Glasbeni simboli: Podobnost med simboli iz pradavnine in med risbami v zgodnjem otroštvu Wolfgang Weinlich Povzetek Delo je posvečeno klasični vzporednosti med slikovnimi najdbami iz kamene dobe in zgodnjimi otroškimi risbami. Je danes to sploh mogoče? Prazgodovinski začetek slikovnih sporočil je glede na novejše raziskave verjetno starejši, kot smo mislili do zdaj. Prvi del članka se nekoliko bolj posveča tem najdbam in interpretaciji le-teh. V iskanju morebitnega teoretičnega konteksta k omenjeni vzporednosti so v članku komentirana izrazna semiotika Arna Sternsa in evolucijska prizadevanja Irenausa Eibl-Eibesfeldtsa. Najdena je bila šele v razlagah Ikonologija jezika Susane Petrillis. Pri hkratni zavrnitvi sumljivega biologizma predstavlja članek nekakšno hermenevtiko, ki še vedno dopušča klasični paralelizem, vendar le kot afirmacijo samega začetka, postavitve in avtonomije človeške likovne govorice. Ključne besede: • likovna umetnost • osnovna šola • likovni jezik • izrazna semiotika • otroške risbe • Naslov avtorja: mag. DDr. Wolfgang Weinlich, profesor, Pedagoška univerza Dunaj, Grenzackerstraße 18, 1100 Dunaj, Avstrija, e-pošta: wolfgang.weinlich@phwien.ac.at. Vol. 10, No. 2-3, pp. 275-288, September 2017 Musikalische Symbole: Ähnlichkeiten zwischen Symbolen aus der Altsteinzeit und frühen kindlichen Bildzeichen Wolfgang Weinlich Zusammenfassung Die Arbeit ist dem klassischen Parallelismus von steinzeitlichen Bildfunden und frühen Kinderzeichnungen gewidmet. Ist ein solcher heute noch möglich? Der prähistorische Anfang von Bildsprache dürfte neuesten Forschungen zufolge länger zurückliegen als bisher angenommen. Der erste Teil der Arbeit widmet sich hierzu etwas ausführlicher den Funden und Interpretationen. Auf der Suche nach einem möglichen theoretischen Kontext für besagten Parallelismus kommentiert die Arbeit sodann die Ausdruckssemiologie Arno Sterns und die evolutionstheoretischen Anstrengungen Irenäus Eibl-Eibesfeldts. Fündig wird sie allerdings erst bei den Ausführungen Susan Petrillis zur Ikonizität von Sprache. Bei gleichzeitiger Zurückweisung verfänglicher Biologismen bietet die Arbeit so eine Hermeneutik, die jenen klassischen Parallelismus immer noch ermöglicht, jedoch nur als emphatische Affirmation von Anfang, Setzung und Autonomie menschlicher Bildsprache. Schlüsselwörter: • Kunstunterricht • Primarstufe • Bildsprache • Ausdruckssemiologie • Kinderzeichnungen • Über den Autor: Mag. DDr. Prof. Wolfgang Weinlich, Pädagogische Hochschule Wien, Grenzackerstraße 18, 1100 Wien, Österreich, e-mail: wolfgang.weinlich@phwien.ac.at. Einleitung Persönliche Bildsprachen von Anfang an zu begleiten, ist ein hohes Ziel der Kunstdidaktik der Primarstufe, das nicht von allen Lernenden erreicht wird. Vielleicht besteht ein wesentliches Moment gerade darin, gewünschte Entwicklungen weder zu verhindern oder gar zu blockieren, noch zu forcieren. Für die Primarstufe wünschen wir uns, dass grundlegende und zugleich eigenständige ästhetische Erfahrungen gemacht werden. Denn, nur eigenständige oder zumindest von den Lernenden persönlich intensiv nachvollzogene Erfahrungen sind wertvoll. Von den Lehrenden kann in diesem Sinne gefordert werden, beispielsweise zwischen emotional motivierten Verweigerungen und Minderleistungen zu unterscheiden, die bestimmten Entwicklungsbedürfnissen geschuldet sind. Die Arbeit versucht in diesem Sinne ein Gefühl für urwüchsige Entwicklung zu gewinnen und widmet sich deshalb der Frage nach dem Ursprung von Bildsprache. Sie testet dabei eine mögliche Parallelisierung des frühen Symbolismus der mittleren Altsteinzeit mit Kinderzeichnungen des Kritzel- wie auch des Symbolstadiums aus, bestimmt aber auch kritisch die Art und Weise dieser Analogsetzung. Die Arbeit geht von der Annahme April Nowells und Anderer aus, dass eine für uns heute kaum entschlüsselbare Bildsprache bereits vor Beginn der jüngeren Altsteinzeit vorliegt. Für diesen ,Anfang der Sprache' sprechen archäologische Funde, die Nowell und Kollegen als nicht an bestimmte Zwecke gebundene jedoch von Hominiden hergestellte Gegenstände interpretieren; Figuretten vielleicht, Gegenstände jedenfalls von rein symbolischer Bedeutung (s. Kapitel 3) (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 1-70). Die Arbeit fragt nun im Speziellen, inwiefern diese Rekonstruktion einer altsteinzeitlichen Bildsprache mit Kinderzeichnungen in Verbindung zu bringen wäre. Eine erste Möglichkeit könnte dabei Arno Sterns Theorie von der Formulation bzw. dessen Ausdruckssemiologie darstellen (Kapitel 4.1); ebenfalls vielversprechend scheint auf den ersten Blick Irenäus Eibl-Eibesfeldts Weltsprache Kunst zu sein (Kapitel 4.2). Tatsächlich fündig jedoch wird die Arbeit erst bei der Theoretisierung der Ikonizität von Sprache überhaupt (Kapitel 4.3). Zur Veranschaulichung vergleicht die Arbeit die altsteinzeitlichen Funde mit frühen Kinderzeichnungen (Kapitel 5). Die Konsequenzen für Kunstpädagogik und -didaktik der Primarstufe sollen schließlich als Ausblick dargestellt werden (s. Kapitel 6). Musikalische Symbole Die schon erwähnte neue Interpretation archäologischer Funde fordert die bisherige Theoriebildung in der Prähistorie heraus. Ruhlen beispielsweise hatte angenommen, dass Sprache erst mit dem Auftreten von Anatomically Modern Humans (AMHs), also Menschen mit heutigen anatomischen Voraussetzungen, in Europa vor etwa 40.000 Jahren einsetzt. Die Neandertaler Europas und des Mittleren Ostens hätten demnach entweder keine Sprache besessen oder lediglich Formen von Kommunikation, die für die spätere Entwicklung der Sprachen keine Bedeutung haben. Mit dem Auftreten der AMHs setzte, Ruhlen zufolge, dann kurz nach Beginn der jüngeren Altsteinzeit eine symbolische Revolution ein, die an den archäologischen Funden ablesbar wäre. (vgl. Ruhlen, 1996, 1994) Abgesehen davon, dass diese Theoriebildung auf einem Gerüst sich gegenseitig abstützender schwer zu belegender Hypothesen beruht, wie etwa der Annahme einer Ursprache, gibt es auch neuere Funde, die sich als Beleg für symbolisches Denken zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt deuten lassen. Neandertaler etwa benutzten aus Knochen und Steine gefertigte Schmuckgegenstände. Des Weiteren legen bestimmte Funde, wie etwa Grabstätten, insgesamt eine große Ähnlichkeit im Verhalten von Neandertalern und AMHs nahe, sodass auch kaum von dramatischen Unterschieden die kognitiven Kapazitäten betreffend ausgegangen werden kann. Funde in Afrika, die mindestens 200.000 Jahre alt sind, belegen außerdem die Verwendung von mehr als 100 unterschiedlichen Farbpigmenten. Die entsprechenden Mineralien konnten von den Hominiden nur an einem mehrere Kilometer von ihrem eigentlichen Aufenthaltsort entfernten Ort abgebaut worden sein. Alleine die Anzahl der Farben, die daraus offenbar gewonnen wurde, widerspricht einer rein zweckorientierten Verwendung. Der wichtigste Fund, der ein frühes symbolisches Denken belegen kann, jedoch ist eine große Anzahl (mehr als 8000) von mit abstrakten Mustern gravierten Steinen und Knochen; gefunden in Südafrika und datiert etwa um 75.000 v. Chr. (s. Abb. 1). (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 2ff). Evidence, 5.) Ältere Funde sind in ihrer Interpretation schwieriger und somit auch weniger eindeutig. Wenn um 75.000 v. Chr. jedoch eine regelrechte Industrie nachgewiesen werden kann, ist eine frühere Entwicklung symbolischer Praxis sehr wahrscheinlich (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 1f). Aus dem Mittleren Osten existieren etwa Funde von in ähnlicher Weise gravierten Steinen (s. Abb. 2), deren Datierung einen großen Zeitraum zwischen etwa 230.000 und 100.000 v. Chr. umspannt. Die Bearbeitung bzw. Herstellung durch Hominiden ist zwar nicht gesichert, scheint aber die wahrscheinlichste Erklärung zu sein. Noch schwieriger ist die Rekonstruktion der Bedeutung der Gravuren. Eine mögliche Deutung wäre, dass es sich bei diesen Steinen um weibliche Figuretten handle (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 20f). Abb. 2: Gravierte Steine, gefunden im Mittleren Osten und datiert um 230.000 v. Chr. (a) bzw. um 100.000 v. Chr. (b) (Quelle: d'Errico et al., Evidence, 21.) Es wird allgemein angenommen, dass die Fähigkeit, bestimmte Konzepte symbolisch darzustellen und außerhalb des Gehirns zu speichern bzw. zu memorieren, einen wichtigen evolutionären Schritt in der Entwicklung humaner Kognition darstellt (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 31f). Parallel zur Entwicklung symbolischer Praxis ereignet sich aber evolutionär interessanter Weise auch die Entstehung der Musik. Relativ unumstritten stehen hierfür die Funde von Knochenflöten, die etwa um 40.000 v. Chr. datiert werden. Auch hier vertreten Nowell und Andere jedoch eine Interpretation von älteren Funden als Knochenflöten, die mindestens ein ähnliches Alter wie die genannte industrielle Gravur der in Südafrika gefundenen Knochen und Steine haben (vgl. d'Errico et al, 2003, S. 36-48). Dass jene abstrakten Gravuren eine symbolische Bedeutung speichern, bzw. von einer symbolischen Verwendung zeugen, erscheint der vorliegenden Arbeit als die wahrscheinlichste Erklärung ihrer Existenz. Die Arbeit stellt darüber hinaus fest, dass die Musik eine in hohem Maße abstrakte Kunstform ist. Weil es sich bis dato als unmöglich erweist, eine sichere Deutung für die abstrakten Muster zu finden, erlaubt sich der Autor in dieser Arbeit für - angesichts der ähnlichen Entwicklung der Musik - die Bezeichnung musikalische Symbole einzuführen. Diese Bezeichnung behauptet nicht, einer tatsächlichen prähistorischen Bedeutung nahezukommen, sondern integriert bereits den hermeneutischen Horizont, den wir Heutige für jede Deutung auch immer mitbringen müssen. Die Sinnhaftigkeit dieser Bezeichnung soll insbesondere in Kapitel 4.3 anschaulich werden. Theoretische Kontexte Ausdruckssemiologie Eine erste theoretische Einordnung der hier beschriebenen Phänomene scheint mit Arno Sterns Ausdruckssemiologie möglich. Stern spricht dabei von der Formulation als einer nicht durch Erwartung, Belehrung usw. eingeschränkten und beeinflussten, also freien, bildlichen Ausdrucksweise. Zu ihrer Entfaltung benötigt die Formulation einen entsprechenden Freiraum, den Stern den Malort nennt. Die Entfaltung der Formulation ereignet sich als Malspiel, und eben nicht als eine durch Vorgaben bestimmte Lösung von Aufgaben. Die Formulation ist keineswegs auf Kinder beschränkt und setzt auch nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt im Laufe eines Lebens ein. Es ist also wichtig, Kinder nicht zur Formulation anzuleiten. Ihrem Begriff nach ist Formulation ohnehin nicht lehrbar oder durch äußere Zwänge anzustoßen. In einem pädagogischen Zusammenhang käme den Betreuungspersonen vielmehr lediglich die Rolle zu, den Malort bereitzustellen und die Formulierenden zu unterstützen. Die Formulation an sich hat auch keine Vermittlerfunktion irgendwelcher Inhalte; die Betreuungspersonen dürfen daher nicht als Adressaten der Formulation in Erscheinung treten (Stern, o. J.). Stern hat im Laufe seiner langjährigen Arbeit eine umfangreiche auf ausgedehnten Reisen zusammengestellte Sammlung von bildlichen Ausdrücken angelegt, die vorrangig von abseits urbaner Zentren lebenden indigenen Bevölkerungsgruppen stammen. Ausdruckssemiologie meint die wissenschaftliche Erforschung dieser bildlichen Ausdrücke, die interdisziplinär, also nach biologischen, psychologischen, anthropologischen, historischen usw. Gesichtspunkten, erfolgen soll. Im Zuge dieser Forschung ist Stern zur Überzeugung gelangt, dass die Ähnlichkeit des bildlichen Ausdrucks in der Formulation auf eine organische Erinnerung schließen lässt, d.h. also, dass eine sich frei entfaltende Bildsprache auf eine genetische Grundlage rekurriert (Stern, o. J.). Im Zusammenhang der vorliegenden Arbeit muss aber festgestellt werden, dass die unbestreitbar vorhandene Ähnlichkeit sich hauptsächlich im Bereich des Gegenständlichen manifestiert (Stern, o. J.). So gesehen wäre die abstrakte Symbolik der mittleren Altsteinzeit also tatsächlich mit der Kritzelphase im Kleinkindalter vergleichbar. Vor allem die genetische Fixierung in Sterns Theoriebildung erscheint jedoch problematisch. Zunächst handelt es sich hierbei nämlich um eine sehr weitreichende Hypothese, die von der gegenständlichen Formulation abgeleitet ist und sich aus der abstrakten Formulation als solcher nicht ableiten lässt. Die Hypothese von der organischen Erinnerung neigt zudem wohl eher dazu, die altsteinzeitliche abstrakte Symbolik abzuwerten, als dazu, die frühkindliche Bildproduktion aufzuwerten. Beides wird zu einer Früh- oder Vorform einer prinzipiell unterstellten Entwicklung. Die Hypothetisierung einer altsteinzeitlichen abstrakten Symbolik ergibt jedoch nur Sinn, wenn zugleich eine funktionierende symbolische gesellschaftliche Praxis unterstellt wird. Die Produktion der frühkindlichen Kritzelphase jedenfalls erfüllt sicherlich keine vergleichbare Funktion. Weltsprache Kunst Irenäus Eibl-Eibesfeldt hat sich angetrieben durch seine Kenntnisse in der zoologischen Verhaltensforschung jahrzehntelang mit der Natur- und Kulturgeschichte menschlicher Bildsprache beschäftigt. Seine Theoriebildung ist so daher um einiges differenzierter als die Arno Sterns. Die genetische Veranlagung des Menschen sieht Eibl-Eibesfeldt vor allem als für das Moment der Adaption wesentlich an, d.h. der Erfolg des Homo Sapiens beruht primär auf seiner genetisch grundgelegten Fähigkeit zur Anpassung. In diesem Sinne ist die menschliche Bildsprache immer sowohl naturgeschichtlich als auch kulturgeschichtlich bedingt, da die biologisch bedingten Voraussetzungen immer im Raum bestimmter Notwendigkeiten angepasst werden. Eine reine Formulation im Sinne Arno Sterns kann es folglich nicht geben. Im Sinne Eibl-Eibesfeldt erscheint es des Weiteren auch fraglich, ob ein Freiraum überhaupt geschaffen werden muss, da sich die biologischen Voraussetzungen der Bildsprache selbstverständlich immer in der jeweiligen kulturellen Formung spiegeln. Die biologischen Voraussetzungen umfassen im Wesentlichen bestimmte ästhetische Ideale, nicht nur das menschliche Gesicht oder die menschlichen Körperproportionen betreffend. An Säuglingen etwa lässt sich beobachten, dass eine unscharfe Wahrnehmung von Linien Unlust erzeugt. Klarheit und Einfachheit der Symbolik, so schließt Eibl-Eibesfeldt, gehöre deshalb mit zu jenen biologisch grundgelegten Idealen. Diese Theorienbildung basiert auf der Annahme, dass die menschliche Bildsprache per se dem Zweck der Vermittlung von Normen und Werten dient. Im Verlust dieser Funktion sieht Eibl-Eibesfeldt dann übrigens auch den Grund für eine gewisse Verengung der Bildsprache in der modernen Kunst (Eibesfeldt & Sütterlin, 2008). Im Zusammenhang unserer Fragestellung gilt auch für Eibl-Eibesfeldts Theoriebildung, dass sie primär im Bereich des Gegenständlichen angesiedelt ist. Im Unterschied zu Stern, der eine Vermittlerfunktion der Formulation ablehnt (Kapitel 4.1), erfasst Eibl-Eibesfeldt Bildsprache bzw. Symbolik immerhin im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verortung. Von daher wäre eine Brücke zur prähistorischen Forschung auch eher zu schlagen. Die älteste gesicherte humanoide Symbolik bzw. Bildsprache (s. S. 3) ist jedoch weder von Klarheit noch Simplizität geprägt. Sie mag zur Altsteinzeit durch eine gewisse Universalität charakterisiert gewesen sein, für den Menschen der Gegenwart ist sie schlicht unverständlich. Folglich ist es auch kaum möglich, sie einer Weltsprache Kunst zuzuordnen. Problematisch wird Eibl-Eibesfeldts Theorie dort, wo sie einer Vorstellung von Degenerierung das Wort redet, etwa im Zusammenhang der modernen Kunst. Die Hypothetisierung einer genetischen Grundlage der Ästhetik dürfte im Urteil der vorliegenden Arbeit jedoch niemals eine derartige Sicherheit in ihrer Aussageweise annehmen, die eine Wertung von Bildproduktion fast notwendig nach sich zieht, weder in Bezug auf moderne Kunst, noch in Bezug auf altsteinzeitliche Symbolik oder Kinderzeichnungen. Hierin gewissermaßen folgt die Argumentation der Arbeit dann also doch eher Stern. Ikonizität Vom evolutionstheoretischen Standpunkt aus gesehen ist es sicherlich verführerisch, Ähnlichkeiten zwischen prähistorischer Symbolik und frühkindlicher Zeichnung zu sehen. Wie sich herausgestellt hat bleiben hierbei aber allzu viele Fragen offen, wobei deren kurzschlüssige Beantwortung auch in ein problematisches Werten münden kann. Wenn wir nun einen Schritt zurückgehen und von der Vorstellung einer genetisch grundgelegten Idealität in der Ästhetik absehen, so bleibt die Tatsache des Anfangs, der Umstand, dass sowohl der altsteinzeitliche Symbolismus als auch die frühkindliche Bildproduktion den Beginn einer Bildsprache markieren, eine Setzung, wenn man so will. Unter den vielen Theorien über die Entstehung der Sprache gibt es auch jene, die auf die Bedeutung der Ikonizität des sprachlichen Zeichens hinweisen. Susan Petrilli etwa sieht den Ursprung der Sprache weniger im symbolischen System als vielmehr in der Geste. Gestische Sprachen für Taubstumme sind ja auch Sprachen, die immer noch fortwährend und relativ ad hoc geschaffen werden. Ikonizität spielt bei diesen Sprachen eine große Rolle. Die Ikonizität eines sprachlichen Zeichens meint die direkte Abbildung des Bezeichneten im Bezeichnenden. Offensichtlich gibt es sprachliche Zeichen, die als ikonisch schlechthin verstanden werden können, wie etwa Miau (Petrilli, 2010). Andererseits lässt sich auch eine prinzipielle Ikonizität von Sprache hypothetisieren, die insbesondere bei der Neuschaffung von Sprachen bzw. sprachlichen Zeichen zum Tragen kommt und die menschliche Fähigkeit bezeichnet, neue Wahrheiten zu finden und in Sprache zu setzen. Ikonizität meint in diesem Sinne dann Ursprünglichkeit im Bezeichnungsprozess (vgl. Petrilli, 2010, S.130). Eben diesen Weg geht Petrilli. Sprachphilosophisch bezieht sie sich hierbei auf Peirce, was wiederum eine Alternative zur strukturalistischen Theoriebildung darstellt, - dies würde hier aber zu weit führen. In unserem Zusammenhang entscheidend ist die Bedeutung von Setzung und Anfang für Sprache überhaupt. Die frühkindliche Kritzelphase wird im Alter von 2-3 Jahren verortet (vgl. Kerschensteiner, 1905); das Symbolstadium im Alter von 3-4 Jahren. Die Idee einer Parallelisierung von Kinderzeichnungen und Prähistorie ist relativ alt und wurde etwa von Siegfried Levinstein um die Wende zum 20. Jh. vorexerziert. Die Forschung dürfte heute etwas bescheidener geworden sein; man scheint sich eher damit zu begnügen, die Entwicklung der Kinderzeichnungen mit der Entwicklung von Kognition und Motorik in Verbindung zu bringen. Auch von hieraus erklärt sich übrigens die teilweise allerdings verblüffende Universalität mancher Aspekte in der Entwicklung von Kinderzeichnungen, wie jene der Ordnung und Wiederholung. Die Bildproduktion der Kritzelphase zielt nicht auf die gegenständliche oder symbolische Darstellung von Wahrgenommenem, sondern entspricht eher einer Spur der motorischen Bewegung. Die Kritzelphase ist geprägt von einem immensen Forschungsdrang, angefangen von der Erprobung der Stifte und der verschiedenen Möglichkeiten dieser Instrumente überhaupt habhaft zu werden, sie festzuhalten usw. Die verschiedenen Stricharten werden zunächst auch nicht wiederholt und schon gar nicht systematisiert. Dennoch genießt das Kind die Entscheidungsfreiheit und Autonomie seiner Bildproduktion. Auf der kognitiven Ebene entspricht die Entfaltung seiner Fähigkeiten hier in etwa dem ersten Plappern. Nur langsam gewinnt der Formimpuls prägenden Einfluss. Letzteres ist auch von der Entwicklung motorischer Fertigkeiten abhängig, etwa der Fähigkeit, das Zeichnen zu unterbrechen und wiederaufzunehmen. Mit dem Formimpuls kommt es dann auch zur Wiederholung, wobei die Formen des Kreises, des Ovals, des Viereckes und des Kreuzes überwiegen. Immer noch handelt es sich hier jedoch nicht um symbolische Abbildungen. Die Symbolphase wird nun dadurch eingeleitet, dass das Kind seiner Bildproduktion im Nachhinein unterschiedliche Bedeutungen zuordnet. Der Kreis etwa, der motorisch eine besonders leicht zu bewerkstelligende Form darstellt, kann hierbei die unterschiedlichsten Bedeutungen annehmen, er kann Mama darstellen, den Hund des Nachbarn und Vieles mehr. Auch die Darstellung der sog. Kopffüßler beginnt in dieser Phase, jener Menschendarstellungen also, bei der die Extremitäten als Linien direkt am Kopf ansetzen. Möglicherweise geht der Kopffüßler auf die frühkindliche Selbsterfahrung im Kinderwagen bzw. in der Kinderkrippe zurück. Das Bemühen, die Menschendarstellung zu verfeinern, beendet dann die Symbolphase. Insgesamt bildet die Dialektik von Neugierde und Langeweile den wesentlichen und überaus effektiven Motor der gesamten Entwicklung (vgl. Bareis, 2008 und Aissen-Crewett, 1988). Die universalen Aspekte besagter Entwicklung erklären sich also auch schlüssig aus der Entwicklung von Motorik und Kognition des Kleinkindes. Ein evolutionstheoretischer oder genetischer Erklärungsansatz ist daher nicht nötig. Wie gesagt bleibt das Ereignis des Anfangs. Die Freude und Lust des Kleinkindes daran, autonom seine motorischen Kapazitäten auszutesten und zu erweitern und seiner Bildproduktion symbolische Bedeutungen zuzuordnen, lassen sich in diesem Sinn mit der Würde und Bedeutung des Anfangs der menschlichen Bildsprache überhaupt vergleichen und gegenüberstellen. Wie ähnlich sich rudimentäre Striche und Kreise selbstverständlich auch sind; derjenige, der sie auszuführen lernt, findet neue Wahrheiten und setzt diese in Sprache (s. oben). Eine materiale Parallelisierung - im Sinne von Evolutionstheorie oder Genetik - ist nur unter der Voraussetzung gewagter Hypothesenbildung möglich, die, wie wir gesehen haben, weder alle Aspekte des empirischen Befundes abdeckt, noch ohne Gefahren der Idealisierung bzw. Wertung bleibt. Kunstpädagogen und Kunstpädagoginnen jedoch stehen per se Beidem außerhalb, sowohl der Entwicklung des Kindes als auch dem Beginn menschlicher Bildsprache in der Altsteinzeit; sie können sich Beidem daher nur anhand einer impliziten oder bewussten Hermeneutik nähern. Die Entwicklung frühkindlicher Bildproduktion mit dem Beginn von Bildsprache zu verknüpfen, könnte in diesem Sinn eine Hermeneutik darstellen, die das kindliche Kritzeln, Zeichnen und Malen von vorneherein in die Würde der Hominisation, der Menschwerdung, stellt, anstatt es etwa lediglich als notwendige Folge bestimmter motorischer bzw. gehirnphysiologischer Gegebenheiten zu werten. Eben diese Hermeneutik lässt uns sowohl altsteinzeitliche Symbolik als auch frühkindliche Bildproduktion dann als musikalische Symbole bezeichnen. Denn wie die Musik sind jene in ihrer Abstraktheit zunächst völlig frei; ihre Würde entfaltet sich in der bloßen Setzung, in der Behauptung von Bedeutung gewissermaßen und völlig unabhängig davon, ob wir sie nun verstehen bzw. nachvollziehen können oder nicht. Kritzeleien: ein Vergleich Im Folgenden Kapitel wollen wir zur Veranschaulichung einen konkreten Vergleich altsteinzeitlicher Symbolik mit frühen Kinderzeichnungen wagen. Das bisher Gesagte deutet eine subjektive, ja nahezu willkürliche Hermeneutik an. Sie bleibt der Materie außerhalb und sie ist sich dessen bewusst. Der steinzeitlichen Materie muss allerdings auch jede Betrachtung außerhalb bleiben, da sich deren tatsächlicher Sinn uns schlicht entzieht. Insbesondere für die Kunstpädagogik könnte eine dezidierte Außensicht nun gerade aber auch Respekt bedeuten. Die Subjektivität ist in unserer Interpretation mithin insofern wieder etwas zurückgenommen, als dass sie den Kindern gegenüber auch nicht mehr als eine dezidierte Außenperspektive einnimmt. Die Kinderzeichnung in Abb. 3 stammt von einem Jungen im Alter von 5,8 Jahren. Er selbst nennt die Zeichnung Muster und Künstlerbild (vgl. Balakrishnan et al, 2012). Letzteres kann vieles bedeuten. Nennen wir das in Abb.1 in Roteisenstein Geritzte nun ebenfalls ein Muster! Beide Kritzeleien verkörpern mithin eine stark ordnende Geste. Die Frage ist müßig, inwiefern sich der Sprecher (Zeichner/Ritzer) dabei in eine vorgegebene Ordnung einfügt. Eine Haltung, die den Kreis (Abb. 3) oder das Dreieck (Abb. 1) als genetisch vorgeschriebene Ordnung auffasst, muss jedenfalls dahin tendieren, die Lust an der Setzung zu verkennen. Kreis und Dreieck sind Entdeckung, werden nun aber zum Statement der Beherrschung. Dreiecke (s. Abb. 1) stehen fest und sicher, im altsteinzeitlichen Muster auch ohne Hypotenuse. Was auch immer sie hier präsentieren, -Figuren, Besitztümer, vollbrachte Handlungen, - sie werden zählbar, stehen nebeneinander, sind vergleichbar geworden und einander doch nur ähnlich. Mit nur wenigen zusätzlichen Strichen und mit der dichten Verschränkung der Dreiecke ineinander entfaltet sich ein Spiel, in dem die Dreiecke sich aufspalten und immer neue Dreiecke entstehen, bis das Spiel schließlich abreißt, weil das Muster zu einem Abschluss gekommen ist; alle Entscheidungen sind nun getroffen und die Kreation ist vollbracht. Auch die Kinderzeichnung verkörpert die Entdeckung einer Form, nämlich die des Kreises, und auch hier wird deren Wiederholung zu einem Statement der Beherrschung. Auch hier werden die Kreise zählbar, und auch hier bleiben - wie im altsteinzeitlichen Muster - manche Flächen offener, während andere ganz vom Spiel der Wiederholung verbraucht sind. Wie im altsteinzeitlichen Muster wird die Form vielfach variiert, insbesondere durch die Verschränkung der Kreise ineinander. Und auch hier triumphiert die Form gerade in diesem Spiel der Variation. Ahnlich wie im steinzeitlichen Muster ist das Muster schließlich gerahmt. Der Bereich von Kreation und Beherrschung wird damit abgesteckt; das Muster an sich ist so zu einem Symbol der beherrschten und definierten Welt geworden. Ausblick Die Konsequenzen des Gesagten für den Kunstunterricht der Primarstufe ähneln nun doch sehr den Vorschlägen Arno Sterns (s. 4.1). Wir gehen dabei davon aus, dass die Lernenden gewisse Defizite aus ihren Kritzel- und Symbolstadien in die Schule mitbringen, weil sie im Elternhaus oder im Kindergarten wahrscheinlich sehr oft nicht die Unterstützung gefunden haben, die sie zur entsprechenden Herausbildung von Kreativität und Selbstbewusstsein benötigen. Der Kunstunterricht könnte hier Abhilfe schaffen, indem er einen Freiraum einrichtet, der insbesondere auch eine Freiheit von der Abbildungsfunktion für die kindlichen Werke impliziert. Entscheidend wäre demgegenüber die Lust an der autonomen Setzung von Bildzeichen zu betonen bzw. zu vermitteln. Anders als Stern glauben wir nicht, dass sich ein bildliches Formulieren ganz ohne kulturelle Vorgaben, gewissermaßen direkt genetisch bedingt, einstellen kann. Wir gehen vielmehr davon aus, dass im Alter der Primarstufe von vorneherein ein bestimmter Druck vorhanden ist, die Abbildungsqualität des bildnerischen Werkes nach Möglichkeit zu perfektionieren. Für die Fachdidaktik stellt sich somit die nicht zu unterschätzende Herausforderung, Angebote und Anreize anzubieten, die diesem Druck ausreichend starke Alternativen entgegensetzen können, ohne die Autonomie und Eigenständigkeit der Setzung zu gefährden. Musical Symbols: Similarities between Symbols from Stone Age and Early Child's Drawings Summary Recently, the so called symbolic revolution has been dated back to about 200 000 BC Older models had assumed the occurrence of language to depend on the presence of Anatomically Modern Humans (AMHs) which sets in with the Upper Palaeolithic about 40 000 years ago. Archaeological findings in South Africa dating back to 75 000 BC, however, show an almost industrial production of stones and bones with carved patterns (see Fig. 1) allowing only for a symbolic interpretation. Similar findings in the Middle East date back to 200 000 BC (see Fig. 2). Furthermore, Neanderthals as well show capacities of symbolism with jewellery and graves. In parallel to the ability of abstract symbolic representation, hominids discovered music. According to broad consensus, findings clearly identified as bone-flutes date back to 40 000 BC. Again, musical instruments as well may be seen in older findings (d'Errico et al., 2003, pp. 1 -70). Can the classical parallelism of prehistoric image-production and early childhood drawings still be of value for us in a context of art education? Evolutionary theorists are pointing to the stability of certain ideals of form and colour across cultures. Arno Stern's Semiology of Expression builds on a broad ethnological collection personally gathered on travels around the globe. It's a practitioner's point of view he takes on in an attempt to make room for the autonomous visual and sculptural expression of children and adults alike. (Stern, no date) In our opinion, it would not be necessary to affirm a strict genetic biologism alongside with this. Thus, of course, a bridge between Stone Age and early stages of human life is created. In philosophical terms more elaborated, Irenaus Eibl-Eibesfeldt's theory (Eibesfeldt & Sutterlin, 2008, pp. 107-110) clearly though turns to shady forms of judgment when, for instance, declaring simplicity and clarity to evolutionary aesthetic ideals; none of the two can be observed with the said archaeological findings (see Fig. 1 & 2), at least. Drawing from Peirce and others, Susan Petrilli (2010) discloses iconicity as one of the basic dimensions of language, especially virulent when new terms are formed, and when language is created. At the point of its creation, symbolic representation may be gesture as much as it is arbitrary. Something is discovered and brought to common knowledge and communication. From earliest age on children find pleasure with autonomous visual and sculptural design. The drive for discovery moves them on to ever new materials, forms, and colours. However, there as well is a gesture of initiating order with the drawings of children, a sticking with favourites, an embodiment of the pleasure of actually having found something. Against this background, the paper compares the archaeological findings (see Fig. 1) with a drawing of a 5-year old boy (see Fig. 3). Be it triangles (see Fig. 1) or circles (see Fig. 3), in a game of repetition and variation, both drawings embody a gesture of creating and mastering order. In our opinion, it is pointless to point out the evolutionary roles of circle or triangle. Instead, the hermeneutics the paper suggests respect both drawings in their musical abstractness - as an initial symbolic creation of the world. Thus, without biologism, the parallelism of stone-age imagery and children's drawings is still valid as an affirmation and celebration of beginnings. Quellenverzeichnis / References: Aissen-Crewett, Meike (1988). Kinderzeichnungen verstehen: Von der Kritzelphase bis zum Grundschulalter. München: Don Bosco Balakrishnan, Rita, Heike Drexler & Elfriede Billmann-Mahecha (2012). Rekonstruktion der kommunikativen Bedeutung von Kinderzeichnungen: Typen kindlicher Bildproduktion. in: Journal für Psychologie Jg. 20 Ausgabe 3. Retrieved from https://wwwjournal-fuer-psychologie.de/index.php/jfp/article/view/237/282 [zuletzt aufgerufen am 7.8.2017] Bareis, Alfred (2008). Vom Kritzeln zum Zeichnen und Malen: Bildnerisches Gestalten mit Kindern: 1. Klasse/Vorschule. Donauwörth: Auer. Eibl-Eibesfeldt, Irenäus (2012). Turning Points in Evolution: Ethological Perspectives on Hominization (S. 52-86) in: Matthias Wolff und Mark Gardener (Hrsg.): The Role of Science for Conservation. London and New York, NY: Routledge. Eibl-Eibesfeldt, Irenäus und Christa Sütterlin (2008). Weltsprache Kunst: Zur Natur- und Kunstgeschichte bildlicher Kommunikation. Wien: Brandstätter. d'Errico, Francesco, Christopher Henshilwood, Graeme Lawson, Marian Vanhaeren, Anne-Marie Tillier, Marie Soressi, Frédérique Bresson, Bruno Maureille, April Nowell, Joseba Lakarra, Lucinda Backwell & Michèle Julien (2003). Archaeological Evidence for the Emergence of Language, Symbolism, and Music: An Alternative Multidisciplinary Perspective (S. 1-70) in: Journal of World Prehistory 17:1. Kerschensteiner, G. (1905). Die Entwicklung der zeichnerischen Begabung. München Petrilli, Susan (2010). Sign Crossroads in Global Perspective: Semioethics and Responsibility. New Brunswick, NJ: Transaction Publishers. Ruhlen, Merritt (1994). On the Origin of Languages: Tracing the Evolution of the Mother Tongue. Palo Alto, CA: Stanford University Press. Ruhlen, Merritt (1996). On the Origin of Languages: Studies in Linguistic Taxonomy. New York, NY: Wiley. Siegfried, Walter und Irenäus Eibl-Eibesfeldt (1985). Grenzgängergespräche: Kunst und die Biologie des Verhalten (S. 107-110) in: Du: die Zeitschrift der Kultur 45:11. Stern, Arno: Arno Stern Official Web Site (o.J.) Formulation, Closlieu, Jeu de Peindre, Malspiel, Malort: Atelier de Peinture, enfants, adultes. Retrieved from: https://www.arnostern.com/ [zuletzt aufgerufen am 5.8.2017]. Stern, Arno (2008). Der Malort. Einsiedeln: Daimon.