflegt . wird, findet ihren Ausdruck hauptsächlich im sogenannten „Huayno" oder „Marinera". Bei dieser Musik der Mestizen, wie wir sie bei den Festen in Huanuco, Cerro de Paseo oder Llata erleben, herrscht das spanische Element schon zu stark vor und ist deshalb uninteressant. Die Indiomusik dagegen, die heute noch in ganz abgelegenen Provinzen, hoch oben in den Anden, z. B. in der Gegend von Arancay oder Chavin, gepflegt wird, dürfte sich seit der Inkazeit nicht viel verändert haben. Diese Musik, die den Charakter und das Seelenleben der Indios vermutlich am reinsten wiederspiegelt, steht wie das ganze Leben dieser Menschen unter dem Einfluß des Allgottglaubens und des Glaubens an geheimnisvolle Zusammenhänge aller Dinge in der Welt. Die Indios der Andenwelt Perus sind heute dem Bekenntnis nach Christen, aber dem eigentlichen Wesen des Christentums noch nie recht nahe gekommen. Im tiefsten Innern halten sie an ihren alten Mythen und Überlieferungen fest. So entstand eine eigenartige Mischung zwischen dem katholischen Ritus und den altüberlieferten Gewohnheiten. Diese Mischung begann zur Zeit der Eroberung (1531—35) unter Pizarro und setzt sich bis heute fort. Ohne Zweifel sind Tänze, bei denen sich die Tänzer mit Tierfellen und Federn verkleiden und Tiermasken tragen, jotemi-stischen Charakters. Sie weisen sicher auf einen präinkaischen Ursprung zurück. Hingegen sind die bei jedem größeren Fest vertretenen Teufel und Mohren, die „Diablitos und Negritos", auf kolonialen Einfluß zurückzuführen. Die hauptsächlichsten Ereignisse des religiösen und kulturellen Lebens der Indios finden ihren Ausdruck in den großen Festen des Jahres. Der Indio, der heute die Geburt Christi, das Osterfest, die Auferstehung oder Fronleichnam feiert, denkt dabei viel mehr an seine alten Götter. Und so ist es kein Zweifel, wenn das Fronleichnamsfest im Mai oder Juni mit dem „Inti-Raymi", dem uralten indianischen Sonnenfest, einhergeht. Auch die alten indianischen Feste der Aussaat und Erntefallen mit christlichen Feiertagen zusammen. Unter den Heiligen der katholischen Kirche wird z. B. Santiago (Jakobus) sehr verehrt. Was der blitzeschleudérnde Zeus für die alten Griechen bedeutete, das ist Santiago für die Nachkommen der Inkas: Deshalb nennen sie ihn auch „Apu-Illapu", den Herrn des Blitzes, und feiern ihm Feste, um vor Blitz und Hagel geschützt zu sein. Auch in die entlegensten Dörfer ist der christliche Glaube gedrungen, und so finden wir bei den peruanischen Hochland-Indios jene eigenartige Mischung von altindianischen Gebräuchen und dem Prunk katholischer Riten. Es nimmt uns deshalb nicht Wunder, wenn in einer Kirche, etwa in Chuquibamba, Fruchtopfer. wie Maiskolben, Kartoffeln und Koka, auf den Altar gelegt werden, oder wenn man in Hu- ampoy das Fleisch unter bestimmtem Zeremoniell geschlachteter Lamas oderStiere vom Priester weihen läßt! Oder wenn der Indio beim Überschreiten einer großen Höhe am Gipfelkreuz Koka, Tabak und einp Geldmünze niederlegt, um dem Höhengott „Auquillo" ein Opfer darzubringen — oder wenn dem Priester die Eingeweide eines Guy (Meerschweinchen) zürn Segnen hingehalten wird, damit eine alte Indiofrau daraus besser die Todesursache eines Verstorbenen feststellen kann — oder wenn ein Indio den Priester bittet, eine „Misa de Maldicion", eine Fluchmesse zu lesen, damit sich der Dieb seines Maultieres ■das Genick bricht! usw.... Außerordentlich vielseitig sind die Verkleidungen der Tänzer, die immer in bestimmten Gruppen auftreten. Eine solche Gruppe wird entweder nach den Masken benannt oder nach ihren Musikinstrumenten, die von den Tänzern zum Teil auch gespielt werden. So haben die Kenachos oder Kenakenas ihren Namen durch die Kena, einer Längsflöte der Indios. Der Ke-nacho darf bei keinem richtigen Indiofest fehlen. Er schlägt mit der rechten Hand die Trommel und spielt gleichzeitig mit der linken die Kena. Chunchos (Bezeichnung für die Wilden des Urwaldes), wörtlich: Eulen, heißt eine andere für bestimmte Gegenden der Sierra (Hochland) charakteristische Gruppe. Ihr Tanz, Erinnerung an einen Kampf zwischen den Indios der Anden und den Wilden des Urwaldes, ist eine wilde Maskerade. Die Tänzer tragen Masken wilder Tiere und Federschmuck auf dem Kopf, sind behängt mit ausgestopften Vögeln, Ketten aus Schneckenhäusern oder Samen von Urwaldfrüchten. In den Armen halten sie Pfeil und Bogen oder Schwerter,! Die Musik dieses Tanzes wird zuweilen von den unartikuliert ten, wilden Schreien der Ausfüh-J renden unterbrochen. Ein weite-1 rer interessanter Tanz der Hoch-* lahdindianer ist der Fruchtbar-! keits- oder Aussaattanz. Die Tämi zer tragen Holzmasken und an i den Beinen Ledermanchetten, an denen zahlreiche Glöckchen befestigt sind. In den Händen hai-1 ten sie hölzerne Grabscheite,.jj mit denen sie im Rhythmus derl Musik in wilden Sprüngen die j Aussaat von Kartoffeln odeti Mais darstellen. Eine der originellsten Gruppen! bei den Indiofesten ist der Hu-i aca-Tokjoris. Die Tänzer stek-J ken in einer Stierattrappe, ausi deren Rücken sie gewissermaßen ; als Reiter herausragen. Wäh-J rend sie sich gegenseitig mif| den Hörnern stoßen und mit deni Füßen am Boden scharren, füh-| ren sie eine wilde Pantomime j auf. Diese verschiedenen Tän-1 zergruppen werden hoch durch! andere Gestalten ergänzt, ani erster Stelle durch die DiablosJ die Teufel, meist mit rotem Ko-j stüm und Teufelsmasken. Sie j sind gewissermaßen die Gegen- j .spieler einer Gruppe, die sie Späße machend umtanzen. Auch der Kusillo. spielt bei den Indio- j festen die Rolle eines Außensei-1 ters (Kusillo ist der Gott des Tanzes) und belustigt die Indios j mit seinen grotesken Sprüngen und wilden Phantasien. Die Musik der Indios ist — wie auch ihre Geisteswelt — mystischen und pantheistischen Ursprungs. Sie ist großartig wie die schneegekrönten Häupter der Anden, ernst und streng wie die end- j losen Pampas der Sierra. Der Indio ist von Natur aus sanften : Charakters, so klingt auch in seiner Musik eine sanfte lyrische Note. Gewiß entstanden bei den Indios durch spanischen Einfluß neue Melodien, alte erfuhren einige Abänderungen, und neue Instrumente, wie das Charango, eine mit fünf Doppelsaiten gut bespannte Gitarre, deren Klangkörper aus der Schale des Gürteltieres geformt ist; die Harfe (die Inkas kannten kein Saiteninstrument) und Trompete wurden angenommen. — Trotzdem bewahrt die Musik jener Andenvölker ihren in sagenhafter Zeit geprägten Charakter. Um die Musik eines Volkes zu beurteilen ist es notwendig, sie nicht nur in ihrer Thematik, sondern auch im Wechsel ihrer Rhythmen, in ihrer Ausdruckskraft sowie in ihren Melodien zu erfassen. Das präkoloniale Peru hatte eine Musik, der das Fünftonsystem zugrunde lag. Dieses Fünftonsystem ist bei den Andenvölkern heute noch die Basis. Als die Spanier ins Land kamen, vermischten sich indianische Fünf-Ton-Melodien mit den Elementendes europäischenTon-systems, Damals gaben die Spanier diesen Melodien den Mollcharakter, der sie dem europäisch geschulten Ohr melancholisch erscheinen läßt. Und so erklärt es sich auch, daß uns Missionaren die Andenmusik trau- Der Tanz der Chunchos ist eine Erinnerung an den Kampf zwischen den Indios der Anden und den Wilden des Urwaldes. Die Tänzer sind behängt mit ausgestopften Vögeln, Ketten aus Schneckenhäusern oder Samen von Urwaldfrüchten. In den Armen halten sie Pfeil und Bogen oder Schwerter. Die Musik dieses Tanzes wird zuweilen von unartikulierten Schreien der Tänzer unterbrochen. Der Kenacho darf bei keinem richtigen Indiofest fehlen. Er schlägt mit der rechten Hand die Trommel und spielt gleichzeitig mit der linken die Kena. Beim Fruchtbarkeits- oder Aussaattanz tragen die Tänzer zahlreiche Glöckchen an den Beinen. rig erscheint. Hinzu kommt noch, daß die Ausdrucksweise von Trauer und Freude bei einem südamerikanischen Hochlandindianer völlig anders ist als bei einem Europäer. Hat man sich aber einmal in diese Musik hineingehört und hineingelebt, dann stellt man fest, daß die Musik der Andenvölker in Wirklichkeit heiter ist. Flöten verschiedener Größen und Formen, Kenas, Tar-kas, Pinquillos und Antaras zaubern, von dumpfen Trommeltönen begleitet, die einzigartige Stimmung indianischer Feste in den Anden hervor. Und diesem Zauber braucht man sich nur hinzugeben, wenn man die Indiomusik erfassen will. Wer die alte, echte Indiomusik erleben will, der darf keine Mühe scheuen: Er muß ein Maultier besteigen und drei bis fünf Tage reiten, hinauf bis zu 4000 Metern Höhe. Und dort in den sonnigen Tälern und auf den endlosen Pampas, in. den abgelegensten Dörfern, bei den Lama-und Schafhirten, bei den letzten unvermischten Nachkommen der Inkas, dort kann er, wenn er Glück hat und gerade ein Fest gefeiert wird, bei einem saftigen Stück Pachamanca und einem Becher Chakta (Schnaps) den weichen, lyrischen Melodien mit ihren feinen Rhythmen lauschen und sich erfassen lassen vom eigenartigen Zauber der wilden und geheimnisvollen Tänze der alten Inkasöhne. Spi ■■lil 11 11 I 1 fiC Endlich habe ich das Buch „In-daba my Children" „Eine Geschichte, liebe Kinder" gelesen. Gott sei Dank! Das Buch verspricht viel. Die Umschlagseite verkündet, daß der Verfasser, ein Zauberdoktor und „Eingeweihter", den Schleier des Gèheimnisvollen zerreißt, der Jahrhunderte lang die Stammesgeschichte der Schwarzen, ihre Sitten und religiösen Anschauungen verhüllt hat. Dadurch hat der Zauberdoktor seine heiligsten Stammeseide gebrochen und gilt als Verräter seiner Landsleute. Er glaubt durch die Offenbarung der Wahrheit die Rassenkluft zwischen Weiß und Schwarz überbrücken und das Blutvergießen im Kongo, auf dem ganzen afrikanischen Kontinent, beenden zu können. Jeder Missionar will sicher alles tun, um seine Leute so gut als möglich zu verstehen, ihren geschichtlichen Hintergrund, ihr Denken, ihre Sitten und Gebräuche. So habe ich mir denn auch gleich das Buch gekauft, trotz des hohen Preises von 35 DM. Wenn es mir hilft, zu einem besseren Verständnis der Schwarzen und damit auch zu einer wirksameren Missionsarbeit, ist ! das Geld nicht hinausgeworfen. Der Verfasser des Buches heißt Vusamazulu Credo Mutwa. Der Name ist so pompös wie der Stil dieses Buches. Es ist in Englisch geschrieben. Der Zauberer nimmt ein scheit in den Mund. Vusamazulu heißt „der Himmel hebt", Credo — aus dem lateinischen Glaubensbekenntnis — „ich glaube" und Mutwa heißt „Buschmann". Durch den letzten Namen soll wohl ein langer Stammbaum und die Blutsverwandtschaft mit anderen Stämmen ausgedrückt werden. Zur Person des Verfassers ist zu sagen, daß er der uneheliche Sohn eines Katechisten aus Natal ist. Später ist er auf den Rat seiner Muttèr hin wieder zum Heidentum zurückgekehrt und hat das Erbe des mütterlichen Großvaters übernommen, Erb-Hoch - Zauberdoktor der Zulunation, Wächter der Stammesgeschichte und Stammesreligion, der „Auserwählte" zu sein. Vusamazulu hofft wohl im Stillen, daß sein Buch unter den Schwarzen zu gleicher Bedeutung emporsteigen wird, wie der Koran unter den Mohammedanern oder gar die Bibel unter den Christen. Das Buch stellt eine Verteidigung der Schwarzen und ihrer Kultur dar. Es strebt eine Neublüte des Heidentums an, eine Bantu-Renaissance. Mutwa nennt sich zwar selbst „a humble Kaffir", einen bescheidenen KafFer, aber das Buch selbst ist alles andere als bescheiden. Es weiten sich unsere Augen in unglaublichem Er- glühendes Holz- staunen, wenn wir da lesen, daß die Schwarzen einst „eine faszinierende Kultur" ihr eigen nannten, daß sie schon in der Steinzeit Operationen durchführten, wie Kaiserschnitt, Entfernung eines Gehirntumors und ähnliches. Sogar die Kunst des Flie-gens hatten die Schwarzen schon erfunden. Ein gewisser Nkume habe sich eine Maschine aus Schilfrohr und Schlangenhaut gebaut und ist damit von einem hohen Felsen in den Abgrund geflogen. Leider ist es ihm aber dabei ergangen wie dem bekannten Schneidèr von Ulm. Einige wörtliche Zitate aus dem Buch sollen zeigen, wessen Geistes Kind dieser neue Messias ist, den sogar Weiße begünstigen, die mit der Universität in Johannesburg in Verbindung stehen. Seite 469: „Und jetzt möchte ich eine kühne Erklärung abgeben. Die Ohren haben, mögen hören, in meinem eigenen Vaterland und draußen. Und die keine Ohren haben, die in den Vereinten Nationen, sollen versuchen, es zu verdauen, mit was immer ihnen an rudimentären Gliedern noch verblieben ist. Es ist sehr wenig wirksamer kommunistischer Einfluß in Afrika. Der Schein kann trügen. Die Bantu weisen alle fremden Glaubensbekenntnisse heute mit der gleichen Entschlossenheit zurück, mit der sie Christentum und Islam zurückgewiesen haben. Nationalismus in Afrika ist nicht ein Streben nach politischer Unabhängigkeit, sondern eine Rückbewegung zum Glauben unserer Ahnen. Das Schicksal Afrikas liegt in den (Händen der Zauberdoktoren! Ein einziger Zauberer in Autoritätsstellung kann mehr tun zur Wiedergutmachung des Schadens, der durch den Krieg im Kongo verursacht wurde, als die ganzen Vereinten Nationen tun können." Seite 560: „Das einzige, was uns retten kann ist, den Fremden offen zu sagen, daß wir nicht wünschen, ihren fremden Glauben, ihre Dogmas, Anschauungen und Philosophien eingebläut zu bekommen. Die Söhne Afrikas müssen der Welt wissen lassen, daß wir ohne Zivilisation aus-kommen, wenn Zivilisation bedeutet, daß wir unsere eigene Kultur und unseren eigenen Glauben u,nd unsere Lebensweise über Bord werfen müs-Seite 558: „Die Kultur meines Volkes darf nicht untergehen!" Gewiß wollen die Missionare die Schwarzen nicht zu Europäern machen, sondern zu Christen. Was gut ist sollen sie behalten. In der sogenannten Zivilisation der Weißen ist sicher vieles faul. Beide, Weiße und Schwarze, brauchen den Erlöser, eine christliche Kultur. Die sogenannte Kultur, wie Mutwa sie schildert, erfüllt den Leser mit Entsetzen und Ekel. Der Lasterkatalog des Heidentums, wie ihn der hl. Paulus im ersten Kapitel seines Briefes an die Römer aufzählt, ist nur ein schwaches Abbild der ungeheuerlichen Schilderungen Mut-was, des Zauberdoktors. Ich kann nicht verstehen, daß die südafrikanische puritanische Regierung, die so viele Bücher und Filme auf ihren Index setzt, solch ein Buch veröffentlichen läßt. Oder sollte, vielleicht unbewußt, die Idee dahinter stecken: Laßt nur die KafFern sich in ihrem eigenen Dreck wälzen, umso leichter werden wir sie beherrschen können? Mutwa spricht vom hohen sittlichen Stand im Bantuleben, der durch den moralischen Standard der westlichen Zivilisation rücksichtslos hinuntergeackert wurde. (Seite 515.) Seine Gottesanschauung? (Seite 457) „Gott ist weder unser Wohltäter, noch kümmert er sich in irgendeiner Weise um uns." Trotzdem will Mutwa den Gottesglauben beleben. „Die ,lchs’ seiner Ahnen lebendig zu erhalten, ist die größte und wichtigste Pflicht des Menschen in seinem Leben!" (Seite 462). Zu diesem Zweck muß jeder Mann wenigstens drei Frauen haben. Er predigt eine Art Seelenwanderung und Selbst-er-lösung. Sein System ist aber so voller Widersprüche und Ungereimtheiten, so angefüllt mit dummer Eingebildetheit, daß man ihn wirklich nicht ernst nehmen kann trotz aller guten Absichten, die er haben mag, und trotz des erstaunlich güten Englisch mit den seltensten Ausdrücken, die man nur im Lexikon; finden kann. (Ein Zug, deh mari; auch in den Briefen unserer katholischen schwarzen Lehrer antrifFt.) Wie weit das Englisch Mutwas von seinen weißen Paten herkommt und wie viel von ihm selbst stammt, ist schwer zu sagen. Die erschreckende Fratze des Heidentums grinst uns aus diesem Buch entgegen. Afrika ist noch weit weg vom Christentum,: ich meine Afrika als Ganzes und als ein Volk. Die Missionare haben noch eine große und schwere Arbeit vor sich. Laßt uns darin nicht müde und mutlos werden! P. Dr. W. Kühner Die ZaubeKer sind auch heute noch in den Völkern Schwarzafrikas 'sehr gefürchtet und gefragt. Die Methoden ihrer Zauberkünste sind sehr vielfältig. Im Bild links beschwört ein Zauberer die kranke Stelle am Körper eines Jungen. Hoffnung für Südamerika Durch das vatikanische Konzil wurde den Sorgen der lateinamerikanischen Kirche weltweites Gehör verschafft. Die Anwesenheit zahlreicher lateinamerikanischer Konzilsväter in Rom, ihre Berichte an höchster Stelle und ihre Kontakte mit ihren Mitbrüdern im Hirtenamt, haben mehr denn je Interesse und Teilnahme erweckt und neuen Hilfsappellen Nachdruck verliehen. Lateinamerika ist heute eine brennende Aufgabe der Kirche geworden. Von den 201 Millionen Einwohnern sind zwar 90 Prozent getaufte Christen, aber in keinem christlichen Land findet der Kommunisms so reichen Nährboden, wie gerade in Südamerika. Revolutionen und, Putsche scheinen an der Tagesordnung zu sein. Die sozialen Zuständige sind himmelschreiend; krassester Reichtum neben bitterster Armut; Wolkenkratzer und Luxusvillen neben Wellblechhütten und Erdlöchern. Das mag der Erzbischof von Guatemala wohl vor Augen gehabt haben, als er erklärte: „Wenn die Reichen nicht aufhören, die Armen auszubeüten, wird der Kommunismus wie ein Panzer die Völker unseres Kontinents überrollen." Man erkennt immer deutlicher, daß Südamerika das „Land der Zukunft" ist, jener Erdteil, der am schnellsten wächst und vielleicht am meisten verspricht. In Südamerika wohnt heute ein Drittel aller Menschen, die in der katholischen Kirche getauft sind. Aber anstatt für die Kirche ein Jungbrunnen zu sein, ist der „größte katholische Kontinent" eine Bürde und ein krankes Glied. Die südamerikanische Kirche hatte immer mit sehr ernsten Schwierigkeiten zu ringen. Als es nach der Entdeckung und Kolonisierung Amerikas den Spaniern und Portugiesen gelang, das Christentum in den Herzen der eroberten Völker fest zu verwurzeln, stießen sie in einem Punkt doch auf unerwartete Schwierigkeiten. Obwohl es sich bei diesen Völkern um alte Kulturstaaten handelte, schenkten sie der Kirche dennoch nur wenige Priesterberufe. Die Ausbildung guter Priesterberufe blieb auch in den folgenden Jahrhunderten ein ungelöstes Problem. Viele Seelsorger entsprachen nicht den Anforderungen ihres hohen Amtes. Durch die Vertreibung der spanischen Priester um t767 und die Unterbindung des Nachschubs aus Spanien in den folgenden Jahrzehnten, entstand ein furchtbarer Priestermangel. Das Volk entwöhnte sich der heiligen Messe, der Sakramentenemp-fang ging zurück. Der Religionsunterricht in den Schulen wurde meistens verboten. Religiöse Unwissenheit und eine Verwilderung der Sitten war die unausbleibliche Folge. Aus kirchenfeindlichen oder finanziellen Gründen weigerte sich die Regierung, neue Bistümer oder Pfarreien zu errichten. Dafür strömten immer mehr Sektenprediger, besonders aus den USA, in die Städte und Dörfer. Heute bezeichnet man Südamerika als das erfolg--eichste Missionsland des Protestantismus. In Brasilien wachten alte heidnische Riten, die bei den verschleppten Negersklaven nie ganz ausgestorben waren, wieder auf. In Verbin-mg mit dem neuzeitlichen Spiritismus entstanden Ersatzformen einer Volksreligion, die Millionen von Anhängern zählt. In den Andenländern Chile, Bolivien, Peru, Ekuador und Kolumbien sieht die '.age anders, aber im Grunde doch nicht sehr verschieden aus. Hier ist die Welt der Indianer, die meist zum großen Inkareich gehörten. Immer wieder kann man hier herrliche Barockkirchen finden, die im 17. und 18. Jahrhundert selbst in den entlegensten Dörfern gebaut und mit herrlichen Kunstwerken ausgeschmückt wurden. Die meisten von ihnen zeugen heute aber nur mehr von einer großen Zeit, die den Weg alles Irdischen gegangen ist. Um ihre Heiligen scharen sich die Indios; hier beten sie voll Inbrunst zur Madonna, obwohl sie heimlich auch noch alten Göttern opfern mögen, oder allerlei Aberglauben treiben. Wo ist auch hier die Schar der guten Priester von einst, die ihre Sprache verstehen, die sie unterrichten und ihnen helfen können? Eine geordnete Seelsorge in Lateinamerika erforderte 160 000 Priester. Nur 38000 stehen zur Verfügung. Sechsmal so viel müßten es sein. Viele "Viester haben zwanzig-, dreißig-, vierzigtausend und mehr Gläubige zu betreuen in Pfarreien, die an Ausdehnung Provinzen gleichen. 70 Jahre war in Guatemala eine Pfarrei mit fünfzigtausend Gläubigen ohne Seelsorger. In Buenos Aires wirken in einer Pfarrei von siebzigtausend Arbeitern nur drei Priester. Wenn der Priesternot nicht abgeholfen wird, wird Südamerika an dem Tag, wo es beginnt, eine große Rolle im Kreis der Völker zu spielen, einem neuen Heidentum verfallen sein. Wenn es nicht gelingt, die jetzige Generation zu echt christlichem Leben zu erwecken, damit sie einmal ihre Zukunft in christlichem Geist zu bestimmen vermag, verliert das Kreuz eine große Schlacht gegen den Sowjetstern. Ein Kontinent steht auf dem Spiel, ein Kontinent mit denkbar günstigen Aussichten, wenn jetzt Hand angelegt wird. In vierzig Jahren hat das Christentum vierhundert Millionen Menschen zu gewinnen, oder einen Kontinent zu verlieren. Hilfe aus Spanien Papst Johannes XXIII. richtete am 17. November 1962 ein Schreiben an die Bischöfe Spaniens, in dem er die bisherigen Leistungen Spaniens für Lateinamerika anerkannte und zugleich bat, noch mehrDiözesanpriester als bisher für Lateinamerika zur Verfügung zu stellen. In der Folgezeit 'ießen dann hohe und höchste kirchliche Würdenträger Aufrufe an Spanien in diesem Sinne ergehen. Diese wiederholten Ermahnungen beweisen, wie wichtig und dringend man in Rom die Aufgabe ansieht und wie sehr man dort verstanden hat, daß die Zukunft der katholischen Kirche des Westens von der Gesundung der Christenheit Südamerikas abhängt. Diese wiederholten Apellé an Spanien Unser Knabenseminar in; Saldana. Pater Himer und Pater Paul Vogel im fröhlichen Gespräch. Die spanischen Schüler unseres Se sind fleißig und fromm., beweisen aber auch, wie sehr man in Rom überzeugt ist, daß Spanien in wirksamer Weise helfen kann. Tatsächlich ist Spanien wie kein anderes Land in Europa in der Lage, der Christenheit Lateinamerikas zu helfen. Spanien zählt 33 930 Priester für 31 Millionen Einwohner; Lateinamerika 38 320 Priester für 201 Millionen Einwohner. Daraus ergibt sich für Spanien das Verhältnis von einem Priester für 910 Gläubige, für Südamerika hingegen von einem Priester für 5250 Seelen. Spanien hat viele und gute Priesterberufe, aber eine große Zahl der Berufenen können nicht das Priestertum erreichen, weil die Seminare nicht groß genug sind, den reichen Strom der Priesterberufe aufzufangen. Allein in der Diözese Palencia (Nordspanien) müssen nach den Worten des Bischofs jährlich einige Dutzend Knaben abgewiesen werden, weil im Seminar kein Platz mehr frei ist. Aus demselben Grund und auch wegen der großen Armut gehen jährlich rund 3000 Priesterberufe allein im Norden Spaniens verloren. Spanische Missionare haben einst vor 400 Jahren das Christentum in kurzer Zeit über den ganzen Kontinent ausgebreitet. Sie sind heute neuerdings aufgerufen, ihre Arbeit dort aufzunehmen, wo sie ihnen vor 140 Jahren entrissen wurde, als sie aus Südamerika vertrieben wurden. Sie sind besonders auch deshalb geeignet in der Seelsorge Lateinamerikas zu arbeiten, weil sie die dortige Sprache als ihre Muttersprache sprechen. Noch eine andere Tatsache zeigt die günstige Stellung Spaniens gegenüber Südamerika. Die Spanier sind auch heute noch kulturell eng mit Südamerika verbunden. Alle Staaten Südamerikas schauen auf die Länder der Pyrenäenhalbinsel als zur „madre patria" (Mutter-Vaterland), haben sie doch von Spanien und Portugal die ganze kulturelle Prägung erhalten. Es ist auch bezeichnend, daß die Spanier Südamerika nicht einfach als Ausland ansehen, deshalb ist für sie Mission in Südamerika nicht eigentlich Mission, sondern „Seelsorge in einer etwas entfernteren Provinz". Schließlich zeigt noch eine weitere Tatsache, wie sehr Spanier für die Seelsorge in 1 Südamerika geeignet sind. Die Spanier sind von Jugend auf an die einfache und dürftige Lebensweise gewöhnt, die der dortige Missionar beachten muß. Der Bischof von Palencia zeichnet seine Seminaristen mit folgenden Worten: „Es sind Kinder frommer Eltern und bescheidener Familien, voll Zucht, an harte Arbeit gewöhnt, mit ärmlicher Wohnung, mäßiger Nahrung, kurz, sie führen ein ganz und gar christliches Leben. Außerdem besitzen fast alle Familien nächste Verwandte als Ordensleute und Priester und rechnen es sich zur höchsten Ehre an, „Familien Gottes" zu sein. Ihren Kindern pflanzen sie von klein auf hohe Wertschätzung des religiösen Lebens, der Arbeit und des Opfers ein. Deshalb gibt es auch soviele Missionare beiderlei Geschlechts. Ich betone es nocheinmal: Unsere Landfamilien sind sittlich hochstehend." Hilfe für Spanien All das beweist die hervorragende Stellung Spaniens gegenüber Lateinamerika. All das hatte auch Pius XII. vor Augen wenn er sagt: „Spanien ist in der Vorsehung Gottes das Hauptinstrument zur Erhaltung des Glaubens in der neuen Welt". All das hat auch unsere Kongregation vor Augen, wenn sie unter schweren Opfern und großen Schwierigkeiten, besonders personeller und finanzieller Art ein Missionsseminar in Nordspanien (Provinz Palencia) aufbaut, das nun beinahe fertiggestellt ist. Es ist ein Werk von größter Tragweite. Wenn es gelingt, von Spanien her, das materiell arm, aber reich an tiefer Gläubigkeit ist, die Priesternot in Südamerika zu überwinden, dann wird vielleicht in letzter Stunde noch ganz Südamerika für die Kirche und das Reich Gottes gerettet. So schaut die Christenheit Südamerikas und die ganze katholische Kirche heute mit großer Hoffnung auf Spanien. Aber wie weit Spanien zur Rettung Lateinamerikas beitragen kann, das hängt wiederum von uns ab, denn Spanien braucht Hilfe bei dieser großen Aufgabe. P. A. Pramstrahler Die Missionsschulen in Südafrika werden vom Staat nicht unterstützt. Außer der katholischen Kirche haben alle Glaubensgemeinschaften ihre Schulen dem Staat übergeben. Dieses Jahr noch werden die katholischen Bischöfe das Schulproblem wieder besprechen und neue Richtlinien herausgeben. Die Priester wurden um ihre Meinung zu diesem Fragenkomplex gefragt. Ich möchte hier kurz meine persönliche Meinung darlegen. Zur Praxis unserer Privatschulen wäre zu sagen: 1. Die Schule ist eine große Belastung für den Missionar, finanziell und zeitlich. Der Staat gibt keine Hilfe. In den Staatsschulen wird Schulgeld eingezogen. Wir dürfen keines erheben. Wenn unsere Lehrer nicht einigermaßen gut bezahlt werden, bleiben sie nicht. Wir laufen deswegen Gefahr, ,mit der Zeit nur noch zweitrangige Lehrer in unseren Schulen zu haben. 2. Es gibt viele Schwierigkeiten von seiten der Regierung. Die Schulen sind zwar staatlich an- Meine persönliche Meinung I Pater Grohe besichtigt den Schulhausneubau auf einer Außenstation von Gien Cowie (rechts oben). Ein eingeborener Lehrer beim Unterricht in Gien Cowie. no erkannt, aber wir haben auch nach dem staatlichen Syllabus zu unterrichten. Der Staat inspiziert die Schulen. Jeder Schule ist genau vorgeschrieben, wieviele Schüler sie haben darf. I Wir dürfen nur getaufte Katholiken aufnehmen. Das ist das i größte Problem. Der weiße Inspektor kommt persönlich und [erkundigt sich, ob jedes1 Kind getauft ist. Wenn nur einige Un-Sgetaufte, die aber katholisch werden möchten, darunter sind, itann die Schule sofort geschlossen werden. Viele Missionare sind gezwungen, die Kinder ohne rechte Vorbereitung zu taufen, nur um die Schule zu retten. Die Eltern der Kinder sind aber meist noch Heiden oder Protestanten. Zu Hause fehlt dem Kind der Ansporn zu einem christlich katholischen Leben. Nach der Schulentlassung gehen diese Kin- der der Kirche meistens wieder verloren. Besser allerdings sind noch die Kinder der Heiden. Diese bringen oft ihre Eltern mit zum Unterricht. Der Missionar kann in der Missionsschule auch nicht öfter Religionsunterricht erteilen, als es in den Staatsschulen möglich ist. Die Lehrer haben zu wenig religiöses Wissen, um den Kindern eine gute religiöse Grundlage zu geben. Ich sehe eine größere Chance für uns in den Farmschulen. Laut Gesetz kann jeder weiße Farmer eine Schule für Schwarze aufmachen, wenn die umliegenden Farmer ihre Zustimmung geben und gewillt sind, auch ihre Farmkinder zu schicken. Der Farmer baut die Schule und übergibt sie dem Staat. Der Staat zahlt die Lehrer. Der Farmer kann entweder selber die Verwaltung der Schule übernehmen, oder kann sie an irgend einen Weißen, auch an den Missionar, abtreten. Der Verwalter hat das Recht, die Lehrer zu bestimmen. Praktisch sieht das so aus: Ich bin z. B. Verwalter von drei solchen. Farmschulen. Ich bestimme natürlich nur gute katholische Lehrer, die ja auch vom Staat bezahlt werden. Ich kann den Lehrer jederzeit ohne Grund entlassen. Ich kann die Schule jederzeit besuchen und kann sie als Kirche benutzen. Ich habe aber dabei keinerlei Auslagen. Die ganze Sache hat nur einen Haken: Wird die Farm an einen Nichtkatholiken verkauft, verlieren wir das Verwaltungsrecht, denn der Besitzer der Farm kann jederzeit die Schule schließen oder die Ver: waltung einem anderen übergeben. Das sind große Probleme bei unserer Missionsarbeit hier in Südafrika. P. K. Kuppelwieser Nach zehnmonatigem Aufenthalt in Nigeria konnte ich endlich in der letzten Märzwoche meinen Jahresurlaub antreten. Es war Eile geboten, denn eine Übertragung von Resturlaub auf das neue Urlaubsjahr sieht das Auswärtige Amt in Bonn nicht allzu gerne. Ich wußte lange nicht, was ich mit den vier Wochen anfangen sollte. Für eine Reise in die Heimat erschien mir die Zeit trotz Direktflug Lagos — Frankfurt (6 Stunden) auch schon im Hinblick der damit verbundenen finanziellen Belastung zu gering. So entschloß ich mich, die an Nigeria angrenzenden afrikanischen Staaten mit meinem Auto zu bereisen, um Land und Leute etwas näher kennen zu lernen, was für meine weitere Tätigkeit in Afrika außerdem nur von Nutzen sein konnte. Am 23. März 1963, pünktlich um 7 Uhr fuhr ich los. Der erste Tag führte mich 384 Meilen nördlich über Ibadan — Oyo — llorin — Jebba — nach Konta-gora bei verhältnismäßig ausgezeichneten Straßenverhältnissen. Ibadan, die größte Afrikanerstadt des schwarzen Erdteils mit seinen unübersehbaren Wellblechdächern besitzt eine ausgezeichnete Universität, an welcher neben vielen anderen An der Küste von Togo. Ausländern auch deutsche Lek- das Landschaftsbild. Vom Ur- kann. Hier wird ein Mischmasch faren und Studenten tätig sind wald führte der Weg über von arabischen und eingebore-Izw. studieren. Oyo, die Pro- Steppe und Savanne zuletzt bis nen Stammesidiomen gespro-ijuktionsstätte der weltbekann- an die Grenzen der Sahara. Der chen. Ich war zu Ende mit mei-en Kissen, verschafft ein male- zweite Reisetag wurde bereits nem Latein. Eine volle Stunde [isches Bild durch die bunte Viel- sehr strapaziös, über Tegina, .suchte ich das Hotel, welches hit der Lederwaren. Unvergeß- Kaduna und Zaria ging es noch außerhalb der Stadtmauer lag ich wird mir beim überqueren einigermaßen gut, aber die letz- und gegen 23 Uhr lag ich volles Niger in Jebba der Blick ten 150 Meilen bis Kano waren lig unprogrammgemäß im Bett, luf einen Felsen inmitten des ein einziger Feldweg. Diese Am nächsten Tag ging es weiter flusses in Erinnerung bleiben, Straße ist nur in der Trockenzeit nach Potiskum. Zu meiner groin welchem im 19. Jahrhundert befahrbar. Ihr Zustand ist natür- ßen Überraschung war diese fein Engländer mit seinem Schiff lieh entsprechend schlecht. Sie Strecke sehr gut asphaltiert und lerschellt ist. Im Rasthaus in wird als Waschbrettstraße be- ich konnte mit einem durch-jlantagora bekam ich gerade zeichnet und kann stellenweise schnittlichen Stundenmittel von loch die letzte Unterkunft. Diese wegen der Querrinnen nur mit 50 Meilen flott durchfahren. Wa-jlerbergen sind ohne Klimaan- 20 Meilen Geschwindigkeit be- ren bereits am Vortag einzelne «gen und haben meist nur fünf fahren werden, will man nicht Affen über den Weg gelaufen, lis sechs Zimmer zur Verfügung, die Lebensdauer seines Wagens so sah ich sie nunmehr in kleine sind jedoch durchaus be- mit Gewalt abkürzen. Jedes, nen Herden die Straße kreuzen. |uem und meist mit Bad oder Fahrzeug zieht eine meilenlange Im Wagen zeigte das Thermo-init Tusche ausgestattet. Mitten Sandfahne hinter sich her und meter 42 Grad an und im Freien n der Nacht wachte ich auf nach kurzer Zeit sind Auto und stieg die Quecksilbersäule bis lurch ein Geräusch unmittelbar Fahrer ziegelrot. Selbst der In- ultimo. Im Rasthaus machte ich |or meinem Fenster. Es hörte halt meiner Koffer war mit einer die Bekanntschaft mit Herrn Dr. lieh an, als ob jemand an mei- Sandschicht überzogen, wie ich Wehrhahn und Herrn Gott-pem Wagen herummontiere. Ich nachträglich feststellen konnte, schalk, dem sogenannten deut-priff zur Taschenlampe und Pi- Um 19 Uhr wurde es dunkel, die sehen Eiskönig. Von diesen bei-sole, kroch unter dem Moskito- Fahrt daher immer schwieriger den Herren, welche im Auftrag, petz hervor und sah zu meinem und ich war noch etwa 30 Mei- der Regierung Messungen aller Erstaunen im Lichtkegel der len von Kano entfernt. Gegen Art durchführen, erfuhr ich dann, lampe einen Esel stehen, der 20.30 Uhr erreichte ich endlich daß es an diesem Tag 58 Grad iron allen Seiten das Fahrzeug nach 13stündiger Fahrt, bei einer hatte. Noch nie in meinem Lern Mondschein bewunderte, nur halbstündigen Rastzeit die ben hat mir ein Glas kaltes mußte ich schon auf der ganzen Stadt. Hier war das Hotelzim- Wasser so geschmeckt wie an fahrt höllisch auf diese störrigen mer vorbestellt und so hatte ich diesem Tag. Der Gestank der feester aufpassen, so hatte ich wenigstens diese Sorge los. In Erdöllampe und die unerträg-jetzt eine, unbändige Wut, daß Kano, welches auch sehr oft als liehe Hitze ließen mich zunächst pin solcher Vertreter meinen das Marakesch des Südens be- keinen Schlaf finden, bis ich zu-»chlaf störte. Schließlich ließ er zeichnet wird, ist der arabische letzt auf den Gedanken verfiel, pich doch bewegen, ein anderes Einschlag unverkennbar, wenn- mich völlig naß ins Bett zu le-letätigungsfeld für seine Be- gleich es an Schönheit, Lage und gen. Diese Maßnahme Verfrachtungen auszusuchen. Vergangenheit der alten marok- schaffte angenehme Kühle und fe weiter die Fahrt nach Norden konischen Königsstadt der Sa- sollte mir auf dieser Reise noch »erlief, desto mehr änderte sich dier nicht das Wasser reichen sehr oft behilflich sein. Dreimal stand ich völlig in Schweiß gebadet in jener Nacht auf, um die Prozedur zu wiederholen. Der Erfolg war jedesmal verblüffend. — Am 26. März,, meinem 30. Geburtstage, kam ich bereits um 16.30 Uhr in Maiduguri an und fand in einem beinahe hotelmäßig betriebenen Rasthaus eine ausgezeichnete Unterkunft. Ich ließ es mir nicht nehmen, zum Abendessen eine Flasche Rotwein aus Zypern zu bestellen und hernach erging es mir wie in dem Sprichwort: wenn der Mensch genug gegessen und getrunken hat, so kann er auch ruhig schlafen. Von Maiduguri nach Fort Lamy in der Republik Tschad führen zwei Straßen parallel zueinander. Die sogenannte Dry-season-road, eine Karawanenstraße, ist nur während der Trockenzeit befahrbar, die andere fand ich noch weitaus schlechter. So wechselte ich auf gut Glück häufig herüber und hinüber und oft wußte ich nicht mehr, ob ich mich denn überhaupt noch auf einer in der Landkarte ver-zeichneten Route befand. Hinter Dikwa war die Brücke, welche den Forunduma überquert, von der letzten Regenzeit her noch außer Betrieb und so blieb mir nichts weiter übrig als durch das Flußbett zu fahren. Kaum war ich wieder heil auf der Straße, so verfinsterte sich ganz plötzlich der Himmel und von einer Sonne war nichts mehr zu sehen. Der aus der Sahara wehende „Harmadan" artete sich zu einem gewaltigen Sandsturm aus und nach wenigen Augenblicken waren die Scheibenwischer lahmgelegt. Gewittermäßig wie das trockene Unwetter gekommen war, verschwand es auch wieder. Mein Wagen war jedoch restlos eingesandet und ging weder vorwärts noch rückwärts. Ich wuchtete die Türe meines Wagens auf und holte vom nächsten Dorf Hilfe herbei. Elf Mann schaufelten mich frei und für eine weitere Packung Zigaretten hätten.sie mich sicherlich auch begraben. Der Wagen rollte wieder und damit stellte sich auch wieder mein alter Humor ein. In Kala, einer kleinen Siedlung am Rande der Fahrbahn, bekam ich dann in Brunnenwasser gekühltes Bier zu trinken, es war das beste Bier meines Lebens. Ich habe nie wieder vergessen, die Trinkbestände in meiner Kühlbox aufzufrischen. Als ich dann endlich, den mächtigen Chari-Fluß mit einer Fährte überquerend, in Fort Lamy, dem ersten Ziel meiner Reise eintraf, wollten mich die Grenzpolizisten und Zollbeamten nicht weiterfahren lassen. Sie konnten weder etwas mit dem Carnait de Passage anfangen, noch wußten sie etwas von der Existenz einer Deutschen Botschaft. Nach langem Hin und Her ließen sie mich ohne Papiere weiterfahren. Kein Mensch konnte mir die Niederlassung der Deutschen Botschaft zeigen, bis ich schließlich einen französischen Kollegen aus dem Bad fischte, der mir die Auskunft erteilen konnte. Im einzigen Hotel der Stadt traf ich dann Herrn Botschafter Linser an. Als ich das Zimmer seiner Sekretärin betrat — es dient zugleich als Arbeitsraum — konnte ich ein gewisses Schmunzeln nicht unterdrücken, denn die Geldkasette war an einer Kette mit BKS-Schloß an ihr Bett gebunden. Aller Anfang ist eben schwer. Ich ließ den Motor ent-sanden und den Wagen innen und außen generalreinigen. Bisher hatte ich kaum Zeit gefunden, Fotos zu machen. Ab sofort befand ich mich jedoch im Urlaub und konnte die Länge der künftigen Tagesrouten nach meinem Gutdünken festlegen. Es wäre zu langwierig, all die Landschaften und Städte näher zu beschreiben, welche ich in den folgenden Wochen durchfahren habe. Dies kann viel besser und vollständiger in Büchern nachgelesen werden: Ich will mich deshalb nur auf meine persönlichen Erlebnisse beschränken. Am 29. März fuhr ich bereits wieder zurück nach Maiduguri und tags darauf über Ban Gom-bi durch das Gebiet von Came-rouns über den Benue-Fluß nach Yola. Die herrliche | Mittelgebirgslandschaft war vielfältiger Ersatz für die oft sehr ausgewaschene, einem Holzweg gleichende Verbindungsstraße. Die Eingeborenen, welche sich noch häufig ziegelrot bemalen, heben sich von der Farbe der tonartigen Erde kaum ab. Während die Männer durchweg irgendwelche Beinkleider tragen, haben die Frauen lediglich ein paar Blätter um die Beine baumeln, welche täglich öfters gewechselt werden. In einer kleinen Behausung machte ich kurz Halt und der Familienvater erklärte mir ganz stolz, daß er Christ sei und seine Kinder Agnes, Edmond und Bonifaz hießen. Die kleine zweijährige Tochter hatte so hübsche, große, dunkle Augen, daß ich nur hoffen kann, daß sie so natürlich wie nur möglich von dem Foto widerstrahlen. In Bauchi, einer alten, befestigten Stadt, die auf einer Hoch- Fulani-Mädchen in Festtracht bei einem Tanz am Ende des mohammedanischen Fastenmonats Ramadan. ebene liegt, gelang mir die Seltenheit, die Empfangshalle des Emirpalastes zu besichtigen. Die meterdicken Lehmwände verschaffen eine nicht erwartete angenehme Kühle. Der kleine Abstecher nach Darazo hat sich ebenfalls gelohnt, denn die vielfältigen Steinmassive, die riesenhaften Zementbunkern gleichen, ziehen sich wie eine Kette über das Land hin. Etwa 20 Meilen außerhalb von Bauchi in Richtung Jos konnte ich sechs Meilen von der Straße abseits Fels-malereien, angeblich aus dem 10. Jahrhundert bewundern. Auf diesem Pfad machte ich auch die erste Bekanntschaft mit den ; sogenannten Teller- oder Lippennegern. Den kleinen Mädchen werden (’schon Ober- und Unterlippe durchstochen und Holzscheiben hineingetrieben. Mit zunehmendem Alter werden die eingesetzten Scheiben immer größer, bis sie zuletzt die .Größe kleiner Teller erreichen. Die Frauen können so verunstaltet natürlich kaum sprechen und der Mund sieht aus wie ein breitgedrückter Schnabel. Die Ursache dieser Maßnahmen kann nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Die herrschende Meinung glaubt jedoch zu wissen, daß dies als Schutzmaßnahme gegen den Verkauf als Sklave gedient habe. Diese Deutung erscheint sehr einleuchtend, wenn sie nicht soqar den Nagel genau auf den Kopf trifft. Jos liegt etwa 4000 Fuß hoch und entspricht damit der Lage der europäischen Wintersport- plätze um 1000 m Höhe. Ich fühlte mich plötzlich in die Heimat versetzt, denn die 28 Grad waren eine angenehme Überraschung nach dem bisherigen Fegefeuer. Diese Hochebene ist Ferienparadies der Europäer und sogar die Königin von England weilte schon als Gast hier. Im Anglo-Jos-Club durfte ich das Schwimmbad benutzen. Hiervon machte ich ausgiebigen Gebrauch und meist war ich alleiniger Badegast. Im Zoo beschaute ich mir all die Tiere, welche ich später noch in freier Wildbahn sehen konnte und žum ersten Male in meinem Leben sah ich die Papyrus-Pflanze wachsen. Eine der interessantesten Erlebnisse von hier aus sollte die Fahrt nach Richa zu den Horn-Negern werden. Die- ses versteckte Mittelgebirgstal ist so schwer zu finden, daß ich mich noch auf der Rückfahrt verfahren habe. Der Eingang in dieses schluchtartige Gebiet kann praktisch heute noch mit Pfeil und Bogen verteidigt werden. Die Stammeskrieger sind jedoch nicht mehr so wild und lassen sich gegen ein gutes Trinkgeld — aber nur dann — bereitwillig fotografieren. Der höchstens 20 Jahre alte Häuptling (chief) und mehr als 20 weitere Neger begleiteten mich auf diesem Marsch durch den Dschungel. Der Medizinmann ließ mich . Einblick nehmen in sèine Zauberstätte und demonstrierte seine Utensilien. Der Name Hornneger rührt von der Tatsache her, weil diese Jäger, um den Geschlechtsteil zu schützen, das Ende eines Tier-hornes darüberstülpen. Das Horn wird von einem Lederriemen, welcher an einem um die Hüfte geschwungenen Ledergurt befestigt ist, gehalten. Dies ist die einzige Bekleidung der Männer. Die Frauen haben den Kopf kahlgeschoren, was ihnen ein fürchterliches Aussehen vermittelt. Ihr Oberkörper ist frei. In Jos verlebte ich den Palmsonntag und die Prozession mit den echten Palmzweigen machte einen großen Eindruck auf mich. Die Strecke nach Wamba war landschaftlich gesehen der schönste Teil meiner ganzen Reise. Man konnte sich mit einiger Phantasie glatt in den Schwarzwald versetzt fühlen. Tiefe Täler, Felsen, reißende Sturzbäche, üppigste Flora; alles ist vorhanden, es fehlt nur der Nadelwald. Frühmorgens stieg sogar Nebel aus den Tälern und es war komisch, die schwarzen, halbnackten Gestalten im Scheinwerferlicht auftauchen zu sehen. Ich fuhr mir zugleich beide Hinterreifen platt, kam aber noch bis zur nächsten Reparaturwerkstätte nach Bida. Dort war das Rasthaus vollbesetzt und nach einigem Suchen kam ich schließlich bei einer Missionsstation unter, über Jebba — llorin — Oyo, einer bereits bekannten Strecke ging es dann weiter nach Iseyin, Okaka, Shaki, lllesha, Okuta bei Yassi-Kara über die Grenze bis nach Kandi in der Republik Dahomey. Kurz hinter lllesha überfuhr ich eine grüne Mamba und als ich das gefährliche Reptil näher besehen und fotografieren wollte, zeigte die Schlange noch mehr Leben als mir lieb war und ich zog es vor, lieber im Wagen zu bleiben. In Okuta besuchte ich eine alte Schmiede, in welcher einfaches Feldgeschirr usw. mit der Hand gefertigt werden. Interessant dabei war zu sehen, wie es die Eingeborenen verstanden, den natürlichen Luftzug als Blasebalg auszunutzen. Während die nigerianischen Grenzpolizisten beinahe unverschämt waren, bewahrheitete sich in Nikki wieder einmal die Behauptung, daß die Afrikaner des früheren französischen Interessengebietes viel freundlicher, eleganter und zugänglicher seien. Ihr Geist erscheint viel reger und das Reaktionsvermögen ist ausgeprägter. In Bimbereke hatte ich etwa noch für weitere 50 Meilen Benzin im Tank. Zu meinem Schreck mußte ich erfahren, daß alle Tankstellen im 100-Meilen-Um-kreis schon seit Tagen keinen Treibstoff mehr besäßen. Kein Mensch konnte mir über die Ankunft des nächsten Transporters etwas Verbindliches sagen. Mit einigen Sorgenfalten auf der Stirne begab ich mich in das auf der Karte eingetragene Hotel. Von weitem sah es aus wie ein vernachlässigter Pferdestall. Unter der Türe kam mir ein alter Neger mit freiem Oberkörper entgegen, dessen fleischige Bauchmassen wie Pudding über die Gürtellinie quollen. Er zeigte mir ein Zimmer, welches von innen noch schlimmer aussah wie die Fassade. Zu allem Überfluß schlief in dem Bett bereits ein Mann, in überaus schmutzigen Kleidern und Schuhen an den Füßen. Der Gastwirt erklärte mir, daß dieser Lkw-Fahrer krank sei und sofort ein anderes Zimmer zugewiesen bekomme. Obwohl ich an der Westküste Afrikas schon allerhand mitgemacht habe und auch sonst nicht zimperlich bin, konnte ich mich nicht entschließen, hier zu übernachten. Nun. war guter Rat teuer. Kein Benzin, kein Bett, kein Wasser, nichts mehr zu essen und in etwa IV2 Stunden ging die Sonne unter. Ich fuhr nochmals an der’1 Tankstelle vorbei, denn nun mußte ich Kandi, die 70 Meilen entfernte nächste Stadt unbedingt erreichen. Der Besitzer schüttelte nur mit dem Kopf, und so entschloß ich mich kurzerhand, einfach solange die Räder sich herumdrehen wejterzufah-ren und auf gut Glück das Weitere abzuwarten. Plötzlich trat ein Mann heran und sagte: „Versuchen Sie es doch einmal bei dem Arzt auf der Missionsstation." Dies ließ ich mir nicht zweimal sagen und nach 20 Minuten stand i'ch in einem Operationsraum. Das Krankenhaus hatte ein Fassungsvermögen von 60 Betten. Weitere 80 Kranke lagen in den Gängen und Vorhöfen herum. Beim Anblick dieses Elends erfaßte mich beinahe ein Grauen. Der Arzt, ein Amerikaner mittleren Alters — seine Frau und eine Krankenschwester aus Süd- I; mm m Den Hornrabenkopf vor der Stirn befestigt, beschleicht der Gisiga-Jäger seine Beute. Diese Art der Pirsch haben schon die Steinzeit-Menschen auf Felsen dargestellt. deutschland assistierten — hatte seit 7 Uhr früh bei einer nur halbstündigen Mittagspause ununterbrochen operiert. Schweiß-überströmt — Klimaanlagen sind nicht vorhanden — machte er bei meinem Eintreten die letzten Nadelstiche. Hierauf drehte er sich nach mir um und fragte ganz freundlich und mit einer unglaublichen Herzlichkeit nach meinen? Begehr. Sofort erklärte er sich bereit, mir 10 Liter Benzin von seinem Vorrat abzugeben und erst, nachdem ich etwas getrunken hatte — er wollte mich unbedingt zum Abendessen dabehalten — ließ er mich weiterfahren. In den wenigen Minuten unserer Unterhaltung habe ich mehr von christlicher Nächstenliebe und aufopferndem Idealismus erfahren und zu spüren bekommen als in den gesamten bisherigen 30 Jahren meines Lebens. Schon 12 Jahre versah er diesen Posten und nur alle vier Jahre ging er für 12 Monate in die Staaten zurück, um sich zu erholen und mit den modernsten medizinischen Errungenschaften sich wieder vertraut zu machen. Als ich an einem brennenden Baumwoll-Laster vorbei die Unterkunft in Kandi erreichte, war es bereits dunkel geworden. Todmüde von der'über 400 Meilen langen strapaziösen Fahrt betrat ich das ' Lokal. Ich sah mich ganz plötzlich in die Gründerzeit nach Texas versetzt, denn an der Theke lehnten zwei sagenhafte Gestalten und leerten ihre Whiskygläser. Bevor ich etwas sagen konnte, hatte ich ebenfalls ein Glas in der Hand und ich fühlte, wie der „Black and White" durch sämtliche Glieder rann und mir neue Lebensimpulse verschaffte. Der eine mochte etwa 35 Jahre zählen. Er hatte ein selten gut geschnittenes Gesicht, schwarz gelockte Haare, an der Schläfe leicht angegraut, eine kühne Nase und große, dunkle, blitzende Augen. Die Kakihose war unten mit Schnüren zugebunden und der Oberkörper mit einem Stoffüberwurf bedeckt, der bis zu den Hüften reichte und auf beiden Seiten unter den Armen mit Kordeln befestigt war. Diese Bekleidung erschien mir sehr angenehm und praktisch und gab ihm das Aussehen eines Seeräubers. Hollywood hätte ihn sicher von der Stelle weg verpflichtet. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um einen französischen Geologen, der im Aufträge der Regierung die Bodenschätze des Landes auskundschaftete. Von ihm erfuhr ich auch, daß auf meiner vorgeplanten Wegstrecke eine Brücke zusammengebrochen und das Flußbett nicht zu überqueren sei. Der ältere mochte etwa 63 Lenze zählen. Zu meiner großen Überraschung teilte er mir in deutsch mit, daß er Exilrusse sei und in Petersburg auf der deutschen Peter- und Paulschule seine Erziehung genossen habe. Er fuhr schon über 30 Jahre mit seinem kleinen Renault in Westafrika herum und verdiente sieh seinen Lebensunterhalt mit Schreibmaschinenreparaturen. Der bereits 70jährige Mann sprach ganz traurig über Europa und ent-gegnete auf meine Frage, warum er nicht in seine Heimat zurückkehre: „St. Petersburg trägt heute einen anderen Namen und damit bin ich nicht einverstanden." Dies war eine kurze, aber sehr genaue Antwort. Mit den beiden erlebte ich einen äußerst amüsanten Abend, und als ich zu Bett ging, hatte mich der französische Rotwein längst besiegt. Bevor ich am kommenden Tag über Gaya, Dosso, Niamey, die Hauptstadt der Republik Niger erreichte, sah ich noch ein Krokodil von etwa zwei Metern Länge. Der Russe hatte mich zwar bezüglich Hitze schon vorgewarnt, aber die über 60 Grad in Niamey, dem nördlichsten Punkt meiner Reise, machte mich so fertig, daß ich nicht einmal meinen Lieblingswunsch, auf einem Kamel in die Wüste zu reiten, verwirklichte. Ich stand bereits vor dem khieenden Tier, jedoch keine Versprechung hätte mich in den Sattel bringen können. An diesem Zeltplatz machte ich auch die Bekanntschaft mit den >,Touareks", einem wilden Stamm, der in der Sahara lebt und bis heute noch nicht vollständig befriedet werden konnte. Sie wirkten mehr dunkelblau als schwarz und erinnerten mich durch Wuchs und Gestalt an die Berber des Hohen Atlas?. Es war ein eindrucksvolles Bild, diese kriegerischen Nomaden mit Speer, Gewehr und Schwert bewaffnet, daherreiten zu sehen. Ferner habe ich niemals zuvor einen solch prächtigen Sonnenuntergang erlebt wie da oben am Rande der Sahara, an den Ufern des mächtigen Niger. Während der Osterspnntags-messe hörte ich zu meiner großen Verwunderung das durch Louis Armstrong weltberühmt gewordene Neger - Spiritual „Nobody Knows the trouble I have seen"; als Kirchenlied gesungen. Nun ging es wieder südwärts in die sagenhaften Wildreservate bei Diapaga, Arly und Porga. Die Ankunft in Campement de Chasse war bereits absoluter Höhepunkt, denn kaum war ich im Lager, kam ein Großwildjäger aus Kopenhagen von der Löwenjagd zurück. Er hatte das mächtige Tier vorne in den Kofferraum seines Volkswagens gepackt. Die Beine hingen seitwärts herunter und der Kopf ruhte vorne auf der Stoßstange. Mit dem Schwanz war die Vorderhaube des Wagens am Handgriff festgebunden und so am Aufschnappen verhindert. Vor lauter Staunen habe ich leider vergessen, diese einmalige Szene zu fotografieren. Was könnte wohl bessere Reklame sein für diesen Wagen, von dem immer behauptet wird, er habe zu, wenig Kofferraum? Beim Abendessen habe ich dann die näheren Umstände dieser Jagd erfahren. Durch kreisende Geier aufmerksam geworden, hatte der einheimische Pfadfinder ganz richtig gerissenes Wild vermutet und das Interesse des Europäers geweckt. Als sie sich der Stelle näherten, standen plötzlich drei riesengroße Löwen in etwa 12 m Entfernung vor ihnen. Während der Neger hinter dem nächsten Baum Schutz suchte, schoß sein Begleiter auf das nächste Tier, welches sich bereits zum .Sprung niedergeduckt hatte. Die erste Kugel traf über den Kopf hinweg in den Rücken, die zweite mitten in den Schädel des furchtbar brül- lenden Löwen. Er war sofort tot. Seine Kumpahe ergriffen glücklicherweise die Flucht. Der Däne versicherte mir, sich niemals mehr in ein solches Abenteuer einzulassen. Der abgezogene Körper des Wildes wurde sogleich restlos verbrannt. Durch' dieses Erlebnis angeregt, schloß ich mich am, nächsten Morgen einer Jagdexpedition än, welche Antilopen und Gazellen erlegte. Es wurde ein einmaliges Erlebnis, denn ich sah außerdem noch Warzenwildschweine, Wasser-antilopen - Böcke, Flußpferde, ganze Affenherden verschiedener Art und herrliche Vögel in jeder Größe. Einen Schimpgnsen wollte ich aus nächster Nähe fotografieren und schlich durch das hohe Gras. Im letzten Augenblick hat er mich jedoch entdeckt, vor lauter Wut Äste abgeknickt und mich damit beworfen. Dabei habe ich gelernt, was eigentlich Affenwut heißt.. In. jener Nacht war es so heiß, daß alle Bewohner der Jagdhütte die Betten ins Freie rückten, um in den Genuß des abgekühlten Windes zu kommen. Trotzdem brachten wir kaum ein Auge zu, denn die Löwen kamen brüllend bis in das Lager. Nur das Licht; hat sie davon abgehalten, ihren erlegten Gefährten zu rächen, über Tangieta, Natingou, Diou-gou, Tschaourou, Save Dässa-Zoume kam ich auf der Weiterreise in der alten Residenzstadt Abomey an. Der ganz aus Lehm gebaute Königspalast, zusammen mit den gesammelten Waffen, Thronsesseln, Gewändern, Skulpturen, Kroninsignien usw. vermittelt ein beschauliches Bild der letzten drei Jahrhunderte dieses Landes und ist in weitem Umkreis einmalig. Eine portugiesische Kanone wird gezeigt, welche von vier schwarz angestrichenen Deutschen bedient, Die Nimbäh, eine überlebensgroße Büste ist die Verkörperung der Fruchtbarkeit. Der Tänzer balanciert das Idol auf dem Kopf. Die Frauen im Kreis der Zuschauer versuchen die Nimbah zu berühren, um an der Fruchtbarkeit teilzuhaben. den Franzosen schwere Verluste beibrachten, die sich gar nicht erklären konnten, daß die Eingeborenen ebenfalls damit umzugehen verstanden. Sie wurden jedoch zuletzt gefan'gengenom-men und erschossen. Ihre Namen sind heute noch bekannt und ihnen wird ein rühmliches Andenken bewahrt. Auf das Grabmal des letzten Königs werden immer noch wöchentlich einmal Speisen gebracht. Man bat ferner ein Lager über seiner Ruhestätte errichtet in dem Glauben, daß derjenige, welcher darauf verweilt, von dem Geist des Verstorbenen durchdrungen wird. Schauerliche Geschichten erzählt der Führer von früheren heidnischen Gebräuchen und Grausamkeiten. Etwa 20 Meilen außerhalb von Cotonou — in der Zwischenzeit bin ich wieder an der Küste angelangt — befindet sich ein sagenhaftes Pfahldorf, welches alle ähnlichen Baudenkmäler Europas in den Schatten stellen dürfte, denn, bis auf den heutigen Tag leben die \Aenschen darin wie in grauer Vorzeit ihre Ahnen. Es ist ein unglaubliches Bild, wenn man etwa eine halbe Stunde mit dem Kanu gefahren ist' und dann plötzlich vor einer Stadt auf Pfählen steht, in deren Hütten es nur so von Menschen wimmelt. In Quidah sind die Mauern eines alten portugiesischen Forts zu sehen, welches als Sammelplatz für die gejagten Sklaven diente. Von dieser Stelle aus wurde das schwarze Gold verschifft. Am Tage der Unabhängigkeit haben Nationalisten das Gebäude in Brand gesteckt, um diesen Schandfleck und dieses Symbol der Sklaverei augenscheinlich und endgültig zu vernichten und so'ihre Souveränität zu demonstrieren. Ferner besuchte ich in einem Tempel die Schlangenpriester. Lome, die Hauptstadt Togos zeigt noch deutlich deutsche Spuren. So ist an der Kirche zu lesen: erbaut im Jahre 1907 durch Deutschland. Die Überreste der alten Hafenanlage ragen noch aus dem Wasser und die ganze Anlage der Stadt ist unverkennbar deutsch. Alte Leute verstehen zum Teil noch ganz gut ihre ehemalige Kolonialsprache und erzählen oft seltsame Geschichten aus dieser Zeit. Nach 5000 Meilen Wegstrecke bin ich wieder Ende April gut in Lagos angekommen. Nun müßte ich eigentlich noch ein Loblied auf meinen Wagen singen, aber ich glaube die Beliebtheit dieses Fahrzeuges, welche sich in dem jährlichen Ausstoß so deutlich niederschlägt, ist für das Werk Professor Porsches weitaus größere Anerkennung als unzulängliche Worte meinerseits. Heute noch trennt ihr euch! Ein Hochzeitszeremoniell in Pozuzo. Der Morgen des Montag war wirklich schön, aber nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Schon in aller Frühe weckten mich Stimmen und eilige Schritte, die rasch am Fenster meiner Wohnung vorüberzogen. Dann, beruhigte es sich wieder. Ich stand auf, nahm meine Waschschüssel und begab mich auf Wassersuche. Dabei traf ich den Hilfssakristan, den ich fragte, was es mit den Stimmen von vorhin für eine Bewandtnis hätte und wem das Haus im Hinterhof des Pfarrhauses gehöre. Ich war in die Verhältnisse der seit Jahren nicht mehr besuchten Pfarrei noch nicht recht eingeführt. Vom Haus im Hinterhof des Pfarran-wesens waren Stimmen gekommen. Ja, das Haus gehöre auch zur Kirche, aber der Teniente (eine Autorität des Dorfes) hätte es irgendwie für seine Zwecke beschlagnahmt. Ich kam nicht ganz klar. Als ich mit meinem Waschwasser zurückkam, entdeckte ich zwei kleine Buben, die aus dem Hinterhof hervorkamen. „Was macht denn ihr da?" fragte ich. „Wir wollten unseren Vater besuchen!" „Was, wo ist denn der?" „Dort hinten!" Dabei zeigten sie auf das Haus im Hinterhof. „Wo? In diesem Haus da?" „Ja!" Aber das ist doch geschlossen, was macht er denn dort?" „Ja, er ist im Ge- fängnis!" „Was? Gefängnis?" „Ja, heute nacht hat man ihn eingesperrt!" Nun war ich also unterrichtet. Dieses mein Nachbarhaus war also ein Gefängnis. Nicht schlecht! Kurz darauf kam auch der Gobernador und meldete mir, daß man heute nacht den Sr. X eingelocht hätte, da er seine Frau grün und blau geschlagen habe. Außerdem sei das gar nicht seine richtige Frau, sondern er lebe nur mit ihr zusammen und er könne sie auch gar nicht heiraten, da sie schon mit einem andern kirchlich verheiratet sei. Und ich solle mal mit ihm zu Sr. X ins Gefängnis gehen und sehen, was da zu machen sei. Seine „Frau" werde er auch kommen lassen. Also gingen wir die paar Schritte bis zum Gefängnis. Mein Begleiter öffnete ein Vorhängeschloß und wir traten ein. Der Sträfling begrüßte mich überschwänglich: „O wie gut, padre, daß sie gekommen sind! Ich habe eine Sache zu regeln!" „Ja," sagte ich, „man hat mich schon hinreichend informiert. Und ich kann dir nur raten, dich von dieser Frau zu trennen. Heiraten kannst du sie nicht, das weißt du, denn sie ist schon verheiratet." „Gracias, padre, gradasi Ich werde mich noch heute von ihr trennen!" „Warum hast du eigentlich deine ,Frau' heute nacht geschlagen?" „Ach, padre, ich kann mich an gar nichts mehr erinnern. Ich war völlig besoffen und weiß gar nichts mehr. Erst jetzt hat man mir gesagt, daß ich meine Frau geschlagen hätte. Ich weiß wirklich von nichts!" In diesem Augenblick kam das Opfer an. Aber welch ein Bild des Jammers! Ein Auge war total zugeschwollen, das andere zwar nur halb, aber es tränte stark. Die Wangen und das Gesicht waren grün und blau und teils aufgesprungen. „Wie. ist so etwas nur möglich!" rief ich aus. „Aber das kommt davon! Ihr lebt wie die Tiere, in wilder Ehe, schlimmer noch, in fortgesetztem Ehebruch. Wo der Segen Gottes fehlt, muß es ja schief gehen. Heute noch trennt ihr euch, verstanden! Die zivilrechtliche Seite dieser Angelegenheit ist Sache des Friedensrichters, das geht mich nichts an." Nach der erneuten Zusicherung, daß man sich heute noch scheiden werde, empfahl ich dem Gobernador, den Übeltäter bis morgen im Gefängnis zu belassen, bis der Friedensrichter von seiner Reise zurückkäme, der dann die Sache erledigen soll. So wurde es auch getan und der Häftling fügte sich ohne Widerrede. P. H. Gulba