Nr. 1814. 1868. Y. fxii'riiliite BmàilP-llatt für die üimmitT Diözese. Zuhalt: I. Mitthcilung der am 25. Mai 1868 erlassenen kaiserlichen Gesetze »der Ehe, Schule und interconfeffioncllc Angelegenheiten. II. Ministeri«!-Erlaß betreffend die confcssionclle Erziehung der in öffentlichen Krankenanstalten gebornen Kinder. III. Ministerial-Erlaß in Betreff der Behandlung der kath. Bercine und Bruderschaften »ach dem Gesetze vom 15. Dìo- , vember 1867. I. vom LS. Mai 1S6S, wodurch die Vorschriften des zweiten Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über das Eherecht für Katholiken wieder hergestellt, die Gerichtsbarkeit in Ehesachen der Katholiken den weltlichen Gerichtsbehörden überwiesen und Bestiininungen über die bedingte Zulässigkeit der Eheschließung vor weltlichen Behörden erlassen werden; wirksam für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes finde Ich das folgende Gesetz zu erlassen, wodurch die Vorschriften des zweiten Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über das Eherecht für Katholiken wieder hergestellt, die Gerichtsbarkeit in Ehesachen den weltlichen Gerichtsbehörden überwiesen und Bestimmungen über die bedingte Zulässigkeit der Eheschließung vor weltlichen Behörden eingeführt werden. Artikel I. Das unter Berufung auf das Patent vom 5. November 1855, R. G. B. Nr. 195, erlassene und mit 1. Jänner 1857 zur Wirksamkeit gelangte kaiserliche Patent vom 8. Oktober 1856, N. G. Bl. Nr. 185, mit dem diesem Patente als erster Anhang bei-gegebenen Gesetze über die Ehe-Angelegenheiten der Katholiken im Kaiserthuine Oesterreich, so wie dem weiters beigegebenen und in dem Gesetze selbst bezogenen zweiten Anhänge: „Anweisung für die geistlichen Gerichte des Kaiserthnmes Oesterreich in Betreff der Ehesachen" sind für die Königreiche und Länder, für welche das gegenwärtige Gesetz erlassen wird, außer Kraft gesetzt. Alt die Stelle dieser aufgehobenen Gesetze treten auch für Katholiken die Vorschriften des von dem Eherechte handelnden zweiten Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Juni 1811 und der hiezu nachträglich erflossenen Gesetze und Verordnungen, insoweit dieselben zur Zeit, als das Patentvom 8. Oktober 1856, R. G. Bl. Nr. 185, in Kraft trat, bestanden haben und durch das gegenwärtige Gesetz nicht abgeändert werden. Artikel II. Wenn einer der nach den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zum Aufgebote der Ehe berufenen Seelsorger die Vornahme des Aufgebotes oder einer von den znr Entgegennahme der feierlichen Erklärung der Einwilligung berufenen Seelsorgern, welcher von den Brautleuten deshalb angegangen wurde, die Vornahme des Aufgebotes oder die Entgegennahme der feierlichen Erklärung der Einwilligung zur Ehe aus einem durch die Gesetzgebung des Staates nicht anerkannten Hindernngsgrunde verweigert, so steht es den Brautleuten frei, das Aufgebot ihrer Ehe durch die weltliche Behörde zu veranlassen und die feierliche Erklärung der Einwilligung zur Ehe vor dieser Behörde abzugeben. Rücksichtlich dieser den Ehewerbern aller Confessionen gestatteten eventuellen Eheschließung vor der weltlichen Behörde gelten die Vorschriften des zweiten Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches mit den nachstehenden Abänderungen: §. 1. Als die zur Vornahme des Aufgebotes und zur Entgegennahme der feierlichen Erklärung der Einwilligung berufene weltliche Behörde hat die k. k. politische Bezirksbehörde, in jenen Städten aber, welche eigene Gemeindestatute besitzen, die mit der politischen Amtsführung betraute Gemeindebehörde einzutreten, und es wird diejenige politische Bezirks- (Gemeinde-) Behörde hiezu als competent anznsehen sein, in deren Amtsbezirk der die Eheschließung verweigernde Seelsorger seinen Amtssitz hat. §. 2. Um das Aufgebot und die Eheschließung bei der weltlichen Behörde verlangen zu können, haben die Ehewerber vor dieser Behörde die Weigerung des eompetenten Seelsorgers entweder durch ein schriftliches Zeugniß desselben, oder durch die Aussage von zwei im Amtsbezirke wohnenden eigenberechtigtcn Männern nachznweisen. Wird ein solcher Beweis nicht erbracht, so liegt es der politschen Behörde ob, an den betreffenden Seelsorger eine Aufforderung des Inhaltes zu richten, daß derselbe das Aufgebot vornehmen und beziehungsweise die Erklärung der Einwilligung zur Ehe entgegen-nehmen oder mittelst amtlicher Zuschrift die eutgcgenstehenden Hindernisse anzeigen wolle. Erfolgt hierauf aus Gründen, welche in den Staatsgesetzen nicht enthalten sind, oder ohne Angabe von Gründen eine ablehnende Antwort des Seelsorgers, oder geht innerhalb eines Zeitraumes von längstens acht Tagen, in welche die Tage des Postenlauses nicht einzurechnen sind, keine Antwort ein, so hat die politische Behörde nach Beibringung der durch die Vorschriften des allg. bürgl. Gesetzbuches sammt Nachtragsverordnnngen vorgeschriebenen Ausweise und Behelfe das Aufgebot und den Eheschließungsact sofort vorzunehmen. §. 3. Alle Functionen und Entscheidungen, welche nach den Vorschriften des zweiten Hauptstückcs des allg. bürgl. Gesetzbuches sammt Nachtragsverordnungen dem Seelsorger übertragen sind, stehen im Falle einer Eheschließung vor der weltlichen Behörde der competenteir politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde zu. §. 4. Gegen Entscheidungen der politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde in Ehesachen steht den Ehewerbern das Recht des Recurses an die k. k. politische Landesstelle und gegen die Entscheidungen dieser letzteren das Recht des Recurses an das k. k. Ministerium des Innern offen, ohne daß der Recnrs an eine bestimmte Frist gebunden oder durch gleichlautende Entscheidungen der beiden unteren Instanzen ausgeschlossen ist. §. 5. Das Aufgebot einer vor der weltliche» Behörde abzuschließenden Ehe ist von dieser Behörde durch öffentlichen Anschlag sowol au der eigenen amtlichen Kundmachungstafel, als auch im Reguisitiouswege durch öffentlichen Anschlag bei dem Gemeiudeamte des Wohnortes eines jeden der Brautleute vorzuuehmeu. Wenn bei einer k. k. politischen Bezirksbehörde regelmäßig Amtstage abgehalten werden, so hat das Aufgebot auch mündlich an einem oder mehreren Amtstagen zu erfolgen. Zur Giltigkeit der Ehe wird jedoch nur die Vornahme des schriftlichen Aufgebotes mittelst Anschlages erfordert. Der das Aufgebot enthaltende Anschlag soll durch drei Wochen an der Kundma-chungstafel der politischen Behörde itttb der betreffenden Gemeindeämter affigirt bleiben, bevor zur Eheschließung geschritten werden kann. Ans wichtigen Gründen kann die k. k. politische Landesstelle diesen Aufgebotstermin verkürzen und unter dringenden Umständen das Aufgebot auch ganz Nachsehen. Die Aufgebotsuachsicht wegen bestätigter naher Todesgefahr kann gegen das im §. 86 des allg. bürgl. Gesetzbuches vorgesehene eidliche Gelöbniß der Brautleute auch von der politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde ertheilt werden. §. 6. Die Requisition und Delegation einer anderen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde zur Entgegennahme der feierlichen Erklärung der Einwilligung kann über Ansuchen der Brautleute von Seite der kompetenten politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde nach den im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche (§§. 81 und 82) für Pfarrämter bestehenden Vorschriften geschehen. §. 7. Die feierliche Erklärung der Einwilligung zur Ehe muß vor dem Vorsteher der politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde oder vor einein Stellvertreter des Vorstehers in Gegenwart zweier Zeugen und eines beeideten Schriftführers abgegeben werden. §. 8. lieber den Act der Eheschließung ist ein Protokoll aufzunehmen und sowohl von den Brautleuten, als von den Zeugen und den beiden Amtspersonen zu unterzeichnen. §. 9. Die politische Bezirks- (Gemeinde-) Behörde führt über die bei derselben vorgekommenen Aufgebote und Eheschließungen das Aufgebotsbnch und das Eheregister und fertigt ans diesen Registern über Ansuchen amtliche Zeugnisse aus, welche die geschehene Verkündigung und beziehungsweise Eheschließung mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden darthun. Ein solches Amtszeugniß über den vorgenommenen Act der Eheschließung hat die politische Bezirks- (Gemeinde-) Behörde den ordentlichen Seelsorgern beider Brautleute von Amtswegen zu übersenden. §. 10. Rücksichtlich der Scheidung und Trennung der Ehe gelten für die vor der weltlichen Behörde geschlossenen Ehen gleichfalls die Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, wobei dieden Seelsorgern zugewiesenen Functionen der politischen Bezirks- (Gemeinde-) Behörde obliegen, in deren Sprengel sich der Amtssitz des zu diesen Functionen gesetzlich berufene» Seelsorgers befindet. §. 11. Es bleibt den Eheleuten, welche ihre Ehe vor der weltlichen Behörde abgeschlossen haben, unbenommen, nachträglich auch die kirchliche Einsegnung ihrer Ehe von einem der Seelsorger jener Confession, welcher ein Theil der Eheleute angehört, zu erwirken. Artikel III. Mit dem Tage, an welchem die Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes beginnt, wird in den Königreichen und Ländern, für welche dasselbe gegeben ist, die Gerichtsbarkeit in Ehesachen der Katholiken, wie der übrigen christlichen und nicht christlichen Confessionen ausschließlich durch diejenigen weltlichen Gerichte ausgeübt, die vor dem 1. Jänner 1857, mit welchem Tage die geistlichen Ehegerichte tu Wirksamkeit traten, nach den Jurisdictionsnormen vom 22. Dezember 1851 und 20. November 1852 hiezu berufen waren. Diese weltlichen Gerichte haben nach denjenigen Gesetzeil und Verordnungen, welche zur Zeit, als das Patent vom 8. Oktober 1856, N. G. B. Nr. 185, in Wirksamkeit getreten, für Ehestreitigkeiten was immer für einer Art bestanden und insbesondere nach den über Ehestreitigkeiten im zweiten Hauptstücke des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und ini Hofdeerete vom 23. August 1819, I. G. S. Nr. 1595, enthaltenen Bestimmungen zu verfahren, so weit die letzteren nicht durch die Verfügungen des gegenwärtigen Gesetzes eine Aeuderung erleiden. Artikel IV. Zur Einführung des gegenwärtigen Gesetzes werden folgende lieber-gangsbestimmuugen verfügt: §. 1. Insisterne es sich um die Giltigkeit einer Ehe handelt, lvelche unter der Geltung des Patentes vom 8. Oktober 1856, R. G. B. Nr. 185, geschlosst» wurde, ist dieselbe nach den Bestimmungen dieses Patentes und der damit erlassenen Vorschriften zu beurtheilen. Die Trennung sowie die Scheidung von Tisch und Bett in Ansehung einer vor Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes geschlossenen Ehe ist dagegen von bei» Tage dieser Wirksamkeit nur nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches und nach den im gegenwärtigen Gesetze getroffenen Anordnungen zu beurtheilen. §. 2. Ebenso ist das Verfahren bei Untersuchung und Verhandlung über die lln-giltigkeitserklärung eben sowohl als über die Trennung und Scheidung von Tisch und Bett hinsichtlich einer vor Wirksamkeit dieses Gesetzes geschlossenen Ehe nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes zu pflegen. §. 3. Die unter der Geltung des Patentes vom 8. Oktober 1856, R. G. B. Nr. 185, ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen verlieren die ihnen nach Maßgabe dieses Patentes und der demselben beigebenen Gesetze zukommenden Wirkungen nicht. §. 4. Alle am Tage der beginnenden Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes aus Grund des Patentes vom 8. Oktober 1856, R. G. B. Nr. 185, bei einem geistlichen oder weltlichen Gerichte in erster oder höherer Instanz oder bei was immer für einer Behörde anhängigen Verhandlungen sind durch die uach den Bestimmungen dieses Gesetzes zuständigen weltlichen Gerichte und beziehungsweise Administrativbehörden fortznführen und dahin zu übertragen. §. 5. Insoweit es sich um die Aufgebote und sonstigen Vorbereitungen einer Ehe handelt, ist sich bis zu dem Tage, an welchem die Wirksamkeit dieses Gesetzes beginnt, gleichfalls au die Vorschriften des Patentes vom 8. Oktober 1856, R. G. Bl. Nr. 185, und der demselben beigegebenen Gesetze zu halten, insoweit die Ehe auch noch innerhalb dieses Zeitraumes zu Abschlüsse kommt. Wenn dieses letztere jedoch nicht der Fall ist, so müssen die Aufgebote so wie die sonstigen Vorbereitungen zum Ehe-Abschlusse während der Wirksamkeit dieses Gesetzes in Gemäßheit der Vorschriften desselben neuerlich vorgenommen werden. Artikel V. Mit dem Vollzüge des gegenwärtigen Gesetzes werden die Minister der Justiz, des Cultus und des Innern betraut, von welchen die erforderlichen Ausführungsverordnungen zu erlassen sind. Wien am 25. Mai 1868. Franz Joseph m. p. Auersperg m. p. Hasncr m. p. Giskra m. p. Herbst m. p. Gesetz vom 255. Mai L868, wodurch grundsätzliche Bestimmungen über das Verhältnis? der Schule zur Kirche erlassen werden; giltig für die im Neichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Mit Zustimmung der beiden Häuser des Neichsrathes finde Ich folgendes Gesetz zu erlassen: §. 1. Die oberste Leitung und Aufsicht über das gesummte Unterrichts- und Er-ziehnngswesen steht dem Staate zu, und wird durch die hiezu gesetzlich berufenen Organe allsgeübt. §. 2. Unbeschadet dieses Anssichtsrechtes bleibt die Besorgung, Leitung und unmittelbare Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes und der Religionsübnngen für die verschiedenen Glaubensgenossen in den Volks- und Mittelschulen der betreffendeil Kirche oder Religionsgesellschaft überlassen. Der Unterricht in den übrigen Lehrgegenständen in diesen Schulen ist unabhängig von dem Einflüsse jeder Kirche oder Religionsgesellschaft. §. 3. Die vom Staate, von einem Lande oder von Gemeinden ganz oder theil-weise gegründeten oder erhaltenen Schulen und Erziehnngsanstalten sind allen Staatsbürgern ohne Unterschieb des Glaubensbekenntnisses zugänglich. §. 4. Es steht jeder Kirche oder Religionsgesellschaft frei, aus ihren Mitteln (Schulen für den Unterricht der Jugend von bestimmten Glaubensbekenntnissen zu errichten und zu erhalten. Dieselben sind jedoch den Gesetzeil für das Ullterrichtswesen unterworfen und können die Zuerkennung der Rechte einer öffentlichen Lehranstalt nur dann in Anspruch nehmen, wenn allen gesetzlichen Bedingungen für die Erwerbung dieser Rechte entsprochen wird. *§. 5. Die Benützung von Schulen und Erziehnngsanstalten für bestimmte Glaubensgenossen ist Mitgliedern einer anderen Religionsgesellschaft durch das Gesetz nicht untersagt. §. 6. Die Lehrämter au den im §. 3 bezeichneten Schulen und Erziehungsanstalten sind für alle Staatsbürger gleichmäßig zugänglich, welche ihre Befähigung hiezu in gesetzlicher Weise nachgewiesen haben. Als Neligionslehrer dürfen mir diejenigen angestellt werden, welche die betreffende confessionelle Oberbehörde als hiezu befähigt erklärt hat.— Bei ändern Schulen und Erziehungsanstalten (§. 4.) ist diesfalls das Errichtungsstatut maßgebend. Die Wahl der Erzieher und Lehrer für den Privatunterricht ist durch keine Rücksicht auf das Religionsbekenntnis; beschränkt. §. 7. Die Lehrbücher für den Gebrauch in de» Volks- und Mittelschulen so wie in den Lehrerbildungsanstalten bedürfen nur der Genehmigung der durch dieses Gesetz zur Leitung und Beaufsichtigung des llnterrichtswesens berufenen Organe. Religionslehrbücher können jedoch erst dann diese Genehmigung erhalten, wenn sie non der bezüglichen confessionelle» Oberbehörde für zulässig erklärt worden sind. §. 8. Das Einkommen der Normalschulfonde, des Studienfondes und sonstiger Stiftungen für Unterrichtszwecke ist ohne Rücksicht auf das Glanbensbekenntniß zu verwende», insoweit es nicht nachweisbar für gewisse Glaubensgenossen geividmet ist. §. 9. Der Staat übt die oberste Leitung und Aufsicht über das gesammte Unterrichtsund Erziehnngswesen durch das Unterrichtsministerium ans. §. 10. Zur Leitung und Aufsicht über das Erziehnngswesen, dann über die Volksschulen und Lehrerbildungsanstalten werden in jedem Königreiche und Lande a) ein Landesschnlrath als oberste Landesschnlbehörde; b) ein Bezirksschulrats) für jeden Schulbezirk; c) ein Ortsschulrath für jede Schulgemeinde bestellt. Die Eintheilnng des Landes in Schulbezirke erfolgt durch die Landesgesetzgebnng. §. 11. Der bisherige Wirkungskreis der geistlichen und weltlichen Schulbehörden und zwar: a) der Landesstelle, der kirchlichen Oberbehörden und Schuloberaufseher; b) der politischen Bezirksbehörde und der Schnldistriktsanfseher; c) der Ortsseelsorger und Ortsschulaufseher hat, unbeschadet der Bestimmung des §. 2, an die im §. 10 bezeichneten Organe überzugehen. §. 12. In den Landesschulrath sind unter dem Borsitze des Statthalters (Landeschefs) oder seines Stellvertreters Mitglieder der politischen Landesstelle, Abgeordnete des Landes-ansschusses, Geistliche ans den im Lande bestehenden Confessione» und Fachmänner im Lehr-wesen zu berufen. Die Zusammensetzung der im §. 10 lit b und c bezeichneten Bezirksund Ortsschulräthe wird durch die Landesgesetzgebnng festgestellt. §. 13. Durch die Landesgesetzgebung sind die näheren Bestimmungen in Betreff der Zusammensetzung und Einrichtung des Landes-, Bezirks- und Ortsschulrath es, dann die gegenseitige Abgrenzung des Wirkungskreises derselben, ferner die näheren Bestimmungen rücksichtlich des lleberganges des Wirkungskreises der bisherigen geistlichen und weltlichen Schulbehörden an den Landes-, Bezirks- und Ortsschulrath festzustellen. Ebenso ist durch das Landesgcsetz zu bestimmen, ob und wiefern ausnahmsweise auch Abgeordnete von bedeutenden Gemeinden in den Landesschulrath einzutreten haben. §. 14. Die §§. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8 und 9 treten mit dem Tage der Kundmachung dieses Gesetzes in Wirksamkeit und werden alle mit diesen Paragraphen im Widerspruche stehenden bisher gütigen Gesetze und Anordnungen außer Kraft gesetzt. Das mit Allerhöchster Entschließung vom 25. Juni 1867 genehmigte Regulativ betreffend die Einsetzung eines Landesschulrathes für die Königreiche Galizien, Lodomerien und das Großherzogthum Krakau bleibt unberührt. §. 15. Mein Minister des Unterrichtes ist mit dem Vollzüge dieses Gesetzes beauftragt. Wien am 25. Mai 1868. Franz Joseph m. p. Auersperg m. p. HaSner m. p. Gesetz vom 25 Mai 1868, wodurch die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebeneil Beziehungen geregelt werden; giltig für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrakhes finde Ich das nachfolgende Gesetz, wodurch die interconfessionelleu Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, zu erlassen. I. In Beziehung aus das Religionsbekenutniß der Kinder. Art. 1. Eheliche oder den ehelichen gleichgehaltcue Kinder folgen, soferne beide Eltern demselben Bekenntnisse angehöreu, der Religion ihrer Eltern. Bei gemischten Ehen folgen die Söhne der Religion des Vaters, die Töchter der Religion der Mutter. Doch können die Ehegatten vor oder nach Abschluß der Ehe durch Venrag festsetzeu, daß das umgekehrte Verhältnis; stattfinden solle, oder daß alle Kinder der Religion des Vaters oder alle der der Mutter folgen sollen. Uneheliche Kinder folgen der Religion der Mutter. Im Falle keine der obigen Bestimmungen platzgreift, hat derjenige, welchem das Recht der Erziehung bezüglich eines Kindes zusteht, das Religionsbekenntnis; für solches zu bestimmen. Reverse an Vorsteher oder Diener einer Kirche oder Religionsgeuossenschaft oder an andere Personen über das Religionsbekenntnis;, in welchem Kinder erzogen und unterrichtet werden sollen, sind wirkungslos. Art. 2. Das nach dein vorhergehenden Artikel für ein Kind bestimmte Religious-bekenntniß darf in der Regel so lange nicht verändert werden, bis dasselbe ans eigener freier Wahl eine solche Veränderung vornimmt. Es können jedoch Eltern, welche nach Art. 1 das Religionsbekenntnis; der Kinder vertragsmäßig zu bestimmen berechtigt sind, dasselbe bezüglich jener Kinder ändern, welche noch nicht das siebente Lebensjahr zurückgelegt haben. Im Falle eines Religiouswechsels eines oder beider Elterntheile, beziehungsweise der unehelichen Mutter, sind jedoch die vorhandenen Kinder, welche das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Betreff des Religionsbekenntnisses ohne Rücksicht aus einen vor dem Religionsivechsel abgeschlossenen Vertrag so zu behandeln, als wären sie erst nach dem Religiouswcchscl der Eltern, beziehungsweise der unehelichen Mutter, geboren worden. Wird ein Kind vor zurückgelegtem siebenten Jahre legitimirt, so ist es in Betreff des Religionsbekenntnisses nach Art. 1 zu behandeln. Art. 3. Die Eltern und Vormünder so wie die Religionsdiener sind für die genaue Befolgung der vorstehenden Vorschriften verantwortlich. Für den Fall der Verletzung derselben steht den nächsten Verwandten ebenso wie den Obern der Kirchen und Religiousgenoffenschaften das Recht zu, die Hilfe der Behörden anzurufen, welche die Sache zu untersuchen und das Gesetzliche zu verfügen habe». II. In Beziehung auf den Uebertritt von einer Kirche oder Religions- Genossenschaft zur anderen. Art. 4. Rach vollendetem 14. Lebensjahre hat Jedermann ohne Unterschied des Geschlechtes die freie Wahl des Religionsbekenntnisses nach seiner eigenen Ueberzeugnng und ist in dieser freien Wahl nöthigenfalls von der Behörde zu schützen. Derselbe darf sich jedoch zur Zeit der Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemüthsznstande befinden, welcher die eigene freie Ueberzeugnng ansschließt. Art. 5. Durch die Neligionsverändernng gehen alle genossenschaftlichen Rechte der verlassenen Kirche oder Religions-Genossenschaft an den Ausgetretenen ebenso wie die Ansprüche dieses an jene verloren. Art. 6. Damit jedoch der Austritt ans einer Kirche oder Religions-Genossenschaft seine gesetzliche Wirkung habe, muß der Austreteude denselben der politischen Behörde melden, welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche oder Religions-Genossenschaft die Anzeige übermittelt. Den Eintritt in die neu gewählte Kirche oder Religions-Genossenschaft muß der Eintretende dem betreffenden Vorsteher oder Seelsorger persönlich erklären. Art. 7. Die Bestimmungen des §. 768 lit. a. a. b. G. B., vermöge welcher der Abfall vom Christenthume als Grund der Enterbung erklärt wird, dann die Verfügungen des §. 122 lit. c und d St. G., womit derjenige, welcher einen Christen zu Absalle vom Christen-thnme zu verleiten, oder eine der christlichen Religion widerstrebende Irrlehre anszustreueu sucht, eines Verbrechens schuldig erklärt wird, sind aufgehoben. Es ist jedoch jeder Religions-Partei untersagt, die Genossen einer anderen durch Zwang oder List zum llebergange zu bestimmen. Die näheren Bestimmungen des gesetzlichen Schutzes hingegegen, so weit er nicht durch die Strafgesetze gegeben ist, bleiben einem besonderen Gesetze Vorbehalten. III. In Beziehung auf Functionen des Gottesdienstes und der Seelsorge. Art. 8. Die Vorsteher, Diener oder Angehörigen einer Kirche oder Religiousge-nossenschaft haben sich der von den berechtigten Personen nicht angesuchten Vornahme von Functionen des Gottesdienstes und der Seelsorge an den Angehörigen einer anderen Kirche oder Religionsgenossenschaft zu enthalten. Eine Ausnahme kann nur für jene einzelnen Fälle eiutreten, in welchen durch die betreffenden Seelsorger oder Diener der anderen Kirche oder Religionsgenossenschaft um die Vornahme eines diesen znstehenden Actes das Ansuchen gestellt wird, oder die Satzungen und Vorschriften dieser letzteren die Vornahme des Actes gestatten. Außer diesen Fällen ist der bezügliche Act als rechtlich unwirksam anznsehen, und cs haben die Behörden auf Ansuchen der beeinträchtigten Privatperson oder Religionsgenossenschaft die geeignete Abhilfe zu gewähren. IV. In Beziehung auf Beiträge und Leistungen. Art. 9. Angehörige einer Kirche oder Religionsgenossenschaft können zu Beiträgen an Geld und Naturalien oder zu Leistungen au Arbeit für Eultns- uni) Wohlthätigkeitszwecke einer anderen nur dann verhalten werden, wenn ihnen die Pflichten des dinglichen Patronates obliegen, oder wenn die Verpflichtung zu solchen Leistungen auf privatrechtlichen durch Urkunden nachweisbaren Gründen beruht, oder wenn sie grundbücherlich sichergestellt ist. Kein Seelsorger kann von Angehörigen einer ihm fremden Konfession Taxen, Stol-gebühren u. dgl. fordern, außer für auf deren Verlangen wirklich verrichtete Functionen mit) zwar nur nach dem gesetzlichen Ausmaße. Art. 10. Die Bestimmungen des vorhergehenden Art. 9 finden auch auf Beiträge und Leistungen für Unterrichtszwecke volle Anwendung, außer wenn die Angehörigen einer Kirche oder Religionsgenossenschaft mit Angehörigen einer anderen, vermöge der gesetzlichen Einschulung eine Schulgemeinde bilden, in welchem Falle die Eingeschulteu ohne Unterschied der Konfession die zur Errichtung und Erhaltung der gemeinschaftlichen Schule und zur Besoldung der an derselben Angestellten Lehrer erforderlichen Kosten, jedoch mit Ausschluß der Kosten für den Religionsunterricht der einer anderen Konfession Angehörigen zu tragen haben. Eine zwangsweise Einschulung in die Schule einer anderen Konfession findet nicht statt. Art. 11. Alle in den Bestimmungen der verstehenden Art. 9 und 10 nicht begründeten Ansprüche der Geistlichen, Mesmer, Organisten und Schullehrer, dann der Cultns-, Unterrichts- und Wohlthätigkeits-Anstalten einer Kirche oder Religionsgenoffenschaft ans Beiträge und Leistungen von Seite der Angehörigen einer anderen sind als erloschen zu betrachten. V. In Beziehung auf Begräbnisse. Art. 12. Keine Religionsgemeinde kann der Leiche eines ihr nicht Angehörigen die anständige Beerdigung auf ihrem Friedhofe verweigern: 1. wenn es sich um die Bestattung in einem Familiengrabe handelt, oder wenn 2. da, >vo der Todesfall eintrat oder die Leiche gefunden ward, im Umkreis der Ortsgemcinde ein für Genossen der Kirche oder Religionsgenossenschaft des. Berstorbenen bestimmter Friedhof sich nicht befindet. VI. Sn Ansehung der Feier- und Festtage. Art. 13. Niemand kann genöthigt werden, sich an den Feier- und Festtagen einer ihm fremden Kirche oder Religionsgesellschaft der Arbeit zu enthalten. An Sonntagen ist jedoch während des Gottesdienstes jede nicht dringend nothwendige öffentliche Arbeit einzustellen. Ferner muß an den Festtagen was immer für einer Kirche oder Religionsgenoffenschaft während des Hanptgottesdienstes in der Nähe des Gotteshauses Alles unterlassen werden, was eine Störung oder Beeinträchtigung der Feier zur Folge haben könnte. Dasselbe ist bei den herkömmlichen feierlichen Processione» auf den Plätzen und in den Straßen zu beobachten, durch welche sich der Zug bewegt. Art. 14. Keine Neligionsgemeinde kann genöthigt werden, sich des Glockengeläutes an Tagen zu enthalten, an welchen dasselbe nach den Satzungen einer anderen Kirche oder Religionsgcsellschaft zu unterbleiben hat. Art. 15. Sn Schulen, welche von Angehörigen verschiedener Kirchen oder Religiaus-gesellschasten besucht werden, soll, soweit es ausführbar ist, dem Unterricht eine solche Ein-theilung gegeben werden, bei welcher auch der Minderheit die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten ermöglicht wird. VII. Schluß bestini m unge n. Art. 16. Alle diesen Vorschriften widerstreitenden Bestimmungen der bisherigen Gesetze und Verordnungen, ans welcher Grundlage sie beruhen, und in welcher Form sie erlassen sein mögen, ebenso wie allfällige entgegenstehende Gepflogenheiten sind, auch insoferne sie hier nickt ausdrücklich aufgehoben wurden, fernerhin nicht mehr zur Anwendung zu bringen. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die religiöse Erziehung der in öffentliche Pflege genommenen Kinder. Art. 17. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Wirksamkeit. Art. 18. Mit dem Vollzüge des gegenwärtigen Gesetzes, sind der Minister des Cultns und Unterrichtes so wie die übrigen Minister, in deren Wirkungskreis die Vorschriften dcsseben zur Anwendung kommen, beauftragt und haben sie die zu solchem Vollzüge erforderlichen Verordnungen zu erlassen. Wien den 25. Mai 1868. Franz Joseph m. p. Auersperg m. p. Taaffe m. p. Hasner m. p. Giskra m. p. Herbst m. p. Dein Erlasse des hohen k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht Dom 31. Jänner l. 3., Z. 451, zu Folge, können zwar die bestehenden gesetzlichen Vorschriften über die katholische Erziehung der in öffentliche Verpflegung genommenen Kinder nur im Wege der Gesetzgebung geändert werden Sie legen jedoch den Behörden nicht die Pflicht auf, ]a sie geben denselben kein Recht, eine unwiderrufliche Entscheidung über die Religion, welcher die Kinder nichtkatholischer Eltern angehören sollen, zur Bedingung der Uebernahme in die öffentliche Verpflegung zu machen, und so der späteren Wiedervereinigung des Kindes mit seinen Eltern, der Legitimation und der häuslichen Erziehung desselben Schwierigkeiten zu bereiten.— Kinder, welche in öffentlichen Krankenanstalteil geboren werden, sind daher in diejenige Reli-gionsgenossenschaft aufzunehmen, welcher sie nach der Religion der Eltern angehören, sofern nicht die uneheliche Mutter ausdrücklich und freiwillig — namentlich auch unbeeinflußt durch die Drohung, daß sonst das Kind nicht in die öffentliche Pflege übernommen würde — die Taufe des Kindes nach katholischem Ritus verlangt. Hievon wird der Wohlehrwürdige Kuratclerus verständigt. III. Das hohe k. k. Ministerium des Innern hat sich laut Erlasses vorn 10. April l. I. Z. 1307 im Einvernehmen mit dem k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und dem Justiz-Ministerium bestimmt gefunden, die Frage, welche Rücklvirknng dem Gesetze vom 15. November 1867 Nr. 15 R. G. B. bezüglich der Ministerial-Berordnung vom 28. Sititi 1856 Nr. 122 R. G. B. (betreffend die Behandlung der kathol. Vereine und Bruderschaften) zn-znschreiben sei, dahin zu beantworten, daß die ermähnte Ministerial-Berordnung im Hinblick auf §. 38 des Gesetzes über das Ve re ins recht, bann auf Art. 15 des Staatsgrundgesetzes vorn 21. Dezember 1867 Nr. 142, R. G. Bl. als außer Wirksamkeit getreten betrachtet werden muß. In so fern sich katholische Vereine und Bruderschaften auf Grund der Verordnung vorn 28.Juni 1856 gütig gebildet haben, ist daher deren Bestand zwar anzu erkennen, hinsichtlich ihrer künftigen Thätigkeit aber unterliegen dieselben ausnahmslos den Bestimmungen des Gesetzes über das. Vere ins recht, nachdem sie nicht unter die im §. 3 dieses Gesetzes bestimmten Exemtionen gehören. Die Neubildung solcher Vereine, sowie Abänderungen ihrer bisherigen Statuten sind künftig lediglich nach dem Gesetze über das Vereinsrecht zu behandeln. Wovon der Wohlehrwürdigc Kuratclerus in die Keitntniß gesetzt wird. F. B. Lavanter Ordinariat zu Marburg am 13. Juli 1868. Jakob Maximilian, Fürstbischof. Druck von E. Jauschih in Marburg.