Bezugspreis ganzjährig mit Poifzuiemhmg 25 K — 4 [Uh. — 3 hire. Ericfieint monatlich und wird vom ffliiiionshaus ÜMiendorl bei Sraz, Steiermark, herausgegeben. Redigiert von P. Beinrich Wohnhoas F. 8. C. Katholische ülissionszeifschrifh Cer Beilige Vater Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Meilen geieien. Mit Empfehlung der hodiwürdigiten Oberhirten von Brixen, Brünn, Graz, heitmeritz, hinz Oimütz, Marburg, Crienf, Crieit und Wien. Best 9 und 10. September-Oktober 1921. XXIV. 3cihrgang. Eine Kafholikenversammlimg im SchiHuklande. |l°°°l| ll°°°ll von P. Ioiei Hngerer, hui. |l°°°l[ In der März-April-Nummer Haben wir kurz mitgeteilt, daß unsere Schilluk-christen im Noveinber des Vorjahres eine Generalversammlung abhielten, um in gemeinsamer Beratung die Stellungnahme zu bestimmen, die alle Getauften gegenüber den heidnischen Stammessitten in Zukunft beobachten sollten. Wir veröffentlichen im folgenden einen ausführlichen Bericht über den Verlauf und das Ergebnis der gepflogenen Besprechungen, aus denen ersichtlich ist, welch tiefe Wurzeln die Lehren der Kreuzesreligion in den Herzen dieser Neuchristen geschlagen haben. Um dm europäischen Leser mit dem hoch-klingenden Titel „Katholikenversammlung" nicht zu täuschen, will ich gleich im vorhinein bemerken, daß in unserer jungen afrikanischen Mission von glänzenden Massenversammlungen, wie sie in der deutschen Heimat bei Abhaltung von Katholikentagen veranstaltet werden, nicht die Rede sein kann. Es handelte sich bei unserer Tagung in L u l um eine bescheidene Vollversammlung unserer schwarzen Neubekehrten, zur Erörterung aller Fragen, die für die Weiterentwicklung der Mission von Bedeutung sind. Den wichtigsten Verhandlungsgegenstand bildete die furchtbare Unsitte der Blutrache. Sie ist ja ein Grundgesetz des Heidentums. Das Blutrecht der Rache fordert auch im Schilluklande viele Opfer. Lange Zeit hindurch bestand beispielsweise in der Gegend von Lul ein gespanntes Verhältnis zwischen zwei Nachbardistrikten, das bei der geringsten Veranlassung blutige Kämpfe auslösen konnte. Ein vor Jahren begangener Mord war noch nicht gesühnt worden. Nun geschah es eines Tages, daß ein Verwandter des Ermordeten einen Verwandten des Mörders meuchlings überfiel und mit der Lanze niederstieß. Damit war der Kriegsfall zwischen beiden Dorfbezirken gegeben. Es gelang zwar den Missionären, den Ausbruch einer Fehde zu verhindern; aber die feindlichen Familien und Sippen mußten doch stets fürchten, daß einer der Ihrigen der Rache der Gegner anheimfalle. Kein männlicher Erwachsener wagte sich mehr in die Nähe eines feindlichen Dorfes oder an einen Ort, wo er einen Feind vermuten durfte. So schlossen sich die Nachbardörfer vom gegenseitigen Verkehr ab, die Feldarbeit war vielfach gehemmt und ein friedlich reges Leben eine wahre Unmöglichkeit. Dieser Zustand wirkte aber sehr aufreizend auf die leicht erregbare, streitlustige Jungmannschaft und wurde auch von den Alten immer mehr I als eine drückende Last empfunden. Ähnliche Fälle ereignen sich zu Dutzenden, denn der heidnische Schilluk brennt vor Begierde, jede, selbst die kleinste Beleidigung zu rächen. Das Gesetz des Hasses und der Rache hat für ihn verpflichtende Kraft von Jugend auf. Sein Rachedurst ist unersättlich. Gelungene ■ Rache gilt dem wilden Schilluk als höchstes Glück. Die schwierige Lage der Christen» Unsere Christen wissen nun allerdings, daß ein Bruderkrieg als ein Verbrechen gebrandmarkt werden muß und dem göttlichen Sittengesetz widerspricht, allein die geltenden heidnischen Rechtsanschauungen machen es ihnen fast unmöglich, sich allemal vom Kampfe fernzuhalten. Den bitteren Vorwurf der Feigheit wollten sie sich noch gefallen lassen, aber ganz unerträglich erscheint es manchem Neuchristen, keine blutige Sühne fordern zu dürfen, wenn unschuldige Blutsverwandte dem Mordstahl erliegen. (£§_ wäre einfältig, sich vorzustellen, daß durch die Taufe diese bekehrten Heiden plötzlich in Jdealchristen umgewandelt würden. Wenn die Behörden der Regierung jeden Mörder mit dem Tode bestraften, so hätte der unaufhörliche Kriegszustand bald ein Ende, blutige Zusammenstöße ereigneten sich viel seltener und das Volk lebte zufriedener, weil jede Gewalttat ihre Sühne fände. Die feigen Mordgesellen überkäme eine heilsame Furcht und es verginge ihnen die Lust, unschuldige Stammesgenossen heimlich aufzuspießen oder zu vergiften. Statt dessen wird der rachgierige Mörder höchstens zur Ablieferung einiger Kühe und Ochsen verhalten, die seine Verwandten und Freunde mehr oder weniger gern an die Regierungsorgane abliefern. Der Mordbube aber entflieht über den Nil oder sonstwohin oder hält sich bei seinen Angehörigen versteckt, die ihn als Helden feiern und mit Lob überhäufen. Dieser heillosen Zustände überdrüssig und des beständigen Zwistes mit der Umwelt und der Konflikte mit dem eigenen Gewissen müde, wandten sich die Christen an ihre Missionäre um Rat und Aufschluß, wie sie sich die Last des Blutrechtes vom Halse schaffen könnten. Die vorbereitende Sitzung» Am 21. November versammelten sich die Kirchenbesucher im Missionshofe, um den Missionären offen alle Schwierigkeiten vorzulegen, die ihnen das Gebot der Nächstenliebe in ihrer heidnischen Umgebung bereitet. Sie verlangten von den Sendboten des Glaubens eine klare, unzweideutige Auslegung des Gesetzes der Feindesliebe unter Rücksichtnahme auf die verwickelten Landesverhältnisse und die herrschenden Stammessitten. Es wurde viel für und wider gesprochen in weitläufigen, bis in die Urzeit zurückgreifenden Darlegungen, wobei die meisten Redner eine überraschende Geistesschärfe und Verstandeskraft offenbarten. Das Ergebnis der langen Auseinandersetzungen entsprach jedoch nicht den Vorschriften des Christentums. Manche der Versammlungsteilnehmer standen der Friedenspolitik des Evangeliums innerlich fremd und ablehnend gegenüber. Deshalb machten die Missionäre, unter allgemeiner Zustimmung, den Vorschlag, daß jeder einzelne im Laufe der Woche die schwebenden Fragen vor Gott und seinem Gewissen ernsthaft überdenken und mit den christlichen Genossen leidenschaftslos besprechen solle. Am folgenden Sonntag wollten dann die Missionäre die einschlägigen christlichen Lehren mit Rücksicht auf die Landesbräuche und Volksüberlieferungen eingehend darlegen. Die älteren und einflußreichen Katholiken könnten der Reihe nach die Ergebnisse ihres Nachdenkens entwickeln. Zum Schluffe werde dann der Vorsitzende Pater die Entscheidung fällen. Zeit gewonnen, viel gewonnen. Alle Neuchristen erscheinen zur Hauptversammlung. Am Sonntag, den 28. November, zogen schon bald nach Sonnenaufgang die Christen von allen Seiten gruppenweise in die Kirche ein. Viele von ihnen müssen einen mehrstündigen Weg durch mannshohes, steifes Steppengras zurücklegen, um ihre Sonntagspflicht zu erfüllen. Streckenweise haben sie dabei in der Regenzeit tiefe, breite Wassergräben, Tümpel und Teiche zu durchwaten. 'Wer die Empfindlichkeit der Schilluk gegen Nässe und kalten Nordwind kennt, muß staunen über ihren Opfersinn. In langen Schritten streben die schlanken Gestalten „Kopf hoch" der Kirche zu, die Missionäre schon von ferne freundlich und feierlich grüßend. Ihre Kleidung bildet ein togaähnlicher Überwurf von weißer oder rötlicher Farbe. Die Stelle des Hutes vertreten ihre kunstvoll aufgerichteten Haarformen, überwallt von wehenden, farbenprächtigen Federn. Am Halse glänzen bunte Perlenschnüre, rote und weiße Spangen blitzen an den Handgelenken, die Oberarme zieren Elfenbeinringe und schillernde Grasgeflechte. Die Taufgeschenke: Rosenkranz, Kreuzchen und Medaille tragen sie stets offen an Hals und Brust. In der linken Hand hat jeder eine glitzernde Lanze und einen blanken Speer, in der rechten den unentbehrlichen Stock oder eine wuchtige, schöngeformte Keule. Die langen Federn oder sonstiger zu üppiger Schmuck werden vor der Kirche abgelegt; Lanzen, Speere, Stöcke, Keulen bilden im Missionshofe ein ansehnliches Waffenlager. Die Zeichen des Streites dürfen nicht ins Heiligtum des Friedens. Während des feierlichen Gottesdienstes wurde mit aller Innigkeit der Heilige Geist herabgefleht, damit er den Verstand der Wilden erleuchte und in ihren Herzen das Feuer echter Gottes- und Nächstenliebe entzünde. ///■• h fJfe % 4 i " k - ' V ' wW* !8#ä Verlauf derVer- samnrlung. Nach der heiligen Messe begaben sich alle in das Schulgebäude, unsere ehemalige Kirche. Schweigend und ernst nahmen Männer und Burschen auf den rohgezimmerten Bänken Platz oder hockten nach altem Väterbrauch auf den Boden. Als der Vorsitzende Pater eintrat und das Zeichen zum Gebete gab, erhoben sich rasch die langen, schwarzen Recken, die einen von gefälligem Äußern für das europäische Auge, die anderen wild und abstoßend im Aussehen, alle aber mit einem von christlichem Geiste verklärten Gesichtsausdruck. Aus rauhen Kehlen drang, ehrfürchtig und gedämpft, das Gebet Neger im Tanzkostüm. des Herrn und das Ave-Maria zum Himmel empor. Es muß dieses Gebet einen guten Klang in den lichten Himmelsräumen haben, da es von den Lippen solcher fließt, die einstens nur schlechte heidnische Lieder und wüstes Kriegsgeschrei kannten, jetzt aber dies alles vertauscht haben mit dem Lob Gottes und seiner heiligen Mutter. Nach dem Gebete ließ sich jeder langsam, bedächtig und gewichtig auf seinem Platze nieder. Der Schil-luk übereilt sich nicht, denn das könnte seineWürde beeinträchtigen; nichts darf seinen freien Willendrängen. Der Missionär besprach nun die vorgelegten Fragen in klarer, bündiger, wohlvorbereiteter Rede. Die unverrückbaren Grundsätze des Christentums wurden scharf herausgemeißelt und dann praktische Verhaltungsmaßregeln gegeben. Die Schilluk, von Haus aus gewohnt zu schweigen, wenn ein Vorgesetzter spricht, lauschten mit größter Aufmerksamkeit dem Vortrag. Keiner verzog eine Miene, aus der man seine Gedanken und Gefühle hätte erraten können. Als der Pater geendet hatte, erhob sich einer der ältesten und angesehensten Christen und begann seine Meinung darzulegen, anfangs etwas zurückhaltend, fast zaghaft, dann aber mutig und feurig. Er führte aus: Alle Missionäre hätten stets von Kriegen und Fehden abgemahnt; es sei auch heller Wahnsinn, wenn Christen ihre Genossen und Brüder Bf -f bekämpfen und mithalten, ihr eigenes Land und Volk in das Verderben zu stürzen. Niemals dürften Christen in solcher Weise Gottes Gebote übertreten. Um sich nun aber den Belästigungen der Häuptlinge und den Quälereien der Parteigenossen zu entziehen, sollten sich alle Christen mit Zustimmung des Königs und der englischen Regierung um die Mission herum ansiedeln. Alle Bewohner dieser rein katholischen Niederlassung sollten vom Schilluk-könige und der Kolonialregierung eine Ausnahmsstellung verlangen, durch welche sie von der Beobachtung der unsinnigen Stammesgesetze für immer befreit würden. Der Vorschlag dieses schwarzen Redners gipfelte somit in der Schaffung einer Reduktion, ähnlich jenen berühmten Jndianerreduktionen der Jesuiten in Südamerika. So ideal dieser Plan sein mochte, so unpraktisch war er auch mit Rücksicht auf die Gesamtlage der Mission. Es traten sodann andere Sprecher hervor, die ihre Ratschläge, nicht ohne. rednerische Gewandtheit und Überzeugungskraft, mit den stärksten Beweggründen zu erhärten suchten. Der vernünftigste Rat, den sie gaben, war der, daß manesüberhauptnicht zum Kriege kommen lasse, sondern sich sofort an die Regierungsposten wende und sie um ihr Eingreifen ersuche, sobald ein Häuptling Kriegsvorbereitungen treffe. Bemerke man außerordentliche Ansammlungen Bewaffneter und Kriegslustiger oder die Berufung von Zauberern zur Darbringung von Opfern für einen guten Kriegsausgang, so müsse die Regierung unverzüglich davon in Kenntnis gesetzt werden. Freilich war bei diesen Ratschlägen der Fall nicht vorgesehen, daß ein Angriff ungeahnt schnell erfolge. Nun begann eine stürmische Wechselrede. Gründe und Gegengründe prallten mit solcher Gewalt aufeinander, daß der Vorsitzende Pater öfters eindringlich zur Ruhe mahnen mußte. Man wand und bog sich nach allen Seiten, um einen Ausweg zu finden, auf dem man den Schwierigkeiten zu Hause entfliehen könnte. Es blieb jedoch nichts anderes übrig, als sich dahin zu einigen, daß dieChristen geschlossen sich weigern, in einen ungerechten Krieg zu ziehen. Als solcher wurde derAngriffskrieg bezeichnet. Im Falle eines Verteidigungskrieges sollten die Christen ihren Genossen zu Hilfe kommen, jedoch nur insoweit, als es notwendig sei, um das Heimatdorf und seine Bewohner zu schützen. Damit war eine Formel gefunden, die alle Teile befriedigen mußte. Das Ziel der Tagung, die Einigung in den Ansichten und die Geschlossenheit im Auftreten, war erreicht. Die Entscheidung der Missionäre. Während der langen Verhandlung hatte der Vorsitzende Pater schweigend zugehört. Jetzt stand er auf, um sein Endurteil abzugeben, das im wesentlichen mit den von den Schilluk selbst getroffenen Abmachungen übereinstimmte. Der Missionär faßte noch einmal alle Gründe zusammen, die für die genaue Einhaltung der Vereinbarungen sprachen, und erklärte, daß Zuwiderhandelnde ihr eigenes und das Seelenheil der mit dem Tode bedrohten Christen gefährden, das Wohl des Landes schädigen und den Einfluß der Mission vernichten .. . Zum Schlüsse wurden alle aufgefordert, jede Frage, die der Vorsitzende stelle, mit einem entschiedenen Ja oder Nein zu beantworten. Wer noch eine Einwendung zu machen habe, solle es sofort tun, damit keiner im Ernstfälle sagen könne, er sei sich über seine Christenpflicht nicht klar gewesen. Die gestellten Fragen betrafen alle jene Punkte, die für den Katholiken, der mitten unter Heiden lebt, Anlaß zum Falle sein können, wie: unerlaubte Tänze,rein abergläubische Gebräuche, heidnische Opfer und Totenfeiern und namentlich die Kriegsverhältnisse. Zur Freude der Missionäre wurden alle Fragen einstimmig dem christlichen Gesetze gemäß beantwortet. Somit konnte der Vorsitzende die Versammlung schließen. Ein kurzes Gebet gab der ganzen Veranstaltung den Stempel der Weihe. Beim Mittagsmahl, das im Freien eingenommen wurde, sah man Freund und Feind fröhlich plaudernd nebeneinander sitzen. Die Missionäre aber freuten sich, daß es ihnen gelungen war, die stolzen Wilden und rachsüchtigen Krieger unter das süße Joch der gekreuzigten Liebe zu beugen. Feindesliebe ist das schwerste Gebot des Christentums. Unsere Neubekehrten wollen und werden es erfüllen. Am Nachmittag wurde nach dem Rosenkranz eine feierliche Dankandacht gehalten. Die ganze Gemeinde sang die Muttergotteslitanei in lateinischer, das „Großer Gott" in der Schilluksprache. Hierauf zogen die streitbaren Männer und Burschen nach Hause in ihre Dörfer, hinein in den heißen Kampf des Lebens, gestärkt und getröstet und mit dem festen Entschluß, nach Kräften für die heilige Sache einzustehen. Dieser Tag, der 28. November 1920, bildet ein wichtiges Gedenkblatt in der Geschichte der Missionsstation Lul, denn er hat gezeigt, daß die Arbeit und der Schweiß deutscher Glaubens- Jn der Mai-Juni-Nummer haben wir über die Gründung der beiden Missionsstationen Redschaf und Turit berichtet. Über den Beginn der Mifsionsarbeit erfahren wir folgendes : Als die Glaubensboten am 18. Dezember v.J. in Turit ankamen, sandte ihnen der Regie-rungsvertrestr sogleich 40 Arbeiter, denen es gelang, in fünf Tagen einige Grashütten zu errichten, deren eine als Kapelle dient. Die Bagandakatholiken einer Trägerkarawane, die in Turit lagerte, empfingen ausnahmslos am Weihnachtsfeste die hl. Sakramente. Eine Schule von 10 m Länge und 6 m Breite aus ungebrannten Ziegeln ist fertiggestellt. Die Zahl der Katechumenen ist vorerst noch klein, da die Missionäre die einheimische Mundart noch nicht beherrschen. Doch haben sie bereits die Gebete und einen Teil des Katechismus in die Latukasprache übersetzt. Mögen bald reiche Erfolge ihre Mühen krönen! In Redschaf wurden bereits am Osterfeste die ersten sieben Taufen gespendet. Die Christen der aufgelassenen Missionsstation Gondokoro eilten in der Karwoche sämtlich in die neue Mission, um in dreitägigen geistlichen Übungen ihr Glaubensleben aufzufrischen und an der Osterkommunion am Gründonnerstage teilzunehmen. Bezeichnend für den Fortschritt des Missionswerkes im Bahr-el-GHazal-Gebiete ist der Umstand, daß die Missionäre von Geschenken mehr und mehr absehen. So berichtet ein Pater aus Cleveland: „Unser Osterfest hatte dieses Jahr ein ganz anderes Gesicht. Die Merissa, das Negerbier aus Hirse, war abgeschafft. Die Feier trug einen ausschließlich kirchlichen Charakter. Doch zeigten sich alle ganz zufrieden?' Auch die Schillukmissionäre haben es sich zum Grundsatz gemacht, nichts boten auch auf diesem steinigen Missiousfeld reife Früchte tragen. Kann sich die Mission noch 20 Jahre ruhig weiterentwickeln, so werden die Christengemeinden in Lul zu den schönsten und blühendsten im Heidenlande zählen. Möge diese berechtigte Hoffnung der Missionäre allen Schillukfreunden ein Ansporn sein, das Bekehrungswerk in jenem Lande großmütig zu fördern! umsonst zu schenken. Die jungen Christengemeinden gewöhnen sich allmählich an kirchliche Abgaben, Meßstipendien usw. Obgleich diese Beisteuern vorläufig noch so gering sind, daß sie die Missionskaffe nicht zu entlasten vermögen, so müssen sie doch vom erzieherischen Standpunkt aus hoch eingeschätzt werden. Nur dort, wo der Mangel an Bekleidungsgegenständen noch unsagbar groß ist, halten es die Glaubensboten für ihre Pflicht, den Wünschen der Täuflinge Rechnung zu tragen. Bedeutung ist weiterhin der Tatsache bei-zumeffen, daß die Missionäre mancherorts den Zeitpunkt für gekommen erachten, auch weibliche Katechumenen in die Kirche aufzunehmen, sobald sie an Christen verlobt sind. Missionsmittelpunkte, deren Taufregister vor zwei Jahren noch keine erwachsene Christin aufwiesen, zählen heute schon kleine Gruppen von katholischen Mädchen und Frauen. Ihrer Standhaftigkeit und ihrem Eifer zollen die Missionäre uneingeschränktes Lob.*) In den besser entwickelten Missionsgründungen und namentlich dort, wo bereits Missionsschwestern mit der Krankenbehandlung und Waisenfürsorge auch den Unterricht der weiblichen Jugend übernommen haben, bricht sich immer mehr die Anschauung Bahn, daß die Frau, nach dem Willen des gemein- *) Im Anfangsstadium der Missionierung eines heidnischen Volksstammes werden Mädchen, mögen sie auch noch so gut unterrichtet sein, erst unmittelbar vor Eingehung der Ehe mit einem Christen getauft. Ist der Sauerteig des Evangeliums schon tiefer in die heidnische Masse eingedrungen, so mag der Zeitpunkt der Taufe auch früher angesetzt werden können, namentlich wenn sich die Mädchen in der Obhut von Missionsschwestern befinden. Keinesfalls ist das oben Gesagte von den im Heidentum vielfach üblichen Kinderverlobungen zu verstehen. (®ie Schriftleitung.) Ilslcfiridifen aus unteren Millionen. fanten Schöpfers, dem Manne ebenbürtig zur Seite steht. Gewiß, der Tag wird kommen, an dem die Sklavenketten der schwarzen Frau fallen werden und sie als christliche Mutter christliche Kinder erziehen darf. Doch keine Vor fünf Jahren, schreibt ein Ndogo-Misstonär aus Mboro, war in der hiesigen Gegend noch kein Katholik; heute ist ein Zehntel der Neger christlich. An aßen, größeren Festen des Jahres empfängt eine Schar von Katechu-menen die heilige Taufe. Viele Seelen werden auch auf unseren Missionsfahrten und Wanderungen gerettet. Wenn auch diese in Todesgefahr Getauften die Christengemeinde nicht vergrößern, so bevölkern sie doch den Himmel mit Seligen und Fürbittern für die armen Wilden, für die Mission und deren Wohltäter. Im folgenden will ich den Lesern die Erlebnisse einer apostolischen Wanderfahrt schildern und namentlich an einem Beispiel zeigen, welch glühender Apostelgeist viele unserer jungen Christen erfüllt.! Auf dem Marsche. Kürzlich machte ich mich auf den Weg, um unsere Außenstation im Gebiete des Häuptlings Lengbo zu besuchen. Ich mußte zu Fuß gehen, denn mein guter Reitesel hatte vor einigen Monaten zu leben aufgehört und ein Fahrrad besitze ich leider noch nicht. — Pankraz, ein aufgeweckter, zehnjähriger Knabe, der Sohn des Häuptlings Lengbo, begleitete mich auf der Reise. Ich ging voraus, wie es die Großen des Landes zu tun pflegen. Pankraz folgte, jedoch nicht zu nahe, so daß ich öfters stehenbleiben mußte, um ihn nicht, wie es schon einmal geschehen war, im hohen Steppengrase zu verlieren. Bei solchen Gelegenheiten offenbarte mir Pankraz seine geheimsten Gedanken und Wünsche. „Pater", sagte er, „wirst du mir das Bildchen von der Hölle geben?" — „Was willst du damit ansangen?" — „Ich will es meinem heidnischen Vater, der viele Frauen hat, zeigen und zu ihm sagen: ,Siehe, Vater, wo du hinkommst, wenn du böse bleibst/ Gewiß, Pater, auf diese Weise wird mein Vater ein Christ werden . . . Wirst du mir auch das Bildchen vom Tode des Gerechten und des Sünders geben?" — „Ja, Regierungsgewalt, keine volksfremde gesellschaftliche Umschichtung, sondern die durch das Christentum bewirkte innere Veredlung der Herzen kann die Frauenfrage in Afrika einer glücklichen Lösung entgegenführen. Pankraz, auch das wirst du bekommen." — „Ich danke schön, Pater." Beim Weitergehen dachte ich darüber nach, wie ich mir einen Bilderkatechismus verschaffen könnte, da Bilder auf diese Naturkinder einen so tiefen Eindruck machen. „Pater, Pater!" schrie plötzlich Pankraz aus voller Kehle. Ich wandte mich um und sah, wie er die Lanze schwingend stürmisch auf mich zueilte. „Was gibt's?" — „Laust schnell davon", rief Pankraz, „dieser Vogel will dir die Augen aushacken und dich fressen..." Über meinem Kopfe flatterte ein Vogel von der Größe einer Haustaube, der anscheinend eine Stelle suchte, um mich mit seinem scharfen Schnabel zu treffen. Plötzlich erhob er sich hoch in die Luft und schoß dann senkrecht auf meinen Kopf herab. Pankraz gab sich alle Mühe, um ihn mit der Lanze zu verjagen. Es gelang ihm zwar, aber das boshafte Tier warf mir den großen Tropenhut vom Kopfe und gab mir zum Abschied einen gar nicht gelinden Schnabelhieb auf die Wange. Als Pankraz sich von seinem Schrecken erholt hatte, sagte er: „Pater, wäre ich nicht da gewesen, so lägest du jetzt tot im Grase" — „Wirklich?" — „Ganz sicher, denn dieser Vogel ist der Tschu-wi, der mit seinem Schnabel den Kindern die Augen aushackt und die Eingeweide herausreißt." — „Aber wenn der Tschu-wi solche Vorliebe für die Kinder hat, so hätte er doch dich angreifen müssen." — „O", erwiderte Pankraz, „ich war mit der Lanze bewaffnet." — „Mein Lieber, du sollst recht haben; ich bin herzlich froh, noch im Besitze meiner Augen und Eingeweide zu sein." Die Sonne neigte sich schon zum Untergänge und wir waren noch weit vom Ziele. „Hörst du, Pankraz," sagte ich, „wir wollen den Rosenkranz auf dem Wege beten; denn wenn wir nach Lengbo kommen, ist es schon zu spät, um eine Andacht in der Kapelle zu halten. Beim dritten Geheimnis unterbrach mich der Knabe: „Pater, könnten wir nicht den Rosen- VMM Apostolische Wanderungen. jffiB Heft 9 und 10 Stern der Neger "t 71 kranz für meinen Vater aufopfern, damit ihm die Mutter Gottes die Gnade der Bekehrung erlange?" — „Schön, Pankraz, du bist ja ein Goldkind..." Ein Opfer der Anschuld. Bei unserer Ankunft in Lengbo begrüßten uns die Christen und Katechumenen. Viele wollten mit mir sprechen, doch ich vertröstete sie auf den folgenden Tag und ließ nur den Häuptling zu Worte kommen. „Lengby, welche Neuigkeiten teilst du mir mit?" — „Keine weiß, an wen sie verheiratet werden. Da jetzt die Arme dem Tode nahe war, wiederholte ich mit ihr die wichtigsten Glaubenswahrheiten und den Akt der Reue und fragte sie : „Willst du getauft werden?" — „Ja, taufe mich!" — „Gut, morgen werde ich dich taufen." ■— „Warum nicht sogleich? Ich bin dieser Erde, auf der ich so viele Schlechtigkeiten erleben mußte, überdrüssig. Im Himmel gibt es niemanden mehr, der mich zum Bösen verführen will." Dennoch verschob ich die Taufe auf den nächsten Tag und fragte Jubago: Scheinangriff während des Tanzes. guten; meine Schwester Jubago ist schwer krank." - „Was fehlt ihr?" — „Sie ist von einem Burschen, der sie wegen ihrer Reinheit haßte, vergiftet worden. Er hat ihr, ohne daß sie es wahrnahm, Gift in das Trinkwasser gegeben. Komm sofort und verabreiche ihr eine Medizin!" ■— Ich bereitete ihr ein Brechmittel, mußte aber bald die Wahrnehmung machen, daß alle Heilmittel zu spät kamen. Jubago war ein braves Mädchen und schon seit zwei Jahren Katechumene. Sie besaß längst das nötige, religiöse Wissen, um wohlvorbereitet die Taufe empfangen zu können. Bei den Landesverhältnissen ist es aber nicht ratsam, die Mädchen zu taufen, bevor man „Wie geht es dir heute?" —. „Wie gewöhnlich." Es ist das eine köstliche Redensart dieser Ndogo-Neger; auch wenn sie den Tod nahe fühlen, geht es ihnen noch „wie gewöhnlich". Die ganze Nacht hatte die Kranke schlaflos zugebracht, ohne eine Medizin einzunehmen. „Jubago," sagte ich zu ihr, „ich fahre auf die andere Seite des Flusses. Nach meiner Rückkehr werde ich dich taufen." — „Nein, Pater, taufe mich sogleich, denn es geht mit mir zu Ende." Also taufte ich sie und gab ihr den Namen Katharina (die Reine) ... „O, Pater, wie glücklich fühle ich mich jetzt." — „Du wirst es im Himmel noch weit mehr sein. Grüße mir die Mutter Gottes, bete für deine Brüder, für unser Katechumenat und für mich!" — „Ja, Pater, ich werde auch für deine Mutter beten, die du unseretwegen verlassen hast." — „Dann bete auch für meinen Vater und unsere lieben Wohltäter!" — „Gewiß, ich werde für alle beten, für die du es wünschest." Das waren ihre letzten vernehmbaren Worte. Die Zunge schwoll so stark an, daß sie nicht mehr sprechen konnte. Der kleine Missionär. Nach einem weiteren vierstündigen Marsche erreichten wir das Katechumenat zur schmerzhaften Mutter Gottes. Ich versammelte sogleich die Katechumenen, um mich von ihrem Fortschritt im Katechismus zu überzeugen. Dabei erfuhr ich, daß ein alter Zauberer todkrank in seiner Hütte liege und furchtbare Schmerzen leide. Offenbar handelte es sich wieder um einen Fall von Vergiftung. Welch entsetzliche Rolle spielt doch das Gift in diesen heidnischen Ländern! Sogleich begab ich mich zu dem Kranken, doch wollte er keine Medizin von meiner Hand annehmen. Ich erklärte ihm trotzdem die Grundwahrheiten des Glaubens, wobei es schien, als höre er diese Lehren nicht ungern. Als ich aber von der Taufe zu reden begann, wandte er sich von mir hinweg und sagte: „Komm ein andermal wieder!" Darauf legte ich ihm heimlich eine Medaille des hl. Josef in das Laub seines armseligen Lagers und ging. Die Sonne brannte senkrecht herab. Ich empfand eine große Müdigkeit und mußte daran denken, mich zu stärken und auszuruhen. Einige Süßkartoffeln und eine Kürbisschale voll Wasser bildeten die Mahlzeit, die ich mit Pankraz teilte. Es war unnötig, den Rest zu sammeln, denn es blieben nicht einmal die Schalen übrig. Nach dem Essen sagte Pankraz: „Pater, hättest du doch die Bilder von der Hölle mitgenommen ! Der alte Zauberer würde bei ihrem Anblick sicher die Taufe verlangt haben." — „Glaubst du das wirklich?" — „Ich versichere es dir." — „Gut, aber laß mich jetzt ein wenig ausruhen, ehe wir unsere Reise fortsetzen!" — „Pater, und der alte, sterbende Zauberer . . . Versuchst du es nicht nochein-mal?" — „Ist mir recht." In wenigen Augenblicken war ich auf einem Laubhaufen eingeschlafen. Ich schlief nicht lange, denn Pankraz rüttelte mich aus dem süßen Schlummer auf. „Was ist denn los?" — „Pater," sagte der seeleneifrige Knabe, „laß mich allein zum Zauberer gehen, damit ich ihm von der Hölle erzähle! Du wirst sehen, ich bekehre ihn." — „Meinetwegen, geh! Bete aber zum lieben Jesus, daß er deine Mühe segne!" Pankraz eilte hinweg und ich schlief wieder ein. Nach einer halben Stunde kehrte er freudestrahlend zurück und rief: „Pater, komm sofort! Der Zauberer will getauft werden." Es verhielt sich wirklich so. Der hl. Josef hatte sich des kleinen schwarzen Missionärs bedient, um dieses Wunder der Bekehrung zu wirken. Der Zauberer verlangte ebenso entschieden die Taufe, als er sie früher zurückgewiesen hatte. Pankraz betete ihm den Reueakt vor und ich taufte ihn dann auf den Namen Josef Kajetan. Ich blieb noch längere Zeit bei dem Neugetauften und erzählte ihm von der Schönheit des Himmels. In seinen Augen spiegelte sich das lebhafte Verlangen^ bald in die ewigen Freuden einzugehen . .. Noch eine Seele gerettet. Am späten Nachmittag brachen wir auf und kamen in das Dorf Baenjo. Der Häuptling, den ich sogleich besuchte, sagte mir: „Rinda ist sehr krank; du mußt sie besuchen!" Ich ging hin. Vor der Hütte traf ich ihren Mann, der bereits Christ war. „Pater, hast du das Eisen mitgebracht, das anzeigt, ob der Tod nahe oder entfernt ist?" fragte er mich. Er meinte das Thermometer. Rinda lag, halb mit Laub bedeckt, im Hintergrund der Hütte. Sie schwebte offensichtlich in Todesgefahr. Schon seit zwei Jahren hatte sie das Katechumenat besucht und war deshalb bald vorbereitet. Bei der Taufe gab ich ihr die Namen Jgnazia Maria. „Pater," sagte sie mit schwacher Stimme, „ich bin sehr froh, daß du gekommen bist; bald werde ich im Himmel sein, nicht wahr?" — „Ganz gewiß wirst du zum lieben Gott und zur Mutter Gottes kommen und ewig glücklich werden." — „Nun, Pater, habe ich nur mehr eine Bitte; höre mich an! Ich habe mir fünf Piaster erspart; kaufe mir ein Kleid, denn es schickt sich nicht, daß ich unbekleidet vor Gott erscheine." — „Sei unbesorgt", entgegnete ich, „sobald ich höre, daß du gestorben bist, werde ich dir ein schönes, weißes Kleid schicken, das ich von meiner Mutter erhalten habe." — „Aber ich besitze nur fünf Piaster." — „Macht nichts; ich werde dir das Kleid schenken." * * * Pauluskirche in Rom. (Siehe Text 77.) Auf dem Rückwege übernachteten wir in Lengbo. Als wir in das Dorf kamen, vernahmen wir Trommelschlag und Klagegetön. „Pater/' sagte Pankraz, „Josef Kajetan ist schon beim lieben Gott!" So war es. Wir besuchten auch Katharina. Sie bemühte sich, mir noch etwas zu sagen; es war aber nicht mehr zu verstehen. Um Mitternacht entschlief sie sanft. Kaum leuchtete das Morgenrot über die Steppe, begann auch für Jgnazia der ewige Tag des Friedens und der Freude im Besitze und Genusse Gottes. — So hatten wir auf dieser Missionswanderung, mit Hilfe der göttlichen Gnade, drei Seelen für den Himmel gewonnen. °)l ' 1 (° BeitMdier Kindermord, c) rnmlKo Unter dem Volke der Bari herrscht der echt heidnische und grausame Brauch, verkrüppelte und kranke Kinder zu töten. Wer durch die Dörfer der Bari und der Nachbarstämme geht, erzählen die Missionäre, wird niemals einen Blindgeborenen, Lahmen oder sonst einen Krüppel finden, und doch kommen Kinder, die mit körperlichen Gebrechen und Fehlern behaftet sind, häufig zur Welt, da gesegnete Mütter selten die notwendigen Vorsichtsmaßregeln anwenden. Einige Tage nach dem Ereignis faßt der erboste Vater das Kind an -den Füßen und zerschmettert dessen Kopf an einem Baumstamm oder die entmenschte Mutter ertränkt es in den Fluten des Nil. Einer unserer Missionäre, der sich im März dieses Jahres in Redschaf zum Schiffe begab, um nach Uganda zu reisen, rettete und taufte ein solch armes Kind, das die Strömung gerade herantrieb. Es war zwei Kilometer oberhalb des Landungsplatzes in den Fluß geschleudert worden und kam, von den Wellen getragen, wie durch eine Fügung der Vorsehung, gerade in jenem Augenblicke an der Schiffshaltestelle an, als der Pater dort eintraf. Wunderbar, daß es nicht früher untersank, da die Händchen fest zusammengeschnürt waren und nur die Füße sich bewegen konnten; wunderbar, daß es nicht einem der vielen, gefräßigen Krokodile und Flußpferde zum Opfer fiel. Der körperliche Fehler des Knäb-leins, das ungefähr drei Jahre zählte, war übrigens ziemlich unbedeutend und es liegt die Vermutung nahe, daß die Mutter das Kind aus abergläubischer Furcht dem Tode weihen wollte; denn es ist die tiefeingewurzelte Überzeugung der Neger, daß ein krüppel-haftes Kind die ganze Familie und Verwandtschaft ins Unglück stürze, weshalb die Eltern, Der hochwürdige Pater Ille, der im Vorjahre mit fünf anderen jungen Missionaren in den Sudan einreisen durfte, sendet uns nachstehenden Bericht über seine erste Missionstätigkeit im Schilluk-lande. Volksschule unter Anführungszeichen besagt, daß unsere Missionsschule in Lul keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einer modern eingerichteten, europäischen Volksschule erhebt. Dafür hat sie mit dieser auch nicht die allermodernste Entwicklung mitgemacht, nach welcher das Kruzifix aus der Schule entfernt werden soll und ein kecker Schülerrat dem Lehrer beständigen Verdruß bereitet oder ihn gar aus der Schule hinausekelt. Steht demnach unsere Schule, in der den schwarzen Jungens Lesen, Schreiben und etwas Rechnen beigebracht wird, nach heimatlichen Begriffen auch nicht auf der Höhe der Zeit, so hält sie sich dafür stets auf der Höhe der Ewigkeit, denn der Religionsunterricht bildet den Mittelpunkt unseres ganzen Schulbetriebes. Als Lehrer der ersten Klasse unserer Stationsschule möchte ich den lieben „Stern"lesern einiges über das Kapitel „Kultus und Unterricht" im Schilluklande verraten, indem ich sie alle zu einem Besuch daselbst einlade. Morgens um 7 Uhr wird auf einem Schweizer Jägerhorn zum Sammeln geblasen. Die „Kalbuben", das sind die im Missionshause wohnenden jüngeren Katechumenen, verfügen sich alsbald in den Schulraum. Vom Nachbarorte Tumier kommen noch bei fünfzehn Bürschchen, fast alle im Adamskostüm... Wenigstens hört man von ihnen keine Klagen über zerrissene Höschen, wie sie bei den Kalbuben im Schwange sind. Nach einer Viertelstunde sind alle Bengelchen auf der Bildfläche erschienen und machen sich durch einen selbstverständlichen „Heidenlärm" bemerkbar. Die erste Stunde ist oftmals auch auf das Drängen der Verwandten hin, den schrecklichen Entschluß fassen, sich eines entstellten und häßlichen Kindes durch eine grauenhafte Mordtat zu entledigen. — Hochheiliges Kind von Nazareth, erfülle die Herzen der katholischen Mütter Europas auch mit werktätiger Liebe zu den unglücklichen, schwarzen Heidenkindern Afrikas! Schreibirntevricht. Der gestrenge Herr Lehrer erscheint und verteilt Tafeln und Griffel, Hefte, Bleistifte und Schreibvorlagen an die zwei Abteilungen seiner Klasse. Unterdessen dürfen die schwarzen Knirpse weiterlärmen, wenn sie sich nur nicht am Kragen nehmen. „Auf zum Gebet", schalt nun das Kommando durch das Stimmengewirr; und siehe da —- mäuschenstill sind alle. Ke nying Wi. ke Wad ke Wey kwero, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auch die Kleinsten machen das Kreuzzeichen tadellos. Hierauf betet ein Kalbube das Vaterunser und den Englischen Gruß vor und die anderen fallen kräftig ein. Hat dann jeder seinen Platz in der Bank oder auf dem hartgestampften Lehmboden eingenommen, so wird den Fortgeschritteneren ihre Aufgabe zugewiesen. Mit den Anfängern heißt es sich näher befassen. Da in Ägypten keine liniierten Schreibtafeln zu haben waren, muß man selbst jedem die Linien ziehen. Na also, gib her! Welch liebliches Händchen reicht mir da den Griffel entgegen! Das Büblein hat eben mit Kuhmist herumgearbeitet, vor dem der Schilluk nun einmal gar keine Scheu kennt. Nichts für ungut — das Händchen ist ja braun, gehört vielleicht gar nicht dem schwarzen Abcschützen. — Ja, die Pfötchen waschen, das kann man von den Kalbuben verlangen, aber nicht von den Dorfbuben, denn die Mama holt das Wasser vom Nil zum Kochen, aber nicht zum Herumschütten. Daß bei der geringen Reinlichkeit auch an das Riechorgan manche Ansprüche gestellt werden, läßt sich denken. Die feinste Almluft, wofern man sich nur lebhaft überzeugen kann, daß zur Alm Kuhställe gehören! Buchstaben auf die Schultafel zeichnen, schmutzige Händchen führen, auch betonen, daß »Volksschule« in hui. man mit der rechten Hand schreibt und nicht mit der linsen, einen Schwätzer mit einem Kut (Maul halten) zur Ordnung rufen und Geduld üben, bildet die Hauptaufgabe des Lehrers in der Schreibstunde. Am meisten Schwierigkeiten bereiten den Schillukjungen die großen Buchstaben der lateinischen Schrift wegen der feingeschwungenen Bögen und Kreislinien. „Schau, der Buchstabe geht ja ganz krumm und bucklig, dem hier ist der Fuß, dem andern dort der Schwanz zu lang geraten! Einen großen Buchstaben darf man nicht mitten ins Wort hineinsetzen!" Diese väterlichen Zurechtweisungen sind in der Schil-luksprache nicht so leicht, bedeutet doch das Schillukwort für Schreiben ebensogut auch Kratzen oder Kritzeln. Am Schlüsse der Stunde werden die Namen verlesen und jeder antwortet mit einem Janen (ich bin's >; darauf stürzt die ganze Gesellschaft unter wildem Toben in den Hof hinaus. Wahrlich, die Kerle habenLungen wie die Nilpferde! Alsbald blase ich auf meinem Jägerhorn zur zweiten Stunde, Katechismusunterricht. Einige ältere Kaibuben, die zum Religionsunterricht kommen, haben die Arbeiten bei unserem Hornvieh zu besorgen, als Misten, Melken und Auf-die-Weide-Treiben; darum ist die Schreibstunde vor der Katechismusstunde. Um Entschuldigungen und Ausflüchte sind die schwarzen Bürschchen nicht verlegen, wenn sie geschwänzt oder, wie man noch sagt, schulgestürzt haben. Mancher meldet auch gehorsamst, daß er ein Schaf, eine Ziege oder eine Kuh, die er beim Hüten verlor, suchen mußte. Ein anderer berichtet, daß er „mite dano“, wörtlich den Mensch halten, das heißt Kindermädchen zu spielen hatte. Im Katechismus haben die Anfänger alle Fragen bis zu den Sakramenten, jedoch einschließlich der Taufe, auswendig zu lernen. Ich muß bekennen, daß die Schillukjungen durchschnittlich ein sehr gutes Gedächtnis haben. Allerdings kommen Kinder, die gar keinen Lerneifer besitzen, überhaupt nicht, so daß wir fast nur besser begabte Schüler haben, für die junge Christenschar gewiß von Vorteil. Sie beantworten auch sehr lange Fragen fließend. Mit der Denkkraft ist es etwas anders bestellt. Übrigens sind wir zufrieden, wenn sie im ersten Jahre den Katechismus flott auswendig lernen, im zweiten Jahre wird dann der gesamte Unterrichtsstoff mit Erklärungen wiederholt. Geistesarbeit ist es nachgerade keine, Fragen und Antworten unzählige Male zu wiederholen. Diesen Söhn-chen Nykangs (der Name des Stammvaters und ersten KönigsderSchilluk) will es gar nicht einleuchten, daß sie auch dann aufmerken müssen, wenn sie nicht gerade selbst gefragt werden. Die äußere Aufmerksamkeit kann der Pater schließlich noch erzwingen; wo aber die Gedanken hinter der schwarzen Stirn spazieren gehen, das kann er nicht kontrollieren. . . Das also ist die Schule des „Unterlehrers" von Lul. Sein Trost dabei ist, daß er als junger Missionär, der die Sprache noch nicht beherrscht, doch etwas mitarbeiten kann an der Bekehrung des in jeder Hinsicht armen Schillukvolkes. — Wenn du, lieber Leser, oben an den Schülern im Adamskostüm oder an den unliniierten Schreibtafeln Anstoß genommen hast, so weiß ich nichts zu bemerken als: Vielleicht kannst du Abhilfe schaffen. — Römische Katakombe. (Siehe Text S. 78.) Jeder Bezieher deß „Stern der Neger" werbe einen neuen! Verschiedenes. Eine Weissagung der Ascholi-vorfahren. Eines Tages war einer unserer Missionäre bei Olija, dem Großhäuptling der Ascholi-neger, um einige Schwierigkeiten gegen das Missionswerk zu beheben. Nach einer längeren Unterredung erzählte der Häuptling folgendes, um zu beweisen, daß er den Glaubensboten nicht feindselig gesinnt sei: „Ihr seid ja keine Fremden für uns; ich wartete auf euch schon lange, weil unsere Vorfahren uns gesagt haben, daß ihr einst kämet, um uns den Weg zum Himmel zu lehren. Weine Ahnen hatten einmal alle Bewohner ihrer Dörfer zu einem großen Tanz versammelt. Während desselben begannen die Männer plötzlich in die Höhe zu steigen und kamen in den Himmel, wo sie einen Monat lang blieben. Ihre Frauen hatten sie auf der Erde zurückgelassen. Als sie nun wieder herabstiegen, zogen ihnen diese hochbeglückt entgegen und veranstalteten Freudentänze. Nach langem Tanzen stiegen auch die Weiber in die Höhe, die jedoch erst nach drei Monaten zurückkehrten. Nun wollten sie aber nicht mehr zu ihren Männern gehen, sondern sich nach Belieben verteilen. Darüber entstand ein heftiger Streit und man war schon daran, ein Morden zu beginnen, als einer der Stammesältesten sich zwischen die Bewaffneten drängte und rief: ,Kinder, tötet einander nicht! Beruhiget euch! Einst werden von Norden her große Männer kommen, die euch allen, Männern wie Frauen, den Weg zum Himmel zeigen und euch lehren werden, miteinander dorthin zu kommen. Dann wird ein glückliches Zeitalter anbrechen!' Alle legten darauf ihre Waffen nieder und begaben sich nach Hause. Jetzt seid ihr da", schloß Olija, „um jung und alt, Männern und Frauen, den Himmelsweg zu zeigen. Ihr seht also, daß ich euch nicht entgegenhandeln kann, denn es wäre gegen die Überlieferung meiner Väter, die euch meinem Volke verheißen haben." Paradieseserinnerung der Denka. Auch in den Überlieferungen der schwarzen Völker findet man Anklänge an die Uroffen-barung im Paradiese und den Sündenfall der ersten Menschen. Die Denka berichten hierüber: Gott hat alle Menschen" erschaffen. Anfangs lebten sie zufrieden und glücklich bei ihm in seinem Hause. Als aber einige von ihnen böse wurden, mußten alle an einem langen Seile vom Himmel auf die Erde herabsteigen. Die Guten konnten an diesem Seil von Zeit zu Zeit wieder in den Himmel hinaufklettern, wo es Tänze, Bier und ausgewählte Speisen gab und große Fröhlichkeit herrschte. Einmal jedoch zerriß das Seil und seit jener Stunde kann kein Mensch mehr in das Haus Gottes gelangen. Die Lokaja behaupten, der blaue Vogel Atong-Kic habe mit seinem Schnabel das Seil durchgewetzt. Die Sündflutsage der Aluru. Einen Hinweis auf die Sündflut enthält folgende Erzählung der Aluruneger. Die Menschen waren einmal im Überfluß der Ernte fortwährend berauscht und beobachteten nicht mehr die Gebote Gottes. Deshalb ließ Gott so viel Wasser regnen, daß alle Vorräte vernichtet wurden. Von Hunger geschwächt, konnten die Menschen, als die Flut immer höher anschwoll, nicht mehr auf die Berge fliehen und ertranken in den schäumenden Wogen. Nur drei Brüder, die immer auf den Bergen gelebt und niemals geistige Getränke genossen hatten, blieben übrig. Diesen gab Gott dreiBündel Maniokwurzeln (zur Mehlbereitung) und befahl ihnen, sich nie zu berauschen. Sie sind die Stammväter der Menschen. Nach einer andern Darstellung erschuf Gott anfangs einen Mann und eine Frau, die aber Böses tat. Darum wurde sie ihres Schmuckes beraubt und der Gewalt des Mannes unterstellt. Sie gebar drei Söhne, die jedoch niemals im Frieden miteinander lebten. Gott wollte sie daher in verschiedene Gegenden verteilen und gab jedem ein Bündel Maniokwurzeln und eine Frau, damit sie leben und sich vermehren könnten. Alsdann mußten sie sich voneinander trennen. Der eine ging zum Flusse und wurde der Stammvater der Jonaam (Flußleute), der andere blieb bei den Eltern; von ihm. stammen die Aluru. Der dritte zog auf die Berge und seine Nachkommen heißen Giogot (Hügelbewohner). Das ist der Anfang des Menschengeschlechtes im Lande der Aluru. Heft 9 und 10 Stern der Neger 77 \» II miHionsrubrik kür die Jugend. Pon P. Jakob Lehr, Rektor. 11 11 ^ Hm Grabe des Völkerapolfels. Wenn der Rompilger von heiligem Schauer durchdrungen am Grabe Petri seine Andacht verrichtet hat und nun seine Schritte anderswohin lenken wich so wird er durch die Llber-fülle an kirchlichen Schätzen und religiösen Anziehungspunkten der ewigen Stadt geradezu in Verlegenheit gebracht. Nicht so der Missionär. Er kann sich vom Grabe des Apostelfürsten nur erheben, um hinzueilen zu dem Orte, wo der Völkerapostel seiner Auferstehung cntgcgen-schlummert. So kniete ich denn auch schon nach wenigen Stunden meines römischen Aufenthaltes vor dem Lochaltar von San Paolo fuori le mura (S.Paul außerhalb der sStadt-jMauern). Es war an einem prachtvollen Maienabend. Drüben im Westen neigte sich die Sonne auf den Meeresspiegel nieder und sandte wie zum Abschiedsgruß ihre verklärenden Strahlen noch einmal durch die oberen Fensterreihen des herrlichen Domes. Die vier Reihen gewaltiger Säulen aus Granit, welche die flache Decke tragen, schienen beseelt zu werden und sich noch mächtiger emporzurecken. Die goldstrotzende Decke sprühte da und dort in hellen Flammen, und die über den Pfeilerbogen angebrachten Mosaikbilder der Päpste begannen eigenartig zu flimmern, als ob Leben in sie käme. Indes inmitten dieses üppigen Reichtums von Marmor, Gold und Edelsteinen zog es einen immer wieder mit geheimnisvoller Macht zum Lochaltar, der die einfache und doch so wundersame Inschrift trägt: „Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn." Es war des hl. Paulus Losungswort. Über dem Altar wölbt sich ein kunstreicher Baldachin. Vier feine Alabastersäulen, die von einem grasgrünen Untergestell aus Malachit emporstreben, tragen ihn hinauf in die schwindelnde Löhe, aus der uns in wenigen, wuchtigen Worten die Grabinschrift des größten aller Missionäre verkündet: „Du bist das Gefäß der Auserwählung, Äeiliger Apostel Paulus, Ein Prediger der Wahrheit in der ganzen Welt." Kürzer, treffender und vielsagender als mit diesen zwei Inschriften auf Altar und Baldachin hätte man das Leben dieses Geistesriesen nicht beschreiben können. Christus war Anfang, Mitte und Ende feiner Gedanken und Worte. „Nicht uns selbst predigen wir, sondern Jesus Christus als unsern Herrn, uns selbst aber als eure Diener um Jesu Willen." (2. Kor. 4,5.) Er nahm sich vor, „nichts zu wissen als Jesus". Es war bei ihm zwar nicht immer so. Als aber die Gnade Christi mit Blitzesleuchten und Donnergewalt an den Toren von Damaskus über ihn kam, da wurde Saulus zum Paulus, der Christenverfolger zum Gefäß der Auserwählung. Von nun an war ihm das Missionswerk nicht nur Sinn und Ziel des Lebens, sondern auch die Sonne und Wonne seines Daseins. Ein Paulus ohne Mission läßt sich gar nicht vorstellen. Ihm selbst war ja ein solcher Gedanke unerträglich: „Es lastet eine Notwendigkeit, ein Müssen auf tritt:, daß ich das Evangelium verkünde. Wehe mir, wenn ich es nicht tue!" Dieser innere Drang trieb ihn, als erster die engen Fesseln des jüdischen Nationalismus zu durchbrechen und sich an alle Völker zu wenden. Juden, Griechen, Römern, allen ist er „alles geworden, um alle zu retten" (I.Kor. 9, 16. 19). So ward er denn der Prediger der Wahrheit für die ganze Welt. Von Natur aus schwach an Körper, leicht erregbar im Geiste, schüchtern und ängstlich beim Auftreten, trägt er seine Botschaft durch die ganze damalige Kulturwelt, ergreift er „passend" oder „unpassend" das Wort, führt er über dreißig Jahre lang das mühevolle Leben eines Wander-missionärs, läßt er sich weder beirren noch verwirren durch Mißgunst oder Mißerfolg, durch Verleumdung oder Gewalttat, durch Gefängnis oder Todesgefahr. Denn „Christus ist sein Leben und Sterben sein Gewinn". Es war bereits dunkel, als ich S. Paolo verließ. Mein Geist flog zurück über die Alpen — der Heimat zu. War es Neugierde, war es Wehtntit, war es Zuversicht, wenn mir unwill-kürlich der Gedanke kam, wieviel junge Leute sprechen Wohl heutzutage entschlossen mit Paulus: „Herr, was willst du, daß ich tue?" (Act. 9, 6). ^ T^f 3ŽE Kinderblaff* T^r t^F L T^T -V Liebe Kinder! Leute will ich Euch etwas von den Katakomben erzählen. Gewiß habt Ihr schon den Namen Katakomben gehört. Niemand kennt zwar die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes, aber jedermann weiß, daß wir unter Katakomben die Friedhöfe der ersten Christen verstehen. Das waren jedoch keine Anlagen, wie wir sie gewohnt sind. Da waren keine Mauern herum, die Gräber nicht auf ebener Erde nebeneinandergereiht; kein hölzernes oder steinernes Kreuz war zu sehen. Nun habt Ihr in der Schule beim Unterricht in der Bibel vernommen, wie Lazarus in einem Felsengrabe lag und vom göttlichen Leiland durch die Worte: „Lazarus, komm heraus!" von den Toten auferweckt wurde. Ebenso wißt Ihr, daß es von Joses aus Arimathäa heißt: „Er nahm den Leichnam Jesu, wickelte ihn ein in reine Leinwand und legte ihn in sein neues Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen Stein vor das Grabmal" (Matth. 27, 59. 60). Die ersten Christen haben diesen Gebrauch der Juden beibehalten. Die römischen Katakomben bestehen aus vielen solchen Gräbern, die nicht nur nebeneinander, sondern auch übereinander in den weichen Tuffstein eingehauen sind. Oft lausen drei und vier, ja sogar fünf Stockwerke solcher Grabgänge übereinander. Da nun schon die obersten Gräber unter der Erde sich befinden, so könnt Ihr Euch denken, wie tief man hie und da hinabsteigen muß. Alle Katakomben sind außerhalb Roms. Würde man diese Gänge unmittelbar Hintereinanderreihen, bekäme man einen so langen Gang, daß man 25 Tage zu gehen hätte, falls man jeden Tag acht Stunden gut marschierte. Es ist nicht immer angenehm, in die Katakomben hinabzusteigen, denn die Gänge sind manchmal so schmal, daß eine Person gerade noch durchkommt, und da unten ist es finster und feucht. And doch, wie erfüllt es einen mit Andacht und Freude, wenn man vor Märtyrergräbern steht, wenn man die Palmzweige als Sinnbilder des errungenen Sieges sieht, wenn man schlichte Inschriften liest, wie: „Friede sei dir mit den Äeiligen! Friede sei dir mit den Engeln! Friede sei dir im Lerrn!" Wie heimelt es einen an, wenn man an den Wänden größerer Räume Bilder schaut, wie die wunderbare Brotvermehrung, den guten Lirten, die Auferweckung des Lazarus und aus dem Alten Testament Daniel in der Löwengrube, die drei Jünglinge im Feuerofen usw. Es war am 12. Mai, also gerade am Tage, da die katholische Kirche den Jahrestag des Martyriums der heiligen Nereus, Achilleus und Domitilla feiert, als ich mich in der Katakombe dieser Märtyrer befand. Nereus und Achilleus wurden vom hl. Petrus selbst getauft. Domitilla war die Enkelin der Kaiser Titus und Domitian. Alle drei starben heldenmütig für den Glauben. Wie dankbar müssen wir dem lieben Gott sein für das kostbare Gut des Glaubens! Lier an den Wänden sehen wir, teils offen, teils hinter Sinnbildern verborgen, das reiche Glaubensleben jener Zeiten hingemalt. Achtzehn Jahrhunderte liegen zwischen uns und dem Künstler, der diese Bilder entworfen, und den ersten Christen, die hier gebetet, in Verfolgungen hier ihren Gottesdienst abgehalten und manchmal sogar hier ihr Leben für den Glauben dahingegeben; aber ihr Glaube ist unser Glaube, ihre Loffnung ist unsere Loffnung; unsere Liebe muß auch warm und werktätig werden wie die ihrige. Viele, die da unten ruhen, waren einmal Leiden. Durch die Apostel Petrus und Paulus und deren Missionäre sind sie Christen und Leilige geworden, während die große Masse ihrer Mitbürger der Gnade widerstand und ewig verlorenging. Vom Limmel aus rufen sie euch zu: „Kinder, ihr, deren Gebet ja so viel beim lieben Gott vermag, betet fleißig und gern für die Bekehrung der Leiden, denn eine einzige Mcnschenscele ist ja mehr wert als die ganze weite Welt!" Vor allem aber wollen wir unsere eigene Seele nicht vergessen, damit wir einmal dort oben alle zusammenkommen — sic, die da schlummern in den Katakomben, Ihr, liebe Kinder, und Euer Onkel Jakob. llchrlchlm te MlWe-MWiis-vttlMiU Wmelchs (tri). 31. Bb. SS.). IV. Theologen-Missions-Konferenz Österreichs in St. Gabriel, Mödling bei Wien. Dank der Gastlichkeit des Missionshauses St. Gabriel konnte der Vorort diesmal wieder einen größeren Kreis zur Teilnahme an der IV. Vertretertagung des Theologen-Missions-Verbandes Österreichs einladen. Der überraschend starke Besuch — rund hundert Teilnehmer — und der glänzende Verlauf beweisen, daß der Theologen-Missions-Verband in eine neue Blütezeit eingetreten ist. Trotz aller Schwierigkeiten waren alle zehn Theo-logen-Missions-Vereine des Verbandes auf der Tagung vertreten: Brixen, Graz, Heiligenkreuz, Klagenfurt, Leitmeritz, Weidenau, Linz, Salzburg, St. Florian und Vorort St. Pölten; ferner das noch nicht angeschlossene Priesterseminar Wien (sieben Theologen). Höchst erfreulich war das Erscheinen einer stattlichen Anzahl von außerordentlichen Mitgliedern und anderer hochw. Missionsfreunde. Auch Abiturienten und Gymnasiasten nahmen regen Anteil (Graz, Salzburg, Melk, Seitenstetten). Mit der größten Freude wurde der bekannte Vorkämpfer für die gefährdeten deutschen Missionen P. Schwager begrüßt, der trotz seiner Krankheit von der holländischen Grenze herbeigeeilt war. Ferner hatten der Konferenz die Ehre ihrer Anwesenheit gegeben: Prälat W o l n y, Obmann berünio cleri pro missionibusIŽBten, P. Dr. Grendel, Obmannstellvertreter der Unio cleri, Rektor von St. Gabriel, Generalsekretär Drexler, P. Wohnhaas, Redakteur des „Stern der Neger", und Altvorsitzender Pock, Graz. Schreiben waren eingelangt von: Univ.-Prof. Dr. Pieper, Generalsekretär des Akademischen Missions-Bundes Deutschlands, Akademischer Missions-Bund Freiburg in der Schweiz, Studentische Missions-Aktion Hollands, Akademischer MissionsVerein Münster, Arbeitsausschuß der Missions-Akademie St. Gabriel (derzeit in Deutschland), Priesterseminar Brünn, Professor Kitlitzko-Ried, Spiritual Ratzenberge r-Linz, Altvorsitzenden Neugebauer, Franco, Höbarth, Dr. Hollnsteiner, P. Schaubmayr. Sehr zu bedauern ist, daß der Präses des Akademischen Missions-Vereines Hollands wegen Verspätung persönlich nicht erscheinen konnte und so aus Innsbruck telegraphierte. Nach der kurzen Begrüßungsrede des Vorsitzenden Bauer gab Schriftführer Pachtrog den kurz gefaßten Rechenschaftsbericht des Vorortes. Dann berichtete P. Schwager ausführlich über die Lage der katholischen Weltmission, besonders der österreichischen und deutschen Missionen und über das gesamte heimatliche Misstonswesen. In ber Debatte, die vorzüglich den Missionsanteil Österreichs behandelte, konnten P. Rektor und der Ob-mann des Vereines Linz feststellen, daß auch in Österreich ein Anwachsen der Missionsberufe zu bemerken ist. — Um 2 Uhr nachmittags referierte Fr. Norbert Schachinger (Missions-Verein St. Florian) über einheitliches Arbeiten der Studienzirkel. Da die rege Debatte nicht erschöpft werden konnte, wurde diese Frage als erste gemeinsame Arbeit allen Studienzirkeln vorgelegt. Die einzelnen Studienzirkel sollen sich in Gruppen teilen, von denen' sich jede in ein anderes bestimmtes Missionsgebiet besonders einarbeitet; zu diesem Spezialstudium sollen vorwiegend die österreichischen Missionen herangezogen werden. Die wissenschaftliche Arbeit soll einheitlich vom Vororte geleitet werden. Zur Hebung der Leistungen empfiehlt es sich, Theologieprofessoren oder Missionspriester als Beiräte zu nehmen. — Generalsekretär Drexler-Wien sprach über „Priester und Mission". Die vielen Anregungen fanden allgemeinen Beifall. Die katholische Tages- und Wochenpresse soll in den Dienst der' Mission gestellt werden; Schritte dazu wurden auf der Tagung unternommen. — Hauptpunkt der Konferenz war die Überleitung des Theologen-Missions-Verbandes in die Unio cleri pro missionibus (Referent theol. Pimmingstorfer-Linz). Der Theologen-Missions-Verband Österreichs ist fortan eine selbständige Gruppe der österreichischen Unio cleri; die Arbeitsweise des Verbandes bleibt die gleiche. Von seiten des Verbandes wird das Statut der außerordentlichen Mitglieder aufgehoben, da es ja als Vorbereitung der Unio cleri gedacht war. — Damit ist ein Hauptziel des Verbandes erreicht, das immer wieder betont (siehe „Stern der Neger", „Reichspost" vom 9. Juni 1920) und durch die Linzer Bestimmungen stark unterstrichen wurde. Als erstes Referat nach der Wiederaufnahme der Beratungen am 6. d. M. folgte das Referat „Verbandesorgan" (theol. Jerschek-Brixen). Dem weitgehenden Entgegenkommen des „Stern der Neger" müssen sich die österreichischen Theologen immer dankbar erweisen. Bei Behandlung des neuen Organes der Unio cleri „Priester und Mission" stellte sich heraus, daß die Leitung der Unio cleri in Wien und der Referent aus Brixen genau die gleichen Gedanken gehabt haben; die Debatte konnte also kurz sein. Das demnächst erscheinende Organ „Priester und Mission" gilt auch als offizielles Organ des Theologen-Missions- Verbandes Österreichs. Kardinal Pis fl wurde nun telegraphisch benachrichtigt, daß der Anschluß des Thevlogen-Missions-Verbandes Österreichs an die Unio cleri vollzogen sei. — Der nächste Referent (theol. Ramharter-St. Pölten) gab eine Übersicht über den Stand der akademischen Missionsbewegung auf katholischer Seite. P. Schwager konnte ergänzen, daß vor kurzem die Aachener Ärzte einen Verein für ärztliche Missionshilfe gegründet haben. Auch in Wien wurden bereits zwei katholische Missionsärzte ausgebildet. Den letzten Punkt der Tagesordnung „der Verband und die akademischen Missionsvereinigungen" behandelte theol. Kalcher-Graz. Die Mitglieder des Verbandes sollen auch in den Ferien Missionsarbeit leisten (z. B. Vorträge in katholischen Vereinen). Der Vorort hat mit den akademischen Missionsorganisationen des Auslandes in. Organtausch zu treten (mit der Schweiz bereits geschehen). Einige Zeit wurde über die vom Verbände angestrebte Laienakademiker-Missionsbewegung Österreichs debattiert. Die Missionsbeschlüsse des letzten österreichischen Hochschultages wurden mit größter Freude Missionsreisen in Zentralafrika. Von Bischof Franz datier Geyer, Apostolischer Vikar von Khartum. In diesem prächtigen Reisebuch schildert, der hochwürdigste Verfasser seine vielen interessanten Fahrten und Wanderungen im schwarzen Erdteil. An 400 Abbildungen zieren das großangelegte, für die Missionsgeschichte der Nilländer bedeutungsvolle Werk. Alle begrüßt und die Hoffnung ausgesprochen, es möge sehr bald auch in Österreich eine laten-akademische Missionsbewegung einsetzen. Die Konferenz hatte an Se. Heiligkeit und an den Kardinalpräfekten der Propaganda Huldigungstelegramme abgesandt. Schon am 6. d. M. nachmittags traf aus Rom folgende Antwort ein: „Seine Heiligkeit lobt den Eifer, mit dem die zur Tagung versammelten Theologen be=-strebt sind, die hl. Missionen zu unterstützen und erteilt ihnen von Herzen den Apostolischen Segen, damit sie von Tag zu Tag eifriger in der Erfüllung der heiligen Pflichten des Apostolates mit Gottes Hilfe fortschreiten. Kardinal Gasparri. Kardinal van Ros sum sprach in seiner Antwort seine Freude aus über die Konferenz, segnete den Anschluß an die Unio cleri und wünschte reiche Früchte. In einer eigenen Vertretersitzung besprach man hauptsächlich einen fürs nächste Jahr geplanten missionswissenschastlichen Kursus. — Unter der bewährten Führung von P. Dr. Sche best a, Mitredakteur des „Anthropos" wurden das Missionshaus und die Museen besichtigt. P. Stint an n hielt einen Lichtbildervortrag über seine Mission in Togo. Den würdigen Abschluß der glänzenden und fruchtbaren Konferenz bildete eine schöne kirchliche Missionsfeier mit MissionsPredigt von P. Eikmann. Mit großem Danke gegen das gastfreundliche Missionshaus zerstreuten sich die Teilnehmer mit dem festen Vorsatze, noch eifriger als bisher für die Missionen ju arbeiten, damit endlich einmal auch in Österreich ein gewaltiger Missionsaufschwung zu merken sei. Der Vorort St. Pölten. Negerstämme jener weiten Gebiete mit ihren fremdartigen Sitten und Gebräuchen ziehen in buntem Wechsel am Blick des Lesers vorüber. Meisterhafte Schilderungen der afrikanischen Tier- und Pflanzenwelt finden sich auf jeder Seite. Wir empfehlen die Anschaffung dieses Buches allen Missionsfreunden, namentlich den Instituten und Vereinen. Es kann vom Verlag Herder zu Freiburg im Breisgau durch jede Buchhandlung bezogen werden. Preis 24 Mark. Durch Sand, Sumpf und V?ald. Universitäts-Buchdruckerei „Styria", Graz. — Verantwortlicher Schriftleiter: Josef Toinola, Graz.