lir. 2. Aeöruar 1903. Y. Iahrg. Inhalt: Seite Won Tiros «ach GVerägyple». Bon P. Josef Münch, apost. Missionar. (Schluss.) . . 33 Missionsfahrte» ans dem welken Ml- Von Br. Clemens Schröer, S. d. h. H. . . 38 Ans Hmderman-Ekartnni.......................42 Ei» merkwürdiger Wogel Afrikas ... 43 Das Manche« Sei de« Neger«..................44 Ein chöhenßof in Messafrika.................47 Die Anlügend der Afrikaner..................49 Ilnrstvischof Aimo» Aichner von Mri.rcn . 50 Leöenskilder denlfcher Missionäre: P. H. Seiner. Von P. Laver Geyer (Fortstzg.) 51 Die chlankensvolen des denlschen Aolkcs: Der hl. Lndgcr.........................55 Seite Mnndlchau in den Missionen....................61 Werschicdenes; Die Ugandabahn. — Begrüßung auf den Fidschi-Inseln. ... 63 Zu unsern Mildern...............................64 AMlduugen; Die Moschee Sultan Hassan in Kairo. — Nilfährte. — Im Hofe der Missionsstation Omder-man. — Der Kawnß. — Fürstbischof Simon Aichner von Brixen. — P. Heinrich Seiner im 14. Jahre. — Der hl Ludger. — Erzherzogin Elisabeth Maria. TTTT77T TTTTYTTTTTTTTTTTTTTTTTT'HTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTT? I I H I I 1 M I 1 I I II I I I ! I I I i I I M I II torn her flicker. Deutscher Glaubensbote. * « herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hist. Rerzens 3csu“. « < Erscheint monatlich 32 Zeiten stark. — Preis ganzjährig 3 K = 3 Mk. —4 Frcs. Missionshaus MühIanü bei Brixen (Giros). Tails die Zusendung dieser Zeitschrift für das 3ahr i-or nicht mehr gewünscht * wird, so bitten wir, dieses fiest mit Originalschleife der Post zurückzugeben. Die Rücksendung erfolgt sodann kostenlos. ZZriefkcrften. 2ir. >t. in A.: Herzlichen Dank für Bericht. iL6r. 25. in i\., Rheinland: Herzliches Vergelts Gott für die fehlenden Exemplare. Jt. J">. in T. Lei 2l., Oberösterreich: Die Verwaltung des „Stern der Neger" befindet sich im Missionshanse in Mühland bei Brixen. A. 21. in 21., Tirol: Naturalien können wir auch sehr gut verwerten. Senden Sie nur immerhin, der liebe Gott möge es Ihnen reichlich lohen! K. 2!. in Wien. VII.: Wir hoffen in einigen Jahren den „Stern" so erweitert zu haben, dass wir auch für I den von Ihnen angebotenen Stoff Verwendung haben; einstweilen ist dies nicht möglich. Besten Dank I ct. 2!. in (<)., Nicderöstcrrcich: Erlagscheine stehen Ihnen stets gerne zur Verfügung, besonder? wenn auch Gaben für das Missionshaus darauf verzeichnet werden. D. W. in St., Oberösterreich: Bei Abnahme von größeren Posten der älteren Jahrgänge sind wir gerne bereit, die Preise noch bedeutend zu ermäßigen. 2k. ZU. in Ä.: Besten Dank für Ihren Bericht. Bitten um Fortsetzung. Herzlichen Gruß. hingesendet. Der am 17. September 1901 von Brixen nach dem Sudan abgereiste apostolische Missionär P. Josef M ünch bedauert in Rr. 1, S. 12, des „Stern der Neger", dass es ihm wegen Mangel an Zeit nicht mehr möglich tvar, von dem alten Missionsfreund in Neustift persönlich Abschied zu nehmen. Er bittet nun diesen um seinen heiligen Segen für sein ferneres Wirken unter den Chamiten. Aus dem tiefsten Grunde meines Herzens sende ich Ihnen denselben auch durch den „Stern der Neger" mit dem Bemerken, dass ich seit dem 9. Juli 1851, an welchem Tage Provicar Dr. K noblecher in Brixen weilte, und mich in den eben gegründeten Marienverein aufnahm, für die geliebte kath. Mission von Central-Afrika bei jeder heiligen Messe ein kräftiges Memento machte. M. M Aeltere Jahrgänge öks „jSfmi kier Neger" sind noch erhältlich und zwar: der erste Jahrgang ä 2 K, der zweite (2. für sich abgeschlossenes Halbjahr) älK, der dritte ä 2 K, 5er vierte ä 3 K. Alle Jahrgänge zusammen bezogen kosten nur 6 Kronen. Herzliche Aitte an unsere verehrt. Leser! Wir bitten unsere Freunde, uns neue Abnehmer gewinnen zu wollen. Durch Bestellung des „Stern der Neger" wird ein hervorragend katholisches Werk unterstützt und zugleich ein österreichisches und deutsches Unternehmen, nämlich die Entwicklung unseres Missionshauses, gefördert, worin Kinder unserer Heimat und Söhne unseres Vaterrlandes zu Missionären ausgebildet werden. Die wenigen unserer verehr!. Leser, deren Bezugsbetrag von iyoi noch aussteht, ersuchen wir hi emit höflich, denselben (s Rr. = r Ulk.) der Ordnung wegen gütigst einzusenden. Jene unserer werten Abnehmer, welche nicht geneigt sein sollten, unser Blatt auch im Jahre 1902 zu halten, bitten wir, die ersten Hefte zurückgehen zu lassen, da wir annehmen, dass, wer das 1. und 2. fitst behält, auch den ganzen Jahrgang wünscht. Zwecks Erleichterung in der Versendung erlauben wir uns, die verehrl. Leser höflichst zu bitten, Adressveränderungen re. stets bis zum 15. dt$ IDonatS anzuzeigen, wie auch bei Anfragen und Einsendung von Bezugsbeträgen gütigst die gedruckte Schleifennummer angeben zu wollen. ^iesenigen mt finer verehrten Leser und Wohlthäter, welche von den vergriffenen Hummern 1 bis 5 inel. des 2. Jahrganges des „Stern der Neger" überzählige Exemplare besitzen, erlauben wir uns herzlichst zu bitten, uns dieselben um Gotteslohn und der guten Sache wegen gütigst zukommen lassen zu wollen, da wir an deren Desitz ein lebhaftes Interesse haben und selbe mit dem grössten Danke entgegennehmen. Govxesponöenz bex Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Vom 24. December bis 24. Jänner 1902.) Unsern geehrten Abnehmern zur gest. Kenntnisnahme, dass wir der Einfachheit halber milde Gaben re. für unser Missionshaus nur mehr an dieser Stelle quittieren werden. Mr das Missionshaus; Kronen Kronen Canonicus Wolf, Brixen ............................7,— M., Mühland...........................................2,— Georg Poth, Eschbach.................................1.17 Eduard Bvrawski, Priester, Kochawina .... 17.— Josef Nürnberger, Brüx ..........................2,— Nep. Böhin, Simmelsdorf, Bayern......................7.03 Franges Sebastian, Cirkowitz . ...................1000.— Fr Stieglitz, Domherr, Linz...........................2.— Fr Guschel, Wien . . . . :.....................1.— Julie Bauhölzer, Nottwcil............................1.17 Ed. Solderer, Lienz...................................1.— P. A. Egger, C. Ss. R. Innsbruck für Hcideukiud Aus Graz.........................................3,— Elisabeth............................ 24.— Ans Salzburg . .....................................63.50 Seibert, Vilseck, Bayern........................... 23.45 A. Oberkoflcr, Canonicus, Bozen ......................1.— Georg Gruber, Hosmark, Bayern ...... 2.34 P. Reimer, Furth i. Wald (für 2 Kinder Josef Crescenz Münch, Ebersberg, Bayern. ..... 2.34 und Anton)..........................................49.22 Johann Marböck, Wcistrach.............................1.— Koller, Chorregent, Schwaz ..................2.— Josef Schrammel, Wcistrach. ...... 2,— H. Thüringer, Rattenberg..............................3,— ©chw. Oberin im Krankenhause Thannhausen . . 7.03 Aus Schwaz.......................................11 — Pfarrer, Thannhausen, Bayer».........................4.68 (Jj. ©lang, Klcpsan..................................5.85 Ed. Kunkel, Mannheim.............................. 12.89 Marie Scmmelmami, Landshut Mk. 68.— | Franz Fuchs, Wien................................6,— Ein Dienstmädchen, „ „ 2 — 84.38 Franz Christanell, stud. theol., Innsbruck . . . 17.— Juliane Schiestl, „ „ 2,— J Mutterhaus der Barmherz. Schwestern, Innsbruck 1.— G. Dorr, Malting ....................................1.17 A. Hagemann, Philadelphia, Amerika .... 4.90 Ludwig Klopfer, Augsburg.......................8.20 Aus Innsbruck ...................................73.— I. Lachner, Pfarrer, Ebersberg...................2 34 Franz Grabhcr, Lustenau...................• . 2.— W. Klodt, Dortntrind ................................1.17 Anna Mayr, St. Valentin...............................3,— Dr. I. CH. Mitterrutzncr, Neustist.............5.84 Josef Brindl, Leibnitz...........................—.40 Wenzel Beza, llnterlangendorf...................... 16.— Joh. Weingartner, Lienz...............................1.— P. Mohn, Caplan, Mehlsack......................11.72 Aus Hall in Tirol.....................................6,— Gustav Fischer, Schlackenwerth..................5,— Von Christian Raas, Pfarrer, Vomp .... 50.— Kath. Ortmeier, Fürstenzell .........................3.52 Josef Kienreich, Graz................................10.— Ludwig, Sabina und Sophie Rumpler, Graz . . 10.— Dr. F. Schmied, Domscholasticus, Brixen . . . 3,— ©chnös, Hanptlehrer, Gädheim 7 Mark .... 8.20 Leonhard Plaseller, Pfarrer, Mühland .... 1.— Aus dem Pongau.................................51.— Marie Zuegg, Licuz................................... 1.— Ungenannt.......................................5,— Bo» einem Wohlthäter ans Bayern.................... 234.— Ungenannt...................................... 1.62 Joh. Hain, Schloss Aspang............................ 1.— Anna Rühl, Winklern . ................................6,— Dr. Johann Katschthaler, Fürsterzbischof, Salzburg 200.— Geschwister von Felsburg, Innsbruck .... 1,— Georg Eigner, Psarrcr, Wiillendorf....................2,— Josef Kontier, Hafing...........................1.— Ida Suchan, Schloss Ober-Glogau......................2.34 Johann Wangler, k. k. Postofficial, Wien . . . 5.— Franz Wander, Graz....................................1.— Karl Soukup, Wien...............................5,— Laver Noppenberger, München..........................2.34 Luise Krill, Blansko............................8,— Michael (Statiner, Theolog, Linz a. D................ 1>— Theresa Kaufmann, Welschnoven..................3.88 Aus Baden......................................... 109.52 Michael Sichler, Psarrer, Breitenbach .... 7,— Dr. Alex Usenicnik, Thcologicprofessor, Laibach . 2.— Ans Wörgl und Kitzbühel........................80.— Theologie-Professor Frciseisen, Brixen .... 7,— Aus Angath ...........................................3,— M., Brixen................................... —.13 Waran, Director, Wörgl...........................10 — Josef v. Langenmantel, Cnratbencficiat, Graz. . 1.— Maria Cervinka, Kairo..........................—.94 I. k. k. Hoheit Erzherzogin Elisabeth Maria, Wien 100.— Marie Waldner, Vent............................ 2,— Joh. Bertoletti, Bruncck .............................1.— Von einem ungenannt sein wollenden Wohlthäter 200.— Christian Zech, Bludenz...................• . 7,— Anna Rühl, Winklern..............................4.— Fidelis Maister, Schivaz.........................20.- Mr heilige Messe»: Elisabeth-Kloster in Saaten........................ 10.— Jos. Godec, Pfarrweser, Lipoglav ....................16.— Thomas Omersu, Pfarrer, Glcink ..... 2.— Hegemann, Caplan, Freckenhorst.................175.— Franz Pecho, Psarrcr Ernsthofen.......................2.— Fuchs, Erzpriester, Kreuzdorf..................32.18 Acg. Mayer, Pfarrer, Schruns........................100.— Aus Graz.......................................44.— Fuchs, Erzpriester, Krcuzdorf........................1.17 ©endker, Freckenhorst..........................8.20 Ungenannt....................................... . 200.— Paul Mohn, Caplan, Mehlsack......................8 01 Helene Beza, Sternberg................................6,— Ed. .garata, Pfarrer, Komornik ...... 34.90 Gottfried Hagen, Lustenau...................... • 1.— Christine Weiller, Ahrweiler........................71.08 Barbara Platter, Schwaz.......................• 7,— R. Wersch, Pfarrer, Altgrottkan.................. 229 94 Theres Mayr, Brennbichl..........................1.— H. ©chröer, Steele .................................79.11 Äaver Wallishauscr, Augsburg ...... 20.44 H. ©chröer, Steele .................................11.72 Luise Beza, Wien............................... . 17.— Ed. Zaruba, Pfarrer, Komornik.......................35.18 Kathi Zweukcl, Lichtciiwald ..........................1,— A. Meckert, Oppeln.............................98.45 Vom sb. Ordinariat, Brixen......................... 400.— H. Neher, Pfarrv., Bronnen.....................45.71 Johanna Hecheuberger, Innsbruck, sandte Bücher, Wäsche. — Magdalena Webersperger, Innsbruck, eine Muttcrgottes-statue. — Professor von Schmuck, Jnnsbnick — Georg Graf Esterhazy, Oszlop, Ungarn — Wenzel Beza, Unter« langendorf — Peter Zingerle, Abtei — P. Wiesinger, Wullersdorf — sandten Bücher. Allen unseren Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Vergelts Gott" und bitten um weitere Unterstützung dieses Missionshauses. Marien Verein für Afrika. Dieser unter dem protectorate Sr. K. u. K. apostolischen Majestät Kaiser Iranz Joses I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der afrikanischen Missionen und besonders jener von Central-Afrika zürn Zwecke. Der Central-Ansschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischof Ar. Anton Gruscha. Mitglied des Vereines kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vater unser und ein Ave Maria mit dem Zusätze: t. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" ß. „Auf dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" zu beten und einen monatlichen Beitrag von mindestens 10 Heller leistet. HHeilneHrner werden solche, die sich zum Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 2 Kronen im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige größere Gabe dem Vereine zuwenden. Katholiken von Wien und ganz Oesterreich! Tretet recht zahlreich dem Marien-Verein für Afrika bei, erbarmet euch der armen unglücklichen Neger; dann wird sich Gott auch unser erbarmen und in unseren Drangsalen uns Hilfe senden. ZZeiträge imd Anmeldungen für Wien werden bei den Vorständen der einzelnen Filialen, in den meisten Pfarrkanzleien und Sacristeien, in der Kanzlei der kath. Vereine (I., Annagasse 9), bei der Firma Janauschek u. Co., (I., Singerstr. 18) und bei Frau Baronin Constanze Pillersdorff (I., Zedlitzgasse 4, 3. St.) entgegengenommen. Für Errichtung neuer Filialen stellt Statuten, Anfnahmsbilder und Drucksorten zur Verfügung der Vieepräses des Wiener Diöcesan-Ansschusses Dofflcapitiiiar Jfnton Scböpfkutbner, Älen T., Stephansplatz 6- Jtllen christlichen Trauen und Töchtern wird empfohlen die Monatsschrift „Oöb Apostolat der christl. Tochter" (Angela-Wlatt.) Die katholische Frauenwelt wird durch diese Zeitschrift angeleitet und angeeifert zur Ausübung eines recht zeitgemäßen Apostolates. Redacteur: Ant. Gchöpfleuthnerh Domcapitntar bei St. Stephan, Wien, Stephansplatz 6. Preis p. Post jährlich 2.80 Kronen = 3 Mark = 4 Francs. Probenummern umsonst. 'IgSö Deutscher Glaubensbete. mr. 2. Aeöruar 1902. Y. Iahrg. Von Tirol nach Oöerägypten. Von P. Josef Münch, apost. Missionär, j "ÜSy^ie schnell vergiengen auch diese angenehmen 3>/g Tage ans und in dem schwimmenden Eisenkasten ! Am Montag, den 23. September früh sprang ich schon beizeiten von meiner Steige herab — Vr. Klodt schlief noch unter mir — inachte Toilette, brachte mein weniges Gepäck in Ordnung und begab mich aufs Verdeck! Da lag schon, ruhig ausgedehnt, die gelbliche Küste Afrikas vor mir. Ein wenig links erblickte ich Alexandrien mit seinem Hafen und den: Leuchtthurine, also den Eingang in mein gelobtes Land! Nun, da wäre ich wieder, dachte ich bei mir, und so bald kriegst du mich nicht wieder lo3; ich werde mich schon tüchtig einkrallen! Der Hafen nähert sich immer mehr mit seiner Unmasse von Barken, Seglern und Dampfern: da kommt auch schon der Lotse, welchem bei der Einfahrt der Capitän die Leitung des Schiffes abtreten muss. Die Stadt kommt immer besser zu Gesicht, so dass nun schon ganz genau den Ankerplatz, die Häuser und Straßen, sowie das Gewimmel der herbeigcströmten Menge von Zuschauern, Begrüßern, Packträgern, Kutschern und Backschischschreiern zu erkennen vermag. Man nimmt von den bekannt und lieb gewordenen Mitreisenden noch einmal kurz Abschied, zahlt seine Schulde» beim Kellner, falls man solche gemacht hat, trägt seine Sachen auf Deck, setzt sich möglicher-weise darauf, dass sie keine unrechtmäßigen Füße bekommen und harrt der Dinge, die da sich abspielen, oft recht komischer und tragischer Art. Die Landungsbrücke wird geworfen und augenblicklich ergießt sich auf das Schiff ein ganzer Strom von weißen, gelben, braunen, rothen, schwarzen, grünen und blauen Gestalten und will gar nicht mehr aufhören. Man könnte meinen, besonders wenn abends gelandet wird, es sei ein Aufstand ausgebrochen oder die unfreiwilligen Staatspensionäre haben Reißaus genommen. Nein, es sind Lastenträger, welche nur sei es was immer tragen wollen, dich mit allen deinen sieben Zwetschken. Aber es geht manchmal nicht ganz glatt vonstatten; es sind zwei, drei, fünf, ja zehn, welche sich an dich hängen, dich hinten, vorne — musst ausschauen, dass sie deine Uhrkette sammt Anhängsel nicht als Ankerkette oder Ziehstrick ansehen — rechts, links, oben und unten zerren und schieben, sich um dich streiten und abschreien, dass dir Hören und Sehen vergeht. Und wenn du nicht auch mitschreist und dich entschieden so vieler Diensteifrigkeit verwehrst, so kann es geschehen, bnfs- du rücklings oder 34 Non Tirol nach Öberägypteri. wenigstens halb verkehrt wie eine große Hutschachtel die LandungStreppe hinabgcsteucrt, dann in eins Kutsche geschoben wirst sammt all deinem irdischen Gut — um das geistige kümmert sich niemand, wird nicht einmal verzollt — und fort geht es, du weißt selbst nicht recht wohin, bis dich das Zollamt ein wenig orientiert. Wie du nachher dich durchschlägst und deine dienstbaren Geister los wirst, musst halt schauen; ein Jude, dem du etwas schuldest, kann dir die Hölle auch nicht heißer machen! Auch Br. Klodt und ich hatten die Koffer fest bei der Hand; Br. Klodt knurrte s o verdächtig sein „walahadsche, cmschi", d. h. „nichts, gehe!", dass jeder auf anderweitige Verhandlungen gern verzichtete und nns ruhig sitzen ließ. Nachher trugen wir unsere Sachen selbst hinab zu den Kutschen, die der Diener des Institutes vom hl. Karl Borromäus schon bereit hielt. Mit Hochw. Herrn Schwarzer stiegen wir ein, und nach der zollamtlichen Gepäcksvisitation fuhren wir der deutschen Mädchenschule zu, woselbst ich die hl. Messe las. Freundlichst und mit großer Zuvorkommenheit wurden wir von der Mutter Oberin empfangen und bewirtet: wir waren eben in einem deutschen Hause, unter Deutschen. Ein guter Bekannter des Br. Klodt von Wien her, Hochw. P. Ruez 0. F. M., jetzt Missionär des hl. Landes in Alexandrien, kam noch, um uns zu bewillkommnen und von den Schwierigkeiten, auf die er in seinem scelsorgerischen Wirken schon gestoßen, zu erzählen. Manche Pläne musste er durchkämpfen, denn von einem socialpolitischcn Wirken, wie es heute nothwendig ist, hat man hier keinen Schein. Daher auch die vielen Missgriffe, welche in Palästina und Aegypten vielfach vorkommen. In Oberägyten ist die protestantische Propaganda sehr rührig; in allen größeren Städten wie Minieh, Luxor stößt man auf protestantische Schulen; anstatt aber dass man den Franciscanergeneral ersucht, er möge in solche gefährdete Posten einen tüchtigen deutschen Pater senden und veranlassen, dass dorthin reichlichere Hilfsmittel fließen, wird gejammert, fortgewurstelt. Dass sich da die Amerikaner- oder Schweizersendlinge oder —söldlinge ins Fäustchen lachen, liegt klar auf der Hand. Auch ein wunder Punkt, das! P. Ruez ist aber rührig wie eine Biene und hart wie Sandelholz: wenn ihm nur das Klima keinen Strich durch die Rechnung macht! Wir nahmen vom guten Pater Abschied, giengen zum Bahnhof, stiegen ein und fort gierig es Kairo zu. Der Nil gieng noch hoch und große Strecken Landes waren überschwemmt; überall sah man rührige Leute an der Arbeit. Staub gab cs genug, auch zum verkaufen, man bekam ihn aber ganz umsonst und zwar in reichlicherer Menge als einem lieb war. Wir merkten, dass wir jetzt in Aegypten waren und nicht mehr in Tirol mit dem herrlichen Schatten, seinem frischen Wasser und dem erquickenden Wicscn-und Bergesgrün. Ja, mit alldem ist es jetzt vorbei! Wie im Fluge geht cs durch daS fruchtbare Unter-ägypten, an Dörfern, Städten, Feldern und Wüsteu-strichen vorüber. Ich schlief lieber ein wenig ein, denn was man jetzt erblickte, kann ich fortan zur Genüge sehen; Aegypten und der Sudan werden mir so schnell nicht wieder davonlaufen! Gegen 1 Uhr fahren wir in den Bahnhof von Kairo ein. Als wir beim Negerinstitute anlangten, kamen gerade der Hochw. Generalobere, der Bischof und die anderen Mitbrüder aus der Kirche. Nun gieng es ans Begrüßen, Fragen und Schauen; im Hause selbst ist so ziemlich alles beim Alten geblieben, nur Br. Metz hat sich zum Besitzer eines netten schwarzen Bartes emporgeschwungen. Die Laienbrüder Alexander und Christian trafen Anstalten für die Reise nach Chartum. In Lull sind, wie ich hörte, alle guten Muthes, obgleich ein stürmisches Gewitter bald die Missionäre mit den Hütten fortgetragen hätte. Br. Klodt musste einstweilen in Ge sira bleiben und dort die ganze Hauswirtschaft führen mit altem was d'rum- und d'ranhängt; für den Tirolerflüchtling aber hatte man in Assuan am Nil, etwa dort, wo der Krebs um die Weltkugel hcrumkutschiert, ein warmes Quartier bereit, wohin ich nach 2 Tagen abreisen sollte. . Gleich am nämlichen Nachmittag kam der Obere von Gesira, P. Wciller, nach Kairo und führte Br. Klodt und mich nach Gesira , dem Ort meiner 1' /2jährigen Thätigkeit vor vier Jahren. Nur wenige meiner ehemaligen Pflegebefohlenen waren noch dort, einige größer geworden als ich selbst, würde sie aber trotzdem noch übers Knie legen, roenn’S noth thäte. Unser Negerdorf vergaß ich auch nicht und suchte die alten Bekannten auf, welche sich ihrerseits meiner Rückkehr herzlich und aufrichtig freuten. Am andern Tage kam noch eigens der schwarze Samuel, ein Musterchrist, als Deputation nach Kairo, um mir im Namen Aller glückliche Reise nach Assuan zu wünschen. Am folgenden Morgen las ich in der Hauskapelle zu Gesira die hl. Messe und kehrte dann wieder nach Kairo zurück. Dort hatte sich die Nachricht von meiner Ankunft bei meinen ehemaligen, nun in Kairo in mannigfacher Weise beiieusteten Zöglingen und christlichen Negern wie ein Lauffeuer verbreitet. „P. Münch ist zurückgekehrt, ist wieder da," sagte einer dem andern, nnd einer nach dem andern fand Von Tirol »ach Oberagypten. 35 sich bei mir ein. Da gab es ein Schauen, ein Fragen, ein Rathcrtheilcn, ein Trösten — ein Rügen: alles konnten sic brauchen! Mittwoch den 25. September früh las ich die hl. Messe bei unseren Missionsschwestern im österreichischen Spital. Dieses ist seit 3 Jahren ver- größert, wobei aber die Kapelle schlecht weggekommen! denn anstatt größer ist sie beinahe kleiner geworden als sie früher war. —- Am Nachmittag sah ich mir Kairo noch ein wenig an, kaufte Ansichtskarten für unsere Wohlthäter und packte dann beizeiten meine Siebensachen, um ja den 8 Uhr-Zug abends nach Die mosch« Sultan Bassan in Kairo. Assuan nicht zu versäumen. Und ich versäumte ihn nicht; so etwas ist mir übrigens nur einmal im Leben passiert! Dafür musste etwas anderes vorfallen, was gerade nicht angethan war, mich noch freudiger zu stimmen; ich verlor nämlich bei der Wegfahrt vom Missionshause zum Bahnhöfe meinen guten alten, getreuen und vielgereisten Gefährten, dem ich besonders hier die Sicherheit meines Körpers anzuvertrauen gedachte, den Begleiter, der niemals von der Seite wich, dem kein Felsen zu steil, kein Berg zu hoch, kein Weg zu schmutzig, keine Nacht zu dunkel, kein Tag zu heiß und keine Gegend zu sandig war, ihn, ja ihn verlor ich, der immer an meiner Seite blieb, mochte ich über Hügel, Berge und Abgründe in Tirol streifen oder draußen in der sandigen Obcrpfalz herummarschieren, ihn, um den es mir wirklich leid ist —" meinen Stock!! Zu zweien, hoffte ich, würden wir unsern Einzug in Assuan halten und — o Tücke des Schicksals! D, mein lieber Congodornstock, in welche Hände magst du wohl geraten sein! Mein Begleiter wollte mich über den großen Verlust trösten und gab mir den seinen, der beinahe ein Neffe oder Onkel meines teueren Stockdornconga zu sein schien. Ganz getröstet war ich doch nicht. Wir kamen beizeiten am Bihnhase an, und es 3 si Von Tirol nach Oberägypten. kostete nicht geringe Mühe, uns — nämlich mir und einer Missionsschwester — noch ein anständiges Plätzchen, zweiter Classe zu erobern. Die Eisenbahnabtheile schienen in Gemischtwarenhandlungen verwandelt zu sein. Wassersäcke, Mundvorrathbehälter, Neisekoffer, Decken und was der Kuckuck noch alles erfinden kann, muss man bei sich haben, sonst könnte ein oder das andere Stück Füße bekommen. Dank dem Feld zeig meistertalent meines Begleiters wurden wir doch halbwegs bequem einlogiert. Durchs Fenster streckten sich fortwährend Hände auf Hände; diese gehörten nicht etwa Wasser-, Bananen-, Datteloder Zuckerrohrverkäufern, deren sich immer mehr als genug auf den Stationen befinden, sondern meinen ehemaligen schwarzen Zöglingen und Bekannten, die cs sich nicht nehmen ließen, auf den Bahnhof zu kommen und mir, vielleicht zum letztenmal die Hand zu reichen und alles Gute zu wünschen! Ja, da fühlte ich mich einmal wieder als Missionär! Der Zug setzt, sich langsam in Bewegung; jeder will noch meine Hand erhaschen, jedem sage ich noch ein Wort, „halte dich immer als Christ", noch immer halten sie mit dem Zuge Schritt, endlich ein letztes Lebewohl, die Locomotive fährt ins Dunkel hinaus und ich einer verschleierten Zukunft entgegen. Erst jetzt setze ich mich und betrachte mit Muße all das, was mich von unten, oben und seitwärts umgibt; wirklich ein Krämerladen ist's im halben Sinne des Wortes. Bequem sitze ich nicht; die Schwester hat's auch nicht besser — und doch, gute Nacht! Recht viel werde ich wohl nicht geschlafen haben und am Morgen konnte ich mich erst recht in meinem Elend schauen. Die Fenster waren arößtentheils offengeblieben während der Nacht und haben somit fortwährend dem Wüsten- und Feldstaub ungehinderten Zutritt gelassen, sintemal dieser gerade in meine Wenigkeit verliebt zu sein schien; ich fand mich am Morgen ganz grau, deutlicher gesagt, schmutzig wie ein Canalreiniger, und konnte auch zu metnem großen Verdrusse den Staub — er war ja in nich verliebt — nicht ganz wegbringen und los rov-öen: gieng der alte, kam wieder ein neuer. Die Schwester hatte einen weißen Ueberwurf und konnte sich so besser schützen. Diese mir aufgedrungene Un-auberkeit ließ Humor und Interesse beinahe bis auf den Nullpunkt herabsinken. Neben mir war ein kleiner arabischer Knirps, dessen Vater sich weiß nicht wo herumtrieb und seinem Bürschchen im Unheilstiften so freie Hand ließ. Nun dieses Bürschchen fand auf einmal nichts Besseres zu thun, als auf die Polster zu schlagen und so eine Unmasse Staub aufzuwirbeln. Da riss mir die Geduld und ich schrie den Missethäter erbost an, dass er sich sogleich wie eilt Haufen Elend unter seine Decken verkroch; er hatte übrigens mehr auf dem Kcrbholze. Es wird Nachmittag — da sind wir in Luxor. Hier heißt eS umsteigen und dann warten, wie lange weiß genau kein Mensch, nicht etwa, um die Wunder Thebens zu besichtigen, sondern um es mit der afrikanischen Sonne aufzunehmen; denn der Bahnhof, so einfach als nur möglich, bietet wenig Schatten. Zum guten Glück für uns dauerte es nur eine halbe Stunde, bis ein anderer Zug uns aufnahm. Er kam — und das Rufen, Zanken und Schreien um einen Platz begann von neuem. Kritisches Problem: Viele Leute, noch mehr Gepäck, sehr wenige Waggons! Gute Nacht, oder vielmehr glückseliger Tag, dachte ich mir, wie wirst du in Assuan ankommen! Bald hatte ich für meinen Handkoffer, Proviantkorb und Wassersack ein Oertchen erobert; die Schwester fand diesmal bequeme Aufnahme in der leeren Abtheilung für die sajjeclät, d. h. für alles, was nicht männlichen Geschlechtes ist, mir schienen aber von jetzt an keine Rosen zu blühen. Wenn ich nicht so höflich gewesen wäre, sondern die nächstbesten Araber, Scheiks oder Hauadschas einfach von ihrem Platz getrieben hätte, wäre ich besser gefahren. Gerne wollte der Schaffner mich auf Bitten der Schwester für eine Tochter Evas gelten lassen und mich in die Damenabtheilung aufnehmen: da steigt noch eine türkische Haremsschönheit ein, und aus ist es mit der schönen Aussicht, denn jetzt durste der Schaffner seine Barmherzigkeit nicht mehr verwirklichen. Wiederum gieng ich zurück, und da erspähte ich eine freie Armlehne eines Eiscnbahnsophas; ich setzte mich darauf, einer meiner Füße Hieng hinab und berührte den Boden, der andere, ja, das ganze Bein, ruhte himmelhoch auf einem großen Ballen von Decken, Mänteln u. dgl.; echt amerikanisch, dachte ich, gerade so rote weiland Salomon auf seinem Thron, als dieser schon wackelte; hätte mich gerade nicht abphotographieren lassen mögen! Der Zug bewegt sich wieder und da bemerkte ich, dass ich das eben beschriebene goldene Plätzchen noch usurpiert hatte; ein mordslangcr, schwarzer Major kommt, schaut und — sieht mich in seinem Neste. Da, glaube ich, hat er cs mir schon an der Nase angesehen, dass ich die Neger so gern habe — ein Neger war auch er —, denn er bedeutete mir zu bleiben und nahm dann bei einem ägyptischen Collegen nebenan Platz. So oft die zwei Officierc etwas aßen, wurde ich zum Schmause höflichst eingeladen ; zweimal lehnte ich ab, das drittemal musste ich die Einladung annehmen und bekam von der Melone das saftigste Stück. Voll Tirol mid) Oberägypten. 37 Gegen halb 7 Uhr abends kamen wir in Assnan au, von Kairo bis hierher dauerte also die Eisen-bahnfahrt, den Aufenthalt in Luxor nicht mitgerechnet, 21 volle Stunden. Der von uns benützte Zug war ein Pcrsonenzng, hätte aber sicher die g c w ö h n l i ch e n europäischen Schnellzüge hinter sich gelassen. Es fieng schon an, duitkcl zu werden, als ich in Begleitung des Obern unserem MissionS-hanse zuschritt. Dort sah ich nach langen Jahren wieder den Hochw. Pater Larisch und Br. Anton Pauschck. Assuan, das griechische Syene, koptische Suan, gewinnt immer mehr an Bedeutung, besonders da jetzt die Bahnlinie bis hierher führt und die Stadt einen eigenen Bahnhof besitzt. Auch der Handel vom eröffneten Sudan her hilft ihr immer mehr auf die Füße. Das Klima ist heiß, trocken und gesund. Jetzt in der kühlen Jahreszeit haben wir: 7 Uhr früh 19!/a Grad Reaumur tin Schatten, 12 Uhr mittags, 40 Grad Reaumur in der Sonne, 4 Uhr abends 28 Grad Reaumur im Schatten, 5'/a Uhr abends 26 Grad Reaumur im Schatten. In der grauen, alten Zeit hatten die Römer schon einen Garnisonsort hier, und als Hauptmann lebte für einige Zeit auch der Satyriker Juvenal bort; also wie man sieht, steht das Städtchen ziemlich lange. Vor Einbruch des Islam pulsierte hier christliches Leben, wovon noch heute ein großes und gut erhaltenes Kloster, unweit in der Wüste gelegen, zeugt. Ganz Aegypten und daS Nilthal aufwärts, soweit bewohnbar, war ja christlich! Jetzt komme mir einer mit dem leichtsinnigen Geschwätz daher, nur der Islam ist den Aegyptern und Arabern natürlich, als wie wenn hier und in Arabien, auch unter den Wüstenbewohnern, früher das Christenthum nicht schon in Blüte gestanden wäre! Später freilich vergiftete die Irrlehre das christliche Blut, welches nachher beinahe zur Fäulnis wurde. Und durch die Irrlehre wollen die amerikanischen Secten das koptische Volk heben?! Das heißt nur, dem VergiftnngsprocesS Vorschub leisten! Muttermilch allein kann dieses Blut wieder verjüngen — und „Rom ist die Mutter aller Kirchen!" Der jetzige schismatische Kopte ist tief gesunken: bietest du ihm einen einträglichen Posten, Geld oder andere Vortheile, so wird er dir Katholik, Protestant, Anglikaner und vielleicht auch Türke. Das wäre ein Streiflicht auf die sogar im Bädekcr vielgerühmtcn Erfolge der amerik a n ischcn (lutherisch-evangelischen) Mission in Aegypten. Auch unter den Uebertritten zu den unterteil (katholischen) Kopten, die bekanntlich unter Oesterreichs Schutz stehen, ist nicht alles Gold, was glänzt: Eigennutz ist meist auch hier die Triebfeder. Besser werden die künftigen, katholisch erzogenen Generationen sein. Was mich anbetrifft, so muss ich hier unter den paar schwarzen und weißen Bengels ein wenig Haus halten, jeden Sonn- und Feiertag nach S ch e l l a l reiten oder fahren und dort die hl. Messe lesen, hie und da einen begraben und nebenbei arabisch studieren. Viel zu leiden hat man jetzt von den verschiedenen Arten von Mücken und Schnacken; auch fingerlange und fingerdicke Scorpione gibt es, die sich nachts hervorwagen und herumkpch'chen; ihr Stich ist giftig, verursacht sehr große Schmerzen und Erbrechen, ja manchmal auch Blutvergiftung. Reißende Thiere gibt es hier keine mit Ausnahme des Berberiners, der mir jüngst einen Zahn und ach wie! gerissen hat und der mir voraussichtlich noch einen zweiten fatalen Besuch wird abstatten müssen; ich habe am helllichten Tag die Sterne gesehen, aber vergessen, sie zu zählen. Also, da wäre ich wieder in Aegypten, in der Mission; von hier weg werde ich wohl später die Reise in den Sudan antreten — oder auch in die Ewigkeit; doch Gott sei Dank, bin ich jetzt noch gesund. — Gar weit bin ich von den lieben Mitbrüdern und Bekannten in Tirol entfernt, durch die Erinnerung aber gar nahe! Ja, sie wirkt tröstend und stärkend in der Ferne: unglücklich wäre ich, könnte ich nicht auf diesen Schwingen, o wie oft, in die liebe Heimat eilen. Ans der Jugendzeit klingt ein Lied mir immerdar, O, wie liegt so weit, was mein, was mein einst war! Was die Schwalbe sang, die den Herbst und Frühling bringt, Ob das Dorf entlang das jetzt noch klingt? O btt Hennatflur, lass zu deinem heil'gen Raum Mich noch einmal nur entflieh'n, entstieh'n im Traum! Als id) Abschied nahm, war die Welt mir voll so sehr, Als id) hierher kam — war alles leer. Aber: Keine Schwalbe bringt dir zurück, wonach bit weinst! Doch die Schwalbe singt — im Dorf wie einst! Nückert. Einen recht herzlichen Gruß an alle Scholastiker, Novizen und Brüder! Missionsfahrlen auf item weiszen Kil. Von Br. Clemens Schrö er, S b. h. H. Das rniffionsfetjiff Rebcmptor. — Abfahrt von Dmber-maii. — Krokodil. — Nilpferd. — vegetation am weißen Nil. Om berm an, Mai 1901. <§>?(§ ich vor 18 Jahren, mit dem Bündel auf dH» i)Cm Rücken und dem Stab in der Hand, in der Minoritenkirche am Grabe des seligen Vaters Kol-ping vom „lieben, alten Köln" (welches ich wie meine zweite Vaterstadt betrachte, da ich in demselben einen großen Theil meiner Jugendzeit verlebte, ein Handwerk und so manches Nützliche erlernte), -mit bewegtem Herzen Abschied nahm, da kamen mir wohl in den Sinn die Verse: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt" usw.; aber ich dachte nicht im mindesten daran, dass ich schon nach einigen Jahren den afrikanischen Boden betreten und den schwarzen Erdtheil durchwandern sollte! Aber Gottes Wege sind wunderbar! Um mich kurz zu fassen, ich ahnte damals nicht, dass mir der liebe Gott die unverdiente Gunst erzeigen würde, mich zu jenem hohen Werke zu berufen, zu dessen Vollbringung Gott selbst, der eingeborene Sohn Gottes, es nicht verschmähte vom Himmel herabzukommen und Mensch zu werden, ich meine das Werk der Erlösung, Seelen für den Himmel zu gewinnen, an jener erhabenen Mission mich unmittelbar zu bcthciligen, welche du, freundlicher Leser, das Glück hast zu fördern durch Gebet und Almosen, es ist „die Bekehrung der armen Neger." Einverleibt einer Abtheilung der Armee des großen Friedensfürstcn, des Eroberers der Herzen, war es schon lange mein sehnlichster Wunsch, unsere armen Schwarzen einmal in ihrer Heimat aufsuchen zu dürfen. Schon längst hatte ich die armen Kinder Chams in Aegypten und weiter hinauf kennen und lieben gelernt und sie von Herzen bemitleidet. Desto mehr drängte es mich, sie einmal in ihren Ländern zu sehen, wo sie noch nicht angesteckt sind von der verderblichen Pest des Islam, um sie dort in ihrem Leben und Treiben betrachten zu dürfen. Nach vieljährigcm Harren wurde mir im Anfange vorigen Jahres der willkommene Auftrag gegeben, im Vereine mit anderen Brüdern unseren Dampfer, der in Theile zerlegt von London kam, nach Chartum resp. Omderman zu begleiten, bei der Zusammenstellung mitzuhelfen und dann als Maschinist die erste Fahrt des „Rcdemptor" mitzumachen! Es würde mich zu weit führen, zu beschreiben, wie wir den Dampfer zusammengebaut haben, und wie die Schweißtropfen auf die vou der tropischen Sonne erhitzten Eisen- oder Stahlplatten herniederrollten. In den Zelten, die uns damals zur Wohnung dienten, hatten wir mitunter bis BO Grad Celsius, also man kann sagen, halbgckocht im Schatten. Welche Wirkungen.erst die senkrechten Sonnenstrahlen (die Sonne passiert nämlich gegen Ende Mai über unsere Köpfe nach Norden), welche an den Metall-gegenständen zurückprallten, ausübten, kann man sich leickit denken, wenn ich sage, dass man die einzelnen Instrumente erst ins Wasser tauchen musste, um sie anfassen zn können. — Nachdem wir den Dampfer fertiggestellt hatten und die Probefahrten gut ausgefallen waren, zimmerten wir noch in aller Eile einen kleinen Kahn zusammen, der den Dampfer begleiten sollte, um uns zu dienen, wo dieser nicht hinreichte, namentlich an den wenig tiefen Stellen des Flusses. Als nun nach Fertigstellung einiger kleiner Arbeiten, die der Ausrüstung des Schiffes noch mangelten, alles bereit war, erwarteten wir mit Ungeduld die Ankunft unseres hochwllrdigsten Bischofs, um aufzubrechen. Endlich kam der ersehnte Zeitpunkt, und wir holten unseren allverchrten apostolischen Vicar mit seiner Begleitung mittels unseres Dampfers in H a l f a i a, gegenüber Chartum, wo die Sudanbahn mündet, ab nach Om der man, wo er von allen Missionsangehörigen, Christen und Freunden, aufs herzlichste empfangen wurde. Nach mehrwöchentlichcm Aufenthalte daselbst, während dessen noch nothwendige Vorbereitungen gemacht wurden, kam endlich der ersehnte Tag der Abreise, der 13. December v. I. Nachmittags 4 Uhr, nachdem unser Dampfer vorher von dem Bischof gesegnet, getauft und ihm der Name „Redcmptor" (Erlöser) gegeben worden war. welcher mit großen Messingbuchstaben an die Fronte geheftet ist, lichteten wir den Anker und dampften unter dem Jubel der zusehenden Menge den weißen Nil hinauf. Auch sah ich wohl hie und da unter den Zurückbleibenden ein trauriges Gcsilt von denen, die auch gerne mitgefahren wären. Aber Geduld bringt Rosen, ein anderes Mal! Behüt euch Gott! Auf glückliches Wiedersehen! Nach und nach verschwanden die Lehmhütten des weit am Flusse ausgedehnten, mir nicht sehr befreundeten und durch die Mahdistcnhcrrschaft so traurig berühmten Omderman, und ich war wirklich Mtssioiisfahrtcn ruf brm weißen Šiit. 39 froh, das Nest einmal im Rücken zu haben. Ein kräftiger Nordwind kam uns zu Hilfe, und es scheint, als habe der liebe Gott unsere Fahrt beschleunigen wollen, um seinen verlassenen Kindern, unseren Brüdern, die frohe Botschaft des Heiles zu bringen. Dass es bei einer solchen Fahrt nicht an Schwierigkeiten fehlt, darauf waren mir gefasst und auch bereit, unser Leben einzusetzen; aber Gott sei Dank, es gieng alles gut, es ereignete sich kein bedeutender Unfall. Das haben wir wohl dem frommen Gebete unserer Wohlthäter und Freunde zu verdanken, besonders aber den hl. Messen, die jeden Morgen vom hochwürdigsten Bischof und den beiden Patres in unserem kleinen Salon gelesen wurden. Gewiss hat unser lieber Heiland vom Schiffe aus die verschiedenen Stämme und Gegenden, die wir passierten, gesegnet und manches Herz vorbereitet zum Empfang der Gnaden, die ihm einstens mittels des Amtes der Missionäre zufließen - sollen Im Anfange bot die Fahrt wenig Neues und Interessantes, die Nilufer sind sehr niedrig und dehnen sich aus in weite Ebene, und ich glaube, während der Regenzeit und bei hohem Wasserstaud gewinnt der Nil streckenweise das Ansehen von großen Seen, hier und da sieht man ein wenig Gesträuch, einige Hügel und hier und da in der Ferne vereinzelte kahle Berge. Am 14. nachmittags in Gitc ne angelangt, kauften wir Getreide (Dura) ein für die Schiffsmannschaft, um sich ihr Brot zu backen, Doka genannt, das ungefähr so aussieht, wie bei uns die Buchweizcnpfannkuchcn, nur etwas dünner imb auch von anderem Geschmack. Hier gibt es leider noch viele Sclaven, was ganz natürlich ist, da die Bevölkerung muselmännisch ist. Nachdem wir am 16. D ucm passierten, welches eine Militär-station ist und von wo auch Karawanen nach Kor-dofan gehen, und dann etwas weiter hinauf Holz gehauen hatten züm Heizen, kam für mich etwas Neues. Auf einmal hieß es bei den Matrosen: „Basch-Mohandes!" (DaS ist der Titel, den man hier den Maschinisten gibt.) „Was gibt's?" „Oho Grinti, schuff Tomsah!" Zum erstenmale sah ich diese beiden Nilbewohner, „Nilpferd und Krokodil", in ihrer Heimat, in ihrem Elemente, dem Wasser, sich herum-tummcln. Mancher von unseren Lesern wird wohl schon diese Ungeheuer in einem zoologischen Garten oder in einer Menagerie gesehen haben. Wenn ich früher im Museum zu Köln oder anderen Städten die Werke der alten Meister betrachtete, da dachte ich mir, wo mögen dieselben ivohl das Modell gefunden haben für die Drachen, die doch nicht existieren, trotz der Sage des Drachenfelsens? Zu- dein wurde mir im Zeichenunterricht in der Stillchre gesagt, dass der Mensch die Formen, Urbilder usw. aus der Natur genommen habe, wenigstens die ersten Elemente, um sich in der Architektur in den Künsten heranzubilden und zu entwickeln. Wenn nun so ein Krokodil noch Flügel hätte, dann märe es wirklich ein Drache, ein wahres Bild des Teufels, so feige und so heimtückisch rote dieser. Doch, Gott sei Dank, dass er ihm in der Schöpfung keine Flügel gegeben hatte, sonst wäre es schrcckenerregcnd, nun aber ist es nur im Wasser zu fürchten. Wenn es auf den Sandbänken mit dem Schweife wedelnd stolz einherspaziert oder am Ufer mit aufgesperrtem Rachen schläft, da ist es nicht gefährlich und beiur geringsten Geräusch stürzt es sich in die Tiefe, ins Wasser. Es hat sogar seine Wächter, kleine Vögel, die es beim Herannahen von irgend etwas durch ihr Geschrei aufwecken, und so habe ich, mich niemals auf die Distanz von 10 Metern nähern können, da tvar es auch schon verschivunden. Gefährlich kann es jedoch werden für die Unbehutsamen, sei es, dass jemand ein Bad nehmen wollte oder sonstwie. Wenn z. B. die Herden getränkt werden oder ant Ufer weiden, so kommt es vor, dass so ein Ungeheuer aus dem Wasser hervorschnellt, einen Ziegenbock oder Schaf beim Kragen nimmt, mit der Beute verschwindet und dieselbe hernach an einem anderen Orte vertilgt. Leider sind auf diese Weise auch Verluste an Menschenleben zu beklagen, wofür ich einen Vorfall aufllhrcn möchte. Als wir uns bei den Schillttk aufhielten, käm eines Tages der Scheich eines Dorfes herangestürzt und bat uns, seine Frau zu retten, die beim Wasscrschöpfen von einem Krokodil ergriffen worden war, oder doch wenigstens ihren Leichnam zu fischen, um ihn begraben zu können. Blau sieht hieraus, dass es unrichtig ist, wenn behauptet wird, dass die Schilluk ihre Todten einfach in den Nil werfen. In aller Eile waren einige Matrosen int Nachen, mit Gewehren, Haken re. bewaffnet und ruderten unter Führung des bedauernswerten Familienvaters zur Unglücksstätte. Aber trotz eifrigen Suchcns tvar leider keine Spur von der armen Frau oder dem Ungethüm zu finden, nur die Trümmer der „Borma", die zum Wasser-trtlgcn diente, waren noch da. (Man sagt, dass das Krokodil sich mit feiner Beute zwischen den Krallen in der Tiefe versteckt halte und an einem sicheren Ort in der Nacht herauskomme, sein Opfer zu verspeisen. Ich weiß aber nicht, ob cS wahr ist, es hat etivaS Wahrscheinliches an sich.) Für dieses Mal gelang es uns nicht, betn Unhold zu Leibe zu rücken, andere Male hattet! wir mehr Glück, wovon ich in Kürze eine Episode erzählen möchte. 40 Missivusfahxtcu o»f dem weißen Nil. Während der Dampfer im Marsche ivar, gab eines Tages ein Heizer einen Schuss mit einem Remington-Gewehr ans ein am Ufer sich sonnendes Krokodil ab und verwundete cs am Halse, so dass cs betäubt und wie todt liegen blieb. Durch Erfahrung gewitzigt, hüteten wir uns, einen zweiten Schuss abzugeben, sonst hätten wir das Unthier ans j seiner Betäubung geweckt, und cs wäre entkommen, wie cs uns in der That zu verschiedenen Malen passiert ist. Sondern es hieß sogleich „Halt!" Die Maschine stand still, und im Nu'sprangen wir ans Land, mit Aexten, Haken, Stangen und Seilen versehen, um das 3 Meter lange Thier zu packen. Die Matrosen schlugen cs mit Aexten ins Genick, und doch wäre es uns beinahe noch entschlüpft, wenn nicht ein kühner Matrose cs beim Schwänze gefasst und mit Hilfe der anderen wieder aus dem Wasser gezogen hätte. Sodann wurden ihm das Maul und die Füße gebunden, unter allgemeinem Halloh ans Schiff geschleppt und mittels eines Flaschenzuges aus unsere große Barke hinaufgezogen. Am Tage darauf, es war Sonn- und Ruhetag, machten sich unsere Leute von dem dicken, fetten Thiere, das trotz der vielen Hiebe, welche cs bekommen hatte, und einer tellergroßen Wunde im Genick noch nicht todt war (woraus man sieht, welch ein zähes Leben diese Thiere haben), einen fetten Schmaus. Ich habe es mir nicht versagen können, ein gebratenes Stück von demselben zu versuchen und sehr schmackhaft gefunden, besser als die Fische. Ich sagte noch: „Bevor mich diese Ungeheuer fressen, will ich doch mal versuchen, wie sie schmecken." Tie Haut wurde sodann getrocknet in der Sonne, um als Siegestrophäe bei der Rückreise zu dienen. Auch von den Eiern der Krokodile habe ich gegessen, dieselben aber nicht sehr schmackhaft gefunden. Sie sind ungefähr so groß, wie die Gänseeier, nur etwas länglicher. Das Weibchen legt deren ca. 50—60 und verscharrt sie in den Sand, wo sie dann von der Sonne ausgebrütet werden, wenn nicht die Neger, welche den Fußstapfcn nachfolgen, sie auffinden und wegnehmen. Was das Nilpferd anbelangt, so weiß ich nicht, weshalb man ihm eigentlich diesen Namen gegeben hat. Das Profil seines Kopfes, von der Seite gesehen, hat allerdings einige Aehnlichkeit mit dem eines Pferdes, sonst aber in keiner Weise. Sein Maul vorne breit, in der Mitte eng, endet in einen dicken Schädel, wozu noch zwei kleine Ohren kommen. Seine niedrigen, plumpen Beine mit vier Klauen, der fast kugelrunde, dicke Bauch mit einem kleinen Schwänze, ist das Ganze ein Koloss, in dessen 2 bis 3 Centimeter dicken Haut wohl 2 bis 3 Ochsen Platz haben. Man kann es mit keinem anderen Thiere vergleichen, und ich möchte ihm den Namen „Riesenschwein" geben. Seine beiden unteren Zähne haben die Form eines Halbkreises, variieren in der Länge zwischen 15—80 Centimeter, wenigstens haben wir solche gesammelt, je nach dem Älter, wovon zwei Drittel im Fleisch stecken. Sie sind, wie auch die beiden geraden Obcrzähnc, welche kürzer sind, wie Elfenbein, sollen aber an Güte diesem weit nachstehen. Die Nilpferde sind ausgezeichnete Schwimmer und konnten, wie einige berichten, gefährlich sein, was ich nicht bezeugen kann, da ich stets gesehen habe, daß sic vor einem Schuss erschreckt Reißaus nehmen. Einmal sahen wir fünf Prachtexemplare in der Nähe am Ufer weiden. Wir waren schon auf betn Wege sic zu besichtigen, sahen Mssiousfahrten mis bent weiten Nil. 41 aber, wie sie beim Herannahen von wasserholendcn Frauen sich sogleich ins Wasser stürzten. Nur ein einziges Mal haben wir beobachtet, dass Schilluk, welche in ihren Canoes auf sie Jagd machten, von ihnen verfolgt wurden. Doch genug davon, kehren wir zu unserer Reise zurück. Am 17. kamen wir abends in Kana an, in schöner Lage am rechten etwas erhöhten Ufer. Es ist der Sitz eines Mamurs, der uns ans dem Schiffe besuchte. Hier ist ein ziemlich belebter Handelsplatz. Unser Schiffskoch machte auch seinen Einkauf, der in einem Sacke Zwiebeln und Datteln bestand. Wir trafen hier auch einen Deutschen aus Ulm, der ohne Geld, ohne Mittel über Faschoda nach Deutsch-Ostafrika gehen wollte; sonderbares Unternehmen! — Am 18. landeten wir an der Insel Aba, wohl die größte unter den zahlreichen Inseln des Nil, wenigstens bis hier. Sic ist berühmt durch den Mahdi, der sich hier einige Jahre lang aufhielt und durch ein sogenanntes Eremitenleben ans sein falsches Prophetenamt und seine Teufelsmission vorbereitet hat. Die ca. 26 Meilen lange Insel ist reich bewaldet und belebt von Vögeln aller Art, Gänsen, Enten, Perlhühnern usw.; besonders reizend war cs, den Affen zuzuschauen, die hier in Menge herumtanzten und in den Bäumen herumkletterten. Es ist doch ein großer Unterschied, diese Thiere, wie auch alle anderen, in ihrer Heimat, in ihrer freien Bewegung zu sehe» statt in einem Käfig. Wir fanden gutes Holz zum Heizen, den Sunt-Baum, so hart wie Knochen, seine Farbe ist dem Pflaumenbaum oder Palisander ähnlich. Er steht an Wärmeerzeugung den Kohlen wenig nach und werden aus demselben hier meistens die Barken, große Nachen, gemacht, die sehr dauerhaft sind. Wir fanden auch Bäume, schwarz wie Ebenholz, es soll aber nicht dieses sein, sondern nur verwandt in der Gattung. Ein so gutes Brennmaterial trafen wir weiter hinauf nicht mehr. Etwa 3 Stunden weiter auf der Insel kamen wir an in Chema, auch Hollet-Abbas genannt, dem Besitze des Chcdiven Abbas II., wo wir noch etwas Gemüse einkaufen konnten; später gab es nichts mehr, auch nicht für gutes Geld. Jetzt wurden die Inseln immer zahlreicher, das Gras schießt mannshoch und noch höher hinauf, weshalb man sich nur mit vieler Mühe einen Weg hindurchbahnen kann. An den Ufern entlang im Wasser steht mächtig der Papirus, Ambasch, Schilfrohr und Wasserpflanzen verschiedenster Art im üppigsten Grün; wir haben die Höhe dieser Pflanzen mitunter 4 bis 5 Meter und höher geschätzt. Dann hatten wir auch mit vielen ungebetenen Gästen zu thun, die uns Tag und Nacht keine Ruhe ließen. Bei Tag waren es große Fliegen, wie bei uns die Thierfliegen oder Bremsen. Diese kommen so unvermerkt und zeitweise auch in großer Anzahl, dass man, ohne nur daran zu denken, auch schon den Stich davon hat und das Blut herunterrinnt. Sie stechen sogar durch die Kleider hindurch; so unverschämte Jnsecten habe ich noch nicht gesehen. Des Nachts plagten einen die Zansaren (Stechmücken), welche dort, wo die Ufer grün sind, in Menge hausen. Abends, wenn wir ankerten, wollte ich mich mitunter ein wenig ergehen in dem grünen Grase, aber ich war stets gezwungen, sofort „Kehrt" zu machen; denn von allen Seiten stürzten die Blutsauger auf mich, als wenn ich in ein Wespennest gerathen wäre. Auf dem Dampfer kann man sich doch noch ein wenig schützen, mitunter habe ich mir aus Noth (denn ich thue es sonst nicht) eine Pfeife anzünden müssen, um durch den Dampf mir die kleinen Quälgeister vom Leibe zu halten. Deshalb sieht man überall Feuer angezündet, um das hohe Gras, das vom Vieh nicht mehr gefressen wird, zu verbrennen und damit die lästigen Jnsecten zu vertilgen. Diese Feuer, in dessen Rauchwolken die Geier und andere Vögel in Menge kreisen, gewähren besonders Abends einen schönen, herrlichen Anblick. Bei Tag ist der sonst so klare Himmel mitunter ganz trüb wegen des Rauches dieser vielen Brände. Am 20. passierten wir den Gebel-Ain, eine kleine Bergkette am rechten User, wo auch die letzte Telegraphenstation ist. Die Ufer sind bewaldet, mitunter trifft man auch einen kleinen Hain von Dnm-palmcn. Diese ist ähnlich der Dattelpalme, nur theilt sich ihr Stamm zum Gegensatze von dieser oben in zwei oder mehrere Theile und große dreiviertel kreisrunde Blätter. Ihre Frucht ist eine ungefähr hühnereigroße Kastanie, dunkelroth, jedoch kann man, dieser entgegengesetzt, nur die dünne Schale genießen; der große Kern ist nicht genießbar, man könnte ans ihm eher einen Pfeifenkopf machen, so hart ist er. Das Holz der Dum- wie auch der Dattelpalme ist kein Nutzholz, cs ist wie aneinander-gereihte lange Röhrchen. Es wird jedoch zu Tragbalken verwendet, zu welchem Zwecke es gut sein soll, da es nicht leicht vom Wurme oder den weißen Ameisen zerstört wird, welche letztere namentlich dem Holze sehr schädlich sind. In einer von unseren früheren Stationen ist auS dem Grunde das Gebäude ganz verfallen, weil die weißen Ameisen, die in der Erde versteckt sind, sich Gänge an und in den Lehmmaucrn hinauf machten und unvermerkt alles Gebälk zerstörten, daher sollten die Häuser aus Stein oder gebrannten Ziegeln gebaut und mit Kalkmörtel verbunden werden. (Fortsetzung folgt,) Aus Dmöerman-Ehavlum. finem Briefe von Dmberman, 28. December e1901 des bekannten Tiroler Missionärs P. 0 h r-raalbcr entnehmen wir Folgendes: ... Ich bin nun schon einen Monat hier. Da der Bischof cs mir und P. Banholzer freistellte, wer von uns beiden sich der Nilfahrt anschließen wollte, so blieb ich zurück. Sie werden jedenfalls bereits erfahren haben, dass der B'-schos nach reiflicher Erwägung aller Umstände sich entschloss, vorerst von der Vergrößerung der Station Lull im Lande der Schilluk abzusehen und nach Süden zu ziehen. In diesem Plane wurde er bestärkt durch die Mittheilungen eines Reisenden, der von dorten kam und die Verhältnisse äußerst günstig darstellte. . . . Gestern erhielt ich einen Brief von Ta ufikia. An Bord des Redemptor ist alles wohl und gesund. Der Bischof hat das ganze Personal von Lull, das sich in bester Verfassung befand, mit auf den Weg genommen. Die Expedition besteht demnach aus einem Bischof, drei Priestern, vier Brüdern und zwei Buben. Anfangs December hatten wir hier den Vice-König auf Besuch. Die Beschreibung der Feierlich- Tm Rose der missionsstation Omderman. {'eit würde mich zu weit führen, daher will ich sie „telegraphieren": „Großes afrikanisches Fest — Festessen — Truppenschau — Feuerwerke — Triumpfbogcn — Tänze wilder Neger — Alles großartig und gut abgegangen." Charta m schreitet mit Riesenschritten voran. Jeden Sonn- und Feiertag gehe ich dahin, um die hl. Messe zu lesen. Gegen 6 Uhr reite ich von Hause fort und erreiche in einer halben Stunde den Nil. In 15 bis 20 Min. fahre ich über den Fluss und gelange sodann in etiva s/4 Stunden nach C har-t u m. Meine Gemeinde besteht gegenwärtig aus 40—50 Personen I darunter einige 20 englische Soldaten. In Omderman selbst ist P. Huber „Stadtpfarrcr". Es gibt da bereits gegen 400 Katholiken, die 'einen stetigen Zuwachs erhalten. Viele Familien kommen aus Aleppo an. Meine Beschäftigungen sind wie immer. Einige Stunden Schule halten, die Besuche empfangen, Kranken- und ändere Besuche machen, hier Empfehlungen ausstellen, dort Streite schlichten, diesem eine Stelle sichern, jenem den Gehalt aufbessern usw. (Ein merkwürdiger Vogel Afrikas. er merkwürdigste Vogel in betn an Seltenheiten und überraschenden Erscheinungen aus dem Thier-uud Pflauzculebcn so reichen Afrika ist der Balae-niceps rex. Erst im Jahre 1850 kamen die ersten Bälge von ihm »ach Europa. Allen Naturforscher» erschien eS wunderbar, dass ein vier Fuß hoher Vogel von derart auffälliger Gestalt solange unbekannt bleibe» konnte. Sie wusste» aber nicht, dass seine Heimat sich auf ein engbcgrcuztes Gebiet beschränkt, tvelchcs er nie zu überschreiten scheint. Nur der mittlere Bahr-el-Gebel, d. h. Bergstrom, wie der obere Nil genannt wird, und sein größter Zufluss, der Gazellenfluss, beherbergen die Brutstätte des Balae-niceps. Hier stolziert er am Ufer und im hohen Sumpfgras herum und fischt mit seinem breiten Schnabel im Schlamme des Ufersaumes. Gewöhnlich gewahrt man die Vögel vereinzelt in beschaulicher Stellung, den breiten Schnabel auf de» Kropf gelegt, im Grase stehen, und in einer ganz eigenthümlichen Stellung. Gerne postiert er sich auf die Termitenhügel, welche das Gras um einige Fuß überragen. Der colossale Kopf, von den Grasspitzeu kaum verdeckt, verräth sofort den Standort des Vogels. Als Dr. Schweinfurth auf seiner centralafrikanischen Forschungsreise den Nil hinauffuhr, gewahrte er bei der Einmündung des Gazellenflusses zum ersten Male eine Anzahl dieser interessanten Vögel. Er war auch so glücklich, das erste Stück, welches sich ihm zeigte, nur wenig verletzt durch eine Kugel in den Rücken zu erlegen: seine Flügel hatten eine Spannweite von 2,62 m. Ein ziveiter ebenfalls getroffener Vogel konnte von den zu seiner Verfolgung ausgesandtcn Nubiern nicht erwischt werden. Bei der Rückfahrt empfieng ihn an derselben Stelle der Riesenvogel Balaeniceps rex wiederum wie eine Wache auf dem Termiten-hügcl aufgestellt, als hätte er> sich während der zweieinhalbjährigen Abwesenheit des Forschers nicht vom Fleck gerührt. Seinen wissenschaftlichen Namen «Balaeniceps rex», d. h. „Walfischkopf König", hat der Vogel bekommen von der verhältnismäßigen Größe seines Kopfes. Die Araber nennen ihn Abu-Markub, d. h. Vater des Pantoffels, weil sein Schnabel mit dem Pantoffel große Aehnlichkeit hat. Die allgemeinen Merkmale stellen ihn im System zwischen die Pelikane und Reiher. Die Beine gleichen vollkommen deiteu des Marabu. Der Balaeniceps knackt mit dem Schnabel und kann klappern ivie ein Storch. Die ausgewachsenen Exemplare haben nie einen regelrecht gebildeten Schnabel. Die beiden Hälften klaffen, da sie infolge beständigen KlappernS ganz schief werden. Die Farbe des Gefieders ist zur Winterszeit ein einförmiges Graubraun, die Schwungfedern sind schwarz. Im Fluge erscheint er schwerfällig und trägt den unförmigen Kopf auf angezogenem Halse wie ein Reiher. Er nistet zur Regenzeit und zwar immer in der Nähe des offenen Wassers, wo er sich ein großes Nest aus zusammengehäuften Ambatschschäften herstellt. Einen eigenthümlichen Nutzen des sonderbaren Vogels hat Dr. Junker auf seinen Reisen int Gebiete des Gazellenstromes kennen gelernt. In der Meschra Rek, einem Hafen am Unterlaufe des Gazellcnflusses, wo sich die arabischen Elfenbein- und Selavenkarawancu gewöhnlich verpflegten, bevor sie ins Innere aufbrachen, hatte er mehrere Exemplare des Balaeniceps rex erhalten, darunter auch einen lebend gefangenen, den er auf seiner Weiterreise mitnahm. In der Folge biente er ihm als Polizei gegen die räuberischen Affen. Diese waren in den Urwäldern des innern Afrika, der Heimat des großen menschenähnlichen Affen, des Schimpansen, manchmal in einer Weise frech aufdringlich, dass die Reisenden vor ihnen den Rückzug antreten mussten und sich mehrmals gezwungen sahen, ihr Mittagessen den Affen zu überlassen. Vor dem seltsamen, klappernden Vogel aber hatten die Schimpanse eine solch' abergläubische Scheu, dass man schließlich nur den Abu-Markub neben den Tisch zu stellen brauchte, und kein Affe kam mehr in die Nähe. Das Bauchen bei öen Negern. °5)fYon allen Culturpflanzen der Neger beansprucht der Tabak das größte Interesse, denn die Pflege und der Gebrauch desselben enthält ein ziemlich umfassendes Bild der Sitten und Culturanlagen des Negers. Es herrscht vielfach die Ansicht, dass sich der dunkle Welttheil gegen alle Culturbestrebungen der civilisicrtcn Welt stets eigenwillig abgeschlossen und von der Berührung mit gebildeten Leuten keinen Vortheil gezogen habe. Daraus wollte man den Schluss ableiten, die Neger besäßen für die Bildung und den Fortschritt keinen Sinn, ja nicht einmal Anlagen dazu. Daher werde es nie gelingen, sie zur christlichen Bildungsstufe emporzuheben. Geschichte und Erfahrung beweist aber das gerade Gegentheil. Tie Geschichte zeigt uns, dass sich einst im Norden Afrikas hochentwickelte Reiche befanden, die sich tief ins Innere Afrikas hinein erstreckten. Am Zusammenflüsse von Nil und Atbara in Nubien, da wo sich jetzt nur noch von Beduinen durchkreuzte Sandwüsten erstrecken, befand sich ehemals das berühmte Reich von Meros, das hinsichtlich seiner Cultur mit dem so hochentwickelten Aegypten wetteiferte. Und die Erfahrung lehrt, dass die Neger kein conservatives Volk sind, das wie die Chinesen am Althergebrachten hartnäckig festhielte und gegen alles Neue und Fremde sich vollkommen abschlösse. Vielmehr zeigt der Neger eine scharfe Beobachtungsgabe und einen starken Nachahmungstrieb. Er besitzt die natürliche Neigung, sich alles Fremde gleich anzueignen und legt die seit „Großvaters Zeiten" bestehenden Einrichtungen ohne Schwierigkeiten zu dem Krempel in der Rumpelkammer. Während der Chinese überall seinen Zopf mitträgt, setzt sich der Neger unter den Muselmännern ebenso gleichgiltig den Fez und den Turban auf, wie unter den Europäern den Hut. Nicht der Charakter der Araber und der Neger ist die Ursache, dass Afrika von den Einwirkungen der europäischen Cultur bisher so wenig beeinflusst wurde, sondern nebst den vielen ungünstigen geographischen und klimatischen Verhältnissen, die in früheren Jahrhunderten den Verkehr mit Afrika erschwerten und unmöglich machten, vor allem der Islam. Derselbe hatte sich frühe schon den nördlichen Theil des schwarzen Erdthciles erobert und sich wie eine Mauer zwischen die christliche Bildung und Gesittung in Europa und die heidnischen Negerstämme in Afrika geschoben. Erst in unmittelbare Berührung mit der europäischen Cultur und der Erfolg dieser Einwirkung bleibt eben noch abzuwarten. Früher wurde der ganze Verkehr durch den culturfeindlichcn Islam vermittelt, der die angrenzenden Negervölker durch seine unsittliche Lehre ansteckte oder durch die Sclavcrei ausrottete. Was heute Afrika wäre, falls cs nicht Jahrhunderte lang unter dem drückenden, hemmenden Einfluss des Islam gestanden, lässt sich aus den wenigen Spuren der Cultur ahnen, die er zu den Negern hat durchsickern lassen. Zu unseren allgemeinsten Culturbedürfnissen gehört das Rauchen des Tabakes. Gegen diese Liebhaberei hat nun der doch sonst gegen alles Nene und Fremdländische so abgeschlossene Islam sich nicht ablehnend gezeigt und auch die angrenzenden Negervölker davon nicht abgehalten. Heutzutage gehört die Pstege und der Gebrauch des Tabaks in ganz Afrika, auch im tiefsten Innern, wo sich sonst keine Spur vom Islam und von der europäischen Cultur findet, zur allgemeinen Volkssitte, und die Eingeborenen entwickeln vielfach nicht wenig Kunstsinn und Geschmack bei der Anfertigung von Pfeifen und bei der Art und Weise des Rauchens. Bemerkenswert ist auch, dass die Negervölker, sofern sie vom Islam noch unberührt geblieben sind, den Tabak durchgängig rauchen, während die Mohammedaner das Kauen des Blattes häufig dem Pfeifenrauchen vorziehen. In ganz Afrika ist der Anbau der zwei Tabaksarten verbreitet, die auch bei uns aus der großen Mannigfaltigkeit besonders hervorstechen: der virginische Tabak (Nicotiana Tabacum) und der Bauerntabak (Nicotiana rustica). Von der erstgenannten Art ist es so gut als gewiss, dass sie erst in den wenigen Jahrhunderten seit der Entdeckung Amerikas ihren Weg nach der alten Welt gefunden hat. ©ein Gewächs hat wie dieses alle Schranken zu überwinden gewusst, welche sich seiner Verbreitung entgegenstellten, und man muss staunen, dass selbst Afrika, dieser mächtige Coloss, trotz aller Verschlossenheit gegen Culturbestrebungen jeglicher Art, den vir-ginischen Tabak bis zu seinem innersten Herzen hat vordringen lassen. Sehr bezeichnend für den fremdländischen Ursprung des virginischen Tabaks in Mittelasrika ist der Umstand, dass fast alle Völker vom Niger bis zum Nil kein eigenes. Wort in ihrer Sprache aufzuweisen in den letzten Decennien kamen die heidnischen Neger | haben, um diese Pflanze zu bezeichnen. „In de» Das Rauchen bei den Negerin 45 von mir bereisten Gebieten," schreibt Dr. Schwcin-furth, „sind die Niam-Niam die einzigen, welche hievon eine Ausnahme machen, indem sie den Tabak „Gundeh" nennen, allein die Monbuttu, welche gleichfalls nur den virginischen Tabak cnlti-vieren und den Baucrntabak ebensowenig zu kennen scheinen als die Niam-Niam, nennen ihn «E-Tabu». Bei den übrigen Völkern dieses Theiles von Ccntral-afrika drehen sich alle Namen um die Wurzelsilbe Tab», «Tabba», «Tab-dilh», «Tarn». Eine Eigenthümlichkeit des virginischen Tabaks in diesen Ländern besteht in der geringen Höhe, die nur selten 11/2 Fuß übersteigt, seinen spannenlangen Blattern und stets weißen Blüten. Bereits in Aegyp-ten bildet der vir-ginische Tabak kaum handgroße Blätter; in den Negerländern bleibt das ganze Ge-ivächs vollends zwerghaft. Diese Verkrüppelung ist aber nicht dem Klima und den Bodenverhältnissen, sondern der mangelhaften Pflege zuzuschreiben. Dr. Schweinfnrth hat sich in seinem Aufenthaltsorte in der Seribe Chattas im Lande Djur, worin cru.a. auchTabakaus Maryland pflanzte, davon selbst überzeugt; derselbe gedieh zur riesigen Größe, so dass der Forscher viele Centner davon ernten und sich den nöthigen Vorrath an Cigarren aus den großen Blättern drehen konnte. Die Neger säen den Tabak unter einem Schattendach aus, bevor sie ihn verpflanzen, beim der Same verträgt in Contralafrika nicht die Sonnenglut der Mittagszeit und erstirbt unfehlbar infolge der zeitweiligen Ansdörrung an der Oberfläche des Bodens. Auch Würmer und riesige Tausendfüße von der Dicke und Länge eines Fingers bereiten den keimenden Pflanzen manche Gefahren. Ob auch der Banerntabak amerikanischen Ursprungs ist, erscheint noch als eine offene Frage, da mehrere Völker Centralafrikas diese Art mit einem eigenen Namen bezeichnen. Bei den Bongo heißt er „Maschir" im Gegensatz zum „Tabba". Gleichfalls von geringerer Größe als dieselbe europäische Art, ist er durch eine außerordentliche Schärfe des Geschmackes und einen starken Geruch ausgezeichnet. Schon Barth hat die Vermuthung ausgesprochen, dass der Tabak in Logane (Musgu) an der südlichen Küste des Tschadsees einheimisch sei. Jedenfalls aber haben die Afrikaner an Erfindungsgabe, die verschiedensten Ranchapparate herzustellen, angefangen von den einfachsten bis hinauf zu den zusammengesetztesten, alle andere» Völker übertroffen, und so liegt die Vermuthung nahe, dass sie vielleicht nur ans dem Grunde die schnelle Verbreitung des ausländischen Gewächses begünstigten, weil bei ihnen der Bauerntabak als einheimisches Geivächs oder ein anderes Kraut, das als Reizmittel diente, bereits zum Rauchen verwendet worden war. Dem steht nun allerdings entgegen, dass man ans den Denkmälern der alten Aegypter bis ans den heutigen Tag nicht die geringste Inschrift oder Abbildung gefunden hat, die eine Deutung zuließe, um einen solchen Gebrauch bei den damals bekannten Völkern für wirklich zu halten. Das muss umsomehr ins Gewicht fallen, da die ägyptischen Ueberlieferungen sich doch sonst auf alle Kleinigkeiten des häuslichen Lebens erstrecken. 46 Das Rauchen Es bleibt also am wahrscheinlichsten, dass die Afrikaner den Gebrauch des Tabaks von den Mohammedanern gelernt und sich gegenseitig mitgetheilt haben, ohne dass daS Vorhandensein des einheimischen Tabaks bei der Aneignung dieser Gepflogenheit von Einfluss gewesen wäre. Diese Annahme wird noch bestärkt durch die Thatsache, dass die Niam-Niam und ihre Nachbarn, die Mon-buttu, gute Tabakraucher sind, obwohl der Bancrntabak bei ihnen nicht vorkommt und die arabischen Sclavenhändlcr erst in den sechziger Jahren bis zu ihnen vorgedrungen sind. Bei dem schönen und auf einer für die afrikanischen Verhältnisse überraschend hohen Stufe äußerer Cultur stehenden Stamme der Monbuttu bildet der vir-ginische Tabak den Hauptgegenstand des Ackerbaues. Die Männer beschäftigen sich allerdings weniger mit dem Anbau als mit dem Rauchen. Während ihren Weibern die Bestellung des Bodens und die Her-richtung des Eingeernteten zufällt, verbringen sie, falls sie nicht durch Jagd und Krieg vom Hause ferngehalten werden, ihre Tage in Müßiggang. Von früher Morgenstunde an findet man sie in behäbiger Ruhe auf ihren schönen Raphiabünken und im Schatten der Oelpalmen vergnüglich sitzen und Tabak rauchen, wobei sie die Beine weit vor sich hinstrecken und sich mit einem Arm auf das als Lehne dienende Holzgestell stützen. Pfeifenköpfe, auf welche andere Völker so viel Sorgfalt verwenden, sind bei den Monbuttu nicht im Gebrauch, da der virginische Tabak aus einem Apparate höchst einfacher Art geraucht wird. Man nimmt die Mittelrippe eines Bananenblattes, durchbohrt sie der Länge nach, macht am dickern untern Ende derselben einen Einschnitt, der das durchbohrte Innere freilegt, und das Rohr ist fertig. Hierauf steckt man eine mit Tabak angefüllte Düte, die aus einem Blatte derselben Pflanze hergestellt wird, in den Einschnitt, und die ganze Pfeife ist fertig; ist die Pfeife ausgeraucht, so wirft man die Düte weg und setzt eine neue an ihre Stelle. Auf diese Weise zerbricht kein Pfeifenkopf und die Pfeife selbst verrichtet vollständig die Dienste eines kostbaren Nargileh. Derartige Pfeifen sind bei den Monbuttu in so hohem Grade beliebt, dass Vornehme sogar aus Eisen und Kupfer dieselben nachformen lassen, der Tabaksdüte aber immer den Vorzug vor einem anderen Pfeifenkopf geben. Dr. Schweinfurth hatte beim König Munsa der Monbuttu eine feierliche Audienz. Unter anderem beschreibt er auch die Art und Weise, wie der König dabei geraucht hat. „Nach einiger Zeit," schreibt er, „griff Munsa zu den bereit liegenden Erfrischungen. bei den Negern Diese bestanden in unkenntlichen, auf Laubblätter gehäuften Breiklumpen von Bananenmchl und Tapioca getrockneten Bananen und einer Frucht, die ich zu meiner llebcrraschung sofort als die vielgepriesene Colanuss des Westens erkannte. Munsa schnitt sich von den rosaschaligen Kernen einige Stückchen ab und kaute daran in den Zwischenpausen nach jeder Pfeife Tabak, die ihm ein in seiner Nähe aufgestellter eigens mit diesem Dienste betrauter Tschibcktschak in Gestalt eines 6 Fuß langen Eisenrohres reichte. Sehr bemerkenswert erschien mir die Art und Weise, wie Munsa rauchte. Zunächst brachte der König sich in eine richtige Positur, er warf sich weit nach hinten zurück, stützte den rechten Ellbogen auf die Armlehne, schlug ein Knie über das andere und ergriff bann mit der Linken das Rohr. In dieser stolzen Attitude that er bedächtig einen einzigen langen Zug, gab ebenso stolz und gelassen die Pfeife zurück und ließ dann den Rauch langsam aus dem Munde gleiten. Es ist eine Gewohnheit aller vornehmen Türken, nie mehr als einige wenige Züge aus der dargereichten Pfeife zu thun ; wer hatte, musste ich wieder fragen, den Kannibalen diese seine Sitte gelehrt?" Auch bei den Niam-Niam, den nordwestlichen Nachbarn der Monbuttu, ist das Tabakrauchen allgemein im Gebrauche. Sie schmauchen den Tabak aus kurzen Thonpfeifen von eigenthümlicher Gestalt ohne Rohr. Das Kauen ist ihnen, wie überhaupt allen Negervölkern, die vom Islam noch unberührt geblieben sind, unbekannt. Das muntere Völklein der Bongo, welches dem Tanze und der Musik leidenschaftlich ergeben ist, liebt auch das Rauchen über alle Maßen. Tabak ist den Bongo ein unentbehrliches Reizmittel und wird überall angebaut. Die Maschir genannte Art (Ni-cotiana rustica) ist durch einen außerordentlich scharfen Geschmack ausgezeichnet. Die kleinen, dicken Blätter werden in Gestalt fester Kuchen in Mörser zusammcngestampft, in Formen gepresst und getrocknet. Davon bröckelt man sich nach Belieben ab, zerreibt die Masse zwischen Steinen und raucht aus langröhrigen Pfeifen. Bemerkenswert sind hier die thönernen Pfeifenköpfe, auf welche der größte Fleiß verwendet wird. Nicht selten sieht man dieselben ganz nach europäischer Art in Gestalt eines menschlichen Kopfes geschnitten. Ein solches Stück wird alsdann als Meisterwerk der Kunst geschätzt und ist von dem auf seinen Besitz stolzen Inhaber um keinen Preis zu erstehen. Die Pfeifenröhrcn werden aus dem unserer Trauerweide ähnlichen Baume Tianea aelhiopica verfertigt, der sich auch in unseren Gewächshäusern einzubürgern beginnt. 47 Ein Götzenhof Die Leidenschaftlichkeit der Bongo im Rauchen geht häufig so weit, dass ihnen nur eine völlig sinnlose Betäubung Genuss zu verschaffen scheint. Ein solcher Fall, der den hohen Grad einer derartigen Tabaks-narcose beweist, ereignete sich während eines Marsches des Dr. Schweiufurth. Ein Bongo hatte solche Massen des scharfen Rauches cingesogcn, dass er betäubt und durchaus gefühllos in das Lagerfeuer taumelte, aus welchem er schwerverletzt durch Brandwunden herausgezogen wurde, so dass ihn seine Kameraden den ganzen weiten Weg ans einer Bahre weiter zu schaffen hatten, bis das Ziel der Wanderung erreicht war. Die Art der Bongo zu rauchen gewährt aber einen höchst widerivärtigen Eindruck. Die gemeinschaftliche Pfeife wandert von Hand zu Hand und, um die fetten Oele aufzufangen, bringt man vor ein Rohr einen feinen Bastkuäucl an. Derselbe wird aber nicht in das erweiterte Pfeifenrohr gesteckt, wie bei den Diuka, sondern einfach in den Mund des Rauchenden. Zusammen mit der Pfeife macht dann auch dieser Bastknüucl die Runde und wandert aus einem Mund in den andern. Die Bongo kauen auch leidenschaftlich Tabak mit Asche vermischt, gerade so, wie die mohammedanischen Bewohner Nubiens. Wahrcheinlich haben sie diese in Westafrika. Unsitte ihren mohammedanischen Bedrückern abgelernt, die sich früher unter ihnen festgesetzt und durch Sclavenraub und Sclavenhandel das muntere und fleißige, ungewöhnlich geistesbegabtc und culturfähige Volk in wenigen Jahren fast ausgerottet haben. Einen ekelerregenden Anblick gewährt auch das stets hinter das Ohr gesteckte Priemchen Rauchtabak. Die Diuka, die Stutzer des Sudan, sind ebenfalls leidenschaftliche Tabakraucher und waren es seit alten Zeiten, als dort noch kein Verkehr mit den Ländern des Islam herrschte. Sie bedienen sich, wie ihre nördlichen Nachbarn, die Schilluk, riesiger Pfcifeuköpfe aus Thon. Ein gewaltiges Rohr mündet in einen kleinen Flaschenkürbis, welcher als Mundstück dient und mit feinzertheiltem Bast gefüllt wird, um die narcotischen Oele aufzufangen. Was wir „Denicotisierung" nennen, ist also eine altafrikanische Erfindung, die sich in der That bei allen afrikanischen Völkern in verschiedener Gestalt wiederholt. Hier aber, wo der Tabak nur kümmerlich gedeiht, dient sie zu einem doppelten Zweck. Die Spitze lässt sich nämlich abnehmen und der mit Tabaksöl gesättigte Bast wird nachträglich gekaut. Die Schwerfälligkeit einer solchen Riesenpfeife zwingt jeden, der sich diesen: Genuss hingibt, zu einer sitzenden Stellung und den Europäer zur — Uebergabe. ----- (Ein Götzen Hof in Westasrika. anchcm katholischen Christen, der von dem grenzenlosen Elende der armen Heiden hört, wird schon der Gedanke gekommen sein, wie gut ist doch der liebe Gott gegen mich gewesen, dass er mich in der katholischen Kirche geboren werden ließ, j Diese überaus große Gnade weiß mau noch mehr zu würdigen, wenn es einem vergönnt ist, selbst im Hcidenlande thätig zu sein, wo sich vielfach Gelegenheit bietet, einen Einblick in die tiefe Versunkenheit der Unglücklichen zu thun, die den lieben Gott noch nicht kennen. Ein Beispiel davon möge hier angeführt werden. Als wir vor kurzem einen unserer gewöhnlichen Ausgänge machten, um die Frauen und Mädchen der Umgegend aufzusuchen und dieselben zum Besuch des Gottesdienstes und der Schule zu ermuntern, begleitete uns ein Mädchen, aus dessen Benehmen man leicht abnehmen konnte, dass cs einer rechten Götzcudiencrfamilie angehören musste. Auf unsere Frage aus, dasselbe, wo denn seine Mutter wohne, führte es uns in einen wenig bekannten, von der Straße weiter abgelegenen Hof. Der Weg dahin führte uns über einen freien Platz, in dessen Mitte i sich eine kleine, dem Götzen geweihte Hütte befand. Der darin aufgestellte Lehmgötze war mit Trommeln und anderen Musikinstrumenten umgeben, welche von den Heiden mit Eifer gespielt werden, wenn sie dem legba (Teufel) ihre Verehrung bezeigen. Oft, besonders an hellen Mondabendcn, werden solche Trommeln weithin hörbar, bis in die späte Nacht hinein mächtig, oft bis zur äußersten Ermüdung bearbeitet. Um das Götzenbild hatte sich durch die von den Götzendienern häufig aufgeführten Tänze ein fester Boden gebildet. „Aber was ist denn das?" fragte ich meine Mitschivesteru, als wir etwas weiter gegangen und I vor der Hütte des erwähnten Hofes eine Negerin I gewahrten, die mit vielen Kaurimuscheln und anderen 48 Ein Götzcnhof in Westafrika. abergläubisch verehrten Gegenständen umgeben roar. „Das ist eine Fetischpriesterin", roar die Antwort. Obgleich wir an de» Blicken der Fetischfrau abnehmen konnten, dass nur keine willkommenen Gäste waren, traten wir doch in den Hof ein. Dieser ist ein rechtes Götzenquartier. Lehmgötter in Menschengestalt von verschiedenster Größe und Form, vor denen noch einige, ihnen zum Opfer gebrachte Hühner in ihrem Blute lagen, eiserne Blitzfetische und Thiergestalten sind dort aufgestellt. Wir giengcn nun zu der Fetischpriesterin und begrüßten sie nach der gewöhnlichen Art der Neger; sie antwortete mit kurzen, recht unfreundlichen Worten. „Was trägst du denn da?" fragte meine Mitschwester sie, auf ein Götzenbild zeigend, das sie halb unter ihrem Schürzentuche verborgen hatte. „Das ist deine Schwester," erwiderte jene mit verschmitztem Lächeln und fuhr fort: „Und was habt ihr da?" indem sie auf das Kreuz zeigte. „Das ist ein Bild des wahren Gottes, der Himmel und Erde und alle Dinge geschaffen hat und der alle Menschen so sehr liebt", war unsere Antwort. Inzwischen waren mehrere Götzendiener hinzugekommen, die dem weiteren Gespräche über die Größe und Liebe des wahren Gottes eifrig lauschten. Einer von ihnen sagte aber nach einiger Zeit: „Ich diene aber dem legba (Götzen oder Teufel). Der Gott der Weißen gibt mir nichts, durch die Götzen erhalte ich aber viel Gutes und darum diene ich ihnen." Er dachte an die Stücke Zeug, an Rum, an das Geld, die Hühner und die Schafe, welche man ihm für die Götzenopfer bringt, wovon er den größten Antheil für sich behält, und den geringeren dem Götzen opfert. „Aber deine Götter sind doch ganz ohnmächtige, leblose Wesen, die weder sehen und hören, noch sprechen könnnen, und die du mit deiner eigenen Hand gemacht hast." „Nein, meine Götter leben, einer von ihnen kann auch sprechen," erwiderte der Aelteste unter ihnen. „Spricht der Gott der Weißen auch mit Euch? „Der einzig wahre Gott, dem wir dienen, hat oft zu uns gesprochen, und wir haben sehr viele seiner Worte ausgeschrieben in einem heiligen Buche, das wir die hl. Schrift nennen. Aber deinen Götzen, vom dem du redest, möchten wir doch mal gerne sprechen hören. Welcher ist es?" Darauf führte man uns zu den Lehmgöttern, denen die Hühner geopfert waren. „Diesen fragt nur, er wird euch schon antworten," sagte der Götzendiener, auf einen derselben hinzeigend. Wir stellten, um den armen Leuten ihren Irrthum klar vor Augen zu stellen, einige Fragen an den Götzen, worauf dieser natürlich nichts sagte. „Seht ihr nun," sagten wir zu den Umstehenden, dass ihr nicht klug und recht handelt, ein solch armseliges Wesen, einen aus Lehm gemachten Götzen zu verehren. Und warum opfert ihr ihm die Hühner, da er nicht essen kann?" „Der legba isst die Hühner gerne," antwortete einer. „Nun, legba, iss jetzt das Huhn," sagten wir, indem wir dasselbe auf die Spitze des Schirmes, den wir bei uns trugen, nahmen und cs ihm vorhielten. Der legba lehnte natürlich das Anerbieten ab, zum Aerger der umstehenden Götzendiener. Einer von ihnen begann wieder: „Der legba kann jetzt nicht mehr essen, denn er hat sein Abendbrot schon verzehrt, auch isst er nicht in Gegenwart von Europäern. Kommt nur morgen früh wieder, dann werdet ihr schon sehen, dass er die Hühner verzehrt hat." Die dem Götzen geopferten Hühner wären natürlich am andern Morgen verschwunden gewesen, da des nachts schon Hunde und Katzen dafür sorgen, dass das Opfcrfleisch nicht nutzlos zugrunde geht. Das Sprechen würde aber dem legba am andern Morgen ebenso schwer geworden sein als am heutigen Abend. Während des Gespräches hatten wir wohl bemerkt, dass die Fetischpriesterin, die noch immer in der Ecke saß und mit finstern Blicken zusah, dem einen Götzendiener ein Zeichen gab, worauf sich dieser gleich entfernte. Er kehrte bald darauf zurück und trug ein großes Messer in der Hand. Anfangs bemerkten wir es jedoch noch nicht. Nachher aber meinte meine Gefährtin, die Sache sei ernst, ich aber hielt vielmehr dafür, dass er uns mit dem Messer bis aus dem Hofe begleiten und dann Holz holen wollte. Nachdem wir die armen Leute noch einmal gebeten, mal so langsam anzufangen, den wahren und so guten Gott im Himmel zu verehren, verabschiedeten wir uns freundlich. Beim Weggehen erhielten wir noch einmal die Einladung, doch am folgenden Tage wiederzukommen, um den Götzen sprechen zu hören. Wir mochten ungefähr fünfzig Schritte aus dem Hofe entfernt sein, als meine Mitschwester sagte: „Der Mann mit dem Messer in der Hand kommt uns nach." Sie hütete dem unliebsamen Gefährten, wie sie meinte, doch ein wenig die Augen und meinte, wir sollten uns beeilen, eine naheliegende Hütte, deren Bewohner schon christlich sind, zu erreichen. Bor der Thüre trafen wir einige Mädchen an, mit denen wir uns unterhielten. Der Götzendiener blieb in einer kleinen Entfernung stehen, unsere Unterhaltung mit den Mädchen beobachtend. Allmählich wurde die Straße, über die uns unser Weg führte, durch die vom Markte heimkehrenden Leute belebter, und so konnten wir ohne Gefahr, wie meine Gefährtin meinte, den Die Untugend der Afrikaner. 49 Heimweg antreten. Der Götzendiener folgte uns noch eine Strecke Weges nach und verschwand bald danach in einem abseits führenden Wege. Hoffentlich wird sich auch der Unmuts) der alten Fetischpriesterin, über die ihren Göttern nach ihrer Meinung angethane Unehre bald gelegt haben. „Wie groß ist doch die Verblendung dieser armen Leute," sagten wir nachher zu einander. „Wie unglücklich sind sie schon hier im Leben, da sie nichts von der Liebe und Güte des wahren Gottes und vom schönen Himmel missen und wie zweifelhaft wird erst ihr Los in der Ewigkeit sein, wenn sie des verkehrten Gewinnes halber von ihren sündhaften Gewohnheiten nicht ablassen und denjenigen nicht kennen lernen wollen, der sie allein zeitlich und ewig glücklich machen kann. Möchten doch alle Christen das Elend der armen Heiden recht erkennen, die Gebete für sie verdoppeln, damit das Reich Gottes mehr und mehr wachse ans Erden und dem liebevollen Herzen des Heilandes alle oder doch recht viele jener armen Heidenseelen zum ewigen Besitze zugeführt werden." Die Klnkugenö Ein Missionär der Trappisten in Neuköln (Ost-afrika) berichtet: Schon lange Zeit suchte und fragte ich unablässig nach einem Worte, welches den Begriff „fleißig" im Kischambala genau wiedergibt; ich fragte Alt und Jung, Groß und Klein, Gescheite und Dumme (weil diese oft die wunderlichsten Einfälle haben, die ans eine sichere Spur führen), ich benützte jede Gelegenheit, um mein Ziel zu erreichen: z. B. wenn Arbeiter oder Kinder bei der Arbeit waren, fleißige und faule zusammen, beim Unterrichte, Katechese re., konnte aber nie etwas anderes herauskriegen als an a mlina yujo (dieser er ist mit Arbeit), ni inunLu xvegoshola ndima kabisa (es ist eine Person, die sehr arbeitet), ni innnlu mtana (er ist ein schöner, guter, prächtiger Mensch re. rc. Endlich schien es, dass ich mein Ziel erreicht. Wieder fragte ich unsere Jungen, indem ich allerlei Fragen stellte, z. B.: Wenn jemand in seinen Feldern eifrig, schnell und beharrlich arbeitet, um die Arbeit schnell zu beenden, was ist das für ein Mensch? wie ist der? was thut der? Wie aus einem Munde tönte mir die Antwort entgegen: «Atencla luhufyo, - agos-hola ndima na luhufyo.« Wie freute ich mich jetzt. Doch: luhufjo heißt doch Betrug. Also die Freude wieder ins Wasser gefallen. Jetzt gieng es erst recht ans Fragen. Resultat? Nun: Atenda luhufjo, - agoshola ndima na luhufjo: er machte Stänkereien (Betrug) — er arbeitete mit Betrug, d. h. er arbeitete, jätete Unkraut ans in einem Felde, ndem er alles oberflächlich, leichtsinnig und schlecht der Afrikaner. machte, indem er stets einen halben Meter mit der Hacke Vorgriff und das Unkraut hinten zudeckte, um recht schnell fertig zu sein; nach ein bis zwei Tagen sieht dann das Feld wieder gerade so abscheulich voller Unkraut aus wie zuvor, ja noch wüster. Da wollte ich den Muth verlieren. Doch „nicht nachlassen" führt endlich vielleicht doch zum Ziel. Also die Gescheitesten und Witzigsten nochmals mit Fragen belästigen! Ich fragte nun: „Was ist das für ein Junge, der stets schnell und pünktlich beim Unterricht erscheint, der mit Freude und Lust lernt und seine Aufgaben gut und schnell verrichtet?" re., oder: „Was ist das für eine Person, die immer schnell zur Arbeit geht, tüchtig, freudig, mit Lust und Vergnügen arbeitet, nicht faul und träge herumsitzt, sondern immer tüchtig weiter arbeitet, wenn auch kein Mfumamizi (Aufseher) dabei ist, und wenn der Baba (Herr) nicht zusieht?" rc. — Antwort eines Mschambala würdig: «Ni munlu mbambashi kasisa: das ist ein gewaltig dummer Mensch." Tableau! 91im weiß ich wirklich nicht, wann ich endlich zu meinem Ziele komme. — Die größte Tugend, die ein echter Mschambala überbaupt besitzt, scheint nach meinen bisherigen Erfahrungen die Uwizu (Faulheit) zu fein; denn für den Begriff „Faulheit, Trägheit" hat er eine ganz stattliche Anzahl von Ausdrücken, und jedesmal ist der Mschambala seelenvergnügt, wenn man davon redet oder den Ausdruck gebraucht: Kuikala bale, träge, im süßen Nichtsthun zu Hanse sitzen." — Nur Geduld! Zeit bringt Stofen! Die Bischofsstadt Briren feierte am 26. und 27. I urkundlich nachweisbar ihr Name zuerst in der Ge-Lctobcr 1901 die Erinnerung, dass vor 1000 Jahren I schichte genannt wird. König Ludivig das Kind schenkte 901 dem Bischof Zacharias von Säben den der Stuhl des hl. Cassian verlegt wurde. Von. 901 Meierhof „Prichsna", später die Stadt, in welche an datiert die Geschichte der Bischofsstadt. Fürstbischof Simon Aichner von Brixen. 51 Brixen, im Herzen Tirols gelegen, verdenkt nicht blos; seinen Ursprung, sondern auch seine Geschichte und Entivicklung bis herauf in die neueste Zeit fast ganz den Bischöfen und wenn irgendwo, so hat sich hier der Spruch bewährt: „Unter dem Krummstab ist gut wohnen." Dass die Stadt, die weder als Knotenpunkt des Handels, noch durch Reichthum der Natur begünstigt war, dennoch einer steten, fast durchwegs friedlichen Entwicklung sich erfreute, hat sie vor allem dem Schutze und der Fürsorge ihrer geistlichen Fürsten zu danken. Nicht nur das alte, auch das heutige Brixen hat die Gunst und Gnade seiner Fürstbischöfe erfahren. Auch nachdem deren Herrschaft ganz an das Haus Habsburg übergegangen und Brixen des Glanzes einer weltlichen Residenz entkleidet worden war, ist ihm der Charakter der Bischofsstadt durchaus unverkennbar und eigenthümlich geblieben, und dieser erklärt den legitimen Einfluss, der hier das gesammte öffentliche und private Leben dnrchdringt. Brixen hat allen Grund, sieh hiefür dankbar zu erweisen; cs rods; auch die hohe Ehre wie den Nutzen zu schätzen, dass cS die Residenzstadt von Kirchen- und ehemaligen Reichsfürsten, der Sitz der Oberhirten und das geistliche Centrum eines ausgedehnten, den größeren Theil Dcntschtirol» und ganz Vorarlberg umfassenden Bisthums ist. Dies bewies die Jahrtausendfcier. Brixen huldigte da mit Freude und Jubel an erster Stelle dem greisen Fürstbischof, dessen Bild wir nebenbei geben. Seine Excellenz Fürstbischof SimonAichner, geboren zu Tercnten am 19. October 1816, ziert seit 27. November 1884 den altehrwürdigen Stuhl des hl. Cassian. Es hieße wahrlich Wasser in den Eisack tragen, wollten wir hier die großen Verdienste des hiefür mit dem Pallium geschmückten Fürstbischofs Simon schildern. Es genüge zu sagen, dass Fürstbischof Simon, der berühmte Canonist, durch ein 85jähriges überaus frommes Dasein, durch ein 60jähriges treues Priesterthum und durch eine 18jährige ausgezeichnete Verwaltung des Bisthums zum ehrwürdigen Beispiele heiligmäßigen Lebenswandels und nimmermüden Seeleneifers geworden ist. Fürstbischof Simon hat außerdem ein weites, echt katholisches Herz, das auch die Interessen der katholischen Missionen in den entlegensten Winkeln der Erde mit wahrhaft fürstlicher Huld umfängt. Wir schließen uns vom Herzen seiner Bischofsstadt an, die ihm in den Festtagen zujubelte und die für alle Zeiten an ihm hängt, und wünschen aus ganzer Seele, dass Gott der Herr den so ehrwürdigen und allverehrten Fürstbischof erhalte bis an die äußerste Grenze inenschlichen Lebens. Keberisbilöer deutscher Missionäre. P. K. Seiner-, S. ö. H. K.* Von P. Xaver Geyer. kannte genau und hatte es ja am eigenen Leibe sattsam erfahren müssen, was der Verlust der Mutter für eine Familie bedeutet, die ohnehin in bescheidenen Verhältnissen lebend, das spärliche Einkommen noch auf die Erziehung kleiner Kinder verwenden muss, Ucberdies war es dem Vater gerade in den jetzt obwaltenden Umständen mehr als schwer, für nicht unumgänglich nothwendige Auslagen auch nur einen Heller freizuhaben. Und wer sollte ihm bei der Feldarbeit an die Hand gehen, wenn Heinrich ihn verlassen wollte? Taglöhner in Dienst nehmen, das gieng nicht an. Der Bruder Johann welcher an einem siechen Leiden im Spital zu Graz darniederlag, erheischte zudem einen besondern Aufwand. Ebenso nahm Rudolf, der im Knabenseminar in Graz studierte, des Vaters Casse in Anspruch. Alle diese Umstände zog Heinrich in Betracht. Er sah, dass sie seinen Wunsch, welcher wie ein unstillbares Heimweh das jugendliche Herz ergriffen hatte, rein unausführbar machten. Gleichwohl trat er eines Tages beherzt vor den Vater, mit der Bitte, ihn Priester werden zu lassen. Herr Seiner war dadurch nicht überrascht. Lange schon hatte er den Kleinen beobachtet und geahnt, was in seiner Seele vorgieng. Er schaute jetzt Heinrich ernst an, wies ihn in sanfter Weise auf die entgegenstehenden Hindernisse hin und beharrte entschieden auf dem abschlägigen Bescheid. Heinrich schwieg; er gieng in eine stille Ecke und weinte sich aus. Ein eigenthümlicher, wehmüthiger Schmerz lag seitdem auf seinem Angesichte. Der Gedanke, dem Herrn einst am Altar zu dienen, schwand keine Stunde aus seiner Seele. Er beherrschte des Knaben ganzes Denken, Dichten und Trachten. Die Melodien des Priesters waren immer noch, ja mehr denn je, seine Lieblingslieder, die lateinischen Gesänge und Gebete der Inhalt seiner Träume. Der Ferienaufenthalt seines Bruders Rudolf war stets Del ins Feuer. „Du musst auch noch Priester werden", hatte ihm dieser einmal gesagt. Begierig wurde dieses Wort von Heinrich aufgefangen, und als ob Rudolfs Ansehen den Vater umzustimmen vermöchte, bestürmte er diesen mit neuen Bitten und schob den Bruder als Gesinnungsgenossen vor. Aber * Jrrthümlich war in Nr. 1 Seite 21 Mauls in Tirol als Geburtsort P. Seiners angegeben; es soll heißen Landeck in Tirol. eS half alles nichts. Der Vater blieb bei der früher gegebenen Antwort. Wir müssen hier wieder absetzen und etwas über das Studieren sagen. Wenn so in einem Hause auf einmal gemunkelt wird, der Hansl oder Franzl will oder soll „auf Geistlich studieren", so kann der Gedanke dazu in drei verschiedenen Gärten gewachsen sein. Der Hansl oder Franzl ist womöglich selbst darauf gekommen, oder er ist vonsciten irgend eines Familiengliedes darauf gebracht worden. Manchmal hat auch der „Herr Pfarrer" den ersten Anstoß dazu gegeben. Alle drei, Hansl, Familie und Pfarrer, können wohl gleich gute Absichten bei der Sache haben, jedoch pflegt dies gewöhnlich nicht der Fall zu sein. Will's der Hansl von sich aus, so ist die Quelle fast immer ungetrübt, wenn auch ein kleiner Stolz sich hie und da mit hineinmischt. Ein „Herr" oder „geistlicher Bua" werden, ist ja für sich schon verlockend. Haben aber die Eltern es ausgedacht, ihren Buben Pfarrer werden zu lassen, so ist in vielen Fällen das vorsichtige Misstrauen des Un-betheiligten nicht sofort zu tadeln, umsomehr, wenn man den Argwohn nicht loszubringen vermag, als wolle eine Schwester, die keinen Mann gefunden hat, jetzt mit aller Macht wenigstens unter das Häubchen einer Pfarrköchin kommen. Dass das natürlich nichts Gescheidtes ist, sieht auch der Unerfahrenste ein. Wer aber nicht so ganz neugebacken in der Welt sitzt, weiß sicherlich etwas zu erzählen von solchen, die sich ohne e i g e n t l i ch e n B e r u f in den geistlichen Stand drängen ließen. Mir gegenüber hat sich einmal ein derart bejammernswerter Mensch geäußert: „Bevor ich Geistlicher geworden bin, hat man (er meinte mit diesem „man" seine Eltern), mir den schönsten Himmel versprochen, und jetzt, wo ich Pfarrer bin und wie in der Hölle sitze, überschwemmt man mich mit Briefen, deren Inhalt sich kurz in die Worte fassen lässt: „Der du für uns bist Pfarrer geworden, — wir bitten dich, erhöre uns!" Auch Pfarrherren, meint Alban Stolz, sollen sich hüten, exacte Auswendiglerner als berufen anzusehen und zu fördern. Wenn sie nicht wahrhaft religiös sind, taugen sie eher zu einem Rathschreiber oder liberalen Zeitungsschreiber oder liberalen Schullehrer (lateinisch oder deutsch) als zu einem Priester. (Kal. f. Zeit und Ewigkeit 1875 (4) 1898.) Wir wissen, dass unser Heinrich von selbst auf den Gedanken kam, dem Herrn im Heiligthum zu Lebensbilder deutscher Missionare. dienen. Wir kennen aus dein bisherigen auch zur Genüge seine Beweggründe und müssen jedenfalls gestehen, dass sie die lautersten von der Welt waren. Wir sind uns zudem bereits soweit über die entgegenstehenden Hindernisse klar, dass uns sein Plan überhaupt unausführbar schiene, wüssten wir anders sein spateres Leben nicht schon tin Voraus. Wenn nun der kleine Seiner gleichwohl das scheinbar Unmögliche anstrebte, so war das kein kindlicher Trotz, der von dem einmal licbgcwordcnen Gedanken nicht loslassen will, sondern die offenkundige Absicht Gottes, welcher seinem Erwählten Muth und Ausdauer verlieh und ihn mehr und mehr in seinem Vorhaben bestärkte. In diese Tage fiel ein Ereignis, welches der stillen Hoffnung des Knaben neue Lebenskraft zuführte. Der bekannte steiermärkische Missionär P. Joh. Ev. Dicht! (vgl. sein Lebensbild im letzten Jahrgang des „Stern der Neger" Nr. 10), der sich seiner leidenden Gesundheit wegen, eine kurze Unterbrechung ausgenommen, von 1883 bis zu seinem am 31. Jänner 1889 erfolgten Tode in Europa aufhielt, war auch mehrmals in das fürstbischöfliche Knabenseminar in Graz gekommen, wo er einst seine Studien gemacht hatte. Alle Zeitungen waren damals voll des uneingeschränktesten Lobes über den jugendlichen Missionär. Dieser selbst hatte durch seine verschiedenen Aufsätze im „Grazer Volksblatt", „Vaterland", in dem „Jahresbericht des Vereines zur Unterstützung armer Negerkinder" und durch die Artikel für andere Zeitungen und Zeitschriften das Interesse für die afrikanische Mission nicht wenig gefördert und durch seine spannenden Erzählungen sich allerorts Verehrer gewonnen. Insbesondere aber schlugen ihm die Herzen seiner Steiermärker entgegen. Niemand übertraf jedoch an Hochachtung und Liebe die geradezu schwärmerische Begeisterung der Seminaristen von Graz. P. Dicht! war hier nicht nur der „Held des Tages", sondern man sollte schon sagen der „Held des Jahres". Um diese Stimmung richtig würdigen zu können, muss man allerdings P. Dicht! mit seinen kühnen und gewinnenden Augen, seinem einnehmenden Gesichte, seinem lichtgelben afrikanischen Missionsklcide und seinem bunten Turban gesehen, seinen bald ernsten, bald launigen Erzählungen und Reiseerlebnisse» gelauscht und das stürmische Drängen und Ringen nach Idealen zur Zeit des angehenden Jünglingsalters selbst gefühlt haben. Was Wunder also, wenn Rudolf, der Bruder unseres Heinrich, diesem nicht nur die herrlichen Darstellungen des P. Dicht! wieder erzählte, sondern nach einer getroffenen Rücksprache mit dem jungen Missionär den Entschluss fasste, selbst als Apostel der Neger nach Afrika zu ziehen! Der Vater hatte an dem Vorhaben Rudolfs nichts auszusetzen und lies; ihn zur weiteren Vorbereitung auf den Missionsberuf in die Anstalt für die afrikanische Mission nach Verona übersiedeln. Aber da hätte man unsern Heinrich sehen sollen! Mit Thränen in den Augen warf er sich vor dem Vater auf die Kniee und beschwor ihn, die schon so lang erbetene Erlaubnis doch jetzt wenigstens zu geben. Allein Herr Seiner konnte noch nicht „Ja" sagen; die Verhältnisse der Familie verboten es durchaus. Heinrich murrte nicht, aber er betete öfter und glühender als zuvor. Noch einmal glaubte er die richtige Zeit zur Er-- Neuerung seiner Bitte gefunden zu haben, als Rudolf im Begriff stand, nach Italien abzureisen. „Rudolf," wandte er sich beim Abschied an diesen, „bitte du den Vater, dass er mich mit dir ziehen lässt, er wird es Dir gewiss nicht abschlagen!" Aber Rudolf kannte zu genau den Charakter des Vaters und die häuslichen Zustände, um sich von einer solchen Bitte etwas zu versprechen. Er wollte überdies dem Vater das Herz nicht noch schwerer machen und vertröstete deshalb seinen jüngeren Bruder auf die nahe Zukunft. Er wolle schon dafür sorgen, dass auch Heinrich ihm bald folgen dürfe. Dies und die Versprechungen vonseiten Heinrichs Firmpathen, der in den Augen des Knaben alles galt, vermochte den ungestümen Bittsteller zu beschwichtigen. Mit Ungeduld erwartete Heinrich den ersten Brief Rudolfs. Er wähnte, schon in diesem wäre alles genau bestimmt, wann er kommen sollte. Aber welche Enttäuschung! Kein Wort, keine Silbe, nicht einmal ein Buchstabe, der auch nur die leiseste Anspielung darauf enthielte. Mehrere Briefe folgten, sie enthielten alles andere, nur das nicht, was sie sollten, wie Heinrich wenigstens glaubte. Endlich aber kam Griechenland doch wieder über Wasser. Welche Freude und Seligkeit, als Rudolf schrieb, er habe sich mit dem hochw. P. Spiritual über Heinrichs Berufswahl besprochen, ihm in aller Einfachheit die Fehler und Vorzüge des Bruders dargelegt und besonders auf dessen frommen Sinn, bereitwilligen Gehorsam, Gelehrigkeit und Fricdselig-keit hingewiesen. Die Antwort lautete, Heinrich möchte nur sein Aufnahmegesuch einreichen. Heinrichs überschäumende Freude darüber, dass wenigstens von der einen Seite alle Hindernisse für ihn weggeräumt waren, wirkte mächtig auf seine Geschwister ein. Ja, sein Bruder Hugo wollte jetzt ebenfalls Missionär werden, aber Rudolf redete es ihm mit guten Gründen auS und bedeutete ihm, er würde seiner 54 Lebensbilder deutscher Missionäre. Aufnahme mit allen nur möglichen Mitteln entgegenarbeiten. DaS half. Inzwischen traf Heinrich die ersten Vorbereitungen für sein späteres Leben. Zwei Dinge jedoch machten ihm schwere Sorgen. Er sollte lateinisch und italienisch lernen und zwar ohne Lehrer und, was ihm als das Schwierigste erschien, den Vater für seinen Plan empfänglich machen. Wie aber beides zustande bringen! Hätte einer unserer Allerweltsweiscn, die dem Anscheine nach Bildung und Gcschcidthcit mit dem Löffel gegessen haben, für den Knaben das richtige Mittel finden müssen, er würde sich vielleicht lange den . opf zerbrochen haben und doch nicht zum Ziele gekommen sein. Heinrich dagegen besann sich nicht lange. Er bat den Vater einfach um die Erlaubnis, am nächsten Muttergottestage nach dem 6 Stunden entfernten Marienwallfahrtsort L a n g o w i tz zum Altare der atserfeligften- Jungfrau Maria pilgern zu dürfen. Hier an der wunderbaren Gnadenstütte wollte er sein Leiden und Lieben, sein Hoffen und Zagen der himmlischen Mutter erzählen, wollte er mit dem vollen Vertrauen eines treuergebenen Sohnes ihr sein ganzes Herz ausschütten, wollte er sie, die da S i tz der Weisheit genannt wird, um wirksame Unterstützung bei seinen angehenden Studien bitten. Diese Wallfahrt Heinrichs nach Langowitz scheint auf den ersten Blick von geringer Bedeutung zu sein. Vielleicht hätte sich die Zukunft des Knaben auch ohne sie geradeso entrollt, wie sie sich nachher gestaltete. Mag sein; aber eine Lehre enthält sie doch, welche unserer verkehrten Zeit wie absichtlich gegeben scheint. Würde der Vergleich nicht zu sehr nach Zwiebeln riechen, so möchte ich behaupten, sie ist für uns „Moderne" das, was ein Häring für den Katzenjammer. Was hatte Heinrich vor? Er wollte Student, Priester, Missionär, oder allgemein gefasst, ein „gebildeter Mann" werden. Welches war sein erster Schritt, um dieses Ziel zu erreichen? Er gieng zu einem Gnadenbild der allerseligsten Jungfrau Maria wallfahrten. Ich sehe den einen oder andern Leser über eine solche Handlungsweise lachen, aber ich bitte ihn einzuhalten, er lacht sich ja selbst aus. Oder vermeint er wirklich, dass eine wahre Bildung möglich ist ohne christliche Religion? Glaubt er etwa, das wahre Christenthum sei zur wahren Bildung zwar nothwendig, aber nicht deren Grundlage? Es ist hier nicht der Ort, die unzähligen unvernünftigen Ansichten über Bildung zu widerlegen, cS genüge, für die weitverbreitetste die Andeutung, dass Wisse» an und für sich, so wenig die Bildung ausmacht, wie eilt Haufen unbehauener Bausteine eine Luxusvilla. In dieser Wallfahrt hat sich wieder einmal so recht das Dichtcrwort bewahrheitet: „Was kein Verstand der Verständigen sieht, Das übt in Einfalt ein kindlich Gemüth!" Heinrich beschämt aber mit der Zuflucht zu Maria in seinen Studiennöthen nicht nur jene bestimmte Classe von Blasiertheiten, die ihre ganze „Bildung" aus irgend einem Conver-sationslcricon herausholen und trotz ihrer anscheinenden Gelehrsamkeit einen Kopf herumtragen, der einem ausgeblasenen Ei auf ein Haar gleicht, sondern auch gar viele von unsern Müttern. Wie oft hört man nicht, dass bei Anrücken des Semesterschluffes die eine oder andere Mutter, deren „hoffnungsvoller" Sohn seines angeblichen Peches halber voraussichtlich sitzen bleiben muss, dann und wann bei den betreffenden Professoren sich erkundigt, wie es denn eigentlich stehe, in Wirklichkeit aber diesen den leisen Wink gibt, beide Augen, und wenn sie ein Hühnerauge haben, auch dieses noch zuzudrücken. Wo vernimmt man aber einmal, dass die bekümmerte Mutter mit ihrem bemitleidenswerten Sohn zur Religion ihre Zuflucht nimmt? Und wenn dies doch vorkommen sollte, führt dann zum mindesten der Sohn ein recht eingezogenes Leben? Die Wirklichkeit scheint dagegen zu sprechen. „Die Sünde macht dumm", das ist ein Erfahrungssatz. Wer aber schon von Natur aus nicht gut talentiert ist, wird wohl nicht hoffen dürfen, dass er in wissenschaftlicher Hinsicht Erhörung findet, wofern er sich im sittlichen Leben nicht bessert. Da muss man die Brixener Studenten loben, die in ihren Lebensbilder deutscher Missionäre. 55 Studiennöthen sich immer eifrig an ihre „schwarze Muttergottcs" wenden und sehr oft nicht umsonst. Im Mittelalter giengcn die Kinder noch weiter; da knieten sie sogar vor dem Schulgange vor dem Bildsiöckl „Unsere liebe Frau" nieder und baten sie, ihnen bcizustehcn, damit sie keine Schläge bekämen. Das war echter Glaube und wahre Liebe, das waren dieselben innigen Gefühl für den „Sitz der Weisheit", wie sic in der Brust unseres Heinrich lebten. Er war, wie aus seinen Schulzeugnissen hervorgeht, keineswegs schlecht veranlagt, aber er wusste, wie nützlich ihm der Beistand derjenigen war, die für alle Bedürfnisse des Herzens als liebende Mutter zu sorgen weiß. Es ist nun allerdings wahr, dass es noch verschiedene Wege zur Weisheit für jene gibt, die unser Herrgott gerade nicht verschwenderisch mitTalenten gesegnet hat. Der gewöhnlichste knüpft an den Stock des Lehrers an. Der wohlfeilste ist mit dem Ncichthum des Vaters gepflastert. Wer reich ist, ist auch gcschcidt. Der dritte, auf dem wir übrigens alle wandeln, besteht im Grunde darin, dass man nach Kräften seine Dummheit zu verbergen sucht. Der vierte endlich, und auf diesen kommt cs uns hier allein an, ist nichts anderes als die Bethätigung des Sprichworts: „33ct’ und arbeit', Gott Hilst allzeit." Unser Heinrich hatte sich nicht getäuscht. Sein kindliches Verlangen auf Maria ward überreichlich belohnt. Ganz abgesehen von der Kraft und Stärke, die ihn nach dem Gebete am Gnadcnaltar erfüllten, giengen seine Wünsche rasch in Erfüllung. Der Vater gab die Einwilligung, jedoch mit der Bestimmung, er müsse für alles selbst sorgen. Das war zwar noch eine harte Nuss zum Knacken, aber was lag daran, hatte er doch endlich die so langersehnte Erlaubnis. Mit den wenigen Kreuzern seiner Sparbüchse kaufte er sich eine italienische Grammatik. Von seinem Bruder besaß er eine lateinische. Und nun giengs ans Lernen bei Tag und Nacht, im Hause und auf dem Felde. Die Grammatik war sein beständiger Begleiter. In der einen Hand das Buch, in der andern die Sense, Hacke, Schaufel usw., das war das ständige Bild, welches er in diesen Tagen bot. So kam die Zeit der Abreise heran. Aber jetzt erst machte sich die Geldfrage recht geltend, zumal Rudolf geschrieben hatte, Heinrich müsse zum mindesten doppelte Wäsche und 30 fl. mitbringen, um anstandslos wieder heimfahren zu können, falls cs ihm nicht gefalle. Diesen Umstand benützte man, damit er schließlich doch noch anderen Sinnes würde. Zugleich wies man hin auf die Beschwernisse des Ordens und das Opfcrlebcn eines Missionärs. Aber Heinrich blieb fest. „Gott hat geholfen, Gott wird weiter helfen," meinte er in seinem Vertrauen auf die göttliche Vorsehung. Und wirklich! Seine Brüder Hugo und Karl opferten freudig ihre Ersparnisse für den Bruder, und schließlich legte der Vater selbst das Fehlende hinzu. Dieser hatte das Opfer jetzt ganz gebracht. Niemand außer Gott weiß, wie schwer es ihm wurde, Heinrich aus dem Hause und der Arbeit zu entlassen. So waren denn die letzten hemmenden Schranken gefallen. Heinrich war frei und froh. „Ich bin glücklich," sagte er beim Abschied, „ich bin gerettet." Mit herzlichen Worten dankte er noch einmal dem Vater für all das Gute, das er ihm erwiesen und bat ihn um Verzeihung für den Kummer, den er ihm manchmal bereitet habe. Der Vater und die Geschwister weinten, als er die Bemerkung fallen ließ: „Heute seht ihr mich zum letztenmal. Ich fühle es, ich komme nicht mehr zurück, denn mein Entschluss steht fest, mit Gottes Hilfe Missionär zu werden." Dann forderte er seine übrigen Geschwister auf, ja recht brav zu sein, dem Vater stets zu gehorchen und nie das Gebet zu vergessen. Hierauf noch ein rascher Händedruck, eilt letztes Lebewohl und die Trennung war für immer geschehen. Es lag etwas Ungewöhnliches in diesem Abschied. Doch lassen wir lieber einem das Wort, der selbst dabei war. Sein Bruder Hugo erzählt uns: „Diesen Abschied mit Worten zu beschreiben,"ist mir unmöglich. Ich sehe Heinrich noch jetzt so lebendig vor mir stehen, wie damals, als er fortgieng. Er war so froh, seinem Bruder Rudolf folgen zu können! Ich begleitete ihn zur nächsten Bahnstation L am nach. Hier verabschiedete er sich noch von allen Freunden und Bekannten und seinem Firmpathen. Unterwegs sprach er mit mir, was ich niemals vergessen kann. Am Zuge drückte er mir nochmals die Hand und sagte mit Thränen in den Augen: „Lebewohl, lieber Bruder Hugo! Grüß' mir nochmals alle von Herzen. Vergiss nur den lieben Gott nicht und habe ein festes Vertrauen auf ihn, und er wird dich sicherlich nicht verlassen, wie er ja auch mich nicht verlassen hat. Lebe wohl, wir sehen uns in diesem Leben nicht mehr, aber mache dir deshalb keine Sorgen, der liebe Gott will cs so." Da pfiff der Zug. Heinrich befahl mir noch einmal kurz, den Vater und die Geschwister zu grüßen. Unter einem letzten „Lebe wohl, Hugo!" verschwand er im Wagen. Der Zug war bereits im Gang begriffen und trug den Bruder für immer aus der Heimat. Wir sahen Heinrich noch einmal, — jedoch nur tut Bilde. Jetzt erst wussten wir, was wir an ihm verloren hatten — aber Heinrich war und blieb uns ent-rissen. (Fortsetzung folgt.) Die Glaubensbolen bes deutschen Volkes. Dev Hk. L u 6 g, e v, MifcHof ititö Apostek öev Sachsen. (t 809.) Steber Mensch ist ein Kind seiner Zeit, aber auch ^ nicht wenig dem Einfluss der vorhergehenden unterworfen. Die Strömung der Umwelt, die Anschauungen innerhalb der Familie, sowie der Geist des Lehrers bilden neben dem eigenen Leben und Wirken die drei gewichtigsten Punkte, welche bei der Beurtheilung eines Menschen in Betracht kommen. Wer sie vernachlässigt, geht unfehlbar in die Irre. Gleichwohl kann man sie bei der gedrängten Uebersicht eines so umfassenden Lebens, wie es das eines Apostels ist, nur im Vorübergehen streifen. Unser Heiliger entstammte einer a l t a d e l i g e n Familie in Fries land. Die Geschichte seiner Bewohner liegt vielfach im Dunkeln. Zu Cäsars Zeiten wohnten sie mit andern Völkern zusammen auf den Inseln zwischen den verschiedenen Rhcin-mündungenU) „Dort hat dies arme Volk Hügel inne oder Dämme, die von Menschenhänden dem höchsten Flutstande entsprechend aufgeführt sind. Darauf stehen Hütten — Schiffen gleich, wenn die steigende Flut sie umgibt — einem Wrack ähnlich, wenn sie sich zurückzieht. Dann gehen sie um ihre Hütten herum auf den Fang der mit dem Meer-wasfer wieder zurückeilenden Fische. Vieh haben sie nicht, Milch ebensowenig. Von Kämpfen mit wilden Thieren wissen sie nichts, weil es dort gänzlich an Gebüsch und fruchttragenden Bäumen fehlt. Von Sumpfgras und Binsen verfertigen sie ihre Netze. Sie kochen ihre Speisen und erwärmen die erstarrten Glieder an Torf. Zum Tranke benützen sie das in Gruben gesammelte Regenwasser. Und doch bedauern diese Menschen, wenn sie heute von den Römern überwunden würden, Knechte geworden zu sein." ’) Nachdem einmal die Römer ins Land gekommen waren und die Stürme der Völkerwanderung auch hier die Stämme mannigfach gemischt hatten, hob sich auch allmählig die Gesittung und Bildung des Volkes. Schon zur Zeit des hl. Ludgcr waren die Friesen bekannte Wollenweber. Den mächtigsten Hebel der Cultur setzte natürlich auch hier das Christenthum in Bewegung. Es war aber trotz der apostolischen Arbeiten eines Kunibert, Awand, Eligius, Landoald, Wilfried und Willibrord noch nicht zur vollen Herrschaft gekommen. Erst Ludgar sollte die Bekehrung seiner Landsleute zum Abschluss bringen. In seiner eigenen Familie war es ebenfalls noch nicht ein Menschcnaltcr heimisch, als er im Jahre 744 das Licht der Welt erblickte. Der Name Ludger, den er in der hl. Taufe erhielt, bedeutet soviel wie „Weis; von Leib und Seele." Der Knabe machte seinem Namen alle Ehre. Schon als Kind sammelte er Stücke von Fellen und dünne Holzspäne, die man damals zur Beleuchtung verwendete und nähte sich ein Buch zusammen. Dann versuchte er zu schreiben, allein es gieng nicht. Trotzdem bat er seine Amme, das Buch sorgfältig aufzubewahren. Seine Mutter fragte ihn einmal: „Ludger, was hast du heute gethan?" Da erwiderte er ihr: „Ich habe den ganzem Tag Bücher gemacht, gelesen und geschrieben." Und als sie weiter forschte, wer ihn denn das gelehrt habe, gab er ohne Zögern die kindliche Antwort: „Der liebe *) Caesar, bell. gal. IV 10. ') Pliilius: hist. nat. 15. Die Glaubensboten bež deutschen Volkes. 57 Gott." Daraus scheu wir zugleich, dass der rege V c r k c h r der hl. Glaubensboten mit d e n Eltern Ludgers eine zarte Frömmigkeit in der Familie hervorrief und dass LudgerS Elter» selbst ziemlich gebildet sein mussten. Der Tod des hl. BonifaciuS, welcher in der Nähe eines Schlosses der Eltern Ludgers von den Heiden erschlagen wurde, machte auf den 10jährigen Knaben einen tiefen Eindruck, und dies umsomehr, da der greise Apostel ei» alter Freund der Familie war. Der ernste Knabe bat seine Eltern um die Erlaubnis, die berühmte Schule des großen Utrechtcr Bischofs Gregorius besuchen zu dürfen, damit er sich hier auf den geistlichen Beruf vorbereite. Die Eltern gaben bereitwilligst ihre Zustimmung. Früher waren die Eltern vor allem darauf bedacht, dass ihr Kind gottgefällig wandle, heutzutage sehen sie mehr darauf, dass sie gute Geschäftsleute werden. „Ein Heiliger sein" rentiert sich nicht so gut, darum lieber ein Büromensch oder eine lederne Fabriksmaschine. So kam denn Ludger im Alter von etwa 10 bis 14 Jahren unter die Leitung eines Mannes, der sich an jedem Tag vom frühen Morgen bis spät in die Nacht hinein die religiöse und wissenschaftliche Ausbildung des Herzens und Geistes seiner Pflegebefohlenen unverdrossen angelegen sein ließ und vielleicht noch mehr durch das lebendige Beispiel seines priesterlichen Lebens als durch die Fülle seines Wissens wirkte. Nachdem Ludger Subdiacon geworden war, begab er sich an die Domschulc zu Jork in England, wo A l k u i n, der gelehrteste Mann seiner Zeit und Karls des Großen inniger Freund, als glänzendes Gestirn am Himmel der heiligen und weltlichen Wissenschaften hervorstrahlte. Hier befand er sich bereits Zr/g Jahre, als durch die Frevelthat eines friesischen Kaufmanns eine allgemeine Bewegung unter den Engländern gegen die Friesen entstand, infolge deren auch Ludger die Insel wieder verlassen musste. Bald darauf wurde er zum Priester geweiht und erhielt den sogenannten O st e r g a u als Pfarre, die, wenngleich nicht stark bevölkert, doch eine Ausdehnung von zwei Landkreisen hatte und auch seine Familicugüter, die Märtyrcrstättc des hl. BonifaciuS und alle Erinnerungen der ersten Jugend enthielt. Ludger war jetzt 33 Jahre alt und in jeder Beziehung das Muster eines Priesters nach dem Herzen Gottes. Mit rastlosem Seeleneifer predigte er den Heiden und schlechten Christen die ewigen Wahrheiten, erbaute Klöster und Kirchen, sammelte die zerstreuten Gläubigen in festen Wohnsitzen, gewöhnte sie an friedlichen Landbau und gewann dem Himmel viele Seelen. Eine schwache Andeutung seiner Wirksam- keit findet sich in einem Gedichte seines englischen Freundes Josef. Der Kern desselben lautet: Ludger, o mein .Geliebter, Dich segne die Gnade des Heilands! Blühe Du, Deines Geschlechtes der Friesen hell le richtende Säule?) Der Du als Priester voll Lob3) au den westlichen Küsten der Erde, Klug in der Rede und tiefen Geuiiiths, ein starker im Wissen, Zierest den eigenen Stand durch liebliche Tugend und Sitten. Wahrlich Du dienest, eilt Kind den Greisen,, demüthigen Herzens. Und wie ein Bruder Du lebst mit denen, die Altersgenossen, Und wie ein Vater ertheilst Du den Kindern die Lehre des Lebens. Da fiel plötzlich der mächtige Sachsenherzog Witte kind raubend und mordend ins Land. 2Ber im Lande blieb, musste den Glauben verleugnen oder sterben. Ludger floh mit seinem Bruder Hilde-grim und wallfahrtete nach Rom. Nach einer Audienz bei Papst Hadrian II. zog er sich in das berühmte Benedictinerkloster Monte Cassino zurück, bis er ivieder als Missionär nach Deutschland ziehen könnte. Drei Jahre hatte er schon in der (treusten klösterlichen Einsamkeit verlebt, als er wider alles Erwarten die Freudenbotschaft vernahm, Wittekind habe mit seinem ganzen Hause das Heidenthum abgeschrvoren und Karl der Große selbst sei sein Taufpathe geworden. Dies und eine Einladung des Kasers trieb ihn nach F r i e s l a n d zurück. Zunächst war er auf kurze Zeit Abt in dem fränkischen Kloster Lothusa, aber der Umstand, dass die fünf östlichen Gaue Frieslands, nämlich Hugmeothes, Husmulga, Fiwilga und die auf dem rechten ' Ufer der Ems liegenden Fcderitga und Emisga noch heidnisch, waren, veranlassten Ludger, wieder das Leben eines Missionärs zu führen. Bewaffnet mit dem Crucifix, heiligen Reliquien und dem EvangelienbucheS) zog er in den Kampf gegen den Satan und sein Reich. Bald jedoch (pornte ihn sein Eifer an, auch die Bewohner H c l-golands zu bekehren. Seine BemühunMn waren dabei vom schönsten Erfolge begleitet, sodass er sogar die Gedanken bereits auf Dänemark richtete. Allein die politischen Verhältnisse traten diesem 0 Eine Anspielung auf die Wokkensäale, die de» Juden den Weg gezeigt. 2) Ludger war wegen seines reinen Lebens, unverfälschten Glaubens und festen Charakters zum Pfarrer des schwierigen Ostergaues ernannt worden. 3) Jetzt in der kgl. Bibliothek in Berlin. 58 Tie Glaubensboten des deutschen Volkes. Vorhaben entgegen. Dafür war er von der göttlichen Vorsehung zum Glaubensboten für die Sachsen ausersehcn. In Mimi gern eford') (Münster) ließ er sich zunächst nieder, weil hier ein lebhafter Verkehr herrschte. Die dasigen Zustande waren wesentlich verschieden von denen seines früheren Wirkungskreises. Ganz abgesehen von dem stolzen kriegerischen Sinn der Bevölkerung, besaß das Land eine eigenthümliche Eintheilung. Es zerfiel in Gaue; die Gaue theilten sich in Diöcescn, deren Häuser zerstreut umherlagen. Jedes Haus war seinerseits umgeben von einem eingefriedigten Hofraum, jede Dorfgrnppe von einer Mark, welche zur gemeinschaftlichen Viehtrift oder Holzung benützt wurde. Zwar fanden sich schon Katholiken im Lande, aber immerhin blieb noch unendlich viel zu thun. Vorerst baute er in Mimigerneford einen Dom mit einem Priesterhaus. Da in diesem wie in einem Kloster (monasterium) gemeinschaftliches Leben herrschte und cs in die Mitte der aufblühenden Stadt zu liegen kam, nahm diese selbst den Namen „Münster" davon an. Das Priesterhaus ward in der Folge zum Ausgangspunkt des religiösen Lebens der Diöcese und deren reichste Segensquelle. Ueber Ludgcrs äußeres Wirken ist uns aber leider nur Weniges überliefert. „Wie man's an ihm gewohnt war," erzählt sein Lebcnsbeschreiber Altfricd (j 859), „so suchte er auch den rohen Sachsen mit allem Eifer und aller Sorgfalt zu nützen in der Lehre Christi. Zunächst rottete er die Dornen des Götzendienstes aus, dann streute er den Samen des Wortes Gottes von Ort zu Ort mit allem Fleiße aus, baute Kirchen und stellte an ihnen Priester an, welche er sich selbst erzogen hatte zu ehrwürdigen Gehilfen im Dienste des Wortes Gottes. Er wollte gern vielen Völkern nützen im Werke des hl. Evangeliums. Mit großem Scharfsinn und ebenso großer Mäßigung spendete er der ihm anvertrauten Sachscnhcrde nun reichlich die Mittel des Heils." Der Heilige wusste infolge eigener Erfahrungen, welch große Vortheile gerade die Klöster bei der Missionierung eines Landes bieten und welche Stütze das religiöse Leben des gesammtcn Volkes an ihnen findet. Darum brachte er in der Gründung des Klosters Werden an der Ruhr einen Gedanken zur Ausführung, der ihn schon lange beschäftigt hatte. In diesem Kloster der Bcnedictiner sollte Tag und Nacht das Lob des Allmächtigen erschallen, ’) Mimi ist ein heidnischer Gott; Gerne garbe —©arten; ford - Furth - Uebergang (über die 9(a). sollte der abgearbeitete Missionär sich wieder körperlich und geistig erholen, sollte das gläubige Volk an dem abgctödtctcn Leben der Mönche ein erhebendes Beispiel für die eigenen Sorge» und Kümmernisse haben, sollte cs sein Herz vor Gott ausschütten und durch die gottbegeisterten Scharen der Wallfahrer zu einem neuen Leben in Christo Jesu entflammt werden. Was Lndger gedacht, ist denn auch zur Wirklichkeit geworden: die Jahrbücher der Geschichte bezeugen cs. Das Missionsgebiet unseres Heiligen war von Karl dem Großen zum Bisthum erhoben worden. Ludger hatte es zwölf Jahre verwaltet, ohne selbst Bischof zu sein. Früher schon hatte er die Mitra von Trier abgelehnt. Auch jetzt erklärte er dem Erzbischof Hildebald von Köln: „Ich kann und darf nicht geweiht werden, denn der Apostel sagt, der Bischof müsse untadelhaft sein." Aber der nicht minder demüthige Hildebald wies diese Ablehnung mit dem Bescheid zurück: „Dieses Gesetz ist bei mir auch nicht angewendet worden", und ertheilte ihm die bischöfliche Weihe im Jahr 802. Dass ein Mann wie Lndger seine Diöcese im Geiste unserer hl. Religion verwaltete, bedarf eigentlich kaum der Erwähnung. Wie er einst als Pfarrer das Muster eines gewöhnlichen Priesters war, so leuchtete er jetzt auch als das Ideal eines seiner Kirche treu ergebenen und für das Heil seiner Herde eifrig besorgten Bischofs hervor. Sein Lebensbeschreiber Altfried konnte ihm gewiss kein größeres Lob spenden als das, wenn er sagte, Lndger habe aus den Friesen und Sachsen, die er bekehrte, ein vollkommenes Volk für den Herrn bereitet. Freilich entzieht sich uns nach so vielen Jahrhunderten das Einzelne in einer so ausgedehnten Diöcese, wie die seinige war. Aber was lässt nicht alles der Umstand allein schon ahnen, dass jeder, der in näherer Beziehung zu ihm stand, zu einer hohen Stufe christlicher Vollkommenheit gelangte?! Sein Bruder Hilde grim, seine Schwester Ger bürg, sein Neffe Gerfried, Ida von Harzfeld, deren Beichtvater Bertger, der Sänger B e r n l e f und viele andere, die seiner Leitung unterstanden, werden als Heilige verehrt. Wir haben bisher unsern Heiligen nur in der Eigenschaft und Wirksamkeit eines katholischen Priesters und Bischofs kennen gelernt. Aber eš' ist an sich allein schon klar, dass ein solcher Mann mit dem Feuereifer und den Erfolgen eines Paulus der weltlichen Obrigkeit nicht verborgen bleiben konnte, zumal einem Karl dem Großen, dein die Missionierung des Sachsenlandes so sehr am Herzen lag. Schon als Ludger im Kloster Monte Cassino ®ie ©IniifieušEoteu des deutsche» Volkes. 59 meiste, wurde Karl von dem berühmten Alkuin, der damals mt dem kaiserlichen Hof meiste und, wie mir Bereits wissen, 3‘/2 Jahre Ludgers Lehrer nmr, auf ihn aufmerksam gemacht. Karl der Große schätzte gelehrte und heilige Unterthanen imb sandte sofort Boten an Ludger ab mit der Bitte, doch in sein Reich zurückzukehren. Aber der Heilige war noch nicht zu bewegen, daS Kloster zu verlassen. Erst als der verehrte Lehrer Alkuin sich ins Mittel legte, schied Ludger von Monte Cassino. Der Kaiser em-pfieng ihn äußerst freundlich und machte ihn zum Abte des KlosterS Lo t h us a. Die Leitung deS großen Frauen-klosters zu N i -v elleS hatte er aus Demuth und Bescheidenheit abgelehnt. Doch hielt es ihn hier, wie wir oben gesehen haben, nicht lange zurück. Sein flammender Seeleneifer trieb ihn als Missionär hinaus. Karl der Große wollte ihn nicht daran hindern und sandte ihn zu den Friesen, die von ihm einen Missionär erbeten hatten, der ihre Muttersprache verstünde. Als er nach Helgoland übersetzte, wandte er sich wieder an Karl tun die Erlaubnis dazu. Der Kaiser gewährte sie gerne. Allein als Ludger nach seinen großen Erfolgen daselbst auch Dänemark bekehren molite, war Karl dagegen. Er meinte, Ludger solle den Glauben in seinem friesischen Missionssprengel noch fester zu begrüitden suchen. Bielleicht hatte er ihn auch dautals schon für andere Zwecke im Auge. Im Frühjahr .793 bot Karl unserm Heiligen das Bisthum Trier an. Dieser aber lehnte die Würde Der bl. Eudgcr. ab, da er mehr für rohe, ungebildete Völker passe und wählte die seit 791 erledigte MissiouSstelle in Mimigerneford. Karl war es auch so zufrieden Es darf nicht auffallen, dass Ludger scheinbar in hohem Mäße von dem Kaiser abhieng. Einmal molite Karl sicherlich nur daS Beste der unterworfenen Nationen, sodann war er ja selbst in hervorragender Weise für die Verbreitung des Glaubens thätig. Außerdem musste in Hinsicht der damaligen deutschen Verhältnisse die Kirche Hand in Hand mit betn Staate vorgehen, sollte der ganze Erfolg der Glaubensboten nicht schon von vornherein in Frage gestellt sein. Wie sehr übrigens die weltliche Macht, auch wenn sie sich in Glaubenssachen rein passiv verhält, auf den Fortschritt der Bekehrung einwirkt, sehen wir ja zur Genüge in den deutschen Missions-gebieten in Ostafrika. Es könnte daher für jede Mission nur von größtem Nutzen sein, wenn sie gedeckt wäre durch die Colonialmacht der eigenen Nation. Dass aber Ludger trotz der engen Beziehung zum Kaiser keilten Augenblick die eigene. Selbständigkeit aufgab, beweist folgender Vorfall. Als Karl der Große sich einmal zu Münster aufhielt, versuchte man den frommen Bischof, der den Neigungen des Kaisers entgegen in allem die größte Einfachheit liebte, Bei dem prachtliebenden Herrscher anzuschwärzen, als ob Ludger durch eine übertriebene Sparsamkeit die Bischofswürde in Verruf bringe. Karl ließ den Bischof durch einen Boten zu sich bescheiden. Allein er kam nicht. Ein zweiter Bote 60 Die Glanbeueboten des deutschen Volkes. mürbe gesandt: Ludger erschien noch nicht. Der dritte Bote hatte ebenso wenig Erfolg. Es,ist begreiflich, dass sich der Kaiser in einer gereizten Stimmung befand, als der Heilige endlich eintrat. „Warum," fuhr ihn der Kaiser an, „kommst du trotz der vielen Boten, die ich zu dir sandte, so lässig meinen Befehlen nach?" — „Weil ich glaubte," erwiderte der Heilige ganz ruhig, „Gott, dir o Herrscher, so gut wie allen andern Menschen vorziehen zu müssen. Denn als deine Boten kamen, war ich im Breviergebete und hielt es für unpassend, den Dienst des Allerhöchsten deinetwegen zu unterbrechen. Nachdem ich aber den Dienst des Herrn beendigt, komme ich um so bereitwilliger, deine Befehle zu vollziehen." Der Kaiser war sehr erfreut über diese Antwort, verbannte alsbald die Ankläger vom Hofe und blieb ihm bis zu dessen Tod sehr gewogen. Angesichts dessen mag es wohl als selbstverständlich erscheinen, dass auch das innere Seelenleben eines solchen Mannes den höchsten sittlichen Anforderungen gerecht wurde. Wenn seine Lebensbeschreiber davon verhältnismäßig wenig berichten, so liegt der Grund in der großen Demuth und Bescheidenheit des Heiligen. Aber sie erzählen unter dem wenigen einzelne Thatsachen, welche die reiche Fülle seines Herzens in etwa ahnen lassen. Bei dem kurzen Ueberblick, den wir geben, können nur die Namen darauf hinweisen. Vorhin hatten wir seine Einfachheit schon berührt. Sie gieng jedoch nicht aus ©ei; hervor, sondern rein aus Liebe zu den Armen und den Klöstern, für die er immer eine offene Hand hatte. Sein Gebetseifer ist ebenfalls bekannt. Keine Witterung war ihm zuwider. Einst betete er neben einem Feuer, und der Rauch stieg ihm ins Gesicht. Einer seiner Schüler sah es und leitete den Rauch ab. Weil er dadurch das Gebet für einige Augenblicke unterbrochen hatte, bekam er von Ludger einen derben Verweis und eine harte Buße auferlegt. Für alle war er ein beredtes Muster der Demuth und Abtödtung. Die erstere leuchtet schon aus dem Sträuben gegen die Bischofswürde hervor. Was die letztere betrifft, so ist, abgesehen von der spärlichen Nachtruhe und den nächtlichen Gebeten im Freien, sowohl Sommers wie Winters, besonders hervorzuheben, dass er bis zu seinem seligen Ende stets ein Bußkleid trug, dass er sich sehr selten Fleischspeisen gestattete und dass er nie vollauf gesättigt vom Tische sich erhob. Seine Mildthätigkeit trug ihm den Namen eines Vaters der Armen ein. Sein Seeleneifer war schrankenlos, aber immer von den Grundsätzen der christlichen Klugheit geleitet. Ein Mann von bischöflicher Autorität, richtete er ohne Ansehen der Person. War er gegen die rem müthigen Sünder sanft und naehsiehtig bis zum Aeußersten, so zeigte er sieh ebenso unbeugsam gegen verstockte. Aus die göttliche Vorsehung vertraute er blind und unerschütterlich. Darum kann es uns nicht wundern, wenn sie ihn dafür mit der Wundergabe belohnte. Wunderbare Thatsachen ließen sich in Menge anführen. Er wusste genau seine spätere Wirksamkeit vorher, kannte die Zukunft Deutschlands, sagte die Einfülle und Verheerungen der Normannen voraus, zeigte mit Bestimmtheit den Platz seines einstigen Begräbnisses zu einer Zeit, wo das gerade Gegentheil sicher zu sein schien, erklärte, das Volk werde sich der Uebertragung seiner Leiche von Münster nach Werden widersetzen, aber auf Befehl des Kaisers werde es dennoch geschehen; er gab seinen Schülern das Zeichen an, woraus sie die Wahrheit dieser Behauptung zum Voraus erkennen könnten usw. Zwei Blinde machte er sehend und erweckte mehrere Todte wieder zum Leben. Nach seinem am 28. April 809 erfolgten Tode ereigneten sich auf seine Fürbitte in kurzer Zeit noch 21 Wunder. Auch in späteren Jahrhunderten hörte der Herr nicht ans, durch des Heiligen Verwendung seinen Segen über die ganze Diöeese und weit darüber hinaus auszugießen. Blinde, Lahme, Gichtbrüchige, Nervenkranke und wer immer mit gläubigem Vertrauen die Fürbitte Ludgers anrief, ward erhört. Die Verehrung des Heiligen blieb auch alle Jahrhunderte hindurch lebendig. Besonders nahm sie naeh zeitweiliger Erschlaffung im 19. Jahrhundert wieder einen begeisterten Aufschwung. In geradezu großartiger Weise aber gestaltete sich die 1050 Wiederkehr seines Sterbetages. Vierzehn Tage lang dauerte die Jubelfeier. Schon zwei Jahre vorher begannen die Zurüstungen; am Grabe in Werden und zu Billerbeck, wo der Heilige öfters sich aufhielt, trafen unzählige Wallfahrer ein. Die Nöthen des Culturkampfes entfachten die Verehrung unseres Heiligen noch mehr. Möchte sie auch in Zukunft immer neue Blüthen treiben und den Segen deS großen Apostels der Weser und Elbe, der Ems und des Rheines auf die Völker seines ehemaligen Wirkungskreises in erhöhtem Maße herabziehen! Rundschau in Asien. China. Die Lage in China gleicht noch immer einem Räthsel von sehr zweifelhafter Lösung. Die einen fürchten, die andern hoffen, und die dritten, welche anscheinend am meisten recht haben, hoffen und fürchten zugleich. In der That kann man die endgiltigen Vortheile der europäischen Intervention keineswegs überblicken. Zwar hält der apostolische Vicar von Peking, Bischof Favier, die Furcht vor der Erneuerung der Unruhen für unbegründet und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Allein die Gründe, ans welche er seine Ansicht stützt, sind einerseits doch zu schwach, um uns vollkommen zu beruhigen und anderseits weiß er selbst den thatsächlichen Erfolg der europäischen Expedition nur dahin zu kennzeichnen, dass sie für die Missionen, wenigstens kein ungünstiges Ergebnis gehabthat. Mit Recht beklagt er allerdings das oberflächliche oder gar böswillige Urtheil über die katholischen Missionen seitens einiger hochgestellter Persönlichkeiten. Was sein eigenes Vicariat angeht, so entwirft der hochw. Herr Bischof ein verhältnismäßig sehr günstiges Bild. 1200 Heiden haben sich seit den Friedens-Unterhandlungen taufen, 3000 als Katcchumcnen einschreiben lassen. Auch die Entschädigungsfrage ist zur beiderseitigen Zufriedenheit ins Reine gebracht. Aus den Berichten des Bischofs Favier kann man annähernd den Nutzen ersehen, den der Eingriff Europas wenigstens für diese Mission gebracht hat. Freilich muss man sich hüten, diese günstige Erledigung in allen Missionsbezirken anzunehmen, denn in Peking liegt es im doppelten Interesse der Chinesen, möglichst bald die alte Ruhe wieder herzustellen. Einmal geschieht dies schon mit Rücksicht auf den Hof, der in einem ganz neuen Fahrwasser treibt, sodann in Hinsicht auf den großen europäischen Einfluss gerade in diesem Theile des Reiches. Dementsprechend kommenden» auch aus den übrigen Missionen weniger rosige Nachrichten. Zwar gestaltete sich die Rückkehr Bischof Hofmanns in seine Bischofsstadt Lu-ngan-fn in Süd-Schaust zu einem wahren Triumphzuge, allein dies konnte nur dadurch geschehen, dass der französische Gesandte mit aller Macht einschritt. Die heidnische Bevölkerung trägt noch einen sehr feindseligen Charakter zur Schau. Noch untröstlicher sicht es in Süd-Hunan aus, wo man allgemein einen neuen Ausbruch der Ver- bm Missionen. folgung fürchtet. „Wenn es den Mandarinen nicht gelingt," schreibt P. Quirin H e nfling 0 .P. M., „die Panik zu beherrschen, so steht zu befürchten, dass die Räuberbanden des Ko-lao-hoei (Geheimbund) sich die Lage zunutze machen, um mit dem Rauben und Mordbrennen wieder zu beginnen." In der Mongolei sieht es nicht besser aus. „Zwar scheinen," berichtet P. van Kerckhofen (Scheut-velder Missionär) „die Mandarinen gegen uns gut gesinnt, aber die Bevölkerung nimmt immer noch eine feindselige Haltung ein, und das einzige Mittel, sie und ihre Führer wirksam im Zaume zu halten, wäre die Absendung einer kleinen europäischen Streitmacht in diese Striche. In der Ost- und Südwest-M on go lei ist die Lage der Missionen und Missionäre womöglich noch trauriger bestellt. Dort ist alles vernichtet und die Missionäre besitzen nichts als was sie auf dem Leibe tragen. Ein anschauliches Bild von dem traurigen Zustand, in welchem die Missionäre ihre Stationen wiederfinden, gibt ein Brief des P. Bongaerts. „Wir haben uns hier in Kiu-ti einquartiert. Die alte Lchmkirche steht allein noch, ist aber wie die am San-schcn-kung in eine Lamaserie verwandelt worden . . . Christen sind hier keine gctödtct worden, aber alle Residenzen sind zerstört, die den Missionären gehörigen Sachen: Möbel, Bücher, Kleider entweder verbrannt und vernichtet oder gestohlen. Aus den festtäglichen Messgewändern haben sich die nwngolischen Steppensöhne Satteldecken für ihre Pferde gemacht, an deren Flanken jetzt die gestickten Goldsterne baumeln. Die vergoldeten Kelche wurden zu Tabaksköpfen verwendet, anderer Greuel nicht zu gedenken. .... Auf chinesischem Gebiet kann man hoffen, dass infolge der Ereignisse wenigstens theilweise Schadenersatz geleistet werden wird. Ganz anders steht die Sache bei den Mongolen, die in die unermessliche Steppe sich leicht entziehen können, und die jetzt, neun Monate nach der Besetzung Pekings, noch nichts von der Wirkung europäischer Waffen-thaten verspürt haben. Das heißt, wir sind hier in unserer äußersten Nothlage allein auf Gott und auf die Selbsthilfe angewiesen." Trotz dieser harten Lage scheinen diese zähen Flamländer voll Muth zu sein und sind entschlossen, wieder von vorne anzufangen und mit Hilfe der Almosen aus Europa die Ruinen geduldig wieder aufzubauen. Indessen treffen allenthalben günstigere, 62 Rundschau in ben Missionen. wenn auch noch ganz allgemein gehaltene Nachrichten ein. Weniger betrübend, aber jedenfalls interessant ist es, zn bemerken, dass der alten „Kaiserin-Hexe" endlich einmal der Weisheitszahn wächst. Nachdem sie zur Einsicht gekommen ist, dass die europäischen Erfindungen wie Telegraph und Eisenbahn eigentlich doch „eine Quelle der Wohlfahrt für das Reich" seien, soll nicht nur die ganze ReichS-verwaltnng umgewandelt und dem treulosen Beamtenpack das Handwerk gelegt, sondern auch das ch i ne -fische ll nterr i chtswes en insgesammt nach europäischem Muster eingerichtet werden. Hoffentlich geht man nicht zu weit, indem man statt zn „eivi-lisieren" „europäisiert" oder gar nach einzelnen europäischen Mächten „nationalisiert"; die letzten Dinge könnten sonst ärger werden als die ersten! Uorderindien. Hier herrscht immer noch die größte Noth, da in manchen Gegenden bereits seit mehr denn drei Jahren kein Regen fiel. Die Pest, welche manche Länderstrecken hart mitnahm, macht das Elend noch größer. Umso erhebender ist es daher, zu sehen, wie die Missionäre in treuer Pflichterfüllung auf ihrem schwierigen Posten ausharren. Am meisten von allen verdient jedoch der deutsche Missionär P. L e o Perrig 8. .1, der im Dienste der Pestkranken sein Leben aufopferte, unsere aufrichtigste Bewunderung. Von Geburt ein Schweizer, befand er sich seit 1894 in Tumarikop, einem weltverlorenen Dorfe der Diöeese P u n et. Was er hier alles durchgemacht hat, lässt sich aus den Worten der protestantischen Times of India schließen. „Man kann sich denken," schreibt sie, „was es zumal für einen Europäer heißt, in einem solchen Dorfe zu leben, das 21 englische Meilen (ca. acht Stunden), von dem nächsten Marktplatze abliegt, und dies zu jeder Jahreszeit, 6 volle Jahre lang. Der gute Pater musste sich zufrieden geben mit dem wenigen, das der Ort ihm bot. Bequemlichkeiten wollte und konnte er keine haben; trotzdem war er stets guter Dinge und zufrieden." Als im letzten Sommer in Tumarikop die Pest ausbrach, war er, da nirgends ärztliche Hilfe aufzutreiben war, den armen Leuten Arzt und Priester, Vater und Tröster, Krankenpfleger und Diener, kurz alles, bis ihn endlich selbst die Pest ergriff. „Ihr Bruder," schrieb der goanesische Priester, der hochw. Marschall d'Souza an den Bruder des Hingeschiedenen, „ist als Märtyrer der Liebe und der treuen Pflichterfüllung gestorben." „In Wahrheit," wiederholte er, „er starb als Märtyrer, er wird von Jedermann als ein Märtyrer der Liebe betrachtet." „Er war," schrieb sein Oberer, „ein furchtloser und völlig selbstloser Mann. Ich hatte ihm einen Gehilfen angeboten, damit er sich etwas ausruhen könne. Er lehnte ab, vermeinend, eS wäre eine Schmach, seinen Posten gerade jetzt zn verlassen!" Afrika. Oberägyptcn. Das religiöse Leben unter den Kopten nimmt erfreulicherweise einen starken Aufschwung. Der Hauptort ist T a h t a, eine etwa 17.000 Einwohner zählende Stadt ans dem linken Ufer des Nil (88 Stunden südlich von Kairo). Hier befindet sich die bischöfliche Residenz mit Kathedrale, ein Priesterseminar, eine Knaben- und eine Mädchenschule, In der Umgebung der Stadt sind in den letzten 5—6 Jahren 8 katholische Kirchen und ebensoviele Schulen gegründet worden. Leider steht die Behandlung der Frau noch zu sehr unter mohammedanischen Einflüssen. Aber durch die einheimischen syrischen Schwestern beginnt auch auf diesem Gebiete der christliche Gedanke erfolgreich durchzubrechen. OstafriKa. Wie schon wiederholt berichtet, gewährt die Mission von N y a s s a die schönsten Aussichten. „Nur schade," meint P. Guillerme, „dass unser so wenig katholische Missionäre sind, während ringsumher die protestantischen Prediger das Land förmlich überschwemmen." Unter-Sam'dCSi. Seit 1880 starben in dieser Jesuitenmission 60 Missionäre, Väter und Brüder. Jetzt sind 25 Missionäre thätig, darunter neun Deutsche und Oester re ich e r. Wenn das Bekehrungswerk hier langsamer voranschreitet als in anderen afrikanischen Missionen, so darf man nicht vergessen, dass man es hier mit tiefer stehenden und weniger entwickelten Stämmen zu thun hat. Im ganzen mag die Mission heute immerhin 4 — 5000 Heidenchristen zählen. In den verschiedenen Schulen werden ungefähr 700 Zöglinge herangebildet, gekleidet und unterhalten. Südafrika. Die Missionen auf dem Schauplatze des Burenkrieges sind geradezu elend daran. Die Rebellen scheinen die Rolle der chinesischen Boxer weiterspielen zu wollen. Bei den schwierigen Verhältnissen des Vicariats vom Oranje bedeutet daher derJahresbericht eine wirklich bemerkenswerte Leistung: „Wir hatten dieses Jahr 104 Taufen, 35 Trauungen, 145 Bekehrungen. In unsern drei Waisenhäusern befinden sich 102 Kinder; in unsern 8 Schulen 275 Kinder. Wir haben in unserer so ausgedehnten Mission 2575 Katholiken, die alle in Verschiedenes. 63 der Wüste zerstreut sind. Wir sind im ganzen 27 Missionäre (Patres und Schwestern) und haben 6 Kirchen oder Kapellen. BelgiSCb-ßOltgO. Die Jesuiten der Mission am Congo gaben die erste periodische Zeitschrift in der Eingeborenensprache heraus. Sie ist selbstverständlich durchweg religiös gehalten. Aus sonstigen Gebieten. In Deutsch-Ost-afrika blüht trotz des strengen Auftretens der Beamten der Sclavcnhandcl im Stillen fort. . Viele Sclaven suchen sich durch die Flucht in die Missionen zu retten. — Die aus Abessinien vertriebenen Lazaristen kehrten am 15. October wieder nach Aliti eua zurück. — An der Goldk ü st e dringt die christliche Gesittung immer tiefer in die Bevölkerung ein. Niemand wagt sich mehr in unanständiger Kleidung in die Missionen und auch sonst bemerkt man in dieser Hinsicht manchen Fortschritt. Amerika. Uereinfgte Staaten, Nach dem „Catholic Directory" zeigt die Jesuitenmission in Amcrikanisch-Alaska mit dem nordischen Eldorado folgenden Stand: Stationen 32, Väter 18, Brüder 8, Schwestern 19, Kirchen mit Priester 8, Missionsstationen mit Kapellen 6, Pensionate und Schulen 5, Waisenhaus 1, Spitäler 2, Katholiken etwa 1000. --—,—^ - Verschiedenes. Die Ugandabahn. Die Schienenlegung auf der Ugandabahn ist am 20. December 1901 vollendet worden. Der Schicncnstrang verbindet nunmehr den Indischen Ocean von Mom-bassa, dem Hauptorte von Britisch-Ostafrika, init dem Victoria-Nyansascc auf eine Länge von 920 Kilometern. Der Endpunkt am See liegt über 900 Meter über dem Meeresspiegel und auf der Strecke waren Höhen von 1800 Metern und darüber zu überwinden. In den Niederungen übte die Malaria ihre verheerenden Wirkungen aus; wilde Thiere rissen die Arbeiter vom Werke oder aus dem Schlafe weg; dazwischen störten die tropischen Regengüsse das Werk. Trotzdem wurde es in fünf Jahren vollendet, denn die Mienenlegung begann mit 5. August 1896. Die Ausgaben für den Bahnbau bis Ende des laufenden Finanzjahres werden sich auf mehr als 96 Millionen Mark stellen, doch lässt sich nach dem kürzlich veröffentlichten Berichte des Gouverneurs von Uganda Erzherzogin Elisabeth Maria. annehmen, dass der Ertrag günstiger ausfallen wird, als man früher zu hoffen wagte, denn nicht nur das nunmehr erschlossene cultur-fähige Königreich Uganda, sondern auch die ersten Strecken von der Küste aus versprechen einen mehr oder weniger regen Verkehr. Mit der Zeit, wenn die Besiedlung der Hochländer Ugandas beginnt, wird der große Nutzen des kühn unternommenen Bauwerkes noch deutlicher hervortreten und kann das britische Reich hoffen, wenigstens einen guten Theil seiner Ausgaben zurückerstattet zu erhalten. Deutsch-Ostafrika wird aus der Bahn Nutzen ziehen, ist jedoch, da es sich hat überflügeln lassen, den Briten in der Verkehrsfrage für den nördlichen Theil seines Gebietes bis zum Tanganjikasee hin tributpflichtig geworden. Bogrüszuug auf de» FidschiJiiseln. Ein Maristen-Missionär schreibt: Wir landen um 2 Uhr nachmittags am Gestade. Junge Männer stellen sich ein, sie auch begrüßen uns auf ihre Weise, die 64 Zu unsern Bildern. darin besteht: 1. fasst man mich bei der rechten Hand; 2. drückt man sie ebenso freundlich ivie heftig: 3. hebt man sie bis zur Nase: 4. presst man die Nasenspitze darauf und schnüffelt daran, als athmete man die feinsten Wohlgerüchc ein. Alle Bewohner des Dorfes thaten mir gleiche Ehren an. Ich versichere Sie, dass beim hundertsten solcher Küsse meine Schulter mich schmerzte. Versuchen Sic, hundert Mal diese Bewegung eines Pumpenschivengels zu machen und jedesmal die Nase eines Mannes zu erreichen, der größer ist als Sie und Sie werden verstehen, dass selbst auf Fidschi die Etikette ihre Schattenseiten hat. Aber ivas thun, man muss die Ehre: Na Mb eie leve (hoher Priester) genannt zu werden bezahlen. - - Su unseren Bildern. Tie Moschee Sultan Hassan in Kairo (S. 35), eines der bedeutendsten Werke arabischer Baukunst, ward 1356 — 59 unter der Regierung des Sultans Hassan erbaut, ist aber gegenwärtig in vollem Verfall und bildet so recht ein Bild des zerfallenden Islams. Der eine der beiden Minarete ist 86 Meter hoch und der höchste Kairos. Auf unserem Bilde ist der größte und höchste der vier Säle des Innern dargestellt mit der nach Mekka gerichteten Kibla aus buntem Marmor im Vordergrund. Rechts ist die Kanzel. Von der Decke hängen eine Menge von Stricken zum Anbrirgeu von Lampen herab. Um den ganzen Raum läuft ein Fries mit Arabesken und einer kufischen Inschrift. Rechts von der Kanzel ist der Eingang zum Mausoleum. In der Mitte des weiten viereckigen Raumes, der noch mehr als der große Saal verwahrlost ist, befindet sich der von einem Gitter umgebene einfache Sarkophag Sultan Hassans. Bei der Nilfährte (@.40). Eingeborene des Sudan und Boote an der Stelle der Ueberfahrt über den Nilstrom. Im Hofe der Missionsstation Omderman. (S. 42.). Auf einem Angareb oder Bettgestell sitzt i>. I. Ohrwalder, umschattet von tropischen Gewächsen, welche das Wasser und die tropische Sonne dem sonnverbrannten Sandboden, auf dem Omderman liegt, entlockt haben. Im Hintergründe ist ein Theil der ebenerdigen Wohnung aus getrocknetem Nilschlamm sichtbar. Eine tropische Idylle auf .Wüstenboden! Der Kawafz (S. 45). Die Consul» Aegyptens und anderer Theile des Orients halten sich einen oder mehrere Kawasse. Diese Bedienten in ihrer festlichen Tracht mit Pumphosen, silber- und goldbebordeten Jacken, Fez, Säbel mit Quasten, sitzen bei Ausfahrten ihres Herrn neben dem Kutscher und gehen bei festlichen Anlässen mit dem Ceremonienstab ausgerüstet, voran. Auch europäischen Reisenden und Schutzbefohlenen werden sie als Begleiter beigegeben. Die Begleitung eines Kawassen verleiht Ansehen und sichert bessere Aufnahme und Entgegenkommen. Eingeborene, thcil-weise Neger und Mulatten, meist Mohammedaner, seltener Christen, verstehen sie meist eine oder mehrere europäische Sprachen. Hl. Ludger(S. 59.) Unser Bild stellt gerade jenen Augenblick dar, wo der Heilige die Worte spricht: „Weil ich glaubte, Gott, dir o Herrscher, so gut wie allen andern vorziehen zu müssen!" Auf dem Antlitz des Kaisers spielt ein buntes Gemisch von Aerger, Staunen und Bewunderung. Der Graf, welcher rechts unten sitzt, ist ganz starr ob der Kühnheit des greisen Bischofs. Dieser selbst steht da offen und freimüthig, ohne Furcht und Erregung. Der vorderste der vier Krieger fährt bei den unerschrockenen Worten des Kirchenfürsten unwillkürlich an die Brust; sein Blick ist geradeaus gerichtet; der Mann hat offenbar so etwas noch nie erlebt. Sein Nebenmann vollends kann sich kaum beherrschen. Ihm genügt es nicht, den Heiligen zu hören, er muss ihm die Worte gleichsam vom Munde absehen. Darum lehnt er sich auf die Seite nach vorn; er scheint seinen eigenen Ohren nicht zu glauben. Die zwei hintersten Krieger aber wissen nicht, über was sie mehr staunen wollen, über die unverblümte Offenheit Ludgers oder die Zurückhaltung Karls, der nach ihrer Ansicht jeden Augenblick voll Unwillen aufspringen und den Bischof seinen kaiserlichen Zorn fühlen lassen kann. Erzherzogin Elisabeth Marie (siehe Bild S. 63) geboren am 2. September 1883 zu Laxenburg, Enkelin des Kaisers, unter dessen Aufsicht auch ihre Erziehung geleitet wurde, hat sich mit dem Prinzen Otto zu Windischgra.etz, geboren am 7. October 1873, verlobt. Die Vermählung findet am 27. Jänner statt. Für die Schriftleitung: P. Laver Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbnchdrnckerci, Vrixcu.