Lliiblilhcr TaMatt. Redaction unb Expedition: Bahnhosgasse ?ir. 15. . _ PränumerationSpreise: _ . „ , ^ v«,v.*»v«vr*v%i*. »i*- - _ - Nr. 16. feiÄfÄÄ Dienstag, 21. Janner 1879. — Morgen: Vincenz. IBSmfm'Ä! 13.Jahrg. Mi, der Post: Ganzjähr. fl. 12. ^ zeigen bis r. Stilen 20 kr. O Insertion «preise-. Ei«- Ter langen 9iede kurzer Sinn. Minister Tr. Uriger hat gesprochen, hat lange gesprochen, hat uns in langer Rede kurz zu verstehen gegeben, daß die Abgesandten des Volkes, wenn 'cs sich um Frieden oder Krieg handelt, eigentlich nichts zu reden haben. Der erste Kronjnrist des österreichischen Ka-binets legte in der 415. Sitzung des Abgeordnetenhauses des Reichsrathes im Verlauf der Debatte über den Berliner SS er trag dm Standpunkt der Regierung in dieser Angelegenheit klar und bemühte sich, die der Regierung wiederholt gemachten Vorwürfe der Gesetzwidrigkeit, der Ver-fossungsverletzung, der Außerachtlassung der Com-petenz des Reiäsrathes abzuwehreu und zu entkräften. Der Cprcchminister des österreichischen Kabinets stellte sich bei dieser seiner Aufgabe auf trockenen juristischen Boden, er gab kund und zu wissen, daß nach Anschauung der Regierung der Berliner Vertrag zu seiner Giltigkeit der Zustimmung des Reichsrathes nicht bedarf, nur ein einziger Passus, betreffend die Erwerbung und Einverleibung Spizza's, falle in das Competeuzgebiet der Parlamente cis und trans. Die Okkupation Bosniens und der Herzegowina war eine staats- uud völkerrechtliche Verpflichtung, eine zivilisatorische Mission, so sagt Minister Unger; unter einem gibt der Vertreter der Regierung zu, daß wir es in dieser Angelegenheit mit einer Belastung, mit einer materiellen Verpflichtung zu thun haben. Der Redner eonstatiert einerseits, daß alle jene Verträge, durch welche Lasten und Verpflichtungen auf das Land gelegt werden, auch der Zustimmung des Parlaments zu ihrer Giltigkeit bedürfen ; andererseits behauptet Dr. Unger, daß zu allem, was auf dem Verordnungswege geregelt werden kann, zn allem, was ohne Zustimmung des Reichsrathes überhaupt geschehen kann, man sich auch ohne Zustimmung des Reichsrathes giltig verpflichten kann. Der Redner betont, daß die auswärtige Politik im monarchisch - constitutionellen Staate jene Sphäre ist, innerhalb deren die Krone ohne vorhergehende Zustimmung des Parlainents zu handeln berechtigt ist. Das Staatsoberhaupt hat die Interessen und die Ehre des Reiches zu wahren, es empfängt die Gesandten, vermittelt die Beziehungen mit den auswärtigen Staaten, es wahrt, so viel es kann und nach allen Richtungen hin die Bedürfnisse und Interessen des Reiches, und wenn das anders und friedlich nicht gelingt, ist es berechtigt, im äußersten Falle ohne Zustimmung des Parlaments Krieg zu erklären, und ist auch berechtigt, ohne Zustimmung des Parlaments Frieden zu schließen — ein Grundsatz, der auch in unserer Verfassung ausgesprochen ist. Der Minister bemerkt weiter: „Würde bei Verträgen dieser Art erst die vorläufige Zustimmung eines Parlaments erfordert werden, so würde oft der entscheidende Moment vorübergehen, nnd auch in der auswärtigen Politik gibt es Augenblicke, die nicht wiederkehren, und gibt es verlorne Augenblicke, die keine Ewigkeit wieder zurückbringt. In Oesterreich gilt gerade mit Bezug auf die Entwicklung der orientalischen Frage der Grundsatz, daß man Hammer ober Amboß sein, herrschen und gewinnen ober dienen und verlieren, leiben ober triumphieren muß; Oesterreich muß Subjekt seiner eigenen Aktion sein, namentlich im Oriente, wenn es nicht in allzu kurzer Zeit Objekt der Action anderer werden soll; es ist eine Prärogative der Krone in konstitutionellen monarchischen Staaten, die auswärtige Politik zu leiten; es ist eine Prärogative der Krone, internationale politische Verträge ohne vorherige Zu st immun g des Parlaments abzuschließen. Dieses Recht für die Krone zu wahren, ist die Pflicht einer jeden Re gierung. Die Regierung, die Krone kann das Aeußerste thun, sie kann Krieg erklären, kann zur ultima ratio schreiten, ohne vorherige Zu-stimmung des Parlaments, sie wird um so mehr berechtigt sein, ohne vorherige Zustimmung des Parlaments einen Vertrag abzuschließen, welcher die schwerste aller Lasten vom Volke abwälzen soll, welche die Krone doch ohne vorherige Zustimmung durch Erklärung des Krieges auf das Volk hätte über wälzen können. Das ist keine Erstreckung der Prärogative der Krone über die erlaubte Grenze hinaus." Der Sprechminister sagt: „Die Verfasfung ist um des Staates und der Staat nicht um der Verfasfung wegen vorhanden!" Nach Ansicht der Regierung ist der Berliner Vertrag ohnehin giltig, uüd der Regierung oblag nur die Pflicht, diesen Vertrag bezüglich der Einverleibung Spizza's der Genehmigung des Reichsrathes vorzulegen. Das Abgeordnetenhaus befindet sich diesmal in einer ganz eigentümlichen Situation, ein Theil der Abgeordneten geht mit, ein anderer gegen die Regierung vor. Ausfallend ist, daß eine Fraktion des Hauses die Zustimmung zu einem Vertrage geben will, die eigentlich gar nicht verlangt wurde, nachdem die Regierung behauptet, der Berliner Vertrag sei auch ohne Zustimmung des Parlamentes giltig. ES scheint die politische Verwirrung ihren Kulminationspunkt erreicht zu haben Feuilleton. Die Sirene. Eine Komödie von S. H. Mosenthal. Man kann Präsident und im Hause doch eine Null sein, vor welcher erst die Frau Präsidentin die Eins bildet. Das kommt vor im Leben und soll gar nicht einmal so selten sein. Auch in Herrn von Waltersdorf lernen wir einen Präsidenten kennen, der feine Stellung im eigenen Hause am besten selbst charakterisierte, als er sich zu einem thatfräftigen Entschlüsse auf raffte und ausrief: „In meinem Hause kann ich thun, was — du willst!" Worauf die Faru Präsidentin, seine liebe Helene, nicht einmal ein Wort der Entgegnung zu sagen weiß, weil es sich eben von selbst versteht. Der Herr Präsident ist sie, das weiß jedermann, und der Herr Gemal am besten. Sie sagt ihm einfach: „Ordne dich nur wieder unter, wenn ich mit aller Mühe dich hinaufpoussiere", — oder mit einer nicht mißzuver stehenden Handbewegung gegen die Stirn: „Aber Heinrich!" und das ist eine Entscheidung, gegen welche es keine Appellation mehr gibt. Herr von Wattersdorf vermag darauf nur zu antworten: „Also gut, liebe Helene!" und er kann nun wirklich jedes Wort, was ihm seine liebe Helene diktiert oder was er geschrieben, wie er meint, aus ganzer Seele vertreten. Mit diesem Gemale hat es Helene v. Waltersdorf nicht weiter bringen können, als bis zur Präsidentin; für ihre einzige Tochter Hebwig aber finbet ihr Ehrgeiz diese Staffel der menschlichen Gesellschaft viel zu gering; ihr designierter Schwiegersohn muß Minister werden, und die Frau Präsidentin setzt die Hebel dazu wacker in Bewegung. Dieser Schwiegersohn in spe ist ein dreißigjähriger, ausgezeichneter Jurist, Friedrich von Eggeitburg, dessen Buch „Ueoer die zivilgerichtlichen Entscheidungen" in der ganzen Welt Aufsehen gemacht, ihm sogar einen Ruf als Professor nach Boston eingetragen hat. Aber Hebwig — Professorsfrau in Boston? während sie hier Ministerin und Excellenz, die Präsidentin Ministerin-Mutter sein kann? Da ist doch eine Wahl gar nicht denkbar; der Fürst muß eben nur auf den verdienstvollen jungen Mann nachdrücklich aufmerksam gemacht werden, und das geschieht am besten durch den Generaladjutanten Grafen von Stein. Natürlich wäscht eine Hand die andere. Ein Graf Lippowski hat ein Bahnprojekt eingereicht, mit welchem eine großartige Villenanlage verbun- den ist. Ein vertraulicher Brief instruiert Herrn von Stein, daß er auf dem Jagdausfluge mit dem Fürsten die Baugründe in Augenschein nehmen kann und nur den Platz zu bezeichnen braucht, wo er später sein Tusculum hingebaut zu sehen wünscht. Bei dieser Gelegenheit macht er dann Se. Hoheit aufmerksam, welche Tragweite die Berufung Eggenburgs nach Boston hat, daß ein Mann von solcher Celebrität und so geläuterten politischen Grundsätzen an den Staat gefesselt werden und seinen Reflex auch auf bie Regierung werfen muß. Es kann gar nicht fehlen, und die Sache ist sehr einfach. „Wir", sagt bie Präsidentin, „verhelfen Lippowski zur Eoncession, er ver-hilst bem Generalabjutantcn zu einer Villa, unb der verhilft unserem Schwiegersöhne zu einem Portefeuille." Friedrich von Eggenburg empfahl sich schon auf ber Universität dem damaligen Professor von Waltersdorf durch seinen Ernst und seine Fähigkeiten, und die Frau Professorin erblickte in ihm sofort eine Zukunftsperspective für ihre damals zehnjährige Hedwig. Warum auch nicht? Man muß bei Zeiten an die ©einigen denken, wenn man kein Vermögen hat. Herr von Waltersdorf führte den jungen Juristen in die politische Karriere ein, Frau von Wattersdorf empfahl ihn dem Statthalter, und der junge Mann hatte die 6m= In der Erwägung, als der Vertreter der Regierung den Berliner Vertrag als einen staats- und völkerrechtlichen bezeichnet; in der weiteren Erwägung, als in konstitutionellen Staaten das Interesse der Völker durch Vertreter aus ihrer Mitte gewahrt und zur Geltung gebracht wird; in der Erwägung endlich, als der Berliner Vertrag Oesterreich - Ungarn Belastungen und Verpflichtungen auferlegt, ist es zweifellose Sache, daß auch die Völker Oesterreich-UngarnS berechtigt sind, zu fordern, daß der ganze Inhalt des Berliner Vertrages cts und trans der parlamentarischen Behandlung unterzogen und diesem Vertrage zu seiner vollen Giltigkeit auch die Genehmigung der beiden Parlamente beigesetzt werde. Parlamentarisches. Das Abgeordnetenhaus des ReichSrathes wird sich itad» Schluß der Debatte über den Berliner Vertrag mit folgenden Anträgen zu beschäftigen haben: Antrag Pacher: „Es sei über den Antrag der Majorität des Ausschusses zur Tagesordnung überzugehen." Antrag Dnnajewski: „Der von der k. k. Regierung vorgelegte Berliner Vertrag werde zur Kenntnis genommen." Antrag Herbst: „Indem das Abgeordnetenhaus unter den gegebenen Verhältnissen dem zu Berlin am 13. Juli v. I. abgeschlossenen Vertrage die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt, hält es sich für verpflichtet, zu erklären, daß es, festhaltend an den in der Adresse vom 5. November niedergelegten Anschauungen, nicht vermöge, eine Politik als den wahren Interessen der Monarchie entsprechend zu erkennen, welche schon bisher un-verhältnismäßige Opfer erheischte und in ihrer Durchführung und weiteren Entwicklung eine ernste Gefährdung der Staatsfinanzen und eine dauernde Verwirrung der staatsrechtlichen Verhältnisse der Monarchie nach sich ziehen muß." Antrag des Ausschusses: „Dem Vertrage von Berlin vom 13. Juli v. I. wird die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt." Resolutionsantrag Fux: „ Jnbetreff des Dccit* pationsunternehmens und der constitutionell bedenklichen Art seiner bisherigen Ausführung beharrt das Abgeordnetenhaus bei seinen in der Adresse an Se. Majestät vom 5. November 1878 nieder-gelegten Anschauungen und erhebt neuerlich aus patriotischem Pflichtgefühle seine warnende Stimme angesichts der in finanzieller, staatsrechtlicher und auch in äußerer Beziehung bisher gefürchteten Verwicklungen." Resolutionsantrag des Centrums: „Indem das Abgeordnetenhaus die in der Adresse an Se. k. k. apostolische Majestät vont 5. November v. I. niedergelegten Anschauungen über die durch die Occupation Bosniens und der Herzegowina herbeigeführte ernste Finanzlage und über die infolge dieser Action zu besorgenden staatsrechtlichen Schmierigkeiten aufrechterhält, spricht dasselbe die bestimmte Erwartung aus, daß diese schwerwiegenden Verhältnisse vonseite der Regierung bei Führung der gemeinsamen Angelegenheiten fortan jene sorgfältige Beachtung finden werden, welche durch die höchsten Interessen des Reiches dringend geboten sind. Insbesondere erwartet das Abgeordnetenhaus, daß die Ausführung des Artikels 25 des Berliner Vertrages vom 13. Ju!i 1878 auf die durch den Occupationszweck gegebenen Maßnahmen strenge beschränkt bleibe, und daß jede Belastung des Reiches durch die Kosten der Verwaltung der occu-pierten Länder sowie durch Investitionen, welche nicht durch die Sicherung und Verpflegung der Occnpationstruppen unabweislich geboten sind, vermieden werde." Das Reformprogramm der Pforte. Entsprechend dem lebhaften Mansche des Sultans, das türkische Reich endlich auf die Bahn der praktischen Verbesserungen und des Fortschritts einlenken zu sehen, und in Befolgung seiner souveränen Befehle, hat das neue Kabinet ein Programm für die Reformen ausgearbeitet, welche, im Prinzip beschlossen, zur Durchführung gelangen sollen, sobald dieselben in allen Einzelheiten end-giltig festgestellt sein werden. In erster Linie steht ein Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit. Dieses Gesetz wird die Zahl der Staatsminister festsetzen und die Functionen von Ministern ohne Portefeuille aufheben, welche letztere in einem Kabinet mit der jedem einzelnen der leitenden Minister insbesondere zufallenden Verantwortlichkeit nicht mehr bestehen können. Der Großmeister der Artillerie und der Minister des Evskas werden nicht zu den verantwortlichen Ministern gerechnet werden. Die administrative Centralisation wird fortan in ausgedehntestem Maßstabe zur Anwendung gelangen, und die Befugnisse jedes auf allen Stufen der administra Würdenträgers ............................................ _ --------- ----- .. „ tiven Hierarchie werden in der Weise definiert! wird nach europäischem Sistem umgewandelt. werden, daß allerwärts Ordnung und Regelmäßig» feit im öffentlichen Dienste platzgreifen kann. Die Freiheit der Presse wird durch ein Gesetz unantastbar gemacht, welches bereits auf Grundlage der Verfassung ausgearbeitet wurde. In der Erwägung, daß eine gute Gerechtigkeitspflege die Stärke der Staaten begründet, hat die kaiserliche Regierung die Reorganisation der Gerichtshöfe nicht aus dem Auge verloren. Sie werden auf ganz neuem Fuß eingerichtet, und zwar derart, daß allerwärts wieder Vertrauen und Sicherheit erweckt werden. Er wird sofort zu der Errichtung des Notariats in allen Gerichtsbezirken des Reiches geschritten werden. Bisher war das osinanische Reich in Vilajets und diese in Sandschaks und Cazas eingetheilt; von nun an wird die ergänzende Unterabtheiluna unter dein Namen Nahie (ländliche Gemeinde) stattfinden, welche an Stelle der Caza als Grundlage der administrativen Einheit angenommen werden wird. Die gerichtliche Eintheilung des Reiches wird in derselben Ordnung erfolgen wie die administrative, demnach wird in jeder Gemeinde ein Friedensrichter mit einem Stellvertreter eingesetzt, und ebenso werden in den Vilajets und Sand-schaks die Gerichtshöfe erster Instanz, welche unterschiedslos in Civil- und Strafsachen erkennen, reorganisiert und in zwei Kammern getrennt werden, deren eine in Civil-, die andere in Straf-angelegenheiten entscheidet. Die Gerichtshöfe, welche in den Hauptorten des Vilajets ihren Sitz haben und bisher in allen Prozessen mit derselben Berechtigung erkannten, wie die Gerichtshöfe erster Instanz, werden künftighin nur noch über Berufungsangelegenheiten entscheiden und werden die Namen und die Befugnisse von Apellhöfen erhalten. Es unterliegen in diesem Augenblick zwei Gesetzkntwürfe der Prüfung: über das Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen und in Strafsachen. Diese Arbeit ist einer Kommission ad hoc unter Vorsitz Bahan Efendis anvertraut, und diese Kommission wird bei der Lösung der Aufgabe durch Fachmänner unterstützt. Das Sistem des französischen Verfahrens wnrde angenommen. Das Finanzministerium wird in mehrere Sektionen zerfallen, an der Spitze einer jeden derselben wird der dem Minister verantwortliche Generaldirektor stehen. Der Minister seinerseits wird der Deputiertenkammer verantwortlich sein. In den Provinzen werden die Finanzangelegenheiten auf dem Fuße einer vollkommenen Regelmäßigkeit eingerichtet, und das Rechnungswesen pfehlungen glänzend gerechtfertigt. Für den Staats« dienst zeigte er sich außerordentlich brauchbar; Auszeichnungen und Beförderungen blieben trotz seiner Jugend nicht aus, und die ehrgeizigen Pläne der Frau Schwiegermama waren daher keineswegs wesenlose Luftschlösser. Als Schwiegersohn der Präsidentin wurde er von der ganzen Welt betrachtet, und er selbst, der seine ganze Laufbahn größtmtheils ihrem Einflüsse verdankte, hatte sich mit diesem Theile ihrer Pläne auch vollkommen vertraut gemacht. Ob Hedwig in gleicher Weise? Nun, wir werden ja sehen; für die künftige Ministerin-Mutter wenigstens kam das gar nicht in Frage. Soeben ist Friedrich von einer, gleichfalls ernsten Studien gewidmeten Reise nach Italien zurückgekehrt, und die ganze Angelegenheit, seit Jahren geplant und sorgfältig verfolgt, ist zum Abschlüsse fertig. Das heutige Mittagsesseu, zu welchem auch Lippowski und die Witwe des Generals v. Walsee geladen sind, dürste sich wol zugleich zu einem Verlobungsfeste gestalten. Die Generalin, Präsidentin des Marienvereins zum Schutze verlassener Mädchen, hat die intimsten Verbindungen bis in die höchsten Kreise hinaus, und ihre Hilfe ist darum für die Erhöhung des Schwiegersohnes unentbehrlich. Hedwig hat ihren Bräutigam noch nicht wiedergesehen. Für die Mutter ist hier von Neigung oder Herz gar nicht die Rede; das findet sich alles nach der Hochzeit. Sie bemerkt allerdings, daß Hedwig gegen Eggenbnrg von schneidender Unfreundlichkeit gewesen sei, was aber das Mädchen nicht zugibt. Als jedoch die Mutter ihr geradezu Vorwürfe machen will, weil andere Bräute sich dem Manne ihrer Wahl gerade am liebenswürdigsten zu zeigen bemühen, da kann sie ihre tiefe Verstimmung nicht mehr zurückhalten. „Als ob das auf mich paßte!" klagt sie bitter. „Wir siud ohne unser Zuthun für einander prädestiniert, und seit Jahren versteht es sich von selbst, ohne daß inan mich je darum gefragt, ohne daß er sich je direkt erklärt hat. Wir sehen eben unserer Verbindung entgegen, wie dem Osteroder Pfingstfest, die kommen müssen, weil sie im Kalender stehen." Der Präsident, welcher ein Herz für sein Kind hat, nimmt Hedwig in Schutz. Es ist ihin freilich auch ausgefallen, daß sie Eggenburg zwar rücksichtsvoll, aber kalt und fremd gegenübergetreten ist, doch möchte er die jetzt ausbrechende Verstimmung mehr den kurzen, lakonischen Briefen, welche Eggenburg aus Italien geschrieben, zumessen. „Sollte dem", fügte er hinzu, „eine andere Frau gefährlich geworden fein? Etwa die Generalin selbst, mit welcher er in Rom zusammengetroffen?" • Zum ersten male stutzt die Präsidentin, die ihrem darob hocherfreuten Manne endlich einmal einen eigenen Gedanken zuschreibt. „Daß mir das entgehen konnte", braust sie auf; „trotz ihres Marienvereins und ihrer dick aufgetragenen Witwentrauer arbeitet sie mit ihren langen Augenwimpern — o, ich muß Dahinter-kommen! Aber mische dich nicht drein, laß mich nur machen!" Carl von Rechter», der Intimus Eggenburgs und Hausfreund bei Präsidentens, stimmte diesem Urtheile zu. Auch er findet den Enthusiasmus der Genetalin vielseitig, wie ihre zarten Aufmerksamkeiten, die sie heute an einen Fastenprediger, morgen an eine Primadonna, übermorgen an einen Reitergeneral und tagsdaraus an einen Volksredner verschwendet. Unter einem Flügel trägt sie den Marienverein und unter dem anderen den jungen Schauspieler Lothar. Ihr jüngstes Ideal ist nun wieder ihre neue Gesellschafterin, welche sie aus Sorrent mitgebracht hat. (Fortsetzung folgt.) Tagesneuigkeiten. — Die Reliquien Luthers. Berliner Blätter theilen über die Thüren der Schloßkirche zu Wittenberg, an welche Martin Luther seine welterschütternde» Thesen angeheftet hatte und die jetzt die Thüren der Bartholomäuskirche in Berlin bilden, folgendes mit: „König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen wünschte, daß die 95 Thesen dauernd an den Thüren der Wittenberger Schloßkirche zu lese» wären. Er ließ deshalb broncene Thüren, auf denen die 95 Thesen in schöner, erhabener Schrift dargestellt sind, in der königlichen Erzgießerei in Berlin anfertigen und verehrte sie der Wittenberger Schloßkirche, wo nun die alten hölzernen herausgenominen und die broncenen eingesetzt, jene aber dem Könige geschenkt wurden. So kamen diese berühmten Thüren an die Bartholomäuskirche nach Berlin, während die broncenen Thüren an der Schloßkirche zu Wittenberg mit ihren ehernen 95 Thesen unmittelbar vor der Gruft Luthers und Melanchthons den Eingang der Kirche zieren. Auf dem Platze vor dem Elsterthore, wo Luther die päpstliche Bulle verbrennen ließ, ist eine Eiche gepflanzt, die, jetzt zu einem kräftigen Baume heran-gewachsen, mitten in einem eingezäunten, grünen, mit Blumen geschmückten Platze steht. Auf dem Markte vor dem altehrwürdigen Rathause sind die großartigen Standbilder Luthers und Melanchthons in Ueberlebensgröße, künstlerisch schön in Eisen auS-gesührt in der königlichen Erzgießerei zu Berlin, aufgestellt. Das Haus Melanchthons hat eine Tafel mit der Aufschrift bekommen: „Hier wohnte, lehrte, lebte und starb Melauchthou.“ Das alte Kloster, vormals das Universitätsgebäude, ist zn einer Knaben-Erziehungsanstalt umgewandelt und ausreichend dotiert. In diesem alten Klostergebäude hatte Luther mit seiner Käthe gewohnt. Luthers Studierstube mit dein Katheder und verschiedenen ändern Gegenständen, dir in Beziehung zu Luthers Familie und der Reformation stehen, werden dort wie Heilig-thünier gehalten. In Luthers Wohnzimmer, welches während der Kriegsereignisse 1813 — 14 von den Franzosen als Krankenzimmer benützt worden war, steht noch der alte Kachelofen und in einer Fensternische Luthers und seiner Käthe Sessel. Der Zar Peter der Große hatte in diesem Zimmer seinen Namen mit Kreide über seine Thüre geschrieben, an welcher eine Blechkapsel mit Glasscheibe angebracht ist, und so wurde dieses merkwürdige Facsimile bis auf unsere Tage erhalten. Die Gräber der Angehörigen der Reformatoren auf dem Friedhof vor dem Elsterthore werden gepflegt und erhalten, so weit sie durch die früheren kriegerischen Stürme, die Wittenberg und feine Umgebung furchtbar heimgesucht, und durch die Länge der Zeit früherer Vernachlässigung noch kenntlich geblieben sind." — Die Pest in Rußland. Dem „Bert. Tagblatt" wird aus Petersburg berichtet: „Hinsichtlich der Pest — und diese ist hier die augenblicklich dominierende Tagesfrage — herrscht jetzt eine große Ungewißheit, welche dem Umstande zuzuschreiben ist, daß die Privatnachrichten der verschiedenen Zeitungen mit denen des offiziellen „Regierungs-Anzeigers" durchaus nicht übereinstimmend find. Während die Zeitungen die drohende Gefahr entschieden betonen und beim rechten Namen nennen, ist die Regierung bestrebt, durch abwiegelnde und umschreibende Nachrichten zu beruhige». Die wirkliche Thatsache scheint folgende zu fein: Die Pest hat sich auf neues Gebiet noch nicht erstreckt, aber sie grassiert noch stark in den bereits heimgesuchten Orten. Ferner ist zu erwähnen, daß sich die Regierung für das „Drei-Cordou-Sistem" entscheiden wird. Es soll nämlich das heimgesuchte Areal in folgender Weise von der übrigen Welt abgesperrt werden: Zuerst wird eine Militärkette um das Gebiet des Städtchens Vetljanka (des Entstehungsortes der Pest) gezogen werden, hierauf eine zweite Kette um den Kreis Astrachan, und zuletzt eine dritte Kette um das ganze Gouvernement. Selbst der Postverkehr (Briefe rc.) soll gänzlich eingestellt werden, dafür soll für die ganze Dauer der Sperre für die Einwohner des Gouvernements der Telegraf zu ermäßigtem Preise zugänglich sein." Lokal-undProvinzial-Angelegenheiten. — (Das hiesige Sparkassegebäude) dürfte dem Vernehmen nach schon im Oktober l. I. von dem Beamtenpersonale der Finanz-Bezirks-direction bezogen werden und demnach das gegenwärtige Amtsgebäude am Schnlplatze schon in nächster Zeit unter günstigen Bedingungen zum Verkaufe gelangen. — (Zur Rubrik „Lokalnotizen." Die von Wiener Blättern ans Laibach gebrachte telegrafische Nachricht, daß der Handelskammerpräsident Herr Alexander D r e o in Laibach diese seine Stelle und das Mandat als Landtagsabgeordneter für Krain niedergelegt habe, sind wir als eine müssige Erfindung zu bezeichnen in der Lage. Wir hatten schon wiederholt Anlaß, zu bedauern, daß die Wiener Blätter sehr oft theils unrichtige, theils entstellte Mittheilungen aus Krain enthalten, und daß speziell die „Neue freie Presse" sich Hierlands nicht um verläßliche Berichterstatter umsieht. — (ZurDefrandation beim hiesigen Postamte.) Die zwei wegen Unterschlagung von Amtsgeldern in Untersuchung gezogenen Postbeamten $>.... n nnd G s wurden sofort ihres Amtes enthoben. — (Eine neue Advokaturskanzlei) hat brr bisher auf hiesigem Platze thätig gewesene Advokaturs-Concipient Herr Dr. Franz Papejj in Laibach eröffnet; derselbe wurde in die Liste der Advokaten im Sprengel der krainischen Advokatenkammer eingetragen. — (Beilage.) Dem heutigen „Laibacher Tagblatt" liegt eine Pränumerations- Einladung auf den 27. Jahrgang 1879 der „Gartenlaube" bei. Abonnements übernimmt die hiesige Buchhandlung Kleinmayr & Bamberg. — (Landschaftliches Theater.) G. von Mosers breiartiges Lustspiel „Eine Frau, die in Paris war", ging gestern recht klappend über die Bühne; leider fanden sich nur wenige Getreue im Hause ein, um zu vernehmen, wie es in Paris zugeht. Frau Directrice Ludwig erwarb sich auch gestern als „Witwe von Schönberg" den ersten Preis; vorzüglich spielte Herr Eh rl i ch die mit militärischen Floskeln reich dotierte Rolle des „Major v. Stern." In A. Müllers einactiger Operette „Liebeszauber" exeellierte Frl. Massa (Röschen) und die Herren Arenberg (Peter) und Fried mann (Barbier Kratzer). Elektrisch wirkten die Spässe des Herrn Friedmann; in musikalischer Beziehung stand das Duett „Röschen" und „Peter" und das Terzett „Röschen100 — 6*55 9-34 57 7© 100 — Telegrafischer Kursbericht am 21. Immer. Papier-Rente 61 85. — Silber-Rente 63 25. — Gold-Rente 74 05. — 1860er Staats-Anlehen 113 90. — Bank-aetien 788. — firebitactien 22125. — London 116'75. — Silber 100.—. — K. k. Münzdukateu 5 55. — 20-FrancS-Stücke 9 33. — 100 Reichsmark 57 65. Srnet »•« Jg. ». Kleinmayr & Fed. Samberg. Verleger: Ottemar B« mb erg. Für dieRedaetion verantwortlich: Franz Müller.