Berausgegeben vom UMionshaus Graz, Paulusforgaiie 10. Preis ganzjährig: Österreich 2 S, Deutschland 2 Sotdmark, Statten 8 Mre, Uchechoilowakei 10 6K, Sugollawlen 24 Dinar, Ungarn 3 Pengö, Schweiz 2 Franken, Hmerika 2 Soldmark. Der ßeillge Vater Plus XI. hat der Redaktion, den Hbonnenten und Wohltätern den Hpoltollithen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Metten geleten. Mit Empfehlung der hochwürdfgtfen Oberhirten von Brixen, Brünn, Sraz, tieitmerlfz, Mnz, Otrnütz, Marburg, Orient, Crieif und Wien. 5 eff 11. nouember 1928.____________XXXI. Sahrgang. HB fDissionsdfnrtensd)reiben des HP DO V- tschechoslowakischen Episkopates. DO 'j Der Episkopat der tschechoslowakischen Republik hat ein Missions-Hirtenschreiben erlassen, das von ganz außerordentlicher Bedeutung zu werden verspricht. Voll und ganz haben die Bischöfe sich auf den Boden der MissionsEnzyklika Papst Pius' XI. gestellt und ohne Rücksicht auf die großen Bedürfnisse ihrer eigenen schwergeprüften Sprengel die großen Anliegen des Weltapostolates ihren Gläubigen empfohlen mit einer Großmut und Selbstlosigkeit, die Christus ihnen sicher hundert- und tausendfach lohnen wird. Aus dem herrlichen Schreiben heben wir nur ein paar praktische Vorschriften heraus. Die Bischöfe ordnen an, daß das Gebet in ihren Diözesen reichlich den Missionen gespendet werde. Darum soll bei den gemeinsamen Gebeten und Gottesdiensten, insbesondere bei den Rosenkranzandachten im Oktober und in der Fastenzeit, immer am Schlüsse der Andacht ein Gebet für das Gedeihen der Missionen und ein Vaterunser und ein Ave-Maria mit der Bitte „Heiliger Franziskus Taverius, bitte für uns" angeschlossen werden. In den katholischen Erziehungsanstalten sind nach dem Morgengebete täglich gemeinsam ein Vaterunser und ein Ave-Maria mit der Bitte „Heiliger Franziskus Taverius, bitte für uns" für das Gedeihen der Missionen zu beten und außerdem ist die Jugend zu öfterem Gebete für das katholische Weltapostolat aufzufordern. Zur materiellen Unterstützung der Missionen durch die Gläubigen ordnen die Bischöfe an, daß in jeder Kirche ein Opferstock mit der Aufschrift „Für Missionszwecke" anzubringen und der Betrag vierteljährlich an die Ordinariate abzuführen sei. Bor allem betont der Episkopat die organisierte Mis-sionshilfe. Darum verlangt er ausdrücklich die Einführung oder Organisation der drei päpstlichen Vereine in allen Pfarreien. Endlich empfiehlt er die Pflege der Missions-beruse und die Verbreitung der Missionspresse. „Niemand wolle einwenden," heißt es gegen Schluß, „daß wir zu Hause wenig Priester und viele kirchliche Bedürfnisse haben und daher zuerst diesen entsprochen werden sollte. Wir dürfen nicht vergessen, daß es sich 1 162 Stern der Neger Heft 11 um die Erfüllung des entschiedenen Willens Jesu Christi, um die Befolgung der Anordnung des Heiligen Vaters und um die Erlösung unsterblicher Seelen handelt. Eben dadurch, daß wir die Missionsbewegung unterstützen, wird bei uns größerer Eifer und ein eigenes religiöses Leben entstehen, und je mehr Söhne wir dem Missionsberufe opfern, um so mehr eifrige Priester wird Gott für die religiösen Bedürfnisse der einheimischen Gläubigen erwecken. Die Missionstätigkeit schadet nicht der Entfaltung unseres heimatlichen Katholizismus, sondern im Gegenteil, je größer der Eifer und die Opferwilligkeit für die Missionen sein werden, um so schöner wird das kirchliche Leben in der Heimat erblühen." („Grazer Volksblatt".) 'S3 ^ Cm mildes Bienenvolk. Von Hochw. ?. Tremmel, F. S. C. S3 jj Ein Bienenvolk ganz eigener Art haust seit einigen Jahren in Sibirien, aber nicht im russischen, sondern im Sibirien von Ellwangen, das im Freistaat Württemberg liegt. Von der Behausung, dem Leben und Treiben dieses seltsamen Völkleins will ich nun kurz berichten. Der Bienenkorb, in dem die wilden Immen wohnen, ist kein Strohkorb mit schöner, rundlicher Form, noch ein viereckiger Holzkasten, sondern ein großer Steinbau in Quaderform, der an der Stirnseite zwei Mauergiebel trägt. Vor drei Jahren war das heutige Bienenhaus zum Teil noch Stall, zum Teil Wohnhaus. Beides gehörte der Frau Wolfram. Es konnte aber der Kauf zugunsten der wilden Bienen, die damals im Schleifhäusle untergebracht waren, erfolgen. Um für die neuen Bewohner die rechten Zellenräume zu schaffen, mußte an Wohnhaus und Stall manches gebaut werden. Im April 1926 konnten die wilden Bienen von ihrem neuen Heim Besitz ergreifen. Der frühere Stall wurde am besten umgebaut. Unten hinein kam die Hauskapelle. Darüber liegt ein Schlafsaal. Über letzterem der Studiensaal und ganz oben ist nochmals ein Schlafsaal. Daß zwei Schlafsäle und nur ein Studiensaal vorhanden sind, ergibt sich aus der horizontalen Schlafrichtung der Bienen. Der merkwürdige Bienenkorb liegt malerisch am Hügelfuß. Man möchte meinen, Gottes lichte Engel hätten das Plätzchen ausgewählt. An der Stirnseite der Behausung ist ein großes, schönes Flugloch angebracht. Dies wird jedoch von den Bienen höchst selten benützt. Dafür schwärmen sie aber um so häufiger am kleinen Nordflugloch aus und ein. Da gib nur obacht, wenn du gerade zur Flugzeit kommst. Es könnte leicht um eine Rippe oder, wenn sie schwach sind, auch um zwei geschehen sein, falls gerade so ein Wildling herausstürmt. Von der Wildheit der Bienen könnten die Bienenväter so manches Stücklein berichten wie auch die Lehrer am hohen Gymnasium in Ellwangen, wo die Bienchen tagtäglich den himmlischsüßen Honig der Wissenschaft holen. Das wilde Bienenvolk ist sehr geschäftig und rührig. Du solltest es nur einmal bei den Mußestunden am Mittag und Abend auf dem freien Platze vor dem Korbe sehen! Ist das ein Summen, Lärmen, Surren! Ist das ein Tummeln, Rennen und Jagen! Hat sich aber ein Jmmlein in eine Ecke verkrochen — es gibt schon solche Ausnahmsfälle—, so ist ihm gewiß etwas in die Bienenleber geraten und da muß dann der Bieneuvater in die Schranken treten. Bei der Arbeit im Stocke sind die Wildbienen still und schweigsam. Da gilt es für sie zu nippen an den Blütenkelchen der lateinischen und griechischen Grammatik, da heißt es Honig holen im Schweiße des Angesichtes aus Livius, Horaz, Ovid, Lenophon, Homer und wie die duftigen Namen alle heißen, da müssen sie weit hinunter in die Tiefe der farblosen Mathematikblume tauchen, um den süßen Honigseim zu erhaschen. Manchmal heißt es auch, wenn die Zeit drängt, schnell von einer Blume zur andern, von Geschichte zu Physik, Erdkunde usf., um noch den nötigen Bedarf an Wisfenshonig aufnehmen zu können. In der Arbeitszeit muß auch der schon im Gymnasium aufgenommene Honig verdaut und feiner zubereitet werden. die Aufschrift auf ihrem Bienenkörbe. Das Mischvolk setzt sich aus einem württembcrgischen, bayrischen und badensischen Teil zusammen. Die Gesamteinwohnerzahl betragt nach dem gegenwärtigen Stande 45. Die Württembergische Rasse hat den Löwenanteil, 28, Bayern stellt 10, Immen und Baden 7. Es gibt im Bienenhaus von St. Josef nur Arbeiterbienen. Schleicht sich eine Drohne ein oder will sich Zeit zur Unterhaltung haben da die Bienchen nicht. Manchmal aber kommt es doch auch vor, daß die eine und andere ihrem Gegenüber gegen die Rechtsnormen des Bienenstaates etwas zusummt. Im allgemeinen leben sie aber schon ver-fassungsg-miäß. Alle haben übrigens im Wildbienenstaat die gleichen Rechte und Pflichten. Der König des Staates ist der liebe Gott in der Taberuakelzelle. Alles im ganzen Staatswesen ist auf den König eingestellt. Mit ihm pflegt das Bienenvolk regen Verkehr. Der erste und letzte Grnß im Tage gehört ihm. Keine einheitliche Rasse bilden die wilden Summer von St. Josef — St. Josef lautet nämlich eine arbeitsunfähige Biene dauernd bei diesen Wildbienen niederlassen, so wird diesen das Wohnungsrecht bald gekündet. Sieben volle Jahre muß so ein Wildbienchen im Ellwangenerftock Wissenshonig bereiten. Gewiß eine schöne Spanne Zeit, besonders wenn man in Erwägung zieht, daß das Honigmachen für die Bienen sauer und bitter ist. Mit Sum-sum-sum geht es nach der Siebenjahrzeit in einen neuen Stock, in das Gottbienenhaus des Noviziates. Dort hat sich dann neben der Wissenshonigbereitung die Umwandlung der Wildbiene in eine Gottesbiene zu vollziehen. qp Oie Schwiegermutter in 'CransvaaL ob' DD VS Von Hochw. P. Bernhard Zorn, P. S. C. did j „Schwiegermutter". Jeder, der heiratet, bekommt eine solche gratis mit. Ist das in aller Herren Lander so, dann kann es in Afrika bei den Negern auch nicht anders sein. Will ein Eingeborener heiraten, so muß er eine Hütte bauen in allernächster Nähe der Wohnung seiner zukünftigen Schwiegermutter. Warum? Die Mutter bleibt immer die fast unumschränkte Herrin ihrer Tochter, auch dann noch, wenn sie verheiratet ist. Dieses Recht kann sie aber nur dann erfolgreich ausüben, wenn sie in deren Nähe bleibt. Der glückliche Bräutigam erfreut sich seiner Erkorenen gewöhnlich nur dann, wenn es ihm seine Schwiegermutter erlaubt. Bei ihr ist sie fast immer, bei ihm verhältnismäßig nur selten. — Gekocht wird nur im Hause der Schwiegermutter; das Essen für ihn wird herübergebracht. Da geschieht es nicht selten, daß es zu spät kommt. Seine bessere Hälfte, öfter aber noch die Schwiegermutter, hatte viele Neuigkeiten zum besten zu geben. Das hatte viel Zeit gekostet und darum konnte das Mahl nicht fertig sein. Ein Weilchen wartet der Mann mit Geduld; nun muß er fort zur Arbeit; es ist höchste Zeit. Der Boer, bei dem er sich sein Brot verdienen muß, ist in diesem Punkte sehr genau. Wer nicht zur rechten Zeit bei der Arbeit ist, wird zurückgeschickt oder der halbe Taglohn wird ihm abgezogen. — Also der Mann geht mit knurrendem Magen zu der eben verlassenen Arbeit zurück. Bis zum Abend ist eine lange Zeit. Das Knurren des Magens nimmt zu, steigt empor, immer höher und vernehmbarer, bis es sich in Form einer Strafpredigt Luft macht. Ist die Frau klug und besonnen, so schweigt sie, bittet um Entschuldigung und verspricht Besserung. Das besänftigt die von Natur guten Charaktere und dabei bleibt es. Doch wo findet man solche, die schweigen und nachgeben können, besonders wenn die Rüge etwas grob ausfällt? Die Schuld an allem hat ja nicht sie, sondern die Schwiegermutter. Die hat natürlich breitere Schultern, geschultere Zunge. Die nimmt es mit jedem auf; besonders mit jedem Schwiegersöhne ! Der aber will mit ihr nichts zu tun haben; er will mit seiner Frau abrechnen. Über die glaubt er mehr Rechte zu haben. Hat er sie doch teuer erkaufen müssen! Bleibt es bei bloßem Schimpfen, gelinderen Zornausbrüchen, so wird die Sache noch am selben Tage erledigt. Sie bleibt ihm ja selten was schuldig! Werden seine Beweisgründe „handgreiflich", so flieht sie, läuft heim zu ihrer Mutter und diese läßt sie nicht eher wieder los, bis sie einen Ochsen als Sühne erhalten hat. Wer hat den Schaden und wer den Nutzen? Will der Mann seine Frau zurückhaben, so muß er in den sauren Apfel beißen — nachgeben, zahlen, und zwar je eher, desto besser für ihn. — In milderen Fallen ein Huhn, ein Schaf, eine Ziege oder etwas Geld; in ernsteren ein Stück Rindvieh. Abgesehen vom Wert des Lösegeldes ist das noch eine verwickelte Sache: Nach Eingeborenengesetze darf niemand mit seiner Schwiegermutter reden, sie nicht grüßen, ja nicht einmal anschauen! „TJkun-lonipa“ nennt man dies, das heißt ehren, Achtung haben. Alle Geschäfte müssen mit ihr durch eine dritte Person erledigt werden; ebenso alle Streitfragen. Kommt es zufällig vor, daß der Schwiegersohn am Hause der Alten vorbei muß und er sie irgendwo wahrnimmt, so muß er sein Gesicht abwenden, um nur ja ihren Blicken nicht zu begegnen. Zur größeren Vorsicht hält er noch seinen Schild oder was er sonst bei sich trägt, als schützende Abwehr nach jener Seite, wo er sie auch nur vermutet. Dasselbe muß er tun, sollte er sie auf freiem Felde antreffen. In weitem Bogen, mit abgewendetem Gesichte geht er um sie herum. Unnütz zu sagen, daß das ihm mitunter sehr angenehm ist I Auf diese Weise erspart er sich manche unliebsame Zwischenfälle. Sie ihrerseits ist eigentlich zu nichts verpflichtet. Sie hat nur Rechte und übt sie fast immer gewissenhaft aus. Mitunter sucht sie sogar mit Fleiß Gelegenheiten auf, um den armen Hascher zu tratzen. Ist die Schwiegermutter auch noch so garstig, hält die Frau doch für gewöhnlich mehr zu ihr als zu ihrem Manne. Hat dieser sich überzeugt, daß er auch in naher und ferner Zukunft wenig von seiner Frau (resp. von seiner Schwiegermutter) zu hoffen hat, so verläßt er Haus und Hof, Frau und Schwiegermutter, Lourdes. (Von Hochwürden P. Alois Wilfling, F. S. C., Rektor im Missionshaus Graz.) Ich hatte diesen Sommer das Glück, bei der 26. Österreichischen Marianischen Lourdes-Pilgerfahrt geistlicher Leiter zu sein. Über 360 Pilger, zum Teil aus allen angrenzenden Reichen, darunter 36 Priester, hatten daran teilgenommen. Da die großen Gnadenstätten, die wir besuchten, wohl allen „Stern"-Lesern lieb und teuer sind und ich zudem bestrebt war, den Missionsgedanken den Pilgern näherzubringen, dürfte eine kleine Reiseskizze im „Stern" berechtigt sein. Einsiedeln, die altehrwürdige Gnadenstätte in den Schweizer Bergen, von den Benediktinern durch ein Jahrtausend treu gehütet, machte auf die Pilger einen überaus erhebenden Eindruck. Diese Kirche soll vom Heiland selber geweiht worden sein, so daß der zur Weihe herbeigekommene Bischof sich weigerte, sie nochmals zu weihen. Hier gelobten wir, unsere ganze Pilgerfahrt zum Preise der Gottesmutter zu machen und in diesem Geiste alle Entbehrungen und Beschwerden freudig auf uns zu nehmen. geht weit weg, gar in ein anderes Land, um dort von neuem zu beginnen, — ähnlich wie ein Verzweifelnder von Europa nach Amerika flüchtet. Man bereut es oft, es so zum Äußersten getrieben zu haben; jedoch fast immer umsonst, denn ein so Vertriebener kehrt fast nie mehr zurück! Und wenn er zurückkehren sollte, ist es gewöhnlich nur in dem Falle, daß die Schwiegermutter stirbt. Sie war ja schuld au allem! Ist eine Missionsstation in der Nähe, so geht die verlassene Frau nicht selten dorthin, um Schutz und Lebensunterhalt zu finden. Sie nimmt endlich die katholische Religion an und bringt nicht selten ihren wiedergekehrten Mann auch dazu, ihrem Beispiele zu folgen. In Freiburg, der letzten Arbeitsstätte des großen Apostels Deutschlands, des hl. Petrus Kanisius, besuchten wir dessen Sterbezimmer und verherrlichtes Grab. Zu Füßen des prächtigen Standbildes dieses „Hammers der Ketzer" gelobten wir nach einer Predigt über die verhängnisvolle Irrlehre unserer Zeit, den Materialismus, im Geiste eines hl. Kanisius apostolisch zu wirken und erneuten gemeinsam das Taufgelöbnis. Paray-le-Monial! Wer kennt nicht dieses Heiligtum des Herzens Jesu! Es gehört mit zu dem Erhebendsten meines ganzen Lebens, daß ich gerade an jener Stelle, wo der Heiland der hl. Margarete die Liebe seines göttlichen Herzens geoffenbart und seine überreichen Verheißungen gegeben hat, das heilige Opfer darbringen und den frommen Pilgern die große Liebe des Gottesherzeus predigen und zur Gegenliebe begeistern durfte. Mit welchem Feuer wir hier das Herz-Jesu-Bundeslied sangen! Von da ging es auf einer wohl langen Fahrt quer durch Frankreich, durch die Pyrenäen nach Spanien zum wunderbaren Christus BOG Umschau. 0 □ ö _i 166 Heft 11 Stern der Neger von Limpias, wovon in den letzten Jahren so viel gesprochen wurde. So unscheinbar der entlegene Ort und so einsach das eher ärmliche Gotteshaus ist, so überwältigend ist der Anblick dieses Krenzbildes. Es waren wirklich gnadenvolle Stunden reuiger Einkehr und aufrichtiger Bußgesinnung, die wir hier verbrachten. Daß einzelne Pilger, die gleich zahlreichen früheren beeiden können, die wunderbaren Bewegungen auf Notaltären zelebrierten, las ich die Pilgermesse. Der jugendliche König Otto ministrierte mir bei derselben, die kaiserliche Familie und die Pilger kommunizierten. Bald darauf wurde ich zur Privataudienz bei der Kaiserin gerufen. Das Gespräch drehte sich hauptsächlich um die Mission, war doch Kaiser Franz Josef durch ein halbes Jahrhundert Protektor unserer Mission im Sudan. Ihre Majestät erkundigte sich Kaiserin Zita mit ihren Kindern. des Bildes gesehen zu haben, davon tiefst ergriffen waren, ist leicht begreiflich. Die Rückfahrt von Limpias brachte uns einen Freudentag ganz eigener Art. Eine große Anzahl von Pilgern ließ es sich nicht nehmen, von Bilbao aus einen Abstecher zu machen, um unsere „durch ein trauriges Geschick uns entrissene Landesmuttcr" aufzusuchen. In aller Morgenfrühe fuhren wir per Autos durch das romantische Gebirge an den malerischen Hafenort Lequeitio, den Verbannungsort der kaiserlichen Familie. Während verschiedene Priester mit lebhaftem Interesse über den Stand der Mission und zeigte sich über den Aufschwung des Missionswerkes sehr erfreut. Im Garten stellten sich inzwischen die Pilger zur gemeinsamen Vorstellung auf. Es war mir eine Freude, im Namen der Pilger der Kaiserin wärmsten Dank Zu sagen für „das erhebende Beispiel, das sie uns als eine so treue Jüngerin des Gekreuzigten gibt", ähnlich dem „des Heimgegangenen Kaisers, der als treuer Sohn der Kirche nicht zögerte, für die Interessen derselben auf Thron und Leben zu verzichten und die Herrscherkrone mit der Dornenkrone zu vertauschen, die nun als Siegeskrone auf ewig seine Stirne ziert." Zum Danke gaben wir das Gelöbnis nuferer Gebetshilfe und treuer Anhänglichkeit. Die nächste Nacht brachte uns an das ersehnte Ziel — nach Lourdes, zur Gnadenmutter. Wohl alle Pilger sagen dasselbe: in Lourdes ist man im Vorhof des Himmels. Wir verbrachten dort vier Tage, wirklich selige Tage, Tage der Freude und der Gnade. Zugleich mit uns waren große Pilgerzüge aus öen meisten Ländern Europas, selbst aus Amerika, anwesend, man sprach von 40.000 Pilgern mit vielen Hunderten von hilflosen Kranken, die auf Lourdes ihre letzte Hoffnung setzen und so oft auch Heilung finden. Wir selbst waren bei wunderbaren Heilungen, die bei der großen Sakramentsprozession geschahen, anwesend. Als Missionär konnte ich nicht umhin, an dieser heiligen Stätte, wo jährlich Hunderttausende von Kindern Mariens so reichlich Gnaden und Trost empfangen, jener Ärmsten zu gedenken, die ihre Mutter noch nie kennengelernt haben. So benützte ich unsere nächtliche Anbetung und hielt bei der Mitternachtsmesse eine Missions- Fides "-K Durban (Natal, Südafrika). Der Episkopat und die Eingeborenen-Organi-sation. In einem Hirtenbrief an die eingeborenen Katholiken seines Vikariates fordert Msgr.Delalle auf zum Eintritt in eine katholischafrikanische Organisation (C. A. 0.). Die Organisation ist eine freie Föderation zur Förderung der Interessen der Eingeborenen und Katholiken Südafrikas. Die apostolischen Vikare und Präfekten haben auf ihrer Versammlung zu Kimberley im Juli 1927 eine Industrie- und Handels-Genossenschaft (1.0.17.) mißbilligt. Für die neue Organisation, die auf katholischer Grundlage aufgebaut ist, treten sie aber sehr entschieden ein. Schon seit einigerZeit entfalten die katholischen predigt, in welcher ich den Pilgern das Elend der Heiden schilderte, um sie zum Mitleid zu bewegen und zu eifriger Mitarbeit am Missionswerke zu begeistern. Der vierte Tag brachte mir das Unangenehmste der ganzen Pilgerfahrt, die Abschiedspredigt an der lieben Grotte. „Mutter, o vergiß mein nicht, ich vergess' dein ewig nicht", so singend zogen wir fort und gar jeder warf noch aus tränenfeuchten Augen einen letzten, langen Blick zurück. — Zwei Tage darauf war in der Pfarrkirche in Bozen, in die wir vom Bahnhof aus singend einzogen, die feierliche Schluß- und Dankesandacht. Mit dem Bewußtsein, für unser Missionswerk neue Freunde und Gönner unter den guten Mitpilgern gewonnen zu haben, nahm ich von ihnen in Brixen Abschied, um unseren dortigen lieben Mitbrüdern die ersten Grüße aus Lourdes zu bringen. „Ein Bild ist mir ins Herz gegraben, Ein Bild,'so wunderbar und mild. . . Es ist der Gottesmutter Bild!" Möge mit diesem lieblichen Maria-Lourdes-Bilde auch stets das Bild der armen Heidenkindlein verbunden sein! respondenz.) Organisationen eine rege Wirksamkeit unter den Eingeborenen. Mit großem Eifer sucht man eine Föderation zu bilden, die ganz Südafrika umspannt. Die Katholikenführer hoffen, daß sich mit Hilfe dieser Organisation bald ein praktisches, aufbauendes Programm für die Schwarzen des afrikanischen Südens aufstellen lasse. Numias (Menga, Ostafrika.) Tausend Neger in Exerzitien. Ein schönes Bild lebendigen Glaubenseifers bot die Stadt Numias in der Karwoche dieses Jahres. Tausend katholische Neger versammelten sich acht Tage lang in den drei großen Ziegelschuppen der Mission, um die jährlichen Laienexerzitien mitzumachen. Viele der Exerzitanten, die in den Schuppen kein Platz- chen mehr fanden, schliefen auf bloßer Erde. Ans verschiedenen umliegenden Dörfern waren sie herbeigekommen und sie alle zeigten glühenden Eifer und helle Begeisterung trotz der vielen Beschwerden, die sie auf sich nehmen mußten. Am Osterfeste wurde die imposante Exerzitienwoche geschlossen. Antsirabe (Madagaskar). Die Pest in M a d a g a s k a r, die im Oktober vorigen Jahres eingeschleppt worden war, schwand langsam. Aber sie hat grausige Folgen gehabt. Das Archiv des Vikariates Antsirabe, das den Vätern von La Salette unterstellt ist, enthält die Namen von 461 Toten. Da viele Tote nicht registriert werden konnten, schätzte man den Verlust auf 500 Katholiken. Das Vikariat Antsirabe zählt 63.000 Katholiken. Hongkong. Bischofsweihe im Aussätzig en he im. Einen einzig großartigen Festtag feierten die armen Aussätzigen der Insel Schek-Lung (China) am 24. Juni dieses Jahres. Ihr hochverehrter geistlicher Vater Msgr. Des-wazisres aus dem Pariser Missionsseminar war zum Apostolischen Vikar von Pakhoi (Provinz Kanton) ernannt worden. Die Aussätzigen sandten sofort telegraphisch eine Bittschrift an den Heiligen Vater, er möge ihnen ihren heißgeliebten Hirten lassen. Leider konnte ihre Bitte nicht erfüllt werden. Aber eine andere große Freude sollten sie erleben, der neue Bischof empfing in der Kapelle des Aussätzigenheimes die heilige Bischofsweihe. Hankow (China). Bei aller Bemühung der Kommunisten in China, die Christen zum Abfall zu bewegen, ist der Erfolg doch recht klein. Auch auf den Vorwand hin, daß die Zugehörigkeit zum Christentum Verrat am Vaterlande sei, gab es kaum einen Christen, der seinem Glauben untreu wurde. Im Gegenteil konnte P. Hupeh feststellen, daß das christliche Leben bedeutend erstarkte trotz der Verfolgung und der kommunistischen Hetze. Quinchon in Annam. Aus Indochina werden beachtenswerte Konversionen gemeldet. Zwei Dörfer des Stammes Moi (500 Einwohner) auf der Hochebene von Ankhs baten P. Hutinek aus dem Pariser Seminar um Aufnahme in die katholische Kirche. Die Zeremonien der Fetischabschwörung und die Taufe der Kinder fand am Weißen Sonntag statt. Die Erwachsenen werden in den Glaubenswahrheiten unterrichtet und auf die heilige Taufe vorbereitet. Sienhsien (Tschili, China). Im April, gerade als die chinesischen Armeen sich im Vikariat Sienhsien bekämpften, wurde vom bischöflichen Gericht dortselbst die Voruntersuchung für die Seligsprechung der chinesischen Katholiken, die dem Christenhaß der Boxer in den Wirren von 1900 zum Opfer gefallen sind, in die Wege geleitet. Die Priester der Gesellschaft Jesu, denen Sienhsin anvertraut ist, haben eine Liste mit 3069 Opfern der Verfolgung aufgestellt. Diese Zahl ist allerdings längst nicht vollständig. Der Umstand, daß die von den Boxern ermordeten Christen oft keine Märtyrer im eigentlichen Sinne sind — neben Christenhaß spielte Fremdenhaß eine große Rolle — erschwert den Prozeß sehr. Es muß in jedem Einzelfall der Beweis für das eigentliche Martyrium erbracht werden. Vorerst hat die Kommission den Prozeß für 5 Priester und 100 Laien beantragt. Papua (Neu-Guinea, Ozeanien). Töchter von Kannibalen schon Ordensschwestern. Die Kongregation der „Dienerinnen Unserer Lieben Frau" in Papua zählt heute schon 16 eingeborene Schwestern und 6 Postulantinnen. Noch vor 60 Jahren streiften die Eltern als Kannibalen durch den Urwald. Lhhsien (China). Die Truppen achten das Eigentum der Kirche. Die Nordarmee schützte uicht nur die Residenzen, sondern auch die Bethäuser und Kirchen. Die Zeitungen brachten auch diesbezügliche Erlässe. Ebenso zeigte der Führer der Südarmee, ein Protestant, der Mission großes Entgegenkommen. Heft 11 Stern der Neger 169 Patna (Indien). Massenbekehrung in Indien. Eine wahre Konversionsbewegung hat in der Diözese Patna unter betn Stamme der Suntal eingesetzt. Die Führer der Bewegung erhoffen von ihr eine große Eroberung für die Kirche, ähnlich der berühmten Massenbekehrung von Chota-Nagpur, wo in den letzten 30 Jahren etwa 200.000 Inder sich bekehrten. Der Stamm der Tantal zählt etwa 50.000 Seelen. Sie wohnen im Südosten der Diözese Patna und werden von amerikanischen Jesuiten missioniert. Die erste Station wurde in Sintra eröffnet. Die Santal sind Animisten und tiefstehende Heiden, die noch nie unter den christenfeindlichen Einfluß der Hindu gekommen sind. Ihre Sprache ist allerdings schwierig für die Missionäre. Man sagt den Sautal nach, sie seien heiter, ehrlich, gerade und gastfreundlich; sie sind kräftig und lieben sehr ihre Heimat und ihre Wälder. Die Schattenseiten ihres Charakters sind Unbeständigkeit und Neigung zur Trunksucht. Basntoneger. Die Kleidung der Basutos ist sehr mannigfaltig, wie das Bild zeigt: Fell, Decke, Schal, Rock. Ihre Gesichtsform ist sehr sympathisch, bei vielen sogar bildschön. „Ihr Männer von Tschoba! Hört, was ich sage. Ich stnde kaum Worte für das, was wir gesehen und gehört haben. Was uns unmöglich schien, ist Wahrheit. Bindabo hat den schrecklichen Geist gespielt und uns betrogen. Jahrelang hat er seine Verbrechen getrieben und Schrecken und Tod über uns gebracht. Wir alle sind betrogen worden, ich, der Häuptling, ihr Bigleute, ihr alle ohne Ausnahme. Bindabo ist mehr als ein Betrüger, er ist ein gemeiner Mörder und Verbrecher, wie es nie einen in unserem Stamme gegeben hat. Wie sollen wir dem klugen, guten Weißen unsere Dankbarkeit bezeugen? Er ist unser Retter, in Wahrheit ein Mann Gottes. Ich denke, wir werden seinen Rat befolgen, den er uns gegeben hat, und die Ausführung seiner Pläne in seine Hand legen. Habt ihr alle meine Worte gehört?" — „Wir haben sie alle gehört." — „Seid ihr damit einverstanden?" — „Ja, wir sind es." — „Nun, der Weiße verlangt die Freigabe der gefangenen Kantschileute. Sie sollen frei sein unb dem Weißen gehören. — Er verlangt die Aussöhnung mit den Kantschi. Wir wollen tun, was er in dieser Sache für ratsam hält. Er wünscht, daß wir uns in der Utembaebene ansiedeln. Die Sache ist beschlossen. Denn wir wissen bestimmt, daß der Weiße unser Bestes will und daß er mit Klugheit die Angelegenheit zu einem guten Ende führen wird. Bindabo und seine Helfer sind zum Tode verurteilt. Meine Thchindars mögen sie mit den Leuten des Weißen herbeiholen. Ist es recht so?" — „So ist's rechtI" schrie es von allen Seiten. „Es lebe der große Häuptling Majila! Es lebe der Weiße! Tod den Verbrechern und Mördern!" Lanju sprang nun vor den Häuptling und sprach: „Großer Häupiling, nach Stammesgesetz gehören die Gefangenen mir. Überlaß mir die Rache!" — „Gut so," nickte der Häuptling, „Gesetz ist Gesetz". Mit Spannung sah man der Ankunft der Gefangenen entgegen. P. Wildhof sprach mit dem Häuptling. „Die Strafe ist hart. Willst du nicht Gnade walten lassen? Töte sie, wenn das Gesetz es verlangt, aber überlaß die Gefangenen nicht der grausamen Wut des Volkes." — „Das sind Worte deines Herzens, Weißer," entgegnete Majita, „aber diesmal kann ich dir nicht nachgeben. Gesetz ist Geietz." Unterdessen kamen die Dschindars laut schreiend mit den stark gefesselten Gefangenen heran. Mit lautem Wutgeheul antwortete die Menge: „Tod den Mördern! Rache für unsere Toten i" Alles drängte auf die Gefangenen zu und es war den Dschindars nicht leicht, sie vor der Wut der Tschobas zu schützen. P. Wildhof ahnte, was jetzt geschehen würde und was er nicht verhindern konnte. Die Grausamkeit des Heidentums brach hervor. Er wollte dem gräßlichen Schauspiel nicht beiwohnen, verabschiedete sich vom Häuptling und kehrte mit den Kantschileuten und dem kranken Kenfui in seine Gasthütte zurück. Auch der Häuptling und die Big-leute begaben sich nach Hause und überließen die Gefangenen der Grausamkeit des Volkes. „Die Gefangenen sind mein!" schrie Lanju und stellte sich vor sie hin. „Der Häuptling hat sie in meine Hand gegeben. Ich habe,etzt zu befehlen." In geschickter Weise wußte er den wilden Wütern Einhalt zu gebieten, weniger um die Leute zu beruhigen, als um ihre Wut noch mehr zu reizen. Für ihn war der Augenblick gekommen, für seinen Bruder Kenfui grimmige Rache zu nehmen. Er ergriff die ein- zelnen Sachen und Mordinstrumente des Zauberers, zeigie den Umstehenden jeden Gegenstand. „Seht hier", rief er laut, „das Feuerholz Bindabos, mit dem er den Geislerfunken machte. Wir werden ihm damit leuchten, daß er auch ohne Augen das Feuer sieht. Wir werden ihm den Geisterfunken auf die Haut brennen." — „Feurige Rache werden wir nehmen!" erscholl es über den Platz. — „Seht hier", rief Lanju weiter, „die Mordiustrumente des Schreckensgeistes. Diese scharfen, nadelspitzen Eisenkrallen trug Bindabo in der Schreckensnacht bei sich. Sie waren für mich, für eure Weiber und Kinder bestimmt, ©ollen, wir sie nicht an Bindabo selbst probieren?" — „Wir werden ihn damit liebkosen und streicheln", höhnten die Umstehenden. ■— „Seht hier diese drei Gürtel mit den kleinen scharfen Dolchmessern. Nur der Weiße hat verhindert, daß sie euch und euren Angehörigen den Tod gebracht haben." ■— „Der Unmensch! Schneide ihm Glied für Glied damit ab!" rief man aus der Menge. — „Seht diese lange Nadel, auch die trug Bindabo bei sich, um sie manchem Tschobamann ins Herz zu stoßen. Jetzt wißt ihr, warum in früheren Jahren die Opfer des Schreckensgeistes oft nur eine winzig kleine Wunde in der Herzgegend hatten." — „Stoße sie ihm ins Herz! Genug! Genug! Wir wollen nichts mehr sehen. Er soll sterben \“ Gerade hob Lanju das Gift-gefäß empor und wollte wieder sprechen. Allein das Wutgeheul übertönte seine Worte. Die Männer drängten die Dschindars beiseite und stürzten sich wie wilde Tiere auf die Gefangenen. Zehn, zwanzig Hände rüttelten, zerrten, schlugen sie. Lanju ließ nun alles geschehen. Man schleppte die Gefesselten zum Rachebaum auf der Mitte des Platzes, wo das eigentliche Strafgericht, vollzogen wurde. P. Wildhof saß mit den Kantschileuten in seiner Hütte. Mit Angst und Bangen hatten diese anfänglich der Versammlung beigewohnt und halten mit Furcht und Schrecken an neue Foltern gedacht. Dann aber waren sie mit immer größerem Staunen den Verhandlungen gefolgt und waren höchst erstaunt, von ihrer Befreiung zu hören. Schon glaubten sie sich als Sklaven des weißen Mannes in ihr Schicksal ergeben zu müssen, als dieser ihnen freundlich erklärte, sie seien ganz frei und er wolle sie nach Kantschi zurückführen. Er weihte sie in seine Pläne bezüglich der Versöhnung der beiden Stämme ein und erhielt ihre freudige Zu- ftimmung und ihre lebhafte Dankbezeugung. Sie wollten ihn mit allen Kräften unterstützen. Dann wies P. Wildhof ihnen die Hütte des Kochboys als Wohnung an. Von seiner Hütte aus vernahm der Missionär das Gejohle und Lärmen der Musikinstrumente im Dorfe. Eine gräßliche Todesmusik, die den Rachegesang begleitete. Er war zu weit entfernt, sonst hätte er auch die Schmerzens- und Verzweiflungs-schreie, das Wimmern und Jammern der grausam Gequälten gehört. Noch einmal überdachte er die eigenartigen Erlebnisse der letzten Tage. Es schauderte ihn, als er die heidnischen Dunkelheiten und tiefen Schatten dieser wilden Gebirgs-völker an seinem Geiste vorüberziehen ließ. Noch ist er in seinen Träumen versunken, da weckt ihn ein naher Lärm. Wohl dreißig bis vierzig Männer stürmen auf ihn zu und singen dabei eine wilde Melodie. Der Vorsänger spricht mehr, als er singt, einzelne markante Worte mit sonderbarem Tonfall aus und die anderen antworten jedesmal und fügen ein über das andere Mal den Worten ein Ho ober ein Ha zu. Es war, tvie der Pater herausmerkte, ein Spottlied auf Bindabo und seine Genossen. „Er soll sterben! — Ho!" —■ „Einen grausamen Tod! — Ha!" — „Heute noch! — Ho!" — „Ja, heute noch! — Ha!" — „Die Todesnadel! — Ho!" — „Er soll sie fühlen! — Ha!" — „Soll sterben durch Feuer! — Ho!" — „Und sterben durch Gift! — Ha!" Vor dem Gehöfte des Weißen blieben die Kerle stehen. Dann verlangten sie stürmisch den toten Gefährten und Mithelfer Bindabos, der sich den Wächtern widersetzt hatte und von ihnen durch einen unglücklichen Lanzenstoß getötet worden war. Noch lag dessen Leiche in der baufälligen Hütte. „Was wolltihr mit dem Toten?" — „Er darf nicht in der Hütte bleiben, wir wollen ihn begraben." — „So nehmt ihn und begrabt ihn, aber hütet euch, den Toten zu schänden!" Man holte den Toten heraus und legte ihn auf eine Bahre. Ehe der Pater aber noch recht wußte, was geschah, hatte einer der Neger eine lange Liane schlingenartig. um den Hals der Leiche gelegt und im Sturmwind brauste die Rotte davon und schleppte die Leiche über den Boden. In gleicher Weise wie zuvor sangen sie ihr Lied und er vernahm lange noch das Rufen: „Ho! Ha! — Ho! Ha!" Er wußte, daß man auch, an der Leiche noch seine Rache nehmen wollte. „ArmesHeidenvolk!" seufzteer und stützte den Kopf in beide Hände. „Arme Heidenseelen!" Die Wehmut packte.ihn mit Gewalt und Tränen standen in seinen Augen. Dann aber sprang er auf. Weshalb traurig sein? Die Axt ist an die Wurzel des Baumes gelegt. Der Anfang ist gemacht und die Zukunft schimmert glückverheißend! Der Zauberer Bindabo hatte ein schreckliches Ende gefunden. Ihm und seinen Helfershelfern war es schlimmer ergangen als früher den Stammesfeinden. In der folgenden Nacht noch erlöste der Tod ihn von seinen irdischen Qualen. Damit war der letzte Widerstand gegen P. Wildhofs Pläne gebrochen und nun konnte dieser das Werk der Aussöhnung der feindlichen Stämme mutig beginnen. Gern zwar wäre er am folgenden Morgen weitergezogen, um auch die benachbarten Stämme kennenzulernen. Auch drängte es ihn zu seiner Missionsstation zurück, wo sein geistlicher Mitbruder in der Zwischenzeit allein die Last und Mühe der sich immer stärker entwickelnden Mission zu tragen hatte. Jnbes, es galt das Eisen zu schmieden, da es noch heiß war. Das Werk der Versöhnung mußte vor seiner Abreise wenigstens eingeleitet sein. Einige Tage spielten keine Rolle, die würde er in Eilmärschen später wieder einholen. Und war all sein Arbeiten und Mühen nicht eine notwendige Vorarbeit für das Evangelium? Zuerst muß die Scholle aufgerissen, das Land bereitet werden, bevor es den Samen aufnehmen kann. So hatte er also beschlossen, noch nicht abzureisen und saß mit goldenen Zuknnftsträumen beschäftigt vor seiner Hütte, als Kenfni aus seiner Hütte herauskam und von Kati gestützt sich ihm näherte. „Nun, Kenfni, du trägst keine Binde mehr!" rief er dem Kranken entgegen. — „Nein, Pater, die Schmerzen haben nachgelassen. Ich habe die Nacht gut geschlafen und fühle mich ziemlich wohl. Nur daß alles um mich herum Nacht ist! Ich meine immer, ich müßte doch noch etwas sehen und bin versucht, die Augen weit zu öffnen. Aber vergebens. Jetzt bin ich zweifach Krüppel. Die Hand hat mir ein Kantschi geraubt und das schöne Augenlicht ein Tschoba!" — „Gewiß, mein Freund, ein hartes Schicksal hat dich getroffen und doch. glaube ich, wird mein Kenfni nicht ganz unglücklich sein." — „Pater, ich bin wirklich bedauernswert. Niemals mehr das Licht des Tages sehen, niemals mehr den guten weißen Vater und sein Gehöft schauen können, das ist hart. Und ich bin noch so jung! Ich wollte dir noch so viele Dienste erweisen. Nun aber bin ich zum Nichtstun verurteilt. Trotzdem aber hoffe ich, daß ich niemals ganz unglücklich sein werde." — „Wie mich das freut. Ich habe es mir gleich gedacht, denn dafür kenne ich meinen Kenfui zu gut." — „Du hast mir so schöne Trostworte gesagt. Ich soll ein Christ werden und ein schöneres Licht soll mir leuchten. Und im Himmel, in der nie endenden Herrlichkeit werde auch ich Gott schauen. Vater, daran denke ich immer, und deshalb bin ich nicht ganz unglücklich." — „Vielmehr sehr glücklich, großen Werke, sollst du vorläufig noch hier bleiben, gleichsam mein Stellvertreter sein. Höre: Die Hauptschwierigkeiten, die unserem Plane im Wege standen, sind verschwunden und deshalb müssen wir das Werk der Versöhnung gleich in Angriff nehmen. Ich reise zunächst nach Kantschi und werde versuchen, auch diesen Stamm für meine Pläne zu gewinnen. Unsere drei Kantschi werden mich darin unterstützen. Sobald auch dieser Punkt geregelt sein wird, will ich in der Ebene ein großes Versöhnungsfeft für die beiden Stämme Kenfui! Der liebe Gott im Himmel hat alles so gefügt. Wenn du den Kantschi nicht in die Hände gefallen wärest, hätte ich dich nicht gefunden, und vielleicht wärest du niemals auf mein Gehöft gekommen und hättest nichts vom Großen Geiste kennengelernt." — „Ja, das sehe ich ein und ich bin zufrieden. Auch ich bin glücklich, nun bald mit dir auf dein Gehöft reisen zu können, damit ich dort ein Kind Gottes werde." — „Kenfui, sei nicht traurig, wenn ich dir sage, daß ich eine andere Absicht mit dir habe." — „Wie, du willst mich nicht mitnehmen? Du hast es mir doch versprochen! Willst du dein blindes Kind verlassen?" — „Nein, ich verlasse dich nicht. Aber..." — „Meinst du, der Weg sei noch zu weit für mich? O, ich werde tapfer sein und nicht vor den Mühen der Reise zurückschrecken!" — „Senfui, ich habe dich hier noch nötig. Gerade weil du mir hier unentbehrlich bist zu einem veranstalten. Es soll für beide ein schöner, festlicher Tag werden. Dabei werde ich den Häuptlingen vorschlagen, sofort mit der Ansiedlung zu beginnen. Einen Teil der fruchtbaren Ebene werde ich den Tschoba, den anderen den Kantschi zuweisen. Dazwischen in der Mitte werde ich einen Teil für die neue Mission abgrenzen und darauf sofort eine oder mehrere Hütten bauen. Und du sollst darin wohnen." — „Ich! Wie kann ich als Blinder dort allein wohnen?" — „An einen Begleiter für dich habe ich auch schon gedacht. Denkst du nicht mehr an den kleinen Nongfu, deinen Freund?" — „O, das würde mich freuen, Pater, wenn er dort bei mir wohnen wollte!" — „Nongfu, mit dem du in der Mission so sehr befreundet warst, soll deine rechte Hand sein, dich führen, wohin du willst. Er soll dein Auge sein, dein Boy, der dir für alle Dienste zur Hand geht. Die Sorgen für Speise und Trank, für Wohnung und alle deine Bedürfnisse wird er dir abnehmen." — „Ja, Pater, aber was soll ich da tun, wenn Nongfu alles tun muß?" — „Für dich bleibt die wichtigere Arbeit. Höre! Sobald unsere Hütte dasteht, werden die Tschoba- und Kantschijäger, wenn sie friedlich zur Jagd kommen, bei euch einkehren. Nach und nach werden Leute aus beiden Stämmen sich in der Ebene eine Farm anlegen. Dann werden sie auch bei ihrer Farm wohnen wollen und sich eine Hütte bauen. Vielleicht zuerst nur kleinere zum vorübergehenden Aufenthalt, später größere zum Wohnen. Und immer mehr Hütten werden auf beiden Seiten der Mission entstehen. In einem Jahre vielleicht schon wird in der Ebene eine große Ansiedlung vorhanden sein. Aber wer soll den Frieden bewahren oder herstellen, Streitigkeiten schlichten, wenn ich nicht da bin? Du, ein Tschoba, und Nongfu, ein Kantschi, werden die geeignetsten Personen dazu sein. Nicht wahr?" — „Was soll ich denn tun, Pater? Dein Gedanke ist schön. Du bist klug und denkst an alles, du bist der Mann Gottes. Es freut mich, daß du mir eine so schöne Aufgabe zugedacht hast. Aber wie kann ich . . .?" — „O es wird schon gehen, Kenfui! Allmählich fängst du mit Nongfu an, den Leuten die Lehre Gottes zu erzählen. An Zuhörern wird's dir nicht fehlen. Du brauchst keinen Unterricht in dieser Lehre zu halten, wie ich es auf der Mission getan, oder wie die Katechisten es auf den Außenposten tun. Du sollst den Leuten, mit denen du zusammentriffst, nur das Schönste erzählen, was dir gerade einfällt. Von dem Kinde zu Bethlehem, von Jesus, dem Sohne Gottes, der Mensch ward, um uns zu erlösen, der für uns am Kreuze starb, vom Himmel, wo es nur Freude ohne Ende gibt. Davon sollst du erzählen, wenn du bei den Leuten am Feuer sitzest, wenn jemand dich besuchen kommt. Man wird dir gerne zuhören, denn so etwas Schönes haben sie noch nie vernommen. Du wirst ihnen von dem weißen Vater erzählen, der die Schwarzen so gern hat, von dem Leben und Treiben auf der Mission. Und sie werden Verlangen bekommen, die Lehre vom Großen Geist kennenzulernen. Es wird ihnen gehen wie dir, als bit einige Tage auf meinem Gehöft warst; sie werden gleich dir ein neues Herz empfangen und Gefallen an der christlichen Lehre finden. Die Tschoba werden froh sein, in ihrer Sprache davon zu hören. So wirst du mein Katechist und Lehrer sein, bevor du noch Christ bist. Und wenn die Sache gut geht, werde ich selber in die Ebene kommen und dort ein großes Missionsgehöft anlegen. Über ein Jahr wird's wohl sein. Dann werde ich dich und Nongfu weiter unterrichten und euch die heilige Taufe geben. Bist du nun zufrieden mit meinem Plane?" — „O mein Vater!" rief Kenfui bewegt aus, indem er des Paters Hand suchte und drückte, „wie bist du so gut! Nicht nur zufrieden bin ich, nein, ganz glücklich. Wenn du mir das Augenlicht wiedergäbest, könnte ich nicht glücklicher sein! Nnn will ich meine Blindheit gern ertragen. Ich will über alles nachdenken, was ich bei dir gelernt habe, damit ich viel erzählen kann. Ich will Lieder ersinnen, um ihnen die Lehre Gottes ins Herz zu prägen, ö Vater, du sollst mit mir zufrieden sein!" Die beiden unterhielten sich noch lange miteinander. So manches hatten sie noch zu besprechen. Es war ein gemütliches Stündchen nach all den Aufregungen der letzten Tage. Kenfuis Gesicht strahlte vor Freude. Während sie noch da saßen und plauderten erschien der Häuptling mit seinen Bigleuten und großem Gefolge. Mit ausgesprochener Höflichkeit begrüßten sie P. Wildhof und brachten ihm zum Zeichen der Dankbarkeit viele Geschenke mit. Zuerst entledigte sich der Häuptling der Dankespflicht und ließ eine Menge Gaben zu Füßen des Paters niederlegen: Hühner und Eier, Bananen und Erdnüsse, Maismehl, Honig und Palmwein. Auch eine stattliche Ziege war dabei. „Aber, um Gotteswillen, was soll ich mit all dem anfangen?" rief der Weiße aus und schlug die Hände staunend zusammen. — „Du mußt doch auch essen und leben", gab der Häuptling lachend zurück. — „Wie soll ich das alles essen können, Häuptling? Morgen werde ich Tschoba verlassen und zum Tragen all der Sachen fehlen mir die Träger." — „Laß das meine Sorge sein, Weißer. Von meinen Leuten werde ich dir so viele mitgeben, als du bedarfst." — „Wie kann ich dir denn für so vieles ein würdiges Gegengeschenk geben, da ich nichts bei mir habe?" — „Ich verlange keine Gegengeschenke, Weißer. Nimm alles an. Du sollst nicht sagen, daß die Tschoba für all deine Wohltaten ein undankbares Herz haben. Wir wissen, was sich dir gegenüber geziemt. Wir sind dir sehr verbunden und diese Geschenke sollen nur ein kleiner Ausdruck unserer und des ganzen Dorfes Dankbarkeit sein." Nun traten auch die Bigleute einer nach dem anderen vor und ließen ihre Dankesgaben niederlegen. Ob gern oder nicht, der Pater mußte sich fügen und alles annehmen. Jetzt war eine äußerst günstige Gelegenheit, von der beabsichtigten Versöhnung und der Ansiedlung in der Ebene zu sprechen. P. Wildhof sprach überzeugend, allein, um die Sache schneller voranzubringen, ließ er nochmals von Kenfui den ganzen Plan auseinandersetzen, wie sie es eben besprochen hatten. Und der junge Mann schilderte die sriedvolle Zukunft und das Leben drunten im fruchtbaren Lande so anziehend, daß er alle seine Zuhörer fesselte und keinen Widerspruch mehr herauslockte. Zufrieden lächelnd und dem armen Jungen die Hand auf den Kopf legend, sagte der Häuptling: „Weißer, an Kenfui hast du trotz seines Mißgeschicks einen guten Anwalt und Helfer." — „Ja, Häuptling Majita, und ich rechne für die Zukunft noch viel auf seine Dienste. Er hat den Hauptteil zur Rettung des Dorfes beigetragen. Nun ist er blind und kann sich nicht mehr helfen. Er ist ein Opfer für die Tschoba geworden. Gestatte deshalb, daß ich ihm alle diese Geschenke gebe. Er bedarf ihrer am meisten und er hat sie redlich verdient. Und für die Zukunft--------" — „Mach dir keine Sorge, Weißer," griff der Häuptling ein, „auch in Zukunft werden wir für Kenfui sorgen." — „Ich danke dir, großer Häuptling," erwiderte der Pater, „daß ihr mir meinen Kensui nicht verlassen wollet. Doch, jetzt hätte ich noch gern eine Bitte für mich." — „Was kann das denn sein, Weißer? Alles steht dir zur Verfügung." — „Diesmal möchte ich nicht von Gaben sprechen. Euer Herz möchte ich haben, damit die von mir so oft schon vorgeschlagene Aussöhnung der beiden Stämme Wirklichkeit werde. Das ist die notwendige Vorbedingung für die Niederlassung in der Ebene. Ich lasse eben die Kantschileute rufen. Sie sollen dir danken, daß du ihnen großmütig die Freiheit geschenkt hast." Die Kantjchi waren höchst erstaunt, nochmals vor den Häuptling treten zu sollen. „Fürchtet euch nicht, kommet näher. Der große Häuptling Majita hat euch die Freiheit ge'chenkt und das ist viel, da ihr , seine Blutsfeinde wäret. Werdet ihr ihm dafür dankbar fein?" —- „Nie werden wir ihm das vergessen! Unser Leben verdanken wir ihm." — „Glaubt ihr auch, daß ihr eure Stammesbrüder in Kantschi zur Aufgabe der Feindschaft bewegen werdet? Ihr habt meinen Plan gehört und habt mir eure Hilfe zugesagt. Der Häuptling von Tschoba ist dazu bereit, das könnt ihr daheim melden. Wäret ihr wirklich bereit, mit den Tschoba in Freundschaft zu leben und ihnen die Friedenshand zu reichen?" — „Gewiß, ohne Bedenken, Weißer." — „Nun denn, so reichet dem armen Kenfui, der wie ihr ein Opfer der Stammesrache ist, die Hand zum Zeichen der Versöhnung und Freundschaft." Sie taten es ohne Zögern und Kenfui begleitete den Druck ihrer Hand mit einem freundlichen Worte. P. Wildhof wandte sich jetzt an die Umgebung und sprach: „Das ist derAnfaugderVersöhnung. Ihr seht, daß ich nichts Unmögliches gefordert habe. Kenfui hätte wahrlich mehr Grund als ihr, die Hand zurückzuweisen, da man ihm in Kantschi eine Hand geraubt hat. Häuptling Majita, nun, glaube ich, wird es auch dir nicht schwer sein, das Beispiel eines deiner Tschobaleute nachzuahmen." — „Weißer, du forderst viel, aber doch ist es gut. Ich werde es tun, wenn der Häuptling der Kantschi den Tschobaleuten die Hand reicht, so wahr ich der Häuptling Majita bin." — „Höre, großer Häuptling der Tschoba, du bist ein kluger Mann. Wer etwas Gutes tun will, verschiebt es nicht auf später. Die Kantschileute werden es daheim erzählen, daß du ihnen die Friedenshand geboten. Sie werden deine Großmut, deine Güte loben. Und das wird ausschlaggebend für die Kantschi sein, nun auch ihrerseits die Blutrache aufzugeben. Einer muß den Anfang machen und bei uns im Lande der Weißen sagt man: Der Klügste gibt nach. Willst du nicht der Klügste, der Großmütigste sein?" — „Weißer Mann," gab Majita zur Antwort, „du sprichst Worte, denen man nicht widerstehen kann. Was keinem Menschen gelingen würde, du bringst es fertig." Und sich zu den Kantschi wendend, reichte er ihnen die Hand, schüttelte die ihre und sprach mit fester Stimme; „Hier meine Hand. Die alte Feindschaft sei vergessen und mögeFreundschast zwischen unseren beiden Stämmen bestehen. Das saget eurem Häuptling." Es mußte dem alten Neger schwer fallen. Deshalb trat der Pater schnell hinzu, ergriff die Hand des Häuptlings und die eines Kantichimannes und sprach: „Das ist mein schönster Augenblick in Tschoba. Deine Großmut ehrt dich, Häuptling Majita. In deiner Klugheit hast du das schwerste, aber deshalb auch das schönste Werk deines Lebens vollbracht. Möge der Große Geist die Freundschaft be- siegeln." Nun konnten auch die Bigleute nicht anders, als den erstaunten Kantschi die Hand zum Frieden zu bieten. P. Wildhof war höchst erfreut und gab dieser Freude lebhaften Ausdruck. Noch lange unterhielt er sich mit Majita und seinem Gefolge und erläuterte ihnen seine Pläne für die Aiisiedlung. Er wolle dort sein Gehöft bauen, den Frieden wahren, die Lehre vom Großen Geist verkünden, den Tschoba und den Kantschi die Kunst des Buches lehren. Das alles malte er so glänzend aus, daß Majita lächelnd meinte: „Ich bin sicher, daß du das Werk vollbringen wirst. Hoffentlich erlebe ich es noch." Dann wurden die Einzelheiten der Abreise besprochen, zu der Majita seine Träger versprach. In froher Stimmung ging man auseinander. Am späten Nachmittag begab P. Wild-hof sich noch einmal zum Häuptlingsgehöft, um dem Häuptling noch einmal einen Abschiedsgruß zu bringen. Am folgenden Morgen in aller Frühe wollte er die Reise nach Kantschi antreten. Die Rückreise nach Kantschi verlief ohne Zwischenfall. Am Nachmittage des folgenden Tages kam man unerwartet dort an. Die heimkehrenden Kautschileute stießen in der Nähe des Dorfes laute Rufe aus, in denen sie ihren Stammesbrüdern ihre Befreiung durch den Weißen verkündigten. Im Dorfe herrschte große Aufregung, zumal der Häuptling gerade abwesend war und sich am Morgen mit seinen Bigleuten auf eine entfernte Farm begeben hatte. Erst gegen Abend sollte er zurückkehren. Sollte man den Weißen aufnehmen oder abweisen? Man beriet hin und her. Was würde der Häuptling sagen? Aber das frohe Wiedersehen der Gefangenen aus Tschoba erwirkte von den Dorfältesten für den Weißen wenigstens die Erlaubnis, sich auf dem Platze vor dem Häuptlingsgehöft niederzulassen und dort die Heimkehr des Häuptlings abzuwarten. Keiner aber durfte sich ihm nähern und mit ihm sprechen. Die Freude des Volkes über die Heimkehr Der Gefangenen war ungekünstelt und machte sich in lauten Ausdrücken kund. Man umringte sie. Jeder wollte fragen. Und immer mehr sammelte sich die Menge auf dem Platze an, um zuerst die Heimgekehrten zu begrüßen und dann heimlich flüsternd und gestikulierend den merkwürdigen weißen Mann zu betrachten, der sich dort häuslich niedergelassen hatte. Die Freigelassenen erzählten unterdessen von ihren Erlebnissen, von ihren Qualen, von der Befreiung durch den Weißen, dessen Lob sie laut verkündeten. Noch nie hätten sie einen so gütigen, so klugen Menschen gesehen. Sie erzählten der gespannt lauschenden Menge vom Häuptling Majita, der auf Anstiften des Weißen ihnen die Friedenshand gegeben. Immer wieder mußten sie erzählen und Rede und Antwort stehen. Es wurde schon spät und noch war der Häuptling nicht heimgekehrt. Die Befreiten ließen deshalb ihrem Retter ein Unterkunftsgehöft anweisen, dasselbe, das er damals bewohnt hatte. Aus Freundschaft gegen den Weißen wagten sie die Vorschrift zu übertreten, welche dem Häuptling, das Recht vorbehält, einem Fremden Gastfreundschaft zu gewähren. Auch Nahrungsmittel, besorgten sie ihm. Die Sonne versank im Westen, die Dunkelheit brach schnell herein und immer noch kehrte der Häuptling nicht zurück. P. Wildhof war zu müde, um dessen Ankunft bis in die späte Nacht hinein zu erwarten,, und legte sich zur Ruhe. Er hörte nichts mehr vom Gesang und den Marschrufen der Heimkehrenden. Den folgenden Tag brachte P. Wildhof in seinem Gehöfte zu. Keiner ließ sich sehen,, weder der Häuptling noch ein Schwarzer. Allein, das beunruhigte ihn nur wenig und er vermutete mit Recht, daß die befreiten Kantschileute dem Häuptling lang und breit die Eieiguisse ihres Schicksals erzählen mußten.. Es wurde Abend und noch war niemand gekommen. Sollte es so lange Verhandlungen und Beratungen absetzen? Warum kam der Häuptling nicht, ihn wenigstens zu begrüßen? Das mußte auf feindliche Absichten schließen lassen. Allein, der Pater vertraute der Vorsehung und holte aus seiner Seele das immer so beruhigende Sprüchlein hervor: „Es wird sich schon machen." Da er seine Angelegenheit in guten Händen wußte, wappnete er sich mit Geduld und schlief ruhig ein. Aber auch der nächste Morgen brachte nichts Neues. Da wollte ihm die Geduld reißen. Er hatte noch so vieles vor auf dieser Reise und die Mission wartete mit Schmerzen auf seine Heimkehr. Es schien ihm unnütze Zeitvergeudung. Kam heute keine Entscheidung, dann wollte er abreisen und später den abgerissenen Faden wieder mit größerem Glück aufzunehmen versuchen. So saß er denn vor seiner Hütte in der Sonne, betete, studierte, machte Notizen und überlegte hin und her. Da plötzlich — gegen Mittag — schlich sich ein Knabe heran. Der kleine Nongfu wollte seinen Vater sehen: seine Freude sprudelte über. Und dann berichtete er flüchtig, was sich im Dorfe zugetragen. Er sprach von den heimgekehrten Gefangenen, die so viel Gutes und Ruhmvolles von ihm erzählt hätten. Ihre Worte bezüglich der Aussöhnung und der An-fiedlung in der Ebene seien anfangs ans großen Widerstand gestoßen, hätten aber doch viele Anhänger gesunden. Eines aber sei bereits sicher: Die Freigabe der gefangenen Tschoba-leute. So erfuhr der Pater die Stimmung im Dorfe, und mit froher Erwartung sah er dem Kommenden entgegen. Heimlich schlich Nongfu sich wieder davon, handelte er doch gegen den Befehl des Vorgesetzten. Endlich am Nachmittage erschien der Häuptling mit seinem Gefolge und seine Begrüßung war nicht ohne Herzlichkeit. Dann sagte er: „Weißer Mann, ich gab dir mein Wort, daß ich die gefangenen Tschoba gegen die gefangenen Kantschileute freigeben würde. Ich halte mein Wort. Hier sind sie!" P. Wildhof winkte den zitternden Gefangenen mit einem freundlichen Blicke zu und dankte dem Häuptling mit verbindlichen Worten. „Weißer Mann, begann nun dieser, „ich habe gehört, was du in Tschoba alles getan hast und was du vorhast. Du willst unsere Aussöhnung mit den Tschoba und ein nachbarliches Zusammenwohnen der beiden Stämme bewirken. Du bist ein kluger Mann, hast viel Mut und hast ein gutes Herz für die Schwarzen. Ich weiß alles, was du bist, was du tust, was du willst. Ich glaubte bisher, die Weißen seien schlechte Menschen. Wir hatten gehört, sie kämen in unser Land, nur um uns Frauen und Kinder zu rauben und die Männer zu Sklaven zu machen. Jetzt weiß ich, daß es darunter noch gute Menschen gibt, und du bist einer von ihnen. Gestern den ganzen Tag und heute morgen habe ich nun mit dem ganzen Dorf beraten und überlegt, was wir tun sollen." Da der Häuptling sichtlich verlegen eine Pause machte, griff P. Wildhof ein: „Das habe ich mir gedacht. Ein solcher Schritt muß wohl überlegt werden. Die Abschaffung eines alten Gesetzes, die Festlegung für die Zukunft des ganzen Stammes, das alles läßt sich nicht im Handumdrehen machen. Und ich fürchte, es wird euch schwer, den alten Feinden die Friedenshand zu reichen." — „Ja, so ist es," rief nun der Häuptling, „du weißt alles, du kennst unsere Gedanken. Einen einmütigen Entschluß haben wir noch nicht fassen können." — „Ich habe den Kantschileuten den Vorschlag gemacht, weil ich sie nicht für wilde Buschmänner hielt, sondern für verständige Schwarze, und weil ich vom Häuptling wußte, daß er als kluger Mann den Plan des Weißen würdigen und billigen würde." — „Das sehe ich ein; ich bin von der Vorzüglichkeit deines Planes überzeugt, aber dennoch kann ich die Blutrache nicht abschaffen." — „Dann wirst du wohl einen schwerwiegenden Grund für deine Verweigerung haben," antwortete der Pater, „allein ich glaube, daß auch dieser Grund kein unüberwindliches Hindernis sein wird." — „Als der alte Häuptling, mein Vater, starb, habe ich ihm in die Hand versprechen müssen, die Blutrache als heiliges Stammesgesetz hochzuhalten. Er hatte nämlich zwei Söhne bei einem Überfall der Tschoba verloren. Ich habe ihm das Versprechen gegeben und muß es halten." — „Gewiß, Häuptling, ein dem verstorbenen Vater gegebenes Versprechen ist heilig. Deine Treue ehrt dich. Aber man muß ein Versprechen nur halten, wenn es gut ist. Nun ist aber deines in sich nicht gut, da euer Stamm jährlich mehrere Leute dadurch verliert und ihr gezwungen seid, in den ungastlichen Bergen zu wohnen und oft zu hungern, während ihr gegen euren Willen die reiche Ebene den Büffeln und Antilopen überlassen müßt. Nein, ein schlechtes Versprechen halten, das ist bös. Dein Vater hat's nicht besser gewußt. Ja, ich bin überzeugt, wenn ihm eine so leichte Gelegenheit geboten worden wäre, seinem Stamme eine glückliche Zukunft zu sichern, wäre er der erste gewesen, die Hand des Friedens zu bieten und sich eine Farm in der Ebene zu bauen." — „Das ist alles gut und wahr, Weißer. Aber ich bin durch ein Stammesgesetz, durch die Verfassung gezwungen, die Blutrache festzuhalten. Dränge nicht weiter. Alles ist vergebens. Wir alle, die Bigleute und ich möchten gern deinen Plan verwirklichen. Aber es geht nicht." (Schluß folgt.) (Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Graz, Paulusiorgafse 10. Verantwortlicher Schriftleiter: P. Al. Wilsling, Missionshaus, Graz, Paulustorgafse 10. — Universttäts-Buchdruckeio .Styria" in Graz.