STAROSLOVAN Heft k. Kremsier, am 15. Dezember 1913. I. Jahrgang. M. 2unkovic: Die slavische Sprache vor der Römerzeit. CJe weiter die Klärung fortschreitet, wo die Anfänge der sla-vischen Sprache zu suchen seien, umso tiefer gelangen wir durch den schwindenden Nebel in die vorgeschichtliche Zeit. Die Annahme der bisherigen Geschichtsschreiber und Sprachforscher, die den Ursitz der Slaven an der Donau, am Dnjepr, in Asien u. dgl. suchen, ist durch die neuere Forschungsmethode und die aufgewühlten Belege bereits gründlich unhaltbar geworden, und spielt die Völkerwanderung als conditio sine qua non, wie als Ausgangspunkt oder Relaisstation für diese Festlegung gar keine ernste Rolle mehr. Hat schon die Erkenntnis, dass die alten topischen Namen nur in der slavischen Sprache eine natürlich-sachliche Erklärung finden, alle jene Hypothesen wie die Frühlingssonne den letzten Winterschnee in Wasser verwandelt, so tritt dies bei der Etymologie und dem Studium des psychomechanischen Wortaufbaues der verschiedenartigsten, namentlich praktisch-konkreten Begriffe noch weit deutlicher und überzeugender hervor. — Nachstehend soll nun an einigen typischen Beispielen dargelegt werden, dass die slavische Sprache lange vor der Römerzeit in Italien schon im Gebrauche gewesen sein muss, denn ohne diese Voraussetzung fehlt jede natürliche Erklärung hiefür, wie die lateinische Sprache zu reinslavischen Begriffen gelangt wäre, oder umgekehrt, wie die Slaven in einem nichtlateinischen Territorium solchen fühlbaren 'Einfluss auf die lateinische Sprache in Italien hätten üben können. Noch viel weniger fassbar ist es aber, wie die Slaven, falls sie im Laufe des IV.—VI. dahrhundertes in Europa eingewandert wären, so viel lateinische Begriffe angenommen oder gar auch an jene Slaven, wie z. B. die Sarmaten, Skythen, Russen, Bulgaren vermittelt hätten, die ihre Wohnsitze augenscheinlich nie verliessen. Aus den nachfolgenden Beispielen geht aber klar hervor, dass die wahre Situation eben den bisherigen Annahmen und Vorstellungen diametral entgegensteht. „Chalybs“. — Die Römer, wie auch die Griechen, verstanden unter „chalybs“, griechisch den Stahl. Nun ist aber aus allem zu entnehmen, dass damit eigentlich nur der slavische Begriff „kalup“, der aber lediglich Gussform, Gussmodell, Gusstie-g e 1 bedeutet, übernommen wurde.*) Beide Sprachen besassen daher ursprünglich überhaupt keinen spezifischen Ausdruck für den Stahl, sondern behalfen sich damit, nur jenes Eisen so zu benennen, das in Gussformen gehärtet wurde. Nun besitzen aber die Sla-ven nicht allein den erweiterten Begriff „kalup“ noch heute, sondern auch die einfachsten Formen jener Wurzel, wie „kal" (= Härtung) und „kaliti“ (= härten, stählen), welche Begriffe in altslavischen Handschriften, wie z. B. im „Igor“-Epos, in der Königinhofer Handschrift u, a., wiederholt in dieser Bedeutung Vorkommen. Die einfachere Form eines Begriffes ist aber grundsätzlich die ältere, denn erfahrungsgemäss werden die Sprachen in der Fortentwicklung niemals kompendiöser sondern immer breiter. Bei diesem Worte tritt aber auch eine sehr beachtenswerte Kulturwandlung und Bedeutungsmetamorphose an den Tag. Die Griechen kennen nämlich in der ältesten, literarisch belegten Zeit, also bei Homer, den Begriff „halkös“ {xalmg), dem zweifellos die Wurzel „kal“ zugrunde liegt, nur erst für Erz, Bronze, Kupfer, wofür aber der Altslave schon die Ausdrücke „ruda, bron, med“ besitzt, ln der nachhomerischen Zeit bezeichnete man aber mit „halkös“ auch Eisen, namentlich Waffen, die sonach ein gestähltes Eisen voraussetzen. Die Begriffsarmut der Griechen wie Römer, die sonach für: Erz, Kupfer, Bronze, Eisen, Stahl, Kupfergeld nur ein bis zwei Begriffe besassen (lateinisch auch „aes“), deutet recht überzeugend dahin, dass sich die ganze metall-lurgische Technik nicht bei ihnen selbst entwickelt haben konnte; ja, sie merkten gar nicht, wie langsam die Bronzewaffen in jene aus Eisen und Stahl übergingen, nachdem sie den geänderten Verhältnissen ihre Begriffe gar nicht anpassten; der Erzeuger hingegen fühlte sehr gut die Änderung und den Wechsel, daher er auch fallweise neue Benennungen schuf. Die Römer und Griechen fühlten vielleicht auch nicht weiter die Material- und Mischungsänderungen, *) Miklosich irrte sich bedenklich, als er in seinem »Etym. Wörterbuche« (1886) dieses slavische Wort, als der türkischen Sprache entnommen, erklärte, nachdem es doch schon Vergil, Propertius, Aeschylos, Sophokles u. a. gebrauchen. Miklosich hatte überhaupt die sonderbare Neigung, solche slavische Begriffe, die er auch in einer anderen Sprache antraf, gleich als slavische Fremd- oder Lehnwörter anzusehen und zu erklären. denn man erzeugte in einer gewissen Zeit, wie aus dem folgenden Funde hervorgeht, auch eine Art S t a h 1 b r o n z e, die sich im Kampfwerte vom Stahle selbst nicht wesentlich abhob. Eine vermutlich mehrere tausend Jahre alte, im Gräberfelde zu Watsch (Krain) gefundene Schussverletzung zeigt nämlich die einstige geniale Erfindungsgabe in der Konstruktion wirksamer und gefährlicher Waffen. Dort wurde ein Oberschenkelknochen ausgegraben, in welchem auf 2-5 cm eine dreikantige, mit grüner Patina bedeckte Bronzepfeilspitze eingekeilt war. Das Projektil, rückwärts mit einer runden Öse, anscheinend zum Hineinstecken des Pfeilschaftes versehen, durchschlug glatt die Knochenrinde und ragt in die Markhöhle hinein. Das glatte, nicht splitternde Durchschneiden des Knochens zeigt einerseits von der grossen Durchschlagskraft und der enormen Anfangsgeschwindigkeit, andererseits aber auch von einer der modernen Präzisionsarbeit ebenbürtigen Ausführung, denn die Spitze ist haarscharf und trotzdem nirgends deformiert oder schartig, weil das Geschoss schon nach Art unserer Stahlbronze gehärtet war. Es ist auch überflüssig weiter zu erörtern, dass der Reichtum wie die Armut an Fachausdrücken auf einem bestimmten Gebiete immer ein Regulator dafür ist, inwieweit sich die Träger der betreffenden Sprache an der Entwicklung der realen Entstehungsnotwendigkeit von solchen beteiligt haben, und wird diesbezüglich noch an anderer Stelle eingehender gesprochen. (Siehe Artikel: „Einiges über den Bergbau und die Metallbearbeitung der alten Slaven“.) „Poeta.“ — Es ist sonderbar, dass der Sänger, Dichter, Poet im Lateinischen wohl „poeta“ heisst, aber das jene Tätigkeit anzeigende Zeitwort der gleichen Sprachwurzel fehlt der lateinischen Sprache. Es ist aber kein Zweifel, dass derjenige, der zuerst den Sänger „poeta" nannte, diesen Begriff nur auf eine Tätigkeit aufgebaut haben konnte, die „pojem" (= ich singe) oder „pjeti“ (= singen) gelautet haben muss, und das ist nur in den slavischen Sprachen der Fall. Das Griechische kennt wohl den Begriff „poieo“ (tcoiho), aber dieser bezeichnet nicht das Singen selbst, sondern nur das Schaffen, Hervorbringen. Auffallend ist es auch, dass im Lateinischen das ausgefallene slavische „j" nicht einmal ganz verschwunden ist, sondern im Aussprache-Trennungszeichen erhalten blieb. Der Römer hörte immer sagen „on pojet“ (=er singt, oder: er ist ein Sänger) und übernahm den Begriff unverändert, wie ihn sein Ohr eben vernommen. „Oct.“ — Schon die ältesten lateinischen Schriftsteller führen den Begriff „acetum“ (= Essig) an; bekanntlich hat Hannibal anläss- 15* lieh seines Überganges über die Alpen schon miiiels Feuer und Essig Felsen beseiiigl. Nun kennen aber alle Slaven den Begriff „ocel“ (altslavisch „oct"; in dieser Form bei den mährischen Wallachen noch heute gebräuchlich) für die Bezeichnung von Essig. Die Sprachforscher sagen nun bei dieser auffallenden Übereinstimmung kurzweg: diesen lateinischen Begriff haben die Slaven bei den Römern irgendwo gehört und nahmen ihn dann allgemein an. Diese allerdings sehr bequeme Lösung des Rätsels ist aber nicht nur an sich unnatürlich, denn jene, die solches behaupten, glauben doch auch an die Völkerwanderung, sondern auch sprachgeschichtlich wie sprachmorphologisch unhaltbar, denn gerade in diesem Falle ist die slavische Originalität so leicht nachzuweisen, wie vielleicht heute in wenigen anderen mehr. „Oct" ist, obschon in dieser Form äusserlich als nacktes Wurzelwort erscheinend, dem Slaven noch immer kein auf die einfachste Stammsilbe reduzierter Wurzelbegriff, sondern ist noch aus den zwei Sprachelementen „o“ und „ct“ (d. i. „cet, cit“ = Geschmack) zusammengesetzt ; seiner letzten, sozusagen sprachchemischen Morphologie nach bedeutet „oct“ eine Flüssigkeit, die mit einem Ge-schmacke durchsetzt ist. Diese bis auf den letzten Laut genau durchgeführte Sprachkonsequenz, die auch figürlich wie onomatopöisch ein bewunderungswürdiges Zeugnis der natürlichen Sprachbildung bietet, ist ein derartig greifbarer Beweis der urslavischen Originalität des Begriffes „oct", dass es wohl überflüssig ist, die schwindsüchtigen Hypothesen, als wäre es umgekehrt aus dem lateinischen „acetum“ oder dem gotisch-griechischen „akeit“ gebildet, nur mit einem Worte weiter widerlegen zu wollen. Das Präfix „o“ verleiht nämlich, wie auch schon dessen graphische, in sich geschlossene Darstellung andeutet, im Alt- wie Neu-slavischen stets einem Zustande den Charakter der Umschliessung oder Durchsetzung. So besagt z. B.: „oceniti“ = abschätzen, durchprüfen; „oprati“ = etwas durchreinigen; „osoliti“ = ein-, durchsalzen usw. — Dasselbe gilt onomatopöisch betreffs der Laute in der Wurzel „ct“ (oder „cit, cet"), denn jedermann empfindet das Gefühl, so oft ihm die Zähne durch den Genuss quitschsaurer Flüssigkeiten (Essig, saurer Wein, Holzapfel- oder Holzbirnensaft u. dgl,) förmlich abgestumpft sind, als ob sich dieser Zustand durch die Laute „c -t“ am besten ausdrücken Hesse; die Wortbildung „oct“ ist daher auch sprachlich eine natursuggestive, analog wie sich auch der Essig durch das Sauerwerden des Weines in der Natur selbst bildet. Schon aus diesen wenigen Beispielen geht klar hervor, dass das Altslavische lange vor dem Lateinischen in Italien gangbar war, daher letzteres auch aus dem Borne des ersteren schöpfte, denn hätte der Lateiner die Gelegenheit gehabt, das Wort selbst natursprachlich zu bilden, so wäre wohl daraus auch ein „oct“ und kein „acetum“ geworden! Hiemit sind wir in der praktischen Beweisführung, dass das Slavische eine uralte europäische Sprache war, mit einem Rucke viele Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung angelangt, womit jedoch dieses Weiterlragen des Lichtes noch keineswegs abgeschlossen ist, nachdem noch genug weit älteres Material der wissenschaftlichen Bearbeitung harrt. Nun ist es aber auch klar, warum die topischen Namen überall dieselbe Form und dieselbe Etymologie aufweisen und warum Natur und Kultur diese Etymologie an Ort und Stelle immer auch bestätigen: weil sie eben alle eines und desselben Ursprunges sind, d. h. weil es einst eine Allgemeinsprache gab, die sich im grossen mit der altslavischen deckte. Ortsgeschichtliche Etymologie. Unter diesem Titel sollen nun Ansiedlungen dahin besprochen werden, inwieweit deren Name mit der Sprache sowie der einstigen militärisch-sozialen Organisation in Relationen steht, da es doch naheliegend ist, dass die Genesis eines jeden topischen Namens eine reale, für jedermann überzeugende Begründung haben musste, weil er sonst überhaupt nicht in allgemeinen Kurs getreten wäre ; ja, es zeigt sich täglich klarer, dass dieser Name zugleich seiner Bedeutung nach eine Art Orientierungsbehelf in sich barg, wo man bei feindlicher Gefahr mehr oder weniger ausgiebigen Schutz finden konnte, daher eigentlich nicht direkte den Wohnort selbst damit kennzeichnete. Wir werden nun trachten, um dieser Behauptung überzeugenden Nachdruck zu geben, aus den verschiedensten Gegenden solche konkrete und typische Belege herbeizuschaffen. Freilich kann solche in verlässlicher Weise meist nur derjenige bringen, welcher mit der Lokalität in jeder Hinsicht gut vertraut ist, was sich namentlich auf solche Punkte bezieht, die bisher von der Beachtung oder lokalen Aufzeichnung nicht berührt wurden, oder bei denen erst Grabungen den Beweis erbringen müssen, dass der Lokalname tatsächlich etwas bezeichnet, wofür der greifbare Beleg erst aus der Erde zu holen ist, denn ein grosser Teil der Dokumente für die Erkenntnis der slavischen Vergangenheit liegt untrüglich noch in der Erde vergraben. Wir wollen hiemit, nachdem wir nun schon den Weg hiezu einigermassen vorbereitet finden, das Interesse für die tiefere Beachtung der Ortsnamen wecken und den Ansporn geben, dass man allerorts der Kausalität des gegebenen Ortsnamens nachgehe und füj die Etymologie desselben in der Natur die Stütze suche. Soweit bisher bekannt, hattejnämlich jede Ansiedlung einen gewissen Schutzpunkt oder eine vorbestimmte und entsprechend vorbereitete Zufluchtsstätte für den Fall der feindlichen Gefahr, und war diese Stelle auch demnach orientierend benannt; in den allermeisten Fällen identifizierte sich allerdings diese Benennung auch zugleich mit dem Namen der Ansiedlung selbst. Freilich sind die sichtbaren Belege von Einst, da es oft nur Gräben, Wälle mit Palisaden, Schanzen, Wallburgen u. ä. waren, längst der Bodenausnützung verfallen, daher eingeebnet, ebenso wie auch massive Burgen, die man nach ihrem Zerfalle allgemein als bequeme Steinbrüche benützte, oft völlig spurlos verschwunden sind, aber der Name ist doch weitergeblieben, und das geübte Forscherauge sieht die Bestätigung für die Namensrichtigkeit oft in der Terrainkonfiguration ; bisweilen weiss man, dass an der Stelle verschiedene Kulturresiduen gefunden wurden, noch öfters ist es aber eben notwendig, mit dem Spaten selbst in dieJErde zu dringen, um den Beweis herbeizuführen, dass an dieser Stätte einst aus natürlichen Selbsterhaltungstrieben Menschengeist und Menschenhand waltete und schuf. Überzeugende Beiträge dieser Art, wenn möglich mit typischen illustrativen Zeugnissen belegt, werden in unserer Revue, soweit es der Raum für diese eine Forschungsrichtung gestattet, veröffentlicht. Als eine Art Orientierungsbehelf werden nachstehend zwei solche Beispiele mit wechselnder Grundform geboten. Weitere lokalgeschichtliche Begebenheiten bieten aber meistens keine brauchbaren Belege mehr für die Geschichte der Entstehung eines Ortes oder Ortsnamens, denn die Urkundendaten dürfen uns ebensowenig in den alten Glaubensfehler verführen, dass so eine Wallburg oder alte Schanze erst am Vorabende eines dokumentarisch belegten Ereignisses hergestellt worden sei, wie wir auch niemals den Gedanken aufkommen lassen sollen, dass ein Volk gerade damals zu einem solchen wurde, als es das erstemal erwähnt erscheint. DIE REDAKTION. I. Landsberg. (Bezirk Wildenschwert, Böhmen.) Die zur Nachforschung anregende Lektüre des epochalen Werkes Zunkovic’ „Die Slaven ein Urvolk Europas“ hat mich bewogen, auf Grund topischer Namen die Umgegend meines Domizils darnach zu studieren und wählte ich zu diesem Zwecke die altersgrauen Fragmente der Burg Landsberg-und deren nächste Umgebung. Die Kampagne begann ich mit dem Studium der Plastik des Geländes und der Eruierung von topischen Namen der Wälder, Lehnen, Berge, Furchen, Dörfer, Quellen u. dgl. daselbst. Der Name Landsberg (Landesberg, Landesperch, böhm: Lansperk) kommt in Mitteleuropa oftmals vor. Mir selbst ist es gelungen zehn Landsberge aufzubringen u. zw.: Landsberg bei Wildenschwert in Böhmen, Deutsch- und Windisch-Landsberg in Steiermark, Landsberg an der Warta, Landsberg an der Ruhr, Landsberg in Bayern, Landsberg in Sachsen, Landsberg unweit von Berlin an einem kleinen See, Landsberg zwischen Königsburg und Heilsberg in Preussen und Hohen-Landsberg im Eisass. Wie zu ersehen, war dieser Name im XIII. und XIV. Dahrhun-derte ziemlich populär und bedeutete im Böhmischen soviel wie „zemsky breh“ (breg, breh = Grenze), also einen Landes-Grenzberg, beziehungsweise eine Landes-Grenzburg, denn ein „breh“ (gegenwärtig im Deutschen Ufer oder Strand bedeutend) bildete in vielen Fällen eine Grenze und zwar im engeren oder weiteren Sinne.*) Die Burg Landsberg in Böhmen wurde wahrscheinlich zu Ende des XIII. Dahrhundertes erbaut und zwar auf einem steilen, kegelförmigen, hhk m hohen Berge, der mit einer Hochebene durch einen schmalen Bergrücken verbunden ist. Am nördlichen Rande dieses Bergrückens befindet sich eine aufgeschüttete . Bastion (basta), welche einst mit Palisaden besetzt war, und die vermutlich einer älieren Zeit angehört, als die Burg selbst. Beim Burgbau wurde sie aber als brauchbares Vorwerk in die Forli-fikation miteinbezogen. *) Die Wurzel ist augenscheinlich das slavische »lan, Ion« d. i. ein a b g e-grenztes Grundstück, das sich nicht nur vielfach in den topischen Namen, wie: Lan, Lana, Lanisce, Lany, Landau, Landeck, Landegg u. ä. sondern auch in der Wirtschaftsterminologie erhalten hat. Immerhin ist es erwähnenswert, dass der Deutsche sagt: ich gehe aufs Land, sobald er seine Wohnbezirks g r e n z e überschreitet. Knapp bei der Burg befand sich seinerzeit eine aus acht Wohn-hütten bestehende Ansiedlung, die man „Budy" nannte. Es wird allgemein angenommen, dass diese Wohnhütten während des Burgbaues dort entstanden seien, doch dürfte dies nicht richtig sein; viel wahrscheinlicher ist es, dass dieselben schon in bukolischen Zeiten dortselbst als Hirtenhütten gestanden und dass der Name „Budy“ sich von jener Zeit her erhalten hat. Es ist nicht zu verwundern, dass die mutmasslichen Erbauer der Burg — Hermann und Ulrich von Dürenholz (Herman a Oldrich z Drinolce) — diese sehr geeignete Stelle zu diesem Zwecke wählten, denn schon die hier einst wohnenden Urvölker müssen die Festigkeit und Sicherheit dieser Lokalität erkannt haben, denn alles deutet darauf, dass hier schon in grauer Vorzeit eine grosse Beobachtungsund Verteidigungsanlage bestand. Alte Überlieferungen und Sagen sind zwar nicht verlässlich, da sie verschiedenen Auslegungen unterliegen, die im Laufe der Zeit in die unglaubwürdigsten Fabeln ausarten, doch kann man in ihnen eine reelle Spur von Wahrscheinlichkeit entdecken, wenn die Topo-nomie zu Hilfe genommen wird. Eine Sage erzählt uns, wonach Panilus, ein König der Hermunduren, im II. Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung seinen Sitz in Grulich (Kräliky) hatte. Er liess zwei Burgen bauen, Landsberg und Landskron; in Landsberg verwahrte er sein Gesetzbuch und in Landskron seine Krone. — Ob nun ein König Panilus je existierte, ist heute schwer zu sagen, da bisher nur eine, noch dazu sagenhafte Quelle den Namen kennt, der aber auch nur ein Diminutivum von „pan“ (= Herr) sein kann. Hingegen hat Landskron gewiss nie seinen Namen von der Kronenverwahrung daselbst erhalten, denn der Name selbst sagt doch, dass es eine Landesgrenzstadt ist, wie alle Orte dieser Sprachwurzel (gran, gron, krön) und bildet der Bezirk Landskron doch auch die böhmische Grenze gegen Mähren. Desgleichen war die Verwahrung des Gesetzbuches sicherlich nicht bestimmend für den Namen Landsberg, wohl aber der Umstand, dass in altslavischer, oder wenn man will, in keltischer Zeit daselbst eine Verteidigungsanlage grösseren Stiles war, da auf eine solche alle hier vorkommenden topischen Namen, wie auch die Bodenplastik der nächsten Umgebung deuten. Gleich von der Bastei zieht sich gegen Osten das grosse Hochplateau „Kopanina“, ein Name, der auch in der Zeit der deutschen Sprachvorherrschaft in diesem Gebiete nicht geändert wurde, da hiefür wohl das sprachliche Verständnis fehlte. Doch erkennt man hier auf den ersten Blick, dass sich in diesem Raume einst Aufwürfe, Wälle oder Schanzen, also Aufgegrabenes (kopati = graben) befunden haben muss, als die grosse Verteidigungsanlage noch ernsten Sicherungsfunktionen diente. Freilich hat die fleissige Feldwirtschaft schon alle Spuren der den Gang des Pfluges störenden Hindernisse möglichst eingeebnet; nur dort am nördlichen Rande der „Kopanina" wo die Abhänge der Waldparzellen „Predni a Zadni Kamenä“ steil in das breite Tal von Dobrouc abfallen, sind noch tiefe Muiden und aus der Erde ragende Sandsteinblöcke übrig geblieben, die heute den Aufstieg auf das Plateau noch fühlbar erschweren. Dominierend war aber immer der Bergkegel, auf dem später die Burg erbaut wurde. Dort war der Sitz des Befehlshabers und dort fand auch wohl die letzte Verteidigung in verhängnisvollen Stunden statt. Fast am Fusse der „Kamenä" liegt zersprengt eine Häusergruppe, die den Namen „Koctina“ (Katzendorf) führt, also unbedingt ein Ort ist, wo in den ältesten Zeiten Hirtenhütten standen. (Koc, koca, kuca.) Vielleicht spielten einst die Bewohner dieser Ansiedlung zugleich die Rolle eines vorgeschobenen Beobachtungspostens, was auch der deutsche Name „Katzendorf“ zu bestätigen scheint, da bei alten Festungsanlagen immer noch oft eine vorgeschobene Bastei „Katze“ genannt wird. Von da übersieht man noch ganz gut das Tal. An die Abhänge der „Kamenä“, und zwar in der östlichen Ecke der „Kopanina“, schliessen sich die steilen Lehnen der „ftiva“ (fälschlich „Hriva“) an und ziehen sich in südöstlicher Richtung weiter. Der Name Riva wird von „riv" abgeleitet und bedeutet Grenzsicherung eines Ortes oder Gebietes, in unserem Falle der Verteidigungsanlage. An der südlichen Seite der „Kopanina“ zieht sich ein Graben, anfänglich breit und massig gesenkt, der aber dann immer tiefer wird, bis er endlich als enge Talfurche mit steilen Hängen in das Adlertal einmündet. Auf dem Wege dahin passiert er zuerst den Wald „Zämeckä", welcher einen Teil der südlichen Lehne der „Kopanina“ bildet. Der Name „Zämeckä" ist nicht von Wohnschloss (pansky zämek) abgeleitet, denn Landsberg wurde stets als „hrad“ (Burg) deklariert. Das Wurzelwort „zam“ bedeutet eine Absperrung behufs Verteidigung, also einen geschlossenen Eingang, ln unserem Falle ist es der gesperrte Zugang zur „Kopanina“. Weiter erhebt sich am südlichen Rande der „Kopanina" die sogenannte „Rovina". Es ist dies ein Berg, dessen oberes Plateau in die Kopanina übergeht und gegen die Talfurche mit sehr steilen Abhängen abfällt. Da er hier so exponiert bei dem vorüberführenden Graben steht, so erhielt er wahrscheinlich deshalb seinen Namen. Zur Verteidigung eignet er sich vorzüglich. Die meisten Namen dieser Richtung sind aber durchaus nicht von „rovina“ (Ebene) sondern von „rov“ (Graben) abzuleiten. Ein Beispiel haben wir an Rovensko (Stadt bei Turnau in Böhmen). In uralten Zeiten soll die Iser (Dizera) bei Klein-skal (Mala Skala) eine grosse Stromschnelle gebildet haben, infolgedessen dort das gestaute, überschüssige Wasser zwischen den Bergen Hamstejn und Koberov durch einen „rov“ (Graben, Flussbett) gegen Rovensko strömte, was die damalige slavische Urbevölkerung veranlasst haben mochte, der Ansiedlung den Namen „Rovensko“ zu geben. Die weitere Begrenzung der „Kopanina“ gegen Süden bildet die Waldpartie mit Namen „Studdnka u stareho domu“ (Brunnen beim alten Hause). An der Westseite wird die „Kopanina“ von schroffen Abhängen begrenzt, die sich bis zur sogenannten „Havlickova studdnka“ (Ha-vlicek - Brunnen) hinziehen. Dieser Brunnen bildet die Wasserstation von Landsberg, denn die „Budy“ wurden später zu Landsberg einbe^ zogen; er liegt ziemlich hoch und konnte währenddes Bestandes der Verteidigungsanlage in dieselbe miteinbezogen werden. Auch in der Burgruine von Landsberg finden wir bis heute noch Spuren eines verschütteten Brunnens, der die Burgbewohner inbezug auf den Wasserbedarf von aussen unabhängig machte. An und für sich würde dieser hier beschriebene Bodenkomplex hingereicht haben eine Verteidigungsanlage zu bilden, umsomehr als auch die vitale Wasserfrage hier keine Schwierigkeiten machte; da aber der Ausblick von der „Kopanina“ gegen Süden durch eine höhere Bergmasse verlegt ist, erweiterte man wahrscheinlich die Verteidi-gungssphäre bis zur sogenannten „Certova bräzda“ (Teufelsfurche). Es würde zu weit führen auch dieses Terrain eingehend zu behandeln, aber es müssen hier doch die wichtigsten grenzbestimmenden topischen Namen, die überzeugend für die Qualifizierung der Verteidigungskapazität der Schutzwehren der Urzeit sprechen, angeführt werden. Wie schon angedeutet, zieht sich von der „Kamenä" in südöstlicher Richtung die „Riva“ (Hriva) bis zum 529 m hohen „Hüttungs-berge“, einem wichtigen Aussichtspunkte. Die „Riva" schützt die Ostseite des Terrains. Gegen Süden bildet „Certova bräzda“ die verteidigungsfähige Grenze. In den ältesten Zeiten hiess sie wohl „Crta“ oder „Cernd bräzda“ (Grenzlinie, Grenzfurche). Gleich beim Eingang in dieselbe steht der Berg „Geierkopf“, von „gaj“, „häj" abgeleitet, und bedeutet Schutzpunkt. An die Lehne „Certova brázda,, schliesst sich die Bergmasse der „Koppe" an, welche sich bis zur Stillen Adler hinzieht. In der oberen Partie der „Koppe" starrtein kolossaler Fels aus der Lehne, „Kilei“ oder „Kiklei“ genannt, der aber eigentlich von „Kukla“ (= Aussichtspunkt) abgeleitet ist. Da „Koppe" (Kupa) auch von „kopa“ (Gegrabenes) abgeleitet wird, so dürfte wahrscheinlich der Fels (kukla) durch Abgrabung blossgelegt worden sein, denn hier bestand ein „vir", (Wachstelle, Sicherheitsvorsorge), was aus dem Namen des unterhalb der „Koppe“ liegenden Dorfes „Cernovir“ (= Grenzwache) hervorgeht. Die westliche, sehr steil abfallende Lehne der „Koppe" heisst „Medná" (Honiglahn). Med, Meda, Medky u. a., folglich auch „Medná", bezeichnen sprachlich Ufer oder Grenze. Knapp an der Medná fliesst die Stille Adler vorüber, welche zwei Nachbargebiete einst trennte. Drüben am jenseitigen Ufer liegt „Dankovic", einen Grenzstreifen bedeutend (also nicht von „Dan" abgeleitét) und der Berg „Vadetin" (vad, vod) mit der Waldblösse „Scheibe“ (böhm: Sejb). Eine zweite „Scheibe“ liegt bei D o b r o u c*) nahe an der Stillen Adler. Hier steht ein Meierhof (Scheibenhof, sejbsky dvür) auf einer mässi-gen Anhöhe und weist das Terrain gegen den Fluss zu einen terrassenförmigen Charakter auf, der auf einen Aufwurf deutet. Es scheint, als wäre hier einstens eine Sicherheitsvorsorge gewesen, denn „Scheibe“ ist fast überall die Korrumpierung des altslavisGhen „sip" (= Aufwurf; böhm: násyp, syp, sejp, sejb = Scheibe). Die Medná biegt in die Furche ein, wo sich die „Studdnka u starého domu“ befindet und schliesst somit die Peripherie der ganzen Befestigungsanlage von Landsberg verteidigungstechnisch ab. — Regelrecht reihen sich also die einzelnen Grenzsicherungen aneinander; kein Zufall ist es, sondern der menschliche Selbsterhaltungstrieb fügte sie zu einem Ganzen zusammen, was auch die Physiognomie bestätigt. Und so schliessen wir mit der festen Überzeugung, dass hier in diesem Gelände, wo jetzt zumeist nur düsterer Wald den Boden beschattet, in uralten Zeiten ein Kampfplatz gewesen, ein sicherer Hort der daselbst wohnenden Völker. Längst sind zwar die Wälle, *) Der Zufall brachte es mit sich, dass der Name »Dobrouc«, den der Verfasser hier nicht etymologisch behandelt, im nachfolgenden Artikel sprachlich gedeutet wird. Bemerkenswert ist es aber hiebei, dass der Verfasser ohne Kenntnis dieser Etymologie anführt, dort einen »Aufwurf« oder eine »Sicherheitsvorsorge« zu sehen; dieses »Sehen« hat ihm also nicht die Etymologie des Begriffes »Dobrouc« suggeriert, sondern er sah dies eben unbeeinflusst in der Natur; dass er aber nicht schlecht gesehen, das beweist erst nachträglich die Etymologie des Namens »Dobrotice«, A. d. Red. Pfahlzäune und Bollwerke im Flusse der Zeil verschwunden, aber lopische Namen mil slavischen Sprachwurzeln und die hiemil übereinstimmende Physiognomie der Gegend sind geblieben und verkünden der Nachwelt, dass die Urvölker, die hier eins! hausten, Slaven waren. Sollte der Verfasser hiemiet überdies einen weiteren Impuls gegeben haben in anderen Gegenden in ähnlicher Weise das nun offene Geheimnis der Ortsnamenentstehung zu überprüfen und zu verwerten, so werden die Forscher hiebei dieselbe innige Freude empfinden, wie der Anreger, denn der Eindruck, dass wir hiemit wieder um einen Riesenschritt in das Dunkel der slavischen Vergangenheit vorgedrungen sind, wird in jenen Momente zur Überzeugung, als man für einen topischen Namen zugleich den konkreten Beleg in der Natur vorfindet; einen solchen, so harmonisch stimmenden Namen kann aber doch nur jener gegeben haben, in dessen Sprache dieses alte Objekt in der Natur genau so lautet, wie er es auch heute bei gleichen Prämissen benennen würde. Fr. Egerle. * II. Dobrofice. (Bezirk Holleschau, Mähren.) Etymologie. Im Altslavischen bedeutet „dober, dabr“ noch: tapfer, stark, fest, und ist der deutsche Begriff „tapfer“ sonach aus der nordslavischen Form „dabr“ gebildet; Dobrotice deutet sonach auf einen festen Punkt, wo man sich dem Feinde mit Erfolg entgegenstellen kann. Belege für diese Etymologie. Die Ansiedlung liegt zwar im Rusava-Tale, aber am rechten, steil abfallenden Ufer befindet sich, wie die beigegebene Illustration zeigt, eine noch heute imponierende Wallburg. Die Stelle heisst auch tatsächlich „Hradisko“. Von der Mühle, „Vantrocky mlyn“ genannt, führte, der Volkstradition nach, ein unterirdischer Gang zum „Hradisko". Ein Feld zunächst dieser heisst heute „Nad hroby“, also „Ober den Gräbern“. — Diese Etymologie bestätigt und rechtfertigt sonach den Ortsnamen, da die Prämissen eben in der Natur noch offen sichtbar sind. Ob ein unterirdischer Zugang zur Wallburg führte, wäre durch systematische Grabungen leicht festzustellen; das Vorhandensein eines solchen ist aber nahezu zweifellos, denn man musste sich doch den Wasserbezug irgendwie sichern, da in der Wallburg keine Zisterne zu bemerken und noch weniger eine Quelle vorhanden ist; überdies war es notwendig, im Falle der Erstürmung der Wallburg für eine sichere Rückzugslinie vorzusorgen. — Für das Alter des Dorfes Dobrolice würde aber namentlich die weniger umständliche Öffnung jener erwähnten Begräbnislokalität einen ergänzenden Beleg bieten, denn sind die Grabbeigaben prähistorischer Natur, so kann die Wallburg, wie man jetzt annimmt, auch nicht erst dem XIII. ¿Jahrhunderte angehören, und noch weniger zutreffend ist die landläufige Etymologie, der Ort habe von einem Herrn, der „Dobrota“ (= Güte) hiess, den Namen. Hradisko Dobrotice. Alle topischen Namen des Grundwortes „dobr“ müssen sonach überrall die Anregung geben, die Belege für diese Namengabe nun ernstlich in der Dorfflur zu suchen. A. Novotny. M. Zunkovic: Die Ortsnamen in Albanien. Eine gewisse Gilde von ¿Journalisten und Sprachforschern ad hoc bemüht sich dermalen ostentativ dem präsumtiven Albanien einen uralbanischen Alterscharakter aufzudrücken, was allerdings nur jene faszinieren kann, die von Geschichte nichts wissen oder wissen wollen, namentlich aber von der Sprache der topischen Begriffe daselbst keine Ahnung haben. Die älteste Namenskunde wie die Sprache und Bedeutung der topischen Begriffe daselbst sagt aber das gerade Gegenteil, und beweisen dies auch die Vorgänge der jüngsten Zeitepoche. •vt# ij Da ist vor allem der einstige österreichische Generalkonsul von Skutari, Theodor Ippen, der in den „Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft“ (dahrgang 1904) das k. u. k. Militärgeographische Institut (Wien) deshalb besonders hervorhebt, weil es die slavischen Ortsnamen Albaniens in der Generalkarte 1:300.000, in der jüngeren Ausgabe 1:200.000 schon eliminiert und überall durch die landesübliche albanische Bezeichnung in richtiger Form ersetzt hat. Dasselbe geschah mit den griechischen Namen. Ippen ist auch mit der weiteren Anführung der türkischen Namen nicht zufrieden, denn er meint, dass solche in Albanien gar nicht Vorkommen, und wenn ja, so seien es nur irrige Übersetzungen, welchen echte albanische Namen durch türkische Behörden unterlagen. Eine analoge Entstehung haben angeblich die italienischen Ortsnamen daselbst. Einige Berechtigung hat diese Behauptung allerdings: man ging nämlich mit den altherkömmlichen Ortsnamen hier genau so vor, wie ansonsten deutscherseits: man übersetzte sie gelegentlich, wenn man sie verstand oder zu verstehen glaubte, oder man verstümmelte sie durch Anpassung an die eigene Sprache oder Sprechweise, ansonst blieb aber alles in der alten Verfassung, denn dass der Grundstock aller topischen Begriffe Albaniens von den illyrischen Slaven des Altertums herrührt, steht über allem Zweifel, und mögen diese positive Behauptung nachstehende typische Beispiele erhärten. So gibt es z. B. um das heissumstrittene „albanische“ Skutari (Skadar, Skodra) nur fortifikatorische Vorwerke mit Namen rein-slavischer Genesis, denn „Tarabos“ bedeutet: Einfriedung („tarabe“ = Zaun, Palisaden); „Bardanjol“: Schutzpunkt („varda“ = Wache, Wachthaus); „Brdica“ - Umzäunung (vrt = Zaun, umzäunter Raum); „Obora“ = Umwallung (oboriti = ringsum befestigen) usw. Ein übereifriger Enthusiast für das „albanische“ Skutari fand sogar heraus, dass „Mali Bardanjol“ sprachlich albanisch sei, denn „mali“ sei hier nicht identisch mit dem slavischen klein, sondern habe im Albanischen die Bedeutung: Berg. Nun, dem steht gegenüber die Tatsache, dass sich dort auch der „Grosse Bardanjol“ befindet; das Attribut „Gross“ und „Klein" kann sich daher hier wohl nur auf die Höhenrelationen oder auf den taktischen Wert der beiden Höhen beziehen. In der Ursprache bedeutet aber „mal“ auch nicht „klein“, auch nicht „Berg“, sondern Grenze oder Grenzgebiet. In weiterer Nähe von Skutari finden sich gleichfalls nur rein-slavische Ortsnamen vor, wie : Stitar (= Schutzpunkt; eine Burgruine), Spasari (= Zufluchtsort, d. i. „spas"), Gredistar, Crveni kamen, Drac (wiederholt), Mali barz (= Mali var), Gorica (oftmals), Spasit, Vranci (Branci), Velja, Drin, Drinaca, Varos u. ä. Dies alles sind jedoch Namen aus dem nördlichen Albanien, die man allenthalben als von den Serben beeinflusst ansehen könnte. Doch auch die neuen Generalkarten von Durazzo und Elbassan weisen noch immer zahlreiche slavische Ortsnamen auf; woher sind denn diese gekommen oder weshalb haben sie sich nach der Berichtigung noch weiter erhalten, wenn daselbst von altersher alles so ausgesprochen „albanisch“ ist? Sind nachstehende topische Namen, die man ansonst gleichfalls überall findet, auch albanisch, wie: Gabrova, Kamnica, Červeni, Goričanu, Gurza, Boka, Kosovo, Čirma, Kazi, Žabjak, Žarneč, Kula, Straž, Vojvodani, Zelenik, Duža, Graždarii, Lozani, Banja (Schwefelquelle), Gorica, Vodica, Vojan, Gradišta, Berat (slavisch Beligrad mit der Umgebung: Gorica, Dušnika, Bragas, Sta-rovo, Velebište, Breštjani, Gorjan, Bistrovica, Morava), Mali Černika, Borova, Bregu, Livadi und hunderte anderer, die alle nur jenen Gebieten entnommen sind, welche heute als rein und ungemischt albanisch angesehen werden? Anerkannt slavische Gebiete Albaniens wurden aber hier überhaupt nicht einbezogen. Will man daher alle diese Namen „albanisch" machen, so wird man die Karten noch etliche Male ändern müssen, und nehme man sich hiezu Vielleicht die Magyaren zum Muster, die gewiss die Nostrifizierung von Ortsnamen verstehen, wie sonst niemand! Vielleicht täuscht man sich aut diese Art doch noch leidlich hinweg, dass jene Gegenden einst von Originalslaven bewohnt waren, da dies einstweilen so störend wirkt. Übrigens hat das albanische Idiom, trotz der geringen Verbreitung, eine Menge durch das Slavische, Italienische und Griechische beeinflusster Dialekte, daher man eigentlich gar nicht weiss, welcher der albanische par excellence ist; und diese haben auch schon die Vorgefundenen slavischen Namen genügend korrumpiert oder ihrer Eigenart angepasst; so spricht der Albaner z. B. das slavische „Crmljan“ als „Semian“, „Ratkovce“ als „Ratkoc“ aus. Es wäre daher sehr angezeigt, die heutigen reinen oder noch nicht bis zur Unkenntlichkeit entstellten Ortsnamen auf dem. albanischen Territorium wissenschaftlich noch in genaue Evidenz zu nehmen, denn die Zukunft dürfte da in rücksichtslosester Weise die Originalität der topischen Namen daselbst mit Vorbedacht weiter unkenntlich machen und auf diese Weise die etymologische Entkernung derselben für die Zukunft noch schwieriger gestalten. Dass sich die massgebenden Kreise weiter um die Erhaltung der sprachlichen Kulturdenkmäler oder gar um die Konservierung der historischen Namensformen daselbst kümmern könnten, wird wohl nach den gegebenen Erfahrungen niemand erwarten oder voraussetzen, da hiezu nicht nur der Wille, sondern auch das Verständnis fehlt. Zu einer Akademie aber, die eine Art slavisches Sprachmuseum wäre, haben es die Slaven leider noch immer nicht gebracht, da bisher die Erkenntnis für die giosszügige Auffassung der slavischen Sprache, Geschichte und Kultur vollends mangelte. Um unseren Behauptungen nur einen kleinen Beweis der vollen Berechtigung anzufügen, seien hier einige abenteuerliche Blüten der „Albanesenkunde“ erwähnt, wie solche z. B. Robert Müller („Wiener Mittags-Zeitung“ vom 26. September 1. 3.) in einer Form bietet, als würde sich ihm tatsächlich um eine ernste Wissenschaft handeln; hiebei muss er aber gar nicht gefühlt haben, dass er mit seiner verworrenen Logik dem logisch Denkenden gerade das sagt, was er mühevoll verhüllen will, d. h. er fand in den Albanern die Nachkommen der alten Illyrer, er verschweigt aber weislich, dass die alten Illyrer Slaven waren. Er setzt die Slaven nach Kräften herab und wirft hiemit, nachdem er den Albanern tüchtig Weihrauch streut, zum Schlüsse diesen unbewusst selbst das Rauchfass an den Kopf. Er sagt unter anderem: ,,Es hat lange gebraucht, bis man zu der Erkenntnis eines illyrischen Urvolkes durchdrang. Heute liegt die Vermutung nahe, dass die Illyrer bei der Blutbildung aller historisch wichtigen Rassen zur Synthese der kulturtragenden Typen beigetragen haben. Es gibt und gab eine Menge merkwürdiger Völker in Europa, die einesteils numerisch: sehr unansehnlich, kulturell andererseits hervorragend keimtragend gewesen sind, über deren letzte ethnographische Zugehörigkeit aber die Gelehrten sich nicht einigen können. Der intuitive Gedankensprung einer Zusammenfassung auf die illyrische Grundeinheit liegt nahe und wird vorläufig von keiner Tatsache weder bestätigt noch geleugnet. In dem Hinterlande nordöstlich der Adria lebt noch heute der Stamm der Rhäten und Furlaner. Von diesen ist es sicher, dass sie physiologisch ein keltisch-illyrisches Grenz- und Übergangsvolk sind und waren. Ein anderes Problem geben die Etrusker auf, die Stammväter der Römer, die alten Tusker im heutigen Toskana. Sie hatten eine Schrift und Sprache, die nicht die später römische war. Eine zweisichtige Auffassung leitet sie, die sich auch Raseni hiessen, einmal von den Rhäten, also Illyrern ab, ein andermal von den Tyrrhenern, d. i. den Pelasgern des alten Hellas, die vor und neben eigentlichen Hellenen beglaubigt sind. Die Rasener müssten über Land, die Tyrrhener als Piraten eingewandert sein, eine Funktion, die ihrem Wesen als illyrisches Volk entsprochen hätte. Denn die Annahme, dass der Stamm der Pelagesier oder Pe- lasger, d. h. der Meerbefahrer, nichts anderes denn das europäische Srundvolk der Illyrer gewesen sei, gewinn! nach den neuesten Forschungen immer mehr an Raum. Ziehl man als letzte Linie in dieser Berechnung die jüngste Anschauung von Wilamowitz-Möllendorf hinzu, so ergibt sich ein überraschend einfaches Resultat. Nach Wilamowitz-Möllendorf sind auch die alten Dorer nur ein hellenisiertes Illyrermischvolk gewesen, die Synthese eines ausserordentlich kriegerischen und eines im wesentlichen künstlerischen Volkes. Die harte und kriegerische Gesittung der Dorer, deren Kultur nichts als ein grosses System des Kriegsspiels war, findet hier eine zufriedenstellende Erklärung. Weitaus wahrscheinlicher aber ist die Annahme, dass auch die pelasgische Urbevölkerung Griechenlands aus Illyrern bestand. Da ausser den Illyrern keine andere zusammenhängende Rasse am Balkan nachgewiesen werden kann, die Lebensfähigkeit aber, wenn man sie als autogen annimmt, numerisch so schwacher Rassen den damaligen Verhältnissen entsprechend unfassbar ist, so liegt der gerade Schluss vor, dass alle die undefinierbaren Rassen im Süden Europas, so weit sie nicht Hellenen und Italer waren, nur Stämme einer einheitlichen illyrischen Rasse gewesen sind, ln den Tugenden der etruskischen Römer und Dorer, die einander ähnlicher sind als Dorer und Donier im engeren Kreise, ist also vielleicht die spezifisch kriegerische Initiative des alten Illyrers zu erkennen.“ Zum Schlüsse stellt Müller noch den überraschenden Satz auf, die Albanesen seien die überlebenden Ureuropäer, was nach der allgemeinen Hypothese allerdings stimmt, denn die Illyrer können füglich in erster Linie als ein Urvolk angesehen werden, da ihr Volksname schon an 1100 Dahre v. Chr. festgelegt ist. Desgleichen ist Müllers Behauptung, die alten Griechen seien auch Illyrer gewesen, begründet, denn jenes Volk, das einst seinen Gebirgen, Flüssen, Ansiedlungen u. dgl. auf dem Peloponnes slavische Namen gab, wie: Zavica (Savica), Opsina (Opčina), Cerniza, Grebeno, Chelm, Dragalibo, Ezero, Vardunia, Vardonica, Sela, Seliča, Brinda, Varsova, Chlumuca, Kosovo, Polovica, Gorica, Krivica (Grivica), Kaminica, Straž (Straža) u. ä., war jedenfalls kein exotisches oder albanesisches im heutigen Sinne, sondern tatsächlich ein illyrisches, d. i. mit den Slaven identisches Volk, was nur besagt, dass die Albaner, Illyrer, Kelten, Etrusker usw. dasselbe europäische Urvolk mit diesen Untertiteln waren, die man aber heute eben kollektiv als Slaven benennt. Mülier weiss aber noch mehr; er sagt auch: „Die Sprache der Albaner gehört, wie jene der Kelten, Italer, Hellenen und Germanen zu den voka lisch wohllautenden; weitaus fremder wirkt der slavische Konsonant." Dies Urteil bezog Müller zum Teile wohl aus 16 dem Jenseits, denn wir haben doch keine Phonogramme aus der alten Zeit; überdies ist es höchst widersinnig, bei der Beurteilung mehrerer Sprachen hier die Vokale, dort die Konsonanten als Massstab anzusehen; nebstbei muss der Verfasser überhaupt keine sla-vische Sprache kennen, wenn er so urteilt, sowie auch kein Gehör für die deutsche Sprache haben, sofern er z. B. in den deutschen Wörtern: nichts, stracks, Strunk, stampfst, strotzst u. ä. etwa voka-lischen Wohllaut empfindet. Es ist auch nichts leichter, als den deutschen Lesern über die Slaven jedes beliebige Märchen zu erzählen, weil sie von der sla-vischen Wissenschaft nichts wissen und sich hierüber auch nicht belehren lassen wollen; und doch wäre gerade die gründliche Kenntnis der geistigen Relationen der Völker eines Staates die festeste Brücke zur gegenseitigen Achtung, daher auch zum Völkerfrieden; mit der Fabrikation wissenschaftlicher Lügen wird hingegen die Sache nur noch trostloser. — Zum Schlüsse sei hier noch die Etymologie der Bezeichnung „Albaner" und des Namens „Skutari“ dargelegt. Die Albanesen belegen sich selbst durchaus nicht mit diesem Namen, sondern sie sagen immer: ich bin ein „arbanas"; und dieses Wort ist selbst aus dem slavischen „arvati, rvati“ hervorgegangen, das kämpfen, raufen bedeutet; der „arbanas“ ist sprachlich daher dasselbe wie „Hrvat", d. i. Krieger, Kämpfer. Dasselbe gilt betreffs der Stadt Skutari, welche die Slaven als S k a d a r (früher S k o d r a) bezeichnen. Das Grundwort ist „kotar" (auch „kotor“), d. i. Kreis, Bezirk, Umgrenzung, wie der Bezirk im Serbo-kroaiischen eben im allgemeinen heisst, und wiederholt sich dieselbe Regel gleich wieder beim benachbarten Cattaro, slov. Kotor; das Präfix „s‘‘, womit der Slave immer eine gewisse Abgeschlossenheit hervorheben will, bildete sich jedoch allem Anscheine nach, als Skutari zu einer zentralen Festung wurde, daher von da an „Skotar“ lautete. Im allgemeinen bezeichnet das slavische „kot" den Winkel, die Grenzecke; im Französischen ist „cote“ Küste, Ufer, im Italienischen „coda“ = Ende; der Begriff „Hotterhaufen“ bezeichnet im Deutschen das meist aus Klaubsteinen errichtete Grenzzeichen. Im Albanischen bedeutet jedoch „kodra“ = H ü g e 1 im allgemeinen; betrachtet man aber die Karte, so fällt es auf, dass so be-zeichnete Höhen immer an Grenzen politischer Richtung liegen. — Ein Vorwerk der alten Festung Alessio (Ljes) heisst der geschilderten Sprachgenesis nach daher auch nicht „Skodra“, sondern nur „Kodra“. Den Grenzcharakter dieses Begriffes bestätigt auch die russische kleine Münze „kodranf", d. i. die Zolltaxe bei der Grenzpassierung, welche sprachliche Bildung doch die meisten Münzen niederer Werte aufweisen. Die Slavizität Skutaris bezeugt auch der Umstand, dass sich dort schon im Jahre 1560 eine glagolitische Buchdruckerei befand, die allerdings sehr bald durch die türkische Roheit und Bildungsfeindlichkeit vernichtet wurde. Von den daselbst gedruckten Werken haben sich eine Faslenhomiiie und ein Pentekostar noch als Inkunabeln (Wiegen-, Erstlingsdrucke) erhalten. Sprich! daher heute jemand davon, dass die Serben in Albanien die Ortsnamen slavisieren, so weiss er eben nicht, dass diese Namen an sich fast durchwegs slavisch sind, und dass die Serben eben nur die Originalnamen gebrauchen; drängt aber jemand dahin, dass die Kartenerzeugung die Originalnamen albanisiere, so mag dies vom politischen Standpunkte hingenommen werden, denn Ähnliches wiederholt sich anderswo auch, aber vom Standpunkte der Geschichte und Sprache als Wissenschaft ist dies eine offene — Barbarei. — Slavische Geschichtsquellen. V. Eine kroatische Chronik aus dem XI. Jahrhunderte. Mitgeteilt von Dr. Fr. Prikryl. (Schluss.) In dieser Zeit kamen auch Gesandte vom Kaiser Michael,61) welche mit grossen Ehren empfangen wurden. Unter den Versammelten waren verschiedene Völkerschaften62) vertreten. Mit ihnen begann der gute König nun den heiligen Unterricht, und widmete den Satzungen zwanzig Tage, von denen er durch acht Tage nichts als den kirchlichen Slandpukt, das zur Kirche Gehörige, die bezügliche Ordnung Schaffende und den Weg zur Erlösung Vorbereitende besprach. 51 52 51) Michael III., mit dem Beinamen der Trunkenbold, regierte von 842—867 in Konstantinopel. Diese Angabe stimmt wieder vollkommen zu den sonstigen Zeitdaten. Es scheint daher, dass Dukljanin doch eine ältere Vorlage hatte, die entweder er selbst falsch interpretierte oder irrtümlich berichtigte, oder aber enthielt diese selbst geschichtlich falsche Angaben. 52) »Jazik« bedeutet in der altslavischen Kirchensprache so viel als »narod«, d. i Volk, womit nur festgelegt wird, dass man damals alle, die dieselbe Sprache sprachen, als ein Volk ansah. Vier folgende Tage las er die allen Privilegien, die aus Rom gebracht wurden, u. zw. sowohl die griechischen, sowie jene aller Königreiche und Herrschergebiete der kroatischen, küstenländischen und zagorski-schen Sprache. Da hörte nun einmal das Volk, wie die alten vom Papste und Kaiser gesendeten Privilegien aller Länder lauten, wie ein Land vom anderen abgetrennt ist, wie ein Land im Vergleiche zum anderen, ein Volk vom anderen und ein Königreich vom zweiten geehrt wird. Nachdem sie dies alles verstanden, war der König darüber sehr erfreut, sowie auch alle, die dort vereinigt waren. Die Kardinäle und Bischöfe weihten58) nun mit Willen des Volkes den König, bestätigten Ausgegrabene altchristliche Denkmäler in Salona. ihn in der Königswürde und befahlen allen ihm unterstellten Ländern dem Willen des Königs und seinen Nachfolgern gehorsam zu sein. Hierauf wurden Erzbischöfe und Bischöfe ernannt, geweiht und in die Städte verteilt, ähnlich wie es vor dem Zerfalle war, und in Zukunft sein solle. So sandten sie zwei Erzbischöfe ab, u. zw. den einen in die schöne aber unglückliche Stadt Solin, von der wenig oder nichts übrig geblieben war, da sie durch die unbarmherzigen Goten niedergebrannt und zerstört wurde,53 54) den zweiten aber nach 53) In der lat. Handschrift: »coronatus more Romanorum Regum«, d. h. er wurde nach Art der römischen Könige gekrönt. äl) In der lat. Handschrift erwähnt Dukljanin zwar über derartige Schicksale Solins nichts, obschon es naheliegend ist, dass diese Stadt nicht verschont blieb, Duklja. Mehrere Bischöfe wurden in die Ortschaflen verteilt und den erwähnten Erzbischöfen untergeordnet u. zw. soviel unter jeden, soviel als Kirchen gesperrt und wieder geöffnet wurden, indem den Erzbischöfen und Bischöfen aufgetragen wurde, die Kirchen neu zu weihen. Auch erliess der König einen strengen Befehl an alle Ortsgemeinden, die Kirche und die kirchliche Sache zu schützen, sowie dass niemand Gewalt übe weder an der Kirche, noch irgendwie an den Mönchen; desgleichen dass niemand eine Gewalt gegen sie habe oder welche Freiheiten, ausgenommen deren Häupter, die Erzbischöfe und Bischöfe. Wer etwas dagegen unternimmt, unternimmt dies gegen den König und die Krone, daher gegen das Königreich. So ordnete er die kirchlichen und geistlichen Angelegenheiten in gerechter Weise; daraufhin verteilte er das Land im 5inne der zwei erwähnten Privilegien,66) setzte die Grenzen fest, sowohl zwischen den Städten und Gemeinden. Er schafft den Städten und Gemeinden Statuten ,und Gebräuche, verteilt die Wasserbezüge* 56) und ordnet die Einkünfte. Allen Gebieten setzt er die Grenze fest und benannte alles, was von jener Gebirgsseite zum Meere liegt als das „Küstenland“, und alle Flüsse, die von den Bergen des Westens entspringen und zum grossen Flusse Dunaj (Donau) zustreben, bildeten das Gebiet „Surbia“.57 * *) Desgleichen teilte er das Küstenland in zwei Teile: er begann bei der Stelle der Stadt Dalma, die von den Heiden zerstört wurde, und im Westen lag, bis zum Orte Valdemin6S); von Dalma bis Valdemin nennt er es Weiss-Kroatien,69) d. i. das tiefere Dalmatien. Das Gebiet von Dalma bis zur Stadt Bandalona,60) die jetzt Drač61) heisst, denn wie die beigeschlossene Illustration, die einen Teil des ausgegrabenen alt-christlichen Friedhofes und der ersten Basilika zeigt, liegt da offenkundig eine gewaltsame Zerstörung vor. 5r>) Hier werden ausdrücklich zwei Privilegien genannt. 58j Es zeigt von grosser organisatorischer Klugheit die verfügbaren geringen Wasserresourcen, die im Karstgebiete stets eine vitale Frage bedeuten, von vornherein zuzuweisen, weil sonst Unfrieden und Kämpfe unvermeidlich sind. °7) In der lat. Handschrift: Sumbra. rs) In der lat. Handschrift: Valdevin. Vermutlich zu beziehen auf »Zavaija« an der Una (nächst Bihac). »Weiss-Kroatien« ist jedoch eine falsche Etymologie, denn das Bestim- mungswort ist nicht »bela« (weiss) sondern »vela«, also: G r o ^s-K r o a t i e n in richtiger, sprachlogischer Auffassung. Ein Teil von Dalmatien hiess auch »Crvena Horvatska«, d. i. Grenz-Kroatien (nicht »Rot-Kroatien«), also die Gebiete längs der Meeresküste. ,i0) Bandalona dürfte eher mit Valona identisch sein. cl) Drac gehörte sonach einst zu Dalmatien. Der alte römische Name war »Dyrrachium« (it. Durazzo); »Drac« selbst bedeutet etymologisch: Kampfplatz. nenn} er das unlere Dalmatien,62 *) auch Durbija, was nebstbei mit Zagorje68 *) identisch ist. Aber auch dieses teilt er in zwei Teile, beginnend an der nördlichen Seite des Drin, *64) der gegen Westen fliesst, bis zum Morava-6ebirge, und nennt sie: Bosnien; was zwischen dem Drin und der Lipa66) liegt, nennt er: Raška zemlja.66) Bei jedem Gebiete bestimmt er die Grenzen und in jeder Stadt daselbst setzt er einen „ban“,67) in mancher einen „duž“ ein. Jeder dieser „bani“ wie „duži“ musste von vornehmer Geburt sein; diese wählen sich hingegen wieder „knezi“68) aus ihrer Familie. Sie ernennen weiter die „satniki“,66) welche 100 Wehrfähigen vorstehen; diese „satniki“ sind Krieger aus der betreffenden Provinz. Jeder „ban“ erhält sieben „satniki“, welche gemeinschaftlich mit dem „ban" dem Volke Recht sprechen; den „duži“ wie „hercezi“70) sind für die Rechtsprechung im Volke fünf „knezi“ beigegeben. Ebenso wurden zugleich die Ehren und Einkünfte den Banen, Herzegen, Knezen und Hauptleuten vorgeschrieben, sowie bestimmt, dass jeder Knez einen Hauptmann heranziehe, denn ohne die Einhaltung der erwähnten Vorschrift ist kein Urteil rechtsgültig. Weiters wurde festgesetzt, dass jeder Richter dem Könige ein Dritteil der Einkünfte abzuführen habe, um ihn als Herrn anzuerkennen und dass er König aller sei, jene aber jeder für sich; dann dass 62) Die genauen Unterschiede zwischen »nižja« und »donja Dalmatia« sind sprachlich schwer hervorzuheben, da es eben Eigennamen sind. °3) Zagorje war ungefähr das Gebiet von Peč (Ipek), Djakova, Prizren, Verisovic und Priština, also etwa von der Šar- bis zur Kosnica planina. 04) Drin (es gibt am Balkan eine Unmenge von Flussnamen dieser Wurzel) entspringt eben nördlich Peč, fliesst gegen Prizren immer südlich und wendet sich erst dann gegen Westen. °5) Lipa (in der lat. Handschrift »Lapia«) ist identisch mit dem heutigen Lab, der das Kosovo polje durchfliesst. 66) Raška zemlja war das Gebiet im heutigen Vilajet Novi pazar, sonst in der Geschichte als »Rascia« (mit der alten Burg Ras) bekannt. °7) »Ban« hatte damals die Bedeutung, wie heute Kreisvorsteher, da er sieben »satniki« mit etwa 700 Waffenfähigen unter sich hatte. GS) »Knez« ist gleichbedeutend mit Richter oder Ortsvorsteher; in der lat. Handschrift heisst er »jupanus«, also »župan«. e9) »Satnik«, d. i. Befehlshaber von 100 Mann, also gleichbedeutend mit dem heutigen Hauptmann, der im Slavischen noch immer als »setnik, stotnik« bezeichnet wird. . 70) »Herceg«, gewöhnlich »erceg« geschrieben oder genannt, entspricht etwa dem heutigen Bezirksvorsteher, avancierte daher erst im Deutschen zu »Herzog«. Die Sitze solcher heissen heute noch häufig »Erceg« und lassen sich diese ebenso nach den Ortsnamen festlegen, wie die mit »ban« gebildeten Ortsnamen: Banja Bistrica, Banjdol, Banjkovac u. ä., daher man aus den Ortsnamen die einstigen Kreis- und Bezirksorganisationen noch vielfach rückkonstruieren kann. der König das Haupt und Ältester über alle ist, und ¡dass alle die Gebote des Königs anerkennen. Überdies schuf er eine Menge guter Gesetze, ohne dass man darüber weiter spricht; denn wenn einer durchaus wissen will, wer alles ausführte, wer die Grenzen bestimmte, wer den Ländern die Namen gegeben, die Bücher beschafft, die den Kroaten geblieben und bei ihnen zu finden sind; er nennt sich: Methodios.71) Als nach diesen Einrichtungen die Kardinale, Bischöfe und kaiserlichen Gesandten sahen, dass sie alle vom wohlwollenden Könige und dem heiligen Volke stammen, nahmen sie Abschied und zogen unter grossen Ehren und beschenkt ab. Später gingen auch die eingesetzten Hercegs, Bani, Knezi und Hauptleute, die hiezu auserwählt wurden, wie auch das ganze Volk mit Willen des Königs auseinander und begaben sich nach Hause in ihre Heimat. Der gute König regierte dann noch 40 Dahre und 3 Monate mit Willen jenes, der alles vermag. Er bekam in seinem Alter einen Sohn, und starb am siebzehnten Tage darauf, am 9. des Monates März, und wurde in der Kirche der gebenedeiten heiligen Maria in der Stadt Duklja mit grossen Ehren und unter Tränen des ganzen Volkes begraben. Seit jener Zeit kommen noch an vielen Tagen um ihren guten Herrn Weinende zur Kirche. Das Kindlein, dem der Name Svetolik beigelegt wurde, ward zum Könige und Herrn ausgerufen, gekrönt und gesalbt von den Erzbischöfen in jener Kirche der hl. Dungfrau, wo der Vater begraben liegt. Das wachsende Kind folgte den Gesetzen des Reiches seines Vaters; es zeigte ebenso wie der Vater, Gottesfurcht, und hielt die Gesetze Gottes ein. Er hatte mit 17 Dahren und 7 Monaten einen Sohn, dem er den Namen Stipan Vladislav gab. Nach Ablauf eines Dahres starb der König. An Vaters Stelle trat nun sein Sohn Vladislav die Regierung an. Er war sehr tapfer und von kräftigem Körperbau, doch folgte er seinem Vater weder in der Regierung, noch in den Gesetzen Gottes auf gleichem Wege. Er hatte auch einen Sohn. Der so ungerecht wie auch gegen die Gebote Gottes Regierende ging eines Tages auf die Dagd, da er leidenschaftlich jagte. So geschah es mit Willen Gottes, dass der Tagende ein Wild auftrieb und es verfolgte. Doch das Pferd 7)) Hier wird plötzlich Methodius (f 885), der Bruder Cyrills, genannt, weil er die Arbeit seines 16 Jahre früher verstorbenen Bruders fortsetzte und der Inspirator des Königs gewesen zu sein scheint. trug ihn über eine Grube; er fiel in dieselbe, erschlug sich und wurde tot herausgezogen. An dessen Stelle begann nun sein Sohn, namens Polislav,72) zu regieren. In der Zeit, als Polislav regierte, herrschte im Königreiche Ungarn ein König, namens Attila.73) Dieser sammelte ein Heer und zog mit diesem gegen den König Polislav. Dieser war jung und kampfgeübt. Die beiden kämpften oft untereinander, wobei jedesmal Attila unterlag, daher er floh, als er sich nicht mehr entgegenstellen konnte. Polislav hatte eine Tochter, die zwei Söhne hatte. Er herrschte 17 Jahre. Im 17. Jahre starb er in grossem Ruhme, worauf der ältere Sohn (der Tochter) an Stelle seines Vaters die Regierung übernahm. Dieser hiess Sebislav. Zur Zeit seiner Regierung trat gegen ihn wieder jenes Gotenvolk74) auf, das die Stadt Skadar besetzte. Als Sebislav dies vernommen, sammelte er eine grosse Zahl von Kriegern und zog in die Stadt auf ihr Lager los. Er vernichtete da eine grosse Zahl der Goten mit dem Schwerte; viele wurden gefangen, viele erschlagen und das Heer insgesamt zerstreut. Als der ungarische König Attila hörte, dass die Goten gegen Sebislav aufgetreten seien, zog er in dessen Hauptstadt, beutete sie voll aus, brannte sie nieder, zerstörte den grössten Teil davon und kehrte rasch wieder in sein Königreich zurück. Als zu Sebislav die Kunde gelangte, dass Attila vor seiner Hauptstadt sei, machte er sich rasch auf und zog gegen ihn. Hier sah er, dass jener nach dem Beutemachen und Niederbrennen schon abzog, denn sobald Attila vernahm, dass Sebislav die Goten schlug, musste er annehmen, dass auch ihm dasselbe zuteil werde, daher er floh, die Ankunft Sebislavs nicht wagend und nicht wartend, bis sich die Stadt wieder aufrichte und fülle. Sebislav erhielt später zwei Söhne, namens Razbivoj und Vladimir. Er regierte 24 Jahre und starb. Es blieben für sein Königreich die zwei Söhne Razbivoj und Vladimir zurück. Der ältere, Razbivoj, wollte nun das Königreich teilen und gab dem Bruder den oberen Teil, d. i. Zagorje, auch Dubria genannt, das gegen den Dunaj zu liegende Land, dann Bugare, wie man es jetzt nennt, bis zum Pounje polje.75) Sich selbst nahm sich Razbivoj das küstenländische Königreich. 72) In der lat. Handschrift: Thomislaus. 73) »Attila« war vermutlich nur ein Funktionsname. 74) In der lat. Handschrift heissen sie »Graeci«, also Griechen. 7!S) P o-U n j e, d. i. das Gebiet an der Una. Vladimir heiratete die Tochter des ungarischen Königs,76) worauf ein fester Friede entstand. Vladimir hatte Söhne und Töchter; hingegen starb Razbivoj, 12 Oahre regierend, ohne einen Sohn zu hinterlassen. Da kam Vladimir, übernahm das Königreich und herrschte im Königreiche Zagorsko 20 Clahre und im Küstenlande 8 CJahre, worauf er starb. An des Vaters Stelle trat die Regierung sein Sohn an und vereinigte wieder die Königreiche, wie es ehedem der Fall war. Seine Herrschaft behagte aber den unteren Kroaten nicht, daher sie sich von ihm lossagten. Der König sammelte nun ein Heer, hauptsächlich aus Istrien und dem oberen Bosnien, und zog gegen sie. Aber auch die anderen zogen aus und erwarteten ihn am Hlivanjsko polje77), wo es zwischen ihnen zu harten Zusammenstössen und Kämpfen kam. Nach mehrfachem Kampfe wurde zuletzt der König Kanimir78) erschlagen. An dessen Stelle trat nun sein Neffe, namens Kristivoj.79) Dieser regierte nun in seinem Königreiche; er hatte Söhne und Töchter und starb im noch nicht vollendeten 23. Oahre seiner Regierung. An seine Stelle trat sein Sohn Tolimir.80) Während seiner Regierung blieb das ganze Land in Freuden. Er hatte Söhne und starb im 17. Clahre seiner Regierung. An dessen Stelle trat sein Sohn Pribislav,81) der seinerzeit viel Böses beging. Bei seinen Lebzeiten empörte sich das Land8-), denn es konnte dessen Frevel und Schändlichkeiten nicht vertragen. Der König Pribislav wurde erschlagen und dessen Körper in den Fluss geworfen. An dessen Stelle wurde sein Sohn Cepimir gesetzt. Nach Übernahme der Regierung, sandte er nun seinen „ban“ und nahm viele Bosnier, die Schuld trugen an dem Tode des Königs, seines Vaters, gefangen, und Hess sie durch einen schlimmen Tod hinrichten. 7,i) Vladimir heiratete die schöne Kocarovna, die Tochter des bulgarischen Zaren Simeon, der in Ochrida sass; es muss also hier ein Schreib- oder Lesefehler Vorlieben. Der Umstand aber, dass er mit den Ungarn im Felde stand und hierauf Ruhe eintrat, lässt erwägen, ob er nicht zweimal heiratete. 77) Nordöstlich von Salona. 7S) Kanimer, in der lat. Handschrift »Charanimir«, war eben der Sohn Vladimirs. 7SI) In der lat. Handschrift: Tvrdoslav. 80) In der lat. Handschrift: Ostrivoj. sl) In der lat. Handschrift: Predislaus. 82) ln der lat. Handschrift: Magnates Bosnae, also die bosnischen Edelleute. Zur selben Zeit, als Cepimir83) regierte, erschienen Leute, Nimci84) mit Namen, von der Zvizda85) her, nahmen Istrien ein und begannen in Kroatien einzudringen. Als König Cepimir dies vernommen, sammelte er ein grosses Heer, suchte aus demselben die tapfersten Leute heraus, und machte Kriegsabteilungen daraus. Nun bereiteten sich beide Teile zum Gefechte und Kampfe vor und schlugen sich viel. Zulezt brachte Cepimir die Nimce und deren Scharen unter das Schwert, vertrieb sie und vernichtete sie im ganzen Lande. Hierauf sandte der „duz“ des Nimci-Gebietes Gesandte zum König Cepimir, er möge seine Tochter dessen Sohne, namens Staozar86) geben. Dies sagte dem Könige zu, denn der „duz“ war zugleich der Herrscher jenes Landes. Die Hochzeit wurde nun vorbereitet, worauf sie in Frieden und Eintracht blieben. Cepimir regierte 25 CJahre und 7 Monate. Als Nachfolger hinter-liess er einen Sohn, namens Svetozak. Er begann nun an Vaters Stelle zu regieren und war ein edler und sanfter Herr, ein guter König. Er hatte einen Sohn, namens Radoslav, den er schon zu Lebzeiten zum Könige machte. Er lebte nicht lange, hinterliess Radoslav, der in die Fußstapfen seines Vaters trat und gleiche Güte zeigte; er war für jedes Gute eingenommen. Dieser hatte den Sohn Sejslav,87) welcher der Abtrünnige genannt wurde, weil er der Kirche den Gehorsam verweigerte, seinem Vater die Herrschaft abzunehmen trachtete und eine Menge Unheil stiftete. Der gute König beabsichtigte nun den Sohn zu vertreiben und alle jene, die diesem beistanden. Er sammelte ein Herr, zog und trat gegen die Abtrünnigen auf und vernichtete sie, denn das Land wollte nicht, dass man gegen dessen alten Herrn untreu vorgehe. Der gute König gab nun vielen die Freiheit und verzieh ihnen alles, was sie da verschuldet; etliche, die gefangen genommen wurden, übergab er seinen Rittern zur Dienstleistung. Deshalb zürnte Sejslav seinem Vater, versagte ihm den Gehorsam und zeigte wenig Achtung gegen ihn. Sejslav wendete nun von dem guten Könige ab den „ban", viele „knezi“, Hauptleute und Ritter, weiche aus Furcht vor ihm und wegen 83) In der lat. Handschrift: Crepimirus. 81) »Nimci«, kroat. Deutsche, müssen jedoch nicht Deutsche im heutigen Sinne sein; z. B. im Friaulischen ist ein »Njemacko polje«, 83) Ein heute unverständlicher Orientierungsbegriff oder Eigenname; möglicherweise bedeutet es »von Norden her«, d. i. die Bewohner unter dem Polarstern, der immer im Norden steht. 80) In der lat. Handschrift; Suechozor; ist also in keiner Form ein annähernd deutsches Wort. 87) In der lat. Handschrift: Ciaslaus. der Gutmütigkeit des Königs zu ihm übertraten. Als er wahrnahm, dass sich alles fürchtet und dass sie ihm gehorchen, empörte er sich, riss die väterliche Herrschaft an sich, vertrieb den guten König, seinen Vater mit Hilfe der unruhigen Kroaten, welche stets besser waren in der Furcht und sanfter unter der Gewalt, als wenn sie einen gutmütigen Herrscher hatten. König Radoslav flüchtete vor dem Sohne, da ihn dieser verfolgte, und kam so ans Meer.88) Dort nahm er wahr, dass der Sohn nahe hinter ihm ist. Als er nun einsah, er könne dem Arme seines Sohnes nicht mehr entgehen, bedauerte er alle jene, die ihn liebten, denn viele „knezi“ und Hauptleute Hessen die ihrigen und alles, was sie auf Erden hatten, flüchteten mit ihm und kümmerten sich mehr um ihn als um sich selbst. Als sie nun sahen, dass keine andere Rettung mehr sei, stiessen sie schwimmend ins Meer. So kämmen sie auf Pferden zu einem Felsen im Meere, der jedoch nicht weit vom Ufer entfernt war. So retteten sich der König und die Seinigen vor dem Arme des unbarmherzigen Sejslav. Kurz darauf geht mit Gottes Erbarmen ein Schiff, das aus Pulj89) übers Meer, u. zw. am kroatischen Ufer fuhr, vorüber. Alle begannen nun gegen das Schiff hin zu schreien und zu rufen. Als die Seeleute das Geschrei hörten, sandten sie hin, um festzustellen, was das Rufen bedeute. Als sie auf ihr Befragen erfuhren, was geschehen ist, empfanden sie Mitleid, und nahmen den König sowie alle, die mil ihm waren, auf ihr Fahrzeug, bezeugten ihnen alle Ehre und kehrten mit ihnen zurück na Pulj.90) — Seither heisst jener Fels, auf den sich jene flüchteten, der „Radosalj-Stein“. ln Pulj angekommen machte sich der genannte König Radoslav mit Allen auf den Weg nach Rom. Sejslav jedoch, von Gotl verflucht, kehrte, als er die Flucht seines Vaters übers Meer vernommen, zurück, übernahm das Reich und begann an Vaters Stelle zu regieren. ln jener Zeit lebte ein ¡Jüngling, namens Tehomil, der Sohn eines Popen.91) Dieser weidete und beaufsichtigte die Schafe irgendeines „knez“ oder „herceg“ in Ungarn.92) ss) In der lat. Handschrift: in locum, qui dicitur, L a s t a; vermutlich Lastua bei, Cattaro. 8B) Slavischer Name für: Pola. ") In der lat. Handschrift: Sypontina. !l1) Im Originale »popovic«, also der Sohn eines Popen. T BAND I: „STavlsche Ruhendenkmäler“ erscheint weiter als Beilage zu den einzelnen Heften und dürfte im Oahre 1914 bereits seinen Abschluss finden; BAND II: „Etymologisches 0rtsnamen 1 exikon“ liegt bereits im Manuskripte druckreif vor; BAND III: „Altslavische Handschriften“.— Dies soll eine literatur- wie sprachgeschichtlich hochstehende Gesamtausgabe der ältesten handschriftlichen Denkmäler aller Slaven werden, die doch bis heute fehlt. Von jeder Handschrift wird das Faksimile, die moderne Transkription, die Kommentierung und Verdeutschung nebst der geschichtlichen wie literarischen Würdigung geboten. Ist sie ein Palimpsest, so wird der gelöschte Text, so weit er lesbar oder inhaltlich bemerkenswert ist, gleichfalls in Wort und Bild beigegeben, CJede Handschrift soll zwar für sich als Monographie abgeschlossen, jedoch buchmässig so gestaltet erscheinen, dass sie sich nach einem bestimmten Plane seinerzeit auf ihren zukommenden Platz einreihen lässt. Das projektierte Werk, das selbstredend mehrere Bände mit kostspieligen Illustrationen enthalten wird, teilt sich in grossem in die schöngeistige, religiöse, geschichtliche, juridische und in die Glossenliteraturgruppe. Die Reihenfolge der Ausgabe erfolgt selbstredend nach der failweisen Erreichbarkeit der Originalhandschrifl sowie nach der wissenschaftlich allseitigen Aufarbeitung; mehrere Besitzer von derlei Manuskripten haben bereits die Bewilligung für das Studium und die künstliche Vervielfältigung derselben erteilt. BAND IV: „Altslavische Ornamentik“ liegt in der Hauptsache fertig vor. Dieses Werk soll die Entwicklung der Linienführung, wie sie an den keramischen Objekten slavischer Provenienz aus der Vorzeit in der Erde vorgefunden wurde,' vom Urzustände des ornamentalen Schmuckes bis zur höchsten figuralen Vollendung systematisch darlegen und demnach eine Art Urgeschichte der Zeichenkunst bieten. Diese Publikation dürfte nicht nur für die vergleichende Archäologie zu einer willkommenen Materialübersichl nach Kulturfortschritt und Fundort werden, sondern auch für die niederen Schulen einen natürlich methodischen Unterrichtsbehelf abgeben. BAND V: „Alts 1 avisches Sprachlexikon“. — Hiezu wird das Materiale bereits gesammelt; mit der Ausgabe kann jedoch erst dann begonnen werden, bis alle alten Sprachquellen in dieser Richtung durchforscht sind, was allerdings nicht so leicht ist, da eine Hauptquelle hiefür, die Etymologie der Wurzelbegriffe der topischen Namen, bisher als slavisches Sprachgut zu wenig beachtet wurde, jedoch durch die Herausgabe des als Band II bezeichneten Lexikons teilweise behoben zu werden verspricht. Unvergleichlich leichter als die Privatforschung könnten allerdings die Akademien solche für den Fortschritt in der Sprachwissenschaft, Geschichte, Archäologie und Kulturgeschichte grundlegende Werke zustande bringen, doch ist bei den heutigen Verhältnissen im öffentlichen Forschungsbetriebe, wo sich die slavische Berufswissenschaft selbst in erster Linie gegen unsere edlen und opferreichen Bestrebungen gestellt hat, nicht daran zu denken. Doch trifft dies, wenn auch bei erhöhtem Reibungskoeffizienten, die private Forschung genau so, nur setzt die kostspielige Herstellung solcher monumentaler Werke ohne Staats- oder Fondsmittel zugleich die Erledigung der Verbreitungsfrage voraus, denn alle Arbeit, Mühe und Opfer verfehlen ihren idealen Zweck wie ihre hohe Kulturmission, wenn die Saat nur auf ein kleines Feld ausgestreut werden kann. Sache aller Gebildeten, die das Gefühl für echten Fortschritt in der Wissenschaft und den Durchbruch der reinen Wahrheit in der Forschung im Herzen tragen, ist es daher, diese volksaufklärende wie auch die nationalen Gegensätze nivellierende Lehre in jeder Art zu fördern, denn solange nicht die erforderliche Minimalzahl von ständigen Mitgliedern und Interessenten sichergestellt ist, kann von einer erfolgreichen Umsetzung unserer realen Pläne in die kulturelle Tat keine ernste Rede sein, da unsere Bibliothekswerke bei einer kleinen Auflage, obschon niemand dabei einen Gewinn sucht, für die Minderbemittelten, d. i. das Hauptkontigent der Intelligenz, noch immer zu kostspielig, daher schwer erreichbar sind. Möge diese Einsicht in Bälde eine allgemeine werden! »Staroslovan.«