Nr. 11. November 1899. II. Jahrgang. ________________. ; - fti. Keöete um die Bekehrung der Lhamiten von Lentral-Afrika ZN erlangen. Beten wir für die unglücklichen Negervölker Central-Afrikas, damit (Sott, der alles vermag, von ihren Herzen einmal den Fluch Cham's hinwegnehme und ihnen jenen Segen verleihe, den man nur int Namen Jesu Christi, unseres Herrn und Gottes erlangen kann, O Herr Jesus Christus, aHemiger Erlöser des ganzen Menschengeschlechtes, der Du bereits herrschest von einem Meere zum andern und vom Flusse bis zu den Grenzen des Erdkreises, öffne erbarmuugsvoll Dein heiligstes Herz auch den unglücklichsten Seelen von Ceutral-Afrika, welche noch in der Finsternis und im Todesschatten sitzen, auf dass durch die Fürbitte der gütigen Jungfrau Maria, Deiner unbefleckten Mutter, und ihres glorreichen Gemahls, des heiligen Josef, die Negervölker ihre Götzen verlassen, vor Dir sich niederwerfen und Deiner Kirche zugesellt werden. Der Du lebst und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen. Korrespondenz öer Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Monat November,) Philomena Czaja, Körnitz 21 M,; Kaplan Hummel, Ravensburg 40 50 M,; Monsig. Anton Hofer, Dompropst, Brixen 10 fl,; Heinrich Neher, Pfarrer, Bronnen b, Laupheiin 40 M;. Maria Krill, Wien 5 fl,; Josef Schnalzer, Professor, St, Pölten 1.50 fl.; Laver Miner, Dečan, Rotthalmünster 133 M,; Dr. Becker, Professor, Mainz 93 M, darunter für zwei Heidenkinder August und Francisca; Maria Kawarza, Lienz 1.50 fl,; Exc, Dr. Emmanuel v, Schübel, Bischof, Leitmeritz 10 fl,; Vollmer, Vicar, Bühl bei Länvheim 40 M.; Ludwig Sautter, Cooperator, Kirchbichl i Unterinnthal 1,50 fl; Hubertine Blistain, Ahrweiler a, Rh, 21,60 M,; Heinrich Neher, Pfarrer, Bronnen 40 M.; Franz Unterhofer, Cooperator, Schrattenberg (N -O.) 10 fl,; Elisabeth Brune, Münster i, W, 3 M.; Josef Agatz, Sortmunb in Westfalen für ein Heidenkind Josef 21 M.; Hubertine Blistain, Ahrweiler a Rh, 13 M,; Michael Lendovsek, Pfarrer, Maxau (Steiermark) 1.50 fl,: aus Dortmund i W. 9 M,; aus Münster i, W. 343 M,; Johann Kalan, Kaplan, Stein (Krain) 20 fl ; Johann Lindner, Stadtvicar, Hallein bei Salzburg 60 ft.; Präses des Kath. Gesellenvereines, Memmingen 10.50 M.; aus Graz 50 fl; aus Untertrittst 1 fl, Adelheid Herzogin von Sabran-Ponteves, geborne Gräfin Kalnocky, ein neues Pluviale mit Stola für die Kapelle des Misfionhanses, — Ziesen und allen üörigen Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Iergckt's Hott!" und bitten um weitere milde Haben für unser Missionshaus. Wessstipendien werden mit Zank zu gcwilscnhastcr Z>ersolviernng angenommen. Organ des Nijsionshauses der „Wohne des l)s|l. Herzens IchO Lrfcheinl am Ende jeden Monats. Mr. 11. November 1899. II. Jahrgang. Inhalt: Einladung zur Bestellung.— Zum Feste der unbefleckten Empfängnis (Gedicht). Die unbefleckte Empfängnis (Gedicht). — Ereignisse und Lage tin Sudan. — Aus dem Leben einstiger Neger-Sclaven: 9- Salamsida. — Reise der Bischarinen Alibu und Achmet in Europa (Forts.). — Wie man in Darfur Sclavensagden veranstaltet. — verschiedenes. iiir Kkstkliii»». künftigem Jahre 1900 beginnt der „Stern der Neger" den III. Jahrgang. Die Zeitschrift, welche am Ende jeden Monats erscheint, bringt Aussätze und Abhandlungen über die Neger, ihre Christlichmachung und Eivilisternng, sowie Besprechungen von Ereignissen, welche das ewige und zeitliche Heil, Wohl und Wehe der Neger berühren, ferner Originalbriefe, Mittheilungen und Nachrichten unserer Missionäre in Afrika, endlich die wichtigeren Begebenheiten aus unserer Congregation, sowie aus unserem Missionshause. Als Organ der „Söhne des hlst. Herzens Jesu" und ihres Missionshauses, das dem Herzen Jesu geweiht und unter den Schutz unserer Lieben Frau gestellt ist, wird der „Stern der Neger" bei seinem jedesmaligen Erscheinen das hlst. Herz Jesu oder die allerseligste Gottesmutter durch irgendeinen Artikel verehren oder auch etwas zu Ehren der hl. Familie bringen, die den Boden Afrikas durch ihre Gegenwart geheiligt hat. Durch die Gnade Sr. Eminenz des hochwürdigsten Cardinals Grnscha, Fürsterzbischofes von Wien, wurde unsere Zeitschrift zum Organ des „Marien-Vereines für Afrika" gewählt, und wird dieselbe daher auch die wichtigsten Mittheilungen ans diesem altehrwürdigen und um unsere Mission hochverdienten Vereine bringen. Uä Zum Feste der unbefleckten Empfängnis Wir werden bestrebt sein, im künftigen Jahre den Kreis unserer Materien noch zu erweitern und Veröffentlichungen von allgemeinem Interesse Raum geben. Den Text erläutern Abbildungen ans unseren Missionsstationen, Land und Leuten des Missionsgebietes. Die nun erfolgte Erschließung des Sudan öffnet unserer Congregation einen ungeheuren Wirkungskreis: derselbe reicht vom ersten Nilkatarakt bei Assnan bis an den Albert-Nyanza-See: ein Land voll Wunder und Seltenheiten in Natur-, Thier- und Pflanzenwelt, wo 40 Millionen Menschen ihr Heil erwarten. Dieses Gebiet dem liebevollen Herzen Jesu zu gewinnen, ist Aufgabe der Congregation „Söhne des hlst. Herzens". Die erweiterte Missionsarbeit wird uns in Stand setzen, unsern Lesern eine Fülle von Erlebnissen »nd Erfahrungen zn berichten, die das opferfreudige Wirken der Missionäre umfasst, und dies in einem Gebiete, das unter allen afrikanischen Ländern durch die jetzige Lage der Dinge in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt ist. Möchten sich recht viele Berufene für diese Missionscongregation melden! Wer sich berufen fühlt, möge sich behufs Aufnahme vertrauensvoll an den Obern des Missionshauses des hlst. Herzens Jesu in Mnhland bei Briren (Tirol) wenden! Wir bitten aber auch alle, die es vermögen, durch Bestellung des „Stern der Neger" unsere heilige Sache unterstützen zu wollen, und ersuchen unsere verehrten Leser, das Abonnement erneuern und uns neue Abonnenten zuführen zu wollen. Der jährliche Preis beträgt mit Postversendung 1 fl. 50 kr. Ö. W. (3 Mark). Wir bitten recht herzlich, die Bestellungen bald uns zukommen zu lassen. Bestellungen erbittet und nimmt entgegen §llß WssmishliilS der Söhne des hlst. §n\tm Ich in Wühtcrnö bei Mviteen ("gitrot). Km Erste der luilulU'iMm Äiitjifiiink „Es werde Licht! sprach mit dem Sohne ! Der Vater von dem höchsten Throne; Und Millionen lichter Sterne Sofort erglänzen nah und ferne; / ©, nie geseh'ne Herrlichkeit! f Hervor aus grauenvollem Dunkeln Sie gleich den Diamanten funkeln; Und als sich strahlend zeigt die Sonne, Laut jubelt alle Welt vor Wonne: „Gott Lob und preis in Ewigkeit!" „Sie ist die Line", sprach der (Engel Der Kirche Roms, der Lhristenheit, ^Die keusch und rein und ohne Mängel, / Zur Wonne der Dreieinigkeit { Empfangen ward ohn' Sünde! i Sie ist, wie uns es lehrt der Glaube, Die reine makellose Taube, Wovon im Hohen Liede spricht Der Geist der Wahrheit Wanket nicht! Der ganzen Welt ich's künde!" So spricht er, und der Worte Schall Sein Echo findet überall: © Blüte Jesses, reinste Braut, Zu dir voll Hoffnung Sion schaut; Wie strahlet deine Krone! Und Millionen Lngelchöre Stimmen jubelnd ein: „ffl, welche Ehre!" Cs singt die ganze Lhristenheit Dein Lob in alle Ewigkeit Zugleich mit deinem Sohne. Bernhard Zorn, S. d. h. tz. Nie mWeckte UHMnis. wohlumfriedet steht ein Gärtlein Irgendwo, an fomt’ger Stelle; < Und darin mit freub’gem Murmeln 1 Sprudelt eine lüunberquelle. Und tm schönsten Farbenprunke Tausend Storniern herrlich blühen, Die in zauberhaftem Reize / In der Sonne Glanz erglühen. Und dazwischen hoch die Lilie Ueber alle sich erhebet; Und, Dom Windhauch sanft gewieget, Schimmernd in der Luft sie bebet. — Das ich mein', das stille Gärtlein, Ist Maria, reich begnadet, Dis den müden Erdenpilger Bin zur Gnadenqnelle ladet. Und der Blumen bunte Menge Ist Mariens Tugendfülle, ' Die sie zierte, als sie lebte In der Zelle, fromm und stille. Und die Lilie soll bedeuten Ihrer Unschuld lichte Blüte, Die vom ersten Augenblicke Ihres Lebens in ihr glühte. Denn zur Mutter des Erlösers Früh durch Gottes Rath erkoren, ward sie makellos empfangen, ward sie sündenfrei geboren. Und so leuchtet ihre Unschuld bfell hervor in klarem Glanze, Unter Rosen eine Lilie In dem bunten Tugendkranze. T. Itripifr iinb Fuge im Sabati. Sie allerletzten Nachrichten ans bent Sudan melden das Ende des ß Chalifen. Oberst Wingate, der seit Jahren als vorzüglicher Kenner der Verhältnisse der Mahdisten eine wichtige Stellung im ägyptischen Kriegsministerium und an der Seite des Sirdar einnahm, traf mit seiner Kolonne sieben Meilen von Gedir aus die Streitkräfte des Chalifen, griff deren Stellung an und nahm sie nach heftigem Kampfe. Der Chalif fiel, umgeben von den Emiren, die 'eine Leibwache bildeten. Alle hervorragenden Emire wurden gelobtet oder gefangen genommen, mit Ausnahme von Osman D i g n a, der wieder entkam. Mehrere tausend Araber, viele mit Frauen und Kindern, fielen in die Hände des Siegers. Dies sind wichtige Nachrichten. Der Chalif, der nach der Flucht aus Omdurman noch immer beit Westen unsicher machte und eine Gefahr für Khartum selbst war, ist somit vom Schauplatze verschwunden. Dem Obersten Wingate, der seit Jahren unverdrossen nach diesem Ziele arbeitete, ist von Herzen zu diesem Erfolge zu gratulieren: Oberst Wingate verdiente sich den Ruhm, den Chalifen Abdullahi endgiltig zu vernichten. In dem Augenblick, wo der Khalif verschwindet, ist es angemessen, unseren werten Lesern einen Einblick in die neue Entwicklung der Dinge int Sudan zu geben. Wir thun das im folgenden nach den voitrefflichen Beobachtungen unseres Hochwürdigen P. Josef Ohr walder, der wie gemeldet eine Reise nach Khartum unternahm. Dessen Reisegefährte Hochw. P. Wilhelm Banholzer wird uns die Einzelheiten der ganzen Reise in der nächsten und den folgenden Nummern schildern. — Wenn man 'von Assuan nilaufwärts gegen den Sudan zu reist, so kaun man nicht gleich von dieser Stadt die neue Eisenbahn benützen, sondern muss zu Schiff bis Wadi Halfa fahren, wo erst die Sudan-Eisenbahn beginnt. Diese soll sich eines Tages (wenigstens so denkt man) mit jener vereinigen, welche vom Kapland kommend, ganz Süd- und Mittelafrika durchschneidend, so zwei große Meere verbinden wird. Ein Zweig der Sudan-Eisenbahn geht nach Dongola, der ersten Provinz, welche den Mahdisten entrissen wurde und welche jetzt viel verspricht. Die Hauptlinie geht aber durch die Wüste, von Koroško bis Abu Hamed, eine Wüste im wahren Sinne des Wortes: majestätisch und vielleicht schön, wenn man sie zum erstenmale sieht. Den Namen „Sudan-Militär-Bahn" hat die Eisenbahn vollauf verdient: denn alle, vom Stationsmeister bis zum letzten Bediensteten sind Soldaten, und Soldaten waren beinahe alle Passagiere, welche sie bisher beförderte. Die Wagen für die höheren Offieiere haben zwei Betten mit einer Scheidewand und einem porösen Krug für Wasser; alles andere muss ein jeder sich selbst mitbringen. Für die niederen Offieiere genügt ein verschlossener Wagen mit zwei Thüren, und sonst nichts. Die gewöhnlichen Sterblichen und die Soldaten müssen sich mit offenen Wagen begnügen. Tags über sind sie nicht zu beneiden, nachts aber erfreuen sie sich der frischen Lust. Bis nach Abu Hamed sind neun Stationen, von denen nur zwei bedeutend sind, da man dort einen Brunnen, verschiedene Hütten und Zelte nebst einer-kleinen Werkstätte für Reparaturen an den Maschinen vorfindet. Es sind aber alle Stationen durch das Telephon verbunden. Bei Abu Hamed nähert sich die Eisenbahnlinie dem Nile. Bis zum Flusse At bar a ist alles Wüste, was das Auge erblickt. Atbara ist auch die letzte Station, weiter gehen nur die Güterzüge, welche das Material für den Bahnbau befördern. Um also weiter zu kommen, muss man sich bis jetzt auf dem Nile einschiffen. Eine solche Fahrt ist aber angenehmer und interessanter Ereignisse und Lage im Sudan. 145 als auf der Eisenbahn. An den Ufern dehnen sich weite und fruchtbare Ländereien ans, aber selten kann man ein Dorf erblicken; alles zerstörte die mahdistische Wuth. In vier Tagen erreicht man O m tut r m a n. Diese Stadt erstreckt sich in einer sehr langen Linie ans dem linken Ufer des Nil. Viele große Barken sind in schöner Ordnung am Ufer aufgestellt, andere sind im Baue begriffen. Das Ufer gleicht einem Ameisenhaufen, so viele Leute, Soldaten und Handwerker, sind dort beschäftigt. Über den Aufenthalt in Omdurman und Chartum schreibt Hochwürdeu P. Ohrwalder unter anderem Folgendes: Wir mussten uns gerade vor jener Menge ausschiffen und was noch schwieriger war, ganz durch sie hindurchgehen. Die Wegweiser, welche uns zur Wohnung des Sirdar zu führen hatten, gingen voraus und zertheilten die Menge. Beinahe eine halbe Stunde waren wir auf dem Wege zwischen zerstörten Hütten der Soldaten des Chalifen, kleinen, ärmlichen Wohnungeit und vielen Schutthaufen. Als solchen erblickten wir auch das ehemalige Grab des Mahdi. Endlich standen wir vor einem großen Hofe, wo früher Jakub, der Bruder des Chalifen, seine Residenz hatte. Die schwarzen Wachtposten und die englische und ägyptische Fahne bedeuteten uns, dass hier der „Lord von Chartum" stationiert. Nachdem wir andere Höfe und Zimmer durchquert und sich viele Thüren hinter uns geschlossen, konnten wir endlich in einer Vorkammer Athem schöpfen und uns ein wenig den Schweiß von der erhitzten Stirne trocknen. Kurz nachher wurden wir gerufen. Der Sirdar empfieng uns höflich und indem er sich um unsere Reise erkundigte, sagte er: „Doch ihr kehrt wieder nach Ägypten zurück, nicht wahr? Denn auch ich werde bald dorthin abreisen " Wir antworteten ihm, dass wir gekommen seien, ein Grundstück für die Mission in Chartum auszuwählen, und dass wir wieder zurückkehren würden, wenn dieses Geschäft beendigt sei. Weiter baten wir ihn noch, er möchte die Güte haben, uns wissen zu lassen, wann sich eine günstige Gelegenheit für die Rückkehr bieten würde. Er entschuldigte sich, dass er kein Haus habe, um es uns zur Verfügung zu stellen. Für zwölf Uhr bestellte er uns dann zum Nil, um uns mit seinem Dampfer nach Chartum zu geleiten. Wir fanden uns zur bestimmten Zeit ein, auch er ließ nicht lange auf sich warten. Als wir schon Chartum nahe kamen, zeigte er uns den Ort, wo das „Hotel Chartum" erbaut wird. „Hier ist euer Garten," sagte er dann, indem er auf einen herrlichen Platz wies, verbesserte sich aber alsoglcich mit den Worten, „etter früherer Garten." Er habe ihn nicht der Mission lassen können, weil hinter ihm der Markt errichtet und in ihm der Club der englischen Officiere erbaut wird. In Chartum ließ er uns durch Grcß Bey sogleich die zwei Grundstücke zeigen, von denen wir uns eines auswählen mussten. Mir gefiel ant meisten das erste, aus dem einfachen Grunde, weil es mehr in der Mitte der Stadt gelegen ist. Das erklärte ich auch nach meiner Rückkehr dem Sirdar. Den Rest des Tages verbrachten wir mit der Besichtigung der Ruinen von Chartum. Wir traten in den Garten der Mission, der ganz mit Durrah angepflanzt ist. Das Grab Comboni's ist nur an einem Häuflein von Ziegeln, die darauf sind, erkennbar. Nach zweitägigem Ausgraben fanden wir nur einige wenige Knochen, die wir nach Assuan mitnahmen. Vom Gebäude der Mission steht nur mehr der Theil, den Dr. Knoblecher erbaut hatte; denn nach der Schlacht am Atbara schickte der Chalife Leute nach Chartum und ließ den Palast Gordons, die Moschee mit dem Thurme und unser Missionshaus niederreißen, soweit es eben gieng. Mit geringen Kosten könnte es dennoch wohnbar gemacht werden. Als Hüter des Gartens fanden wir noch zwei alte Christen, Anton und Halima, welche diesen Dienst schon seit der Herrschaft der Derwische versahen. Mit dem Gefühle des innigsten Schmerzes verließen wir dieses unser früheres Besitzthum. 146 Ereignisse und Lage im Sudan. Die letzten Steige verbrachten wir noch unter unseren Christen, die uns durchaus nicht mehr fortlassen wollten; wie gerne wären wir doch geblieben! Am 8. Oct. wurde uns die Abfahrt eines Dampfers bekannt gegeben und zwar so spät, dass wir kaum mehr Zeit hatten, unsere Sachen zu ordnen; ohne jemand grüßen zu können, verließen wir Omdurman. Mit dem Dampfer fuhren wir bis nach Railhead, von da an mit der Eisenbahn wieder zurück nach Halfa. Während dieser Fahrt rannte unser Zug einen andern an, so dass die Maschine und zwei Wagen zertrümmert wurden, aber kein Unglück war zu beklagen. Wir dankten der göttlichen Vorsehung für diesen Schutz, und nach 24stündigem Aufenthalt setzten wir die Fahrt mit einem anderen Zuge fort. g)möurmttrt. Die Entwicklung des Sudan bringt es mit sich, dass Omdurman nach und nach seine Bedeutung einbüßt und zwar in betn Maße, als Chartum vergrößert und verschönert wird. Aber es bleibt deshalb nicht weniger bewohnt. Seine Einwohner, die den besseren Classen angehören, werden wohl nach Chartum übersiedeln, aber es wird dennoch immer eine gewisse Schichte von Eingeborenen in Omdurman bleiben und sich dort auch ansässig machen. Die nächste Umgegend dieser Stadt ist weder bebaut noch bebaubar; trotzdem wird sie ein wichtiger Knotenpunkt des Handels bleiben, da von ihr die Karawanen nach Kordofan ausgehen, und auch infolge ihrer Lage am linken Ufer des Flusses. Gegenwärtig bestehen drei große Cafshäuser in Omdurman, deren Besitzer alle Griechen sind und welche von den einheimischen Osficieren und sonstigen ordentlichen Leuten besucht werden. Der Markt ist sehr räumlich und immer gut besucht. Ein großes Getreidemagazin befindet sich am südlichen Ende der Stadt. Das Getreide kommt besonders vom blauen Nil, von Sinhat in der Mudirieh Sennaar. Auch von Faschoda herab wird es geliefert. Die bedeutendsten auswärtigen Handelsleute sind Griechen, Inden und Syrier. Groß ist der Handel in Omdurman mit Messern und silbergestickten Stoffen, in deren Herstellung die Eingeborenen eine besondere Fertigkeit an den Tag legen. In die Messer, die gewöhnlich in einer Scheide aus kunstvoll bearbeiteter Krokodilshaut getragen werden, sind sehr schöne und alterthümliche Arabesken eingraviert; sie bilden die Zierde der Messer, welche wiederum die Zierde des freien Beduinen ausmachen. Den Stahl dazu liefern die alten Säbel u. dgl. Gold in Kugelform gearbeitet wird nach Omdurman aus den Gegenden des oberen blauen Nil an der Grenze Abyssiniens, in der Nähe von Beni Schangol, geliefert. Zu diesem Zwecke kommen die Eingeborenen fortwährend nach Omdurman und immer aus den nämlichen Gegenden. Das Gold ist von sehr feiner Qualität. Ferner ist noch das Salz ein Handelsartikel von sehr großer Bedeutung. In großer Menge findet man es zwischen Berber und Omdurman, sowie auch auf Gezireh oder Halbinsel Sennaar. Die Regierung hat davon das Monopol einem Eingebornen überlassen. Auch der Bau von Barken und größeren Wasserfahrzeugen erfordert eine beträchtliche Anzahl von Arbeitskräften. Man verfertigt sie gewöhnlich aus sehr hartem Holze, dort „Sunt" genannt, welches große Tragfähigkeit besitzt, so dass man gewisse Barken mit beinahe 400 Ardeb beladen kann. Im Besitze der Regierung befindet sich eine von sehr großem Umfange, die früher dem Emir Jakub, Bruder des Chalifen Abdullah, gehörte. Aber der Handel mit Elfenbein und Straußfedern liegt wegen des unsicheren Zustandes und der Unruhen in den südlichen und westlichen Provinzen ganz darnieder. Man verspricht sich ein wenig Gummi vom blauen Nil, wenn der Chalif und seine Horden das Sammeln nicht vereiteln. Aus dem Leben einstiger Neger-Sclaven. 147 Das Plätzcommando hat im allgemeinen feinen Sitz int früheren Palast des Chalisen. Das Hans Jaknbs ist die provisorische Wohnung des Sirdar, das Beit el Amana bient als Arsenall Seine Werkstätten sind geräumig und zahlreiche Arbeiter sind dort fortwährend beschäftigt, Kanonenboote auszubessern, Landungs-stellen zu bereiten it. dgl. Das Ufer ist hier sehr belebt und die Aussicht auf den Fluss bis nach Hatfaya ist eine von den schönsten, wozu noch die Vegetation beiträgt, die das Auge nach dem ewigen Wüstengelb, wovon Omdnrman eingerahmt ist, wieder erfrischen. 9. Scltcrmsiöcr. ^^c^achdem Mohammed Ali Pascha den Sudan für Ägypten erobert hatte, entstand am Zusammenflüsse der beiden Nile die Stadt Chartnm und Sv|% wurde der natürliche Schlüssel zu den noch unerforschten Gebieten Jnner-^ afrika's. Die Aussicht auf Gewinn lockte alsbald Hunderte von unter« nehmnngslustigen Händlern und Abenteurern nach Chartnm und von da nach betn Innern. Auf der natürlichen Verkehrsader, dem Weißen Nile, drangen in den Jahren 1839—1841 zwei große Expeditionen nach Süden vor und kundschafteten das dortige Handelsgebiet ans. Die Nachrichten vom Reichthume jener Gegenden weckten allenthalben den Unternehmungsgeist. Elfenbein und Selaven waren die beiden Artikel, die vor allem gesucht wurden. Händler und Räuber folgten sich einzeln und in Gruppen und wütheten schauerlich unter den arglosen Negern, von denen Hunderte und Tausende mit List und mit Gewalt geraubt und nach Norden geschleppt wurden. Seit 1848 bestand in Chartnm eine katholische Mission. Die seeleneifrigen Missionäre drangen auch nach Süden vor und gründeten int Lande der Dinka die Station Heiligkreuz, und schon im Jahre 1852 im Lande der Bari die Station Gondoeoro. In letzterin Gebiete hausten die Selavenjäger besonders arg. Die Mission unter Führung ihres rastlosen und einflussreichen Hauptes, Ignaz Knoblecher, that für die verfolgten und gehetzten Neger, was ihr möglich war. Nicht ferne von Gondocoro, am Berge Gir, lag die Heimat der Negerin Salamsida, um die es sich hier handelt. Sie wurde etwa um das Jahr 1854 von dem Negerpaare Ladü und Adiah geboren. Ihre Jugend verbrachte sie, indem sie das häusliche Vieh auf der äußerst fruchtbaren Ebene und an den grünen Abhängen des Berges weidete. Sie erinnert sich, dass ihre Angehörigen mit Leuten ans der Nachbarschaft häufig zur katholischen Mission nach Gondocoro giengen und von dort Glasperlen, sowie Samen und Pflanzen ans dem Missionsgarten nach Hause brachten. Als ganz kleines Mädchen war auch sie selbst einmal in die Mission gekommen, weiß aber sonst nichts mehr von diesem Besuche. Jedoch 1-18 Aus dem Leben einstiger Neger-Sclarcn. wurde damals in ihrem jungen Herzen der Grund gelegt zur Hinneigung zu den Missionären, die im ganzen Bari-Lande bekannt waren. Die opferfreudigen Priester hatten nichts unterlassen, um sich die Anhänglichkeit der Neger zu sichern. Sie nahmen sich der Kranken und Kinder an, trösteten und unterstützten erstere und unterrichteten letztere; besonders waren sie ans Hintanhaltung des Sclavenraubes bedacht. Während die Händler und Makler kamen und mit Elfenbein oder Sclaven wieder abzogen, blieben die Missionäre inmitten der Neger, theilten ihre Leiden und Freuden, und suchten sie gegen Raub und Plünderung zu schützen. Aber gerade deshalb waren sie den Sclavenjägern ein Dorn im Auge, welche die Glaubensboten missliebig zu machen und durch Lügen und Verleumdungen die Eingeborenen gegen sie aufzuhetzen suchten. Man suchte die Eingeborenen glauben zu machen, dass die Missionäre durch Ziegelbrennen oder die Aufrichtung eines Kreuzes den Regen hintanhalten; der Provicar Jg. Knoblecher strafte die Verleumder Lügen, indem er um Regen betete; als der Regen wirklich fiel, da stieg das Zutrauen der Eingeborenen zu den Missionären wieder. Die Feindseligkeiten der Sclavenjüger und der Händler dauerten aber fort und erschwerten sehr das Wirken der Missionäre. Dazu kamen unbeschreibliche Entbehrungen und die Ungunst des Klima's. Fünf Priester, rrnter ihnen der ausgezeichnete Missionär Anton Ueberbacher aus der Diöcese Brixen, welcher der „Bari-Apostel" genannt zu werden verdient, liegen in Gondocoro begraben. Andere konnten sich noch, erschöpft und gebrochen, nach Norden schleppen. Im Jahre 1860 stand die Missionsstation leer, und seither ist kein Missionär mehr dahin gekommen. Aber noch heute lebt die Erinnerung an die Mission in Gondocoro unter den Bari fort, und die Alten erzählen davon den Jungen. Salamsida erinnert sich ans ihrer Jugend noch lebhaft der Greuelscenen der Sclavenjagden in ihrer Heimat, welchen auch mehrere ihrer Angehörigen zum Opfer fielen. Die Bari wohnen selten in größeren Ortschaften beisammen. Zumeist bewohnt jede Familie einen abgesonderten Weiler, welcher aus mehreren Hütten (tokul), je nachdem die Familie zahlreich ist, und Knhlagern besteht. Schön nehmen sich die Umzäunungen der Hütten und vorzüglich der Kuhlager aus; sie werden von baumhohen Euphorbien, mit gelben Blüten wie übersäet, gebildet, daneben stehen mächtige Kuruleng gleich unsern Nussbüumen. Aus den Früchten dieser Bäume bereiten die Bari durch Abkochen ein Öl, um damit den Leib einzuschmieren und zu stärken. Beide Niluser sind mit einer endlosen Reihe oben geschilderter Weiler bedeckt. Die Sclavenhändler fuhren nun mit ihren Barken, deren Besatzung aus Dongolanern, Schaikieh, Berberinern und anderem trunksüchtigen, gewaltthätjgen und nndisciplinierten Gesindel bestand, am User entlang, lockten durch Glasperlen, welche ausgeworfen wurden, Kinder herbei, überfielen die arglosen Kleinen, schossen die zu ihrem Schutze hinzueilenden Väter nieder und schleppten ihre Opfer in die Barken. Anderswo machte sich die ganze Bemannung zur Nachtzeit auf den Marsch, überfiel die Weiler, schleppte Weiber und Kinder fort und streckte alles, was sich zur Wehr setzte, nieder. Wieder anderswo wiegelten sie eine Ansiedlnng gegen die andere auf, verbanden sich mit dem einen Theile, veranstalteten förmliche Menschenhetzen und schleppten mitten ans dem Mordgewühle ihre Beute fort. Dabei war es stets ganz besonders ans junge Mädchen abgesehen, welche den größten Wert darstellten. Die Folge von all dem war, dass die Eingeborenen scheu wurden wie das Wild und bei Annäherung einer Handelsbarke angstvoll in das Innere sich flüchteten. Salamsida erzählte viel von dem bei solchen Gelegenheiten ausgestandenen Schrecken; mehr als einmal war sie in Gefahr, erbeutet zu werden. Nachdem das Mädchen das heiratsfähige Alter erreicht hatte, wurde es von seinem Vater an einen Jüngling der Nachbarschaft vergeben oder eigentlich Aus dem Leben einstiger Neger-Sclaven. 149 verkauft. Nach Sitte der Bari geht nämlich die Heirat vor sich, indem der Bräutigam oder dessen Vater je nach den Umstünden dem Brautvater mehr oder weniger Ochsen oder Schafe gibt. Es ist daher ein Vater, welcher viele Töchter hat, glücklich zu nennen. Unbemittelte können kaum je in den Ehestand treten, und die Folge davon sind zahlreiche Entführungen. Das junge Ehepaar siedelte sich in einem kleinen Gehöfte an. Ihr glückliches Zusammenleben dauerte aber nur etwa zwei Jahre, während welcher ihnen eine Tochter geboren wurde. Eine Schar von etwa hundert Sclavenjägern überfiel den Weiler und richtete eine fürchterliche Verwüstung an. Die ganze Niederlassung am Berge Gir wurde geplündert und eine große Anzahl Sclaven und Vieh erbeutet. Unter ersteren (Bruppc von Hinarefcn und (ßcBäufinn öer Universität El-Azliar in Kairo. befand sich Salamsida mit ihrer kleinen Tochter. Wohin der Gatte gekommen ist, weiß sie nicht anzugeben; sie meint, er habe sich im Getümmel mit dem Vieh geflüchtet. Die erbeuteten Sclaven wurden an das Flussufer getrieben. Salamsida mit ihrer Tochter ward von einem Mohammedaner aitS Dongola als Beute in Beschlag genommen und nach Bur geführt. Auf dem Wege dahin wurde die arme Mutter wiederholt von ihrem Henker misshandelt und geschlagen, weil sie mit dem Kinde auf dem Arme nicht rasch genug marschierte. Trotz ihrer größten Anstrengung gelang es ihr nicht, den Menschenräuber zu befriedigen. In seiner Wuth fiel der herzlose Barbar über sie her, entriss ihr das Kind, schwang es hoch in die Luft und schleuderte es mit aller Wucht gegen einen Steine Blut und Gehirn spritzten weithin, und regungslos blieb der kleine, entstellt; 150 Aus beut Leben einstiger Neger-Selnvcn. Fleischklumpen am Gestein hängen. Die Mutier stand stumm vor Schmerz da, sie halte nicht Zeit, ihr Kind zu beweinen; unter Flüchen und Stockhieben trieb sie der Araber vorwärts. Es war gut für sie, dass sie wenigstens nicht lange in der Gewalt dieses Scheusals blieb und ihr die Pein erspart wurde, Sclavin des Mörders ihres einzigen Kindes zu sein. Der Araber verkaufte sie in Buri an einen befreundeten Händler. Doch auch dieser speculierte auf Gewinn, brachte die Sclavin zuerst nach Lado, dann nach Dnfile und verkaufte sie hier an einen Mohammedaner, bei welchem sie über zwanzig Jahre verblieb. Das Los Salamsida's war ein hartes. Ihr Herr war mit einer fanatischen Muselmanin Namens Hana verheiratet, welche die junge Sclavin sehr schlecht behandelte. Der Herr hatte eine Zuneigung zur jungen Negerin und machte daraus kein Geheimnis, da ja die mohammedanische Religion dem Manne große Freiheiten zugesteht und jihm eine beliebige Anzahl Sclavinnen gestattet. Dies erregte die Eifersucht der Gattin, welche die Negerin auf jede Weise fühlen ließ, dass sie eine Sclavin sei. Sie überbürdete dieselbe mit schweren Arbeiten, zog ihr von der Kost ab und ließ sie häufig an allem Nothwendigen Mangel- leiden. Infolge der Überanstrengungen und Entbehrungen befielen schwere Krankheiten die Negerin, und die grausame Herrin glaubte schon, ihr Spiel gewonnen zu haben ; sie hoffte, dass der Tod die missliebige Schwarze ans dem Wege räume. In dieser Absicht ließ sie dieselbe auch in der Krankheit darben und Hunger leiden; aber vergeblich, denn zu ihrem Entsetzen erholte sich die Sclavin wieder. Ihr Los wurde jedoch kein besseres. Dazu kam, dass Salamsida Mutter wurde und einen Sohn gebar. Dies trieb den Hass und die Verfolgungswuth der Herrin auf die Spitze; sie brachte es auch dahin, dass das Sclavenkind infolge der Leiden der Mutter alsbald starb. Nach muselmanischem Brauche soll eine Sclavin, welche einen Sohn geboren, nicht leicht verkauft oder verstoßen werden. So blieb auch Salamsida nach dem Tode ihres Sohnes bei ihrem Herrn. Sie verrichtete sämmtliche Hausarbeiten und schleppte täglich aus dem Nil das für Menschen und Thiere erforderliche Wasser herbei, sterbet lief sie eines Tages Gefahr, ihr Leben zu verlieren. Während sie nämlich den Wasserbehälter füllte, fiel sie unversehens in den Fluss; sie hatte nicht die Kraft, sich herauszuarbeiten und wurde von den Wellen fortgerissen. In ihrer Noth rief sie Gott um Hilfe und Rettung an und schrie aus voller Kraft. Durch das Geschrei wurden einige Sclaven am Ufer aufmerksam gemacht, eilten herbei, sprangen in den Fluss und brachten sie mit Stricken an das Ufer. Die Negerin vergaß diesen Vorfall zeitlebens nicht und sagte noch auf dem Sterbelager, dass sie ihre damalige Rettung der Güte Gottes verdanke. Indessen war im Sudan der Aufstand des Mahdi ansgebrochen. Die Empörung griff rasch um sich und zog auch die Provinz am Äquator in Mitleidenschaft. Derwische predigten den Aufruhr und durchzogen in Banden das Land, überall mordend und plündernd. Emin Pascha suchte die Provinz für Ägypten zu retten und die Rebellion zu ersticken. Aber der Ansturm der fanatischen Anhänger des Mahdi von Norden her wurde immer heftiger und der Geist des Aufruhrs griff immer weiter um sich. Es thaten sich raubgierige Horden zusammen und suchten sich durch Plünderung zu bereichern. Salamsida erzählte viel von den damaligen Wirren. Eines Tages, als die Männer zum Kampfe ausgezogen und die Weiber und Kinder zu Hause waren, kam eine Bande raubgieriger Gesellen in die Ortschaft und verlangte Speise. Salamsida erzählt darüber Folgendes: „Wir Weiber waren allein zu Hause und sagten den hungerigen Räubern: wartet ein wenig, bis wir das Essen gerichtet haben. Indes vereinbarten wir uns, sammelten heimlich alle Stöcke, Waffen und was wir sonst finden konnten, und zogen dann aus den Hütten heraus gegen die Mahdisten, überfielen Aus dein Leben einstiger Neger-SUavcn. 151' sie und schlugen mit Stöcken und Lanzen auf sie ein; da sie vor Hunger kraftlos waren, konnten sie sich nicht wehren, liefen davon und zogen sich ans einen Berg zurück. Nachdem sie anderswo geraubt und sich gesättigt hatten, kamen sie wieder zurück, um uns anzugreifen. Da aber indes die Männer heimgekehrt waren, erlitten die Angreifer eine Niederlage und wurden theils getödtet, theils in die Flucht gejagt." Mag auch diese Schilderung vom Muthe der Weiber übertrieben sein, wahr ist, dass die Weiber im Sudan häufig am Kampfe theilnehmen und sich durch Tapferkeit auszeichnen. Die Gefahr von Seite der Anhänger des Mahdi wuchs fortwährend, und in der Provinz selbst gewannen sie Anhang. Die Lage der ägyptischen Truppen und Beamten wurde eine höchst kritische, zumal sie von keiner Seite Hilfe zu erwarten hatten. Es blieb also nichts übrig, als dem Rathe Stanley's zu folgen und sich zum Abzüge zu rüsten. Es wurde den Leuten versprochen, dass sie in Kairo für ihre Dienste belohnt werden sollten. Salamsida ist voll des Lobes über Emin Pascha und seine Sorge für die Neger, mit denen er, so sagte sie, wie ein Vater sein Brot theilte. Auf dem Marsche vom oberen Nil bis nach Sansibar hatte die arme Sclavin wieder viel von Seite ihrer herzlosen Herrin Hana zu leiden. Negerinnen, welche sich bei derselben Karawane befanden, erzählten uns darüber haarsträubende Dinge, und eine derselben, welche sich jetzt in unserer Mission aufhält, bat die Herrin wiederholt, ihr die Sclavin zu verkaufen, um sie aus ihren Krallen zu befreien; die Herrin ließ sich aber nicht dazu herbei. Obwohl sie noch andere Negerinnen in ihren Diensten hatte, wollte sie Salamsida nicht freigeben oder verkaufen, und sie schien es darauf abgesehen zu haben, dieselbe zu Tode zu martern, was ihr schließlich auch gelingen sollte. Auf dem Marsche machte Salamsida bei Tage den Packesel, bei Nacht die Kornmühle. Bei Tage trug sie die Morhakka, eine Art Handmühle, bestehend aus einem schwerern und einem leichtern Steine, und einen großen Korb mit Werkzeug, Küchengeräth und Proviant auf dem Kopfe; mit dieser Last marschierte sie barfuß monatelang über Steppen und Berge. Wenn Halt gemacht wurde und auch zur Nachtszeit musste sie Korn reiben. Diese letztere Arbeit dauerte auch während der Seefahrt von Sansibar nach Suez fort In Kairo siedelte sich Salamsida mit ihrer Herrschaft in einem Dorfe in der Nähe unserer Kolonie in ©estra an. Ihr Zustand war aber ein erbarmungswürdiger. Sie hatte auf dem Rücken eine tiefe und breite Wunde, welche unausgesetzt eiterte, und die Füße zitterten und waren so schwach, dass sie allein kaum stehen, viel weniger gehen konnte. Dies waren die Folgen der übermenschlichen Anstrengungen und Strapazen, welche sie auf dem Marsche zu ertragen gehabt hatte. Niemand nahm sich ihrer an, pflegte oder behaudelle sie in ihrer schweren Krankheit. Die Herrin gab ihr schlechte und spärliche Kost und versagte ihr zuweilen selbst diese. Die Unglückliche bot so recht das Bild einer ausgeschundenen, verlassenen Sclavin dar. Nach ein m Leben voll bitterster Leiden während einer zwanzigjährigen Sclaverei gieng sie ihrer Auflösung entgegen. Zwei Jahre hatte sie im erwähnten Siechthume verbracht, und jetzt, gegen das Ende ihrer Qualen, erbarmte sich das göttliche Herz Jesu dieser armen Tochter Cham's. In ihrer äußersten Verlassenheit kam ihr nämlich eine Sehnsucht nach der katholischen Mission, die sich in der Nähe befand, und von der sie erzählen hörte. Es tauchten in ihr die Erinnerungen an die Missionäre in Gondocoro auf, die einst den Bari Glasperlen und Arzneien gegeben hatten. Sie tvusste selbst nicht recht, wie ihr war; aber sie fühlte den Drang in sich, einmal in die nahe Mission zu kommen, und meinte, es müsse dort Leute geben, die sich um die Neger ebenso liebevoll kümmerten, wie es einst in Gondocoro geschehen war. Von diesem Gedanken machte sie Negerinnen Mittheilung, und durch diese kam es den Schwestern in unserer Kolonie in Gesira zu Ohren. Gleich am nächsten • 152 Aus beut Leben einstiger Ncger-Selaven. Morgen begaben sich zwei Schwestern an den Ort und fanden die Kranke in jämmerlichem Zustande. Salainsida lag vor der Hütte ans der Erde ausgestreckt und neben ihr saß die Herrin. Die Schwestern fragten: „Wer ist diese kranke Person?" „Meine Tochter!" antwortete die alte Hana in barschem Tone. Zur Sclavin gewendet, fragten die Schwestern: „Ist diese Frau deine Mutter?" „Nein," war die Antwort, „es ist meine Herrin!" „Nun," sagten die Schwestern, „wenn es so ist, dann kannst bit zn uns kommen, da du frei bist." Da sprang die Herrin auf und schrie erregt: „Gott gebe nicht, dass sie zu euch komme, sie möge hier sterben wie ein Hund!" Die Kranke entgegnete in flehentlichem Tone: „O, möchte es Gott gefallen, dass ich hingehen und in der Mission sterben könne!" Um einen erregten Wortwechsel mit der alten Herrin zu vermeiden, gierigen die Schwestern einstweilen ihres Weges und begaben sich zum Besuche schwerkranker Kinder in das nahe Dorf Emba'be. Nachmittags kehrten sie wieder zurück und fanden Salamsida in derselben Lage wie am Morgen, doch diesmal allein. Sie fragten die Kranke, ob sie wirklich zu ihnen kommen wolle. Als dieselbe neuerdings ihr Verlangen nach der Mission kundgab, riefen die Schwestern einige in der Nähe befindliche Neger herbei und ermuthigten sie, die arme Kranke, die, von allen verlassen, hier elend zugrunde gehe, aufzuheben und in das Institut der Mädchen zu tragen. Die gutmüthigen Neger, denen die unglückliche Salamsida schon lange Mitleid eingeflößt hatte, hoben dieselbe ohne weiteres vom Boden auf und trugen sie auf den Armen zu unserer Colonie in das Haus der Schwestern. Der Grund, weshalb Salamsida in die Mission zu kommen wünschte, war die Hoffnung, dass sie hier in ihrem Leiden gepflegt und womöglich davon geheilt werde. Die Schwestern riefen den Arzt, welcher jedoch erklärte, dass keinerlei Hoffnung auf Genesung vorhanden sei und der Kranken eine Lebensfrist von höchstens drei Monaten übrig bleibe. Die Schwestern versäumten nichts, um ihre Leiden zu lindern und zu erleichtern. Auch sprachen sie ihr über die Religion und hieugen ihr eine Medaille der hl. Jungfrau von Pompei um den Hals, um der Armen die besondere Fürsprache Maria's zu sichern. Sie erklärte sich ohne Umstände bereit zur Annahme unserer hl. Religion und sagte: „Ich will sein, wie ihr seid, ich will in euerer Religion sterben; nur bin ich eine arme Unwissende und auch noch krank und kann nicht mehr viel lernen; aber für jeden Fall, ob ich lebe oster sterbe, ich will sein wie ihr." Sie fühlte sich so zufrieden, dass sie eine ihrer Mitsclavinnen, welche öfters zum Besuche kam, aufforderte, ebenfalls bei den Schwestern zu bleiben und sich unterrichten zu lassen. Der Teufel konnte natürlich nicht müßig zusehen, wie diese seine Beute auf dem besten Wege war, seinen Krallen zu entschlüpfen; er machte seine Anstrengungen, um sich diese Seele zu sichern. Eines Morgens fand man die Kranke vollständig verändert. „Was hast du, Salamsida, was willst du?" fragten die Schwestern bekümmert. „Ich will zu meiner Herrin heimkehren," war die kurze und mürrische Antwort. „Warum denn, fehlt dir hier etwas?" fragten liebreich die Schwestern. „Nein," sagte sie, „mir fehlt hier nichts; aber in der letzten Nacht wurde ich so sehr erschreckt, dass ich vor Angst und Furcht laut schrie. Es ist der böse Geist zu mir gekommen und hat mir gesagt, ich solle in meine Hütte zurückkehren, einen Hammel schlachten und die Trommel schlagen lassen; die Leute sollen einen Tanz aufführen, dann würden meine Füße wieder Kraft bekommen; nachher könne ich wieder hierher kommen und Arzneien holen, wenn ich deren bedürfe; aber hier solle ich nicht bleiben, und wenn ich nicht von hier fortgehe, so werde er mich erdrosseln." Hier ist zu bemerken, dass eine der am meisten verbreiteten abergläubischen Ansichten diese ist, dass Krankheiten von bösen Geistern verursacht werden, und dass diese Krankheitsgeister durch Zauberei und Hexerei, besonders durch Thieropfer, Aus dem Leben einstiger Neger-SclnNett. 153 lärmenden Tanz und geräuschvolle Musik ausgetrieben werden. Wer je den Höllenlärm gehört hat, der bei solchen Krankheitsaustreibungen vor der Hütte der Kranken aufgeführt wird, der wird sagen, dass dadurch der Kranke viel eher wahnsinnig gemacht oder zum Tode befördert, als geheilt werden müsste. Salam-sida war in diesem Aberglauben besonders von ihrer Herrin ausgebildet worden, welche, wie sich herausstellte, in der Kunst der Hexerei Meisterin war und vielfach Hexe genannt wurde. Es kostete nicht wenig Mühe, um die Kranke von diesem Aberglauben abzubringen und ihr wieder Muth zu machen. Man sagte ihr, sie solle bei einem abermaligen Erscheinen des Teufels das Crucifix zur Hand nehmen, das sie am Halse trug, es dem Teufel zeigen und den hl. Namen Jesu anrufen, dann werde der böse Feind sofort weglaufen. Es wurde ihr die Reliquie vom hl. Kreuze unter das Kopfkissen gelegt, worauf die Kranke sich sofort beruhigte. Der Versucher kehrte noch viermal zum Angriff zurück; jedesmal nahn: die gehorsame Negerin das Crucifix zur Hand und sprach den Namen Jesus aus, und es kehrte wieder Ruhe in ihre Seele ein. Indes machte die Krankheit immer raschere Fortschritte. Die Kranke konnte sich nicht allein drehen oder bewegen, Fieber zehrten an ihren Kräften, und die Schmerzen in den scheinbar abgestorbenen Füßen waren so arg, dass ihre Ertragung eine wirklich heroische Geduld erforderte. Oft lag sie erschöpft und besinnungslos wie im Todeskampfe, und dann kehrte sie wieder zu sich zurück. Indes war sie in ruhigen Stunden in den hauptsächlichsten Glaubenswahrheiten unterrichtet worden. Weitläufiger und ausführlicher Unterricht war nicht möglich, er wurde durch den guten Willen und durch die aufrichtige Sehnsucht der Kate-chumenin nach der hl. Taufe ersetzt. Wenn man sie fragte, wo Jesus sei, zog sie unter sichtbaren Schmerzen, welche ihr jede Bewegung verursachte, das Crucifix hervor, zeigte es, vor sich haltend, und sagte: „Da ist Jesus, der mich tröstet!" Am 25 März, Fest der Verkündigung Maria's, wurde sie auf ihrem Schmerzenslager getauft und erhielt die Namen: Annunciata Josepha Sebastians; sie war bei ihrem Eintritt in das Institut unter den besonderen Schutz des hl. Märtyrers Sebastian gestellt worden. Die Wirkungen der heiligmachenden Gnade zeigten sich sichtlich. Gegenüber dem Priester, welcher ihr die hl. Taufe ertheilt hatte, zeigte sie große Dankbarkeit und nannte ihn aba, d. h Vater. Als der Priester sie ermuthigte und ihr sagte, sie solle ruhig in ihrem Leiden ausharren und ohne Furcht sein, da erwiderte sie: „Warum soll ich Furcht haben, habe ich nicht den Herrn bei mir?" In der Charwoche wurde ihr die letzte Ölung ertheilt, da ihr Tod unmittelbar bevorzustehen schien. Ihr Leiden verlängerte sich jedoch. Die Schwestern verließen sie keinen Augenblick, und Tag und Nacht blieb eine derselben bei ihr. Eines Tages, da die Kranke unsägliche Schmerzen auszustehen gehabt hatte, sagte ihr jemand: „Heute hast du viel gelitten, du konntest heute nicht beten; jetzt, da es etwas besser geworden ist, wollen wir einige Schlussgebetlein sprechen." Die Leidende erwiderte leise: „O, ich habe den ganzen Tag bei mir selbst Schussgebetlein verrichtet und immer gesprochen: Jesus, Barmherzigkeit! Jesus, dir'zu Liebe!" Die Leiden und Schmerzen schienen sich mit jeden: Tage zu steigern. Abgesehen von der großen Wunde am Rücken, war auch die Seite, auf der allein sie liegen konnte, eine einzige große Wunde ; die Fieber, die an ihr zehrten, hatten sie zu einem Scelett gemacht, und man hätte geglaubt, eine Leiche vor sich zu haben, wenn nicht die Seufzer ob der stechenden Schmerzen in den Füßen das Vorhandensein eines schwachen Lebens verrathen hätten. In all den langen Leidenstagen kam kein Laut der Ungeduld oder Unzufriedenheit über ihre Lippen; nicht einmal beklagte sie sich über ihre ehemalige Herrin, welche sie zu Tode gemartert hatte. Hingegen sprach sie bis zu den letzten Tagen gerne von der Mission Gondocoro und betheuerte immer wieder, dass sie im Leben und Sterben sein wolle wie wir. 154 Reise der Bischarmen Äübn imb Achmet in Europa. Endlich, am Samstag den 25. April, Vorabend des Schutzfestes des heil. Josef, begann der Todeskampf, und es wurden die Sterbegebete verrichtet. Zweimal im Laufe des Tages kam sie noch zu Sinnen, wobei sie, das Kreuz haltend und wiederholt küssend, Stoßgebete und die Namen Jesus, Maria und Josef mit großer Andacht sprach und zwar unter so heftigen Schmerzen, dass dieselben an den Zuckungen des Gesichtes sichtbar wurden. Die Negermädchen empfahlen sich ihr und baten sie, im Himmel ihrer zu gedenken. Die mit dem Tode Ringende wiederholte ihr Versprechen, das sie früher gegeben hatte, und sagte, wenn sie im Himmel bei Jesus sei, so wolle sie für alle beten; sie hoffe, dort die Gebete besser zu lernen. „Ich will beten für die Bari und auch für Hana," sagte sie. Diese Hana ist, wie gesagt, ihre Herrin. Gegen 10 Uhr Abends gab Salamsida ruhig ihre Seele in die Hände des Schöpfers zurück. Ihre Geduld und Gottergebenheit im Leiden, ihre kindliche Aufrichtigkeit und Einfalt, ungeheuchelte Frömmigkeit und erbauliche Feindesliebe werden im Schwesterinstitut der Negercolonie in Gesira noch lange in Erinnerung bleiben. Gott. der Herr aber wird, so wollen wir hoffen, diese Märtyrin der ©datiern zu sich in die Wohnung des ewigen Friedens aufgenommen haben. P. gax. Heyer, F. s. c. Reise der Mirine« Alibii unb Mutet in limp. Von P. <5>ffo /Außer, F. S. C. (Fortsetzung.) überfiel uns ein plötzlicher Schrecken. Das sonderbare Hans fieng auf ' Ay einmal zu reden an. Die Stimme kam aus dem Horn heraus. Es war eine fürchterliche Stimme fürwahr. Was will das heißen? fragten wir uns gegenseitig. Alles geht in Stücke, riefen wir und hielten uns mit den Händen an den Wänden fest. Als das Haus zu reden geendigt hatte, eilten wir hinaus, das wunderliche Horn näher anzusehen. Trotz genauer Beobachtung konnten wir nichts wahrnehmen. Das verursachte uns nicht wenig Staunen. Dort oben steckt ein Teufel darin, sagten die einen. Nein, die Stimme ist aus einem anderen Horn herausgekonimen, bemerkten andere. Das Staunen über das seltsame Ereignis fesselte uns noch, als das Haus von neuem zu reden begann. Diesmal kam die Stimme aus dem Bauche heraus. Das war ein Zischen und ein Brausen, das uns durch die Ohren sauste, sodass wir uns die Kleider um die Ohren wickelten. Wir liefen an das Geländer und sahen das Haus umt unten weißes, feuriges Wasser speien. Wehe uns, wir sind verloren, riefen wir aus. Feuer von oben, Feuer von unten und wir sind in der Mitte zwischen beiden. O wir Unglücklichen! Warum haben wir unser Land verlassen, um hier im Feuer das Leben zu opfern! Unsere Verwandten hatten wohl recht, als sie uns sagten, dass man uns im Wasser und im Feuer umbringen will. Ans Schrecken wussten wir uns nicht mehr zu helfen. Hierauf kam der Herr und beruhigte uns und versicherte, dass durchaus keine Gefahr vorhanden sei. Wir glaubten seinen Worten. Hierauf vernahmen wir „puff puff-rum-rum" und der colossale Kasten begann auf dem Wasser zu laufen. Nun stieg unsere Verwunderung auf den höchsten Grad. Wie kommt es, dass das Haus auf dem Salzfluss läuft? es wird ja weder gezogen noch vorwärts gestoßen, sagten wir uns gegenseitig; es blieb für uns und bleibt jetzt noch ein Räthsel. Das ist das Werk der Engel, meinten einige. Nein, das sind die Teufel, bemerkten andere. „Dabei haben weder die Engel noch die Teufel zu thun, erwiderten wieder andere, das ist das Werk der Christen. Die Christen sind Leute von erstaunlicher Kraft. Gott hat ihnen eine Neise der Bischarinön Älibu und Ächmet in Europa 155 besondere Stärke verliehen. Sie vollbringen unbegreifliche Werke. Schaut euch dieses Holz und dieses Eisen an. Wer weiß, von wo sie diese Sachen herbeigeschleppt haben." Während wir uns in solchen Gesprächen unterhielten, regten die boshaften Teufel des Salzflusses einen gewaltigen Sturm auf. Das Haus begann auf dem Wasser zu tanzen, bald fiel es hinab in den Abgrund, bald wurde es von den Wellen in die Höhe getragen. Nach kurzer Zeit begann unser Kopf um die Runde zu gehen; auch in unserem Magen gieng es auf und ab. Wie übel und weh fühlten wir uns! Vergebens versuchten wir zu gehen, wir fielen zusammen, die einen über die anderen. Hier und dort lagen unsere Leute ausgestreckt am Boden, len Kopf in ihre Kleider gehüllt, oh, oh, oh, stöhnten sie. O das verfluchte Geld, für das wir uns solchen Gefahren ausgesetzt haben, vernahm man von einer Seite. O der versiuchte Teufel, der vom Horn in unseren Magen hinabgestiegen ist, wiederholten andere. Wir verwünschten Beschir Bey und Ibrahim Äbdän. Sie haben wohl ihr Geld bekommen; uns aber schicken sie in die Gefahren. Könnten wir ihnen auch von unserem Übel einen Theil geben! Wir sämmtliche mussten uns erbrechen. Einen Tag und zwei Nächte lang dauerte der Sturm. Nachdem der Salzfluss wieder still geworden war, kam der Herr uns zu trösten und zu ermuntern. Auch er hatte gelitten; er befand sich hoch über uns in einem Zimmer. Während des Sturmwindes schaute er von Zeit zu Zeit zu uns herab. Guten Tag! rief er uns zu, wie gehts? gut? und sofort zog er wieder den Kopf hinein. Wir waren höchst erzürnt und schimpften über ihn mit leiser Stimme. Nun aber beklagten wir uns mit ihm wegen der ausgestandenen Leiden. „Ich habe keine Schuld daran, antwortete er auf unsere Klagen, andere Male gieng es immer gut; das hängt auch nicht vom Schiffe ab. Gott hat es so zugelassen." Hierauf versuchte er uns zu erheitern; er warf ein zusammen-geknotenes Taschentuch auf die Erde, welches sofort sich nach vorwärts zu bewegen begann, und mit noch anderen wunderlichen Spielen ergötzte er uns. Den übrigen Theil der Reise auf dem Salzflusse verbrachten wir fröhlich und zufrieden. An einem Morgen in der Frühe gelangten wir nach Triest. Es war kalt. Wir waren überrascht, als wir nur Leute mit dem Hute, keinen einzigen mit dem Tarbusch sahen. Das sind alle Christen, sagten wir, sie werden uns misshandeln. Jedoch niemand that uns etwas zuleide. Vom Hause herabgestiegen gieng es sofort zur Eisenbahn auf die Reise nach Wien. Längs des Weges sahen wir Schafe, Kühe, Weideflächen mit üppigem Gras. Da möchte ich gern meine Herden weiden lassen, sagte bald einer, bald ein anderer. Gewisse weiße Berge unfern der Eisenbahn zogen die allgemeine Aufmerksamkeit an. Was kann das wohl sein? fragten sich gegenseitig unsere Leute. Das ist Salz, behaupteten einige; nun wissen wir auch woher das Salz kommt. Durchaus nicht. Das ist Zucker, bemerkten andere. O könnten wir dort hingehen und davon versuchen! Die Eisenbahn indessen gieng rastlos weiter. Zu Wien angekommen nahmen wir in einem großen Garten Platz. Unsere Beschäftigung bestand in spielen, tanzen, in Waffenübungen und singen. Die übrige Tageszeit verbrachten wir bei den Hütten in Nichtsthun oder in kleinen Handarbeiten; es waren nämlich einige Hütten errichtet worden, die den uns engen in Etbai ganz gleich waren. In solchen Hütten wohnen die Bischarinen in ihrem Lande, erklärte Hr. Möller den Herren, die uns zu sehen kamen. Zur Nacht schliefen wir in zwei großen Zimmern beisammen, int einen die Männer, Jünglinge und Knaben, im andern die Frauen und Mädchen. Zu Wien waren wir anfangs keineswegs zufrieden. Wir hatten kalt und zitterten am ganzen Leibe. Dennoch gab man uns keine erwärmenden Kleider noch Decken für die Nacht. Als Nahrung hatten wir hartes Brot, spärliche Milch und wenig Fleisch. Ver- 156 Reise der Alibu und Achmet in Europa. schiedenemale schickten wir unsern Scheich, dem Herrn zu reden und ihm unsere Unzufriedenheit bekannt zu geben, jedoch umsonst. Seine Worte erzielten keinen Erfolg. Schon am Anfang starb ein Jüngling; der Arme hatte an der Külte sehr gelitten. Wir bedauerten den Unglücklichen und wischten uns mit den Händen die. Thränen ab, damit niemand unser Weinen wahrnehme. Auch eine schwarze Frau verlor das Leben, jedoch aus Unvorsichtigkeit. „Diese Nacht will ich nicht im Zimmer, sondern draußen zubringen", sagte sie eines Abends; sodann verließ sie das für die Frauen bestimmte Schlafzimmer und begab sich in eine Strohhütte, woselbst sie neben der Asche einschlief. Indessen unter der Äsche waren einige brennende Kohlen verborgen. Die Kleider der Eingeschlafenen geriethen in Brand, welcher sich rasch in der Hütte verbreitete. Die arme Frau erlag am folgenden Tage ihren Brandwunden. Hierauf gab uns der Herr strenges Verbot, die Nacht anderswo als in den Schlafzimmern zuzubringen und ließ den Garten zur Nachtzeit bewachen. Die Leute, welche unseren Spielen zuschauten, gehörten zwei Classen an. Die einen standen zu Fuß in einiger Entfernung um uns herum. Diese bildeten den weit größeren Theil. Die anderen saßen in der Nähe vor uns auf Stühlen und bildeten den kleineren Theil; es waren dies die vornehmen Herren. Wir pflegten von sämmtlichen Zuschauern Trinkgeld zu sammeln; nun das gefiel dem Herrn Möller nicht. Er wollte es durchaus nicht haben, dass wir auch von den großen Herren Almosen betteln. Darüber waren wir recht aufgebracht, von den reichen Herren hauptsächlich wollten wir Trinkgeld fordern, denn diese gaben uns klingende Silberstücke, von den andern im Gegentheil bekamen wir nur kleine Kupfermünzen. „Morgen spielt niemand", verabredeten wir uns. Am folgenden Morgen kam der Herr. Machet euch zum Spielen bereit, denn es haben sich schon viele Leute gesammelt, sagte er. Wir spielen nicht, antworteten wir ihm mit finsterem Gesichte. Seit langen Jahren führe ich die Bischarinen herum, nie aber habe ich Leute gefunden wie euch, erwiderte er uns erzürnt. Diese seine Worte waren wie Feuerfunken auf Zunder. Es brach ein schrecklicher Lärm aus. Wir alle, Klein und Groß, fingen an zu schreien aus voller Kehle, den Herrn zu schimpfen und zu verfluchen. Dieser gieng davon und kehrte mit 10 Polizeidienern zurück. Bindet dieses Gesindel, schrie er. Wir Bischarinen aber gar nicht faul, zogen unsere Schwerter, bereit auf einen Wink unseres Scheichs darein zu hauen. Indessen sprach einer unserer Jünglinge, der etwas englisch wusste, gemäß dem Befehl des Scheichs, zum Haupt der Polizeidiener: ihr sollt uns nicht binden, führt uns zum Consul, wir wollen mit ihm sprechen. Gesagt, gethan. Man führte uns zum Consul. Wir alle, Jünglinge und Männer, bestiegen sechs Wagen. Mit unseren Schwertern in der Hand traten wir in des Consuls Zimmer ein. Derselbe trug um die Hüften einen Gurt, von dem ein Schwert herabhieng. Nur der Scheich grüßte ihn; wir andern schnitten trotzige Gesichter. „Warum habt ihr solchen Lärm aufgeführt? und was thut ihr mit den Schwertern da?" fragte uns der Consul mittels eines Dolmetschers. Hierauf fieng unser Scheich zu sprechen an. „Wisse, o Herr", redete er zu dem Consul, dass als „ man uns von Assuan wegführte, uns schöne Versprechungen gemacht wurden. Wir waren überein gekommen auf gute Nahrung und Kleidung, Zahlung und Trinkgeld. Nun aber hier angelangt, lässt man uns die Kälte leiden, man gibt uns schlecht und wenig zu essen und will uns sogar verbieten, Trinkgeld zu sammeln. Deswegen sind wir unzufrieden und wollen in unser Land zurückkehren." Nach vielem Reden wandte sich endlich der Consul an Herrn Möller, der ebenfalls gegenwärtig war und sagte ihm: „Entweder gibst du ihnen alles, was du ihnen versprochen hast, oder du führst sie sofort zurück in ihr Land." „Ich führe sie jetzt nicht zurück", antwortete Herr Möller, „ich werde sie mit allem Nöthigen versorgen." Reise der Bischarinen Alibu und Achmet in Europa. 157 Unser Scheich dankte dem Consul. Hierauf ließen wir unsere Schwerter nieder und giengen ab. Von diesem Tage an änderten sich die Dinge. Wir wurden nun auf gute Weise behandelt. Am selben Abend noch brachte man uns gute, warme Kleider, Strümpfe, weite Hosen, Unterhemde, Markub (eine Art Schuhe) und Decken für die Nacht. Wir Jünglinge kleideten mit besonderem Vergnügen Strümpfe und Markub. Auch die Männer versuchten Strümpfe anzuziehen, es war jedoch vergebliche Mühe. „Diese Kleider sind nicht für uns", sagten sie und warfen die Strümpfe in die Ecke. Der Scheich sammelte dieselben sorgfältig und legte sie in eine Kiste. Anstatt uns von den vornehmen Herren Trinkgeld fordern zu lassen, gab uns der Herr 25 Fr. aus seiner Tasche jedesmal, wenn die Herren in großer Anzahl anwesend waren, und wir gaben uns damit zufrieden. Zum Essen gab man uns reichlich Milch, Butter, frisches Brot, Zucker, Fleisch, Fett n. s. tu. Die Tiere wurden uns lebend übergeben, denn wir selbst wollten dieselben schlachten. Das Fleisch überließen wir einem Schwarzen, der von Assuan mitgenommen worden war, um uns die Speisen zu kochen. Dieser kochte alles in einem großen Kessel. Beim Essen saßen wir je zehn oder fünfzehn um eine große Platte herum. Wir aßen mit Vorliebe Eingeweide und Fett. Gern hätten wir auch ein Stück saftigen Kameelfleisches verzehrt, aber es gab keines. Das Kameel ist dort sehr selten. Herr Möller brachte uns auch Gemüse, gekochte Zwiebeln und Salat, aber niemand genoss davon. „Warum esset ihr diese Speisen nicht?" fragte er uns. „Die Bischarinen essen kein Gras wie die Thiere", lautete unsere Antwort. „Ihr tauget weniger als die Thiere," sagte er mit Lachen, „ihr habet Furcht vor dem Feuer und dem Wasser; es fehlt euch sogar der Muth, allein aus's Schiff zu steigen". — Ein anderesmal brachte er uns batates (Kartoffel). Unsere Leute von den Bergen hatten niemals dergleichen gesehen. Einer von ihnen nahm eine Kartoffel in die Hand und roch daran. „Pfui, das sind Schweineeier," rief er aus und warf sie weg. Da erzürnten sich die Unseligen. „Trag deine Schweineeier fort und bring uns in Zukunft dergleichen nicht mehr", sagten wir zu Herrn Möller. „Wir wollen nur Milch, Butter, Brot, Zucker, Fleisch und Fett, andere Sachen essen wir nicht." Der Herr lachte, wir aber redeten im Ernste. Zahlreiche Leute beobachteten uns tvährend wir aßen. „Was wollen denn diese?" fragten wir, „sie müssen wohl Hunger haben". „Sie haben nicht Hunger," antwortete uns ein Dolmetscher, „sie wollen euch nur beobachten wie die Alterthümer." Beim Essetl bedienten wir uns der ^Finger, gemäß der Gewohnheit unseres Landes. Alan wollte uns unreinlich nennen, weil wir mit den Händen aßen. „Warum denn hat uns Gott die Hände gegeben?" sagten wir; „ohne Zweifel, damit wir davon Gebrauch machen". Dass man mit den Händen keine flüssigen Sachen, wie z. B. Suppe, essen kann, begreifen wir wohl-; man würde sich ja Hände und Arme verbrennen; dass aber feste Speisen, wie z. B. das Fleisch, nicht mit den Händen zu essen seien, ist uns nicht klar. Jene Leute aßen auf sonderbare Weise. In einer Hand hielten sie ein eisernes Stäbchen, das nach unten in mehrere Spitzen endete, wie die Dornen; damit stachen sie ins Fleisch hinein. Mit dem Messer, das sie in der anderen Hand hielten, schnitten sie ein Stückchen ab und führten es so in den Mund. Welch umständliche Art zu essen ist das! Warum hat man sich solcher Instrumente zu bedienen, mit denen man Lippen und Zunge verwundet? — Eine Dame wollte uns sämmtliche mit Dornen (Gabel) und Messern zum Essen versehen. Wir weigerten uns, dergleichen Sachen anzunehmen. Die Bischarinen bedienen sich der Gabeln nur, um Dornen aus ihren Füßen herauszuziehen, sonst machen sie keinen Gebrauch davon, antworteten wir. (Im Bischarinenlande nämlich gibt es verschiedene dornige Bäume, deren 158 Die Sclavenjagden in Darfur. Dornen sich auf dem Boden zerstreuen. Da die Bischarinen barfuß gehen, ereignet e§ sich oft, dass ihnen kleine Dornen in die Füße gerathen, welch erstere sie mittels eines großen Dornes entfernen). Am allermeisten wunderten sich die Lente, als sie uns große Fettstücke verzehren sahen. „Ihr sterbet daran", sagten sie uns. Wir lachten über diese ihre Furcht und antworteten: „Wir sterben nicht daran, im Gegentheil, das Fett gibt uns Kraft." Tafaddalu, riefen wir den Umstehenden zu mit) luden sie ein, an unserer Mahlzeit theilzunehmen und boten ihnen schöne Fettstücke an. „Danke, danke," antworteten alle und klatschten in die Hände. Niemand wollte unser Tischgenosse sein. Die Ursache davon ist uns unbekannt. (Schluss folgt) Mit in st listin iir Khlim gier Sriiigniifigicn (jfldli'ljrii. Darfur, einem alten, zwischen Kordofan und Waday gelegenen ^udanreiche, das zuletzt zum Mahdireiche gehörte, ist noch kein katho-lischer Missionär vorgedrungen. Das Land ist auch größtentheils von iWMZM Mohammedanern bewohnt und daher ein für Missionen nicht günstiges Feld. Als mohammedanischer Staat an der Grenze reichbevölkerter Negerlander betrieb Darfur von jeher systematische Sclavenjagden. Wir geben in Folgendem nach dem Augenzeugen Scheik Mohammed el-Tunsi eine Schilderung dieser Raubzüge. Jeder Darfurer, dem es beliebt, kann eine Ghazua unternehmen. Er bedarf hierzu nur der Salalieh oder Erlaubnis des Sultans. Wer dem Sultan ein Geschenk machen kann oder einen Freund. besitzt, der ihn bei demselben befünvortet, begibt sich nach der Hauptstadt Fascher, und zwar gewöhnlich in den ersten Tagen des Sommers, einige Zeit vor Beginn des Regens. Als Geschenk ist dem Sultan vor allem erwünscht ein Pferd in voller Rüstung mit einem Sclaven, der es führt. Wenn der Fürst das Geschenk annimmt und die Ghazua gestattet, gibt er dem Bittsteller als Zeichen der Bewilligung eine Salatieh, bestehend in einer großen Lanze und einem Licenzschein folgenden Inhalts. „Von Seiten des großen Sultan, Zuflucht und Stütze Aller, Ruhm aller arabischen und nichtarabischen Könige, Herr des Halses aller Nationen, Herrscher der zwei Länder und der zwei Meere, Diener der beiden heiligen Städte, welcher seine Hoffnung auf den Gott der Gerechtigkeit und Langmuth setzt, der Sultan Mohammed Fadl der Siegreiche an alle Jene, welche diese Schrift sehen werden, Emire, Krieger, Heerführer: Wir Sultan, von Gott bevorzugt, von seiner besondern Gnade gehalten, siegreicher Sultan, haben dem N. N. die Gnade unserer Gunst und unseres Wohlwollens erwiesen und ihm eine Salatieh verliehen, um eine Ghazua nach dieser oder jener Richtung zu unternehmen. Alle jene, welche ihn bei seiner Unternehmung begleiten werden, Groß und Klein, sind von unserer Seite gegen jede Anschuldigung oder Vorwurf geschützt. Zur Beglaubigung dessen ist von unserer Gwßmuth der gegenwärtige Firman erlassen worden. Ferne, ferne sei jede Opposition, jede Art von Missgunst gegen diesen Befehl. Wir haben dem Inhaber dieser Licenz befohlen, Rücksicht und Gerechtigkeit gegen alle zu üben, die sich der Expedition anschließen werden, und Billigkeit und Mäßigung, wie sie die Furcht Gottes eingiebt, gegen den ihm zukommenden Theil der gefangenen Sclaven walten zu lassen. Gruß." Mit diesem Licenzschreiben und der Salatieh, welche die Würde eines Führers der Ghazua verleiht, versehen, verlässt der Bittsteller die Residenz- des Sultans, Die Sclcweiijagdm in Darfur. 159 lässt sich auf einen ausgebreiteten Teppich nieder und streckt die Lanze oder Salatieh vor sich in die Erde. Alsdann schlägt ein Diener die Trommel, es laufen von allen Seiten die Leute herbei, und der Führer der Ghazna zeigt den Licenz-scheim Es kommen Kaufleute mit Kleiderstoffen, wovon der Expeditionsführer kauft, so viel er will und bedarf, und zwar auf Credit. Die Preise schwanken je nach Umständen; will der Kaufmann die Expedition begleiten und kostet das Verkaufte z. B. nur einen Sclaven in Fascher, so verpflichtet sich der Führer, fünf oder sechs Sclaven im Jagdgebut selbst zu geben. Wenn hingegen der Kaufmann die Expedition nicht mitmachen will und erst bei der Rückkehr derselben bezahlt zu werden wünscht, so kann er nur zwei bis drei Sclaven beanspruchen. Nachdem so die Verkanfsbedingnngen festgestellt sind, gibt der Herr der Salatieh dem Kaufmann eine Empfangsbescheinigung. Auf diese Weise werden alle Hochzeiwzug in Ägypten. Geschäfte auf Credit abgeschlossen, und der Führer kommt in kurzer Zeit in den Besitz von Kleiderstoffen, Pferden, Kameelen, Eseln und alles zur Expedition Erforderlichen. Manche Sclavenjüger gehen auf diese Weise Verbindlichkeiten für fünfhundert und mehr Sclaven ein. Dieser Geschäftsabschluss auf Credit steht natürlich immer im Verhältnis des Vertrauens, welches die Energie und Geschicklichkeit des Unternehmers einflößt. Während dieser Vorbereitungen zur Abreise stellen sich Leute vor, die als Theilnehmer der Expedition aufgenommen werden wollen. Der Unternehmer lässt alsdann eine gewisse Zahl von Abschriften seines Fermans herstellen und übergibt jedem Theilnehmer eine Abschrift nebst einem Pferde oder Kameele. Er weist dann den Einzelnen die Route an, die sie einzuschlagen haben, theilt sie in zehn oder mehr Gruppen, deren jede ihr Haupt hat und ihrer Route folgen muss. 160 Die Cclaveiijagden in Darfur. Der Ober.Anführer stellt sich ebenfalls an die Spitze einer Abtheilung und wählt eine von den andern nicht befolgte Route. Alle diese Abtheilungen ziehen auf verschiedenen Wegen von der Hauptstadt nach Süden. Der Führer jeder Abtheilung lässt in den Dörfern und Ortschaften, durch die ihn seine Route führt, die Trommel schlagen, sammelt die Bewohner um sich, theilt ihnen den Inhalt des Firmans mit und gibt jenen, die sich ihm anschließen wollen, die Bedingungen des Jagdunternehmers bekannt. Diese sind z. B. folgende. Bei der ersten Gebaieh oder Theilung der Beute erhält der Unternehmer die Hälfte der Sclaven, die jeder Theilnehmer erbeutet hat; bei der zweiten Theilung ein Drittel, ein Viertel u. s. w. Regelmäßig schließt sich eine gewisse Anzahl Theilnehmer, vor allem aus armen Familien, der Expedition an. Der Herr der Salatieh remitiert auf seinem Marsche in derselben Weise wie die einzelnen Führer seine Theilnehmer, Pferde, Kameele, Esel u. s. w. Schließlich trifft er mit dm einzelnen Abtheilungen an einem vorher bestimmten Orte zusammen, der stets außerhalb der Südgrenze Darfur's, gewöhnlich eine Tagreise von derselben entfernt, gelegen ist. §ier findet nun die Organisation der Gesammt-Expe-dition statt. Der Unternehmer nimmt den Titel „Sultan" an, bildet sich ans den einzelnen Abtheilungsführern einen Hofstaat und vertheilt die verschiedenen Ämter. Er formiert sich ein Coips von Officieren und Fnnctionären, denen er eben dieselben Titel und Aufgaben anweist, wie sie am Hofe des Herrschers von Darfur bestehen. Er versieht seine Leibwache, Officiere und Beamten mit Kleidern, Pferden, Kameelen, Eseln u. s. w Von dem Augenblick an, da der Unternehmer der Expedition außerhalb der Grenzen Darfur's sich befindet und als „Sultan" anerkannt ist, hat er volle Actionsfreiheit und unbeschränkte Macht, selbst über Leben und Tod. Alle ohne Ausnahme müssen sich unter seinen Oberbefehl stellen, seine Anordnungen und Befehle sind für alle Gesetz; diese Würde und Macht verbleibt ihm während der ganzen Expedition bis zur Rückkehr an die Stelle, wo er den Titel „Sultan" annahm. Nachdem die Expedition also geordnet ist, findet der Ausbruch statt. Es wird direct gegen jenen Negerstamm marschiert, der im Firman als Ziel der Unternehmung bezeichnet ist. Der Mittelpunkt des Ganzen ist stets der Sultan. Seine Leibwache und Officiere sorgen fleißig für seine Sicherheit und Bequemlichkeit. Eigene Angestellte führen auf Kameelen Maisstengel und Pfühle mit zur Errichtung des Lagers; sie eilen der Expedition voraus, stecken die Umzäunung für das Lager ab und errichten in deren Mitte die Hütte für den Sultan. Bei der Ankunft an der Hallestelle finden Sultan und Beamte alles zur Nachtruhe vorbereitet. Am Morgen wird das Lager abgebrochen und an die folgende Haltestelle gebracht. Wenn die Expedition das vorgesteckte Ziel erreicht hat, beginnt die Jagd auf die Neger und deren Besitz. Blanche Ortschaften ergeben sich freiwillig, da jeder Widerstand unnütz wäre. Die Dörfer, deren Häupter nicht freiwillig sich ergeben, werden umzingelt und unter blutigem Kampfe geplündert und verwüstet. Die Vertheilnng der Beute ist nach festen Bestimmungen geregelt. Für den Antheil des Sultans bestehen eigene Regeln. Er hat folgende Vorrechte. Ihm gehören ohne weiteres: 1. alle Sclaven, welche auf dem Wege oder in Wäldern angetroffen werden und sich ihrer Gefangennahme nicht widersetzen; 2. alle jene, welche angriffen sich auf einen Berg oder unzugänglichen Ort flüchten und, dort belagert, sich ohne bewaffneten Widerstand ergeben; 3. jene, die als Sclaven ihren Herrn entliefen und der Expeditivn in die Hände fallen, vorausgesetzt, dass die He rren nicht Theilnehmer der Expedition sind Die Sclaveujagden in Darfur. 161 4. alle Sclaven, welche dem Sultan auf seinem Durchzuge von den Königlein und Tribaturfürsten Darfur's geschenkt werden; 5. jeder Sclave, dessen Besitz zwischen zwei oder mehrern Theilnehmern streitig ist; 6. alle Sclaven, deren Herren während der Expedition sterben, falls sie nicht einen erbberechtigten Verwandten an Ort und Stelle hinterlassen; 7. die ganze Beute fällt dem Sultan zu, wenn die Einwohner eines von der Expedition umzingelten Dorfes sich ohne Widerstand ergeben. In diesem Falle bemächtigt sich der Sultan des Dorfoberhauptes, behandelt ihn rücksichtsvoll und beschenkt ihn mit einem Kleide; inzwischen jedoch lässt er junge Männer und Frauen, Knaben und Mädchen einsangen; nur Alte, Kranke, Marschnnfühige und Wertlose werden freigelassen. Alsdann wird der unglückliche Dorfvorstand sich selbst überlassen, um die Öde der Ortschaft zu betrachten und die lauten Klagen der Hinterbliebenen zu vernehmen. Außer diesen Ausnahmen gelten für die Theilung der Beute folgende allgemeine Regeln. Der Sultan erhält die Hälfte der erbeuteten Sclaven. Die Theilung geschieht in dieser Weise: Am Abend des Jagdtages wird durch Trommelschlag bekannt gegeben, dass am folgenden Morgen Beutetheilung stattfindet. Am Morgen lässt der Sultan eine große Zeriba „lÜmzüunungl aus Baumästen und Dornen errichten mit zwei entgegengesetzten Öffnungen, welche von Dienern bewacht werden. Er selbst setzt sich mit einigen seines Hofstaates in der Mitte der Umzäunung nieder, um die Vertheilung der Beute zu leiten und seinen Antheil zu empfangen. Jeder Theilnehmer tritt der Reihe nach mit seiner Beute durch die eine Öffnung in die Zeriba. Ein Schreiber notiert sofort den Namen jedes Eintretenden und die Anzahl der von ihm erbeuteten Sclaven. Hat der Tcheilnehmer zwei Sclaven erbeutet, so nimmt der Sultan einen für sich, und zwar stets den besten, überlässt den andern dem Erbeuter und stellt ihm einen Schein aus, dass er nichts mehr schulde, worauf der Erbeuter mit seinem Sclaven durch die entgegengesetzte Öffnung die Zeriba verlässt. Hat einer nur einen Sclaven erbeutet, so wartet er, bis ein anderer ebenfalls nur mit einem Sclaven erscheint; der Sultan wählt sich unter den zweien den besten, und der übrig gebliebene Sclave ist Gemeingut der beiden Theilnehmer, die ihn verkaufen und den Erlös Unter sich theilen. So kommt der Sultan nie zu kurz: er muss immer zu seiner Hälfte der Beute kommen. Von diesen allgemeinen Regeln kann der Sultan nach Umständen und Belieben abweichen und Ausnahmen machen. Nach der Theilung der Beute ruft der Sultan jene zu sich, die ihm Credit in Thieren und Waren geleistet hatten, und befriedigt seine Gläubiger. Von ihrem Ziele kehrt die Expedition auf einem andern Wege zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Auf dem ganzen Marsche wird gejagt, geraubt und geplündert, wobei entsetzliche Greuel verübt werden. Die armen Neger, durch die zahlreichen Jagd-Expeditionen wie das Wild verfolgt, haben theilweise den Erdboden verlassen und sich mit ihrem Mundvorrath im Dunkel der dichten Kronen hoher Bäume versteckt; aber die Raubgier der Menschenjäger erspäht sie auch dort zwischen Himmel und Erde. Die blutigen Kampfesscenen bei dieser Hetzjagd im Wettstreit spotten jeder Beschreibung. Reich mit Beute beladen, trifft die Expedition an ihrem Ausgangspunkte in der Nähe der Grenze Darfur's ein. Hier findet die zweite Beutetheilung statt. Ist der Sultan nicht zu anspruchsvoll, so begnügt er sich diesmal mit dem vierten Theile der von jedem Einzelnen gefangenen Sclaven; sonst nimmt er auch ein Drittel oder die Hälfte für sich. Von feinem Antheil muss er die dem Herrscher Darfur's zukommende Quote abgeben, ferner die Großen, welche ihm bei Erlangung des Licenzscheines behilflich waren, befriedigen, und 162 Die Sclavenjcigden in Dcirfur. schließlich seine Schulden begleichen. Wenn die Expedition ein günstiges Resultat ergibt, so bleibt ihm nach Leistung aller eingegangenen Verpflichtungen stets eine hübsche Anzahl von Sclaven, Thieren, Waffen it. s. w., da alle Theilnehmer ihm die erhaltenen Thiere und Ansrüstungsgegenstände zurückstellen müssen. Der Sultan ist bestrebt, die Personen seines Hofstaates in großmüthiger Weise zu befriedigen und zu belohnen, da er ihrer Hingebung großentheils den glücklichen Ausgang des Unternehmens zu verdanken hat. Es kommt daher vor, dass er bei der Bente-vertheilung seine Hoflente ungeschoren lässt. Der Sultan einer Sclavenjagd hat das Recht, jene Ortschaften im Negerlande, welche dem Staate Darfur als Tributäre beitreten wollen, unter die Verbündeten aufzunehmen. Der Sultan kann aber auch das Privileg des Schutzes, das einer Ortschaft oder einem Stamme bereits früher zugestanden worden, annullieren, wenn sich dieselben des Verraths oder der Untreue schuldig machen. Sobald der Sultan eine soche Annullierung ausgesprochen hat, wird der betreffende Stamm als feindlich und vogelfrei erklärt und geplündert. Stirbt der Sultan während der Expedition, so wird die Bente an Sclaven und anderem der ganzen Expedition ohne jede Ausnahme Eigenthum des Herrschers von Darfur. Dieser schickt, sobald er über den Tod benachrichtigt ist, einen seiner Emire oder Fürsten an die Grenze, an der die zurückkehrende Expedition eintreffen soll, und lässt die ganze Beute für sich mit Beschlag belegen. Wird der Sultan der Jagd von einer gefährlichen Krankheit befallen, so ist es Ncgel, dass die Theilnehmer der Expedition einen Stellvertreter wählen; gewöhnlich versammeln sich die Ofsiciere des Kranken und wählen aus ihrer Mitte einen Stellvertreter. Das Gleiche geschieht, wenn der Sultan int Kampfe gefallen ist. Übrigens handeln die Theilnehmer und Ofsiciere im eigenen Interesse, wenn sie den Sultan und dessen Leben auf jede Weise zu schützen suchen, ihn von Gefahren fern halten und im Kampfe decken, da im Falle seines Todes auch ihre gesummte Beute für sie verloren geht. All das Gesagte zeigt, dass die Sclavenjagden nach festen Regeln stattstnden. Mit Recht kann man sagen, dass die Residenz des Herrschers von Darfur ein wohlorganisirtes Bureau für Sclavenjagden ist. Es werden jährlich etwa sechszig bis siebenzig Licenzscheine oder Firmane ansgestellt. Da die Expeditionen meist in ein und derselben Jahreszeit aufbrechen, so versteht es sich, dass jeder einzelnen das Jagdrevier zugewiesen wird, um zu verhindern, diss die Expeditionen sich begegnen und kreuzen und unter sich selbst in Kampf gerathen. In den Händen des Herrschers befindet sich ein Register, in welchem die Namen der Concessionäre und die ihnen zugewiesene Route genau verzeichnet sind. Im Concessionsstrman selbst wird ausdrücklich der Negerstamm angegeben, welcher das Ziel bildet, sowie die Route, die eingeschlagen werden muss; der Concessionär muss sich genau danach richten. Auf diese Weist gehen die Jagden nach einem einheitlichen Plane vor sich und werden Unordnungen vermieden; selten ist es der Fall, dass ztvei oder drei Expeditionen sich begegnen oder kreuzen. Manche Expeditionen zählen an zehntausend Theilnehmer, andere hingegen auch nur zwanzig bis dreißig. Im letztern Falle vereinigen sich manchmal Mehrere Expeditionen zu einer einzigen und wählen sich einen Sultan. Die Vertheilung der Bente findet dann nach Vereinbarung statt. Daraus erhellt, dass bie Zahl der Sclaven, welche jährlich aus Dar-Fert!t und den angrenzenden Negergebieten nach Darfur geschleppt werden, bedeutend ist. Wenn alle geraubten Sclaven Darfur erreichen würden, wäre das Land davon überfüllt; aber viele werden getvdtct oder sterben auf dem Marsche. Wenn z. B. ein Sclave oder eine Sclavin aus Furcht vor ihrem Schicksal den Räubern zu folgen sich weigert oder wegen Krankheit und Schwäche marschunfähig wird, so werfen sie sich ans die Erde und rufen ihrem Herrn zu «Kongorongo!» (Todte Die Sclavcnjagdcn in Darfur. 16B mich!) In Gegenwart aller werden sie dann sofort mit Stockhieben todtgeschlagen, um die andern abzuschrecken. Da gewöhnlich alle Sclaven durch eine Kette am Halse zusammengebunden sind, so wird dem noch Zappelnden mit einem Schwerte der Kopf voin Rumpfe getrennt und die Leiche mit dem Kopfe bei Seite geworfen. Die Sclaven, welche am zahlreichsten auf dem Transport erliegen, sind die Banda und Fara; jene hingegen, welche am widerstandsfähigsten, sind: Gula, Rntu, Bigna, Schaln. In manchen Jahren brechen unter den Sclaven epidemische Krankheiten aus, besonders Dysenterie, wodurch fast alle auf dem Marsche zwischen Fertit und Darfur zugrunde gehen; so bringt mancher von zwanzig Sclaven kaum zwei oder drei an das Ziel. Viele erliegen in Darfnr selbst infolge Veränderung von Klima und Nahrung. Die Sclaven, welche in Darfnr bereits acclimatisiert und eingewöhnt sind und Mugheddek heißen, im Gegensatz zu den Futir oder Neulingen, werden um hohen Preis verkauft. Große Furcht haben die Sclaven, an Araber des Auslandes verkauft zu werden, da sie glauben, jene Araber kauften sie aus Fleischmangel, um sie zu verspeisen, aus ihrem Gehirn Seife und aus dem Blut rothen Farbstoff zu verfertigen. Dieser Glaube ist unter den Sclaven stark verbreitet, und Darfurer bedienen sich desselben, um die Widerspenstigen in Zucht zu halten. Es genügt, unbotmäßigen Sclaven zu drohen, sie an die Djellaba zu verkaufen, oder ihnen zu sagen: „Ich verkaufe dich an die Weißen, welche dein Fleisch essen, ihre Stoffe mit deinem Blute färben und ans deinem Hirn Seife machen", damit der Sclave sofort sanstmüthig und gefügig werde. Obigem möchten wir noch die Ansicht des Augenzeugen Scheik Mohammed el Tunsi in Betreff der Erlaubtheit des Sclavenhandels beifügen. Unser heiliges Gesetz, sagt der Scheik, erlaubt den Handel mit Sclaven,' aber unter der ausgesprochenen Bedingung, hierin sich von der Furcht Gottes leiten zu lassen, welche das leitende Motiv aller unserer Handlungen sein muss. Ich sage: der Sclavenhandel ist erlaubt; folgendes sind die Gründe. Gott befahl dem Propheten des Islam, das göttliche Gesetz den Menschen zu verkünden, sie zum Glauben an den einen Gott anfznwrdern und Waffengewalt anzuwenden, um die Ungläubigen zur Annahme des wahren Glaubens zu zwingen. Nach dein Worte Gottes selbst ist der Krieg der gesetzmäßige und heilige Weg, um die Menschen zur Religion zu führen; denn wenn die Ungläubigen die Waffen des Islam fühlen, wenn sie ihre Macht gedemüthigt und niedergeschlagen, ihre Familien in Sclaverei schleppen seheii, dann werden sie den rechten Weg betreten und ihre Person und ihren Besitz zu erhalten streben. Wenn sie aber widerstehen und in ihrem Unglauben hartnäckig verharren, muss man mit Waffengewalt gegen sie ziehen. Jedoch bevor man dieses äußerste Mittel anwendet, ist es nothwendig, sie zur Annahme des muselmünischen Gesetzes einzuladen und sie wiederholt auf die unheilvollen Folgen aufmerksam zu machen, die ihr Unglaube nach sich ziehen werde. Dieses war die Art und Weise, wie der Prophet mit den Koreischiten verfuhr, die den Gauben an seine Lehre verweigerten. Die Mohammedaner des Sudan richten sich bei ihren Expeditionen gegen die Heiden nicht nach dem, was das Wort Gottes vorschreibt; sie laden die Heiden, die sie angreifen, nicht vorerst ein, den Islam anzunehmen. Sie werfen sich unversehens auf die Stamme der Neger, und ohne Verhandlungen, ohne sie zur Annahme des Glaubens einzuladen, ohne friedliche Bekehrungsversuche bekämpfen sie dieselben, führen sie als Sclaven fort und verkaufen sie. Nachdem aber einmal die Thatsache der Gefangennahme geschehen ist, so ist der Verkauf aller jener, welche die Mohammedaner in Sclaverei schleppen, gestattet und von der Religion gerechtfertigt, da sie Heiden sind. Diese Ansicht des Scheik ist jene der Mehrzahl der Mnselmannen. Daraus erhellt aber zur Genüge, dass der Islam der Hanptgönner der Scalverei ist. Die Moschee Gäma el azhar — die blühende. (Seite 149.) Selbe ist eilt Baustück arabischer Kunst und so alt wie das heutige Kairo. Djohar, der Feldherr des fatimidischen Chalifeu Muizz, begann den Bau gleich nach der Eroberung von Fostat (969 n. Chr.) und nach sieben Jahren wurde sie auch zur Hochschule eingerichtet. Als die bedeutendste Universität des Orients wird sie, von etwa 10.000 Studenten aus allen Ländern des Islam besucht. Vom Äußeren ist wenig zu sehen, da die Moschee zum Theile mit Häusern umgeben ist; nur die Minarete sieht man. Im Innern befindet sich ein großer Hof mit mehreren Cisternen für die Waschungen. Auf drei Seiten umgeben den Hof Säulenhallen, die zu Wohnungen für die Studenten eingerichtet sind; auch Manuscripts werden in einigen aufbewahrt. Auf der vierten Seite der Moschee befindet sich das Sanctuarium der Moschee, zugleich der Hauptlehrsaal, nennschiffig, gestützt durch 380 Säulen von Marmor, Porphyr oder Granit, die aber einen unharmonischen Eindruck machen. Interessanter fast als der Bau ist das Thun und Treiben der zahlreichen Studenten in seinen Hallen. Heute befindet sich die Moschee in einem etwas zerfallenen Zustande wie die islamitische Macht. Schlimmer Einfluss des Islam auf die Neger. Kaum kann man den corrumpierenden Einfluss des Islam auf den Neger besser studieren, als am Negerkinde. Wir stellen uns einen heidnischen Negerknaben zwischen dem sechsten und zwölften Jahre vor: da vereinigen sich schlanke Gestaltung, offener Blick, schnelle Auffassungsgabe, frühreife Urtheilskraft, freundliches Anschmiegen und gutmüthiges Wesen zu einer gewinnenden Gesammterscheinnng. Heiterkeit ist den meisten Negerknaben angeboren, und ihre Spielplätze sind Stätten fröhlicher Lust. Mit Früchten, Samen, Steinchen, befiederten Stäben wird gespielt, es werden Hütten geflochten aus Holz, Thon u. s. w, Nachbildungen von Thieren gemacht. Das Gebahren der heidnischen Negerjugend ist kaum ein viel anderes als das unserer europäischen Jugend. Unter dem Einflüsse des Islam hingegen bietet sich uns die schattige Kehrseite dar. Die Unbefangenheit des Kindes wird da sehr häufig durch wahnwitzige Furcht vor dem bösen Blicke getrübt; dadurch werden die abergläubischen Eltern dahin gebracht, ihre Sprösslinge zum Schutze gegen den Neid der Nachbaren einzupferchen, im Schmutz aufwachsen zu lassen. Der als Lehrer fungierende Marabnt oder Fakieh verlangt schon frühzeitig die ganze Hingebung und die zerknirschte Frömmigkeit seiner Schüler. So wird bei den meisten Kindern die Jugendfrische zerstört. Der zum Islam bekehrte Neger wird ein aufgeblasener, hoch-mnthiger Fanatiker, seine Religion ist wenig mehr als platter Aberglaube. Seine frühere Natürlichkeit verwandelt sich in scheue Furcht vor allem und jedem: in der Hyäne erblickt er eine verwandelte Hexe, im Krokodil und Nilpferd einen Zauberer, der ihm jeder Zeit schaden kann, die ganze Welt bevölkert er mit bösen Geistern, vor denen er sich hüten und die er durch Opfer und Almosen sich geneigt machen muss. Der Weiße ist ihm nur mehr ein „Holz für das Höllenfeuer", ihn zu schädigen oder zu tobten, ein verdienstvolles Werk, wodurch er Buße für seine Sünden thun und sich Anspruch auf das Paradies erwerben kann. Wo soll man bei einem solchen Neger die Bekehrungsversuche beginnen? Die Erfahrung lehrt es, dass eine Bekehrung muselmännisch gewordener Neger sehr schwer, wo nicht unmöglich ist. Ganz anders verhält es sich mit seinem heidnischen Stammesgenossen. Sollen daher die Neger für das Christenthum gerettet werden, so ist der erste Weg dazu, sie vom Islam zn retten. Für die Redaction: P. Xaver Geyer, F. S.C. — Druck von A. Wegcr's fb. Hofbuchdruckerei, B"' Kindttmchki! im Suh*. pie Märchen und Sagen, die Räubergeschichten und Abenteuer, womit in Europa die Großmutter und Mutter die Kindesseele ergötzt und anregt, und die sich so tief in sein Gemüth einprägen, fehlen auch im Sudan nicht. Besonders zahlreich sind die Märchen, die sich um irgend ein gefürchtetes Thier drehen, z. B. den Löwen, den Tiger, das Krokodil, die Hyäne. Über die Hyäne bestehen die sonderbarsten Geschichten. Folgendes Märchen, das mir die Neger erzählten, hat unverkennbare Ähnlichkeit mit der homerischen Episode über Odysseus und den Cyklopen. Es war eine Hyäne, welche zwölf Junge hatte. Während die Hyäne in der Wüste umherstreifte, um ihr Futter zu suchen, stellte sie einen Hund als Wächter für ihre Jungen auf. Als sie am Abend zu ihrer Höhle zurückkehrte fand sie den Hund in gewissenhafter Wacht am Eingänge liegend. Sie fragte: „Sind meine Jungen vollzählig da?" „Ja," antwortete der Hund. „Gut," sagte die Hyäne, „bringe sie eines nach dem andern herbei, damit ich sie mit meiner Milch nähre!" Der Hund brachte das erste, zweite, dritte usw., zuletzt das zwölfte Junge herbei, eines nach dem andern trank von der Mutter. „Nun, sind sie vollzählig?" sagte der Hund am Schluffe. „Vollzählig, jawohl!" antwortete die Hyäne und lobte die Wachsamkeit des Wächters. Hierauf gieug sie wieder in die Wüste auf Suche nach Nahrung. Indes wurde der Hund zu Hause hungerig, suchte in der Nähe der Hyänenbehausung und fand einen Knochen. Während er daran nagte, entsprang ihm derselbe, gelangte in die Höhle der jungen Hyänen und traf eine derselben so unglücklich auf die Schnauze, dass sie verendete. Als der Hund das Unglück sah, inachte er sich über das todte Junge her und fraß es auf. Alsbald kehrte die Hyänenmutter aus der Wüste zurück und forderte den Hund auf, ihr die Jungen zur Tränke vorzuführen. Dieser führte der Reihe nach die elf Jungen vor und an Stelle des zwölften das erste, so dass dieses zweimal trank. „Sind die Jungen vollzählig?" fragte der Hund die Hyäne. „Jawohl!" war die Antwort der Hyäne, die zwölf Junge gesäugt hatte. Nachdem die Hyäne sich wieder auf Suche nach Nahrung begeben hatte, überfiel den Hund abermals der Hunger. Eingedenk, dass ihm die erste List so gut geglückt war, tvdtete er nun absichtlich ein Junges und verzehrte es. Der Mutter führte er bei ihrer Rückkehr die zehn noch übrigen Jungen vor und an Stelle der beiden fehlenden die zwei ersten, so dass die Hyäne wieder zwölf Junge säugte. Auf diese Weise fuhr der Hund fort, bis nur mehr ein Junges übrig blieb. Dieses führte er der Mutter zwölfmal zu, so dass sie die Zahl der Jungen für vollständig hielt. Nachdem die Hyäne wieder ausgegangen war, machte sich der Hund über das noch einzige Junge her, verzehrte es, schloss die Thüre der Behausung und floh dann in eine ferne Gegend. Die zurückkehrende Hyäne erkannte zu spät den Betrug des Hundes. Es ist ersichtlich, dass diesem Märchen verschiedene Lehren zugrunde gelegt werden können.,. Der Hund, der das erste Junge zufällig gelobtet hatte, fuhr weiterhin mit Überlegung auf seiner Verbrecherlaufbahn fort. Von der Hyäne kann die Nothwendigkeit der Vorsicht und Klugheit gelernt werden u. s. w. AnsmhlllS-KkililWIMIl dll (fciigttplimt der Säljnc des heiligste» Hllikns Jesu. Die Congregation besteht aus Ordenspriestern und Ordenslaienbrndern. Es werden in dieselbe außer Priestern aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Hiezu wird von der Regel erfordert: 1. Für Studenten: dass sie wenigstens 16 und nicht über 34 Jahre alt, von guter körperlicher Gesundheit, hinreichenden Fähigkeiten, gediegenem und beständigem Charakter, von habituell guter Aufführung, frei von Schulden und Familienhindernissen sind; ferner,, dass sie nie in Missionen gewesen sind und nie einer anderen geistlichen Genossenschaft angehört haben, dass sie den aufrichtigen Willen besitzen, Ordensleute zu werden und sich für immer der Mission zu weihen; dass sie so viele Studien gemacht haben, um regelrecht der Philosophie und Theologie sich widmen zu können, zum mindesten jedoch, dass sie die 5. Gymnasial-classe absolviert haben. 2. Für Laienbrüder: dass sie das 20. Jahr vollendet und das 30. nicht überschritten haben, feste Gesundheit und körperliche Kräftigkeit, offenen Sinn und gesunden Verstand, Kenntnis irgend einer mechanischen Kunst oder eines Handwerkes, genügenden Unterricht und Befähigung, um an Ort und Stelle fremde Sprachen zu erlernen, besitzen; dass sie von bürgerlichen und militärischen Verpflichtungen und von Seite ihrer Familien frei sind, keine Schulden oder sonst, Verpflichtungen welcher Art nur immer haben; dass sie noch nicht in Missionen gewesen sind und keiner anderen geistlichen Genossenschaft angehört haben; vor allem aber, dass ihre sittliche Aufführung derart ist, dass man mit Grund Gutes von ihnen hoffen kann. Alle müssen zwei Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priesterthum fort. Beim Eintritt in die Congregation muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung in allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne. Behufs Aufnahme in die Congregation ist an den L. Rector des Missionshauses der Söhne des 61st. Herzens Jesu in Mühkand bei Brixen (Tirol) Folgendes einzusenden: 1. Ein Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen; 2. das Zeugnis des Bischofs der eigenen Dwcese; 3. das Tauf- und Firmungszeugnis; 4. ein Sittenzeugnis, ausgestellt vom eigenen Pfarrer; 5. ein ärztliches Gesundheitszeugnis; 6. (bei Minderjährigen) die Zustimmungserklärung des Vaters oder Vormundes; 7. (bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten; 8. (bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen.