Die Aufgaben einer gewerblichen Wnfeal- abtheilung am lrrainifchen Rudolsinum. Bereits in dem Aufrufe der Stände Krams vom 15. Februar 182.8 zur Gründung eines Landcsmnsenms, ebenso in dem vom krainifcheu Landtage mit dem Be¬ schlüsse vom 24. Angnst 1870 genehmigten Mnseums- statute wurde unter den Sammelzweckeu dieser Anstalt auch eine technische und Knnstabtheilnug angeführt, in welcher alle im Laude üblichen Verarbeitungen durch Kunst nud Industrie ohne Vernachlässigung der Kunst- producte der Nachbarländer oder selbst des Auslandes in jenen Zweigen, welche hicrlands schon betrieben oder wofür im Lande die rohen Stoffe gefunden werden, ihre entsprechende Berücksichtigung zu finden haben. Wenn bisher dieser Aufgabe wegen der unpassen¬ den und beschränkten Raume im Lycealgebände nur in ungenügender Weise nachgekommen werden konnte, so ist dieses Hindernis durch den zweckentsprechend durch- geführten Neubau des Rudolsiunms beseitigt worden. Auch hat die krainische Sparcasse bei der hiefür er¬ griffenen Initiative als Bedingung ihrer halben Bei- tragslcistnng zn den betreffenden Baukosten die Bei- stelinng von Räumlichkeiten zur Unterbringung eines gewerblichen Museums in einem dem hiesigen Bedürf¬ nisse entsprechenden Ausmaße gestellt; auf welches An¬ sinnen bei der Anfertigung des Bauplanes Bedacht genommen und für genügende Räumlichkeiten zn dem gedachten Zweck vorgesorgt worden ist. 2 Nunmehr ist die Aufstellung der Sammlungen im ersten Stockwerke des Rudolstnums, umfassend die botanische und zoologische Abtheilung, ferner der reichen Funde aus der Urzeit Krams und der hierländigen römischen Alterthümer, nahezu beendet; im Anschlüsse an die für Antiquitäten bestimmten Prachtsäle enthalten die kleineren Räume der Nordfronte des Gebäudes Gegenstände der Kunst und des Gewerbes nebst ein¬ zelnen ethnographischen Sammlungen; an den Wänden des großen Festsaales befinden sich als Anfang einer krainischen Bildergallerie die bisher in den Besitz des Museums gelangten Gemälde. Die vorhandene Kunstsammlung hat durch die vom hochherzigen Mäcen Herrn Victor Smole der Anstalt hinterlassenen Kunstgegenstände, bestehend ans Gemälden, geschmackvoll gearbeiteten alten Möbeln, einer reichen Collection von Majoliken, Geschirr und Glas, Porzellan und Steingut, alten Uhren, Waffen u. dgl., eine wertvolle Bereicherung erfahren; dieser Privatsammlung ist ein eigenes Zimmer, geschmückt mit dem lebensgroßen Bildnisse des Verewigten, in dankbarer Erinnerung des Landes für immerwährende Zeiten gewidmet worden. Um jedoch auch den weiteren Aufgaben der Ge¬ werbe- und Kunstmuseen nach den vorhandenen Mit¬ teln nachzukommen, bedarf es der thatkrüftigen Unter¬ stützung der Kunstfreunde und der Förderer des ge¬ werblichen Fortschrittes im Lande. Ein reiches Feld gemeinnütziger Thätigkeit wird hiemit allen Vaterlands- frennden eröffnet, und steht zu erwarten, dass, sowie die bisherigen Sammlungen meist durch gemeinsames Wirken geschaffen wurden, auch auf dem in der Gegen¬ wart mit Vorliebe gepflegten Gebiete der kunstgewerb¬ lichen Sammlungen sich ein reger Wetteifer für die Bereicherung der betreffenden Sammlungen des Rudol- finnms allseits kundgeben werde. 3 Zweck und Umfang der diesfalls dem Museum obliegenden Aufgaben mögen ans nachfolgenden An¬ deutungen ersehen werden. Die gewerbliche Abtheilnng des Rudolfinums be¬ zweckt, abgesehen von ihrer allfälligen geschichtlichen Bedeutung sür die Culturentwickluug des Landes, die Vervollkommnung nnd Veredlung der gewerblichen Arbeit durch Ausstellung interessanter und niuster- giltiger Objecte des Kuustfleißes und des Handwerkes, die Verbreitung von Geschmack und Verständnis im Volke bezüglich der gewerblichen Erzeugnisse. Sehr mannigfach können sich die diesfalls zn treffenden Einleitungen gestalten, es sollen dieselben hier nur im allgemeinen berührt werden, indem deren Ausführung außer den hiezu erforderlichen Geldmitteln von verschiedenen Umständen abhängt, insbesondere aber von dem Interesse, welches die Gewerbetreibenden selbst nnd die Kunstfreunde einer solchen Einrichtung ent¬ gegenbringen. Es wird vielleicht möglich sein, nach dem Vor¬ gänge anderer Gewerbemnseen durch leihweise Ueber- lassuug mustergiltiger Knnsterzeugnisse des Gewerbe¬ fleißes manche fühlbare Lücke in den bestehenden Sammlungen ausznfüllen; seinerzeit hat auch das k. k. österreichische Museum für Kunst und Industrie in Wien, welches einen der ersten Plätze unter solchen Anstalten einnimmt, bei seinem Beginne einen großen Theil der ausgestellten Kunstschätze nicht eigenthümlich besessen, sondern durch Mitwirkung von Gönnern der Anstalt, welche sich das Eigenthum und die beliebige Zurücknahme der ausgestellten Gegenstände vorbehielten, zustande gebracht. Nach den bei der letzten hiesigen Landesausstellung im Jahre 1883 gewonnenen Erfah¬ rungen fehlt es auch in Krain nicht an Liebhabern nnd Kunstfreunden, die sich im Besitze interessanter Kunstgegenstände befinden, deren zeitweise Ausstellung 4 im Rndolfinum vom kunstsinnigen Pnblicnm gewiss dankbar begrüßt würde. Wie es in den Centren des Gewerbefleißes in anderen Ländern geschieht, wären anch im Nndolfinnm zeitweise Ausstellungen von Erzeugnissen des Hand¬ werkes und der Kunstindustrie zu veranstalten, wodurch dem einzelnen Gewerbsbeflissenen Gelegenheit geboten wird, von Fall zu Fall oder in Collectiv-Ausstellnngen solche Erzeugnisse, die mit besonderem Geschick und Kunstverständnis angefertigt sind, einem größeren Publi¬ cum zur Anschauung zu bringen. Auch steht zu er¬ warten, dass unserer Anstalt seitens anderer Museen, namentlich aber des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie, durch temporäre Einsendung der¬ artiger Sammlungen die anznhofsende Unterstützung znthcil werden wird. Behufs Vervollständigung einzelner dermalen nur sehr mangelhaft vertretenen Kunstindustriezweige, für deren Hebung im Lande sich die erforderlichen Bedin¬ gungen vorfinden, wird bei der Unthnnlichkeit der Er¬ werbung kostspieliger Originalstücke vom Ankäufe ge¬ lungener Nachahmungen in Gips und anderen Stoffen, worin es die moderne Technik zu großer Vollendung gebracht hat, Gebrauch zu machen sein; es gilt dies insbesondere von Imitationen elastischer Kunstproducte, von Gegenständen der Ornamentik, der Kleinkunst u. s. w. Eine gute Auswahl von Werken über Knnst, ins¬ besondere in ihrer Beziehung zum Handwerk, von ge¬ lungenen Abbildungen und Kunstblättern soll dem Ge¬ werbsbeflissenen und Kunstfreunde zum Studium uud zur Benützung in einem abgesonderten Locale bereit¬ stehen. Bei den Sammlungen ist ein besonderes Augen¬ merk den Gegenständen der hierländigen Hausindustrie zuznwenden, insbesondere sollen die ganz im Aussterben begriffenen alten nationalen Trachten, die in gewissen s Landestheilen gepflegten Industriezweige im Rndvlfinnm nach Thunlichkeit vertreten sein. So z. B. hat die Jdrianer Spitzenklöppelei schon in früheren Zeiten beachtenswerte Leistungen aufzuweisen, deren Vergleich mit den gegenwärtigen durch Specialschulen im Lande verfeinerten Erzeugnissen für jeden Freund der heimi¬ schen Industrie von großem Interesse ist. Von ge¬ stickter Arbeit der Franenklöster im Lande finden sich noch alte Muster hie und da vor, die alte nationale Leinenstickerei in blau nnd roth, meist jedoch in schwarz ausgeführt, hat schon längst das Augenmerk von Samm¬ lern aui diesen Hausindustriezweig gelenkt. Ans dem Gebiete der textilen Industrie könnten manche nützliche Anregungen gegeben werden. Unter den Lederarbeiten sei auf alte Bucheinbände, Kirchenpölster nnd Auspolsterungen an alten, geschnitzten Stühlen hingewiesen. Altes, meist aus krainischen Schlössern und Klö¬ stern stammendes Mobilar, jedoch auch das einstige Hausgeräthe in besseren Bauernhäusern, an welchem hübsche Schnitzereien und Metallbeschläge Vorkommen, Tafeln und Füllungen alter Truhen, Pfeilerverkleidun¬ gen, alte Zunftladen, Bilderrahmen verschiedener Art nnd Stile bilden in Kram seit Jahrzehnten einen ge¬ suchten Handelsartikel, manches dürfte noch im Lande vorhanden sein, was einen würdigen Platz zur Auf¬ stellung im Rudolfinum fände. Für kleinere Schnitzereien in Holz zeigt die Be¬ völkerung in einzelnen Landcscheilen Geschick und Vor¬ liebe, es dürfte die nengegrüudete Holzschnitzereischule in Gottschee, deren Erzeugnisse bei der letzten Landesaus¬ stellung allgemeinen Beifall fanden, diese Gelegenheit benützen, nm mit ihren Kunstprodncten auch im Landes¬ museum vertreten zu sein. An Thonfabrikaten, wovon reiche Sammlungen aus der Urzeit und aus den Römergräbern vorhanden 6 sind, wäre die Vervollständigung durch charakteristische Typen aus dem Mittelalter und ans der neueren Zeit wünschenswert; hieher gehören Terracotten, glasierte Thongefäße, altes Steinzeug, Werke alter Töpferkunst, alte Ofenkacheln, decorierte Wandfliesen, Apotheker¬ gefäße, Majoliken, Schüsseln, Teller, Producte ans Porzellan, Bisquit u. s. w. Von Erzeugnissen nationaler Töpferei sind manche originellen oder an uralte For¬ men erinnernden südslavischen und bosnischen Thvn- gefäße hervorznheben. Als Fortsetzung der schönen Sammlungen der in den krainischen Hügelgräbern (gomilo) gemachten reichen Funde an Glasperlen und der römischen Glasgefäße, welch letztere einen Glanzpunkt der betreffenden Ab- theilung bilden, wird die Vervollständigung der der¬ malen im Museum nur schwach vertretenen Glaserzeng- nisse des Mittelalters und der neueren Zeit anznstreben sein; es könnte diesfalls durch leihweise Ueberlassung seitens einzelner Sammler ein ergänzendes Materiale beigeschafft werden, so z. B. venezianische, filigranartig behandelte Gläser, Humpen, Willkommbecher, farbige Glasflüsfe, Glasperlen, alte Kirchenfensterscheiben, Er¬ zeugnisse der Glasmalerei u. s. w. Auf dem nämlichen Wege könnte auch an wert¬ vollen Schmuckgegenständen in Edelmetallen, Juwelier- nnd Emailarbeiten manches Interessante zur Ausstellung gelangen. An Kirchengefäßen ans Gold und Silber von älterer Zeit befindet sich einzelnes zerstreut im Lande, was für eine temporäre Ausstellung sehr geeignet wäre, hieher gehören auch manche von heimischen Fir¬ men für Kirchen gelieferte Kunsterzeugnisse. Unter den Arbeiten aus unedlem Metall ist hier- lauds die Bronze-Industrie durch die renommierte Firma Albert Samassa in hervorragender Weise vertrete», es sind jedoch auch ältere Erzeugnisse dieser Metallindustrie 7 zu beachten, worunter namentlich die nationalen Frauen- gnrtel formenreich sind. Die Arbeiten heimischer Gürtler, insbesondere von Kirchenntensilien, genießen auch in den Nachbarländern einen guten Ruf; manches von künstlerischem Werte ließe sich noch ans alter Zeit auftreiben, als Räucher¬ gefäße, Becken, getriebene Arbeiten in Kupfer, Zinn, Messing, Blei, Schüsseln, Kannen, Humpen, Oelgefäße, Teller n. s. w. Auch die Schmiedetechnik mit ihren oft sehr alten kunstvollen Arbeiten ist nicht zu übersehen, als z. B. alte Friedhofkrenze, Gitter für Oberlichten, Schlösser, Thürbeschläge, vor allem verschiedene Waffen, wovon im Museum sich einzelne wertvolle Stücke aus früheren Epochen vorfinden. Ebenso gewährt eine geordnete Siegelsammlung, wovon ein ziemliches Materiale sowohl an Petschaften als an Siegelabdrücken vorhanden ist, in historischer und künstlerischer Beziehung eine reiche Quelle der Beleh¬ rung, die Vervollständigung der Siegel alter krainischer Familien, der Städte- und Märkte-Siegel des Landes wäre sehr wünschenswert. Schließlich darf nicht unerwähnt gelassen werden, dass auch Modelle von Maschinen, Werkzeuge des Handwerkes und Landbaues, insoferne sie Charakteri¬ stisches für die hiesigen Prodnetionsverhältnisse darbie¬ ten, an passender Stelle in die verschiedenen Samm¬ lungen eingefügt werden können; obschon Modell- und Werkzeugsammlnngen eigentlich in gewerblichen und landwirtschaftlichen Fachschulen am Platze sind. Nach obigen Andeutungen könnte die gewerbliche Abtheilung des Landesmusenms mannigfache Anregun¬ gen zur Erweiterung der Kenntnisse, zur Verfeinerung des Geschmackes und zu künstlerischen Leistungen im Handwerke bieten; ein mächtiger Hebel zur Fruchtbar¬ machung der Sammlungen wären gelegentlich abznhal- 8 tende Vorträge über verschiedene kunstgewerbliche Gegen¬ stände; derartige Vorträge waren anderwärts von den besten Erfolgen begleitet, wo insbesondere die Lehrkräfte an Gewerbeschulen mit Benützung der Sammlungen zur Verbreitung des kunstgewerblichen Verständnisses mit¬ gewirkt haben. Fasst man die verschiedenen Sammelzwecke des Landesmuseums überhaupt ins Auge, wo vor allem die Naturerzeugnisse des Landes, die mannigfachen Behelfe zur Kenntnis der Landesgeschichte und seiner kultur¬ historischen Entwicklung vorhanden sein sollen, wo der Wissbegierige Gelegenheit zur weiteren Ausbildung in Wissenschaft und Kunst finden soll, so ist wohl jedem Freunde des Vaterlandes nach Neigung und Beruf Gelegenheit geboten, sein Scherflein zur Vermehrung der Sammlungen und zu deren Nutzbarmachung bei¬ zutragen; insbesondere aber soll mit diesen Ausführun¬ gen sowohl Privaten als Corporationen, kirchlichen und weltlichen Behörden die Förderung der gewerblichen Sammlungen des Rudolfinnms nach den angeden- teten Richtungen bestens anempfohlen werden, damit dieses vaterländische Institut, für welches mit großen Opfern eine würdige neue Heimstätte geschaffen wurde, der von Sr. Majestät unserem allergnädigsten Kaiser bei der Grundsteinlegung am 14. Juli 1883 als sein Zielpunkt bezeichneten Aufgabe Nachkomme: «Die Bil¬ dung unter dem Volke zu verbreiten und zu erhöhen, die Liebe für Kunst und Wissenschaft zu wecken und zu mehren.» Kleinmayr L Bamberg, Laibach. 187 2, 86.