ist unsere heilige katholische Kirche! S irt e n in o r t Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof von Lavant. Neue, unveränderte Auflage. Warburg, 1910. 8m Selbstverläge. — Druck der St. Cyrillus-Buchdruckerei. otteswerk ist unsere heilige katholische Kirche W — K irt e n rv o r L von Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof von Lavant. Neue, unveränderte Auflage. Marburg, 1910. Im Selbstverläge. — Druck der St. Cyrillus-Buchdruckerei. §5005 X r H e L e itwort. F>s?m Jahre 1893 erschien mein Send- und Lehr- schreiben über den göttlichen Ursprung unserer heiligen katholischen Kirche Las erstemal deutsch in einer Auflage von 1250 und slovenisch von 2500 Exemplaren, die in kürzester Zeit vergriffen waren, so Last eine neue Auflage besorgt werden muhte. Da das zeitgemäße Hirtenschreiben noch immer ver¬ langt und gern gelesen wird, veröffentliche ich es in neuer, unveränderter Auflage, wie es auch in einer Sammlung aller meiner bisherigen Hastoralbriefe im kommenden Jahre l9l1 herausgegeben wird. Der göttliche Stifter unserer heiligen Kirche, Jesus Christus, möge die Epistel mit seinem Segen begleiten, auf Last sie die Diözesanen fleißig lesen, sie treu beher¬ zigen und sich niemals von der Lehre abwenden lasten, die sie in ihr niedergelegt finden, und sich so nicht Len Fluch zuziehen, den St. Paulus jenen androht, die anders lehrten. Aber wenn a u ch wir oder e i n G n g e l v o m Himmel euch ein anderes Evangelium ver¬ kündigte, als wir euch verkündigt haben, nnnt'aema si l, der sei im Kanne. Wie wir zn- t* o- 4 vor gesagt haben, so sage ich fetzt aber mal: Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündigte, als ihr empfangen habt, der sei im Kanne ... Denn ich mache euch bekannt, Drüder, das Evangelium, das ich verkündet habe, ist nicht Men sch en lehre, ((tal. 8. 9. 11). Marburg, am Schutzfeste des hl. Zoseph, Les Patrons der hl. katholischen Kirche, Len 17. April 1910. ch Wichael, Fürstbischof. Michael, durch Lottes Lnade und karmbemgkeit Fürstbischof von Lavant, entbietet der bochwürdigen Leistlicbkeit und allen gläubigen der viö^ese Gruß, Segen und alles Gute von Gott dem Vater und Gott dem Sohne in Gemeinschaft des Heiligen Geistes! Vielgeliebte im Kerrn! rMTMer rühmlichst bekannte Kardinal Baronins pflegte bei jedem Besuche der St. Peterskirche in Rom sein Kaupt unter dem heroorstehenden Fuße der nächst der Krypta befindlichen Bronzestatue des hl. Apostelfürsten zu beugen und dabei die Worte des neunten Glaubensartikels zu sprechen: Ich glaube an die heilige katholischeKirche. Der gefeierte Kirchengeschichtsschreiber wollte dadurch, daß er gleichsam zu den Füßen des ersten römischen Papstes seinen Glauben an die heilige KatholischeKirche ablegte, sicherlich nur andeuten, daß Papst und Kirche von einander untrennbar sind, daß, wer an die von Jesus Christus gestiftete Kirche glaubt, sich diese nicht ohne Papst denken kann. Diesen Glauben an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, wie bereits die Väter des nicä- nischen Konzils (325) die wahre Kirche Christi bezeichneten, will ich in meinem diesjährigen Fasten-Kirtenschreiben behan¬ deln und dies aus guten, erheblichen Gründen. Wie bekannt, ist der 19. Februar dieses Jahres der fünfzigste Jahrestag, seit¬ dem am 19. Februar 1843 in der uralten Kirche 8. I^oronM in ?NN6 ö ?6ima zu Rom der die Kirche gegenwärtig glorreich o. 6 regierende Papst Leo XIII. vom Kardinal Lambruschini zum Bischöfe konsekriert worden ist. Zudem werden es am 13. De¬ zember laufenden Jahres vierzig Jahre sein seit der Erhebung unseres Kl. Vaters zur Kardinalswürde. Dieses glückliche Er¬ eignis, das goldene Bischofs- und das vierzigjährige Kardinals- Jubiläum Sr. Heiligkeit, ein Jubelfest der ganzen Christenheit, ehrwürdiger noch als das am 31. Jänner 1887 gefeierte Priester- jubilüum, bewegt mich, den Glauben an die heilige römisch- katholische Kirche zu besprechen, fest überzeugt, daß es bei dem unablässigen Zeitwechsel, bei der steten Veränderlichkeit und Hinfälligkeit für den Menschen überaus ermutigend und er¬ hebend ist, so er irgendwo festen Kalt findet und sich an etwas von unveränderlichem Bestände anlehnen kann: was nur die heilige Kirche darbietet. Nur in ihr, der Säule und Grundfeste der Wahrheit, finden die Menschen sicheren Nückhalt, nur in ihr, der Verwalterin himmlischer Gnadenschätze, können sie ihr wahres Wohl, ihr ewiges Lebensglück begründen. Der neunte Glaubensartikel ist in unserer Zeit öfters zu behandeln; denn heute gehen alle Angriffe in Wort und Schrift nicht gegen einzelne Lehren, sondern gegen die Kirche und gegen den Primat überhaupt. Darum will ich in meinem heurigen Hirtenbriefe von dem großen Wunderwerke Gottes auf Erden, von der einen, heiligen, katholischen und aposto¬ lischen Kirche, zu Euch, in Christo geliebte Bistumskinder, sprechen, um dadurch in Euren Kerzen innige Liebe, tiefe Ehr¬ furcht, willigen Gehorsam neu zu beleben, damit ihr fürderhin durch unentwegten Glauben an die unfehlbare kirchliche Lehre, durch eifrige Erfüllung der kirchlichen Gebote, durch emsigen Gebrauch der kirchlichen Heiligungsmittel, wie durch kindliche Pietät gegen den gemeinsamen Vater und Lehrer der Christen¬ heit Papst Leo XIII. Euch unvergängliche Verdienste reichlichst sammelt. Mik der vom göttlichen Stifter unserer hl. Kirche auf die machtvolle Fürbitte Mariä, der Mutter und Königin der hl. Kirche, und auf die vielvermögende Fürsprache des hl. Joseph des Schutzherrn und des hl. Erzengels Michael des Schutz¬ geistes derselben, erhaltenen Gnade wollen wir zur größeren o 7 o Ehre Gottes, zur Erhöhung der hl. Kirche und zur geistigen Erbauung unser aller nachfolgende Punkte näher erwägen. Söttlicft ist Sie Mehr in Mer Srünüung uM Aurbleitung. ^^Mie katholische Kirche, wenn man auch nicht wüßte, was isl' E ja vor Jahren ein Gelehrter wahrheitswidrig behauptete, freilich nur ohne Kenntnis der Katechismus- frage, was ist die katholische Kirche? und der darauf erteilten Antwort: die katholische Kirche ist die sichtbare Gemeinschaft aller rechtgläubigen Christen, welche denselben Glauben beken¬ nen, dieselben Sakramente gebrauchen und den römischen Papst als ihr Oberhaupt anerkennen — nun die katholische Kirche, so man auch nicht wüßte, was sie ist, so ist dieselbe doch da, was bisher niemand geleugnet. Wenn nun die Kirche wirklich besteht, wie ist sie denn dann entstanden und wie hat sie sich über den ganzen großen Erdkreis ausgebreitet? Eine schwer¬ wiegende Frage, deren richtige Lösung die Wahrheit und die Göttlichkeit unserer hl. Kirche unwiderlegbar beweist. An dem ewig denkwürdigen ersten Kimmetfahrtsfeste war die gesamte Kirche, Jesus mit den zwölf Aposteln, am Slberge versammelt. Da blickte der himmlische Lehrer mit seinem gött¬ lichen Auge hin über Länder und Reiche, über Völker und Nationen, und sprach zu seinen geliebten Jüngern: Mir ist alle Gewalt gegeben im Kimmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Keiligen Geistes! Und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe! Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt! 28, 18—20). Und hierauf entstieg Jesus auf einer lichten Wolke in die Kühe zum Kimmel, die zwölf von tiefster Wehmut ergriffenen Fischer aus Galiläa zurücklassend mit dem gewaltigen Auftrage, hin¬ zugehen in die weite Welt und hineinzutragen in die Kerzen aller Menschen eine noch nie gehörte Lehre. Fürwahr, eine schwierige Aufgabe, eine mühevolle Arbeit, ein pflichtenreiches, die menschlichen Kräfte weit übersteigendes Amt! 8 Die zwölf Männer aus Galiläa, ohne Namen und An¬ sehen, ohne Macht und ohne Geld, ohne sogenannte feine Bildung und Weltwissenschaft, diese zwölf armen und schwachen Handwerker aus dem verachteten Iudenlande sollen alle Völker lehren: die Menschenfresser in Afrika, wie die feingebildeten Griechen in Europa, die wilden Araber, die grobsinnlichen Perser und Meder, die prachtliebenden Inder, die stolzen Römer. Sie sollen alle Völker lehren. Was für Völker? Guter Gott! Der hochgefeierte Dölkerapostel Paulus schildert sie meisterhaft in seinem erhaben schönen Römerbriefe: Sie waren voll jeglicher Ungerechtigkeit, Bosheit, Unzucht, Hab¬ sucht, Schalkheit, volt Neid, Mord, Zank, Arglist, Bösartigkeit. Sie waren Ohrenbläser, Verleum¬ der, bei Gott verhaßt, schmähsüchtig, hoffärtig, prahlerisch, erfindsam im Bösen, ungehorsam gegen die Eltern, vernunftlos, unbändig, lieblos, treulos, unbarmherzig. (Uom. 1,29—31). Und diese ver¬ derbten, den gröbsten Laskern und wildesten Leidenschaften er¬ gebenen Völker waren zu bekehren. Zu bekehren war die Keidenwelt, die da weit über dreißigtausend Götter und Göttin¬ nen zählte, vor denen sich der allerschlechteste Mensch nicht zu schämen brauchte. Die Geschichte der heidnischen Götter ist eine zusammenhängende Kette von Übel- und Greueltaten jedweder Art. Was Wunder, daß die Jugend Griechenlands die Sprache führte, welche ihr Plato in den Wund legt, daß sie nämlich alle ihre Vergehen damit entschuldigte, sie hätte ja nichts getan, was nicht die erhabensten Götter auch getan hätten. „Wenn Jupiter auf die Erde käme", ruft ein Mytholog aus, „es wäre kein Zuchthaus zu hart, um ihn würdig für seine Schandtaten zu bestrafen". Und Jupiter war doch der erste, er war das Oberhaupt der erdichteten Götter. Gegen solche grauenhafte Abgötterei hatten die Apostel das Evangelium Christi zu verkündigen, hatten sie eine Lehre zu predigen, welche an den Willen sittliche Forderungen stellt, deren Erfüllung einem sinnlichen Menschen völlig unmöglich dünkt; hatten an Stelle der volkstümlichen Götzen das heilige Kreuz aufzupflanzen, den Heiden eine Torheit und den Juden -V- 9 c> ein Ärgernis. Wohl ein verzweifeltes, fast könnte man sagen, wahnsinniges Beginnen: das gesetzesstolze Judentum und das entartete Heidentum in das hehre Christentum umwandeln zu wollen. Und dennoch, Teuerste im Herrn, welch wunderbarer Erfolg ward von den begeisterten und begeisternden Aposteln in Bälde erzielt. Nach kaum zwei Dezennien sproßten und blühten schon Kirchengemeinden in allen bedeutenderen Städten der damals bekannten Welt. Um das Jahr 42 nach Christus nannte man die zahlreichen Anhänger der neuen Lehre in An¬ tiochien, dem Sitze der römischen Prokonsuln, bereits Christen. ap. 11, 26)- Der erste römische Bischof und Papst St. Petrus erließ seine beiden Rundschreiben an die christlichen Bewohner von Pontus, Galatien, Kappadocien, Bithynien und Asien. (I. ?str. 1, 1: II. ?etr. 3, 1). Und sein apostolischer Kollege der hl. Paulus richtete herrliche Schreiben wie an ganze Nationen als an die Römer, Hebräer und Galater, so an viele Kirchengemeinden als an jene von Korinth, von Ephe¬ sus, von Philippi, von Kolossä, von Thessalonich. Gleich einer Windsbraut zog die Stimme des Evangeliums über die Erde, und wohin sie drang, erweckte sie lauten Nachhall und Wider¬ hall. So konnte der hl. Paulus schon an die Römer schreiben: Ich danke meinem Gott durch Iesum Christum, daß von eurem Glauben in der ganzen Welt ver¬ kündet wird. iPom. 1, 8). In alle Lande ist ihr Auf¬ ruf ergangen und ihre Worte bis an die Grenzen der Erde. (kom. 10, 18). Recht hat der hl. Ehrysoskomus, wenn er meint: „Der größte Beweis der Allmacht Jesu zeigt sich darin, daß seine Lehre in zwanzig oder dreißig Jahren die Welt durchdrang." Von dieser großen Ausdehnung und reißend schnellen Ausbreitung des christlichen Glaubens schon im ersten Jahr¬ hunderte unserer christlichen Zeitrechnung legen die angesehensten heidnischen Schriftsteller Zeugnis ab, wie Seneca, Suetonius, Tacitus, Plinius der Jüngere. Denkwürdig ist's, was dieser Plinius, Statthalter in Bithynien, an der Wende des ersten und zweiten christlichen Jahrhunderts an Kaiser Trajan (98—N7) berichtet: „Die Sache der Christenverfolgung schien mir recht o- 10 -c> sehr der Beachtung zu bedürfen, hauptsächlich wegen der Menge derer, die in Betracht kommen. Denn viele jeden Alters, jeden Ranges, jeden Geschlechtes sogar kommen in Gefahr. Und nicht bloß Städte, sondern auch Dörfer und Einöden sind von der Seuche jenes Aberglaubens angesteckt." Der Bericht spricht klar und wahr für unsere Sache, welche christliche Autoren noch deutlicher bezeugen. Der hl. Iustinus (ch 167) bemerkt: „Es gibt kein Volk weder unter den Griechen noch unter den Barbaren noch unter irgend einem anderen Geschlecht, welches nicht im Namen Jesu des Gekreuzigten Gebete zum Vater und Schöpfer der Wesen emporsendet." (vmloA. o. Ir^pb. 117). Und der hl. Irenäus, Bischof von Lyon (ch 202), schreibt: „Die Kirche ist über die ganze Welt verbreitet, wie es nur eine Sonne gibt, so sieht man von einem Ende der Welt zum andern die¬ selbe Wahrheit." (Ulseres. I. 10. 1). Im dritten Jahrhunderte konnte der gelehrte Presbyter von Karthago, Tertullian (ch 240), in seiner markigen Apologie o. 37 dem absterbenden Heiden- tume die stolzen Worte zurufen: „Wollten mir als offene Feinde gegen euch auftreten, würde es uns an Zahl und Macht ge¬ brechen? Utssterni sumus, wir sind von gestern und erfüllen schon all das eurige: Städte, Inseln, Kastelle, Flecken, Zünfte, Lager, Palast, Senat und Forum, nur die Tempel überlassen wir euch allein. Schon durch die Trennung von euch könnten wir euch bekämpfen. Wenn wir bei solcher Anzahl in irgend eine entlegene Gegend uns zurückzögen, ihr würdet betroffen sein über den Verlust so vieler Bürger, ihr würdet erschrecken bei der Verlassenheit, dem Stillstände der Geschäfte, der schauer¬ lichen Totenstille im Lande." Frühzeitig war also das Heiden¬ tum überwunden, aber noch weit früher das Judentum. Im Jahre 70 nach Christus ward die hl. Stadt und der Pracht¬ tempel zerstört, und die Juden, welche Iesum verwarfen, zer¬ streuten sich unter alle Völker der Erde zum Wahr- und Warnungszeichen für dieselben. Im Hinblick nun auf die unleugbare, bestbeglaubigte weil welthistorische Tatsache der Festbegründung und blitzesschnellen Ausbreitung der hl. Kirche durch die zwölf Apostel frage ich, ist diese Weltkirche Menschenwerk oder Gotteswerk? Wie o- 11 o Menschenwerk soll sie sein? Wenn ein römischer Kaiser die allerbesten und kühnsten Feldherren versammelt und ihnen alle Schätze der Erde und alle Armeen gegeben und zu ihnen ge¬ sagt hätte: Ziehet nun aus in alle Welt, erobert und bekehret sie zu meinen Ansichten, hätten die Beauftragten bestürzt er¬ widert: Kaiser, das ist für Menschen zu stark, ist von ihnen zu viel verlangt! Indes die Apostel, sie vernehmen kaum vom Könige der Könige den Befehl: Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker, und schon ziehen sie aus in die ganze Welt ohne Schatz, um die Völker zu bestechen, ausgenommen den Schatz des Gebetes und aufopferungsvoller Liebe, ohne Schwert und ohne Schild, ausgenommen das Schwert des göttlichen Wortes und den Schild feurigen Glaubens — sie durften ja nach des göttlichen Lehrmeisters Wunsche weder Gold noch Silber noch anderes Geld . . . auch keine Tasche, noch zwei Röcke, noch Schuhe, noch Slab mit auf den Weg nehmen (.Vlatck. 10, 9 — 11) — es ziehen hin die Menschenfischer mit der geistigen Fischerangel, dem heilbringenden Kreuze in der Kand, nach allen Windrichtungen und in alle Weltgegenden: St. Petrus eilt nach Italien, St. Paulus nach Griechenland, St. Andreas nach Scythien, St. Jakob nach Spanien und dessen Bruder Johannes nach Kleinasien, St. Thomas nach Parthien, St. Philipp nach Phrygien, Bartholomäus nach Arabien, Matthäus nach Aethiopien, Judas Thaddäus nach Mesopotamien, St. Simon nach Ägypten, der hl. Matthias und Jakob der Jüngere durchziehen zumeist Palästina; sie ziehen hin und lehren die Völker die neue himmlische Lehre und bekehren sie zu Christus, erobern die Menschheit für Jesus nicht mit Eisen, sondern mit dem Kotze, wie sich der hl. Augu¬ stinus so zutreffend ausdrückt. Zuletzt legte selbst der römische Imperator, vor welchem drei Weltteile willenlos im Staube tagen, seine Krone zu Füßen des hl. Kreuzes und wurde Christi Bekenner, Verehrer und Anbeter. Erfüllt hat sich des Kerrn Trostwort: Fürchte dich nicht, du kleine Kerde, denn es hat eurem Vater gefallen, euch das Reich zu geben! (Ime. 12, 32). o 12 Geliebte Christen! Man sagt, die Weltgeschichte ist das Weltgericht. Vor dieses Weltgericht nun komme der Unglaube, der unsere Gottesanstalt die hl. Kirche verlästert, und zeige, ob er beweisen könne, daß das von zwölf armseligen Arbeitern aus Galiläa binnen weniger Jahrzehnte über den ganzen Erd¬ kreis ausgebreitete großherrliche Reich, die heilige katholische Kirche, reines Menschenwerk ist. Aber nein! Die historisch un¬ anfechtbar erwiesene Tatsache der überschnellen Ausbreitung der christlichen Kirche bei geringen Machtmitteln kann nur als die Wirkung übernatürlicher Kräfte vollauf begriffen werden. Kier muß man zugeben: DiZiw8 Del 68t Kia SsttlicD i5t Me sirčke in ihrer Erbauung unü desläntligen Vormauer. -i^Mlein und schwach war noch die Kirche, aber schon um- standen starke Riesen mit gezückten Schwertern ihre Wiege, nicht um sie zu schützen und zu schirmen, son¬ dern um ihr den Todesstoß zu versetzen. Doch in erhöhtem Glanze und in neuer Größe erscheint da unsere hl. katholische Kirche, indem sie ein neues Merkmal der Wahrheit und Gött¬ lichkeit in den Verfolgungen und Anfeindungen erhält. Keilige Blutzeugen und fast unzählbar viele gibt es nur in der katho¬ lischen Kirche. Und darum könnte man das Martyrium neben den vier Kennzeichen der wahren Kirche als das fünfte Merk¬ mal bezeichnen. Die grausamsten und blutigsten Verfolgungen dauerten in den Jahren 64 bis 305, in welcher Zeit Millionen und Mil¬ lionen Christen ihr Gut und Blut für Iesum Christum freudig hinopferten. Da wurde im Jahre 67 der erste Papst St. Petrus gekreuzigt und sein apostolischer Mitbruder St. Paulus enthauptet, und auch alle die übrigen hl. Apostel mit Ausnahme des jung¬ fräulichen Liebesjüngers Johannes starben den qualvollen Martertod. Es erlitten noch weitere neunundzwanzig Päpste das Martyrium. Rom, die Residenz der heidnischen Kaiser und die Metropole des römischen Reiches, glich einer ungeheuren Schlachtbank der Kerde Christi. Beleg dafür sind die Kata¬ komben, unterirdische Friedhöfe, in denen die Gräber der hl. Blutzeugen eigens durch einen Palmzweig und durch ein Fläschchen für Blut gezeichnet sind. Die Gräberstätke bildet eine Tokenstadt unter der Erde, eben so groß als die Stadt Rom über der Erde. Indes, was litten die christlichen Glaubensbekenner? Was sie litten? Nur mit tiefster Rührung und größter Ergriffenheit kann man die Berichte über ihre maßlosen Martern und Lei¬ den vernehmen. Bald zerfleischte man sie bis auf die Knochen mit Geißeln, eisernen Krallen und Kämmen; rieb die Wunden mit Salz und Essig; verrenkte ihnen alle Glieder; warf sie entblößt auf spitzige Muscheln und stachelige Scherben. Bald O' 14 o brannte man sie am ganzen Leibe mit glühenden Eisenplatten, legte sie auf glühenden Rost oder setzte sie auf eiserne Stühle über ein loderndes Feuer. Bald hing man sie an beiden Füßen kopfunter über ein Feuer von nassem Kotze, wo sie in Qualen langsam erstickten. Nicht genug! Man tauchte die Bekenner häufig in siedendes Wasser, St oder Pech, goß ihnen geschmol¬ zenes Blei über den Rücken, stürzte sie in Säcke genäht in das Meer oder warf sie in Köhlen, voll von Schlangen und giftigem Gewürm. Einige übergoß man mit König und legte sie mit gefesselten Künden und Füßen in die sengende Sonne, damit sie von Insekten aufgefressen oder bei lebendigem Leibe verfaulen würden. Wieder anderen bohrte man spitzige Rohr¬ stäbe unter die Nägel an Künden und Füßen und goß ge¬ schmolzenes Blei in die klaffenden Wunden, zumal in die Augenhöhlen und in den Mund, nachdem ihnen zuvor die Augen und die Zunge ausgerissen worden waren. Und wer zählt die Namen derer, die wilden Tieren vorgeworfen, die ge¬ steinigt, gekreuzigt und enthauptet wurden? Doch wie ertrugen die christlichen Blutzeugen diese entsetzlichen Qualen? Wie sie die Markern ertrugen? Mit bewunderungswürdiger Geduld und Starkmütigkeit. Für Christo sterben, war ihr einziger Wunsch, war der Köhepunkk all ihres Glückes. So war der Name Jesus aus dem Gedächtnisse der Menschen nicht auszurotten, das Christentum war nicht zu zer¬ stören. Sehr bezeichnend ist der Ausspruch des hl. Iustinus im Zwiegespräche mit dem Juden Tryphon: „Wie der Weinstock beschnitten wird, damit er umso reichlichere Frucht bringe, so wächst die Kirche durch die Verfolgung." And der beherzte Apologet Tertullian konnte mit Recht den Christenoerfolgern zurufen: „Martert und mordet uns. Alle eure Grausamkeit, wie ausgesucht sie auch sein mag, richtet nichts aus, sie ist vielmehr ein neuer Reiz zur Vermehrung der Genossenschaft. So oft ihr uns abmäht, mehrt sich unsere Zahl. Das Blut der Märtyrer ist der Same neuer Christen." Rohe Gewalt also konnte die Kirche nicht überwältigen, sie dauerte fort und gewann immer mehr an Macht und Ansehen, an Glanz und Größe. Der gewaltigste Chriskenverfolger, Kaiser Diokletian, o 15 o der schon eine Münze prägen ließ mit der Umschrift: „Das Christentum ist vernichtet", mußte sich vom Throne ins Privat¬ leben nach Salona in Dalmatien zurückziehen, wo er im Jahre 313 unbeachtet starb; während im selben Jahre 313 Kaiser Konstantin der Große in seinem berühmten Mailänder Edikte die katholische Religion als Staatsreligion erklärte, und der römische Papst Silvester I. (314—335) aus den Katakomben wieder auf St. Petri Stuhl erhoben wurde. Der letzte und schlaueste Chriskenverfolger aber, der abtrünnige Kaiser Julian, mußte sterbend den endlichen Sieg des Christentums anerkennen. Im Kampfe gegen die Perser tödlich verwundet, schleuderte er, wie man versichert, Blut aus seiner Wunde mit Erde unter¬ mischt gegen den Kimmel und rief verzweifelnd: Vioisti Oalilaee! Gesiegt hast du Galiläer! Ja der Galiläer, Jesus von Nazareth, hat gesiegt! Materielle Gewalt erwies sich als völlig ohnmächtig gegenüber der schütz- und wehrlosen Kirche. Darum griff man alsbald zu den Waffen des Geistes. Vergebliche Mühe! Die griechischen und lateinischen Schriftsteller, welche gegen die Kirche ihre Griffel gespitzt, sind längst nicht mehr, vergessen sind auch ihre Werke. Wer denkt heute an die Kirchenlästerer und Spötter wie Celsus, Lucian, Porphyrius, Kierocles, und wer lies! deren seichte An¬ griffsschriften? Auch in späterer Zeit wollte so mancher Welt¬ weise mit seiner Feder den Felsen Petri zertrümmern; aber er hat ihn kaum geritzt. Die Feder ist stumpf geworden, die Kand ist erlahmt. Doch die Kirche steht noch in ihrem ganzen Glanze da und feiert Triumphe. Später will Anus mitsamt dem großen Gefolge der Irrlehrer die Kirche vernichten; aber der Verwegene und seine Nachtreter wie Macedonius, Neslorius, Eutyches, Pelagius, Photius und viele andere gehören nur mehr der Vergangenheit an; doch die Kirche dauert noch gegen¬ wärtig fort und auch die Zukunft wird ihr gehören. Freilich richteten die Käresiarchen in der Kirche weit größeren Schaden an, als die rohen Christenverfolger. Der Verlust war in den Verfolgungen niemals ein so großer und so nachhaltiger wie zur Zeit der Irrlehren, deren schlimme Folgen leider noch heute genug fühlbar sind. Auf den Arianismus und dessen mehr 16 c> minder natürliche Abzweigungen folgte die Völkerwanderung, so¬ dann das orientalische Schisma, die abendländische Kirchen¬ spaltung, der gewaltige Streit zwischen den Hohenstaufen und den Päpsten, ferner die sogenannte Reformation und zuletzt die französische Revolution. Doch die Kirche Christi lag niemals im Sterben, wurde auch nicht eingesargt und begraben. Wohl aber fiel ins Grab, wer ihr solches grub. Hier bewährte sich des weisen Gamaliels weises Wort: Wenn dieses Werk von Menschen ist, so wird es zerfallen, wenn es aber von Gott ist, so könnet ihr es nicht zerstören. ap. 5, 38. 39). Die Kirche trotzte allen Stürmen und ist aus allen Kämpfen sieggekrönt und wie verjüngt hervor¬ gegangen. Auch den Unglauben der Neuzeit wird sie glücklich überwinden. Diesen Ruhm der Unllberwindlichkeit teilt unsere Kirche mit keiner anderen Religionsgemeinschaft. Nicht das Keidentum und nicht das Judentum und nicht die von der Kirche losgerissenen christlichen Bekenntnisse können sich ähn¬ licher, geschweige gleicher Stürme und Kämpfe rühmen. Sie wären völlig untergegangen, wenn die Welt sie in so feind¬ seliger Weise befehdete, wie sie unsere heilige Kirche bekämpfte und noch immer bekämpft. Die katholische Kirche kann bald die neunzehnte Jahr¬ hundertfeier begehen und wird sie sicherlich begehen und noch ein etwas mehr. Indessen liegt die Geschichte voller Ruinen von Reichen, die sich im Frevelmute an dem Felsen der Kirche zertrümmert haben, die nicht überwältigt werden kann. Das mächtige Römerreich und das prächtige Kaisertum von Byzanz sind zu Grunde gegangen, ebenso das große Reich der Araber. Die allerältesten Republiken, wie Venedig, Genua und mehr andere, man weiß kaum, daß sie waren. Ganze Völkerschaften sind verschwunden, glänzende Throne wurden umgestürzt, ruhm¬ reiche Herrschergeschlechter sind erloschen. Die Kirche steht unge¬ beugt und ungealtert und unverwüstlich da. Der Vatikan, wo heute nach dem römischen Schematismus der 257. Nachfolger Petri regiert und herrscht, hat die letzten Stuarts, die Bour¬ bonen von Frankreich, Spanien und Neapel, hat die Bona¬ partes gesehen. In ihrem Unglücke sind alle gekommen, um -O- t7 c> im Schalten des Vatikans einigen Frieden zu finden. Trostlose Kaiserinnen in langen Trauerschleiern haben zu den Fähen des Papstes ihren Tränen freien Lauf gegeben und haben Labung in ihrem Unglücke und Linderung ihrer Schmerzen gefunden. So ist denn unsere hl. Kirche das Haus, von dem der Herr sagt: „Da fiel ein Platzregen, es kamen Wassergüsse, es wehten die Winde und stießen an jenes Haus, aber es fiel nicht;, denn es war auf einen Felsen gegründet — t'unäaw onim orat sopra potram." (tVlattb. 7, 25). Wahrlich, l'o os Letrus, du bist der Fels! Und dieser Fels fällt nicht, eher stürzen die Alpen zusammen. Treffend bemerkt zur Sache der scharfsinnige Lessing in seiner Duplik gegen den Hamburger Haupkpastor Götze: „Wir, die wir jetzt leben, sind besser daran als die, zu deren Zeiten die Augenzeugen noch vorhanden waren. Denn der Abgang der Augenzeugen wird uns reichlich ersetzt durch etwas, was die Augenzeugen nicht haben konnten. Sie hatten nur den Grund vor sich, auf dem sie in Überzeu¬ gung seiner Festigkeit ein großes Gebäude aufzuführen wagten. Und wir, wir haben dieses große Gebäude selbst aufgeführt vor uns. Welcher Tor wühlt neugierig in dem Grunde seines Hauses, bloß um sich von der Güte des Grmndes seines Hauses zu überzeugen? Daß der Grund gut ist, weiß ich nunmehr, da das Haus so lange steht, überzeugender, als die es wissen konnten, die ihn legen sahen."' Insgleichen sind auch wir, liebe Bistumskinder, wohl überzeugt von der Felsenfestigkeit unserer hl. Kirche und wir alle erkennen aus deren Erhaltung und Fortdauer seit ihrer Gründung bis heute, trotz gewaltigster Hindernisse, ihre Wahr¬ heit, ihren göttlichen Ursprung. „Der Odem der Unsterblichkeit", sprach einst mit Recht der geistreiche und gemütsvolle Hetlinger, „ist ausgegossen über die katholische Kirche; und ewig lebt, der sich eng an die Kirche anschließt." Scharen wir uns darum freudigst um diesen Felsen Petri; verteidigen wir ihn mit den Waffen, die Gott in die Hand eines jeden gelegt, durch Gebet und Liebesgaben, durch treue Erfüllung der Berufspflichten, ' Lessings Werke XII. Teil, herausgeg. vori Dr. R. Boxberger. S. 26. 2 o 18 durch eifrige Betätigung des hl. Glaubens in allen unseren Lebenslagen, durch geduldiges Ertragen der uns heimsuchen¬ den Leiden und Widerwärtigkeiten, durch gänzliche Ergebung in Gottes heiligen Willen bei Verfolgungen und Anfeindungen! Weihen wir unser ganzes Herz und widmen wir unsere ganze Liebe unserer geistigen Mutter, der heiligen Kirche! Ich glaube an die heilige katholische Kirche! göttlich ist Sie Kirche in ihrer kinheit. MMn weiteres offenkundiges Merkzeichen der Wahrheit und Göttlichkeit unserer Kirche ist ihre Einheit. Wie nur ein Gott, eine Wahrheit, so nur eine einzige wahre Kirche. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. (Lxbss. 4, 5). Unsere Kirche hat diese erforderliche Einheit, da sie einerlei Lehre bekennt, dasselbe Opfer feiert, einerlei Sakramente ge¬ braucht und nur ein Oberhaupt besitzt, den römischen Papst, mit welchem als Nachfolger des hl. Petrus die Bischöfe als Nachfolger der übrigen Apostel innig vereint sind. Gewiß ist höchst bedeutungsvoll, daß der göttliche Heiland beim letzten Abendmahle um nichts seinen himmlischen Vater so feierlich und inniglich gebeten, als um die Einheit unter den Seinen: Kei¬ liger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir es sind... Aber ich bitte nicht für sie allein, sondern auch für diejenigen, welche durch ihr Wort an mich glauben werden; damit alle eins seien, wie du Vater in mir bist und ich in dir bin, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, daß du mich gesandt Hafk. Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben, auch ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie auch wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, daß du mich gesandt hast und sie liebst, wie du auch mich liebst. (Ioan. 17, 11. 20—23). Die Einheit und Einzigkeit der Kirche, sowie die Einigkeit all ihrer Glieder betont öfters mit Nachdruck der hl. Paulus. Ein Herr, ein Glaube, eineTaufe, ein Gott o 19 c> und Vater aller, der da ist über alles und durch alles und in uns allen. Und er hat einige zu Aposteln, einige zu Propheten, einige zu Hirten und Lehrern geordnet, zurAusbildung desLeibes Jesu Christi, daß wir alle gelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes. (Lpko8. 4, 5. 6. 11 — 13). Und seine lieben Korinther er¬ mahnt er: Ich bitte euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesu Christi, seid einstimmig alle und lasset unter euch keine Spaltung sein, sondern seid einmütig in gleicher Gesinnung und gleicher Überzeugung. Ist denn Christus geteilt? (I. Cor. 1, 10. 13). Ebenso eindringlich reden auch die hl. Väter von der kirchlichen Einheit. Der gefeierte Bischof und Märtyrer von Karthago, St. Cyprian, verfaßte ein eigenes Werk über die Einheit der Kirche, worin er unter anderem so wunderbar schön bemerkt: „Wie der Sonnenstrahlen viele sind, aber ein Licht; wie der Zweige eines Baumes viele sind, aber nur ein auf fester Wurzel gegründeter Stamm; wie sich aus einer Quelle viele Wasser ergießen, so daß die große Zahl derselben in überströmender Fülle erscheint, und dennoch die Einheit im Ursprünge erhalten bleibt — ebenalso die christliche Einheit. Trenne die Sonnenstrahlen von der Sonne, die Einheit kann keine Teilung des Lichtes ertragen. Brich vom Baume den Zweig, abgesondert wird er nicht sprossen. Sondere von der Quelle den Bach, gesondert versiegt er. So sendet auch, über¬ gossen vom Lichte des Herrn, die Kirche Strahlen aus über die ganze Erde. Doch ist sie nur ein Licht, welches allenthalben sich ergießt. Die Einheit des Körpers wird nicht getrennt."^ Zeitlich und räumlich finden wir stets in unserer Kirche die eine Glaubenslehre, wie sie aus dem Munde Jesu geflossen; das eine Meßopfer, wie es der ewige Hohepriester angeordnet; die nämlichen Sakramente, wie sie von unserem Erlöser und Seligmacher eingesetzt worden sind. Immer bleibt wahr des hl. Irenäus Ausspruch: „Obgleich durch die ganze Welt zerstreut, ' I)e csMol. eccl. unitate e. 5. L4 Ouil. Härtel VindodoriüL 1868. 1*om. 1. psg. 212 sq. 2* o- 20 c> bewahrt doch die Kirche treulich die verkündete Keilslehre, als bewohnte sie nur einKaus; und glaubt dasselbe, als hätte sie mir eine Seele; lehrt übereinstimmend, als hätte sie nur einen Mund. Obschon die Sprachen verschieden sind, so ist doch die Kraft der Überlieferung eine und dieselbe. Weder die in Ger¬ manien gegründeten Kirchen glauben und lehren anders, noch die in Kibernien oder Gallien oder im Orient oder in Ägypten oder in Lydien oder in der Mitte der Welt; sondern wie die Sonne in der ganzen Welt eine und dieselbe ist, so strahlt auch das Licht, die Predigt der Wahrheit, überall und erleuchtet alle Menschen, welche zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen wollen.'" Was unser katholischer Glaube ist, das klingt seit fast zweitausend Jahren aus allen Teilen der Welt und von jedem katholischen Munde uns entgegen. In den fünf Welt¬ teilen glaubt und lehrt die katholische Kirche ganz das gleiche wie in Rom; glaubt und lehrt heute nicht anders, als sie ge¬ glaubt und gelehrt vor fünfhundert, vor tausend, vor neunzehn- hunderi Jahren. Sie ist unter allen Völkern dieselbe und bleibt sich immer gleich, obgleich sie den Geist der verschiedenen Natio¬ nen nicht unterdrückt, sondern ihm freien Spielraum läßt, in¬ dem sie jeder Nation nach Charakter, Begabung, Fortschritt ihr Recht gewährt, ihre Eigentümlichkeiten berücksichtigt. Die römisch-katholische Kirche ist sich gleich in allen fünf Weltteilen. Sie überschattet mit ihrer Breite und Länge den ganzen Erd¬ kreis; in ihrer Köhe erstreckt sie sich bis an den Kimmel, wo ihr heiligstes Kaupt Jesus Christus thront, und wo ihre ewig seligen Kinder weilen; und mit ihrer Tiefe reicht sie hinab bis ins Fegefeuer, da die armen, leidenden Seelen ja auch ihr ange¬ hören. Sie ist nach allen Breiten und Längen, Köhen und Tiefen verästet, ist indes nur ein einziger, wunderbar großer Gottesbaum. Diese großartige Einheit und Gleichheit im Glauben und in der Lehre, in den Sakramenten und gottesdienstlichen Kand- lungen, in der Leitung und Regierung, in der hierarchischen Ordnung und Unterordnung hat schon viele Andersgläubige ' User. Ub. I. c. 10. n. 2. o 21 c> zumal in England in den Schoß der katholischen Kirche ge¬ bracht. Ausgezeichnete Männer wie William Faber, Newman, Manning, welche zuvor sehr eifrige Anglikaner waren, gelangten durch ernstes Studium der Kirchengeschichte zur Erkenntnis der einzig wahren Kirche, konvertierten und wirkten als Katholiken auf das segensvollste in England. Wohl zu allen Zeiten war dies der höchste Wunsch der Gläubigen, in der Einheit mit der Kirche zu stehen, in ihrem Schoße zu leben und zu sterben. Trennung von der Kirche aber war von jeher das schrecklichste Wort für jeden frommgläubigen Christen. Danken wir Gott, liebe Diözesanen, daß wir in der katholischen Kirche geboren und großgezogen sind, daß wir in ihrem mütterlichen Schoße ruhig leben und selig sterben können. Für uns katholische Österreicher geziemt es sich ganz besonders, daß wir uns bewußt zeigen des lebendigen Dankgefühls, welches wir Gott dem Herrn der Heerscharen schulden für die Bewahrung der Einheit im Glauben unserer heiligen Kirche, welche nächst dem ruhmreichen habs¬ burgischen Herrschergeschlechte das festeste Band zwischen unseren verschiedenen Nationalitäten bildet. Halten wir fest an dem einen Glauben, an denselben Sakramenten, an dem einen Oberhaupte, welches Christus eingesetzt hat zur Erhaltung der Einheit und Einigkeit in seiner Kirche. Ist doch der römische Papst der Repräsentant der Einheit in unserer Kirche. Ohne Papst gibt es nicht eine Kirche, sondern nur Einzelnkirchen. Beten wir gern mit der frommen Absicht, daß Irrlehren und Spaltungen aufhören und nur ein Hirt und eine Herde werde. (Ioan. 10, 16). Bemühen wir uns aber auch untereinander einig zu sein und dies nach dem Beispiele Leos XIII., des Friedensfürsten, dessen Mahnung früh und spät ist: Friede zwischen Staat und Kirche, Friede zwischen den Reichen und Völkern, Friede zwischen den Ständen und Berufsklassen, Friede und Einigkeit der Katholiken, wie dies auch St. Paulus so sehnlichst wünscht: Habet einerlei Sinn! Seid friedfertig und der Geist des Friedens und der Liebe wird mit euch sein! ZI. Cor. 13, 11). Eintracht und Liebe zierten die ersten Christen, so daß bei ihrem Anblicke die Ungläubigen voll Bewunderung riefen: „Sehet, wie sie einander lieben!" Die Einheit des o 22 o Glaubens und der Liebe ist die verläßlichste Führerin auf dem Wege zur ewigen Glückseligkeit. Darum unser ganzes Herz und unsere ganze Liebe unserer heiligen Mutter Kirche! Ich glaube an die heilige katholische Kirche! göttlich ist Sie Kirche in ihrer Heiligkeit unä segensspenaung. wahre Kirche Christi muß heilig sein, weil Jesus Christus deshalb in die Welt kam und seine Kirche gründete, um die sündige Menschheit zu entsündigen und zu heiligen. Darum betete er auch beim letzten so gnadenvollen Abendmahle: Vater, heilige sie in der Wahrheit, dein Wort ist Wahrheit... Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiliget wer¬ den. (Ioan. 17, 17.19). Und der große Apostel Paulus schreibt zutreffend an seine Ephesier: Christus hat dieKirche ge¬ liebt und sich für sie hingegeben, um sie zu heiligen und herrlich zu machen ohne Makel, ohne Runzel oder etwas dergleichen, sondern, daß sie heilig und unbefleckt sei. (Lpke8. 5, 25—27). Zudem nennt derselbe von Christus auserwählte Apostel die Christen Kurzweg Heilige, weil sie als Mitglieder der katholischen Kirche zur Heiligkeit be¬ rufen sind. (I. Oor. 1, 2; Col. 1, 2). Diese unerläßliche Eigenschaft der wahren Kirche Christi, die Heiligkeit, ist nun eine der wunderbarsten Züge, woran wir unsere Kirche als die allein wahre Kirche Jesu Christi er¬ kennen. Denn heilig ist ihr Stifter Jesus Christus, heilig ist ihre untrügliche Lehre, heilig sind die Sakramente, in ihr gab es immer Heilige, deren Heiligkeit von Gott durch Wunder bestätigt wurde, und es wird Heilige stets geben, da wir ja alle zur Heiligkeit berufen sind, zur selben geleitet werden und dazu auch unschwer gelangen können. Ich sagte, in der Kirche gab es immer Heilige. Dies ist eine geschichtliche Tatsache, welche niemand rundweg ableugnen, weil niemand das tugendhafte Leben der Heiligen aus der Geschichte auslöschen kann, und die somit den beweiskräftigsten Beleg abgibt für die Heiligkeit der kirchlichen Lehre und der kirchlichen Sakramente; denn hier gilt des Herrn Ausspruch: o 23 o Aus ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. (.Vlattb. 7. 16). Es gab immer Keilige und Gerechte in der Kirche, Engel in Menschengestalt. Unter den wunderbarlichen Zierden am Prachtbau der katholischen Kirche nenne ich vorab die großen Morgenländer: den hl. Iustinus, Philosoph und Mär¬ tyrer (ch 167), den hl. Ignatius den Gottesträger (ch 107), den hl. Polykarp, den hl. Athanasius den Großen, das kirchliche Dreigestirn: Gregor von Nyssa, Gregor von Nazianz und Basilius den Großen, den hl. Chrysostomus, den wortgewaltigsten Prediger der Kirche, und den hl. Johannes den Damaszener. Ich erwähne die hochangesehenen Abendländer: den hl. Irenäus den friedliebenden Bischof von Lyon (ch 202), den hl. Kilarius von Poitiers, den hl. Ambrosius, St. Kieronymus und den festesten und tiefsten Geist des Okzidentes, St. Augustinus. Aus dem Ordensstande führe ich an den Vater der abendländischen Mönche und den Verfasser der goldenen Mönchsregel, St. Bene¬ dikt; den hl. Bernardus, an dessen von Konigseim überfließen¬ den Werken noch heute alle Völker der Erde sich erbauen und belehren; den Christus liebenden hl. Franziskus von Assisi, der einfach war, wie alle Größe; den geistlichen Vater der Predigerbrllder St. Dominikus, den gottinnigen hl. Bonaven¬ tura, den gottbegeisterten hl. Ignatius von Loyola, den Lehr¬ meister und das Muster echt christlichen Gehorsams; den hl. Franz Xaver, diesen von heiligster Begeisterung durchglühten Glaubensboten Indiens und Japans, über welchen der Prote¬ stant Kerder den Ausspruch getan: O daß wir (Protestanten) doch nur einen einzigen Franz Xaver hätten! Ferner nenne ich St. Thomas Aquinas, den größten christlichen Denker und lieblichsten kirchlichen Dichter. Welch herrliches Gefüge am Bau der Kirche bilden Männer wie der hl. Franz Salesius, dieses helleuchtende Vorbild christlicher Sanftmut und Liebe; Karl Borromäus und Vinzenz von Paul, die beiden Apostel der christlichen Charilas. Welch kostbare Bausteine am wundervollen Bau der Kirche sind die hl. Könige, Kaiser und Fürsten, wie unter anderen Ludwig IX. der Keilige, König von Frankreich; Keinrich II. der Keilige, römisch-deutscher Kaiser; Leopold IV. der Keilige, Kerzog von Österreich. o 24 o Von den hl. Frauen und Jungfrauen nenne ich mit Nber- gehuug einer hl. Agnes, einer hl. Barbara nur wenige, deren Namen aber schon ein gutes Stück Kirchengeschichte enthalten: die hl. Zelena, Erbauerin vieler Kirchen; die gotterleuchtete hl. The¬ resia, Stifterin und Reformatorin vieler Klöster; St. Elisabeth, die Perle der Frauen und Fürstinnen Deutschlands, von welcher der Protestant Leo sagt: „Wenn die Erinnerung an dieses edle,, reine, christliche Leben je ganz in der Nation erlöschen sollte, so müßte man Germaniens Wappen zerbrechen und ihr ins Grab nachwerfen." Nicht übergehen kann und darf ich die stattliche Reihe heiliger Päpste. Von St. Petri Sterbejahre 67 bis zum Fahre 540 regierten das Reich Christi auf Erden 58 Päpste und fast alle werden als Zeitige verehrt. Aber auch von da an wurden gar viele unter die Zeitigen ausgenommen. Es gab und gibt in unserer Kirche immer Zeitige. Auch Papst Leo XIII. hat schon mehreren im Zerrn selig Ruhenden die Ehre des Altars zuerkannt, als dem Klemens Maria Zofbauer dem Apostel Wiens, dem Lazaristen Gabriel Perboyre; und in diesem Jahre sind am 22. und 29. Jänner feierliche Selig¬ sprechungen mehrerer Verstorbener erfolgt und werden solche noch am 12. März und am 6. April erfolgen. So unterliegt cs denn keinem Zweifel, daß es nie und nirgends auf Erden bewunderungswürdigere Charaktere gegeben hat, als die, welche am meisten von dem Geiste Jesu Christi, vom Geiste der Kirche durchdrungen waren. Ein Wahrwort sprach der ge¬ lehrte Engländer Zutchinson (Zöttschinß'n): „Der katholische Glaube ist der Glaube der alleredelslen Charaktere, die je dem Menschengeschlechts zur Ehre gereichten." Zur Erhärtung dieses vollberechtigten Ausspruches nenne ich z. B. den unsterblichen Seefahrer Christoph Columbus, der als Entdecker Amerikas (1492) dem Reiche Gottes ein neues Gebiet eröffnet, und dessen Größe kein Geringerer als der erleuchtete Leo XIII. in seiner Enzyklika vom 16. Juli 1892 also preist: „Die Tat des Columbus ist die höchste und schönste, die je von Menschen vollbracht wurde, und jener, der sie vollbrachte, sucht seines¬ gleichen an Mut und Talent. Ihm verdanken wir es, daß aus dem Schoße des unerforschten Ozeans eine neue Welt auf- o 25 tauchte; ihm, daß hunderttausende von Menschen dem Dunkei der Vergessenheit entrissen und mit der menschlichen Gesellschaft wieder vereinigt wurden; ihm, daß bei denselben an Stelle der Wildheit Gesittung und Bildung trat." Columbus war ein ge¬ treuer Sohn der Kirche. Alle seine großen Unternehmungen wurden im Namen der allerheiligsken Dreieinigkeit ausgeführt; der Sonntag war ihm ein Tag heiliger Ruhe, an dem er nie aus einem Käsen wegsegelte, außer in der größten Not; die Festtage der Kirche feierte er in den größten Wildnissen, nahm in Zeiten der Drangsale und Gefahren seine Zuflucht zu Ge¬ lübden, Bußübungen und Wallfahrten, wie er ja auch stets vor der Einschiffung die hl. Kommunion empfing. Mit vollem Rechte konnte der Papst in seiner obgerühmten Enzyklika sagen: „Columbus noster! Columbus isl einer der Unseren!" Und einer der Unseren ist der berühmte Astronom, der das noch heute gültige System der astronomischen Wissenschaft begründete und der zugleich Philosoph, Jurist, ein kühner, schöpferischer Ingenieur und Architekt war, Domherr Nikolaus Kopernikus (ch 1543), welcher sein epochemachendes Werk äe oibium Loalastium revolutionibus libri VI dem Papste Paul UI. ge¬ widmet. Als treue Söhne der Kirche seien noch erwähnt Tilly (ch 1632), Sieger in 33 Schlachten, der seine Christenpflichten genauest erfüllte und sich niemals von der Bachuslust oder von einer Dalila berücken ließ; der berühmte Prinz Eugen (ch 1736), der unsterbliche General Laudon, der heldenmütige Andreas Kofer (ch 1809), der Soldatenvater und nimmermüde Rosen¬ kranzbeter Radetzky. Ich nannte General Laudon, dessen ruhmvollen Lebens ruhmvolles Ende ich eigens berühren will. Als dieser Gideon Österreichs im Jahre 1790 in der mährischen Stadt Neutitschein plötzlich erkrankte, ließ er unverweilt den Feldgeistlichen kommen. Beim Empfange der hl. Wegzehrung rief er innig: „Ach, mein großer Gott, verleihe mir Kräfte zu meinem letzten Kampfe!" Kierauf sprach er zu seinem Leibarzte: „Mein Freund, reden sie offen und verhehlen sie mir die Wahrheit nicht! Sie werden mich nicht erschrecken." O es ist zu spät, lautete die Antwort, der Brand ist schon vorhanden und wider diesen gibt es kein o 26 L> Mittel. „Ich muß also sterben", sagte ruhig der General, „so sei es, Gott befohlen!" Nun ließ Laudon alle seine Haus¬ genossen und seine treuen Offiziere ins Sterbegemach eintreken und sprach ernst: „Glauben sie ja nicht, wie die kahlen Witz¬ linge der jetzigen Zeit es dafür halten, daß es keinen Gott gebe. Ja, es existiert ein starker, mächtiger Gott, Belohner des Guten und Bestrafer des Bösen. Ich hab's erfahren und glaube es fest." Nach dieser Beteuerung ließ sich der Greis höher heben und fuhr weiter: „Ja, ich hab's erfahren; ohne Gottes¬ furcht ist keine wahre Rechtschaffenheit, auch keine wahre Tapfer¬ keit möglich. Darum fürchten sie Gott in ihren geheimen Hand¬ lungen, handeln sie mit ihrem Nächsten jederzeit redlich. Lassen sie sich von diesem Wege durch nichts abwenden und wenn es ihnen noch so wenig nach ihrem Wunsche geht!" Solche in solcher Stunde mit solcher Wärme vorgebrachte Sittenlehren des sterbenden Kriegshelden hatten die Herzen der Anwesenden tiefinnerst gerührt. Prinz de Ligne warf sich, in Schmerz auf¬ gelöst, weinend über einen Tisch, und alle vergossen bittere Tränen. „Aber warum beklagen sie meine Auflösung", fragte Laudon leise? „Wir weinen und werden weinen", antwortete Feldmarschall Bother, „weil wir unseren Baker verlieren." „O, ich bin der Geringste", erwiderte der sterbende Feldherr. „Haben sie denn so wenig Vertrauen auf Gott, der ein Vater aller ist? Scheint er ihnen zu ohnmächtig, sie zu schützen?" Nach diesen Trostworten wandte sich der Sterbende zum Feldgeistlichen mit den Worten: „Ich höre, die Bewohner der Stadt beten für mich; werden sie noch lange beten?" „Bis zur Genesung", lautete die Antwort. „O, danken sie in meinem Namen der ganzen Stadt; auch ich werde für sie beten. Du gutes Volk, ich habe deine Liebe nicht verdient. Getrost gehe ich aus dieser Welt." Vor dem Sterbebette auf den Knieen lag sein Neffe, stumm vor Seelengram und in Schmerzenstränen gebadet. „Steh auf", gebot der Oheim, „sei ein Mann und ein ganzer Christ, liebe Gott, beleidige nie deine Mitmenschen und ehre deinen Monarchen!" Nach dieser Mahnung bat Laudon alle Umstehenden um Vergebung, so er jemanden gekränkt, und er¬ suchte sie, ihn kurze Zeit noch allein zu lassen. Nun raffte der o 27 O. greise Held seine letzten Kräfte zusammen und betete länger mit herzinnigster Andacht und vollster Ergebung in Gottes heiligen Willen. So verschied am 14. Juni 1790 dieser christliche Held und größte Feldherr seiner Zeit.' Habe ich Anrecht, so ich sage: groß, ja wunderbar groß ist die Kirche in der Anleitung ihrer Kinder zum frommen» tugendhaften und heiligen Leben? Heiligen auch wir uns durch treue Beobachtung der Gebote Gottes und der Kirche, durch häufigen würdigen Empfang der heiligen Sakramente, durch gewissenhafte Haltung der gebotenen Fasten, wodurch die bösen Gelüste gezähmt werden, durch genaue Erfüllung unserer Standespflichten, durch Ausübung der geistigen und leiblichen Werke der christlichen Barmherzigkeit. Heiligen wir uns, denn dies ist unser Beruf und unsere Bestimmung, wie St. Paulus, der beste Interpret göttlicher Geheimnisse, lehrt, da er seinen geistlichen Kindern den um ihr Seelenheil tiefbesorgten Thessa¬ lonichern schreibt: Haeo e8t voluntas Del: sanotifi- oatio vL8tra. Dies ist der Wille Gottes: eure Hei¬ ligung. sTKess. 4, 3). Wie aber unsere Kirche in ihrer Heiligkeit eine Gottes¬ anstalt ist, so ist sie nicht minder durch ihre Segensspendung. Unermeßlich ist der Segen, der von der katholischen Kirche, die der fortlebende und forkwirkende Christus auf Erden ist, so reichlich hinströmt über das ganze Erdenrund. Wie die Sonne Licht und Wärme über Berg und Tal, über Feld und Flur ausgießt, alles belebend und befruchtend, so spendete und spendet die hl. Kirche allenthalben himmlischen Segen, an dem alles gelegen. Was hat man der Kirche alles zu verdanken? Nicht das will ich betonen, was die Kirche an Gnaden jedem einzel¬ nen Christen, den sie innerlich und äußerlich umwandelt, bietet wie den Trost der Sündenvergebung, den inneren Frieden und die Hoffnung des ewigen Lebens, sondern nur einige Wohl¬ taten, welche die Kirche der Menschheit überhaupt erwiesen, will ich besonders erwähnen. Der hl. Kirche gebührt das Verdienst der Zivilisation Europas, des kultiviertesten der Weltteile — Wienerzeitung vom 12. Juli 1890. o 28 -O. Europas, welches zum Borne der Kultur für die übrigen vier Weltteile geworden ist. Die Kirche kann mit Zuversicht das Urteil der vorurteilsfreien Geschichtsschreiber herausfordern, daß sie immer für alle Zweige menschlicher Kultur, daß sie für Arme und Bedrängte, für Sklaven und Unfreie rückhaltslos eingetreten ist. Kinsichtlich aller guten Anstalten, Einrichtungen, Vorkehrungen, Errungenschaften, wenn man tiefer gräbt, stößt man auf kirchlichen Boden, sagte einst der große Josef von Görres. So groß ist der Segen der Kirche auch für die zeitlichen Verhältnisse und Bedürfnisse, daß der erleuchtete Leo XIII. in seinem meisterhaften Umlaufschreiben Immortais voi vom I. No¬ vember 1885 ausruft: „Die Kirche, das unsterbliche Werk des erbarmenden Gottes, obwohl sie an sich und ihrer Natur nach für das ewige Keil der Seelen eingesetzt ist, bietet doch in zeit¬ licher Kinsicht solche und soviele Vorteile, daß sie mehr und größere nicht leisten könnte, selbst wenn sie zunächst und in erster Linie zum Schutze des zeitlichen Wohles eingesetzt wäre." Wie segensreich und von welch weittragendster Bedeutung war nur das Walten und Wirken der Päpste, dieser obersten Wächter der Keiligkeik der Kirche! Es ist wohl kein Fürsten¬ thron auf Erden gestanden, von dem soviel Keil, Glück und Segen und Frieden ausgeskrömt wäre, als vom höchsten Throne der Welt, dem päpstlichen in Rom. Wie vieles hat der seit 3. März 1878 glorreich regierende Völkerpapst Leo XIII. nicht schon getan und geleistet für das wahre Menschenwohl, für wirkliches Völkerglück! Wunderbar ist der Erfolg, den dieser Greis von 84 Jahren ohne Keer, ohne Streitkräfte, ohne Reich errungen hat, ein Greis, der seinen Palast nicht verlassen kann. Papst Leo XIII. war der erste, der die Ausbreitung der Wir¬ kungen des Sozialismus begriff und für die wahre Freiheit kämpfte. Anläßlich der Veröffentlichung des hochbedeutsamen Rundschreibens über die Arbeiterfrage schrieb ein akatholisches Blatt also: „Leo XIII. hat sich selbst übertroffen. Diese Enzy¬ klika, eine der größten Taten des Jahrhunderts, ist ein Wun¬ derwerk eines erhabenen und gerechten Geistes, einer feinen und gewaltigen Sprache, einer gewissenhaften und sicheren Ab¬ wägung und Ausgleichung der widersprechenden Ideen und o 29 o Interessen. Selbst den Politikern griff diese Sprache eines Weisen und Apostels, eines Staatsmannes und Papstes an das Herz. Man findet darin jene Schönheit, die von oben kommt und Bewunderung erregt. Wahrhaftig, so sagten sie, dieser hohe Greis hat tiefe Worte gesprochen. Er hat die Richtung der Zeit verstanden." Wenn nun schon eine Enzy¬ klika solches geleistet, was erst alle die vielen Rundschreiben, Bullen, Breven, Briefe und Ansprachen zusammengenommen! Gewiß, Leo XIII. ist unter jene großen Päpste zu reihen, die in der Geschichte der Menschheit ihre Spuren zurücklassen. Und bei dem Umstande, wer sollte nicht sehnlichst wünschen und Gott den Herrn bitten, daß der geisteshohe und tatkräftige Statt¬ halter und Stellvertreter Christi auf Erden, daß der hohe Ju¬ bilar den heiligsten Thron der Welt bis in die allerfernste Zukunft inne habe? In Hinblick auf das über die Heiligkeit und Segens¬ spendung der Kirche Vorgebrachte müssen wir unumwunden bekennen, daß nie eine Anstalt auf Erden bestanden, welche so heilsam und wohltätig, so segensreich und so beglückend für die menschliche Gesellschaft gewirkt, als unsere ht. Kirche. Und darum unser ganzes Herz und unsere ungeteilte Liebe unserer geistigen Mutter der hl. Kirche! Ich glaube an die hei¬ lige katholische Kirche! göttlich ist Sie Kirche in ihrer Allgemeinheit unü Apostolirität. EHResus der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um alle Menschen zu erlösen und selig zu machen. Darum gab er auch seinen Aposteln den Auftrag, allen Men¬ schen die Lehre zu predigen, welche er selbst verkündet hatte. Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium allen Menschen! lMara. 16, 15). Zudem versicherte er die getreuen Jünger, daß seine Kirche die Pforten der Hölle nicht überwältigen werden, daß sie stehen wird bis an das Wettende. (Xlattb. 16, 18). So hat denn Jesus Christus eine Kirche gegründet, die katholisch oder allgemein sein muß. Und dieses Merkmal der Katholizität als beweiskräftiges o. 30 Zeichen der Wahrheit und Göttlichkeit besitzt unsere Kirche im wahrsten und vollsten Sinne des Wortes. Katholisch ist unsere Kirche, weil sie allgemein ist der Zeit nach. Sie begann mit Jesus Christus ihrem göttlichen Gründer, und seit dieser Zeit gab es kein Jahrzehnt oder Jahr¬ hundert, da sie aufgehört hätte zu sein. Alle übrigen Religions¬ gesellschaften datieren aus späterer Zeit, die man vollkommen genau anzugeben imstande ist. Katholisch ist unsere hl. Kirche dem Raume nach; denn sie ist über die ganze Welt ver¬ breitet und faßt, an keine Grenze gebunden, allerorts festen Fuß. Sie ist universell, weil sie alle Völker der Erde liebend umfaßt und in ihre mütterlichen Arme schließt. Als treue Mutter rechnet sie mit den Eigentümlichkeiten, Sitten und Gebräuchen, mit der Bildungsstufe und der Sprache jedweder Nation. Sie vernichtet keine Nationalität, veredelt und hebt sie vielmehr. Allgemein ist unsere Kirche, weil sie den ganzen Menschen befriedigt, sie veredelt seinen Verstand und Willen, sein Kerz und sein Gemüt und Gefühl. Sie befriedigt ihn im jugendlichen wie im späten greisen Alter. Sie adelt alle seine Kräfte und Fähigkeiten, bildet ihn äußerlich und innerlich um; beseligt ihn zeitlich und ewiglich. Ja, katholisch ist unsere hl. Kirche, weil sie bestrebt war und unablässig bestrebt ist, allen und jedem das Keil zu bringen, allen alles zu sein. Die Katholizität der Kirche prägt sich in unseren Tagen ganz vorzüglich aus in der segensreichen, weltumfassenden Wirk¬ samkeit unseres hl. Vaters Papstes Leo XHI., der auf alle wichtigsten Zeitumstände sein Augenmerk richtet. Er trachtet, die weltlichen Regenten zu bestimmen, daß sie mit der Kirche in Frieden und Eintracht leben; er warnt Fürsten und Völker vor der Freimaurerei; er zeigt, daß die soziale Frage oder die Frage, wie Reiche und Arme, wie Arbeiter und Arbeitgeber, wie die Mitglieder einer Familie neben und miteinander fried¬ lich leben können — er zeigt, sage ich, daß diese hochwichtige Frage nur nach den ewig wahren Lehren des Evangeliums und im Bunde mit der Kirche gelöst werden könne; er betont das Recht der Kirche auf christliche Schulen, fördert mächtig Künste und Wissenschaften; sorgt für die Ausbreitung des o. 31 Glaubens, für die Beseitigung der Sklaverei, des Zweikampfes, des unseligen Nationalitätenhaders. Kurz, es gibt keine große und auch keine kleine Frage zum Wohle der christlichen Welt, welcher nicht der Papst seine Sorge zuwendete. Und die Mittel, die er selbst anwendet und anderen anempfiehlt zur Besserung der Weltlage, sind vor allem: Gebet, zumal das Nosenkranz- gebet, das er schon zum öfteren der Christenheit empfohlen, Ver¬ ehrung der hl. Familie, des göttlichen Kerzens Jesu, Teilnahme am dritten Orden des hl. Franziskus und an heiligen Bruder¬ schaften und frommen Vereinen, Keiligung der Sonntage und Feste, Sorge für die Jugend, Lesung guter Bücher und Unter¬ stützung der guten Presse, Veranstaltung allgemeiner Katho¬ likenversammlungen. Leos XIII. Tätigkeit ist katholisch, ist all¬ umfassend. Die wahre Kirche Christi muß ferner wie katholisch so auch apostolisch sein, weil Jesus Christus nur die Apostel in die Welt sandte, seine himmlische Lehre den Menschen zu predigen; weil er nur bei ihnen bis zum Weltende zu ver¬ bleiben versprach, wie er denn auch nur sie zu seinen Dienern und Ausspendern der hl. Geheimnisse bestellte. Auch dieses Zeichen göttlicher Stiftung, die Apostolizität, trägt unsere hl. Kirche in ausnehmender Weise an sich. Apostolisch ist sie, weil sie hinsichtlich ihres Lehr-, Priester- und Kirtenamtes bis aus die Apostel zurückgefllhrt werden kann. Was der hl. Lukas von den ersten Christen berichtet: Sie verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft des Brotbrechens und in Gebeten (Xot. ap. 2, 42), das gilt wortwörtlich noch heute von katholischen Christen. Apostolisch ist unsere Kirche, weil St. Petrus ihr Oberhaupt noch immer in seinen rechtmäßigen Nachfolgern, in den römischen Päpsten fortlebt, weshalb denn auch der Sitz der Päpste vorzugsweise der apostolische Stuhl genannt wird; weil ferner die übrigen Apostel in den rechtmäßig geweihten Bischöfen ihre Nachfolger bis auf heute finden. Sie ist noch immer aufgebaut auf dem Fundamente, das da ist Jesus Christus als unterster Eckstein, und die Apostel sind Tragsäulen des hehren Gottesbaues, an¬ gesichts dessen der hl. Paulus den Ephesiern zuruft: Ihr seid o 32 o nicht mehr Fremdling e und Gäste, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, erbaut auf die Grundfeste der Apostel, während Christus Jesus selbst der Haupteckstein ist, durch welchen der ganze Bau zusammengefügk ist und heranwächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in welchem auch ihr miterbaut werdet zur Wohnung Gottes im Geiste. (Opbes. 2, td—22). Diese beiden obbehandelten Merkmale besitzt keine an¬ dere Religionsgesellschaft und kann dieselben keine beanspruchen. Alle die nicht katholischen Religionen sind mehr oder minder in enge Grenzen eingeengt und haben Stifter, die weder von Christus noch von den Aposteln beordert und bevollmächtigt wurden. Allein nur unsere Kirche ist wahrhaft katholisch und apostolisch. Darum unser ganzes Herz und all unsere Liebe der goitgegebenen Mutter Kirche! Ich glaube an die heilige katholische Kirche! Im Herrn geliebte Diözesanen! wir zum Schlüsse all das Gesagte nochmals mit dem Auge des Geistes überblicken, müssen wir die Göttlichkeit unserer hl. Kirche einwandlos bekennen und müssen uns gestehen, daß unser Glaube grund¬ fest, unsere Liebe zur Kirche unwandelbar sein könnte, ja sein müßte. Und doch, Gott sei es geklagt, achten und ehren gar manche Katholiken nicht nach Verdienst die hl. Kirche, verhalten sich gleichgültig gegen dieselbe. Falls es solche laue Christen auch in meiner Seelenherde gibt, rufe ich ihnen als Oberhirt liebevoll zu: Liebet werktätig Eure treue Mutter, die Ihr bis¬ lang wenig geachtet; werfet Euch an ihre Brust und sucht Er¬ wärmung und Stärkung in ihren Heilmitteln! Stehet fest zu ihr und klammert Euch an sie, wie sich ein Kind an seine liebe Mutter hält! In ihr findet Ihr Ruhe und Sicherheit. Gestützt auf diesen Felsen der Wahrheit und gelehnt an diese Säule des Heiles habet Ihr nicht zu fürchten die Stürme, die in der Wett toben. Ihr stehet ruhig und sicher, denn Euer Fuß steht auf einem unerschütterlichen Felsen. o 33 o Zudem hört man nicht selten in manchen sonst gutgesinnten Kreisen jammern und Klagen: Irgendwo muß es doch fehlen, daß man die Kirche rastlos schmäht und lästert, daß man sie ohne Ruh verfolgt und bekämpft. Es muß in ihr doch nicht alles in Ordnung sein. Aber nein! In der Kirche fehlt nichts, in ihr ist alles in bester Ordnung. Sie ist eine göttliche Anstalt für Menschen, freilich geleitet auch von Menschen, die unvoll¬ kommen sind; doch die Kirche bleibt in ihrem Wesen höchst vollkommen und trügt nicht die Schuld, wenn ihre Kinder schlecht leben und ihr Schande bereiten. Betreffs ihrer steten Bekämpfung frage ich aber: eine Festung, die Tag auf Tag berannt wird und nicht fällt, ist dies eine schlechte Burg? Fehlt ihr an Festigkeit, an Munition, an Mut und Tapferkeit ihrer Verteidiger? Ist einmal Bresche in dieselbe geschossen, dann läuft man nicht mehr Sturm gegen sie. Nun denn! Fast schon zwanzig Jahrhunderte stürmt man unsere feste Burg am Felsen, die hl. katholische Kirche, mit den Waffen der Gewalt und mit dem Schwerte des Geistes. Gegen jeden kirchlichen Lehrsatz wurde angekämpfk, gegen jede kirchliche Institution ward ge¬ stritten — eitle vergebliche Mühe! Es ist noch alles da rein, unversehrt und unverfälscht. ViaiM, Oalllaea! Der Galiläer hat gesiegt! Die Kirche war der Grund und Schlußstein, und wird bleiben die Säule und Grundveste der Wahrheit. So ein Ver¬ teidiger der Kirche kann mit freudigst pochendem Kerzen sich hin auf die Zinne seiner Burg stellen und kann mit gerechtem Stolze hinabblicken auf die Walstatt, wo Geschlechter auf Ge¬ schlechter übereinander geschichtet liegen, welche gegen die Kjrche Sturm gelaufen. Die grimmigsten Stürmer modern oder, sind schon vermodert im Grabe, aber die Kirche ist noch jugendfrisch und blüht wunderbar schön, wie sie geblüht beim Beginne ihrer Pflanzung. Bei solcher Sachlage, wen sollte nicht Glaubensmut und Liebesstärke beseelen? Der Soldat, welcher das Bewußtsein hat, einer großen siegreichen Armee anzugehören, der besitzt Mut und Ausdauer. Wir gehören zur größten, gegen 237 Mil¬ lionen Streiter zählenden Armee, gehören zur unüberwindlichen, siegessicheren Armada, zur katholischen Kirche. Und darum sollte uns christlicher Glaubensmut, christliche Kosfnung, christliche o. 34 c> Liebe vollends durchdringen. Niedrig wäre es, so uns das Bewußtsein dieser Macht und Kraft fehlte. Gelesen habe ich, daß den gefeiertsten tragischen Dichter des Altertums, Sophokles, sein eigener Sohn Zophon vor das Tribunal schleppte mit der Anklage, derselbe sei ob des vor¬ gerückten Alters nicht mehr fähig, das Kauswesen zu verwalten, weshalb er abzusetzen sei. Der greise Vater hörte ruhig die schmachvolle Anklage seitens des ungeratenen Kindes an. Zur Verteidigung aufgefordert las Sophokles statt derselben dem Richterkollegium sein allerschönstes Dichterwerk „Oedipus auf Kolonos" derart vor, daß die Richter vor Bewunderung über den weisheitsvollen Greis das Urteil fällten: ein Mann, der solch ein Werk geschaffen, vermag wohl auch sein Kauswesen zu verwalten. Jophon, der pietätslose Sohn, mußte mit Schmach bedeckt von dannen ziehen. Wer aus uns, geliebte Lavantiner, ist nicht noch heute tief empört über die Undankbarkeit und Impietät dieses Sohnes gegenüber seinem greisen, aber so weisen Vater? Doch wie? Gibt es nicht heute undankbare Söhne und Töchter, die ihre liebevolle Mutter anklagen und verraten, sie verkennen und verhöhnen, ihr nicht gehorsamen? Und dies widerfährt der hl. Mutter Kirche, die ihre Kinder bereits neun¬ zehn Jahrhunderte pflegt, segnet, großzieht und ihnen Gutes erweist. Einem langlebigen Baumriesen mit weitreichender Krone vergleichbar, der unzählige Früchte bereits gezeitigt hat, der zur Zeit mit Blüten und Knospen, der Gewähr künftiger Früchte, überdeckt ist und in dessen Kraft eine unzählbare Menge neuer Triebe des Werdens harrt, spendet die Kirche immer neue Güter, Gaben und Wohltaten, wie das Keil der Menschheit und die Not der Zeit ihrer begehren. Viele sitzen unter der Krone dieses weitschattenden Lebensbaumes undankbar und schmähen, wäh¬ rend sie dem Pflanzer Jesus Christus auf Knien liegend ohne Ende danken sollten. Doch zu solchen undankaren Kindern wollen wir, teuerste Diözesanen, keineswegs gehören. Wir wollen vielmehr in Be¬ herzigung des Eyprianischen Ausspruches: Nicht kann Gott zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat, wir wollen, sage ich, unsere vortrefflichste Mutter immer- o 35 dar hochachten, sie kindlich ehren und lieben, für ihre Rechte und Lehren mutig eintreten, ihre Gebote willig befolgen, zumal jene betreffs eifrigen Besuches des Gottesdienstes und häufigen Empfanges der hl. Sakramente insbesondere zur österlichen Zeit. Nicht wahr? Wer einem Vereine angehört, der muß dessen Statuten halten. Die katholische Kirche ist auch ein Verein, ein Weltverein, und zu ihren Statuten gehören auch die fünf Ge¬ bote der Kirche, die wir zu befolgen haben, wenn wir wirk¬ liche, tätige Mitglieder derselben sein und bleiben wollen. Als katholische Christen müssen wir ein wahres Bedürfnis haben zum Kirchengehen, wir wären ja keine wahren Christen, hätten keinen guten Geist, wenn wir selten oder gar nie in eine Kirche kämen. „Wir glauben", schreibt der weise Bischof von Kippo, St. Augustinus, „um wie viel jemand die Kirche Christi liebt, so viel hat er einen heiligen Geist." ' Wohlan denn! Weihen wir unserer göttlich gestifteten, alleinseligmachenden Kirche unser ganzes Kerz in unentwegter, hingebendster Liebe! Liebet die Kirche vorab Ihr Priester, Ko¬ minas I)ei (I. Vimotk. 6, 11), die Ihr im innigsten Verhältnisse zu ihr stehet! Der Schwur des von Liebe zur Kirche glühenden Erzbischofs von Cambrai, des edlen Fenelon, sei auch mein und Euer Schwur: „O hl. römische Kirche, wenn ich dich nicht liebe, so verdorre meine Kand an meinem Körper; wenn ich dich nicht für die höchste Wonne meines Kerzens halte, so klebe meine Zunge an meinem Gaumen!" Durch Koch- und Keilig- haltung dieses Schwures werden wir im Leben und im Tode glücklich sein. Liebet die Kirche Ihr gottgeweihten Kloster¬ bewohner und Ihr werdet gesegnet sein für Zeit und Ewigkeit! Liebet die Kirche Ihr christlichen Eltern und leitet Eure Kinder zu gleicher Liebe an! Ihr werdet dann Euch und die Euren ewig besitzen. Ihr Lehrer und Erzieher liebet die Kirche und leitet Eure Schüler und Zöglinge zu gleicher Liebe an! Der göttliche Kinderfreund wird Euch einst dafür selig preisen und ewig belohnen. Ihr christlichen Meister, Kandwerker und Arbeiter liebet die Kirche, die allein die Kraft besitzt, in Eure bedrängten > In IIvllNL;. Inan. 1'i'LLt. XXXIII. num. 8. L08ISS '/.S422SS o. 36 c> Kerzen Ruhe und Frieden einzusenken, Eure Arbeiten gottge¬ fällig zu machen und nach vollem Verdienst zu entlohnen! Ihr Reichen liebet die Kirche und Ihr sammelt Euch Schätze, die weder Rost noch Motten verzehren und die Diebe nicht aus¬ graben und stehlen können! (Xtattb. 6, 20). Und zuletzt bitten wir alle demütig und inbrünstig Gott den Dreieinen, daß er in seinem unendlichen Erbarmen sich würdigen möchte, die ganze Kirche, Kirten und Kerde, zumal das Oberhaupt, den ehrwürdigen Jubelgreis Papst Leo XIII., mit dem Schilde seiner Kraft zu beschirmen und uns allen die Gnade zu verleihen, daß wir im willigen Gehorsam und in treuer Liebe zur Kirche bis ans Ende ausharren und nach unserem Tode in die triumphierende Kirche ausgenommen werden. Dem aber, der überschwenglich alles mehr tun kann, als wir bitten oder verstehen ... ihm sei Ehre in der Kirche und in Christo Jesu durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (Lxlm8. 3, 20. 21). Marburg, am Feste der römischen Sluhlfeier des hl. Apostels Petrus, den 18. Jänner 1893. ch Michael) Fürstbischof. rEMNki in mioe^irerm