Zweite Extra-Ausgabe. Montag. 29. Juni 1914^_________________133. Jahrgang. Mbacher Zeitung ""' °>/zu °i« Fil.'., 80 d. «'u^re per ^cilc ,2 l>: bci üftcre» W.rtwrhol.m».» por ^„e « d>. Die »i/aibackirr ZciNl»g» sr'll,ei>,t läglick, mit N»j>ii<>!i!»s dci N«i,» „ü ^dlniniftraN«» befiütst sict, Vlilll,z,ö«r!if!e !1il, 18: dir PednkNon Vl'lli>ii!^f!ln»> 3>r. Iß, El ulnm, t>l,i, x b:i 10 ui^r Telephon-Nr. der Redaltion 52. Das Mordattentat auf den Herrn Erzherzog Franz Ferdinand uud dessen Fran Gemahlin. (Nestern uachmittags traf in Laibach die Draht Nachricht von dem Attentate ein, den, Teine t. nnd k. Hoheit der durchlauchtigste Herr (Erzherzog ^ranz Ferdinand und höchstseine Gemal)lin, Ihre Hoheit die ^rau Tophie Herzogin von Hohcnbccq, in Tara jcvo zum Opfer fielen. Die Kunde wu dc anfänglich mit starrem, ungläubigem Tchrecten aufgenommen, übte aber alsbald, als sie in einer jeden Zweifel ausschließenden ^orm auftrat, einen erschütternden (5indluct. Die Meldung von der verruchten Tat verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Ttadi und von hier, durch Privattelegramme vermittelt, durch das ganze Land, überall Bestürzung, Entsetzen und Trauer hervorrufend ... Tcine l. und t. Hoheit, der durchlauchtlgjtc Herr Erzherzog ^ranz Ferdinand hatte sich bekanntlich am 24. d. M. in Trieft auf den, Kriegsschiffe „Viribus unitis" nach Dalmatien und dann nach Bosnien begeben, um als General der Kavallerie gröszeren Manövern des 15. und 1ubel eulpsangen und nahm des öfteren die (Gelegenheit wahr, höchstseinc Befriedigung über die Kundgebungen der Loyalität der Bevölkerung Ausdruck zu geben. Befondcrs festlich gestaltete sich der (smpfang am 25. d. M. früh in Mostar und nachmittags um A Uhr in Bad ^lid^e, wo das hohe Paar im Hotel „Bosnia" Austcigquarticr nahn». Als Teine l. und k. Hoheit und Höchstseine l^cmahlin cm, gleichen Tage nachmittags mittelst Automobils nach Sarajevo fuhr und dem orientalischen (^ros;-handlungshausc Hlios Kabiljo, welches die Appartements im Hotel „Bosna" eingerichtet hatte, einen Besuch abstatteten, bereitete das Publikum den Hoheiten ebenfalls stürmifchc Ovationen. Am Freitag und Tamstag wohnte der Herr (Erzherzog den Manövern bei, die vorgestern mittags um 11 Uhr abgc blasen wurden. Nach Abschlus; der Manöver erlies; der Herr (frzherzog einen Armeebefehl, der folgenden Anhalt hatte: „An Teine (frzellenz den Herrn ^ZM. Potioret, Armee-Inspektor in Sarajevo. Ich habe während der verfloffcneu zwei Tage Gelegenheit gehabt, einen grop.cn Teil der Truppen deb 15. und des Itt. Korps auf dem Manövcrfelde unter un-günstigen Witterungsverhältnissen und in einem zum Teile fchwierigen Terrain zu sehen. Überzeugt, Zweite Extra-Ausgabe. 20. Juni 1914 in jedsr Beziehung nur das Beste zu finden, wur den mcinc Erwartungen durch die hervorragenden Leistungen aller 5t.ommandcn, Truppen und Anstalten voll bestätigt. Ich werde Seiner Majestät dem Kaiser, unserem geliebten obersten Kriegsherrn, hicvon Mitteilung erstatten und spreche Sei-ner (5rMcnz dein Herrn Armeeinspettor sowie allen Generalen, Offizieren und Mannschaften beider Korps, die sich auch in den bewegten Zeiten der jüngsten Vergangenheit glänzend bewährten, meinen herzlichen Dant und die vollste Anerkennung im Namen des Allerhöchsten Dienstes aus. Dieser Befehl ist der gesamten Mannschaft in ihren Muttersprachen zu verlautbaren." (Nestern begab sich der Herr Erzherzog mit hüchstseincr Frau Gemahlin nach Sarajevo, das zum Empfange des hohen Paares bereits die umfassend-stcn Vorbereitungen getroffen hatte. Tort wurden die Hoheiten das Opfer des verdammungswiirdigcn Attcntatcs. Sarajevo, 28. Juni, 4 Uhr 10 Minuten. Auf der Fahrt Tcincr l. und l. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzono Franz Ferdinand mit höchftseiner Gemahlin, der Herzogin von Hohcnbcrg, nach dem Rathause wurde eine Bombe gegen das Automobil geschleudert. Glücklicherweise blieben beide unverletzt. Dagegen erlitten mclireic Personen der Umgebung Verletzungen. Der Attentäter, ein Typograph aus Trebinje, wurde verhaftet. Nach dem festlichen Empfange im Rathause setzte der Herr Erzherzog mit höchstscincr Frau Gemahlin die Rundfahrt durch die Stadt fort und fiel dem zweiten Attentat, Revolvcrschüssen eines Gymnasiasten, aus einer Vruwniugpistole abgegeben, zum Opfer. Beide wurden in schwerverletztem Zustande in den Konal überführt, wo sie verschieden. Der zweite Attentäter wurde gleichfalls verhaftet. Beide Attentäter wurden von den erbitterten Vultsmcugc beinahe gelyncht. Wie«, 28. Juni, 5 Uhr 22 Minuten. Die in den ersten Nachmittagsftunden verbreiteten Gerüchte von dem in Sarajevo erfolgten Attentate auf Seine l. und t. Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Franz Ferdinand und höchstdcssen Frau Gemahlin erfuhren gegen Z Uhr nachmittags offizielle Bestätigung. Diese erschütternde Nachricht wurde durch Extrablätter der ganzen Stadt bekanntgegeben und rief die tiefste Entrüstung und Trauer in der ganzen Bevölkerung wach. Überall, wo Festlichkeiten stattfinden sollten, wurden diese sofort abgesagt. Es herrscht allgemein die größte Bestürzung, die auch in den aus den Provinzftädtcn einlangenden Nachlichten zum Ausdruck kommt. Seine Majestät der Kaiser wurde in Bad Ischl sofort vom Ableben des Herrn Thronfolgere und höchftdessen Gemahlin in Kenntnis gesetzt, zog sich tief erschüttert in seine Gemächer zurück und ordnete sofort Dispositionen für die Rückreise nach Echönbrunn an. Die Teilnahme der Bevölkerung an die» sem neuen Schlag für Seine Majestät gibt sich in deutlicher Weise kund. Sarajevo, 28. Juni, 8 Uhr IN Minutcn abends. Attentäter Gavrilo Princip ist in Livno, Bezirk Gra« hovo, geboren, gab beim Verhöre an, längere Zeit i« Belgrad studiert und sich schon lange mit dem Gedanken getragen zu haben, irgendeine hohe Persönlichkeit aus nationalistischen Motiven zu töten. Er erwartete heute auf dem Appellai die Vorbeifahrt des Erzherzogs, führte den Anschlag aus, als das Auto des Erzherzogs die Fahrt beim Einbiegen in die Franz Iosefftraßc verlangsamen nmßte. Da sich auch die Herzogin im Auto befand, habe er einen Moment lang gezögert, habe aber dann rasch zwei Schüsse abgegeben. Der Attentäter leugnet, Komplicen zu haben. Der 2ljährige Setzer Nedeljlo ßabrinovic, dessen Bombenanschlag mißlang, erklärte, die Bombe von einem Anarchisten aus Belgrad, dessen Namen er nicht zu kennen vorgibt, erhalten zu haben, er leugnet auch, Komplicen zu haben, und benimmt sich beim Verhör sehr zynisch, öabrinovic sprang »ach dem Attentat in den Miljlafluß, um zu entweichen, aber Wachleute und Personen aus dem Publikum sprangen il»u nach und nahmen ihn fest. Wenige Schritte vom Schauplätze des zweiten Attentates wurde eine zweite Bombe gefunden, die unwirksam blieb. Die Bombe dürfte von einem dritten Attentäter weggeworfen worden sein, nachdem er gesehen hatte, daß das Attentat Princips gelungen war. Sarajevo, 28. Juni. (10 Uhr 35 Minuten abends.) Der Elnpfang Seiner l. und l. Hoheit des durchlauch« tigsten Herrn Erzherzogs und höchftseiner Frau Gemah-lln im Rathause verlief programmgemäß. Nach dem er» sten Attentatsversuche waren der Herr Erzherzog und höchstdesscn Frau Gemahlin Gegenstand stürmischer Ova« tionen, die sich um so herzlicher gestalteten, als sich die Kunde von dem vereitelten Attentat unter der Vevölte' rung bereits verbreitet hatte. Im Rathause wurden der Herr Erzherzog und Höchstseine Gemahlin vom Bürger» meister festlich empfangen. Sie Ware« etwas erregt, sonst aber in der fröhlichste» Stimmung. Auf der Weiterfahrt zum Museum ereignete sich das zweite Attentat. Der Landeschef, der im erzherzoglichen Auto mitfuhr, blieb unverletzt. Sarajevo, 28. Juni. Der heutige Empfang des Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand und der Frau Herzogin von Hohenberg im Rathaus verlief programmgemäß. Um 9 Uhr 50 Minuten vormittags erfolgte die Ankunft der hohen Gäste mittelst Hofzugcs vor dem Phi-lippovich-Lager, wo der Herr Erzherzog und die Frau Erzherzogin vom Landeschef Feldzeugmeifter Potiorel und dem Korpslommandantcn G. d. I. Freiherrn von Appel empfangen wurden. Auf der Fahrt ins Rathaus wurde der bereits gemeldete erste Anschlag verübt. Auf der Weiterfahrt nach dem Attentatsvcrsuche waren der Herr Erzherzog und höchftscine Gemahlin Gegenstand stürmischer Ovationen, die eiuen um so herzlicheren Charakter annahmen, als sich die Kunde von dem Anschlage, welchem das erzhcrzogliche Paar glücklich entgangen war, bereits verbreitet hatte. Im Rathausc wurden die hohen (Haste von dem Bürgermeister Fehim Effcudi <5urcic, der von den Gemeindcrätcn umgeben war, festlich empfangen nnd mit stürmischen iiviorufcn begrüßt. Der Bürgermeister hielt an den Herrn Erzherzog folgende Ansprache: Eure kaiserliche und königliche Hoheit! Eure Hoheit! Hochbeglückt sind unsere Herzen über den gnädigsten Besuch, mit welchem Enre Hoheiten unsere Landeshauptstadt Sarajevo auszuzeichnen geruhten, und ich schätze mich besonders glücklich, daß Eure Hoheiten von unserem Amtssitze a»ls die (hefühle unserer Liebe und Ergebenheit, der tiefen Anhänglichkeit und unerschütterlichen Unter-tnnentreue sowie unseren Gehorsam zu Seiner Majestät unserem Kaiser und König und den, Allerhöchsten Herrscherhause Habsburg-Lothringcn ablesen können, Gefühle, die unsere tiefe Dankbarkeit für die Allerhöchste Gnade und die väterliche Fürsorge zum Ausdrucke bringen, welche Eure k. und t. Hoheit seit jeher dem jüngsten Kleinod in der Allerhöchste» Krone unserem lieben Va» tcrlande Bosnien und der Hercegovina und deren Haupt» stadt ^Sarajevo bezeugt haben. In Ergänzung der vorstehenden Meldungen ver» öffentlichen wir noch die uns heute auf postalischem Wege übermittelten Telegramme des l. l. Telegraphen« uno Korrespondenzburcaus, die in der Hauptsache vom gleichen Iuhalte sind, indes auch einige nähere Details anführen: Sarajevo, 28. Juni. Als Seine k. und l. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Franz Ferdinand mit Höchstseiner Gemahlin der Frau Herzogin von Hohen» berg sich heute vormittags zum Empfange im Rathause begab, wurde gegen das Automobil eine Bombe geschleudert, die Seine l. und l. Hoheit mit dem Arme zurückstieß. Die Bombe explodierte, nachdem das crzherzogliche Automobil passiert war. Die in dem nachfolgenden Automobil befindlichen beiden Herren, Graf Boos Waldect und der Flügcladjutant des Landeschefs, Oberstleutnant Merizzi, wurden leicht verletzt. Vom Publikum wurden sechs Personen mehr oder minder schwer verletzt. Der Attentäter ist ein Typograph aus Trebinje namens 6a» brinovic. Er wnrde sofort festgenommen. Nach dem festlichen Empfange im Rathause setzte Seine l. und l. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog mit höchftdessen (Gemahlin die Rundfahrt fort. Ein Gymnasiast der achten Klasse namens Princip aus Grahovo feuerte aus einer Browningpiftole mehrere Schüsse auf das erzherzogliche Automobil ab. Seine l. und l. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog wurde im Gesichte, Ihre Hoheit die Frau Herzogin von Hohcnbcrg durch einen Schuß in den Unterleib verletzt. Seine l. und l. Hoheit und die Frau Herzogin wurden in den Konal überführt und sind dortselbst den Verletzungen erlegen. Auch der zweite Attentäter wurde verhaftet. Die erbitterte Menge hat die beiden Attentäter nahezu gelyncht. Sarajevo, 28. Juni. Sobald die Nachricht von dem Hinscheide» des Herrn Erzherzogs Fra»z Ferdinand und höchftscincr Gemahlin in der Stadt bekannt geworden war, wurden alle Fahnen auf Halbmast gesetzt. Die Trauer in der Stadt war allenthalben außerordentlich. Das Landtagspräsidium richtete sofort an die Kabinetts-kanzlet ein Telegramm, in welchem dem Schmerze und der Entrüstung der gesamten Bevölkerung über das ruchlose Attentat Ausdruck gegeben und Seiner Majestät der unerschütterlichen Treue und Ergebenheit an das Herrscherhaus versichert wird. Um 4 Uhr nachmittags fand eine Trauersitzung des Gemeinderates statt. Für 7> Uhr nachmittags ist der Landtag zu einer Trauersitzung einberufen. Im ganzen Lande herrscht vollkommene Ruhe und Ordnung. Sarajevo, 28. Juni. Nach dem Attentat fuhr das erzherzogliche Automobil in den Konal. Hier war unvcr» züglich Oberstabsarzt Dr. Arnftcin und Reqimcntsarzt Dr. Polazzo zur Stelle, doch war jede ärztliche Hilfe vergeblich. Feldlurat öanet verrichtete die Sterbegebete. Beide Leichname bleibe« vorläufig im Konat aufgebahrt. Sarajevo, 28. Juni. Nach dem Attentate bemächtigte sich der Menge eine «ngcheure Aufregung. Man sah viele Leute weinen. Die Trauer in der Stadt ist unbeschreiblich. Die Bevölkerung ist konsterniert, überall wehen Trauerfahnen. An den Schauplätzen der beiden Attentate waren de» ganzen Tag über große Menschcumcngcn angesammelt, welche das Attentat erregt besprachen. Sarajevo, 28. Juni. Zum ersten Auschlag wird gemeldet: Die Bombe war eine sogenannte Flaschcnbombe mit Nägeln und gehackten» Blei gefüllt. Die Explosion war von großer Vchcmenz. In einem in der Nnhe befindlichen Geschäftsladen wurden die eisernen Rolläden an mehreren Stellen durchgeschlagen. Es wurden etwa Ä! Personen, und zwar meist leicht verletzt. Unter den Verletzten befindet sich ein Forstrat und dessen Gattin, ein Advolaturslandidat und mehrere Damen und Kinder. Im Laufe des Nachmittags meldete sich noch eine weitere Reihe Verletzter, jedoch meist mit geringfügigen Verletzungen. Der Offizial der Landesregierung Reich hat schwere Verletzungen durch Sprengstülle der Bombe an den Beinen erlitten. Bad Ischl, 28. Juni. Seine Majestät der Kaiser gab sofort, nachdem Allcrhöchstihm die Meldung vom Hinscheiden Seiner l. und l. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand nnd Ihrer Hoheit der Frau Herzogin Sophie v. Hohenberg erstattet worden wnr, Befehl, daß dir Dispositionen zur Rückreise nach Schönbrunn getroffen werden. Seine Majestät der Kaiser zog Allcrhöchstsich sofort in Seine Appartements zurück imd nahm allein das Diner. Bad Ischl, 28. Juni. Die Nachricht von, Ableben des durchlauchtigsten Herr« Erzherzogs Franz Ferdinand und der Frau Herzogin Sophie Hoheubcrg hat liier große Bestürzung hervorgerufen und die tiefste Anteilnahme für Seine Majestät den Kaiser erweckt. Sämtliche U^ergnü« nungsvcranstaltunncn und Theatervorstellungen wurden svfurt nach dem Bekanntwerden der Traurrnachrichl ab» gesagt. Die Abreise Seiner Majestät des Kaisers nach Wien ist für Montag ti Uhr früh festgesetzt worden. Bad Ischl, 28. Juni. Herzog August ».Cumberland traf heute nachmittags in Begleitung seines Diensttä,»« mcrers im Automobil aus (^munden hier ein und stattete um 5 Uhr uachmitiags Seiner Majestät dem Kaiser einen Kondolenzbesuch ab. Brunn, 28. Juni. Das l3. mährische Landesschie« ftcn, das heute vom Statthalter in Mähren Freiherr« von Bleylrbcn in feierlicher Weise eröffnet wnrde, sowie die deutschen und die böhmischcn Festlichkeiten wurden sofort nach Eintreffen der Trauerbotschaft abgesagt. Die Teilnehmer verlassen im Laufe der Abend- und Nachtstunden Brunn. Prag, 2«. Juin Die Nachricht von dem Attentate rief unter der Bevölkerung der Stadt die größte Bestür« zu»« hervor. Im böhmischen Nationalthcatcr und im Weinberger Stadttheater wurde das Publikum während der Vorstellung von der Bühne aus von dem tragischen Ereignisse verständigt und verließ tief erschüttert das Theater. Die Abendvorstellungen in den Theatern wur» den abgesagt und zahlreiche Konzerte sofort nach dem Bekanntwerden der Unglücksbotschaft abgebrochen. Graz, 28. Juni. Die durch heltogravhierte Extra» ausgaben der Blätter verbreitete Nachricht von dem ruchlosen Attentate in Sarajevo hat hier Entsetzen und Empörung gegen den Attentäter ausgelöst. In de« Straßen bildeten sich Gruppen von Menschen, welche tief ergriffen und bestürzt das Attentat besprachen. Die Konzerte in den verschiedenen Gasthaus gärten wurden nach Bekanntwerden der Trauerbotschaft sofort abgebrochen. In Gam« litz bei Ehrcnhausen, woselbst morgen in Gegenwart des Herrn Erzherzogs Leopold Saluator dir Enthüllung eines Denkmales zur Erinnerung an die heldenmütige Haltung der Kauallcricbatteric Nr. 7 des 8. Fcldartil« leriercgiments im Jahre Ittlil; bei Chlum hätte stattfin-den sollen, wurden die heutigen Festlichkeiten der Vor« fcicr sofort nach Eintreffen der Hiobsbotschaft abgebro« chen. Troppau, 28. Juni. Die Nachricht von dem Attentat in Sarajevo wurde hier durch eine Extraausgabe der amtlichen „Troppauer Zeitung" um halb 5, Uhr uachmittags bekannt. Das für heute festgesetzte schlcsischc Sänger« bundesfest wurde abgesagt. Rom, 28. Juni. Die Blätter veranstalteten Extraausgaben mit der Nachricht von der Ermordung des Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand, in welchen auch das Bild des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenbcrg sowie Lebensbeschreibungen des Erzherzogs veröffentlicht werden. Die Blätter heben die hohen Eigenschaften des Erzherzogs rühmend hervor. Kiel, 28. Juni. Kaiser Wilhelm ist nach Erhalt der Nachricht von dem Attentat auf Erzherzog Franz Ferdi» naud und dessen Gemahlin mit seiner Jacht „Meteor" Zweite Extra-Ausgabe. 29. Juni 1914 in den Kieler Hafen zurückgelehrt und hat sich an Bord der „Hohenzollern" begeben. Die im Hafen liegenden Kriegsschiffe haben Halbmast geflaggt. Hamburg, 28. Juni. Die Nachricht von der Ermor» dung des Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand n«d hoch» seiner Gemahlin Herzogin von Hohenberg wurde wäh» rend des heutigen Derby bekannt und rief tiefen Eindruck hervor. Die Musitlapelle der Wandsbecker Husaren stellte sofort ihr Spiel ei«. Brunn, 28. Juni. Die erschütternde Traucrnachricht vom plötzlichen Ableben des Herrn Erzherzogs FranZ Ferdinand und höchstdesscn Gemahlin traf in Brunn um 4 Uhr nachmittags ein. Sie wurde unverzüglich den Ver» anftaltcrn der für diese Tage in Brunn geplanten Festlich» leiten mitgeteilt, welche sich sofort entschlossen haben, alle festlichen Veranstaltungen abzusagen Wien, 28. Juni. Die Nachricht von dem Attentat wurde in Wien um 4 Uhr nachmittags bclannt und wurde unter dem Ausdrucke der tiefsten Teilnahme und Bestürzung lebhaft besprochen. Von einzelnen Hausern wehen bereits schwarze Fahnen. Auf dem Flugfclde in Aspem traf die Nachricht um halb 4 Uhr nachmittags ein. Die Nachricht, die zunächst in Form eines unbe-ßinnutcn Gerüchtes bekannt wurde, wurde von niemandem geglaubt. Die Fluglonlurrenzen wurden fortgesetzt. In der Hofloge wohnte Orzherzog Karl Albrecht den Produltionen bei. Als ihm die offizielle Nachricht über das Attentat zur Kenntnis gebracht wurde, verließ der Herr Erzherzog sofort das Flugfeld. Alsbald wurden anch die Flüge eingestellt. Sarajevo, 28. Juni, 11 Uhr 40 Minuten nachts. Nach dem Besuche des Rathauses hatte der Herr Erzherzog den Wunsch geäußert, zunächst ins Garnisons» spital zu fahren, wohin der beim Bombenanschläge ver« letzte Oberstleutnant Mcruzzi gebracht worden war. Als das Automobil vom Kai in die Franz Ioscfstraße einbog, fielen rasch aufeinander zwei Schüsse. Zuerst wurde die Frau Herzogin getroffen und sant ihrem Gemahl nuf den Schoß. Die Kugel war der rechts neben dem Herrn Erzherzoge sitzenden Frau Herzogin von der rech« ten Seite, nachdem sie die Polsterung des Automobils durchschlagen hatte, in die Weiche gedrungen. Die Wirkung der Kugel war entsetzlich. Die Frau Herzogin verlor sofort das Bewußtsein. Ein zweiter Schutz traf den Herm Erzherzog und schlug die Halsschlagader durch. Der Tod trat fast unmittelbar ein. Die Tat spielte sich blitzschnell ab; viele der zunächst Stehenden hatten die Schüsse gar nicht gehört. Da die Gasse an der Stelle des Attentatcs schmal ist, konnte der Attentäter aus der nächsten Nähe feuern. Einigen Damen war das verdsch» tige Aussehen Princips, der mit der Hand in der Tasche an der Straßenecke stand, aufgefallen. Der Attentäter wurde von Wachleuten festgenommen. — über ausdrück» lichen Befehl des Herrn Erzherzogs warm die militärischen Vorkehrungen, die nach dem ersten Attentat geplant waren, unterblieben, da der Herr Erzherzog den Wunsch ausgesprochen, daß das Tagesprogramm unverändert aufrecht erhalten bleibe. Ischl, 28. Juni. Seine Majestät der Kaiser arbeitete trotz der tiefe» feelischen Bewegung bis abends und empfing verschiedene Persönlichleiten zum Vortrage. Trotz der feelischen Erschütterung läßt das Befinde« Seiner Majestät nichts zu wünschen übrig. Der Herr Landeshauptmann Dr. Auster-öiö hat gestern an die Allerhöchste Kabinettslanz-lei Seiner Majestät des Kaisers folgendes Tele gramm abgesendet: Seiner t. und k. Apostolischen Majestät Franz Josef I. Wien. Ergriffen von unsäglichem Schmerze über den unersetzlichen Verlust, welcher Eure Majestät, das Allerhöchste Kaiserhaus und das gemeinsame österreichische Vaterland betroffen, und erfüllt von tiefster Empörung über das scheußliche Berbre» chen, ist das Land Kram in hoffnungslose Trauer versetzt. Ich bitte Eure laiserl. und tonigl. Apostolische Majestät, den ehrfurchtsvollen Ausdruck dieser innigwahrcn Gefühle des Trainer Voltes allergnä-digst entgegennehmen zu wollen. Voll unerschütterlichen Vertrauens blicken wir Kramer in schwerer Stunde zu Eurer Majestät und entsenden die tiefinnigsten Gebete zum Himmel: Gott erhalte, Gott segne, Gott schütze Eure Majestät? Kuster5i5, Landeshauptmann. Verantwortlicher Redakteur: Anton Funtet.