f»' cs/(ŠSb n "M mm kathMscheMisswwreüschrlfl herausgegeben von der "Kongregation: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens (Jesu. preis ganzjährig: Österreich 2’50 8, Deutschland 2 Mark, ötalien 8 Lire, Ungarn 2-50 pengö. Tschechoslowakei 12 öK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2 50 Kranken, übriges Ausland 2 Goldmark. Unser heiliger Vater piusXI. hat wie schon früher papft.pius X. der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Messen gelesen. M t Empfehlung der hochwür-digsten Oberhirten von Grixen, Grünn, ©raz, Leitmerih, Linz, Olmütz, Marburg, Drient, Driest und Wien. Tieft l. (Jänner 1929. XXXII. (Jahrgang. Riten lieben Lesern bes „Stern ber Heger", Wohltätern unb Lrennben unserer Mission wünschen mir ein recht gnadenreiches weihnachtsfest und ein gottgesegnetes Zahr 1929 Der liebe, kleine Weltheiland soll sie alle segnen, sie Tag für Tag in seiner erbarmungsreichen Liebe in sein göttliches Freundesherz einschließen, all ihre Gedanken, Worte und Werke heiligen zu seiner größeren Thre. So möge er ihnen alles tausendfach vergelten, was sie in seiner Liebe für unser Werk geopfert und gebetet haben (Bottes Gruß! Die Schriftleitung. 0- 1 XDie neue Missionsschule in Nooitgeciacht. c: fl (3Der hl. Theresia vom Kinde (Jesu geweiht.) P *1- Von Hochw. P. Bernhard Zorn, P. 8. 0. L =4 Es ist die vierte Schule, die von der Missionsstation „Maria-Trost" aus gebaut und eröffnet wurde. Der Zeit nach ist sie die letzte, der Bedeutung nach, wie es bis jetzt den Anschein sofort stießen wir auch auf anscheinend unüberwindliche Hindernisse, gewiß ein Zeichen, daß Satan eine katholische Schule an jenem Orte fürchtete. Ei! Wie er alle Hebel in Bewegung hat, die erste, die am meisten für die nahe Zukunft verspricht. Das Entstehen dieser Schule war mit selten großen Schwierigkeiten verbunden. Die ersten Schritte zur Gründung derselben machten wir bereits zu Anfang des vorigen Jahres. Und setzte, um uns „abzuschieben"! Wie er drei verschiedene Religionssekten, von ihren Vorstehern bis zum alten zahnlosen Weiblein, gegen uns hetzte, um uns den Mut zu nehmen! „Es ist unnütz, daß ihr kommt, denn die B e r l i n e r protestantische Mission sorgt hinreichend für die Stern der Neger 3 Heft 1 Seelen der dortigen Gegend." — „Was wollt ihr noch eine Schule Bauen, da doch die Schwedische protestantische Mission schon eine große Schule daselbst hat 1" — „Es sind ja nur Kaffern dort! Und zwei, höchstens drei Kilometer von der Stelle, auf der ihr bauen wollt, residiert der große Häuptling jenes Stammes. Er hat selbst eine Religion für seine Untertanen (besser wäre gesagt: Unterjochten) gemacht." Gemeint von ganz außerordentlichen Gnadenerweisungen sprechen, die sie auf ihre Fürbitte hin erlangt haben. Das gab auch uns Mut und Vertrauen. „Liebe kleine — und doch so große Heilige, hilf auch uns in diesem wichtigen Anliegen, und die neue Schule soll deinen Namen tragen!" Ein großes Bild von ihr wurde gleich eingerahmt und bereitgestellt, um es sofort nach Beendigung des Baues am Ehrenplatz aufhängen zu können. Die neue Missionsschule in Nooitgedacht. ist eine Abzweigung von einem früheren protestantischen Bunde. Wieder andere meinten: „Niemand wird euch bei der Arbeit helfen, da die Leute doch keine neue Schule mehr wünschen." Schöne Aussichten! Gerade in jenen Tagen (es war Ende März) lasen wir während der Mahlzeiten das Leben der hl. Theresia vom Kinde Jesu. Sie hat stets eine so glühende, apostolische Liebe zu den Seelen gezeigt. Sie hat versprochen, nach ihrem Tode einen „Rosenregen" vom Himmel auf die Erde fallen zu lassen. Damit hatte sie sicher auch einen Gnadenregen für die Missionen gemeint. Und wirklich können schon viele Missionen Und die kleine Heilige hat geholfen. Am 1. April schon brachte unser hochwürdigster Pater Generalsuperior, der gerade hier in Maria-Trost weilte, die frohe Botschaft von Lydenburg (vom hoch-würdigsten Apostolischen Präfekten): „Die Erlaubnis zum Bauen ist da 1 Sobald als möglich mit dem Bau der Schule beginnen!" Gott und der hl. Theresia Lob und Dank! Noch am selben Abend wurden die nächsten Vorbereitungen getroffen. Am 2. April saßen Bruder Huber und ich bereits in aller Früh im Sattel und im Galopp ging's nach Nooitgedacht. So heißt nämlich die Farm, wo wir die neue Schule bauen wollten. Eine bestimmte 1* Stelle war uns von der Verwaltung der Farm nicht angewiesen worden: so konnten wir uns die schönste und günstigste aussuchen. Gegen Mittag war das geschehen. Am Nachmittag wurde bereits der Grundriß für das Gebäude gezeichnet und abgemessen. Ein Mann, den wir aus Vorsicht gleich mitgenommen hatten, und noch ein zweiter von dort, den die Neugierde herbeigezogen (auf meine Frage, ob er sich nicht ein wenig Geld verdienen wolle, sagte er mit Freuden zu), begannen sofort, die Erde für die Fundamente auszuheben. Die nötigen Werkzeuge dazu hatten wir mitgebracht. Am 11. April waren diese Fundamente fertig, und nun sollte es in die Höhe gehen. Das gefiel Satan nicht. Es ging ihm überhaupt zu schnell. Er hetzte wieder gegen uns und suchte uns die Arbeiter abtrünnig zu machen, doch mit wenig Erfolg. Wohl gingen zwei Mann fort, aber am nächsten Morgen kamen vier andere und bessere. In der Stadt wurden wir verleumdet und selbst bei der Regierung suchte man uns zu verdächtigen, als ob wir Katholiken den Arbeitern geistige Getränke, Negerbier (,,ut> schwala“), verabreichen würden. Das schien zu wirken, man schaute uns allenthalben verdächtig an. Doch niemand wagte eine formelle Anklage. Arbeiter hatte ich genug: Männer zum Graben der Erde, die dann in eigens dazu verfertigten Kisten gestampft wurde, Frauen und Mädchen zum Wassertragen. Zehn Minuten weit mußten sie das Wasser vom Bache holen. So waren an die 30 Leute beschäftigt. Sie kamen gern und regelmäßig, wurden sie ja alle gut lu handelt und ehrlich bezahlt. Sie sahen, daß wir doch keine Betrüger waren, wie man uns verleumdet hatte. Wenn nun alle diese Leute mittags sich zum Essen in Gruppen zusammensetzten, erschienen auch stets ein Paar Spione, setzten sich wie von ungefähr unter sie, um das so vielbesprochene „utschwala“ zu finden. Einmal, als das Gerede am lautesten war, trat ich in ihre Mitte und redete sie also an: „Liebe Kinder! Ihr werdet in der Stadt und Umgebung verleumdet, daß ihr hier bei eueren Mahlzeiten ,utschwala‘ trinkt. Ich selbst bin angeklagt, daß ich euch solches verabreiche. Was sagt ihr dazu? Ist etwa Negerbier hier? Wer hat es, oder wer hat wenigstens etwas gesehen?" Ein lautes, allgemeines Gelächter war die Antwort. „O Baba! Wir mußten ja früher Hunger leiden, hatten kaum etwas zu essen. Woher sollten wir das Korn für Bier nehmen! Du, Baba, gibst uns jetzt zu essen. Wir sind zufrieden mit dir. Wir verlangen kein Negerbier. Wenn wir noch jemand hören, der dich anklagt, werden wir ihn tüchtig durchhaueu." Das half. Von da an habe ich keine Spione mehr gesehen und auch nichts mehr gehört. Am 6. Juni schon war die geräumige Schule fertig. Auch ein nettes Zimmer nebenan für das Lehrpersonal und noch eine kleine, niedliche Küche fehlten nicht. Auf einem anmutigen Hügel gelegen, schön weiß getüncht, kann man die neue Schule meilenweit sehen. Sie blickt kühn und vielversprechend über ihre drei Nebenbuhlerinnen hinweg. Sie vertraut auf ihre Beschützerin, deren Bild bald nach der Vollendung den ihm gebührenden Ehrenplatz eingenommen hat. Die Leute der Umgebung waren uns von Anfang an gut gesinnt und halfen auch tüchtig beim Bauen. Bald nach der Eröffnung der Schule schickten sie auch ihre Kinder gern in dieselbe. Zwei tüchtige, brave Lehrerinnen tun seitdem ihr Bestes, um den Kindern möglichst viel beizubringen. Sie sind freundlich gegen alle, besuchen ab und zu die einzelnen Familien und gewinnen nach und nach auch jene noch, die bisher hartnäckig geblieben sind. Das Bild von der neuen Schule (Seite 3) habe ich kurz nach der Eröffnung derselben aufgenommen. Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe . (20. August), hat sich die Zahl der Kinder mehr als verdoppelt. Dank dem heiligsten Herzen Jesu und der lieben hl. Theresia vom Kinde Jesu! 3QÖB □ODO Wie der Schwarze einkauft Von Hochw. P. Johann Riegl er, F. S. C. □top Wie der Neger sich von uns Weißen durch seine schwarze Hautfarbe unterscheidet, so auch in fast all seinen Sitten, Gebräuchen und Arbeiten, sozusagen in seiner ganzen Lebensweise. Beobachten wir ihn heute auf seiner „Geschäftsreise". In gewissen Abständen voneinander gibt es hierzulande die sogenannten Stores, die wir mit unseren Dorskrämereien vergleichen können. Ist er also wieder einmal im Besitz von Geld, dann geht's zum Store. Wir gehen zum Kaufmann, wenn wir etwas brauchen, sagen also-gleich, was und wieviel wir wollen, zahlen, und die Sache ist erledigt. Nicht so der Schwarze. Er weiß vielfach noch gar nicht, was er überhaupt kaufen will; das wird sich schon im Store ergeben, denkt er sich. Das Korn wird mehrere Male überschüttet, wobei der Wind die leichte Spreu wegtreibt Die Negerbuben bilden müßige Zuschauer, was ihnen natürlich ganz selbstverständlich ist. Sie kennen es nicht anders, als daß die Frau alle Arbeit macht. Diese Stores gehören zum Großteil den Kulis (Indiern), doch gibt es auch schon manche Engländer, die solche Kaufläden eröffnet haben. Wie bei uns ein Kind vom Lande voll staunender Ehrfurcht emporblickt zum Dorfkrämer oder zum Inhaber einer „Kaufbude" am Kirchweihfest, ganz genau so der Schwarze, sei er auch noch so alt, gegenüber dem Storeinhaber. Dieser ist in seinen Augen der glücklichste Mann der Welt, der Store selber der Höhepunkt alles Wünschenswerten auf der Erde. Darum treibt es ihn aber auch so oft dorthin. Im Store angekommen, schaut er sich zunächst die Situation gründlich an, d. h. es wird alles beguckt, was da ist. Dann wickelt er aus irgendeinem Zipfel seines Kleides (Taschen fehlen meist) ein größeres Geldstück los und läßt es sich in die kleinste Münze umwechseln. Hat er das Geld zwei- bis dreimal nachgezählt, kann der Kauf beginnen. — „Was willst du?" fragt ihn der Store-Inhaber. — „Einkäufen" ist die Antwort, als ob das noch lange nicht eine ausgemachte Sache sei. — „Was willst du kaufen?" fragt der Kaufmann weiter. — „Ich möchte Brief- umschlage." — „Wieviele?" — „Um einen Dibilitsch" (so nennen die Koffern den Penny, die kleinste hier gebräuchliche englische Münze). Er erhält das Gewünschte. Damit geht er auf die Seite, betrachtet sich das Ding von allen Seiten, ob es wohl auch in Ordnung sei. Dann tritt er wieder näher. — „Was willst du noch?" — „Marken." — „Wieviele?" -— „Um einen Dibilitsch." Der Handel ist bald wieder abgeschlossen und wieder wird alles sorgfältig nachgeprüft. Inzwischen werden ein paar andere Kauflustige abgefertigt. Dann kommt die Reihe wieder an ihn. „Was willst du noch?" — „Briefpapier." — „Wieviel?" (nie fällt es dem Schwarzen ein, gleich zu sagen, wieviel er von einer Sache wünscht). — „Um einen Dibilitsch." Und so geht es weiter. Er kauft Tabak, Zündhölzer, Seife, Messer, Schnüre, Schmuck-gegenstände, Tücher und was ihm sonst noch gerade in die Augen sticht, solange, bis das Geld ausgegangen. Endlich trollt er sich nach Hanse, im stolzen Bewußtsein, in seinem Handel eine große Tat vollbracht zu haben. Er hat ein Dutzend Einkäufe gemacht und dazu ebensoviele „Panselas" erhalten. Nach jedem Einkauf fordert er nämlich sofort ein „Pansela", eine kleine, freie Zugabe, die nicht groß sein muß, auf die er aber ein unantastbares Recht zu haben glaubt und die er auch immer bekommt. Um eine größere Summe wird der Kaffer nicht leicht auf einmal einkaufen. Eher kauft er den betreffenden Gegenstand zwei-, dreimal hintereinander, um ja alles genau überprüfen zu können. Es gehört also schon ein gehöriges Quantum Geduld dazu, einen Kaffer im Store zu bedienen. Am liebsten kauft er Süßigkeiten und Gegenstände, die recht glänzen, recht bunt sind. Je bunter, je auffallender, je schreiender, um so lieber. Ob er die Sachen auch brauchen kann, das spielt die geringste Rolle. Was er sich erworben hat, das muß aber auch jedermann sehen, weshalb er es bann irgendwo anhängt am Körper. Hat er z. B. ein schönes Tuch, so bindet er es entweder auf den Kopf oder um den Hals oder an die Arme oder um die Mitte des Körpers oder um den Fuß. Hauptsache ist, daß alle sehen können, er hat dies Tuch. Ebenso macht er es mit den übrigen Dingen. Auf diese Weise erklärt es sich, daß man einem Schwarzen begegnen kann mit bloß einem Handschuh, oder mit einer Gamasche am Fuße. Wie alle Menschenkinder, so ist auch der Schwarze bei jedem Kauf auf seinen Vorteil bedacht, natürlich wieder auf seine Art und Weise. Hört er, daß man irgendeinen Gegenstand auch nur um einen Dibilitsch in einem anderen Store billiger bekommt, so geht er sofort dorthin, auch wenn er einen vollen Tag dabei versäumt. So kam folgendes vor: Ein Schwarzer fuhr per Eisenbahn von L. nach M., um dort eine Hose zu kaufen, weil er gehört, daß sie dort billiger sei. Nach seiner Rückkehr erzählte er nun tatsächlich allen voll Freude, daß er die Hose um einen Schilling billiger bekommen habe als daheim. Daß er aber zirka zehn Schilling mit der Eisenbahn verfahren, zudem drei Tage für die Reise gebraucht, das macht gar nichts. Unser Sprichwort „Zeit ist Geld" kennt der Schwarze auch nicht im geringsten. Die Zeit spielt bei ihnen aber auch schon gar keine Rolle und hätten sie an allem so Überfluß wie an Zeit, sie wären wohl das reichste Volk auf dieser Welt. Stern der Neger 7 Heft 1 Kampf zwischen einem stunde und einer Schlange. Von Hochw. P. Josef Musar, P. S. C. Auf einer meiner Wanderseelsorgsfahrten hatte ich Gelegenheit, einen sehr interessanten Vorfall zu beobachten. Eines Nachmittags machte ich in Begleitung eines weißen Katholiken und seiner Frau einen kleinen Spaziergang. Unser Weg führte uns an einem steilen, mit Steingeröll übersäten Abhang vorbei. einen faustdicken Stein nach dem Reptil, traf es jedoch nicht. Da schoß die Schlange blitzschnell auf uns zu. Die Frau stieß einen fürchterlichen Schrei alls' und lief, was sie konnte, davon. Wir zwei sprangen nur einige Schritte zurück, um die Schlange nicht aus dem Auge zu verlieren. Der Hund aber Zwischen den Steinen ragten einzelne Gras-büschel und Sträucher hervor. Während wir so dahinwanderten, sagte auf einmal mein Begleiter, nach einem Strauch hindeutend: „Da schauen Sie hin, dort ist eine Schlange verwickelt und kann nicht recht heraus!" Mein Auge folgte seiner Hand, und ich sah einen breiten Schlangenkopf an einem dünnen Halse aus dem Strauche züngeln. In demselben Augenblick bemerkte auch schon unser kleiner Hund, den wir mitgenommen hatten, dieselbe und hub ein fürchterliches Gebell an. Wir suchten nach einem Stock, konnten aber im Augenblick keinen finden. Mein Begleiter warf sprang schnell ans sie zu. Nun wandte sie sich gegen ihn, worauf sich ein Kampf entspann,' der wenigstens eine Viertelstunde dauerte. Der Hund fletschte die Zähne und bellte sie an, wobei er suchte, sie beim Rückgrat zu fassen. Die Schlange dagegen hob ihren Vorderteil gegen zwei Fuß in die Höhe und wendete stets ihren Kopf nach ihm. Sie schaute ihm gerade ihn die Augen und spie ihn fortwährend an. Aber auch der Hund verlor ihre Bewegungen nie aus dem Auge. Zu wiederholten Malen war die Schnauze des Hundes von dem Maul der Schlange, die ihren Rachen weit aufsperrte, kaum einen Zenti- meter entfernt, so daß wir stets fürchteten, jetzt werde sie ihn beißen. Und doch wnßte sich der Hund jedesmal mit einer unglaublichen Geschwindigkeit noch zur rechten Zeit zurückzuziehen, so oft sie zum tödlichen Biß ausholen wollte. So ging es lange hm und her. Da, auf einmal, beim nächsten Angriff der Schlange machte der Hund einen behenden Sprung auf die Seite, bann sofort einen zweiten nach hinten, packle sie blitzschnell in der Mitte am Rücken und schüttelte sie brummend und mit aller Gewalt einige Sekunden hin und her. Dabei verwundete er sie wohl, aber das Rückgrat konnte er ihr nicht brechen. Sie richtete sich mit dem Vorderteil von neuem gegen ihn auf. Wieder hielten sie sich eine Zeitlang die Wage. Aber von neuem gelang es dem Hunde, durch einen behenden Seitensprung das Reptil am Rücken zu packen und ein paar Sekunden hin und her zu schütteln. Man konnte nun sehen, daß die Schlange sich bereits schwächer fühlte. Daher suchte sie, ihren Feind fortwährend im Auge behaltend, sich über den Weg ins Gebüsch zu flüchten. Es gelang zwar dem Hunde, sie beim Schwanz zu erfassen, er konnte sie aber nicht festhalten, was übrigens für ihn auch gefährlich gewesen wäre. Sie verkroch sich nun in das Gestrüpp, und der Hund verlor sie aus dem Auge. Aber er ließ nicht nach. Er suchte, und bald hatte er sie wieder entdeckt. Wir folgten ihm und bann sahen wir beide wieder zum Angriffe bereit: die Schlange mit hoch aufgestelltem Kopf und den Hund mit gespreizten Beinen, wie er zähnefletschend sie anbellte. Jedoch konnte man der Schlange leicht ansehen, daß sie nicht mehr dieselbe Kraft ausbringen konnte wie anfangs. Sie suchte auch bald wieder weiterzukriechen und rutschte dabei über eine Böschung in den unterhalb derselben rauschenden Bach. Der Hund folgte ihr mit einem weiten Sprung nach in das Wasser und mit einem zweiten an das jenseitige Ufer. Die Schlange wollte auch hinüberkriechen, aber dort stand bereits ihr Feind. Mit dem Wasser konnte sie nicht schwimmen, um ihm nicht ihren Rücken preiszugeben, und gegen die Strömung nicht, weil der Bach zu reißend war. So rollte sie sich halb und halb znsammen und hielt den Kops hoch aus dem Wasser hervor, immer den Hund scharf int Auge behaltend. Da machte dieser einen Sprang ins Wasser, ergriff sie blitzschnell am Genick und zerbrach es mit einem festen Biß. Da sank ihr Kops unter das Wasser, sie war tot. Wie er nun sah, daß sie vom Wasser weitergeschoben wurde, packte er sie wieder in der Mitte und zog sie knarrend und schüttelnd an das Ufer. Mein Begleiter ergriff sie beim Schwanz und zog sie auf den Weg, wo wir sie zuerst gesehen haben. Als der Hund merkte, daß der Schwanz sich noch etwas bewegte, biß er sie schnell noch ein paarmal an verschiedenen Stellen, beutelte sie nochmals kräftig hin und her und zog sie dann vom Weg ins Gebüsch, wo er sie liegen ließ. Wir haben die Schlange zwar nicht gemessen, aber ich täusche mich nicht, wenn ich sage, daß sie 3 m lang war. Der Kopf war plattgedrückt und von der Größe einer Zündholzschachtel, die Farbe hellbtaun. Es war eine Art Ringhals, wie man sie hier nennt, und für ihre Art sehr groß. Diese Schlangen sind sehr giftig und kommen in jener Gegend häufig vor. Der Hund, der den Kampf so tapfer bestanden, war ziemlich klein, etwa eineinhalb Fuß lang und einen Fuß hoch und gehörte zur Rasse der Foxterrier, die gern auf Schlangen Jagd machen. Der Besitzer erzählte mir, er hätte vor kurzem einen ähnlichen Hund verloren, der sehr viele Schlangen getötet habe, schließlich aber doch dem Biß einer Mamba, einer der giftigsten Schlangen, erlegen sei. Wir gingen dann nach Hanse zurück, schon des Hundes wegen. Die Schlange hatte ihn während des Kampfes an-gespten, und er hatte auch etwas von dem Speichel in ein Auge bekommen, das nun anschwoll, so daß es fast ganz geschlossen war. Des öfteren warf er sich auch ins Gras, um sich die Schnauze abzureiben. Als wir heimgekommen waren, wusch man seine Augen mit frischer Milch aus und am nächsten Tage war er wieder ganz geheilt und bereit, einen neuen Kampf mit einer Schlange aufzunehmen. Hochw. P. Nebel, P. 8. C., und seine Station „Kajak" Mitten Hochw. P. Arthur Nebel, F. S. C. Oben: Deiikaneger, links Christen. Unten links: Malual-Denka (ein stattlicher Bursche non 2 05 m Höhe). Unten rechts: Missionsstation Deš P. Nebel; im Vordergrund das Missionshaus, im Hintergrund Dir Wohnung der Schwestern. Einem Briefe des Hochw. P. Nebel entnehmen wir fotgmOe Zeilen: . . Ich bin nun bmD fünf Jahre in Kajük (sprich: Quadschüt), einem Denkadorse zirka 70 km nördlich von Wau. Schon vor zwei Jahren sollte eine »weite Station inner.den Malual-Denka eröffnet werdeni aber daun fehlte es am nötigen Personal, und vis heute ist noch nicht daran zu denken. Es können ja nicht einmal die «'anten und Erholungsbedürftioe» ersetzt werden. Die neuen Häuser erfordern viel Personal, der Nachwuchs entsprtchi noch immer nicht den biingentiflen Bedürfnissen. Die Senta find ein Den Schilluk verwandtes Volk, auch Hirten und dickköpfig, aber doch gutmütiger und weniger hochmütig, und darum hoffen wir das Beste, wenngleich es anfangs etwas langsam geht. Wb haben bis jetzt über 50 Christen, und viele harren tin Schulbesuch aus, so daß wir bald taugliche Katechisten haben werde». Dann geht's besser. — Auch Las Land ist besser als das der Schilluk, mehr abwechslungsreich, hat schone Wälder; aber mehrere Monate im Jahr ist es fast ganz überschwemmt. . . 10 Stern der Neger Heft 1 i Ur XDer f)äuptlmgsfoi)n von IBandarL Der Roman eines Schwarzen von ?. Johannes Emonts, 8. C. J.i 1 1. Kapitel. Mbämbä, der Häuptling. Die Bandari waren ein eigenartiger Volksstamm. Sie wohnten viele hundert Kilometer von der westasrikanischen Sklavenküste entfernt breiter Fluß sich majestätisch dahinschlängelt. Man sieht Dörfer und Ortschaften, Wälder und Farmen wie kleinere hellere oder dunklere Punkte im weiten Steppengewoge umherliegen. Zur Regenzeit sieht es in Bandari ganz anders aus, die ganze Ebene gleicht einem Riesensee, in Er ist ein Zulu-Zauberer. Gerade führt er einen Kriegstanz auf, wodurch er einen ankommenden Hagelsturm beschwören, respektive vertreiben will. in einer mächtigen Ebene, die rings von hohen Gebirgsketten umgeben ist. Von den Bergen aus hat man einen wunderbaren Ausblick auf die weite Ebene, die man mit einem Blick überschauen kann. Man glaubt, eine weite Sleppen-landschaft vor sich zu haben, in welcher ein dem größere und kleine Inseln eingelagert sind. Monatelang kommt man nicht von einem Ort zum andern; einzelnen Ortschaften ist der Verkehr untereinander nur mit Lebensgefahr möglich. Mit der Außenwelt stand Bandari überhaupt nicht in Verbindung. Wenn auch in der Trocken- 1 Mit gütiger Druckerlaubnis des „Missionsverlages A.-G.", M.-Gladbach. Stern der Neger 11 Heft 1 zeit sich das Wasser verzog, so war und blieb die Ebene trotzvem ein großer Sumpf, den zu durchschreiten nur einige ganz verwegene Bandari-männer wagten. Die Bandari waren kein alteingesessenes und angestammtes Volk dieser Gegend, sondern mußten wohl vor langer, sehr langer Zeit in diese Ebene eingewandert sein. Nicht nur in der Sprache und Hautfarbe, auch in ihren eigenartigen Arbeitsmethoden und Werkzeugen, in ihren Gebräuchen und Sitten unterschieden sich die Bewohner der Ebene von den im weiten Gebirgsland zerstreut lebenden Stämmen. Jedes Kind der Ebene wußte zu erzählen, daß der Häuptling Etea aus einer Gegend an einem großen Wasser ausgewandert sei, das oftmals die Ufer und riesige Länderstrecken überschwemmt habe. Jeder Bandarimann kannte die Namen der neun auf Etea folgenden Häuptlinge, deren letzter Mbämbä war, der jetzt den Stamm regierte. Man wußte genau, wie viele Trocken- und Regenzeiten jeder einzelne an der Spitze des Stammes gestanden, wie viele Kriege er geführt und was er als besondere Taten vollbracht hatte. Die Bandari waren äußerst kriegerisch und wild. Sie fürchteten keinen der Nachbarstämme, waren aber selbst von allen ebenso gefürchtet wie gehaßt. Die Bewohner der Ebene tonnten ihre unüberwindliche Überlegenheit, und während sie oftmals Frauen und Kinder geraubt und zu Sllaven gemacht, Männer getötet und Dörfer in Brand gesteckt halten, waren sie selbst in ihren Sümpfen vor jedem Überfall sicher. So erhielten sich Sitten und Gebräuche ohne Beimischung in ihren alten und weit hergebrachten Formen. Mbämbä, der Häuptling, war ein Manu von mehr als mittelmäßiger Große und stolzer, selbstbewußter Haltung. Er war in seiner Jugend und in seiner ersten Regierungszeit äußerst wild und kriegerisch gewesen, hatte selbständig und mit anderen kühnen Bandarileuten den Nachbar-stämmen manchen bösen Streich gespielt und war sich auch jetzt in seinem Alter noch immer seiner hohen Würde und großen Macht bewußt. Zur Zeit, da diese Erzählung anhebt, erhob sich Mbämbä gerade von seinem Lager und trat aus der Schlafhütte in den kleinen Palasthof, den die Privatwohnungen des Häuptlings umschlossen. Er stellt sich gelassen in die warme Sonne, reckt und streckt sich nach allen Regel» der Kunst, reibt sich den Schlaf aus den halbgeöffneten Augen und schlägt dann auf einen dastehenden Gong, daß er laut aufdröhnt. Darauf nimmt er Platz auf einem schön geschnitzten Stuhl und läßt sich von der warmen Morgensoune bestrahlen. Auf das dumpfe Gongzeichen hin beginnt sofort in einem angrenzenden Hofe das Morgenkonzert Bambustrompeten erdröhnen, mehrere Gongs brummen dazwischen. Es rasselt, flötet und zimpelt, es trommelt und klatscht, wie man. es nur in Bandari hören kann. So ist es alle Tage. So ist es alter Slammesbrauch. Der ganze Ort soll wissen, daß der große Herrscher aller Bandari noch lebt und sich soeben erhoben hat. Ein Dschindar (Diener) tritt ein. In gebückter Haltung, mit auf der Brust gekreuzten Händen nähert er sich, klatscht dreimal in die Hände, spricht leise den Morgengruß und wirft sich auf den Boden, um die ersten Befehle zu erwarten. „Die Pfeife!" lautet der erste Auftrag. Der schwarze Diener entfernt sich ebenso ehrfürchtig wie er gekommen und kehrt bald darauf mit der gefüllten und bereits brennenden Pfeife zurück. Qualmend und rauchend nähert er sich seinem Gebieter, der sogleich mühelos den Rauch in tiefen Zügen und mit sichtlichem Wohlbehagen in seine Lungen hinuniertrinkt. Der Dschtndar kniet indessen auf dem Boden und harrt weiterer Befehle. Sobald die erste Rauchlust gestillt ist, gibt Mbämbä schmunzelnd die schone Messingpfeife mit dem armlangen und perlenverzierten Ruhr dem Bringer zurück. Dieser räuspert sich leise, ein Zeichen, daß er etwas sagen möchte. — „Was gibt’s?" — „Jdembu, der Brückenwächter, verlangt den Häuptling zu sprechen." — „Ich komme." — Der Häuptling fühl auf und begibt sich in ein angrenzendes Gehöft. Jvembu tritt ein, macht die vorgeschriebenen Ehrfurchtsbezeugungen und wirft sich vor Mbämbä auf den Boden. — „Sprich! Was gibt’s?" fragt der Gewaltige. — „Großer Häuptling! Drei Haussahleute sieben vor der Flußbrücke. Der Karawanenführer hat sie geschickt." — „So bitten sie wohl um Einlaß ins Dorf?" — „Ja; sie fragen an, ob der Eintritt in die Ebene gestattet sei." — „Wann wird die Karawane ankommen?" — „Wenn die Sonne den höchsten Punkt erreicht hat, hofft Moyamu hier einzutreffen." — „So! Und mit wieviel Lenten kommt er?" — „Es sollen über zweihundertfünfzig sein." — „Ünd wie lange gedenkt der Karawanenführer zu bleiben?" — „Nur heute, denn morgen will er weiter. So bittet er denn, schon diesen Nachmittag den Markt abhalten zu dürfen. Er will auf seiner Wellerreise nicht durch zeitraubende Lebensmitteleinkäufe aufgehalten werden." — „Ich verstehe. Im Gebirge hält es schwer, zu Ende der Trockenzeit die vielen Leute zu ernähren, während hier bei uns in der Ebene niemals Mangel ist. Moyamu soll kommen. Ihm ist der Einzug ins Dors gestattet." Der Mann entfernte sich, um dem Boten die bejahende Antwort des Häuptlings mitzuteilen. Bald erdröhnten die großen Sprachtrommeln in langsam unter- der Morgendschindar und der Brückenwächter ihn noch ganz verschlafen und in einem schmutzig-roten, kurzen Lendentuch gesehen, im ungepflegten Haar, ganz grau vom Rauch des Nachneuers und vom aufgewirbelten Staub des Schlafraumes, so sah man nun den festlich geputzten Häuptling frisch gewaschen und geölt, mit Rotfarbe dick bemalt, angetan mit einem weiten. Der gute Mann zeigt schon mehr als weibliche Eitelkeit. Mit bunten Bändern, Ringen und Perlen hat er nicht gespart. Am meisten stolz aber ist er auf seine künstlich gestellten Haare. brochenen oder schnell aufeinanderfolgenden, lauten Tönen, die allerwärts verstanden und auf ähnliche Weise beantwortet wurden. Nach wenigen Minuten sprach man allerwärts nur noch von dem großen Ereignis des Tages: der anrückenden Karawane. Aus irgendwelchen den Banvarileuten unbekannten Gründen war schon lange keine Karawane mehr am Ort gewesen, und so war nun die Freude doppelt und dreifach groß. Mittlerweile war der Bandarihäuptling mit feiner Morgentoilette fertig geworden. Hatten aber nicht mehr neuen Haussahgewand. Jeden Vormittag gab Mbämbä in seinem Empfangshof öffentliche Audienz, zu welcher alle Bandari-männer Zutritt hatten und unentgeltlich ein ordentliches Maß Palmwein trinken konnten. Zuerst erschienen wie gewöhnlich die Dorfgroßen von Bandari, die dem Häuptling den Morgengruß entboten. Nach und nach füllte sich der Platz mit Bandarileuten, die ihr Stammesober-hanpt und die Dorfgroßen mit dem vorgeschriebenen, ehrfurchtsvollen Zeremoniell begrüßten, ihre Lanzen an die umgebenden Hof- Stern der Neger 13 Heft 1 wände anlehnten und die kleinen runden Schilde an Holznägeln aufhingen. Dann ließen sie sich erwartungsvoll auf die Lehmstufen und kleinen Schemel nieder. Die Unterhaltung drehte sich um das große Ereignis des Tages, um die angemeldete Karawane und den bevorstehenden Haussahmgrkt. Lebhaft bedauerte man die so schnelle Abreise der Haussahhändler und erging sich dann in allerlei Vermutungen über Grund und Zweck der ungewohnten Eilfertigkeit der Karawane. Nach einer Weile schleppte man Palmweinkrüge mit dicken Bauchen und langen Hälsen herbei. Die Dschindar-Melu (Palmweindiener) schenkten zuerst dem Häuptling von dem sauersüßen Getränk ein, der etwas davon auf den. Boden schüttete und einen leisen Zauber-spruch dabei sprach: „Der Saft der Palme — kostbar und gut! Gedenkest du der Geister — dann gibt er dir Mut." Während dann zwei Dschindar-Melu ein buntes Tuch vor das Angesicht ves großen Mbämbä ausbreiteten, damit die Anwesenven ihn nicht beobachten könnten, trank er einige Becher in echtem Wohlbehagen. Jetzt erst durften auch die Gäste bewirtet werden. Jed r hielt seinen Trinkbecher oder sein breites Büffeihorn bereit, und die sieben Dschindar füllten sie mehrere Male, je nach Lust und Wunsch der Besucher. Die Stimmung hob sich, und die Unterhaltung wurde viel It blaster und fröhlicher, immer freier und ungezwungener. Man hätte nicht gedacht, daß es im Häuptlingsgehöft |o heiter und lustig zugehen könne. Bibenga, einer der Großen, brachte das Gespräch auf Dschembana, den Häuptlingssohn, der gestern mit zweien seiner Freunde fünf jagende Dankilileute in der Nähe des großen Dedeba angegriffen habe. — „Und mit welchem Erfolge?" fragte Mbämbä erwartungsvoll. — „Das weiß ich nicht, jedenfalls hat er ihnen hart mitgespielt. Dschembana läßt sich nicht von einigen Dankiliteuten unterkriegen. Es vergeht übrigens kaum ein Tag, an dem er nicht irgenvwo etwas Großes vollbringt. Letzthin Hai er mit Debu allein einen Leoparven erlegt. Vor kurzer Zeit ist er sogar im Dorfe der feindlichen Bassadu gewesen und hat dort das Häuptlings gehöft in Brand gesteckt" — „Ich weiß es. Dschembana hat es mir selber gesagt", antwortete Mbämbä. „Was mir besonders an dem Streich gefallen hat, war die Botschaft, die er dem Häuptling durch einen überrumpelten Krieger zukommen ließ." — „WelcheBotschaft?" fragten gespannt drei, vier Bigleute zugleich. — „Daß er beim nächsten Besuch hoffe, die beiden langen Häuptlingsohren als Siegespreis aus dem so schlecht bewachten und gehüteten Gehöft des Stammesoberhauptes von Bassadu mit heim-zuuehmen." — „Prachtvoll!" riefen die Versammelten einstimmig und lachten laut und ausgelassen ob dieses witzigen Einfalles. „Dschembana ist ein Prachtmensch." — „Ja, er ist ein prächtiger Bursche", sagte daraus Kalumbi, ein anderer Bigmann. „Aber noch schöner ist das, was ich gestern hörte." — „Erzähle! Laß hören!" rief man lebhaft durcheinander. — „Dschembana soll im Besitze der großen Kriegsmedizin der Bakalo ftiti. Ich wollte es nicht glauben, aber mein Sohn behauptet, es sei feststehende Tatsache." — „Unmöglich!" rief man. „Das kann nicht sein! So etwas hätte Dschembana unmöglich geheimhalten dürfen!" — „Ich meine auch," fügte Dschengu, ein alter Bigmann, hinzu, „wenn es wahr sein sollte dann hätte man es uns nicht verh iullichen sollen. Das wäre der schönste Anlaß gewesen, ein Fest zu feiern und den Dschembaua mit besonderen Ehren zu beglückwünschen. Ich schlage vor, das Versäumte nachzuholen." — „So ist's recht", riefen die Versammelten. —. „Wo ist Djchembana? Wir wollen ihn sehen!" — „Schon lange waren er und seine beiden Freunde Saliboko und Debu nicht mehr in der Ge ellichast der Männer. Er ist fast immer auf Streifzügen im Gebirge und zu irgendeinem feindlichen Stamm", antwortete Bibenga. Und gleich fügte Dschengu hinzu: „Das eine ist sicher und zweifellos, daß Dschembana ein echter Bandarimann, ein tapferer Krieger und ein unerschrockener Held ist. Aber es gefällt mir nicht, daß er sich so geheimnisvoll von der Gesellschaft der Männer und jungen Burschen fernhält. Ich schlage vor, den Dschembana holen zu lassen und aus seinem Munde die seltsamen Abenteuer zu hören." — „Ja, wir holen ihn, wenn der große Häuptling es wünscht", schallte es laut in der Runde. — „So gehl und meldet, ich wünsche ihn zu sehen und zu sprechen", sagte Mbämbä schmunzelnd. Wie eine wilde Jagd stürmten die jungen Burschen davon und kehrten nach kurzer Zeit mit Dschembana, den sie hoch auf den Schultern trugen, zurück. „Hoiho — hoiha — Dschembana! Hoiho — hoiha — Dichembaiia!" Das Hoiho—hoiha, das man sonst als Jagd- und Angriffsgesang in kräftiger und schallender Weise zu jedem Schritt erdröhnen ließ, galt nun als Freuden- und Triumphgesang dem Dschembana, Der nicht wußte, wie ihm geschah. „Hoiho — hoiha — Dschembana!" So sangen und tanzten die jungen Burschen und rissen begeistert die Männer und Bigteute mit fort, so daß der ganze Ptatz und dasHäupttingsgehöfl von denF: euden-rufen widerhallte. Hätte nicht Mbämbä ein Zeichen gegeben, dann wäre Dschembana noch lange auf diese drollige und ungemütliche Weise von starken Männerarmen getragen und herumgeschleppt worden. So ließ man ihn denn auf Be» Boden herab, gerade vor dem Häuptling, der ihm lachend die Hand ans die Schulter legte und sagte: „So geschah dir ganz recht, mein Junge; weshalb auch kommst du nie zur Männerversammlung?" — „Ich wollte heute kommen, aber ich habe zu lange geschlafen, mein Vater. Ich bin erst spät von Oer Jagd heimgekehrt." — „Du hast immer eine Ausrede! Aber was hat man von dir erzähli?" — „Wie kann ich wisstn, was man hier sagt?" — „Man sagte mir soeben, daß du gestern auf Dankili-krieger gestoßen seist. Wie verhält es sich damit?" — „Ich habe mit niemand davon gesprochen; aber es ist so, wie du gehört hast." — „Wie viele waren es?" — „Fünf." — „So erzähle doch, wie ihr sie entdecktet und mit ihnen fertig wurdet!" — „Da ist nicht viel zu erzählen, mein Vater. Ich war mit Debu und Saliboko ins Gebirge gegangen, um einen Wasserbock zu jagen, dessen Spur wir schon seit einiger Zeit bemerkt hatten. Unsere Bemühungen waren vergeblich. Wir stießen zwar auf frische Spuren, aber das Tier selber sahen wir nicht. Um nicht umsonst den weiten und beschwerlichen Weg gemacht zu haben, streiften wir nun aufs Geratewohl durch den Wald, als ans einmal Saliboko uns zurückriß und uns zuflüsterte: ,Dort drüben sind Menschen! Schnell, verbergt euch!' — ,Sind's Feinde?' fragten wir. — ,Das weiß ich nicht/ sagte Saliboko, ,ich sah einen Mann, aber nur für einen ganz kurzen Augenblick. Nahe dabei sah ich das Gesträuch sich bewegen, und so nehme ich an, daß derjenige, den ich bemerkte, nicht allein ist/ Leise und vorsichtig schlichen wir uns heran und gewahrten zu unserer größten Freude fünf Dankllileute, die einen prachtvollen Wasserbock erbeutet halten. Das ärgerte uns, denn es war gewiß das Tier, das wir suchten. Wir nahmen ihnen die Beute ab, vergaßen aber nicht, ihnen auch sonst ein Andenken mit auf den Weg zu geben. So, mein Vater, nun weißt du, weshalb ich gestern so spät heimkehrte." — „Ich will wissen, was ihr mit den Dankilileuten getan habt. Erzähle den ganzen Vorgang." — „Ich möchte lieber darüber schweigen, mein Vater", eiitgegnete Dschembaua. — „Wie, du mochtest lieber schweigen? Ist denn etwas geschehen, was dir und deinen Freunden unangenehm ist?" — „Das nicht. Wir brauchen uns des Angriffs und des Erfolges nicht im mindesten zu schämen, aber dennoch möchte ich den Vorgang lieber geheimhalten." — Die Neugierde des Häuptlings und der anderen Zuhörer wuchs durch das geheimnisvolle Schweigen Dschembanas immer mehr, und so drang denn Mbämbä mit Ungestüm auf den Bericht. Dschembana mußte also weitererzählen." — „Nun Denn, mein Vater, du verlangst, daß ich alles genau berichte. Gern hätte ich den Vorgang verschwiegen, weil ich weiß, daß weder du noch die anderen mit mir zufrieden sein werden, wenn ich der Wahrheit gemäß berichte. . . . Bis auf wenige Schritte machten wir uns an die Dankilileute heran und beobachteten, wie das stattliche Beutetier an eine kräftige Tragstange befestigt wurde. So warteten wir einen günstigen Augenblick ab, sprangen dann Plötzlich vor, und ehe sie sich umsahen und zu ihren Lanzen greifen konnten, erhielten drei von ihnen derartig heftige Faustschläge, daß sie wie tot zu Boden fielen. Die beiden anderen entkamen, aber nur einer hatte Zeit, einen Pfeil abzuschnellen, und der traf Smrboko ins richte Bein." — „Ist die Vergiftung schwer?" fragte Mbämbä. — „Ich hoffe, daß Satiboko es übersteht, denn er ist stark, und der Pfeil hat ihn nur leicht verwundet." — „Und was habt ihr mit den drei anderen Dankiliteuten gemacht? Waren sie tot?" — „Nein, sie lebten alle drei, aber sie lagen in schwerer Ohnmacht. Wir trugen sie fort und bespritzten sie mit kaltem Wasser, bis sie allmählich wieder zu sich kamen." — „Und was habt ihr mit ihnen angefangen?" — „Wir haben sie wieder in ihren Heimatsstamm entlassen." — „Wie? Das ist unerhört, Dschembana! Das hast du sicher nicht getan!" —■ Die Leute schauten erstaunt auf den Sprecher und glaubten, er scherze; als er aber bei seiner Behauptung blieb, fingen sie an, wild durcheinanderzusprechen. Auch der Häuptling war ungehalten und sagte: „Du kennst doch die Gebräuche unseres Slamines, nach denen alle Feinde, die lebend in unsere Hand fallen, der Stammesrache verfallen. Weshalb hast du sie I ihr nicht übergeben?" — „Ich kenne unsere Gebräuche, aber du weißt, daß ich nicht mit allen einverstanden bin." — „Allerdings! Du hast dich letzthin gegen die Ausübung der Stammesrache gewehrt. Und du willst ein Bandari sein, Dschembana? Bist du ein altes Weib, daß du nicht sehen kannst, wenn die Feinde unseres Stammes nach altem Gesetz Dingen zu quälen, dannUrst du sehen, daß ich es nicht tue." — „Du läßt die Stammesfeinde einfach laufen!" — „Ich lasse sie laufen, aber sie werden sich meiner ihr ganzes Leben lang erinnern und jeder, der sie anschaut, wird Wissen, daß sie mir auf Gnade oder Ungnade in die Hand gegeben waren." — „Ich verstehe Die midiere hat durch die Post einen Brief bekommen und buchstabiert ihn nun mit Hilfe ihrer Freundinnen. Für die Eingebmnen ist es immer ein großes Ereignis, wenn die Post für sie etwas bringt. Sie haben eine kindliche Freude darüber. In stolzem Selbstbewußtsein tragen sie den Brief offen zur Schau: jeder soll es wissen und sie entsprechend bewundern. Auffallend ist die Haarsrisur: bei manchen hangen die Haare in zahlreichen Flechten herab, mit einer Schnur zusammengebunden, andere lassen sie in wolligen Partien stehen, die breiten Zwischenräume sauber ausrasiert. und Brauch die Stammesrache erdulden?" — „Daß ich kein altes Weib bin, hoffe ich dir zu beweisen, mein Vater. Aber was kann ich dafür, daß ich die langdaucrnden, unmenschlichen Qualen nicht mitmachen will. Gib mir einen Auftrag, bei welchem viel Mut und Enlschlossen-heit nötig ist, und ich bin bereit, ihn auszuführen, aber wenn du von mir verlangst, gefangene Feinde stundenlang zur Augenweive sämtlicher Bandarileute zu mißhandeln, mit Feuer, mit Messern und Nadeln und sonstigen nicht, was du meinst." — „Meinst du, es würde 'den Dankilileuten zur Ehre gereichen, wenn sie ohne Ohren in ihrem Stamm herumlaufen?" — „Wie, habt ihr thuen die Ohren abgeschnitten?" — „Ja." — Ringsum erschallte darauf ein lautes Gelächter. Auch der alte Mbämbä lachte herzlich über den dummen Bubenstreich Dschem-banas, dem er schon deshalb nicht bös sein konnte, weil er an den köstlichen Streich dachte, den er den Bakolo gespielt hatte. So fragte er neugierig: „Man sagt, daß du in Bakolo gewesen seist?" — „Ja." — „Und die Kriegsmedizin der Bakolo>" — „Ist in meinem Besitz." — „Sprichst du die Wahrheit?" — „Ja, weshalb mitte ich lügen?" — „Aber weshalb sagst du das nicht? So etwas verschweigt man doch nicht." — „Ich halte es gesagt, aber dann kam gestern die Jagdstreiie dazwischen, von der ich erst abend spät heimkehrte. Ich wollte es dir heute mitteilen, mein Vater." — „Also ist cs doch wahr!" Sein Bstck maß den strammen und kühnen Burschen mit stolzem Wohlgefallen. „Dein Mut und deine Tüchtigkeit machen mir ungeheure Freude. Ich bin stolz auf dich. Auch von deinen anderen Taten habeich gehört. Beinahe jeden Tag spricht man mit der größten Hochachtung von dem, was du getan hast." — „Man spricht eben nur von mir, dem Häup'lingssohn, eben weil rch der Häuptlingssohn bin, aber das Lob gebührt vor allem meinen beiden Freunden Debn und Saltboko." — „Wie bescheiden du bist, Dschembana! Aber wir alle wissen, daß die beiden Freunde nur tüchtig sind, weil du ihr Anführer bist. Ich werde sie wegen ihres Mutes und ihrer Unerschrockenheit zu ehren wissen. Sie haben eine Anerkennung verdient. Aber vor allem muß ich dir heute ein Zeichen meiner Anerkennung und Liebe geben." — „Es ist nicht nötig, mein Vater!" — „Schweig! In Bandari soll man nicht sagen, daß ich für große Taten unerkenntlich bin. Auch jedem anderen würde ich es geziemend vergelten, aber was du, mein Sohn, getan, freut mich besonders, und wenn ich dich heute zum Big-mann erhebe, so hast Du das verdient und keiner wird dir diese Auszeichnung mißgönnen." — „Kebongki, Kebongki!" riefen die Bigmänner und das Volk stimmte in den Ruf ein: „Dschembana sei Bigmann! Heil dem neuen Bigmann!" — „Tsch'Mbana ist unser aller Stolz!" — „Dschembana besiegt die Dankilileute und schneidet ihnen die Omen ab !" — „Dschembana tötet den Leoparden!" — „Dschembana spielt dem Bakolohänptling lustige Streiche!" — Alle drängten sich an den Held. n heran, drückten ihm die Hand, beglückwünschten ihn und riefen, der eine lauter als der andere, ihren besonderen Lobspruch in die durcheinanderwirbelnde Versammlung hinein. Das war ein Leben und Treiben, ein Durcheinander wie in einem Ameisenhaufen. Die Taten Dschembanas wurden be-spiochen, man schien berauscht und wahnsinnig vor Freude und wollte soeben den Hoibo—Hviha-Gesang wieder anstimmen und den Helden des Tages von neuem im Triumph herumtragen, als Mbämbä ein Zeichen gab, daß er etwas sagen wolle. Es dauerte lange, ehe die Ruhe hergestellt war; dann begann er: „So geschieht'» dem Dschembana recht, so sehe ich es gern. Aber etwas fehlt noch. Wir wollen die große Kriegsmedizin der Bakolo sehen, damit unseie Freu e den Höhepunkt erreicht. Schnell, Dschembana, geh sie holen." — „Ha, die Krstgs-medizin der Bakolo!" erschallte es laut und immer lauter in der Runde. Die Burschen zogen und zerrten schreiend und johlend, tanzend und springend den zappelnden Häuptlingssohn zur Piorte, nahmen ihn dann auf die Schultern und fort ging's im Laufschritt. „Hoiho — hoiha — Dschembana!" Wie ein Sturmwind brauste die Rotte dahin. Der laute Gesang und wilde Trubel zog neue Scharen von Burschen und Männern an, die alle neugierig und in höchst.r Eile herbeiströmten. Jeder sagte sich, daß im Hüuptlings-gehöft etwas Besonderes los sein müsse. Die ausgerückte Bande kehrte nach einiger Zeit zurück. Da brachten sie die Bakolvmedizin hoch auf einer Stange. Die Burschen sangen, schrien, brüllten, pfiffen, heulten wie besessen um sie herum, lachten unbändig und machten Spottverse auf die Bakolo, die sich ihre Medizin stehlen ließen. Und hinterher schleppten dreißig, vierzig oder noch mehr Burschen den Heldin des Tages, der t-otz seines Stränbens und Zappelns hoch auf den Schultern schwebte, auf- und abgehoben, g quetscht, gedrückt, gefeiert wurde. Noch lange wäre es so weitergegangen, wenn nicht ein Bote herbeigestürzt wäre und dem Häuptling die Ankunft der Hausfah-Karawane gemeldet hätte. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verantwortlicher Schriftleiter: P. Al. Wilsling, Missionshaus Graz, Paulustorgasse 10. — Univerötäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.