Hr. 39. Mach den 1. Vcloier 1864. 8. Jahrgang. Nläller an8 Arain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus Kram" erscheinen jeden Samstag, und ist der Pränumerationsprcis ganzjährig 2 fl. östcrr. Währung. S'snette aus Vberkrain. I. Hi?r sieh' ich auf zcrriss'ncn Fclscnzinken, Auf luft'gcr Bergeshoh' und schau iu's Thal: Und Felder, Wiesen, Torf nud Bächlcin winken Aus ferner Tiefe mir im Sonnenstrahl. Hur seh' den Pflug ich, dort die Sichel blinken, Doch Alles regt sich ohne Laut und Hall; Hier kann das Ang' belebte Farben trinken, Dach an das Ohr dringt Dir kein nmnt'rer Schall. Nur hie uud da ein fernes Glockcnsununeil, Das Dir des Windes flüchtig Wehen bringt — Daraus das alte schaurige Verstummen! So, wenn in schimmernde Vergangenheiten Oft meiner Seele Blick hinüber dringt, Hör' ich dcö Glückes fernes Abendläuten! U. Gkfclsc riugs in hochgcthürmten Schichten Umgibt des Bcrgsec's düst'rc Ufcrstellen, Hier stehen alte baummoosbärt'ge Fichten Und fchancn träumend in die dnnkcln Wellen. Tcr Laubwald ranscht die, ewigen Geschichten Vom Blättcrfall, der Zeit, der flüchtig schnellen; Die Wolken ziehen sich im schweren, dichten Gemenge um dcu Mond, den silberhellen. Geröll, cutlockcrt, poltert in den Klüften, Hier tof't ein Vach, dort murmelt eine Quelle, Dort kreist ein Geier kreischend in den Lüften; Nur etwas ist ohn' Laut nub ohne Regung, So wie die Thrän' in Deinem Aug', die helle: T?r stille See — die innere Vewcgnng. Ein Abenteuer in Meriko. (Schl u ß.) , Ich hörte die Lampe leise auf den Boden stellen. Sie warf nur wenig Licht in das Gemach; aber ich lag auf dem andern Ende, und meine Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt. Die hereinfallenden Schatten zweier Menschen ließen sich unterscheiden. Ueber ihre Personen konnte ich eben so wenig im Zweifel sein, als über ihre Absicht. Mein Puls stockte; eiskalt überlief es meiuen Körper, und meine Stirne überzog sich mit kaltem, klebrigen Schweiß. Ich glaube nicht, daß cZ i Furcht war, was ich fühlte, sondern eher das Entsetzen, so ! sterben zu sollen, abgeschlachtet wie ein Schwein in einem gemeinen StraßenwirthZhaus, ohne die Hoffnung, einen erfolgreichen Widerstand leisten zu können. Doch nahm ich mich zu-i sammen und machte mich auf einen mannhasten Kampf gefaßt; ' ich wollte mein Leben wenigstens so theuer als möglich verkaufen. ^ Sie kamen herein. z Ter Wirth und Diego, der Negerindianer. Die musku- ! lösen Arme des Letztem, so duukel wie Bronze, waren bis an ^ die Schulter entblößt; er trug in der Hand ein langes Messer, ! das, wenn zufällig ein Strahl der Lampe darauf fiel, wie , Silber glänzte. Ter Wirth trug als Waffe ein schweres Machete. ! Er sah bleich, fast leichenfahl, aber gleichwohl entschlossen aus, ^ während die spitzig zugefeilten Zähne in dem zu einem Grinsen > verzogenen Munde des Eambo an das Gebiß eines kläffenden Hundes eriunerten. Beide waren barfuß. ! Des Schlimmsten gewärtig, duckte ich mich auf meine > Maisstrcu nieder. Mendez war von den beiden Schurken der ^ minder Kräftige, und ich konnte ihn zu überwältigen und zu ! entwaffnen hoffen, wenn schon diese Aussicht verzweifelt genug ^ schien, da ich obendrein nicht einmal wissen konnte, ob er nicht ! Spießgesellen in Rufweite hatte. ^ „Mach hurtig!" sagte der Wirth mit heiserer Stimme. ! Schnell und leicht wie ein Panther schoß der Sambo nach ! dem Bette hin und bohrte sein Messer durch die Decke, die sich ! alsbald mit Blut färbte. Wieder, wieder und wieder! Ich ! sah die Klinge in der Luft blinken und hörte den dumpfen ! Schall des Stoßes beim Eindringen in den Körper des Opfers, ! das erwacht war und mit einem gurgelnden Schrei einen Versuch ! machte, sich aufzurichten. Dieses war so schnell geschehen, daß ! ich mich von meiner Uebcrraschuug noch nicht erholt hatte, als ! der vcrrätherischc Wirth schon seinem schwarzen Spießgesellen ' zu Hilfe eilte und feine Manchete gleichfalls in den noch athmen-^ den Körper stieß. Ich vernahm ein tiefes Acchzen, einen cr-! stickten Seufzer, dann war Alles stille. Die schnöde That war ! vollbracht und eine Einmenguug nutzlos, ja schlimmer als nutz-l los, denn ich konnte nicht daran zweifeln, daß der arme Vc-! trunkene irrthümlich ermordet wurde, nud daß die beiden Schurken ! seine Leiche für die mcinige hielten. ! „Er ist zur Hölle gefahren!" rief Diego tief anfathmend. ! „Bist Du Deiner Sache gewiß?" fragte Mendez stotternd. ! „Ja wohl. Seine Wirbelsäule ist schlaff, und das Herz z schlägt nicht. mehr. Der Engländer wird sich nicht darüber beklagen, daß man seinen Schlaf gestört habe, Meister. Hier > unter dem Kopfpolster ist sein Sack, scine Börse und sein Taschen- 154 buch, wie ich ihn sie vor dem Niederlegen durch den Thürspalt verstecken sah." Ohne ein weiteres Wort entfernten sich die beiden Mörder. Ich hörte ihre Tritte immer schwächer werden, und sah, wie der letzte Lichtstrahl der Lampe, die sie mit sich nahmen, verschwand. Das Blut starrte noch immer in meinen Adern. Die Vorsehung hatte mich vor einer schweren Gefahr bewahrt, aber um welchen Preis? Wer war der Mensa), der statt meiner ! ermordet wurde? Ich konnte es nicht errathen. Doch jetzt z kam mir der Gedanke, die Elenden würden wahrscheinlich zurückkehren und die Leiche holen, um sie zu begraben: würde ich dann entdeckt, so war ein neues Verbrechen gewiß. Auf dieß mochte ich es nicht ankommen lassen. Ich stand hurtig auf, zog Rock und Stiefel an , ging, das blutige Bett und die darin liegende Leiche vermeidend, auf den Zehenspitzen durch das ! Zimmer und stieg durch das Fenster hinaus, an dessen Sims « ich mich auf Armeslänge hinunter ließ, um dann vollends auf ! den Voden hinunter zu rutschen. Ich fiel schwer auf und blieb > eine Weile betäubt liegen, nahm aber keinen Schaden. In dem Garten, in den ich niedergefallen, war es hell genug, so daß ! ich mich wohl zurecht fand und das Gartcnthürchen erreichte, welches nach der Landstraße hinaus führte. Jetzt eilte ich was ich konnte der noch in Schlummer versenkten Stadt Talapa zu. Zufällig stand jener Bezirk damals unter dcm Kriegsrccht, ! und die machthabende Partei wünschte ein gutes Einvernehmen i mit den auswärtigen Regierungen. Ein Soldatentrupp beglei-1 tete die Polizei, welche ich möglichst eilig nach dem Straßen- ! Wirthshaus führte. Das Hofthor, das noch geschlossen war, ! wurde auf Befehl des mitausgezogencn Alcalde von den Soldaten ! mit den Gewehrkolben eingeschlagen. Man fand in einer Ecke ! des Hofes zwei Männer, die beim Licht einer Laterne mit dem , Ausschaufeln eines Grabes für meine vermeintlichen Ueberreste beschäftigt waren. Sie wurden umringt, festgenommen und natürlich sogleich als Diego und sein Herr erkannt. ! Die Schurken zeigten bei ihrer Verhaftung große Betreten- ! heit: als sie aber meiner ansichtig wurden, wandelte sie ein wahres Entsetzen an. Sie sielen auf ihre Gesichter nieder und schrien laut gen Himmel um Gnade, indem sie in unzusammen- ! hängender Weise ihr Verbrechen eingestanden. „Rühret sie an," sagte der Führer der Soldaten zu mir: „sie halten Euch für einen Geist. Teufel! sie gedachten, durch ihre saubere Arbeit Euch zu einem solchen zu machen." Als die Elenden sahen, daß ich nicht nur lebte, sondern auch frisch und gesund war, änderten sie ihren Sinn und nahmen ihr Geständniß zurück. „Das wird sich Alles ausweisen," sagte der Alcalde mit einem grimmigen Lächeln und ließ nun die Schurken gebunden ! und unter starker Vcdeckuug nach dem verhängnißvollen Gemach führen. Hier lag nun unter der durchbohrten Deck? der stumme Zeuge — der arme Ermordete. „Wollt Ihr noch weiter laugnen?" fragte der Alcalde. ! . Das Gemach war jetzt vom Fackellicht taghell beleuchtet. ! Tic Leiche lag mit dcm Gesichte nach untcn gekehrt, und das schwarze Haar siel wirr auf das Kissen nieder. Tis Mörder zitterten. Diego fand zuerst seinen Muth wieder. „Alle Teufel!" rief er, „Ihr habt uns; könnt Ihr unZ nicht hängen ohne all' diesen Lärm. Ich für meinen Theil wollte nur —" Er wurde durch einen wilden Aufschrei unterbrochen. Di? Wirthin, durch das Getümmel geweckt, war eingetreten und , sah ihren Mann gefangen in einem Gemach, in welchem ohne ihr Wissen ein Verbrechen verübt worden! Aber was noch schlimmer, in der verstümmelten Leiche hatte' das Auge der Mutter auf den ersten Blick ihren Sohn, ihren einzigen Sohn erkannt, welchen in der Dunkelheit sein eigener Vater erschlagen. Sie eilte auf den erkalteten Körper zu, umschlang ihn mit ihren Armen und erhob ein Zetergeschrei, an das ich bis zn meiner Sterbestunde denken will. „Der Ermordete war also der Sohn des Nirths?" „Ja, der blasse Student. Es stellte sich heraus, daß der junge Bursche, ein frühreifer Schlemmer und Spieler, gewöhnt war, Nackts sich aus dem Hause zu stehlen und in Xalapa mit den ärgsten Taugenichtsen Gemeinschaft zu machen. In-selbiger Nackt war er schwer betrunken von einigen Kameraden zurückbegleitet worden, die ihm, damit seine ihn im Bette wähnenden Eltern nichts merkten, zu dcm offenen Fenster meines Zimmers herein halfen; er hatte cs nämlich für unbewohnt gehalten und lieber hier seinen Rausch ausgcschlafen, als durch das Stolpern nach seinem eigenen Gemach Jemand im Hciu,-s wecken zu wollen. Daher die Katastrophe." „Und der Wirth — der Sambo?" „Veide wurden am Tagesanbruch, nachdem sie zuvor einem Priester gebeichtet, gehenkt. Man macht in Mexiko kurzen Proceß. Meiu Depeschenfascitel und meine Börse wurden in einem Schranke wieder aufgefunden. Aber die arme Mutter — ich hatte tiefes Mitleid mit dem unglücklichen Geschöpf. Ich erfuhr nachher, daß sie vor Jammer den Verstand verlor." Volksmärchen aus Kram. I. Was die Vögel singen. Es war einmal ein Bauer, der hatt' einen Sohn, welcher in der Stadt studirte. Und als er schon viele Jahre gelernt, so wollte ihn sein Vater heimhaben zur Arbeit. Da bat er aber und flehte. Nur ein Jahr sollt' er ihn lassen, er wollte lernen, was die Früfche q nackten? Dem Vater schien das wunderlich, er ließ ihn aber gewähren. Ehe noch das Jahr um war, bat wieder der Sohn: Ein Jahr nur sollt' er ihn lassen, er wollte lernen, was die Hunde bellten? Und der Vater ließ ihn. Darauf, als auch das zweite Jahr vergangen, kam der Bauer selbst in die Stadt und wollt' ihn nimmer lassen. Doch der Sohn bat und bat, noch wollt' er lernen, was die Vögel sängen: das sei das wichtigste, alle? ! andere sei eitel dagegen. Der Bauer brummte etwas von ! „dummem Zeug", fuhr aber wieder ab und der Sohn blieb in der Stadt zurück, um zu lernen, „was die Vögel sängen." Als aber das Jahr wieder um war, kam der Sohn selbst zu seinem Vater zurück, stellte sich an seine Seite und arbeitete unverdrossen vom frühen Morgen bis in die späte Nacht, und alles gedieh wohl unter seinen Händen, worüber der Vater sich sehr freute. Einmal gingen beide vom Felde heim und, kamen in einen Wald. Es war Abend und die Vögel zwitscherten ihr Abendlied. Da fragte der Bauer seinen Sohn: Was die Vögel sängen? Lange weigerte sich dieser, endlich, nachdem der Vater versichert, sei es noch so Schlimmes, er wollt' es verzeihen: da sagte er: „Die Vögel singen, ich sollt einmal Euer Vater werden!" Sie gingen weiter, aber den Vauer verdroß das Wort gar sehr und er brachte es nicht aus dem Sinne. Andern Tags befahl er zweien Knechten: Wenn sie im Walde Holz fällten, sollten sie seinen Sohn todtschlagen. Im Walde nun erwachte ihr Gewissen: sie sielen ihrem jungen Herrn zu Füßen und bekannten ihm Alles: Wie sie ihn hätten ermorden sollen, nun aber sich nicht heim wagten; er solle sie bei sich behalten, sie wollten ihm folgen bis an's Ende der Welt. Er verzieh den Beiden und so gingen alle drei weiter, ohne zu wissen wohin. Endlich kamen sie zu einem einsamen Gehöfte. Vier Hunde an langen Ketten bellten davor. Da fagte der junge Herr zu dcn Knechten: „Wartet ein wenig, ich will Hin-borchen, was die Hunde bellen!" Bald kam er zurück: „Wir sollten uns auf den Weg nach Nom machen." Nachdem sie auf die Heerstraße gelangt waren, zogen sie gegen Rom. Matt und müde kamen sie gegen Abend an eine Brücke, wo sie im Schatten dcr Bäume ausruhctcn. Im nahen Bache aber quackle eine Menge Frösche mit aller Macht in allen Tonarten. Und wieder horchte der Sohn und rief erfreut aus: „Die Frösche sagen, als einmal der Papst über diese Brücke gezogen, sei sie eingestürzt, der Papst ertrunken und sein ganz Gefolge mit ihm; noch liege der Stab des heiligen Vaters im Schlamme begraben. Ich sollt ihn holen, und damit gegen Rom fahren." Nun ließen ihn die beiden Knechte an Stricken hinunter und er fand den silbernen Stab und sie zogen darnach weiter. Nach vielen Mühsalen und Irrfahrten gelangten sie eines Tages in die heilige Stadt. Von allen Kirchen ertönten die Glocken und alles Volk strömte in die Peterslirche, worin die Cardinäle und Prälaten saßen und rathschlagten, wen sie wohl zum Papst wählen sollten. Die drei Wanderer gingen nun auch in die geweihten Hallen, der Herr mit dem silbernen Etabe voraus, setzten sich in die letzten Bänke, bekreuzten sich und beteten andächtig. Tiefe Stille herrschte in der Kirche, da auf einmal erscholl Flügelschlag und eine weiße Taube setzte ! sich auf das Haupt des Studenten. Doch bemerkte sie Nie- ! mand und sie flog davon. Und wieder kam sie zum zweiten ! Male, und da entstand eine Bewegung unter den Leuten. Und zum dritten Male kam sie gestogen, und nun wurden auch die Cardinälc aufmerksam, holten ihn, und fragten ihn, woher cr käme. Er erzählte ihnen alles getreulich und lieferte auch ! den Stab des Papstes aus. Sie aber steckten für kurzr Zeit ^ die Köpfe zusammen und endlich erklärten sie, der neue Papst ! sei gefunden und kein anderer, als der fahrende Student, der heilige Geist selber habe ihn als Oberhaupt der Kirche bezeichnet. Nun wurde er auf den Thron gesetzt, er wählte Cardinäle und seine zwei Begleiter, die Knechte, beschenkte er reichlich, nahm ! sie zu seinen Dienern an, und regierte weise und glücklich. Es geschah aber hernach, daß es den Vauer sehr zu reuen begann, weil er seinen Sohn zu morden befohlen und wohin er auch zur Beichte ging, nirgends fand er Erleichterung, und so beschloß er, nach Nom zu pilgern, um beim heiligen Vater selbst Verzeihung für feine Missethat zu erlangen. Da er nun zum Papste gekommen, erkannte dieser sofort seinen Vater, sagte deßhalb, cr könne hente nicht beichten, er solle Morgen sich beim Mittagsmahls einsindcn: übrigens wisse er, was seine ! Seele bedrücke, wofür ihm der Baner herzlichst dankte, und sich im Stillen wohl auch wundern mochte. Um die angegebene ! Zeit erschien er denn auch nächsten Tags, worauf er wohl auf- i genommen, zum Ehrensitz geleitet wurde und seine Ver- ! wunderung den höchsten Grad erreichte. Nun führte ihm der ^ heilige Vater sein Verbrechen vor, wie sein Sohn vielleicht in ! Sünden gestorben uud so des ewigen Heiles beraubt wärs, ! wofür sein Vater hundertfach werde büßen müssen. Zerknirscht sank ihm dcr Vauer zu Füßen, „kein Heil sei mehr für ihn, weder im Leben nock im Tode" — „Noch, Vater noch" , rief ^ der Papst aus „denn Euer Sohn lebt und ist nicht gestorben, ! wie ihr wähntet, ich bin Euer Sohn!" Da stürzte der Bauer seinem Sohne an den Hals und der sagte: Die Vögel hatten i doch Recht, da sie sangen: ich würd' einmal Euer Vater!" Dn Bauer aber rief überglücklich: „Gott hat alles zum Besten gewendet. Ihm laß uns danken!" Und cr lebte bis an sein Ende zufrieden und in Freuden. ^s. 8. Neber die Spitzen. j (Fortsetzung und Schluß.) Als der erste Erfinder der jetzt verwendeten Spitzen-Maschine wird ein Strumpfwirker „Hamond" in Nottingham genannt, der, die geklöppelten Spitzen seiner Frau musternd, auf den Gedanken kam, mit dem Webestuhlc Achnlichcs herzu- ! stellen, doch soll dieselbe später durch Heathcoat noch bedeutend verbessert worden sein. Diese sogenannten Vobbinnctmaschinen sind übrigens eine der complicirtesten und sinnreichsten Erfindungen, die menschliche Intelligenz erdachte; manche derselben ! hat an 4000 Spulen, auf denen sich dcr Spitzenzwirn befindet, ! die unter einander in Bewegung gesetzt werden, und cincn fünf englische Ellen breiten Cpitzengrund und Muster liefern. Ucberdieß erhalten gewisse Fabrikate, wenn sie aus der Maschine kommen, Stickereien und Muster, die von Arbeiterinnen mit der Nadel eingenäht werden. Nackoem die durch die Maschine erzeugte Spitze nun auch durch Menschenhände gegangen ist, wird sie gebleicht und zugerichtet, d. h. in Gummiwasser getaucht, auf Nahmen gespannt, dann mit Flanell abgerieben, in erwärmten Räumen getrocknet, und endlich aufgewickelt und gepreßt. So kommen nun die Spitzen in den Handel und sind dem Anscheine nach eben das, was das mühsame Flechtwerk der darbenden Klöpplerinnen ist, doch gleichwie jcdc nach gegen- wältig herrschenden Begriffen elegante Dame, nur Schmuck aus echtem Gold und wirklichen Edelsteinen trägt, so sucht auch jede, deren Verhältnisse es überhaupt erlauben, Spitzen zn tragen, einen Vorzug darin, nur echte, geklöppelte Spitzen zu ihrem Putze zu verwenden. Die Mehrzahl der Frauen aber ist gezwungen, auch im Svitzcnschmucke dem Schein zu fröhnen und unechte zu tragen. Darum hungern auch die Arbeiterinnen, trotzdem wir Kleider und Hüte, Mäntel und sogar oft Möbel mit Spitzen umgeben, und fie werden hungern, bis entweder ein neues Geschlecht das Spitzenklöppeln aufgibt und zu anderer Arbeit greift, oder die Mode die Maschinenspitzen in Verruf erklärt und die ihr huldigende Damenwelt zwingt, nur geklöppelte Spitzen zu tragen. Die neueste Erscheinung in der Spitzenindustrie sind die in England erfundenen Eisenspitzen, aus einem biegsamen, unendlich feinen Draht gewebt. Ihr Aussehen soll nichts zu wünschen übrig lassen, ihre Dauer eine dem Material, aus dem sie bestehen, entsprechende sein. Aber die Mode hat ihnen noch keinen freundlichen Mick zugeworfen, und ohne ihre Gunst werden dieselben nicht bestehen können und bald vergessen sein. Oft dauert es auch lange, bis sie irgend eine Neuerung aus den Händen der Industrie annimmt, denn im Durchschnitt ist sie es, welche vorangeht, und die Industrie anweist, ihr zu folgen. Die Reiher von gesponnenem Glas z. B., die sich erkühnt hatten, zu erscheinen, ehe sich ein Verlangen darnach aussprach, sah man in Wien lange in Ausstellungen, ja sogar in den Schaufenstern einiger Glashändler nicken, bis sie endlich zur Berücksichtigung gelangten, und die modernen Hüte schmücken durften. Thorwaldsen als Dieb. Es war in Rom. Wie schon oft, besuchte Thorwaldsen eines Tages wieder die liebenswürdige uud kunstsinnige österreichische Fürstin T . . . . , in seinem Atelier. Der große Meister macht ihr die Honneurs und führt sie selbst von Thon zu Thon, von Marmor zu Marmor, macht seine schlichten und guten Vcmcrkungen und erklärt seine Intentionen. Mit einem Male aber wird er zerstreut, ja verwirrt, seine Blicke irren an der Gestalt der Fürstin auf und ab, ja, er spricht vielleicht sogar csncn Unsinn. Die Fürstin, nach langem Umherwandern, setzt sich hin und wirft, um es sich bequem zu machen, ihren Shawl auf cincn Stuhl. Wieder nach einiger Zeit erhebt sie sich und geht. Vielleicht ist ihr das zerstreute Wesen des Meisters aufgefallen und sagt sie sich, daß sie ihn störe. Kaum aber ist sie zur Thür hinaus, als sich Thorwaldsen seinen Schülern zuwendet und ausruft: „Habt Ihr es gesehen?" — „Was denn Meister?" — „Nun, die herrlichen Falten, die der weiße Cröpeshawl der Fürstin wirst, so fein, so klein, wie nasse Gewandung! Das sind ja die griechischesten aller Falten! So etwas habe ich mein Lebtag nicht gesehen! Meinen Iason für cincn solchen Ehawl! Herrje, da liegt er ja, die Fürstin hat ihn liegen lassen, das ist ein Wink des Schicksals und sie oll ihn nie wiedersehen. Seht nur, wie prächtig er selbst den Sessel! drapirt, als wäre er eine griechische Urne!" — Nach diesen begeisterten Ertlamationen nimmt Thorwaldsen den Shawl, drapirt eine seiner nackten Gestalten und bleibt in Entzückung vor den herrlich und anmuthig herabfließenden Falten des feinen, weichen Stoffes stehen. Aber da klopft es. Thorwaldsen fährt zusammen: der Prophet, der in jeder großen Künsllerscele sitzt, sagt ihm: man kommt, um den Ehawl zu holen. Rasch reißt er dcn Shawl von der Statue, eilt damit in ein Nebenzimmer, versteckt ihn und kommt mit einem statuarisch ruhigen Gesichte zurück. Jetzt erst läßt er die, Thüre öffnen: es ist richtig die Kammerfrau der Fürstin, die den vergessenen Shawl holen soll. —- „Ehawl?" fragt Thorwaldsen: „hat Jemand einen Shawl gesehen?" — Die Kammerfrau sucht, sämmtliche Schüler suchen, Thorwaldsen selber sucht — der Shawl war nicht zu finden; die Votin zieht ab, die Fürstin konnte sich das Räthsel nicht erklären. Aber die wackere Seele des großen Meisters, wie sehr er auch entschlossen war, den so künstlerischen Shawl Zu behalten, suchte doch nach einer guten Weise, um sich selbst zu beruhigen über dcn begangenen Diebstahl, und vielleicht hat die Fürstin sich das Verschwinden doch erklärt, als ihr Thorwaldsen nach einiger Zeit einen lieblichen Merkur in Marmor brachte und sie bat, dieses Geschenk von ihm anzunehmen. Literatur. Bci A. Pichlcr's Witwc H Sohn in Wien ist erschienen : Den k-steine. Novellen filr die reifere Ingend gebildeter Stände. Von Leopold Korde sch. Der Verfasser o'bgcnamttcr Erzählungen ist den Lesern dirscr Blätter sehr wohl bekannt, nnd wir tonnen uns deßhalb der Charakteristik seiner schriftstellerischen Thätigkeit enthoben, filhlm. Eine gewisse Routine, den Leser in Spannung zn erhalten, und dcn oft magern Stoff zn einer anziehenden Erzählung zu gestalten, macht sich auch in dcn vorliegenden Novellen geltend. Im Style wollen nns einige Provinzialismen nicht gefallen, wie z. B. „er saß am Sopha" oder „es stand am Tische." Doch das sind Mängel, die K. mit vielen österreichischen Schriftstellern theilt. — Das hübsch ausgestattete Bändchcn enthält: Der Straßcnscmaer nnd sein Sohn; Treffende Abfertigung; Launen des Schicksals; Ein Er-lebniß im Vakonycr Walde; ocis Bettlerlind; der Invalide; eine Nacht ohne Morgen; der durchlauchtige Corsar; das rothe Tuch; die Prinzessin von Maröillac; der Grünrock; die seltene Herberge, nnd edler Hcrzenszug cincö Jünglings. — Einigen dicscrErzählnngen sind wir schon in belletristischen Blättern begegnet. Wir können das Buch als unterhaltende Lectnre dem Publikum bestens empfehlen. D i e „G artenlanb e" (Leipzig, E. Keil) steht jetzt in ihrem zwölften Jahrgange. Als ihre erste Nummer erschien, hatte der Sturm die alten belletristischen Blätter weggefegt oder bloß noch welke Trümmer von ihnen übrig gelassen. Auf dem leeren Boden baute die Gartenlaube sich auf und erreichte einen Erfolg, dcr in Deutschland unerhört war. Sie verdiente ihr Glück, müssen wir hinzusetzen; sie, erwarb das nicht kleine Verdienst, das belletristische Zeitnngswcscn auf eine Höhcrc Stufc zu heben. Sie hat dem großen Pnbliknm cincn Gemüth und Geist beschäftigenden NahrnngSstoff geboten. Sie behauptet nach wie vor in ihrem Kreise dcn ersten Platz nnd steht unter dcn illustrirtcn unterhaltenden Blättern ebenso ehrenvoll da, wie die „Illnstrirte Zeitung" in ihrem ernsteren nnd mehr praktischen Bereich. Vom ., Illnstrirten Familienbu ch" des östcrr. Lloyd ist das 11. Heft des 4. Banois erschienen. Es reiht sich in würdiger Weise seinen Vorgängern an, denn es birgt einen reichen Inhalt an Unterhaltendem nnd Belehrendem. Als ein Paar sehr interessante Aufsätze müssen wir „die altgcrmauischen Tabakspfeifen" von Dr. I. Müller, nnd „die pyrcnäischc Halbinsel uud die Spanier" von dem berühmten Reisenden I. G. Kohl bezeichnen. Drei saubere Stahlstiche schmücken das Heft. Verantwortlicher Redacteur I. v. Kleimnayr. — Druck nnd Verlag von Ign. V. Meinmayr «5 F. Bamberg in Laibach.