47. Kamstag den 21. Movember 1836. - ,«. , , —,-.......-.....-.....-.......—.——----------- ^ Die ^rainischen Missionäre. <^>3ir glauben einem allgemein ausge^rochenen Wunsche zu begegnen, wenn wir den Lesern desIllyri-fchcn Blattes einige nähere und zuverlässige Daten übcr das wahrhaft segensreiche Wirken unseres Landsmannes, des Missionärs Friedrich Varraga, mittheilen. Friedrich Vtirtaga, vom l-e^lsgo« Eifer beseelt, das göttliche Wort unseres Herrn und Heilandes, Jesu Christi, den in den unermeßlichen Urwäldern 9ord - Amerikas herumstreifenden Wilden zu verkünden.', verließ im Herbste des Jahres 1850 seine ihm feuern Verwandten und die geliebte Heimath, und landete nach ciner beschwerlichen Seereise zu Neu-Oork am letzten Tage des Jahres 18^0. Hier dlicb fr nur so lange, als er glaubte, die nothwendigsten Kenntnisse für seinen heiligen Veruf sich errungen zu yaben, und begab si'ch bann sogleich auf eine ihm zugewiesene Mission, wo er am 27. Juli d. I. anlangte. Diese Mission befindet sich auf einer Insel im Obersee (I^c äu^ei-idi-), in einem indischen Dorfe, I^apmn-n> genannt, und ist 7<»o amerikanische Meilen von Detroit entfernt. Die Indlcr., welche Hr. Fried. Varra-ya als gutmüthige Nacurkinder beschreibt, hatten nach der ersten Anrede eine solche Liebe zu ihrem Scelenhir-len gefaßt, daß sie den Bau einer Missionskirche beschlossen und sogleich Hand ans Werk legten. Schon n,ich sieben Tagen siand sie Von Holz gezimmert da, und am 9. August weihte sie F. V. auf den Namen des heil. Joseph ein, und las darinnen die ersteheil. Messe. Die ncue Kirche ist 50 Fuß lang, 20 breit und 18 Fuß hoch, hat einen recht arcia.cn Thurm, in welchem eine kleine Glocke hangt. Die Zahl seiner Katechumenen war gleich Anfangs bedeutend, »reiche alle inbrünstig die heil. Taufe verlangten, und deren Wunsch er so« gleich in Erfüllung gehen ließ, als sie ihm im Chri, stenchume hinlängliche Begriffe zu haben schienen. Ani 2. August lauste er 25 Indier und einige Kinder. Da er besonders viel Erfreuliches von der heranwachsenden Generation erwartete, so bewog F. V seine neuen Pfnrr-kindcr zum Bau einer Schule, die mit seiner eben fertig gewordenen Wohnung unmittelbar zusammenhängen wiri^ Das Wirken unseres frommen Missionars verbre», tete sich mit Blitzesschnelle unter den andern indischen Siämmen, und 90 amerikanische Meilen von VarragaS M ssion befindet sichein anderes indisches Dorf, I?«ncl c>u I^ac-genannt, dessen noch heidnische Bewohner die christ'katholische Religion gerne anzm^hmen wüilschen. Auch von noch größerer Entfernung, und zwar pari den gegen Nordwesten hausenden Indiern kam ihm die er« freuliche Kunde zu, daß auch sie und ihre Kinder in den Schooß der christ-kalholischen Religion aufgenommen zu werden wünschten. Bei diesem Umstand/ beklagt er nur den Mangel an thäligen Arbeitern im Weinberge des Herrn. Wir aber wünschen dem frommen Manne, des. sen ehrenvolles Andenken unser seinen Landslcuten nie erlöschen wird — auf seiner neuen, mit so'sichtlichcm Erfolge betretenen Bahn, nebst ungeschwächter Körperkraft und fortdauernder Gesundheit, des Himmels reichsten Segen! *) B r a u n - r. ') Ebl'i,, als wir dieses m'ct><>l'schricl'c!,, langt von dem hochr würdign Hrn. Franz Pirz, ehemaligen Pfarrer m Pir, keodorf, ci,l Nricf a„ den hiesigen Handelsmann Hrn. F e r» > Ü85 - Gine Macht unter ven Vevuinen. Wer die Steppender Barbarei zur heißen Jahreszeit durchreist hat, der kennc die Qual dcs dortigen Südwindes, dessen brennender Hauch eine so zerstörende Wirkung auf alle lebenden Wesen übt. Dieses fürchterliche Phänomen hält öfters mehrere Tage an, der Horizont bedeckt sich dann mit Wolken oder einem roth, lichen Nebel, und während dieser zur Sommerzeit von selbst wieder vergeht und verschwindet, folgen dagegen im Frühjahre gewöhnlich die heftigsten Ungewitter, wobei im rasendsten Kampfe der Elemente die Atmosphäre sich ihrer giftschwangern Dünste entleert. Ein solches Ungewittcr hatte uns einmal östlich von Vlida üderfal« len, als unsere Neisekarawane nach einem Tage derer» drückendsten Schwüle von den Abhängen des kleinen At-lasa/birges in die Ebcne von Mecitschad stieg , um un« ter den Hütten «ines nahegelegenen Veduinenstammes Schutz vor dem anrückenden Sturme zu suchen. Aber trotz der Eile, zu der wir unsere ermüdeten Esel antrieben, ereilte uns das Wetter, noch ehe wir das Obdach gcfundcn. Ein Wirbelwind, der zugleich aus allcn Himmelsgegenden zu blasen schien, umtobte uns mit seinem zornigen Heulen, und jagte ein Staubmeer vor sich her, dc.s die Luft verfinsterte. Die Wüste Sahara schien in einem Staubregen sich aus dem Himmel zuer» gießen, unsere Augen erblindeten, unsere Sinne woll« t«1 schwinden. Endlich brach das von so furchtbaren Vorbothen angekündigte Ungewitter los. Die ffnsieO Atmosphäre, angefüllt von elektrischem Dunsistoffe, verwandelte ssch nun mit Einemmale in ein unermeßliches bläuliches Flammcngesilde, und verklärte die düstere Ebene und die gespenstigen Ncbelgruppen der Felsen mit einer fürchterlichen Helle. Die Donnerschläge glichen an Gewalt der Explosion cines Pulvermagazins, und die Berge, welche den Schall bis nach der Wüste trugen, brüllten ihr hundcrtMmmiges. Echo wieder; es schien das schauerliche Zwiegespräch der Kobolde des At-lasgebirqcs. Was waren da die heftigsten Ungewitter, die ich in Deutschland und in den Schweizer Gebirgsgegenden erlebt hatte, gegen dieses Naturschauspiel in der afrikanischen Wildniß^ wahrlich, dcr Europäer hat unter seinem kühlen Himmel keine Ahnung einer solchen Elemcnten-Nevolution in sinem heißen Welttheile! uns machle damals die Scene freilich kein Vergnügen, und wir warm bebend vor Entsetzen mehr todt als lebendig, als unser maurischer Dolmetscher ausrief: «Allah sey gepriesen! dort sehe ich den Daskar ^) von Ven-Mussa!" din and Schmidt a«, wo er ihm seiü: glückliche ?sn^inft m, Ne:^ Porl mit dem Vcdciltcn mcldct. daß er nächstes auf'dic latholischc:, Missioncn an dem I5er- Ecc abIchcl! werd:. ') Da^lar-) nennen dic Rrabcv is'rc ^cl'cnden Ortschaften edcr Dörfer, irclchc aüi Nchrhuttcn besiehen, unt von ihnen nicht wir standen m'^der That dicht vor einer Wand von Kaktus-Feigenbäumen , welche das Vcduinendörfchen so lange unsern Blicken verborgen hatte. Unsere aus acht bewaffeneten Arabern bestehende Eskorte ^erlangte Einlaß, und wir wurden eben noch unter das Dach ein«r kleinen räucherigen Hütte, die, wie alle übrigen, aus Lehm, Schilfrohr und getrockneten Aloeblüthenstängeln: zusammengefügt war, untergebracht, ehe der mit Hagelsteinen vermischte Platzregen in seiner vollen Wltty losgebrochen. Der Bewohne dieser Hütte war eil» hoher, sonnverbrannter Beduine von schmu^'qem » abschreckendem Aenßern , dessen pechschwarzer Vart „nd lebhaftes Auge übrigens einen Mann in der vollen Kraft der Jahre verrieth. In einer Ecke saßen seine zwei Weiber, beide unverschleicrt, mit einigen schmn» tzigen wollenen Lumpen umhängen; die eine säugte ihr Kind, während die andere Butter zu bereiten schien. Am Voden spielten völlig nackt ein Paar zweijährige Kinder, welche bei unserer Annäherung si'ch hinter ikre Mütter flüchteten. Nichts konnte ärmlicher seyn, «ls dns Innere dieser in zwei Gemächer getheilten Hütte'' ein Hevd von au^gethürmten Backsteinen » einige elende Küchengeschirr?, Tayen genannt, ein Hübncrkäsi^ und einig? kamehlsledern? Milchschläuche waren Alles, was man von Habseligkeiten seben konnte. Der bärtige Hausberr lud uns scbr gastfreundlich ein, auf ei-ner f.iubera,eflocht?nen Notndecke Platz zu nehmen, sehte uns weisie Vrodlaibchen, Honig und Feiqen vor, und goß uns aus seinem schmutzigen Lcderschlauche di'e schönste Buttermilch in den Tayen. Da es in dem engen Raume ein wenig zu knapp kerqing, so jagte er Weiber, Kinder und Hühner hinaus, und eilte dann selbst, den Scheikh des Stammes von unserer Ankunft in Kenntniß zu fetzen. Der Scheikh des Stammes von Ven - Mussa war ein Mann von einnehmender Gestalt. Seine saubere Kleidung» seine weiße Haut und die edle Regelmäßigkeit seiner Gesichtszüge ließen eher auf einen Türken als Araber schließen, und waren um so auffallender, als fast alle übrigen Männer dieses Stammes schmutzig, sonnverbrannt und von abschreckender Miene waren. In seinem Haduar, der allein aus Stein qebaut, in der Mitte der Hätten lag, saßen wir, die Veine gekreuzt, ihm gegenüber, unser maurischer Dolmetscher zwischen un', Der Tabakrauch wirbelte in Wolken aus den lanqcn Pfeifen, während wir zugleich von Zeit zu Zeit den Mok: kakasseh schlürften, der vor uns in großen Tassen dampfte. Wir waren mit dem Scheikh in ein weitläufiges G«- v!-vlassen w?l'd-',,. Donars dasseften sind die ssicqenden ?.'>is>t d,r rcmci, Nomaden stamme, :v?lfl,c cinc Au-ahl von ?,clte,i aus KamMhaare» und Häütcu verfertigt i» s>c<, fassen. Dic">>.' Downi»? w»dcn von ^^labern nach Giltdiinken wieder «b^ aebrcchcu, wenn sic andcrc Weideplätze suchen. - 13? sprach gerathen, das um so langer dauerte, als unser Dolmetscher der französischen Sprache nicht völlig mächtig war, und so viele Worte aus dem Spanischen und der linZua ll-unc^ beimischt?, daß wir ihn nur mit gro-sicr Mühe verstehen konnten. Alle Antworten jenes Häuptlings auf unftre vielen Fragen waren klug und ^ lakonisch kurz. Unftre Neuigkeiten aus dem Oriente vcm Sultan, von Mchemed Ali und der gänzlichen Umgestaltung jener Reiche der alten Islambckenner, schien er mit Interesse anzuhören; den Tod des alten Deu von Algier wußte er noch nicht. Vcn- Muffa gebort nicht zu den eigentlichen Verbündeten Frankreichs. Dieser Stamm behauptet eine Art von Nentralilät; s>. bezahlt seinen Tribut, ohne jedoch seine Waffen wi-dcr die feindlichen Bewohner des Gebirges herzulcihen. Er war einer jener fünfundvier^ig Stämme gewesen, dessen Wohnungen und Felder im October 1835 von den Franzosen verbrannt und verwüstet wurden. Spater wußte Gcncr.il Voirol durch seine kluge Mäßigung das (zute Einvernehmen mit den Arabern wieder herzustcl-Icn, ja er lieh ihnen einmal sogar seine Waffen, um ihre geraubten Hccrdcn den Händen der Hadschuten wieder zu entreißen, und seit jener Zeit ward der Friede uicht mehr gestört. Das Ungewitter war inzwischen wahrend unsers langen Gespräches vorübergezogen, und der Abend die-scö schwülen und stürmischen Tages war milde und schön. Die Sonne lachte nus einem Himmel voll heilen Wlaues, und winkte uns mächtig ln das erquickte Naturreich, in das Vlumcn-und Pflänzcnpnradics d!c-ser gesegneten Welt-one hinaus. Der Schcikh beglci. vele uns. Die Weiber saßen, Decken webend oder ihrc Kinder säugend, vor ihrcnHütten, ohne bei unserer Erscheinung jenen schüchternen Zwang wie unsere Frauen zu verrathen. Die arabischen Weiber altern Alle sehr frühe. Eine junge Frau von 30 Jahren gleicht einer Matrone von,fündig. Wenn aber die Schönheit dieser Geschöpfe schnell verwelkt, und ihre Haut frühe Runzeln bekömmt, so bewundert man doch noch lange ,lm ihnen das dunkclschwarze Auge, das wie die Sonne Arabiens glüht, die Zähne, blendend weiß wie die Perlen Ceylons, und die Fülle der schwarzen Haare, welche sie nicht wie die Männer schecren. , Dcr männliche Theil d ls Stammes stand draußen auf dem W:c-sengrunde und melkte die Schafe und K.nuehle. Vrn ersteren war die Heerde ungebeucr zahlreich, und bclief sich gewiß auf mehrere Tausende; man erblickte darunter eine Menge von Hämmeln mit vier Hörnern. Viele alte Beduinen saßen unthätig plaudernd auf dem sckon getrockneten Grase beisammen, und bildeten einen Kreis mit übereinandcrgeschlagenen Beinen. Die kleinen Knaben tummelten sich in muthwilligen Spielen hcrnm und belustigten sich, auf die Esel zu klettern, und die zottigen Hunde an den Dhren zu ziehen. Al. les schien sich dieses milden Abends zu freuen, denn die Natur ist in diesem Lande Afrika's nachfinem Gewitter wenigstens eben so schön wie in den Gauen Deutschlands, wo man aber den Duft von orientalischen Rosen und Pomeranzenblüthcn nur in den Treibhäusern athmet. Auf den Bergen im Hintergrund«: stürzte das Regenwasser in unzähligen Strömen und Gießbächen von den Steinwänden herab, und schwellte das reißende Wogenbette der Haratsch an, welche nur eine kleine Viertelstunde Von dicsem Daskar entfernt stießt. Ueber diesen kl? nen Wasserfallen, in welchen der Strahl der sinkenden Sonne sich badete, glänzten und blitzten Regenbogen ohne Zahl — ein unbeschreiblich schönes Schauspiel! Wir gesellten uns zu einer Ara-bcrgruppe, in deren Mitte ein alter Beduine unter Musikbegleitung eine Art von Romanze ableierte. Das Instrument, auf dem er spielte, halte mit unserer Gui. larre große Achnlichkeit; dasselbe halte ebenso vicle Saiten, und nur die Form war davon Verschieden. Der Vortrag des Erzählers war halb Gesang, halb Decla« mation, und für eine europäische Zunge unnachahmlich. So lächerlich uns indessen die seltsam articulirtcn Eon-sonantentöne einer fremdartigen Sprache klangen, sc» schenkten ihm doch die Araber umher die größte Auf» mcrksamkeit. Als der Erzähler geendigt hatte, wan« derte das Instrument in andere Hände, und kam end« lich an einen jung-* Beduinen, dcr einen Gesang gan; in dcr nämlichen Weise begann, allein sein Mährchen schien mehr comischen InHalls zn seyn, denn auf den erst so melancholischen Gesichtern der Zuhörer zeigte sl>1» jrtzl ein schmunzelndes Lächeln. Zuletzt griff auch der Schcikh nach der Guitarre, die Aufmerksamkeit verdoppelte sich; die übrigen Vedumen verließen ihre Kam:h-le, um sich hinter dem Kreise zu lagern, selbst die Kitt, der liefen von ihren Spielen herbei, und beguckten die imposante Gestalt ihres Stammkönigs mit stummer Ehrfurcht. In dem Spiele des Häuptlings lag schon etwas mehr Harmonie als in dem der vorhergehenden Sänger. Dasselbe näherte sich etwas mchr der Weise der Mauren in den Städten, obwohl es unsern euro« päischen Ohren immer noch häßlich genug klang, und dcr schlechteste Vcttclmusikant bei uns dabei nur mitleidig die Achseln gezuckt haben würde. In dem. Ausdrucke seiner Stimme jedoch lag Etwas, das jeden im-ponircn und Wohlgefallen mußte, auch wenn dcr Sinn der fremden Töne für ihn verloren ging. Die colossa'e. Gestall des Sängers, welche dieser trotz der Fülle feiner Iabre mit dcr Majestät eincs greisen Löwen erhob, sein malerisches Gewand, sein Pantomimenspiel voll Ausdruck und Würde, ricf mir einen großen dcut-schen Schauspieler ins Gedächtniß zurück, dcr, als sein? Glanzperiode längst schon untergegangen, doch selbst noch in dcn Tagen des SiechthumZ, wenn Momrme dcr alten Begeisterung wiederkehrten, sein Auditorium t83 zur höchsten Bewunderung hinriß. Unmöglich laßt sich die Spannung beschreiben, mit welcher alle Beduinen umher mit Aug und Ohr der Erzählung ihres Häuptlings lauschten. Ihr Vlick sprühte unter der Kaputze Feuer hervor, ihre Glieder schienen zu Steinbildern erstarrt. Unsere acht bewaffneten Führer, welche bis. her am Feuer ganz gleichgültig ihren Lämmerdraten verzehrt hatten, theilten jetzt mit den übrigen dasselbe Gefühl, ihre Gesichter waren gegen die Flammen gegeigt, der Bissen blieb ungekauet in ihrem Munde und selbst unser Dolmetscher, der, wie alle Mauren, gegen die rohen Nomadenstämme des Landes immer eine tiefe Verachtung an den Tag legte, horchte nun ebenfalls mit der gespanntesten Aufmerksamkeit zu. Wie leid that es mir in jenem Augenblick, daß ich kein Maler »var! Diese feierliche Nachtscene, diese interessante Wildengruppe hätte sich so schön zu einer Pinselscizze geeignet, besonders wenn man die tropische Pflanzenumgebung, die P.ilmen, die Kamehle und im Hinter, gründe den Atlas sich hinzudenkt, um den schon die 3iebelgebilde d.es Abends sich gruppitten. (Schluß folgt.) Rozif unv Magen. Kopf und Magen streiten seit Anbeginn um die Herrschaft der Welt, aber der Letzte l>l jetzt fast Sieger, Der Kopf wäre dem Magen längst davongeflogen, wenn er nicht durch ein energisches Band, das wir Hals nen-nen, mit dem Magen mittelbar zusammengewachsen wäre; der Magen aber hält nichts vom Fllegen, er sucht konsistentere Genüsse als Luftj er ist höchst prosaisch, der Kopf aber ist oft Poet. Verliebt sich der poetische Kopf, und schwort dem Liebchen, die Sterne vom Himmel zu holen j so fragt Prosaiker Magen: hast du denn zu csftn für sie? Der Magen, wenn er voll ist, k.nin als der friedliebendste Mann gelten>- und viele friedliebende Männer sind der festen Ueberzeugung, daß sie Gott nur wegen ihres Magens geschaffen habe. Daher die ewige Frage: wovon leben? woher Brod bekommen? Selbst auf den Universitäten, wo doch von Rechts wegen der Kopf die Hauptrolle spielen sollte, lauft ihm der-Magen den Rang ab; denn die Mehrzahl sind dort—Brodcollegia. Das Brod ist übrigens bei den Deutschen eine so wichtige Angelegenheit, daß sie schon seit Jahrhunderten darüber Krieg führen: ob man es mit dem harten T oder dem weichen D schreiben solle. In neuerer Zeit «rst schloß man einen Waffenstillstand auf unbestimmte Zeit und vereinigte sich dabei: dieß schätzenswert!)? Ge- bäck, wenn es neubacken ist, weich, und ist es altbacken, hart zu schreiben. Der Mag,n ist auch, durch seine Oberherrschaft verwöhnt, sehr bequem, und läßt sich den Kopf alles vorkauen; sonst ist er capriciös und verdaut nicht, und gute Verdauung ist nächst der Unsterblichkeit die schönste Himmclsgabe. Daß der Kopf die Zeit gehörig eintheilte, ist nur dem Magen zu verdanken; denn der Lauf der Erde um die Sonne wir5 nach Portionen berechnet. Hat dcr Mensch seine dreihundertfünfundscchzig Frühstücke, Mittagessen und Abenddrode oder Abendbrote verzehrt, so ist sie ein Mal herum. Nun hat sich aber der Kopf Feiertage erdacht, und damit davon der Nagen Nachricht in seine Finsterniß erhält, wird ihm jeden Feiertag etwas Apartes hiuntn-gesandt. Bei allm Haupt-begebenheiten des Lebens wird der Magen vor allem andern fclirt und honorier. Wird ein Mensch geboren, so ißt man, wird einer getraut, so ißt man,' wird er begraben, so ißt man. Der Deutsche schätzt überhaupt, das Essen mehr als das Leben; denn schreibt er: dcr Mensch ist, d. h. lebt, so verwendet er dazu nuc ein s) will er aber schreiben: der Mensch speißt, so nimmt er, um den hochwichtigen Act mehr hervorzuheben, noch ein S d^u, und schreibt.' der Mensch ißt. Zum Schlüsse dieser philosophischen Abhandlung folge hier noch die Bemerkung, daß die Menschheit in zwei Haupt- und Generalclass»" einzutheilen ist, nämlich - 2. In solche, dl^ mehr haben, als sie essen, 2. In solche, die mehr essen, als sie haben. Möchten diese Beide immer, nicht aus Herzensgrunde, sondern aus'Magtngrunde, miteinander harmoniren^ M l V c e l l e. . In Moskau eristirt ein merkwürdiges Monomen. Ein zehnjähriger Knabe besitzt eine außerordentlich tiefe Vaßst n,me, während der Vater dieses Kindes, was eine nicht weniger bemerkenswerthe Sonderbarkeit ist, eine köstliche Sopranstimme hat. .....-------o» ---------' ^^ _____ tag <1an 22. November cj. F., i« clei- ln<'5. 8>i>