„Mhtit, ftr ZUlt." ser 4» Mittwoch, »S. April t«««. V Jahrga«g. Die ins .Marburger Zeitung" erscheint jeden Sonntag, Mitlwocs, und Freitay. Preise — fnr Marburg: ganzjährig K fl.. halbjähug 3 fl., vierteljahrig 1 fl. öv kr', für Zustellung Haus monatlich 10 kr. — mit Postversendnng: ganzjährig 8 fl.» halbjährig 4 fl.. vierteljährig 2 fl. Die ein Mal gespaltene Garmondzeile wird bei einmaliger Einschaltung mit 1V, bei zweimaliger mit 15, bei dreimaliger mit 2V kr. berechnet, wozu für jedesmalige Einschaltung SV kr. Jnseraten'Siempelgcbiihr kommen. Akonnements-Eiiltadung. Bei Beginn des neuen Monates machen wir die freundliche Einladung znr Pränumeration. Prömtmeratioms-Preis. Fiir Marburg monatlich SV kr., «it Mtllnng in s Hau« KV kr., «U »irrtrljiihrig S st, halbjährig 4 si., ganzjährig 8 st. Di« Administrativ« der „Marburger Zeitung." Zur Geschichte des Tages. In Bezug auf die staatsrechtliche Frage soll nächster Tage schon eine große Ueberraschung bevorstehen. Nach dem „Pester Lloyd" beabfichtigt nämlich die Regierung, vor den Ausschuß des ungarischen Landtage» für gemeinsame Angelegenheiten mit dem Borschlage zu treten, „daß für alle Zweige der Verwaltung, mit Ausnahme deS Kriegswesens, Berwaltungschefs unter dem Namen Staatssekretäre ernannt »Verden sollen. Das Land hingegen solle, außer der Revision der 1848cr Gesehe, seiner Forderung auf eine parlamentarische Regierung, welche auch durch diese Gesetze nicht begründet werde, entsagen und jenen Berpflichtuns^en nachkommen, welche durch daS Band der pragmatischen Sanktion in Be-M auf den gemeinsamen Fürsten und die gemeinsame Bertheidigung bedingt werden. Die verantwortlichen Staatssekretäre würde Se. Maje« stät seinem persönlichen Vertrauen gemäß wählen." Dcr Titel eineS Staatssekretär» wurde, fährt der Lloyd in seiner Mittheilung fort, deß. halb statt desjenigen eine» Minister» gewählt, weil an der Spitze der gemeinsamen Angelegenheiten vier Minister stehen würden, und weil da» Land mit der Gesammt Monarchie nicht gleiche» Recht genießen könne. Aus diesem Umstände und auS dem Grundsatze der Gleichheit würde sich sodann ergeben, daß auch die RegierungSmänner der deutsch slavischeu Länl)er Staatssekretäre sein würden. Die Frieoe ns hoffnung, die man auf den bairischen Ber-mittlungSvorschlati gesetzt: eine gleichzeitige Abrüstung Preußen» und Oesterreich» in einer bestimmten Frist eintreten zu lassen, war ein Trngbild: die Lage gestaltet fich wieder bedenklicher und wir stehen vor der Entscheidung, welche« die nächsten Tage schon bringen können. Von der Unmöglichkeit, den Frieden zu erhalten, dürfte nun die Regierung übe»zeugt sein und die umsassendsten Vorkehren treffen, um Bismarck und seinen Bundesgenossen vollkommen gerüstet begegnen zu können. Welch' geringen Werth daS Zugeständniß Oesterreich», abrüsten zu wollen, in den Augen der BiSmärcker hat. ersehen wir aus der „Börsenzeitung"; dieses Blatt schreibt: „Da der spezielle An« laß zu der Kriegsbereitschaft lediglich in den militärischen Vorkehrungen Oesterreichs lag. so scheint ihrer Abstellung kein Bedenken enweaenzustehen; außerdem können, sollten neue und scharfe Anlässe zur Beschwerde für Preußen sich bieten, in kürzester Frist militärische Borkehrungen von grö-ßerer Tragweite als die jeßt bewerkstelligten herbeigeführt werden. Indes die Sache liat doch noch eine andere Seite, und dieser muß, nach unsere« Dasührhaltcu. daS entscheidende Gewicht beigelegt werden. Preußen darf nicht mit sich spielen lassen ; eS ist unseres Stal>teS nicht würdig, daß lvir rüsten und abrüsten, je nachdem eS dem Gegner beliebt, lvahreud alle Streitpunkte unerlkdigt und in voller Schärfe bestehen bleiben. Hat Oesterreich freventlich nnS gezwungen, unsere Reservisten von Hau» und Herd abzurufen, so kann nicht damit Alle» abgethan sein, daß Oester« reich unS erlaubt, die Reservisten wieder nach Hause zu schicken und un» sere KriegSbereitschaftS Rechnungen zu bezahlen. UnS scheint eS nner-läßlich und eine Ehrensache für Preußen zu sein, daß eS Garantien von Oesterreich gegen die Wiederholung eineS solchen Gebahren» fordere. Diese Garantien können aber nur in Holstein gegeben werden, dem Brennpunkte preußischen Drängen», österreichischen Weigern». Entwassnen wir jetzt Im rothen Zk r u g. «on z. Temmt. (Fortsetzung.) L. Der Polizeirath kehrte mit dem kleinen alten Franzosen auS dem Hause zurück. Beide gingen zu dem Baron, der noch in seinem Verstecke stand. Unterwegs halte der Polizeirath dem GenSvarmen Schmidt ge-pfiffen. Der lange zugeknöpfte Mann stieb zu ihnen. „Schmidt, führen Sie uns." Alle Bier gingen an der linken Seite deS HauseS entlang, Mischen den Nebengebäuden hindurch an der Mauer des Glirten hinauf. Der GenSdarm Schmidt führte sie. „Sie kennen die Oertlichkeit wieder, mein Herr?" fragte im Gehen der Baron Stromberg den Franzosen. „Nein, mein Herr. Durch den Neubau deS Hauses hat sich hier Alle» verändert." „Aber den Stall werden Sie wiedererkennen?" „Wenn eS noch der alte ist und wenn dort keine Veränderungen stattgefunden haben. 3ndeß. eS sind zwanzig Jahre verflossen — eS war in der Dunkelheit — wir waren auf der Flucht — ich bin seitdem nie wieder hier gewesen. —" Der Baron fragte nicht mehr. Sie gingen still lveiter. Sie lvaren an der Mauer deS Gartens vorüber, erreichten die Hecke, die ihn einschloß und gingen an ihr entlang bis an daS obere Ende deS Gartens. Der GenSdarm Schmidt machte Halt. „Ich habe hier ein Loch in der Hecke machen lassen." Sie standen vor dem Loche. „Der Stall ist in der Nähe?" fragte der Baron. „Achtzig Schritt von hier." „Ist Alles sicher?" „Die ganze Gegend ist besetzt." „Lassen Sie einen von den Leutcn herbeikom-men." Der GenSdarm Schmidt schnalzte mit der Zunge. In dem Loche der Hecke erschien ei» GenSdarm. „Ist nicht» passirt?" fragte ihn der Baro«. „Gar nichts." Es hat sich Niemand blicken lassen?" „Kein Mensch." .,Der Stall ist besetzt?" „Boa allen Seiten." „Führen Sie nnS hin. Der GenSdarm trat auS der Hecke in den Garten zurück, dir Andere» traten durch die Hecke i» den Garten. Der GenSdarm führte sie weiter, an der Hecke entlang, »ach eine« niedrigen, dnnNe» Gebäude hin, das in einiger Entfernung vor ihnen lag. Näher erkennen konnten sie eS nicht. Die Dunkelheit deS Abends war tiefer geworden, der Himmel hatte sich mehr und mehr mit Wolken bedeckt. Der Baron verlor auf einmal seine Gemessenheit. Dunkelheit. Stille, Erwartung eineS nahen, wichtige» Ereignisses machen manche Menschen aufgeregt, gesprächig. Der Baron wurde aufgeregt und gesprächig und herablassend dabei. „Da liegt unser Ziel vor unS, lieber Polizeirath. Wir werden ein schweres Verbrechen entdecken. Zwanzig Jahre hat eS im Verborgenen gelegen, gleichsam in drm Schoope der Erde geschlummert. Dort, vor unS, in dem dunklen Stalles Heute koinmt eS hervor, an daS Tageslicht — ich meine da» sigür» lich. lieber Polizeirath, denn eS ist dunkle Nacht um unS her. Der Ber« brecher selbst soll, muß es heraus fördern. Zlvanzig Jahre lana hat er sich sicher geglaubt, sein Verbrechen todt, für immer begraben. Er lebte sorglos, er genoß in Freuden, in Uebermuth den Reichthum, den er ge-raubt, den er durch einen blutigen Mord geraubt hatte. Nicht einmal sein Gewissen hat an jenen rohen Mann lierantreten können. Auf einmal bricht das Verhängniß über ihn ein. Die Nemesis! Da» Recht! Die Gerechtil^keit! Und er selbst wird, muß fich in unsere Hände liefern. Geben Sie Acht, lieber Polizeirnth, in wenigen Minuten werden die Beiden hier sein, mit Schaufel und Hacke; sie werden in dem Stalle graben — sie selbst, um unS die Mühe deS SuchenS und FindenS zu ersparen. Sie werden finden — suchen brauchen sie nicht einmal. Wir haben nur zuzugreifen. ES ist etwaS Wunderbares um die unsichtbar, aber ewig waltende Gerechti.,kkit." Der Polizeirath hatte still zugehört. Er hatte dann aber doch seine Bemerkungen. „Hm. Herr Baron, und dennoch ist diese Gerechtigkeit oft ein eigen Ding, da» mir nicht immer gefallen will." „Ah." sagte der Baron. „Sie sind Polizeimann. Sie gehl Ihnen nicht rasch genug; sie greift Ihnen nicht entschieden genug durch." „Ich meinte da» Gegentheil, Herr Baron." „Wie so daS Gegentheil?" „Hm. wenn nun dieser rohe, gemeine Herr Seltner sich verräth. wer wird durch ihn mit ihm verrathe» 7" „Seine Frau! Seine Genossin bei dem Verbrechen l" „Die arme, krank, unglückliche Frau!" „Sie war seine Gehülfin!" „Und hat seit je»e» Augenblick keinen Schimmer der Freude. deS GlückS mehr gehabt." ^Sie ist Mörderin, wie er." „Und die arme Caroline, da» Bild der Annuth »»d der Unschnld? Wa» ist e» mit ihr, wenn fie die Eltern, anch die mit Oesterreich Zug um Zug, so wird daS Ausland, wird Dcutschlaild deS ganzen „Lärmen um nichts" lachen, und durch das Gelächter der deutschen Mittel» und Kleinstaaten möchte eben jept der preußischen Initiative für die Buttdesreform nicht die beste Aussicht eröffnet werden. Beharr' lichkeit in diesem Augenblick muß siegen, denn die Chancen liej^en sili Preußen zu gilnstig, als daß Oesterreich den Kampf aufnehmen könnte. Fassen wir aber die Sache nur von der formellen Seite auf. lassen wir den glücklichen Zeitpunkt ohne Erfolge vorübergehen, so möchte eS zweifelhaft sein, in welcher Laune wir später einmal Italien und Frankreich finden." In einer BylkSVersammlung zu Leipzig wurde vor eini-gen Tagen über die Lage Deutschlands berathen. Die Versammlung war sehr zahlreich besucht, und beschloß folgende Erklärung: „Wir aus allen deutschen Gauen auf Leipzigs denkwürdigem Boden vereinigte Man-ner fühlen uns heute in ernster Stunde als Söhne Eines Baterlandes und verabscheuen den Krieg, in welchen uns eine unvoltsthümliche Regierung stürzen möchte. Die ncuen Borschläge der preußischen Regierung zur Berufung eines deutschen Parlamentes aus direkten Volks« Wahlen beweisen nochmals, daß jede Regierung in stürmischer Zeit ihre Kraft im Volke suchen muß. Wenn nun das deutsche Volk auch Ursache hat, die von solcher Seite gemachten Zugeständnisse mit Borsicht aufzu-nehmen, so müssen ivir dieselben doch untcrstüßen und mit allen Kräften auf baldige Einberufung des deutschen Parlamentes hinarbeiten. Erfüllung unserer nationalen Wünsche können wir aber nur dann erwarten, wenn die vorgeschlagenen Maßregeln von einer mächtigen, aufrichtig libe-ralen deutschen Regierung ausgeführt werden." In Preußen heilten die Urwähler und Wahlmänner jeßt schon Versammlungen zur Borbereitung aufdieNeuwalilen. Haupt-gegenständ der Berhandluagen ist natürlich dlc innere Politik, die preu-ßische Verfassung. Durch Bismarcks Resormantra., ist jedoch auch die deutsche Frage in den Bordergrund getreten und wird darum liei dieser Gelegenheit lebhaft gesprochen. In der Versammlung der Berliner Ur Wähler erklärte der Abgeordnete Twesten:' „Wenn wir hoffen können, eine Umgestaltung herbeizuführen, welche uns den Bundesstaat oder den deutschen ÄnheitSstaat gewährt, dann werden wir nicht zaudern, alle Kraft des Bolkes einzusetzen. W'r. meine Hcrren — ich glaube daS im Namen der weit überwiegenden Mehrheit der liberalen P.u teien Preußens und Deutschlands s^igen zu können — wir nehmen den Bundesstaat in Aussicht, den Bundesstaat, in welchen die preußische Regierung eine kräf. tige konzentrirte Staatsgewalt führt, in welchen aber eine solche Führung nur einer liberalen, von dem Bewußtsein des Bolkes getragenen Regie-rung möglich ist. in welchen ein solcheSi den wirklichen Bedürfnissen und Rechtsüberzeugungen deS Volkes entsprechendes Regiment gesichert wird durch ein wirkliches, mächtiges, mit den nötliigen Gar.intien Versrhene5 Parlament. (Bravo!) Aber, meine Herren. eS könnte die Zeit kommen, in welcher der Widerstand der Dynastien gegen eine wirkliche Nnterold-nung unter einen Bundesstaat das deutsche Volk endlich dal)in bringen könnte, von der eigentlichen Bundesstaatsresorm abzuseilen, wie die Jta« liener eS gethan haben, und zum Einheitsst lat überzugekien. Ich glaube, ein solcher würde in sehr ferner Zukunft liegen, aber wer mag darüber prophezeien? Wer mag sagen, wie die Geschicke unseres Vaterlandes in den nächsten Jahrzehnten sick gestalten werden? Aber die Unruhe der jetzigen Zeiten, die Unruhe, welche jetzt von einer KabinetSpolitik in einer Weise geschürt wird, von welcher lvir kein Heil erw.^rten können, diese Unruli^ wird dazu beitragen, daß die Frage einer wirklichen, ernsten deutschen Re- form nicht M!^l)r von der Tagesordnung verschwindet. Ja. meine Herren, sie kanit dl'.S nicht mehr, sie wird mehr und m^hr Wurzel greifen in allen deutschen Herzen, und ich hoffe, die Männer, welche einst die deut-sche Einheit begründen werden, die leben bereits, und viele ullter unS werden noch die Ta>^e s'hen. in welchen in einer oder der andern Weise der deutsche Bundesstaat oder Einheitsstaat begründet wird, und in dieser Zrit. meine Herren, da denke ich, wird das preußische Volk und jeder Einzelne des preußischen Bolkes seine Pflicht thun in derselben Weise, wie unsere Bäter es gethan haben dem fremden Feinde gegenüber. So werden tvir das schwierige Werk gli:cklich dem Ziele entgegensühren: auch für das deutsche Volk endlich zu erbauen das größte, höchste Menschen-Werk, einen freien und glücklich organisirten Staat! (Lebhafter, lang an-haltender Beifall.) Italien rüstet und es fleht im Lande aus. wie vor der Kriegs-erklärung im Jahre 1859. Die Kanonengießerei zu Parma hat soeben 150 schwere Geschütze vollendet, die nach Ancona und Bologna gesandt werden. Ein Theil der Flotte liegt bereits im Hafen von Brindisi. Die Prinzen Humbert und Amadeus werden bei Ausbruch des Krieges als Truppen-Kommandanten verwendet werden. Garibaldi wurde in Florenz mit allgemeinem Jubel aufgenommen. A. A. 3. glaubt, daß schon binnen drei Wochen eine Landung italienischer Freiwilliger an der östlichen Küste des adriatischen Meeres versucht und daß die italienische Ar-mee im nächsten Monate den Mincio überschreiten werde. Der Sieg, welchen die Regieruug Napoleons bei der Wahl in Straßburg errungen, dürfte von ihr vielleicht eher ausgebeutet w>!rden. als manglaubt. „Constitutione!" erklärt, die von Thiers geforoerlen „nothwendi-gen Freiheiten" feien überflüssig, und jede Aendernng der Verfassung ein Rückfall ul das 1852 aufgegebene parlamentarische System. Bevor die Regicrnng sich hiezu entschließen würde, bevor sie ein Vorrecht nach dem anderen sich entziehen lasse, würde sie eher an daS Volk die Frage richten: „Wollt ihr. daß die dem Kaiser durch acht Millionen Stimmen gegebene Macht, deren er sich 15 Jahre lang zum Wohle und zur Größe Frankreichs l»edient hat. geschmäl t werde?" Die Antwort würde nicht lange ans sich warten lassen; sie würde glänzend ausfallen." Mr » allgemeine Stimmrecht. I. Marburg, 24. April. Viele Gegner des allgemeinen Stimmrechtes berufen sich auf Na-Poleon und seine-Willkürh.rrschaft, und stallen dieselbe als ein abschrecken-des Beispiel hin: die allgemeine Abstimmun.; i»abe den Staatsstreich Napo-leonS genelimigt. habe ihn ans den Kaisertyron erhoben — ungeachtet deS allgemeinen Stimmrechteil sei Frankreichs gesetzgebender Körper der großen Mehrzahl nach eine dlind gehorchende Versammlung — mit dem allgemeinen Stimmrecht habe erst vor einigen Tagen in der Straßburger-Wahl der Anhänger des Kaisers über den Bewerber der Bolkspartei gesiegt! Die Thatsachen stehen fest; allein wir fragen: kann der Mißbrauch eines guten Rechtes uns bewegen, dasselbe schlecht zu nennen? Bleibt die Wahrheit nicht Waljrheit. teotzdem es so viele Lügner, so viele Fälscher derselben gibt? Verlieren die Eide auf die Verfassung ihre Bedeutung, ihre Heiligkeit, weil Napoleon den Schwur, den er vor Gott und der arme Mutter das Schaffst muß besteigen sehen?" „Hm." sagte auch der Baron, und er setzte doch etwas langsam hinzu: „Aber daS ist ein-mal nicht zu ändern. Der Lauf der Gerechtigkeit darf durch Rücksichten nicht aufgehalten »Verden. Und — sehen Sie nnS am Ziele. Herr Poli-zeiratli." Äe waren am Ziele. Der Baron wurde wieder vollständig amtlich ruhig und gemessen. Sie liatten das dunkle niedrige Gebäude, auf daS sie zugegangen waren, erreicht. Sie standen in der That vor einem alten Stall. Die Augen des Barons leuchteten, trotz seiner Ruhe und Gemessenheit, durch daS Dunkel. Ein GenSdarm kam eilig herbei, leicht und leise, wie der Westwind, wenn ein GenSdarm und der Westwind mit eioander zu vergleichen wären. „Es nahen zwei Männer," rapportirte er dem Baron. „Wo?" Im Gar-ten." „Woher kommen sie?" „Vom Haute her. Sie gehen langsam, wie rs schien, vorsichtig." „Und sie kommen hierher?" .,In gerader Richtung." „Tragen sie etlvaS?" „Es kam mir so vor." „Al,. Schau fel und Hacke. Treten wir zurück; ganz an die Hecke l)eran. Niemand rühr! sich ohne ein Zeichen von mir. Fort!" „?»rt)Ivll!" rief auf einmal der Franzose. Herr Dubois. „?art)leu„ Zßvusievr le !" „Was giebt eS. Herr DuboiS?" „DaS ist nicht der rechte Stall, mein Herr." „Wie?" „Ich versichere Sie. Dieser Stall ist nicht der rechte. Hier ist der Mord nicht verübt." „Wie wissen Sie daö?" „Jener war von Holz. Dieser ist von Stein." „Sie erin nern sich genau?" „Vollkommen genau." „Aber cs ist nur dieser eine Stall hier!" ..Ich sehe freilich keinen zweiten." „Und er ist alt!" „Alt und verfallen. Er muß schon zu jener Zeit gestanden haben." „So hätten damals zwei Ställe hier gkstanden?" „Wohl möglich." „Sic hatten aber nur einen gesehen!" „3n der Dunkelheit, in der Verwir-rung!" „Wa» nun?" fragte der Baron. „Nur fort!" drängte der Pollzeirath. Er hatte doch ivohl mehr Besonnenheit, als der besonnene, vornehme Baron, dem er untergeordnet war. Sie zogen sich hinter den Stall an die Hecke zurück und verbargen sich zivischen ein paar Haselnußstauden, die dort standen. Es war hohe Zeit gewesen. Man hörte durch das Dunkel zwei ^Ntnschen näher kommen. Sie kamen von dem Hause her. Man konnte sie bald sehen, erkennen. „Zwei Männer find eS." sagte der Baron, den die Erlvarttmg wieder aufzuregen schien. „Der Herr Sellnrr und der alte Knecht. Sie geheu in gerader Richtung auf den Stall los. S»e trocken etwaS in der Hand. Wenigstens der Herr. Sie stehen still; sie blicken umher; sie gehe« «« den Stall her»« An der Thür machen sie Halt. Jetzt wer- den sie hineingehen. Sie gehen ivieder lveiter. Was mögen sie noch wollen? Sie wenden sich l»ierher! Himmel — sie kommen gerades Weges auf uns zu. Und was der Herr, der Sellner, in der Hand trägt, es ist kein Sparen, keine Schaufel, es ist ein Stock. Was fangen wir an. lieber Polizeiratl» ?" „Arretiren!" fagte der Polizeirsth kurz und eut-schieden. Er schien keinen Augenblick seine Besonnenheit verloren zu habe». „Ohne Weiteres?" fragte der Baron. „Ohne Weiteres, wenn lvir uns nicht gar lächerlich machen wollen." „Aber wenn wir keinen Beweis finden?" „'Andenken nachher. Jetzt Muth!" „Und dann?" „Eonse-quenz! Wir haben es mit ein'l'tn eben so frechen, wie entschlossenen Men-schen zu tl»un. Mi» dem Stall hier ist eS nichts. Da will er nun durch Trotz uns imponireu." ..Glaul,?n Sie?" „Arrctiren Sie ihn nur." Der Baron muvte keinen besseren Rath wissen. Der Herr Sellner ivar. gefolgt von seinem Knechte, tiis auf fünf Schritte an die Haselftau -den herangekommei». Cr blieb stehen, der Knecht hinter ihm. trng ein mächtiges spanisches Rohr in der Hand. Er erhob eS. Er wollte etwas sagen. Der Baron trat ihm rasch auS dem Gebüsch entgegen; an leiner Seite lvaren zwei GenSdarmen; ihm folgte der Polizeirath. „Sie sind arrrtirt!" sagte der Baron zu dem Herrn Sellner. Er hatte seine volle Ruhe wieder. Der Herr Sellner aber hatte die seinige nicht wieder verloren. „Ha. Sie sind eS. meine Herren! Man hatte mir gesagt, daß hier fremde Menschen in meinem Garten berumschleichen. Ich mußte tvissen, iver das sei. Es konnten auch Spitzbuben sein. Aber warum wollen Sie mich denn arretiren? Ich bin liier eben auf meinem Elgenthum. denke ich" „Sic werden eS erfahren," sagtc der Baron. „Und jetzt gleich. Tragen Sie den Schlüssel zu diesem Stalle bei sich?" „Ja." „Schließen Sie ihn aus." Sie gingen zu der Thür deS StalleS. Der Herr Sellner schloß sie aus. ruliig. ohne Zögern. „Licht!" befahl der Baron einem der Gensdarmen. Der Gensoarm zündcte eine Laterne an. die er bei sich triZg. Sie hatten sich ans AlleS vorbereitet. Der Baron hatte unterdeß schnell ein paar leise Borte zu dem Polizeirath gesprochen. . Ich gebe doch die Hoffnung auf diesen Stall nicht auf. Gerade »vegen der Frechheit deS Menschen. Und der Franzose kann sich geirrt haben." „Möglich ist Alles." sagte der Polizeirath. Der GenSdarm mit der Laterne, der Baron, der Herr Sellner und der Polizeirath traten in den Still. Der Franzose, der alte Knecht Kasper und die anderen GenSdarmen blielien draußen. Anch das Innere deB Stalles zeigte, daß er seit langer Zeit nicht mehr gebraucht war. Dle Welt so feierlich auf die Verfassung der französischen Republik abgelegt, als tausendfacher Mörder gebrochen? Frankreich beweist nur, daß ein Recht durch Kniffe und Pfiffe, durch teuflische Künste und rol,e Gewalt in der Ausübung verkümmert, ja ins gerade Gegentheil verkehrt werden kann. DaS heutige Frankreich beweist nur, daß eS jener Bedingungen noch entbehrt,, die allein den vollen Ge-brauch eineö Rechtes ermöglichen. Das Frankreich Napoleon III. beweist nnr, daß eine Freiheit noch lange nicht d i e Freiheit ist, „die unge-theilte, ganze." Die rastlose Thätigkeit Napoleons und seiner Partei, noch mehr aber die Fehler seiner Gegner, zumal der Republikaner, hatten ihm die Bahn aeebnet, auf welcher erden Präfidentenstuhl erklommen. Als Präsident ver-faffungSgemäß mit dem Oberbefehl über daS gesammte Heer betraut, wußte er die Eifersucht der Truppen, die sich noch nicht mit dem Feinde gemes-sen. gegen die „Asrikaner". d. i. gegen jene Regimenter, die in Algerien gedient, zu nähren und auszubeuten — wußte er diese „Afrikaner" von Paris zu entfernen und durch ihm ergebene Regimenler zu ersrtzen. Als in jener.fürchterlichen Nacht, welche dcm 2. Dezember voran-ging, isie verfassungstreuen Nationalgarden und Arbeiter sich zum Kampf gegen Napoleon entschloffen, warteten die Truppen auf ihre Führer, auf die berühmten und beliebten Generale Cavaignac, Lamoriciere. Bedeau, Ehangarnier und Oberst CharraS, deren Kriegertugenden Napoleon nicht minder fürchtete, als ihre Rednergabe in der gesetzgebenden Versammlung. Aber diese Führer waren durch Napoleons Schergen im Schlafe über» fallen und gefesselt und an ihrer Stelle erschimen Offiziere, die entweder blindergebene Parteigänger'Napoleons, oder durch Geld und Versprechun-a^en von ihm gewonnen waren. Bei der strengen Zucht deS franzöfischen Heeres gehorchten die Soldaten um so eher dcm Besehle dieser Stellver-tteter. da fie durch das unerklärliche Ausbleiben der afiikanischen Generale schwankend geworden. Als Paris „ruhig" war und die Sieger vom Blute ihrer Mitbür-ger trieften, war die Kluft zwischen Heer und Volk auf geraume Zeit und tief gegraben, und die wenigen Soldaten, die sich ihrer That schämten, wur. den durch Napoleons „Berufung an das Volk" beschivichtigt. „Das Volk wird abstimmen" — war die Loosung. Das Volk stimmte und acht Millionen französischer Bürger sagten auf Napoleons Frage: 3a! So verkündeten eS wenigstens höhnend und frohlockend die Regierungsblätter. (Fortsetzung folgt.) Marburger Berichte. (Straf rechts Pf lege.) 3n einem Briefe an die Postdirektion in Graz vom 27. Februar d. I. beschwerte sich der hiesige Fabriksbesitzer Herr Karl Gerdes über daS Benehmen einiger Postbeamten und gebrauchte den Ausdruck: „Das vom ganzen Publikum gesürchtete Postbureau.'' 3n einem zweiten Briefe vom 11. März erklärte sich Herr Gerdes näher dahin, Herrn Postverwalter Koschek, der sehr gefällig und zuvorkommend sei, die Briefträger und den PostamtSdiener Hartler betreffe die Beschwerde nicht, — die allgemeine Klage wegen Mangel an Art und gebührrnder Höflichkeit beziehe sich nur auf den größeren Theil der übrigen Postbe-diensteten." Bon der Postdirektion wurde auf Grund dieser Schreiben bei dem hiesigen Bezirksgerichte die Klage wegen Chrenbeleidigung er-hoben und am 20. April fand die öffentliche Gerichtsverhandlung statt. Die vom Herrn Gerdes zum Beweise der Wahrheit angerufenen neun Raufen hingen zerbrochen herunter. Ein alter, zersprungener Trog lag umgekehrt am Boden. 3n einem Winkel lagen Reiser und vor Alter grau gewordenes Stroh. Spinngewebe auf allen Seiten umher. Der Zvoden bestand aber aus fest und hart getretener Erde überall. Ob aber auch unter dem Stroh und den Reisern hinten im Winkel? Des BaronS Augen suchten dort aufmerksam genug. Aber er liatte zunächst noch et'vaS Anderes zu thun. Er stellte sich vor den Herrn Sellner „Sie wollten wissen, warum ich Sie verhaftet habe?" „Ich wünschte das in der That zu wissen." erwiderte der Gefragte ruhig und wie ein Mann, dem ein Unrecht geschiet»». der sich aber seines RechlS bewußt ist. 3n den Stall war er mit der gleichgültigsten Miene von der Welt ein-getreten. „Können Sie in eine Zeit von zwanzig Iahren zurückdenken?" fragte ihn der Baron. „Warum sollte ich nicht ?" „Es war damals das 3ahr 181i^." „3a. wir schreiben jetzt 1833." „Es war auch gerude in diesem Monat, im Oktober. Die Schlacht bei Lcipzig war gewesen." „Die Schlacht bei Leipzig war am 18. Oktober 1813." „Das geschla-gene französische Herr zerstreute sich flüchtig auf allen Wegen, dir nach deNl Rhein, die nach Frankreich führten. Der verfolgende Feind war überall hinter den Flirhenden. Die Zersprengten mußten Schlupfwinkel aufsuchen, um sich zu retten. Sic warfen sich, wo sie konnten, in daS tiefere Gebirge, in Schluchten, enge Ttzäler. Auch durch diese Schlucht zogen Viele, Sie erinnern sich doch noch?" „Ich erinnere mich noch recht gut." „Unter den Fliehenden war ein Mann NomenS Bertheau. Erin-nern Sie sich deS NamenS?" „Nein!" sprach der Gefragte fest, aber seine Lippen zuckten doch so sonderbar dabei. Der Baron fuhr fort, als wenn er eS nicht gesehen habe. „Der Mann war französischer Armee-beamter. Verwalter einer Brigadetasse. Er hatte auS der Kasse gerettet. waS er mit sich führen konnte. Es waren immer drei- wahrscheinlich Vicrmalhunderttausend Franke» in Gold. Hören Sie mir zu. Herr Sell' ner?" „Gkwiß. Ich begreife nur nicht, wozu Sie die Sachen mir erzählen." „Hören Sie weiter. Der Mann kam mit seinem Golde biS hier in diese Schlucht. Er hatte noch mehr bei sich alS daS Gold. Er war verheirathet gewrsen. Seine Brigade hatte längere Zeit in Deutschland Quartiere gehabt. Seine Frau war ihm auS Frankreich nach Deutschland aefolgt mit einem Kinde. Die Frau war ertrankt, als ln unmi!telb ie viel kostet unS biS jetzt Bismarck?) Die „Börsen- Zeitung" forscht nach der Werthverminderung in Folge der Kursdifferenz zwischen dem 2. Jänner und 19. Avril d. I. und findet, daß dieselbe bei der Staatsschuld 143.054 670 fl., Bankaktien 9.900.000 fl.. Kredit-f'ktien 5.700.000 fl., Donau-Dampffchiffahrt 308.000 A. Rordbahn l.620.520 fl.. Südbahn 14,625.000 fl.. StaatSbahn 9.480.000 fl.. Karl Ludwigbahn 4.230.000 fl., Westbahn 1,650.000 fl.; im Ganzen solzin nicht weniger als 190,568.190 fl. beträgt und mit Hinzurechnung der Grundentlastungs', PrioritätS-Obligationen, Lose der Aktiengesellschaften, will unser Börsenmathematiker einen KurSverlust von Milliarde heraus-gerechnet haben. Also 250 Millionen kostet ,unf am 19. April Herr Graf Bismarck! Telegraphischer Wiener Cours vom 24. April. 5«/, Metalliques..... 57.90 ! jrreditaktien........1S9.60 S'/„ Aational-Anlehen.... L0.75 London.........105.50 1860er Staats-Nnlehen . . . 74S0 ^ Silber.........105.— Bantaktien.......6V1.— > K. K. Miinz-Dutaten .... 5.06 Licht- md MMder. Heute Mittwoch den 25. April wird im Hotel „Erzherzog Johann" eine Borstellung gegeben; in der zweiten Abtheilung: Astronomische Gegenstände. Näheres der Anschlagzettel. Anfang um halb 9 Uhr Abends. Entree 15 kr. Kinder die Hälfte. (152 Ei» htylichts Ltbemhl ^ allen meinen Freunden und Bekannten bei meinem Scheiden von Marburg. Fucds, k. k. Feldwebel. Nr. 3775. (1Ü1 Kmlbmchullg. Es wir> hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß daS den nachbenanntkn Gemeinden zustehende Jagdrecht für die Dauer von 6 Jahren, d. i. vom 1. Juli 1866 biS Ende Juni 1872 an den unten festgesetzten Tagen jedesmal um 10 Uhr Vormittag» angefangen, in der Kanzlei dieses Bezirksamtes im öffentlichen Lizitationswege hintaugegcben werden wird. Pachtlustige werden hiezu mit dem Beifügen vorgeladen, daß die LizitationSbcdingnisje in den gewöhnlichen AmtSslunden hieramtS zur Einsicht aufliegen. Als Lizitationstage sind bestimmt: a) der 14. Mai 1866 für die Jagden von: St. Sgidi. Zierberg. Zellnitz a. M.. Pöllitschdorf. OberjakobSthal, Klappenberg. Ploderberg und Schönwarth; d) der 15. Mai 1866 für die Jagden von: Graßni^. Zirknitz. Waigen, Platsch. Sulztlzal. Wörtitschberg. Witfchein und Speifenega; o) der 16. Mai 1866 für die Jagden von: Jahring, WolfSthal. UnterjakobSthal, Kuschernig und Wachsenberg; ck) der 17. Mai 1866 für die Ja^en von: Oberwalz, Johannisberg. Zellnitz a. D.. Slemen. Jellowetz. Tresternitz, Heiligen Kreuz und St. Georgen a. d. P.; e) der 18. Mai 1866 für die Jagden von: Kartschovin, Leiters-berg, Tragutsch. St. Margarethen a. d. P.. RupperSbach und St. Peter; f) der 19. Mai 1866 für die Jagden von: St. Lorenzen, Rottenberg. Zinsath, Kumen und Zmolnig; x) der 23. Mai 1866 für die Jagden von: Maria-Rast, Feistritz-Faal. Lobnitz. Bergenthal. Rothwein, Pachetn. Rantsche nnd Loka. d) der 24. Mal 1866 für die Jagden von: Pivola, Wocha«, Ober-kötsch. Unterkötsch. RogeiS. Schleinitz. Frauheim. Mauerbach. Nußdorf. Skoken und Goritzen. A. k. Bezirks Amt Marburg am 22. April 1866. Der k. k. Bezirks-Vorsteher: __v Arckißz«_ U»ra«t»»ortlicher . Abe»ds. »ach Billach: «bfahrt: 9 Uhr Arßh. Die gemischte« Süge verkehre» täglich in der «ichtung nach «ien: »rieft: «bfahrt: 12 Uhr 44 Min. Mütags. «bfahrt: 1 Uhr 26 Mi». Mittag». CiljUg verkehrt von vie» »ach trieft MiMvoch und Samstag, »s» trieft »«»ch »ie« Montag »nd Donnerstag. Nach Nien: Xach Trieft: «dfahrt: Z Uhr S6 «in. Mittag». «bfahrt: 1 Uhr 52 Mi« Mittag». Feuer-Signale fllr Marburg. An der großen Glocke deS Stadtpfarr-ThurmeS: 4 Schläge bei einem Brande in der inneren Stadt. 3...... Srajer B^ftod«. Z ... . » » SSretier B»rftadt. 'II . . I 8t. o. Drwe »»d Verlag »o« Idiaed Zaaschiß i> Marh«rg.