Freytag den 9. Iuny 1626. M e m n 0 n. Romanze. „^iebe flammt in diesem Herzen, »Eos! nur für dich, ,Komm' und lindro nieiüe Schmerzen, «Komm' und liebe mich.'" Und sic hört's und fühlt nicht Liebe I„ der kalten Nrust, Fühlt nicht seine warmen Triebe, Seine Qual und Lust. FühlloZ, taub fnr seine Klagen Wallt sie ihre Bahn, Iühlloa lenkt sic ihren Wagen In dem Ocean. Bleicher werden seine Wange», Seine Augen naß, Nis sie naht —mit Glutverlangen Harrt er stumm und blaß. Und dann streckt er seine Hände Weinend himmelwärts, Wünschet bald der Qual ein Ende, Ruhe für sein Herz. Und so weilt er, bis sich golden Mahlt der Verge Saum, Und dann wünscht er noch der Holden Süßen Schlaf und Traum. So entfliehen manche Tage Ihm in Gram und Schmerz, Endlich rühret seine Klage Iyvis Gvtterherj. Und er winkt — die zarten Glieder Wandeln sich in Erz, Da5 Gewand fließt ehern nieder, Stille steht sein Herz. Doch noch blickt er auf zur Holden, Wenn sie rosig steigt, Wenn in'S Meer sie roth und golden Sich hinunter neigt. Und wie sanfter Philomelm Süßer Liebesschmcrz, Ncbt es dann mit silberhellen Säuseln durch das Erz. Ad. v. Tschabu schnigg. Erich ton der Wundermensch. Es gibt außerordentliche Menschen, deren Talente an'S Wunderbare gränzen, die aber der Welt zul,tzt damit so wenig nützen, als die Riefentanne, welch« ihre Millionen Saatkörner alljährlich über unwirthbar« Felsen streuet. Erscheinungen wie diese gehören zu den seltensten Naturspielen, und zu den räthselhaftestm Aufgaben dieser Welt. Ein solcher Wundermensch war der Schottländer Iones Ciichton, der i56o aus einer mit dem königli, chen Hause verwandten Familie entsprossen war. Er wurde mit dem nachmahligen Könige Jacob zugleich er. zogen, studierte zu St. Andrews, und kam in seinem zwanzigsten Jahre nach Paris. Hier ward er bald ,in Gegenstand der Bewunderung und des Erstaunens Al. ler. Erforderte, dalo nach seiner Ankunft, durch «i. nen/Zettel, den er an dem Collegium von Navarr« anschlagen ließ, alle Gelehrten auf, an einem gewissen T^ge mit ihm über jede Wissenschaft, und in »c> ver-schied»»i,ß 100 Jahre, beym Sllldleren ohne Essen und Trinken zugebracht, nicht hinreichend waren, so viele Kenntnisse zu erwerben. Nachdem die Disputation c) Stundenlang ununterbrochen fortgedau» «it haue/ >vurd< Crichion, mit einem kostbaren Ring« undemer Goldbörse beschenkt, unter allgemeinem Iu. bel,nach Hause 5tgl,il«t. Ein SchriftälU,r jener Zeit sagt von dem Aufent< halte dieses Wundert von Gelehrsamkeit in Paris Fol. genves : „Es ist hier «in junger Mensch eingetroffen, eben erst 20 Jahre alc, welchem selbst die ersten aka« demisch«!, Professoren dasZeugnißgeben, daß erin allen Wissenschaften vollendet sey. Niemand übertrifft ihn in der Vocal-und Instrumentalmusik; im Tanze», und Zeichne», im Mahlen und Reiten hat man feines Glei« chen nicht gesehen. Er disputirte neulich vor 3on<» Zu« hören», und setzte durch die Richtigkeit, Gelehrsamkeit, und durch die Präcision seinlr Antworten alleS in Er» staunen. Er spricht lateinisch, griechisch, hebräisch, sy« ,isch, arabisch, spanisch,'itali«nisch , französisch, eng. lisch, fiammänoisch und slavenifch vortrefflich. Wahr» lich, man sollte glauben, daß ein Mensch, selbst bey einem hundertjährigen Alter, unb wenn er weder äß« noch schliefe, so viel Kenntnisse in sich vereinigen könnte. Seine Anwesenheit erfüllt all« mit panischem Schr«, cken, denn er weißmehr, als «M Mensch wissen kann. Von Pariz ging Ccichton nach Rom, wo der Papst und alle Cardinal« seine unerhörten Fertigkeiten »nd Kenntnisse bewunderten. In Venedig machte ihn Aldus Mamttius allen Gelehrten bekannt, denen er Gedichte zur Ehre der Stabr und Universität überreichte. Ali «r vor dem Doge und Senat erWen, sprach er mit so yiel G«ist und Anmuth, baß oll« Anwesenden die« s«n Phönix bewunderten. Ein« öffentliche Disputation hatte einen ähnlichen Erfolg, wie in Pari«. Aber mitten unter seinen Triumphen erkrankte «r, und begab 5.ch auf den Nath der Arzte liach Pabua. Schon aM Tage »ach seiner Antunft eihielc er einen Besuch von BU>n Ge^hncil der Scadi, u„d in ihrer Gegenwart sprach er wieder jn einem langen- Vortrage zur Ehre der Slaoi, der Universität und der Anwesenden so kläft« llg und geistreich, daß man schon durch diese erste Probe mit Biwimderinig für ihn erfüllt wurde. Er dispuune darauf 6 Stunde« lang mit den gelehrtesten Professoren ud/r jeden beliebigen Gegenstand, und schloß-mit einer Lobrede auf die Unwissenheit voll sa« lyrischer Züge und gelehrter Anspielungen. Im er^bi» schöftichen P^ll^e disputirte und sorach er mit derselben Gewandtheit, undbeanrwortecealle uorgelegtenFrag n. Ein andcrmahl erboth er sich, entweder in syllogist,scher Form, oder in hundert verschiedenen Vtrsarten, alle Irrthümer und Fehlschlüsse des Aristoteles und seinel Comm,ntatoren aufzudecken, schwierige wachemalische Probleme auszulosen, über olle Wissenschaften zu di« sputiren, i/nd alle Einwürfe ^u beantworten. Mau zweifelte an einem glücklichen Erfolge, ab«r Aldus M" nulius versichert, der Wundermann habe auch dieß« mahl nach einer Arbeit von 5 Tagen den Kampfplatz mit dem Lorbeer des Nuh:ns verlassen. Es möcht« scheinen, Crichcon habe sich immet nur mit Studien beschäftigt; aber dieß war so wenig der Fall, daß er sich keine der Jugend gewöhnliche Eigetzlichkekts, versagte. Mau sah ihn an öffentlichen, Vergnügungsorren Er war Mahlerund Kupferitechel, verstand die Vocal «nd Instrumentalmusik aus dem Grund«, tanzte zum Pewundcrn schon, underfochcis PariS an eben dem Tage , da er so meistechaft dis^ucirt hatt«, in Gegenwart deS ganzen Hofes i5Mahl im Neil< hause den Preis im Ringelstechen. Eben so exceliirce er in» Ballspielen. In Mantua führte er von seiner eigenen Composition eine Comödie auf, und spielte barin selbst »5 verschiedene Rollen, und dieß in Gegenwart b«i ganzen Hofes. Sein Gedächtniß war so außerordentlich, daß er eine stundenlange Nede von Wort zll Wort wiederhohlen konnte. Ebendaselbst ließ er sich mit em«m berüchtigten Fechter ein, der schon manchem re« Garaus gemacht hatte, und durchbohrt« ihn. Ec gewann dadurch eine Wette von i5ao Pistolen, di« «r unter die Witwen dreyer Mäüner, welche diM Fechter vorher erlegt hatte, großmüchig austheilen !i«5' Der Herzog von Mantua hatte diesen außeror^ deutlichen Mami ftin?m Prinzen, Vinc,»z pon Gonzg. ! ga, zum Gouverneur gegeben. C'mst, da Crichtonzur ^ar!i?va!szfit bei) Nacht »nn d«' Zither in der Hand Ip^tzlerti, ging 5 uuirde er oon mehrelt» mostirten Personen angefallen. Er verch«idigte sich tapfer, drängt« sie zurück, und fntwand 6em Hitzigsten den Degsn. Da geigte es sich, daß dieser sein eigener Zöglixg sey. Clichton gab ihm mit EhrelhieihiN'g die Waffe zurück, und der augenblickliche Gebrauch, den dieser davon machte, war, daß er sie seinem großmüthige« Vorge. setzten durch den Leih rannte. Crichton starb, nur 23 Jahre alt, an der lödclichtn Wunde. Der Hof legt« um ihn die Trauer an, und in allen Cabinetten war lange sein Bildniß zu Pferd aufgestellt, mit einer Lan^e in der einen, und mil einem Buche in der an detn Hand.-^ ____ Paris als Seehafen*). Schon heißt es, baß fast der ganze Hof AcNen ii, der Unternehmung wegen der Anlag« eines CanalS von Paris bis zum Meere nehmen wird, weil der König, den der Finanzminister mir diesem Projectcamu» sirt, selbst für 5o oder 6a Mi!l. Fr. Attien nehmen will. AlNüi'gs hat ei Manchem lächerlich g^schie« nen, aus der Hauptstadt Frankreichs einen Seehafen machen zu »vollen. Jetzt aber, da schon die Plane reifer untersucht und besser auseinandergesetzt sind, scheint daö Unternehmen, seiner Gros;« unerachtet, doch ziemlich ausführbar. Warum sollte nicht Frautreich aufführen t,onnen, was England in seinem caledonischen Canal,man könnte hinzufügen, was China in seinem Kai-sercanal ausgeführt hat? DemPlane nach soll oonPa» ris bis zum atlandischen Meere ein ic»oFuß breiterund »>, Fuß tiefer Canal gegraben werden. Mit anderthalb Millionen glaubt mai, eine französische Lieue ausgra« ben zu tonnen. Man wird nur io Schleußen auf dem 2c> Meilen langen Canal bedürfen; Berge wird man keine zu durchstechen haben, Felsen noch weniger; also große Schwierigkeiten wird man nicht zu besiegen ha« ben, unH mit Geld wird Alles zu bezwingen seyn, wi« sp manches in der Welt; an Geld aberfehlt «sin grank« '.) Aus der Mgem. Handlungs-Zeitung. reich nicht. Eine andere Frage »st es, ob es für Frank, reich von großem Nutzen seyn wird, daß man aus Pa-ris ein?» Hafen mache. In einigen Tagblüctern wird sch^on prophezeihet, daß Paris die größte Stadt von der Welt werden müfse, vermittelst seinesHafens, wo« dllrch die Handelischiffe aus.allen Erdgegen.dl.n in Stand ges»tzl würden, ihreWaaren dort niederzulegen oder sie dorc abzuhohlen. Für Paris gewiß hätte der Canal den augenscheinlichsten Nutzen; aber eben deßhalb wird das Unternehmen«» den nolmandischen Seestädten , besonder« zu Havre und Dle'ppe, mir schelen Augen ange, sehen. Seit langer Zeit, sagen sie, zieht Paris schon Allet an sich; «irb es nun nicht vollends die einzige Handelsstadt Frankreichs werden, wenn es vermittelst eines so großen Canals mit dem Weltmeere in Verbindung tritt ? Zu ihrer Berichtigung anworten ihnen die Pariser Blatter, baß, wenn Paris eineso reiche Stadt werden wird, auch ganz Franlreich sich bereichern muß, indem das Geld sich von der Hauptstadt aus durch dks ganze Königreich verbreitet, wie das Blut vom Her« zen i» die Ädern. E» scheint aber, daß man in den Provinzen meint, das Herz des Staatskörpers werde em wenig zu groß und zu fett; indessen niuß man die Sache» doch auch von einer andern Seite betrachten. Vermittelst der Seine und der Marne steht Paris mit dem weinreichsn Burgund und Champagne in Verbindung ; ein freylich snir kleiner aber leicht zu erweitern, der Canal uncevhalt auch die Verbindung der Haupt« siadt mit Orleans an der Lo^re. H fernt, als der größle Abstand des Mondes von der Er. de beträgt. Keiner unter allen hisher berechneten Come. ten/ den Cometen von 16Ü0 ausgenommen, ist der Erdbahn so nahe gekommen. Die Perturbationen, die die Bahn des Cometen von dem mächtigen Jupiter «r, leidet, müssen diesen Abstand bey jedem Umlaufe de< Cometen verändern; können ihn aber eben so gut ver< mindern als vermehren; und so ist es picht ganz un. möglich, baß dieser Comet noch einst in einer unge» mein großen Nah« bey uns Vorbeygehen, ja unsere Er. de mitseinem Dunstkreise berühren kann. So äußerst, ja fast unendlich klein die Wahrscheinlichkeit eines sol. chen Ereignisses für j«oen einzelnen Umlauf des Come« ten auch ist, so gibt doch diese Möglichkeit, der ganz genauen Berechnung der fedesmahligen Bahn dieses Cometen, und der scharfen Bestimmung aller Störungen, die sie eiieidet, ein verdoppeltes Interesse.— Die Aus. dehnung der Atmosphäre dieses Cometen, ist, wie wir «M 6, December l6o5 gesehen haben, sehr groß; wie groß, wird sich erst bestimmen lasse«/ wenn wir die Nahn, die der Comet damahls beschrieben hat, genauer kennen. Dasjenige hingegen , was einem festen Kern in diesem Cometen einigermaßen ähnlich sieht, aber gewiß dem, bey weitem größten Theile nach, nlcht fest ist, wurde damahls sehr klein gefunden. Auch ist es wenigstens denkbar, daß unsere Nachkommen noch dereinst «ine Versinsterung dieses Comeien durch den Erdschatten beobachten , und so die Frag« über das eigenthümliche Lichr der Cometen völlig entscheide», können. Überhaupt wirb de? Umstand, daß dieser Comel ims zuweilen betracht« lich nahe lommr, hoffentlich dazu beytragen, uns die Natul- dieser noch immer rälhselhafren Weltkörper bes«