5U Kamstag den 19. December 1829. G a m a n g o. ( V e s ch l u 1;. ) -Aber noch lebt Ledour, hat nichts von seinem Muth verloren. Er sieht in Tamango die Seele der Verschwörung und stürzt, ihn zu fällen, mit dem Säbel in der Hand heran, Tamango wirft sich ihm entgegen, mit einer Flinte bewaffnet, die er wie eine Keule am Laufe hält. So begegnen sie sich auf cincr der schmalen Brücken, welche die beiden Castelle verbinden. Tamango führt den ersten Streich, aber Le-dour weicht ihm aus, und die Muskete zerschmettert sich am Boden. Mit teuflischem Gelächter hebt Lcdoux den Säbel, um den wehrlosen Feind niederzuhauen. Aber Tamango ist so behende wie der Panther. Er stürzt sich in dic Arme des Gegners, packt die mit dem Säbel bewehrte Faust. In dem fürchterlichen Ning-kampf fallen beide Streiter zu Boden,- der Africaner liegt unten. Aber ohne los zu lassen, drückt Tamango den Capitam fest an sich, und verbeißt sich wie ein wüthendes Thicr in dessen Kehle, daß das Blut hervorspritzt, wie unter dem Zahn des Löwen. Die Waffe entfällt der Hand des Verwundeten) Tamango ergreift sie, springt mit blutigem Munde auf, und durchbohrt zu wiederholten Malen den halbtodten Feind mit Siegsgeschrei. Der Ausgang des Treffens war nicht mehr zweifelhaft. Vergebens versuchte die Handvoll Matrosen das Mitleid der Empörer zu erregen; alle wurden unerbittlich hingcopfert. Der Lieutenant starb einen ruhmvollen Tod. Er hatte sich zu einer der Drehkanonen zurückgezogen, die man mit Kartätschen ladet. Mit der einen Hand richtete er das kleine Ge-,cyutz, m,t der andern vertheidigte er sich so gut, daß " ""Menge von Negern um sich versammelte. Als- dann, das Kanonenschloß losdrückend, riß er unter den Feinden eine breite Gasse voll Todter und Verwundeter . auf, und wurde im nächsten Augenblicke in Stücke gehauen. — Kaum war der zerfetzte Leichnam des letzten Weißen in's Meer geworfen, als die in Rache und Blut gesättigten Neger die Augen nach den Segelndes Schiffs erhoben, die von frischem Winde gebläht, noch den Unterdrückern zu gehorchen und die Sieger trotz ihrem Triumph nach dem Land der Sclaverei zu bringen schienen. „So ist denn noch nichts geschehen," sagten sie traurig unter einander,' „wird wohl dieser große Fetisch der Weißen uns nach dem Vaterland zurückbringen wollen, da wir doch seiner Herren Blut vergossen?« Da meinten Einige, Tamango würde ihn, zu befehlen wissen, und sogleich riefen alle Stimmen Tamango. Er eilte eben nicht zu kommen. Man fand ihn in der Cajüte, aufrecht auf des Capitains blutigen Säbel gestuft. Zerstreut und nachdenklich reichte er seinem Weib Ayche, das vor ihm auf den Knieen lag, die Hand zum Küssen. Die Freude des Siegers schien von einer düstern Ungewißheit bezwungen. Weniger roh und stumpf als seine Gefährten fühlte Tamango wie schwierig seine Lage. Endlich erschien er auf dem Verdeck, und heuchelte tiefe Ruhe. Hundert Stimmen forderten ihn auf, des Schiffes Lauf zu andern, und er näherte sich dem Steuerruder langsam, als ob er den Augenblick verzögern wollte, der über seine Macht und Gewalt zu entscheiden hatte. Es hatte im ganzen Schiffe keinen Neger gegeben, der so dumm gewesen wäre, nicht zu bemerken, daß des Steuers Rad und die gegenüber stehende Büchsemit dem Glasdeckel einen Einfluß auf die Bewegungen des Fahrzeugs hatten, aber der Mechanismus war allen ein großes Geheimniß geblieben. Tamango betrachtete den Compaß lange, bewegte bie Lippen, als ob er die Zeichen desselben abläse, legte die Hand an die Stirne, und nahm die nachdenkliche Haltung eines Mannes an, der etwas Großes im Kopfe berechnet. Die Neger umgaben ihn, mit offenem Munde und aufgerissenen Augen, und folgten ängstlich seiner kleinsten Bewegung. Endlich, mit jener Mischung vpn Furcht und Zuversicht, welche die Dummheit verleiht, gab er dem Rad des Steuers mit einem Male einen heftigen Schwung. Und wie ein stolzes Pferd, das sich unterm Sporn seines unbesonnenen Reiters bäumt, sprang die schöne Brigg in Fluch und Wellen zurück bei diesem unerhörten Manoeuvre, als ob sie sich erzürnt, mit ihrem unwissenden Steuermann in Abgrund begraben wolle. Richtung und Gleichgewicht waren plötzlich vkrloren; das Schiff legte sich wie vom Sturm geschleudert auf die Seite; seine langen Raacn tauchten in das Meer; mehrere Neger wurden umgeworfen, andere über Bord gestürzt. Noch einmal erhob sich das Schiff stolz, um mil drr Fluch zu kämpfen. Der Wind drehte es jedoch im Wirbel, und plötzlich stürzten mit schrecklichem Gekrach die beiden Masten zerschmettert nieder, und warfen über das Verdeck ihre Trümmer und das schwere Netz ihrer Taue. Die erschrockenen Neger flohen unter die ducken, heulend vor Schreck und Angst; da indessen der Wind sich nicht mehr fangen konnte, stieg das Schiff wieder auf und ließ sich sanft von den Wellen schaukeln. Die muthigsten der Schwarzen räumten die Trümmer von dem Verdeck. Tamango stand unbeweglich, an das Compaßhäuschen gelehnt, und verbarg sein Gesicht in seinerHand. Apche kauerte neoen ihm und wagte nicht ihn anzureden. Nach und nach näherten sich ihm die Neger; ihr Murren wurde dald zu einem Gewitter von Vorwürfen und Beleidigungen. „Treuloser Betrüger!" riefen sie; »Du allein bist an unserm Elend Schuld; Bu ha,c uns an die Weiden vertauft; Du hast uns gezwungen gcgen sie zu fechten; Du hast Deine Wissenschaft gerühmt und uns versprochen, nach ^ der Heimnth zu steuern. Unsinnige, dap wirDir glauo-ten! Wir wären jetzt schon Alle zu Grund gegangen, weil Du den Fetisch der Weißen beleidigt hast." — Tamango erhob stolz das Haupt und die Schwarzen wichen eingeschüchtert zurück. Er nahm zwei Flinten von der Erde, winkte seinem Weib ihm zu folgen, schritt durch die Menge, die ihn durchließ, und begab sich nach dem Vordcrtheil des Schiffes. Hier verschanzte er sich hinter leeren Fässern und Brettern, und setzte sich in diesem Bollwerk fest, über welches die Bajonette seiner beiden Gewehre hervorragten. Man ließ ihn in Ruhe. Einige der Empörer weinten, Andere beteten mit gerungenen Händen zu ihrem Fetisch und dem der^ Weißen; Andere kni'eend vor dem Compaß, dessen unaufhörliche Beweglichkeit sie bewunderten, fleheten ihn an, sie in's Vaterland zurückzuführen; wieder Andere legten sich in stumpfer Verzweiflung f dem Verdeck nieder. Heulende Weiber und Kinder? und vierzig ächzende Verwundete vermehrten noch das Gräuliche.des Auftritts. Plötzlich erscheint ein Neger auf der Treppe zum Verdeck; sein Gesicht strahlt vorFreudc; er verkündet, daß ex den Ort entdeckte" wo der Branntwein des Schiffes liegt, und seine Freude wie seine Geberden beweisen hinlänglich, daß er ihn schon versucht hat. Da laufen alle diese Unglücklichen zu den Fässern, und machen sich trunken, und tanzen und lachen dann auf dem Verdeck, und überlassen sich allen Ausschweifungen des thierischen Rausches, während die Sterbenden dahin schmachten, und die Verwundeten vergebens nach Hülfe ächzen. So verging die Nacht; beim Erwachen fand stch die Verzweiflung wieder ein. — Viele der Verwundeten waren in der Nacht verschieden; Leichname schwammen um vas Schiff; die See ging hohl und voll Nebel hing der Himmel. Da wurde berathschlagt. Einige sogenannte Zauberer versuchten ihre ohnmächtigen Beschwörungen. Alles half nichts. Man kam wieder zu Tamango, dem Klügsten unter Allen zurück. Tamango war taub gegen alle Bitten, denn in der Nacht, während des allgemeinen Rausches hat-te er sich einen Vorrath von Zwiedack und eingesalzc-nem Fleisch gemacht, und meinte, allein die Zukunft abwarten zu können. — Den Uebrigen blieb der Brannt« wein. Sie bctranken sich, träumten vsn Afrika, von den Gummiwäldern / den heimathlichen Strohdächern, von den Baobabs, die ein ganzes Dorf unter ihren Schatten beherbergen. Mchrcre Tage vergingen so. Sie schrien, sie weinten, rissen sich dic Haare aus, berauschten sich dann und schliefen. Dann starben Mehrere am Uebermaß des Getränks; Andere warfen sich in's Meer oder erdolchten sich. Eines Morgens kam Tamango aus seiner Schanze und näherte sich dem zersplitterten Mast. „Sclaven!^ sagte er; „der Geist hat mit mir geredet, und mir gesagt, wie Ihr zu retten seid. Zwar verdiente Euer Undank meine Hülfe nicht, aber ich habe Mitleid mit den heulenden Wei' bern und Kindern/ Ich vergebe Euch. Hört mich jedoch an." Alle Neger bückten sich ehrfurchtsvoll und tiefe Stille frat ein. Er fuhr fort: „Die Weißen kennen zwar allein den Zauberspruch, der diese großen hol' zcrnen Häuser bewegt; aber wir verstehen, jene lcich' ten Barken zu führen, die unsern Canots gleichen.^ Er zeigte auf die Schaluppe und die Kähne der Brigg' „Wenn wir diese mit Lebensmittel füllen, hineinsteigen und mit dem Winde rudern, so wird unser Gott uns schon an unsere Küsten führen-" Man glaste , ihm , obgleich sein Vorhaben dasj unsinnigste war. Mit dem Compaß und dem Himmelstriche unbekannt, konnte er nur auf's Gerathewohl in die See hineinrudern. Er bildete sich jedoch ein, daß er bei einer von Schwarzen bewohnten Küste endlich landen müsse, denn seine Mutter hatte ihm gar oft erzählt, daß die ganze Erde den Negern gehört, und die Weißen nur auf ihren Schissen leben. Vald war Alles zur Einschiffung bereit; icdoch wardieSchaluppe und einKahn allein dienstfähig.' Wie sollte man achtzig noch lebende Neger unterbringen? Man mußte die Verwundeten und Kranken zurücklassen. Die5 Meisten von diesen verlangten getödtet zu werden, ehe man sie ihrem Schicksal überantwortete. Die übermäßig bcladenen und mit der größten Mühe flottgemachten Fahrzeuge stachen endlich in das stürmische Meer, das sie zu verschlingen drohte. Der Kahn gcwann zuerst das Weite. Tamango und Ayche waren in der Schaluppe, die, weil sie schwerer und befrachteter war, beträchtlich dahinten blieb. Man hörte noch von ferne das Klagge-schrci der am Bord der Brigg Verlassenen, als sich eine Springwelle über die Schaluppe warf und sie mit Wasser füllte. Sie sank ehe noch eine Minute verging. Die Leute im Kahn sahen das Unglück mit an, und verdoppelten ihreNudcrarbeit, um nicht die Schiffbrüchigen aufnehmen M müssen. Fast alle Letztere ertranken, bis auf ein Dutzend von ihnen, das zum Schiff zurückschwamm 1 Tamango und Apche waren unter Diesen. Vei Sonnenuntergang sahen sie den Kahn «m äußersten Rande des Horizonts verschwinden; man weiß nicht, was aus ihm geworden. — Man erlasse dem Schilderer, die Hungersnot!) auszumalen, die nun auf dem Schiffe einriß. Zwanzig Menschen, zusammengedrängt auf einem zertrümmerten Schiffe, ein Spiel der Wellen, bald durchnäßt von der Fluth, bald geröstet, vom Sonnenstrahl, stritten sich bei Tag und bei Nacht, um die elenden Reste der Lebensmittel. Jedes Stück Zwieback kostete Blut, und der Stärkere bestrafte mit dem Tode den Schwachen, der sich unterstand, seinen Hunger stillen zu wollen, gleich ihm. Nach wenigen Tagen waren Tamango und Apche die einzig Lebenden am Vord der »Hoffnung." Einst zur Nachtzeit stürmte das Meer und der Wind blies mit Heftigkeit, und die Finsterniß war so stark, daß man vom Steuer nicht nachdem Vorderteil des Schi^s sehen konnte. Ayche lag auf einer Macraze m des Capitains Cajüte und Tamango saß iu 'hren Fußen. Langes Stillschweigen hatte zwischen ^geherrscht. Ayche rief endlich: „Alles, Taman-^ch ^5"^ ^ '"'st Du um meinetwillen."- die Hälfte eines Zwiebacks hin, des letzten, den cr hatte. — „Behalte das fürDich;" versetzte sie, denZwie-back zurückweisend. „Ich hungere nicht mehr. Warum auch essen? Ist meine Stunde nicht gekommen?" Tamango stand auf ohne zu antworten, stieg wankenden Fußes auf das Verdeck, setzte sich neben dem Stumpf des zersplitterten Mastes, ließ sein Haupt auf die Brust sinken, und summte das Kriegslied seiner Horde. Plötzlich drang ein lautes Nufen durch Wind und Meeresgeheul; es blitzte ein Lichtstrahl auf. Ein großes schwarzes Schiff glitt schnell an der Brigg vorüber, so nahe, daß die Raaen über Tamango's Haupt Hinstogen. Der Neger sah nur zwei Gestalten, beleuchtet von einer am Mast hangenden Laterne. Die Leute riefen ihm noch einmal zu, doch alsobald, vom Sturm hinweggerissen, schoß Licht und Schiff in die Finsterniß und verschwand. Einen Augenblick nachher sah Tamango die Zündflamme einer Kanone, hörte den dumpfen Knall, sah, später noch einmal des Geschützes schwächeres Licht, hörte seinen Knall nicht mehr, und Alles wcnd still, nichts war mehr zu schauen. Der Sturm hatte die Hülfe verjagt, die den Schiffbrüchigen nahe gekommen war, und am Morgen zeigte sich kein Segel mehr am Horizont. Tamango warf sich wieder auf seine Matraze und schloß die Augen. Sein Weib Ayche war in diser Nacht gestorben. Da geschah es, daß eine englische Fregatte, die Vellona, das Wrak eines Fahrzeugs gewahrte, welches in der See schwamm. Eine Schaluppe wurde hingeschickt, und man fand in dem Wrak eine todle Negerinn und einen, mumienartig abgemagerten Neger, der ohne Bewußtseyn, aber noch athmend da lag. Der Schiffschirurg nahm sich seiner att, und als die Vello-na zu Kingston landete, war Tamango schon ^wieder vollkommen gesund. Man fragte nach seiner Geschichte. Er sagte, was er wußte. Die Pflanzer der Insel wollten ihn als einen rebellischen Neger aufhängen; aber der Gouverneur, ein gefühlvoller Mann, fand Tamango's Rechtfertigung in dessen gerechter Nothwehr gegen tyrannische Gewalt; übrigens waren ja die, die er erschlagen, nur Franzosen. Man behandelte ihn also, wie einen, auf einem consiscirten Negcrschiss gefundenen Sclaven. Man gab ihm die Freiheit, d. h., er mußte für die Regierung arbeiten, und bekam dafür täglich sechs Pence und die Kost. Der Oberst des 75. Regiments sah einst den schönen Mann und steckte ihn als Eymbelschläger unter seine Musikband?. Hier lernte er wohl ein wenig Englisch, sprach aber beinahe nichts, und trank dagegen unmäßig viel Num und Tassia. — Hierauf starb er an einer Brustentzündung im Hospital. G h e a t e r.b e r i ch t. < Verflossenen Sonnabend am 12. d. M. trat Boieldieu's „w cisie Fra u" zum ersten Male auf unsere Bühm', Diese von Castelli nach dem Französis^ic» des Scribc bearbeitete dreiactige Oper, deren dramatischen und Musikalischen Werth bereits achtbare Zcitblätter entschieden haben, ist folgenden Inhalt tes: >Georges Brown, ein junger Officier in englischenDicn-stcn, ohne es zu,wissen, letzter Erbe des Hauses Avencl, kommt gerade in einem Zeitpuncte nach Schottland, als die gräflich .Avcncl'schcn Familien - Güter durch deren Verweser Gavcston öffentlich versteigert werden sollen. Gaveston, der durch seine Nän-ke ein bedeutender Gläubiger derselben geworden war, erblickt sich schon im Geiste als Besitzer der reichen Herrschaften. Der fröhliche, lebenslustige Georges Brown wird von dem biederen Pächter Diclson u»d seinem niedlichen Weibchen Jenny gastfreundlich aufgenommen. Anna aber, Gavesions Mündel, erkennt in ihm ihren heißgeliebten Iugcndgespielen, Julius v. Avencl; die Volkssage von der weißen Frau, der Beschützerinn des Stammes Avcnel, benutzend,' erscheint sie ihm in dieser Maske, und weiß ihn zu überreden, der Versteigerung als Theilnchlncr beizuwohnen. Mehr .,!>», Scherze, aus jugendlichem Leichtsinne, als im Vertrauen auf des Geistes Zuverläßigkeit, von dessen körperlicher Existenz er sich gar bald überzeugte, tritt Georges in die Zahl der Kauflustige»; die Weiße Frau, ihm zur Seite, versprochenermasse» in menschlicher Gestalt, ermuntert ihn immer zum Mchrbicthcn; so wird denn der lüsterne Gaveston zur Verzweiflung und endlich zum Schweigen gebracht, und die herrliche Grafschaft dem unbekannten Fremdlings für die ungeheure Summe von Hna,nau Pfund Sterling zugeschlagen, welche er des andern Tages entweder bezahlen, oder in den Schuldthurm wandern soll. Um wenigstens die Gunst des Schicksals so lang als möglich zu genießen, läßt sich der neue Gutsherr in sein Vcsitzthum einführen. Welche Gefühl.', welche (Erinnerungen aus zarter Kindheit erwachen i>» seiner Seele! Diese Gegenstände hat er schon früher gesehen; di.se Gesänge der ihm huldigenden Landlcine haben ihm schon einmal geklungen; diese Melodien schweben dunkel seine», Gedächtnisse vor; veralten Amme Anblick weckt in ihm schlummernde Empfindungen. Doch wie wird er aus seinen Träumeil gerissen durch den Friedensrichter desGlans und seiner Amtsgcnosse», welche de» Kaufschilling in Empfang zu nehmen kommen. Zertrümmert sind die Luftschlösser, nichts bleibt ihm übrig, als sein Unvermögen zu erklären, und den W g ins Gefängnis, anzutreten. Allein, wen:'. Noth am höchsten, ist Hülfe am nächsten; die weiße Frau erscheint aus dem unterirdischen Gewölbe in dem Auctionssaale; sie bringt ein Kästlcin mit Juwelen und Gold in Ueberfluß, und Urkunden, welche die Ansprüche des Julius von Avcncl hinreichend beweisen. Der ungläubige Gav«-ston entreißt der Schattcngesialt die verhüllenden Schleier, und ficht sich enrlarvt von seiner eigenen Mündel. Nun klärt sich die Geschichte auf. Schon in den ersten ^nabcnjahren wurde Julius, der letzte Sprößling der Grafen Avencl, vermuthlich durch Gave-stons Kabalen, geraubt, nach Frankreich entführt, und dort unter dem Namen Georges Vrown erzogen. Seine trostlose Mutter wendete nun das volle Herz ihrer Adoptivtochter Anna zu, die sie schon früh dem Sohne bestimmt hatt:. Bekannt mit den, Eigennutze des Vormundes Gaveston, vertraute sie in der Todesstunde alle ersparten Schätze nebst jenen Familicndocumentcn, die dem verloruen Lieblinge beim einstigen Wintererscheincn sein vä, terlichcs Erbtheil sichern könnten, der geliebten Tochter an, und diese führte, wie wir gesehen h,,dcn, ihren Plan glücklich aui. '?Dcr betrogene Betrüger Gaveston muß gute Miene zum bösen Spiele machen, und dem aüs den Wolken gefallenen Laird seine Glück» wünsche darbringen; und dieser reicht seiner geliebten Beschützerinn Herz und Hand. Wenden wir uns nun zur Ausführung der Oper, deren Mi« sik als classisch aueranitt, höchst effectvoll »ni> durchaus angenehm ist. Herr M a rschall, erster Tenorist des ständische» Theaters in Gräft, wußte schon bei seinem ersten Auftreten als Arsir in der Oper Tanlred durch seine schöne T«norstimme das hiesigePublicum sc> für sich zu gewinnen, daß er als Georges in der weißen Frau (seinen, zweiten Debüt) gleich bei seinem Erscheinen mit Applaus empfange» wurde. Und wahrlich! wir wage» nichts, wenn auch wir in die, Herrn Marschall allgemein gezollten Beifallsbezeigung gen einstimmen; denn es muß den Kenner und Nichtkenner angenehm assiiircn, eine Stimme zu hören, welche — wenn gleich nicht stark — doch in solchem Umfange, solcher Reinheit und so wohlklingend hier schon lange incht unsere Ohren ergötzte. Er liesi uns in, der weißen Frau das (^ der dreimal gestrichenen Octave zweimal rci» »nd kräftig vernehmen, und die in der, dem Intro-ductions-O'hore sich anschließenden, den Kricacrstand preisenden Arie von diesem Tone abwärts angebrachte diatonische Tonleiter überzeugte uns, wie meisterlich ersieh die, Wenige» ohne Hemmung gelingende Verbindung der Bruststimme mit dem Falset cigen^gc-macht habe. ^.ein Vortrag, milden feinsten, oft nur dem Ken< »er bemerkbaren Nuancen geziert, gehört der besten Schule an, und durch regelmäßig geschlagenen TriUer — d schönsten Zierde der Musit — bewies er den hohen Grad der muntalischen Ausbil« düng. Die großen Vorzüge seiner musikalischen Leistungen lassen übriV gens die weiteren Anforderungen aufSpiel undDeclamation leicht vergessen. Seine Verdienste wurden auch von dem Publicum ge-! örig gewürdiget, und er sowohl während, als am Schlusze dcr Oper stürmisch gerufen. Dem. Henket d. j. möge es unserer Galantheit, die wir sonst nie aus den Augen zu lassen gewohnt sind, dießmal zu gute halten, wen» wir des Gastes zuerst erwähnten, und erst jetzt auf si,.' übergehen. Sie gab den Part der An na mit dem ihrcigcne» Fleiße, und mit ihrer gewohnten Kunstfertigkeit und Präzision. Auch sie wurdc während und an, Schlusie der Oper verdient gerufen. Herr EoNti, (Gaveston) benähn, sich mit Anstand, und wuß« te bei einigen Stellen, die er gut und fest vortrug, sich Beifall zu erringen. Auch Herr Scu tta (Pächter Dickson) ist in musikalischer Ve< ziehung an seinem Platze, was wir jedoch von seinem Spiele leider nicht sagen könne», da er den durch stine anaeborne Geisterfurcht komischen, sonst aber biedere» und gcradsinnigeu ehrliche» Schot» ten, in cin«n albernen Spasimacyer travestirte, der durch sein im» merwährendes unzcitigcs Lächeln dem Publicum das Beste weg» lachte. Die Uebrigen trugen ihr Möglichstes zu dem Gelingen dieser bereits dreimal, und-zwar das erste Mal bei übervollem, und zwei Mal bei sVhr gefülltem Hause gegebene» und mitentschiedenem Befalle aufgenommenen Oper bei. Mit besonders gutein Erfolge würde der Ohor Nr. 2. im er< sien Acte, die herrlickeAric des Georges im zweiten Acte, in dem» selben das wunderschöne Duett zwischen Georges und An»., ldiese Hand), welches bei der zweiten und dritten Vorstellung der Oper wiederholt werden mußte, und das Finale (die Lizttatio») gegeben, welches viele Schwierigkeiten darbiethet, und ein interessantes Stp< tett enthält, worin Herr Conti der Dem. Henkel undHcrri, Ala>« schall verdienstvoll zur Seite stand. Nun ein Wort zum Orchester. Es ist eine ausgemachte Sache, daß der Gesang von der Begleitung nicht gehörig unterstützt, »ie die von dein Verfasser beabsichtigte^Wirkung hervorbringe» könne. Die Begleitung bcsondeis bei,» Solo, Duett, Tcrzet u. s. w, soll nur die ausfüllenden Nrundattord «">» Gesang säuseln, so das, der letztere immer vorleuchtend dasteht, und nur mit demAffect des Sängers soll sich das Orchester zu einer rascheren Bewegung und einem stärkeren Ausdruck hinreiße» lassen. Und selbst bei den angezeigten Fortessellen muß Rücksicht genommen werden, daß nicht ei» oder das andere begleitende I!!sirume,>tvorhcrrschend wird, und sowohl den Ges.nig decket, als auch mit den übrigen schwächeren Begleitungs-Instrumenten in ein störendes Mißverhältniß tritt. Diese Grundsätze, scheinen unseren! Orchester nicht hinreichend bekannt zu seyn; den» abgesehen davon, daß die Melodien der n»t Solos bctheilten Instrumente nicht mit der gehörigen gartl,eiiuno den, Geschmacke der Zeit vorgetragen werden, müsse» wir oft cm vorlautes Eindringen in die Melodie, oder ein, das ganze Orchester übertäubendes Schmettern der Trompeten und Gctes' 0" Pauken vernehmen, wodurch d.,s musikalische Ebenniaß und M"^ gewicht unangenehm unterbrochen wird. . -^. ^__________________________^.....,„^____________,«,">«! '^ Theater. Montag: «Das Aosenb ü tch en.« Herr Marschall wird die Ehre haben seiüc letzte Gastdarstcllung zu geben. Nevacteur: M. Vav. Meinrich, Verleger: Mnaz M< «5?ter v. Uleinmayr.