Freytag den 25. May 1827. ' Das Haus Rothschild""). 1!nter den Hondelshöusern Europa's oder der Welt, die aus niederer Sphäre durch einsichtsvolle Benutzung der Wege, die vielen andern, gleich ihm, zu Geboche standen , durch wohlverstandenen Unternehmungsgelst, durch richtige Schätzung der Menschen »,'d der Verhältnisse, durch Consequenz und Redlichkeit, so, wie besonders durch eine gewisse Art Billigkeit in dem Nutzen semer ungeheuern Geschäfte, so groß, blühend und gew.sser Maßen mächtig geworden sind, wie? die Welt nie ein Benspiel sah, ragl das Haus Nochschild wie ei», leuchtender Pharus über alle andern hoch empor. Bey dem neulich erfolgten Tode des als einer der reichsten Bantiers EmopenZ betrachteten Hrn. M. r^Betymann in Frankfurt, will man nach gemachtem Inventar.um .ms-sen, daß dessen Gesammtvermogenstock sich ungefähr auf achl M.llionen Guld.n belaufen soll. Aus z.eml.ch ech-ten Quellen erfährt man hingegen ,, daß das Haus Nothschild (oder vielmehr die fünf Brüder) m dem Gesammtgeschafte ein Vermögen von fü.'fz.g M'Nconen Gul.en besitzt, und daß es durch seinen E:nftuß und Verbindungen noch lann. Wir häben uns bemüht, authentische Matena. lien über die Entstehung und alwa'hligen Wachsthum dies«< Hauses, so, wie hinsichtlich der Biographie >el. ') Auö der deutsche. Pariser ^"tunc, ,Mcht diesen^uf-sah ohne Zweifel mcht ohne Vorwlssen der 3.ocl)schttd. schcn FamUie aufgenoinmen hat. ner einzelnen Glieder zu erhalten, und glauben den Lesern bey der merkantilischen und politischen Wichtig, keit, welche dieses Haus einnimmt, durch die Mittheilung dieser Resultate, keine uninteressante Lectüre zu liefern. Wir beginnen mit dem Stifter und Stamm« vater de5 Hauses: Mayer Amschel Nothschild, der Vater der jetzt lebenden fünf Brüder, war zu Frank« surt a. M. im Jahre i-?^ geboren. Er verlor seine Hltern in seinem eilften Jahre. Ohne Vermögen, soll. te er, wie bey armen Israeliten dieß noch jetzt in Deutsch, la„o der Fall ist^ zum Lehrfache bestimmt werden; nach einigen Jahren deS Unterrichts aber verließ er dasftlbe l,t,d begann einen kleinen Handel zu treiben. Eine er. giebige Quelle de« Erwerbs both dem Kenner damahls die herrschende Neigung dtr Reichen und Großen zur Sammlung alter Münzen dar. Er verlief; daher seinen andern Handel, und culnvine vorzüglich das Fach dee Numismatik, wobey er, nebst der Anknüpfung ansehn, licher Bekanntschaften, die ihm in der Folge ein gro« ß,r Vortheil waren, fich ein anstandiges Auskommen. erwarb. Da derselbe sich gleichzeitig in den Comptoir. Wissenschaften übte, so erhielt er einen sehr vortheilhzf, ten Ruf in ein Wechselhaus nach Hannover, woselbst er mehrere Jahre blieb, und sich durch Fleiß und Spar, samkeil ein kleines Capital erwarb. Bey seiner Rück» kehr nach Frankfurt verheirathet» er sich, und grü»oe. te das bis heute bestehende Wechselhaus. In kurzer Zeit gewannen ihm seine Thätigkeit, Kenmnisse >nid Rechtlichkeit, Credit und Vertrauen. Eine weseniliche Erweiterung seineö Wirkungskreises aber waid ihm z,l Theil, als ihn der Landgraf von Hessen, der ihn zu. erst beym Einkaufe alter Münzen als einen zuverlässi. gen und brauchbaren Geschäftsmann kennen gelernt hatte, im Jahre i8ai zu seinem Hofagenten ernannte, in welcher Eigenschaft er dem nachherigen Churfürsten von Hissen sehr ersprießliche Dienste leistete. Es gelang ihm unter andern, als der Churfürst von Hessen im Jahre »8a6 bey der Annäherung des französischen Hee. res aus seinem Lande fliehen mußte, und dessen sehr großes Privatvermögen sofort beynahe eine Beute Na. poleons geworden wäre, einen beträchtlichen Theil des. selben durch Much und Klugheit, obgleich nicht ohne persönliche Gefahr, zu retten, welches er für Rechnung des Churfürsten gewissenhaft verwaltete. Um diese Zeit begann i>enn auch die erste großer, Ausdehnung der Geschäfte durch Staatsanleihen, welche Nothschild mit dem königlich dänischen Hofe im Betrage von zehn Millionen abschloß. .Im Jahre lä,2 wurde der Vater Rochschild den Seinigen durch den Tod entrissen. Seinen Tod voraussehend, ließ er sein« zehn Kinder vor sein Krankenbett kommen, segnet« sie und ließ sich das Versprechen geben, nie ihre Religion zuoerändern und seinen Söhnen legte er insbesondere das Geboth unverbrüchlicher Eintracht an's Herz. Nie ist ein vater. lichei Vermächtniß gewissenhafter und lohnender vollzogen worden. Es ist ein eigenthümlicher Zug i» der Charakteristik dieser Familie, daß die sämmtlichen Mit. glieoer derselben, bey jedem wichtigen Ereignisse ihres Lebens, beyder Beurtheilung j«deö Geschäftes, gleich» sam den Schncen des Vaters zu Rache ziehen, sich oft wortlich seiner weise«,, durch Verstand und Erfah« rung gereiften Lehren erinnern, und seinen Nahmen nie ohne Ehrfurcht ausspcechen. Im Jahre »6i3 traten jene politischen Verhältnisse ein, welche das Haus Rolh. schilt» durch eine ununterbrochene Reihe großer Geld. und Credit c Operationen , zu der Stelle, die es ge» genwäriig in den europäischen Handels. und Finanz« angilegenheiten einnimmt, geführt haben. Die einzel> nei, Schritte auf dieser Bahn hier verfolgen zu wollen, wäre unzulässig und unmöglich. Nur zur allgemeinen Übersicht des Umfanges derselben mag bemerkt werden, daß in einem Zeitraume von zwölfIahren, durch Ver« Mittelung dieses Hausei, für Rechnung der europäischen Souveraine an zwölf hundert Millionen Gulden , theils als Anleihen, theils als Subsidienzahlungei,, über« nommen worden, wovon ungefähr 5<>c) Millionen für England, «29 für Osterreich, i«o für Preußen, 2ou für Frankreich, 120 für Neapel, Lc. für Rußland, Zo für Brasilien und 12 für einige deutsche kleine Höfe, — ohne weder die an die verbündeten Höfe, im Be« trage von mehrern hundert Millionen, ausgezahlten französischenKriegsentschädigungsgelder, noch di.: mannigfaltigen vorübergehenden Geschäfte, die sie in Aufträgen der verschiedenen Regierungen vollzogen, und deren lGesammtbetrsg die vorstehenden Summen wohl noch weit überstieg, in Anschlag zu bringe». Die Fra» ge, wie das Haus Rothschild in so kurzer Zeit alles das, w«ls es geleistet, unternehmen und vollbringen konnie, hac ohne Zweifel mehr als einen merkamilischen und politischen Kopf beschäftigt. Wer, ohne bey Zu-Galligkeiten zu verweilen, Sinn genug hat, um zu fassen, daß der Erfolg in allen großen Geschäften nichc von der Wahl und Benutzung des günstigen Augenblicks allein, sondern gleichzeitig auch und hauptsächlich von der Befolgung einmahl anerkannter Fundamental, Ma. ximeu abhängt, dem wird bald tlar werden, daß es vornehmlich zwey Grundsätze gab, die dieß Haus nie aus den Augen verloren, und denen es, neben einer klugen Geschäftsführung und vortheilhaften Conjunctu» ren, den größten Theil seineS heutigen FloreS zu verdanken hac. Der erste dieser Grundsätze war der, welcher die fünf Brüder bestimmte, ihre sämmtlichen Geschäfte in staier und ununterbrochener Gemeinschaft zu betreiben. Das war die goldene Regel, die der ster. benbe Vater ihnen hinterließ. Seitdem Tode desselben ward jeder Antrag, von welcher Seite er auch ausge« hen mochte, der Gegenstand ihrer gemeinsamen Berathungen; jede nur einiger Maßen bedeutende Opera. tion warb nach einem verabredeten Plane und mit vereinten, Anstrengungen geführt, und alle hatten gleichen Antheil an den Resultaten. Obgleich seit mehrern Iah» ren ihr« gewöhnlichen Wohnsitze weit von einander ge» trennt waren, so konnte doch dieser Umstand ihr enges Einverständnis, nie stören, vielmehr gewahrte dieß den Vortheil, daß sie von der Lage der Dinge auf ver-schiedenen Hauptplätzen vollkommen unterrichl«t, jeder auf seinem Puncte, die von dem Gesammthause zu übernehmenden Geschafl« um so zweckmäßiger vorb^rei' »en und einleiten konnten. Der andere Grundsatz , den dieses Haus sich zum Augenmerke gesetzt, ist der, bey keiner Ulnerüehmting nach übertriebenem Gewinne zu trachten, jeder ihrer Operationen bestimmte Schranken anzuweisen, und so viel menschliche Vorsichtund Klng« heit eS vermag, sich von dem Spiele der Zufallt unab. d""gig ^ machen. In der strengen Befolgung beyder Grunds^« liegt eines der Haupigeheimmsse ihrer Star. te. Die Verdienste der Herren o. Rothschild sind von Mehreren Höfen öffentlich anerkannt worden. Außer verschiedenen ihnen verliehenen OrdenSzeichen wurden läm.„iliche Brüoer bereits »6i3 zu königl. preußischen geheimen Commerzräthen, i8i5 zu chürhessischei' Fi< ^anzrälhcn, t«nd von dem jetzigen Churfülsten zu ge. Heimen Finanzräthen ernannt. Der Kaiser von Österlich verlieh ihnen »6>5 den erbländischen Adelsstand ttnd 1822 den österreichischen Freyherrnstand. Uberbieß wurde 1620 der in London etablirte Bruder zum t. k. Konsul und zwey Jahre nachherzumGeneralconsul da. selbst, so wie iä22 der dem Pariser Hause vorstehende zum <Äe„elalco.',sul in PariS ernannt. Der Aufent. h^lt der Gebrüder Rothschild ist gegenwärtig an nach« stehenden Orten: Amschel oder Anselm , der älteste Bruder, geboren den 12. Iuny »773, lebt als Chef des Stammhauses zu Frankfurt am Main. Salamon, der zweyte Bruder, geboren den 9. September 1774, hat sich seit 1616 abwechselnd in Berlin und Wien, größten Theils jedoch in letzterer Hauptstadt, aufgehai, ten. Nathan, der dritte Brudsr, geboren den ,6. September 1777, ein Mann, der durch seinen schar, fen Geschäftsblick und durch wichtig« Dienst« sich das Vertrauen der ersten brittischen Staatsmänner erwor. ben har, lebt seit 1798 zu London. Carl, der vierte Bruder, geboren den 24. April 1768, hat seinen Auf-enthalt seit 1U21 zu Neapel. Jacob, der jüngste Bru, d", geboren de„ i5. May 1792, mit einer Tochter des zweyte», Bruders, einer der liebenswürdigsten Frauen 'hrer Zeit, vermählt, lebt seil iä,2 zu Paris. Ueber den Weg unter der Themse. EZ ist bekannt, daß der wacker« Bruuel den kühnen Plan aufgefaßt und begonnen hat, zur leich» teren Verbindung beyder Themseufern einen Weg un» ter dem Fluße zugraben. An die Stelle einet Einfahre, schachles beschloß er einen über der Erde gebauten Thurm :u setzen, und denselben nach und nach bis zu der er« forderlichen Tiefe von vierzig Fuß einzusenken. Der auS Backsteinen erbaute Thurm war vierzig Fußhoch, sein Gewicht betrug 2000 Tonnen ober 2,000,000 Pfund, und indem man ihn abwechselnd durch Pfeiler unterstützte und im Umkreise untergrub, gelarg e« ihn 35 Fuß tief einzusenken, weiter vermochte man ihn nichr zu bewegen, man mußte die Erde darunter wegnehmen und eine Mauer bauen. Wenn der Thurm durch eine Lage feuchten Sandes ging, schoß vom Druck das Wasser von allen Seiten fontainenartig hervor. Dieses Was» ser wurde in einen Behälter gesammelt, und das Innere des Thurmes blieb vollkommen trocken. Mit jedem Stoße senkte sich der Thurm ungefähr um zwey bis orey Zolle; da aber mitten in der Aibeir der Boden weni. ger Widerstand leistete, senkte er sich auf einmahl u,n zehn Zolle; dieß verursachte eine Erschütterung oder Schwingung des Bodens, von der die benachbarten Gebäude wie von einem Erdbeben zitterten. Die Mauer war jedoch so fest, daß der Tdinin bey seiner Sen» kling nicht litt. Das Gewicht deS eisernen Rahmens, der zum Graben des Ganges dient, beträgt Lo Tonnen oder 1(10,000 ^Pfund ; der Druck von Wasser und Erde den er auszuhalten har, ist 700 Pfund auf den Qua, drat Zoll, oder 60,000 Pfund im Ganzen. Man stützt dies« Last durch Pfeiler, wahrend man den Nahmen vorwärts schiebt. Von den i2ao Fuß , welche der Gang lang werden soll, ist ma,'. seit einem Jahr» 270 Schuh vorgerückt. Am ib. November v. I. hatte man den, tilfsten Punct erreicht, von wo man wieber aufwart« stitg. Zweymahl war die Themse in den Weg «inge« drungen, wurde aber jedesmahl zurückgewiesen, und Niemand zweifelt mehr an dem Gelingen dieses Ni«» senwertls. Auf jeden Fuß muß man 40 Tonnen, oder 80,000 Pfund Erde wegnehmen, und trotz des Eifers, mir dem man die Arbeit betreibt, kann man nicht mehr als 100 Tonnen täglich herausfordern. Im nähmlichen Zeit. räum braucht man zu der Veskleltungsmauer 17000 Stück Backstein». Bleysilft und Pfropfziehev. Im ersten schlesischen Kriege vitt König Friedrich der Zweyte einst mit verschiedene. Generalen aus, um den Feind zu recogüosciren. Unter Weges bemerkte «r etwas, was er aufs Papier zubringen für noihig erachtete. Erfragte also: „Meine Herren, hat Niemand von Ihnen einen Bl'eystift bey sich "i" Nach vergeblichem Hin. und Hersuchen fand keiner ein solches, «inen, Officiere unentbehrliches Werkzeug in seiner Tasche. Der König mußte also mit dem Griffel seiner Einbildungskraft zeichnen, und ritt weiter. Ball) darauf erinnerte ihn der größte Despot des menschliche» Geschlechts, der Magen, daß es Zeit sey, wenigstens «ine kleine Erfrischung zu genießen. Er stieg daher unter dem ersten d<>m besten Baume ab, lies? von dein Reitknechte die mitgenommene Collation, wobey sich auch eine Bouteille Champagner befand, herausgeben, und sing ü, 1a campen« zu frühstücken an. Nun fand sich aber, daß der Reitknecht unglücklicher Weise den Pfropfzieher vergessen''hatte. Der König fragte al» so die Generale noch ein Mahl: „Meine Herrin, hat Niemand von Ihnen einen Pfropfzieher bey sich ?" Und siehe da, kein einziger von ihnen hatte sich die strafbare Nachlässigkeit zu Schulden kommen lassen, dieses, einem tapfern Weintriüker höchst nöthige Hülfs» mittel zu Hause zu lassen. Wie auS dem Pistole flogen die Pfropfzieher alle aus der Tasche, und der König lächelte über diesen treuherzigen Beytrag zur Cdarat, trristit seiner, den alten deutschen Sitten noch ganztreu gebliebenen Generale. Der aufmerksame Leser. Ein vornehmer Hofmann bat d