Pregledni znanstveni članek (1.02) UDK 929 Bratiz, Norbert:2-05 Ulrich G. Leinsle Dr. Norbert Bratiz O. Praem. (ca. 1599 - 1656) Thomistischer Philosoph und Reformabt aus Ljubljana1 Im Deckenfresko des Bibliothekssaales der Prämonstratenserabtei Speinshart in der Oberpfalz (Bayern) ist eine gemalte Bibliothek dargestellt, nach den klassischen Fächern aufgestellt (1773). Die Rücken der dargestellten Bücher sind beschriftet.2 Sie sollen, in deutlicher Anlehnung an den Spiritus literarius Norbertinus des Roggenburger Abtes Georg Lienhardt (reg. 1753-1783)3 die Leistungen des Prämonstraten-serordens auf wissenschaftlichem Gebiet darstellen und so dem oft gehörten Vorwurf der Zeit von der Nutzlosigkeit der Ordensleute entgegentreten. Unter den Philosophi findet man in der dritten Regalreihe einen Band, bezeichnet mit BRATIZIUS. Die Spurensuche zu diesem Autor führt durch zahlreiche Länder, beginnt aber in Slowenien.4 1 Siglen (kratice): StASchl.: Stiftsarchiv Schlägl; Sch.: Schachtel; Hs.: Handschrift, SK: Strahovska knihovna. 2 Das Gemälde von Michael Wild wird derzeit kunsthistorisch untersucht; vgl. Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bayern V: Regensburg und Oberpfalz, Darmstadt 1991, 693f. 3 Georg Lienhardt, Spiritus literarius Norbertinus, Augsburg 1771; zu Lienhardt vgl. Franz Tuscher, Das Reichsstift Roggenburg im 18. Jahrhundert, Weißenhorn 1976, 4148. 4 Zur Biographie vgl. ausführlicher: Ulrich G. Leinsle, Studium im Kloster. Das philosophisch-theologische Hausstudium des Klosters Schlägl 1633-1783 (Bibliotheca Ana-lectorum Praemonstratensium, fasc. 20), Averbode 2000, 40-45.236-252; ders., Die Logikvorlesung Norbert Bratiz' am Schlägler Hausstudium (1338/39) in einer Strahover Handschrift, in: Bibliotheca Strahoviensis 4-5 (2001), 171-190; Anton Haidacher, Studium und Wissenschaft im Stifte Wilten in Mittelalter und Neuzeit. 1. Teil: Bis zur Gründu-ung der Universität Innsbruck (1669), in: Veröffentlichungen des Museums Ferdinan-deum in Innsbruck 36, 1956, 94f.71; Alfons Žak, Das Chorherrenstift Pernegg. Sonderabdruck aus den Blättern des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich. Wien 1900, 61-88; ders., Die Totenbücher der Stifte Geras und Pernegg, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich und Wien N. F. 11, 1912, 190; ders., Pernegg, in: Topographie von Niederösterreich, Bd. 8, Red. v. Max Vancsa, Wien 1913, 153f. 1. Leben und Reformtätigkeit Norbert Bratiz (auch Bratitz, Bradiz, Bradix, Prädix, Bratizius) wurde nach der Haustradition des Stiftes Wilten (Innsbruck) um 1599 in Ljubliana, Slowenien geboren.5 Davon ist weiterhin auszugehen, auch wenn im Protokoll des Informationsprozesses durch den Wiener Nuntius Camillus Meltius, Erzbischof von Capua (reg. 1636-1659), für die Ernennung Bratiz' zum Kaiserlichen Rat vom 5. März 1652 der aus Wilten stammende Prior der Serviten in Wien angibt, Bratiz sei in Wilten geboren; doch der Prior kennt ihn erst als Chorherren von Wilten.6 Jedenfalls dürfte Bratiz, von dem nach den Angaben dieses Protokolls auch ein Bruder in Wilten eingetreten, aber zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, früh mit seinen Eltern nach Wilten gekommen sein. Seine humanistischen Vorstudien machte er bereits in Wilten. 1616 legte er Profess ab. 1617 wurde er an die Universität Ingolstadt geschickt. Am 17. September 1617 wird er als Student der Physik, d.h. des zweiten Jahres der Philosophie, immatrikuliert.7 Nimmt man den üblichen Kurs der Philosophie und Theologie als Grundlage, dürfte Bratiz seine Studien ca. 1621/22 beendet haben. 1623 finden wir ihn bereits als Professor der Philosophie, allerdings nicht in Wilten, sondern im niederbayerischen Stift Osterhofen. Von dort meldet er sich brieflich bei den im Stift Schlägl im Mühlviertel (Oberösterreich) weilenden Wiltener Mitbrüdern Gregor Maier und Karl Hörmann am 28. Mai 1623 und kündigt für die Pfingstferien seinen Besuch an.8 Nach dem üblichen zweijährigen Kurs der Philosophie dürfte sich Bra- 5 Stiftsarchiv Wilten 4/3/8 Mathias Burgkhlehner, Kurtze Beschreibung des uhralten Gottshauß und Closters Wilthau, 1617, p. 30. Dies ist der älteste zeitgenössische Beleg für die Herkunft Bratiz' aus Ljubljana. (Bratiz hatte 1616 in Wilten Profess abgelegt, war also dem Verfasser unmittelbar bekannt). Archivum Panstwowe we Wroceawiu, Reg. 67, Nr. 2835. Auch Léon Goovaerts, Ecriv-ains, Artistes et Savants de l'Ordre de Prémontré. Dictionnaire bio-bibliographique, Bd. I, Brüssel 1899, 87, läßt ihn in Wilten geboren sein. Im Collegium S. Norberti in Rom dagegen wird er als Kroate geführt: vgl. Leo C. Van Dyck, De Abdij van Tongerlo. Gebundelde historische studies. (Bibliotheca Analectorum Praemonstratensium 19), Averbode 1999, 344. Der Name (wohl von bratić) weist allerdings tatsächlich auf Kroatien hin. Ein Bruder von Norbert ist als Chorherr von Wilten unbekannt und scheint nicht in Stiftsarchiv Wilten 4/3/8 Mathias Burgkhlehner, Kurtze Beschreibung des uhralten Gottshauß und Closters Wilthau, 1617, auf, die auf dem älteren Mortuari-um Wilthinense fußt; ebenso nicht in den im selben Archiv befindlichen für diese Zeit auffallend lückenhaften Chorherrenverzeichnissen von Siard Wimmer. Freundliche Mitteilung von Mag. Klemens Halder, Wilten. Götz Freiherr von Pölnitz (Hg.), Die Matrikel der Ludwig-Maximilians- Universität Ingolstadt-Landshut-München, Bd. II,1, München 1939, Sp. 336, 9-11. 8 StASchl. Sch. 71/4/5. tiz wieder dem Studium zugewandt haben. 1625 wird er als Alumne des Religiosenkollegs in Salzburg aufgenommen.9 Hier lernt Bratiz den Thomismus der Benediktiner kennen. Wie lange er in Salzburg war, wissen wir nicht. Nach Wilten zurückgekehrt, scheint er dort Professor geworden zu sein, versieht aber zugleich das Amt des Provisors und Kastners und ist 1627/28 Prior. 1628 macht sich Bratiz auf den Weg nach Rom, wo er etwa vom 23. November bis Anfang Februar 1629 an dem von Tongerlo gegründeten Collegium S. Norberti studiert.10 Die Promotion erfolgte allerdings nicht in Rom, sondern an der Universität Perugia.11 Bratiz wird dort am 11. Februar 1629 promoviert, wobei er eigens als tunc temporis procurator sui monasterii, d.h. als Provisor, bezeichnet wird.12 Nach Wilten zurückgekehrt, wird Bratiz noch 1629 zusammen mit Kaspar Baumgartner und Joseph Starkl in das durch die Reformation verloren gegangene Tochterkloster Speinshart in der Oberpfalz entsandt, das sich seit 1621 in den Händen des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern befand. Da eine Restitution aber aus Gründen der Finanzpolitik des Kurfürsten nicht stattfand, mussten die Prämonstratenser in die Pfarre Neunburg vorm Wald gehen, wo Bratiz bis 1633 als Pfarrer und als Kaplan der zugehörigen Wallfahrtskirche Katzdorf wirk-te.13 Nach seiner Rückkehr nach Wilten kann sich Bratiz wieder der Lehrtätigkeit in der Theologie am Hausstudium widmen, ist aber zumindest zeitweise auch Kastner und 1635-1637 wieder Prior. Das Stift Wilten unter Abt Andreas Mayr (reg. 1621-1650) stand in diesen Jahren in schweren Auseinandersetzungen mit dem Brixener Fürstbischof Wilhelm von Welsberg (reg. 1629-1641), der die Exemtion Wil-tens nicht anerkannte.14 Mit Hilfe des Landesfürsten wurde am 10. März 1638 unter militärischer »Begleitung« von 15 Musketieren von 9 Haidacher, Studium, 76, Anm. 451. Ebd., 71f.; vgl. Van Dyck, Tongerlo, 344. Haidacher, Studium, 71, Anm. 415. 12 Ebd., 74, Anm. 438. 13 Vgl. Alois Schmid, Die Wiedererrichtung des Prämonstratenserklosters Speinshart durch die Abtei Steingaden, in: 850 Jahre Prämonstratenserabtei Speinshart 1145-1995, Hg. v. d. Prämonstratenserabei Speinshart (Speinshartensia 2), Pressath 1995, 79-96; hier 79-86; Haidacher, Studium, 91. Der Schlägler Chorherr Wilhelm Katzenberger, damals Ökonom in St. Vinzenz in Breslau (Wroceaw), bezeichnet Bratiz bei seiner Aussage im Informationsprozeß (Archivum Panstwowe we Wroceawiu, Reg. 67, Nr. 2835) zutreffend als Reformator in superiori Palatinatu (im Sinne der hier durchgeführten Gegenreformation) und gibt die Dauer seiner Tätigkeit in Neunburg mit fünf Jahren an. 14 Zum Exemtionsstreit vgl. Klemens Halder, Geschichte des Stiftes Wilten seit 1138, in: 850 Jahre Prämonstratenser Chorherrenstift Wilten 1138-1988, Innsbruck 1988, 19-60, hier 28-32. je einem bischöflichen und landesfürstlichen Kommissär eine Visitation durchgeführt, bei der Bratiz als Parteigänger des Abtes abgesetzt und aus dem Kloster vertrieben wurde.15 In dieser tristen Situation wendet sich Bratiz nach Schlägl, das er wohl von Osterhofen aus einst besucht hat.16 Am Karfreitag, dem 2. April, kommt er in Schlägl an.17 Bratiz scheint sich zunächst in Schlägl auf verschiedene Weise im Dienst des Propstes nützlich gemacht zu haben. Er hatte in der Propstei eine eigene Schreibstube und zwei Konventknaben zur Bedienung. Der Chronist Franz Freisleben schildert ihn als vir Authoritate et scientia in-signis.18 Auf Wunsch des Propstes Martin Grey sing (reg. 1627-1665) bereitet er sich nach längerem Widerstreben ein halbes Jahr auf die Übernahme eines Kurses in Philosophie vor. Am 11. November 1638 wird dieser nach der Vesper feierlich eröffnet.19 An diesem Kurs, der bis 1640 dauerte und am 25./26. Februar 1641 mit der feierlichen Disputation der Philosophia naturalis peripatetica abgeschlossen wurde, waren acht Schlägler Kleriker beteiligt.20 Mindestens vier weitere Disputationen sind bezeugt.21 In dieser Zeit erhielt das Schlägler Studium zeitweiligen Zuzug von außen. Im Herbst 1639 kam auf der Flucht vor Krieg und Pest der Präses der in Prag studierenden Prämonstratenser und Professor der Moraltheologie Alexius Perelcius (Perlowsky, + 1659) mit fünf Juniores nach Schlägl.22 Sie blieben bis zum Mai 1640 in Schlägl, so dass sich das Auditorium wesentlich vermehrte.23 Bereits im Sommer 1640 suchte Greysing eine neue Aufgabe für den Professor und ließ ihn modo provisorio auf die vakante Pfarrstelle Gallneukirchen bei Linz präsentieren. Diese Präsentation wurde allerdings in Passau verworfen.24 Wohl als Trostpflaster erhielt Bratiz von 15 Haidacher, Studium, 95; Hans Hermann Lentze, Geschichte des Stiftes Wilten, in: Ders., Studia Wiltinensia (Forschungen zur Rechts- und Kulturgeschichte 1), Innsbruck 1964, 213-277, hier 239; Hubert Szantó, Das Leben im Stift Wilten vom Spätmittelalter bis in die Barockzeit, Diss. phil. Innsbruck 1954, Bd. I, 60-66. 16 StASchl. Sch. 71/4/1 Begleitschreiben des Abtes Andreas Mayr vom 27.3.1638: Demnach ist es Bratiz' eigener Wunsch, nach Schlägl zu gehen. Da Wilten fast zu viele Leute hat, stimmt der Konvent dem Ansinnen Bratiz' zu. Abt, Prior, Subprior et totus con-ventus unterfertigen das feierliche Schreiben, in dem von den Vorgängen des 10.3. keine Rede ist. 17 StASchl. Hs. 16, fol. 150v. 18 Ebd. 19 Laurenz Pröll, Geschichte des Prämonstratenserstiftes Schlägl im oberen Mühlviertel, Linz 1877, 2. ergänzte Aufl. 1980, 4. Zum Hausstudium des Stiftes Schlägl vgl. Leinsle, Studium; hier auch die Besetzung des Kurses im Einzelnen, 43f. 21 Siehe Abschnitt 2: Werke. 22 StASchl. Hs.16, fol. 152v; Zu Perelcius: Goovaerts, Ecrivains, Bd. II, 29. StASchl. Hs. 16 fol. 153v. Papst Urban VIII. die Würde eines Apostolischen Protonotars.25 Wahrscheinlich auf Empfehlung Greysings an den beim Provinzialkapitel in Strahov (10.-20. 7. 1641) gewählten Generalvikar Benedikt Lachen (reg. 1633-1653) von Louka (Klosterbruck) in Südmähren (bei Znoi-mo/Znaim)26 übersiedelt Bratiz Anfang September 1641 nach Louka, wo er als Sekretär des Generalvikars in die Streitigkeiten der böhmischen und mährischen Klöster mit Strahov verwickelt ist.27 Am 11. September 1642 wird Bratiz unter Vorsitz des Abtes von Geras und unter Assistenz der Äbte von Louka und Nova Uiše (Neureisch) zum Propst von Pernegg in Niederösterreich postuliert, das er in kurzer Zeit zu einer neuen Blüte führt28. Das Wirken Bratiz' in Pernegg hat Alfons Žak ausführlich gewürdigt.29 Pernegg, ein ehemaliges Frauenkloster des Prämonstratenseror-dens, hatte sich unter Propst Johann Beyrer (1586-1599) zu einem Chorherrenstift gewandelt, das allerdings als Propstei im Schatten der Mutterabtei Geras noch nicht als selbstständige Kanonie anerkannt war. Hier war zunächst der Wiederaufbau und die Ausgestaltung der durch die Kriegswirren beschädigten Baulichkeiten von der Stiftskirche bis zu den Nebengebäuden und Ringmauern die vordringliche Aufgabe. Hinzu kommt die Sicherung des Besitzes, insbesondere der Weingärten. Beim Provinzialkapitel der Böhmischen Zirkarie in Schlä-gl erreicht Bratiz am 24. September 1644 die Anerkennung Perneggs als eigenständige Kanonie unter der Paternität von Geras.30 1645 flieht er beim Schwedeneinfall nach Linz, wo er im Schlägler Haus wohnt. Auch um den inneren Ausbau Perneggs ist »der Wiltener Löwe« besorgt.31 So holt er tüchtige Mitbrüder aus Strahov und Wilten nach Pernegg, allen voran den Wiltener Chorherrn Franz Zeyr (+ 1651) als Prior, Professor am Hausstudium und Novizenmeister. 24 StASchl. Sch. 71/4/5 Briefwechsel in dieser Sache. 25 ~ Žak, Totenbücher, 190; Haidacher, Studium, 95. Capitula Provincialia Provinciae Bohemiae, Moraviae, Austriae ac Silesiae (1641-1727), ed. J. B. Valvekens, in: Analecta Praemonstratensia 36 (1960) - 42 (1966) Editio textuum 9-34. 27 StASchl. Sch. 67/1a/2 Begleitbrief v. 1.9.1641 und Briefwechsel Lachen - Greysing; ebd., Sch. 71/4/5 Briefwechsel Bratiz; auch Moravky Zemsky Archiv v Brne E 57 Louka 1386 A.O. 8 Karton 51. Žak, Pernegg, 153f.; ders., Totenbücher, 190; Isfried Franz, Die niederösterreichischen Prämonstratenser in den Stürmen der Glaubensspaltung, Diss. theol. Wien 1943 (Ty-poskript), 232-254. Žak, Totenbücher , 190; ders., Pernegg, 153f; ders., Chorherrenstift Pernegg, 61-88. Capitula Provincialia, 38; vgl. Žak, Chorherrenstift Pernegg, 67; Franz, Prämonstrat-enser, 233f. 31 StASchl. Sch. 69/1c/1: Franciscus Frantz an Martin Greysing, Iglau 3.4.1649 Rugiit post Leo Wilth. raptos catulos dolens. Am 30. Jänner 1648 wird Bratiz zum Abt des desolaten, nur noch aus fünf Chorherren bestehenden Stiftes St. Vinzenz in Breslau (Wroclaw) postuliert, um dessen Erhaltung er sich angsichts jesuitischer Übernahmepläne schon in Louka bemüht hatte, behält aber mit landesfürstlicher Genehmigung die Propstei Pernegg noch bis 1653. Erst am 22. August 1649 trifft er in Breslau (Wroclaw) ein und wird am 24. Oktober 1649 als Abt installiert. Vom Bischof von Breslau wird die Wahl allerdings nicht anerkannt, woraus sich langwierige Verhandlungen in Wien und Rom ergeben. Von Seiten des Päpstlichen Nuntius wird Bratiz nur als Administrator anerkannt, mit der Auflage, sobald es die Kriegswirren gestatten, um die päpstliche Bestätigung anzusuchen. Auch in St. Vinzenz bemüht er sich unmittelbar um die Wiederherstellung der inneren Ordnung und die Anbindung an die Böhmische Zirkarie, die 1650 erreicht werden konnte. In kurzer Zeit kann er 13 Kandidaten für sein Stift einkleiden und ein philosophisches Hausstudium eröffnen. Die Doppelbelastung durch die beiden an den Rändern der Böhmischen Zirkarie gelegenen Klöster war eher zum Nachteil Perneggs, auf das Bratiz am 27. Oktober 1653 angesichts wachsender Opposition resignierte, ohne die landesfürstliche Genehmigung abzuwarten, um am nächsten Tag sogleich nach Breslau (WrocRaw) abzureisen. Als Bratiz am 24. Jänner 1656 in St. Vinzenz stirbt, hinterlässt er ein wirtschaftlich saniertes und personell mit 15 Professen wohl bestelltes Stift.32 2. Werke Die Philosophie Norbert Bratiz' liegt uns in der Nachschrift der Logikvorlesung in Schlägl durch den Strahover Chorherren Franziskus Frantz (Strahovska knihovna DB VI 17) unter dem Titel Organum Logicum, siue Dialecticum Aristotelis Peripateticum. Ad doctrinam & scholam Angelici Doctoris D. Thomć Aquinatis concinnatum33 und in der in Salzburg gedruckten Thesenschrift Philosophia naturalis peripatetica Ductore et Doctore Angelico D. Thoma de Aquino Fidelissimo Aristotelis et Discipulo et Interprete concinnata vom 25./26. Juni 1641 vor.34 Am 32 Zum Wirken Bratiz' in Breslau vgl. Franz Xaver Görlich, Die Prämonstratenser und ihre Abtei zum heiligen Vinzenz, Zweiter Theil: Urkundliche Geschichte der Prämon-stratenser und ihrer Abtei zum heiligen Vinzenz innerhalb der Stadt Breslau, Breslau 1841, 67-82. 33 Vgl. Leinsle, Logikvorlesung, Inhaltverzeichnis, 187-189. SK DB VI 17 Norbert Bratiz, Organum Logicum, siue Dialecticum Aristotelis Peripateticum. Ad doctrinam & scholam Angelici Doctoris D. Thomć Aquinatis concinnatum; (zitiert als Organum) ders., Philosophia naturalis peripatetica Ductore et Doctore Angeli- Ende der Logikvorlesung sind die inzwischen edierten Thesen von zwei weiteren Disputationen überliefert.35 Die erste De natura Termi-norum fand am Sonntag, dem 23. Jänner 1639 nach der Vesper statt. Eine Woche später defendierte Franz Freisleben De nomine et verbo. Am 11. Juli 1639 fand eine weitere logische Disputation De intentioni-bus secundis operationes intellectus dirigentibus mit Beteiligung illustrer Gäste statt. Von den in Linz gedruckten Thesen besitzen wir allerdings kein Exemplar.36 In der Woche nach Martini desselben Jahres wurde noch eine Disputation über die acht Bücher der aristotelischen Physik abgehalten. Das mit einem Emblem geschmückte handschriftliche Thesenblatt ist ebenfalls nicht erhalten.37 3. Bratiz als Propagator des Salzburger Thomismus Bratiz sieht sich, wie bereits im Titel der Logikvorlesung angegeben, als Mitglied der Schola Thomistica. Näherhin weiß er sich der jungen Salzburger Universität verpflichtet. Die Ausstrahlung der Benediktineruniversität Salzburg auf die österreichischen und böhmischen Prämonstratenser ist in ihrer Frühzeit eindeutig vermittelt durch Norbert Bratiz.38 Von Wilten finden wir nach Bratiz' Lehrtätigkeit 16351638 die Chorherren Wilhelm Bliemel, Franz Zeyr und Christoph Al-tstetter in Salzburg.39 Nach Beendigung des Kurses in Schlägl schickt Propst Martin Greysing drei Studenten zum Theologiestudium nach Salzburg, während er vorher 1636 drei nach Prag an das eben gegründete Collegium Norbertinum gesandt hatte.40 Unter dem 10. Juli 1641 finden wir mit Benedikt Fischer, Franz Freisleben und Dominik Wirth die ersten Prämonstratenser in der 1639 begonnenen Ma-trikel.41 Es ist wohl kein Zufall, dass sich in der Zeit der Tätigkeit co D. Thoma de Aquino Fidelissimo Aristotelis et Discipulo et Interprete concinnata, Salzburg 1641 (zitiert als Phil. nat.); vgl. Leinsle, Logikvorlesung; ders., Die Auseinandersetzung um Arriaga am Hausstudium der Prämonstratenserabtei Schlägl, in: Tereza Saxlova/Stanislav Sousedik (Hgg.), Rodrigo de Arriaga (t 1667), Philosoph und Theologe, Prag 25-28. Juni 1996, Prag 1998, 197-217, hier 189-202. Bratiz, Organum, fol. 245r-246v; Edition: Leinsle, Studium, 382-385. StASchl. Hs.16, fol. 152v; Laurenz Pröll/ Cajetan Lang, Catalogus Canonicorum Reg-ularium Plagensium, Linz 1957, 16, Nr. 134. 37 StASchl, Hs, 16, fol. 153r. 38 Ausführlicher: Ulrich G. Leinsle, Benediktinischer Thomismus bei den Prämonstrat-ensern. P. Otto Litsich als Professor in Louka/Klosterbruck 1656/57, in: Analecta Prae-monstratensia 74 (1998), 177-202, hier 178-180. 39 Haidacher, Studium, 76.79; auch Franz Zeyr wird Bratiz nach Pernegg holen. 40 Vgl. Leinsle, Studium, 157-160. Viktor Redlich (Hg.), Die Matrikel der Universität Salzburg (Salzburger Abhandlungen und Texte aus Wissenschaft und Kunst, Bd. 5), Salzburg 1933, Nr. 301-303; zu den Bratiz' in Louka am 18. Februar 1642 auch der erste Mitbruder dieses Stiftes in der Person des späteren Professors, Abtes von Louka und St. Vinzenz in Breslau (WrocRaw) und Generalvikars der Böhmischen Zirkarie Dr. Matthäus Paul in Salzburg immatrikuliert.42 In den kriegerischen Jahren 1645 bis 1648 absolvieren die Kleriker und Novizen aus Louka ihre Studien zeitweise in Schlägl unter Franz Freisleben.43 Als Propst von Pernegg schickt Bratiz 1645 mit dem späteren Professor am dortigen Hausstudium Sebastian Höfler (1654 zum Nachfolger Bratiz' gewählt, aber nicht bestätigt) und Johannes Schaumberger die ersten Studenten nach Salzburg.44 Auch in St. Vinzenz in Breslau (Wroclaw) errichtet er ein philosophisches Studium mit einem erstaunlich großen Auditorium und holt Matthäus Paul von Louka als Professor nach Breslau.45 4. Die thomistische Philosophie Bratiz' in Grundzügen Bratiz Philosophie ist durchwegs der Thomistenschule, näherhin über seine Salzburger Herkunft hinaus vor allem ihrer spanischen Variante mit den Complutenses und Johannes a S. Thoma (1589-1644) verpflichtet.46 Außerdem benutzt er in der Logik den Aristoteleskommentar des Didacus Masius OP (1553-1608), das Apotelesma des Iren Bernardus Morisanus (+ vor 1625)47 und den Logikkommentar des polnischen Dominikaners Samuel de Lublino (+ ca. 1635). An nicht-thomistischen Quellen verweist er vor allem auf Duns Scotus, Pedro da Fonseca (1528-1599), Francisco Suarez (1548-1617), die Conimbricen-ses und Antonius Ruvio SJ (1548-1615).48 Personen: Isfried H. Pichler, Profeßbuch des Stiftes Schlägl (Schlägler Schriften 10), Schlägl 1992, Nr. 216.218.219. 42 Ebd., Nr. 405. 43 43 StASchl. Hs.16, fol. 165r-168r. 44 Redlich, Matrikel, Nr. 973, 974. zu Sebastian Hoefler: Ambros J. Pfiffig, Obitorium Canoniae Gerusenae. Ein bisher nicht beachtetes Totenbuch des Stiftes Geras. (Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 1), Wien 1980, 107 (t 7.6.1661); vgl. Alfins Žak, Die Beziehungen der niederösterreichischen Prämonstratenserstifte Geras und Pernegg zu Mähren, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens 6 (1902), 34; ders., Chorherrenstift Pernegg, 86-96. Dies geht hervor aus Otto Litsich, Diphthera Thomaeo-Peripatetica, Olmütz 1656, (Thesenblatt), Widmung: cursu Philosophico Lucć uno emenso, altero Wratislavic jam jam ad finem perducto (nisi Pedum & Infula revocasset); - ders.: Panoplia thomaeo-peripatetica, Wien 1657, Widmung fol. (*)3r: Exemplo a te deducto, qui in duplici Tuo Cursu Philosophico, quorum unum Silesia vidit, alterum arrectis auribus Moravia audivit, non alius, quam Thomista audire voluisti. 46 Vgl. Wilhelm Risse, Die Logik der Neuzeit, Bd. I, Stuttgart-Bad Cannstatt 1964, 349. Vgl. Charles H. Lohr, Latine Aristotle Commentaries, Bd. 2, Firenze 1988, 275. 4.1. Logik Methodisch stellt sich die Logikvorlesung Bratiz' als eine sehr genau gegliederte Abfolge der fünf Traktate dar. Diese sind in Quästio-nen und Artikel gegliedert, die nach Darlegung der aristotelisch-tho-mistischen Lehre und weiterer Voraussetzungen (oft numeriert mit nota, notabis, observabis) wieder in einzelnen Quästionen mit Angabe der Ratio quaerendi, der opiniones der Schulen und Autoren, in Re-sponsiones (Respondeo) oder Conclusiones (Dico) gelöst werden. Darauf folgen meist noch weitere meist syllogistisch formulierte Einwände (obijcies), die sogleich - oft in forma - gelöst werden. Wo Definitionen gegeben werden, werden deren einzelne Teile ausführlich diskutiert und bewiesen, wie es die methodus definitiva erforderte.49 Durch diese Darlegungsart waren die Studenten für die Disputationen unmittelbar mit allen nötigen Argumenten ausgerüstet.50 Diese Lehrmethode entspricht auch den Regulae pro studiosis phi-losophiae, die Bratiz fol. 7v zu Beginn seines Kurses angibt. Statt ausufernder und ungeordneter Lektüre wird auf das Verstehen des Diktates Wert gelegt. Dazu dient die unmittelbar an die Vorlesung sich anschließende private Repetition des Diktierten. Bei schwierigeren Fragen wird langsames Durchdenken auch mit möglichen Einwänden gegen die mens Docentis empfohlen. Aufkommende Fragen sind für eine Anfrage an den Dozenten oder die Disputation ebenso zu notieren wie pulchrae rationes. Hierfür ist ein promptuarium disputationum anzulegen. Wöchentlich einmal soll der Student den gesamten Stoff der vergangenen Woche durchnehmen, ebenso einmal im Monat einen Tag lang die Lektionen des vergangenen Monats. All das dient neben der privaten Vervollkommung nicht zuletzt der mit Nachdruck empfohlenen Disputation. Gemeingut ist seit Domingo de Soto (+ 1650) die Aufteilung der Logik in die summulistische und die große (Aristotelische) Logik.51 Die summulistische Logik wird sehr breit nach den drei Verstandesoperationen (Begriff, Urteil und Schluss) entfaltet, in deren Rahmen die Lehre von Terminus, Satz und Argumentation nach allgemein tho-mistischem Schema gegeben wird. Von Anfang an stehen aber neben den logischen Regeln spekulative Quästionen, in denen sich Bratiz mit 48 48 Vgl. Ebd., 395f. 49 Vgl. Ulrich G. Leinsle, Das Ding und die Methode. Methodische Konstitution und Gegenstand der frühen protestantischen Metaphysik, Augsburg 1985,, 37f. 50 Zur Methode vgl. Ulrich G. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, Pader- born 1995, 278-280. den Ansichten anderer Autoren auseinandersetzt, während er selbst unentwegt auf die Lösungen der Schola Thomistica rekurriert und dafür Aristoteles und Thomas anführt. Fonseca und die ihm folgenden Fonsecistae werden z. B. kritisiert in ihrer Lehre, das 'est' sei bei Sätzen de tertio adiacente (z. B. homo est albus) nur eine an sich überflüssige Kopula, da dies der aristotelisch-thomistischen Doktrin voll widerspricht.52 Doch wird sonst Fonsecas humanistisch-jesuitische Logik keineswegs rundweg verworfen.53. Wo er mit abweichenden Meinungen in der Thomistenschule zu tun hat, sind zumeist Johannes a S. Thoma und die Complutenses maßgebend; entscheidend ist aber jeweils die Treue zu Thomas und Aristoteles.54 Der Konsens der Thomisten ist Bratiz durchaus auch eine Instanz gegen seinen Salzburger Lehrer Matthäus Weiß (1599-1638), dem er sonst in vielem folgt.55 In die summulistische Logik baut Bratiz auch bereits die gesamte Syllogistik (aus den Analytica Priora) mit den entsprechenden Regeln und Merkversen ein. Bemerkenswert ist hier die Rezeption des Dominikaners Blasius Verdu à Sans (+ ca. 1625) mit seiner Unterscheidung der Gültigkeit von Syllogismen im synthetischen bzw. analytischen Verfahren. Nach ihm ist auch die 4. Schlussfigur Galens im ordo resolutivus, wie ihn die Mediziner gebrauchen, nötig.56 In der Logikauffassung bricht Bratiz mit der altaristotelisch-instru-mentalistischen Sicht seines Lehrers Matthäus Weiß und schließt sich - noch bevor diese Richtung in Salzburg selbst voll zum Tragen kommt - der spanisch-thomistischen Schule an.57 Die logica utens ist nicht wie Matthäus Weiß im Gefolge Jacopo Zabarellas (1533-1589) will, die Philosophie insgesamt, sondern mit den Complutenses und Conim- 52 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 1 q. 1 a. 6 (fol. 31r-36r; p. 53-57); vgl. Pedro da Fonseca, Institutiones Dialecticae, ( 1564) Köln 1616, l. 9 c. 14 (S. 25f.). Positiv verweist Bratiz auf Fonseca z. B. bei der Definition und Einteilung der defini-tio und divisio: SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 1 q. 2 a. 2 (fol. 41v-42r; p. 68f.). Vgl. Risse, Logik, Bd. 1, 363-373. 54 So z. B. in der Bestimmung des formalen Wesens des Satzes und in der analogen Art der Einteilung in kategorische und hypothetische Sätze: Hier mit Antonius Ruvio gegen Johannes a S. Thoma: SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 1 q. 2 a. 3 (fol. 44v. 46v-47r; p. 74. 78f). Z. B. ebd., tr. 1 q. 2 a. 4 (fol. 50v-52r; p. 88-91) in der Lehre vom Gegensatz der Sätze: Hier beruft er sich sogar auf die Conimbricenses. 56 Ebd., tr. 1 q. 3 a. 3 (fol. 74r; p. 133). a. 4 (fol. 76r-77r; p. 137-139) a. 5 (fol. 83r; p. 151); Blasius Verdu à Sans, Quaestionis An detur quarta figura decisio, Köln ( 1625), benutzt 1627. Vgl. Lohr, Commentaries, Bd. 2, 476. 57 Vgl. Emmanuel J. Bauer, Thomistische Metaphysik an der alten Benediktineruniversität Salzburg. Darstellung und Interpretation einer philosophischen Schule des 17./18. Jahrhunderts. (Salzburger Theologische Studien 1), Innsbruck - Wien 1996, 41-96. bricenses im strengen Sinne die Topik und Sophistik.58 In einer ausführlichen Auseinandersetzung mit Matthäus Weiß legt Bratiz anhand von Ruvio und den Complutenses den Wissenschaftscharakter der Logik dar, in dem er sich auch mit Duns Scotus und manchen Jesuiten einig weiß.59 Gegenstand der Logik ist das ens rationis im Sinne der zweiten Intentionen, das im Wesentlichen nach Ruvio, Didacus a Jesu (+ 1621) und teilweise Suarez dargelegt wird. Ursache des ens rationis ist aber formal - auch bei Phantasiegebilden wie dem Schintapsus (hier als Mischung aus Ziege, Esel und Büffel)60 - der Intellekt, nicht etwa die Phantasie, wie es Suarez für möglich hält.61 Diametral gegen die Jesuitenschule, die in den realen Verstandesoperationen selbst den Gegenstand der Logik sieht, verteidigt Bratiz contra PP. catervam die thomistisch-skotistische Lehre, das ens rationis sei das Formalobjekt der Logik, obiectum attributionis aber das ens rationis Logicum als zweite Intention bzw. als modus sciendi im weiten Sinne, während der Syllogismus nur obiectum principalitatis ist.62 Gegen die praktische Logikauffassung der meisten Jesuiten und unabhängigen Philosophen und die Verfechter einer theoretisch-praktischen Logik (Vazquez, Suarez, Hurtado de Mendoza, Ruvio) besteht Bratiz mit den Complutenses und Johannes a S. Thoma auf dem schlechthin theoretischen Charakter der Logik.63 Ebenso hält er gegen die Conim-bricenses an der Notwendigkeit der Logik zum vollkommenen Erwerb anderer Wissenschaften fest, lehnt aber eine solche - gegen Francisco de Araujo (1580-1664) u.a. - für den unvollkommenen Erwerb ab.64 58 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 1 a. 2 (fol. 98r-101v; p. 5-12); vgl. Bauer, Metaphysik, 44-48; Leinsle, Ding, 44f. 9 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 1 a. 3 (fol. 104v-108r; p. 18-25); vgl. Bauer, Metaphysik, 64-68. Ansonsten steht 'schintapsus' als Beispiel für eine vox non significativa. Vgl. Theo Kobusch, Sein und Sprache. Historische Grundlegung einer Ontologie der Sprache, Leiden 1987, 44.62. In der bei Bratiz gegebenen Bedeutung ist es aber in seinen Quellen nicht nachweisbar. 61 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 2 a. 1 (fol. 110r-111v; p. 29-34); zur Diskussion vgl. Bauer, Metaphysik, 110-112. 62 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 2 a. 2 (fol. 120r-127v; p. 51-64); vgl. Bauer, Metaphysik, 78-89; damit wendet sich Bratiz auch gegen den Salzburger Sebastian Rhoer, Exercitatio philosophica circa naturam Logices et syllogismis Logici obiecti, Salzburg 1620. 63 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 2 a. 3 (fol. 128r-133r; p. 65-75); vgl. Risse, Logik, Bd. 1, 329-331. 64 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 2 q. 2 a. 4 (fol. 134v-135v; p. 78-80); vgl. Bauer, Metaphysik, 75-78. Die Universalienlehre hält sich gut thomistisch zwischen nominali-stischer Verflüchtigung und platonischem Ideenrealismus, argumentiert aber ausführlich gegen die von den Skotisten angenommene positive Unveränderlichkeit der Essenzen secundum se (und damit von ewigen Wahrheiten)65 und das von Pedro da Fonseca vertretene nur potentielle Gegebensein des universale in re. Demgegenüber hält Bratiz mit den Complutenses, Johannes a S. Thoma und Suarez an der Genese der Universalien durch Abstraktion fest.66 Durch Abstraktion (praecisio) wird entgegen der skotistischen Ansicht die in den Wesenheiten nur virtuell gegebene formale Einheit der Sache erfasst. Die Universalität, metaphysisch als aptitudo inessendi multis im Sinne einer bloßen Nonrepugnanz bestimmt, ist folglich nicht in der Sache selbst gegeben, sondern Produkt der Abstraktion.67 Die Kategorienlehre wird mit einer ausführlichen Darlegung der thomistischen Analogielehre eröffnet, hier durchaus im Anschluss an Matthäus Weiß. Die skotistische Auffassung von der Univozität des Seinsbegriffs wird klar abgelehnt, ebenso eine von Attributions- und Proportialitätsanalogie verschiedene analogia logica, wie sie Bratiz vorsichtig Suarez und Ruvio zuschreibt.68 An der Zehnzahl der aristotelischen Kategorien auch nur zu zweifeln, ist nefas und paradoxum, womit auch die letzten sechs Kategorien als echte Kategorien ausgewiesen sind.69 Relativ ausführlich wird die Relationslehre behandelt, in der sich Bratiz durchgängig mit Suarez' Auffassung auseinandersetzt, die in ihren Neuerungen rundweg abgelehnt wird. Angesichts der Uneinigkeit der Thomisten in der Frage, wie sich die Relation an sich von ihrem unmittelbaren und entfernteren Fundament unterscheidet, überlässt Bratiz allerdings die Entscheidung dem Leser.70 Wenig an Auseinandersetzungen, dafür mehr an positiver aristote-lisch-thomistischer Doktrin bietet die abschließende und deutlich unter Zeitdruck entstandene Behandlung der Analytica posteriora, in der die Lehre vom Beweis und dessen Wirkung, der Wissenschaft bzw. dem Wissen erörtert wird. Auch der nicht mit dem aposteriorischen Beweis 65 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 3 q. 1 a. 1 (fol. 140r-144r; p. 6-14); auch diese Lehre wird in Salzburg erst zur Jahrhundertmitte voll greifbar: vgl. Bauer, Metaphysik, 123130. 66 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 3 q. 1 a. 2 (fol. 146v-148r, p. 19-22); vgl. Bauer, Metaphysik, 130-134. 67 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 3 q. 1 a. 3 (fol. 151r-159r; p. 28-44). 68 Ebd., tr. 4 q. 1 a. 1 (fol. 190r-194r; p. 105-113); a. 2 (fol. 197r; p. 119f.). Zur Diskussion innerhalb der Thomisten vgl. Bauer, Metaphysik, 634-650. 69 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 4 q. 1 a. 2 (fol. 194v; p. 114); q. 2 a. 5 (fol. 218r-219v; p. 161-164). 0 Ebd., tr. 4 q. 2 a. 3 (fol. 207r-214v; p. 139-154). identischen demonstratio quia wird echter Beweischarakter zugesprochen, allerdings nur analog gegenüber der demonstratio propter quid. Gleichwohl erzeugt sie einen wirklichen und vollkommenen Wissen-shabitus.71 Einheit und Unterscheidung der Wissenschaften werden in den natürlichen Wissenschaften nicht nur, wie Suarez und die meisten Jesuiten wollen, durch den verschiedenen Abstraktionsgrad, sondern auch durch den in der Abstraktion erreichten verschiedenen Grad an Immaterialität der Gegenstände begründet,72 in der übernatürlichen Ordnung dagegen durch die verschiedene Teilhabe am Licht des göttlichen Wissens. Gegen Suarez und Fonseca, die sich hierfür auf Duns Scotus berufen, wird die Einheit der Wissenschaft nicht als Ordnungseinheit, sondern als schlechthinnige Einheit eines Habitus gedeutet.73 Nicht zuletzt wegen der Bedeutung für das thomanische Theologieverständnis wird die Lehre von der Subalternation der Wissenschaften klar nach Thomas dargelegt.74 Die thomistische Doktrin, die sich von der frühen altaristotelischen Salzburger Auffassung deutlich zu den spanischen Thomisten bewegt hat, schließt Bratiz, wo es die Umstände nahelegen, gern mit einem theologisch-frommen Ausblick ab. Begnügt er sich am Vigiltag von Mariä Lichtmeß noch damit, den 1. Traktat »in honorem Matris Purifi-catae« zu beschließen, beendet er am Samstag vor dem Palmsonntag den 3. Traktat mit der Prädikabilienlehre, in der ja auch von der species gehandelt wird, recht biblisch-assoziativ mit dem Satz: »Ideo hic Isagoge Porphyrianae in honorem eius, in quo nec speciem nec deco-rem, qui tamen speciosus erat prae filiis hominum, reliquerunt peccata nostra, acquiescere in pace in idipsum iubet noster S. D., qui aliam mer-cedem non petit nisi Te Domine.»15 Das Ende der gesamten Logik aber geht vom zuletzt erörterten Problem des Zugleichbestehens von opi-nio und scientia in Paulus, der einerseits den Glaubenshabitus hatte, andererseits aber die klare Gottschau, zurück auf den Status der Logik als theoretische Wissenschaft und beschreibt von hier aus das Ziel der Logik als die Erreichung des ewigen Glanzes (candor), in dem der Candidus Ordo, der candidus amor zu Christus und seiner Mutter, aber auch die Ehre des Doctor Angelicus nicht fehlen dürfen.76 71 Ebd., tr. 5 q. 1 a. 2 (fol. 234r-235v; p. 193-196). Zur Diskussion vgl. Leinsle, Ding, 36 (Domingo de Soto). 73 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr. 5 q. 2 a. 1 (fol. 237r-240v; p. 199-206). 74 SK DB VI 17 Bratiz, Organum tr.5 q.2 a.1 (fol. 240v-241v; p. 206-208); vgl. Leinsle, Einführung, 155-159. 75 Bratiz, Organum tr.1 q.3 a. ult. (fol. 95r/p. 173); tr. 3 q.2 a. 5 (fol. 186v/p. 99); vgl. Jes 53,2; Ps 44,3; Ps 4,9 Vg. Bratiz, Organum tr.5 q.2 a. ult. (fol. 244r/p. 213): Hucusque itaque ad finem nostrae Logicae per diversas species Entium rationis nescio ad quam uisionem, si non claram 4.2 Naturphilosophie Die Philosophia naturalis peripatetica behandelt die aristotelische Naturphilosophie, die im zweiten Jahr des philosophischen Kurses auf dem Lehrplan stand. Der Aufbau der Thesen folgt zwar noch im Wesentlichen dem didaktischen Plan der naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles, der Aufbau ist jedoch bereits durch die Wissenschaftsklassifikation nach dem immer genauer fortbestimmten Gegenstand ens mobile festgelegt. Wie die meisten zeitgenössischen Autoren (z. B. Benet Pereira, Didacus Masius) schickt Bratiz nach dem Vorwort eine Abhandlung In Universam Philosophiam voraus (th. 112), in der die Geschichte und Einteilung der Philosophie dargelegt werden.77 Stärker wissenschaftstheoretischen Charakter hat die Einleitung In Universam Philosophiam naturalem (th. 13-19), in der Stellung und Gegenstand der Naturphilosophie beschrieben werden. Der erste und weitaus umfangreichste Teil der Thesen behandelt die acht Bücher der Physik (De ente mobili ut sic in communi) mit den zentralen Themen von Bewegung und Ruhe, Materie, Form und Privation, Ort und Zeit. Entsprechend dem lateinischen Titel de physico auditu wird er in fünf Auscultationes eingeteilt, die von den Prinzipien der Naturdinge (Materie, Form, Privation), ihren Ursachen, der Bewegung und deren inneren und äußeren Maßen handelt (th. 20-59). Der zweite Teil über das einfache, aber lokal bewegliche Ding (De ente mobili simplici ad ubi, d.h. die Himmelskörper) entspricht De caelo (Th. 6069). Er gliedert sich in drei Observationes, da hier vor allem die Beobachtung angesprochen ist. Behandelt wird die Natur der Himmelskörper, ihre Bewegung und schließlich der Mundus elementaris. Der dritte Teil handelt von dem zum Sein veränderlichen (also werdenden) beweglichen Ding (de ente mobili mutabili ad esse) und entspricht den Büchern De Generatione et Corruptione (th. 70-84). Er teilt sich in sieben Mutationes: Entstehen, Vergehen, Anderswerden, Zunehmen und Abnehmen, Verdünnung und Verdichtung, Reactio, Repassio und Mischung. Der vierte Teil behandelt das unbeseelte, aus Elementen gemischte, veränderliche und bewegliche Ding (de ente mobili mutabili mixto inanimato) und entspricht den meteorologischen Schriften des Aristoteles, die nicht nur die Himmelserscheinungen, sondern auch die Vorgänge im Erdinnern betreffen (th. 85-100). Dieser Teil ist in sechs saltem adhuc speculativam simus rapti, optemus ergo ut et Lumine scientiae supervenientis spiritus derepente, et per hoc candorem aeternum in Candido sacro Ordine ex Candido amore Saluatoris, eiusdemque Matris Mariae ad gloriam Angelici Doctoris acquirere possimus. 77 Bratiz, Phil. nat., th. 1-12 (S. 1-12). Indagationes gegliedert, die von der Entstehung der meteorologischen Erscheinungen, den feurigen Erscheinungen der Luft (z. B. Kometen, Blitz, Donner etc.), den Lichterscheinungen (z. B. Regenbogen), den feuchten Erscheinungen (Nebel, Wolken, Regen, Flüsse, Meere), den trockenen Erscheinungen (Wind, Erdbeben) und den Metallen und Fossilien handeln. Der fünfte Teil schließlich entspricht den libri de anima des Aristoteles und handelt insgesamt vom beseelten, aus Elementen gemischten, veränderlichen und beweglichen Ding (de ente mobili mutabili mixto animato, th. 101-120). Er besteht aus vier Anima-tiones, die der Seele als solcher und den Stufen der Beseelung entsprechen: vegetative, sensitive und Geistseele. Die »fromme« Absicht und Ausrichtung dieser Schlägler Philosophie zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Bratiz jeden Teil mit einer den Sinn der Naturbetrachtung erhellenden Sentenz aus Seneca oder Boethius eröffnet und schließt. Klarer als in den einzelnen Fragen der Naturphilosophie legt Bratiz bereits im Vorwort die Richtung seiner Philosophie dar. Schon aus den ersten Zeilen spricht deutlich ein Zug zum Konservativismus. Mit den meisten Autoren seiner Zeit versichert er, nicht Neues lehren zu wollen, sondern die veritatis dogmata getreu zu wiederholen, zumal Neuheit immer häresieverdächtig ist.78 Diese Lehrsätze sollen hier peripatetisch, nicht stoisch interpretiert werden. Diese Klarstellung ist angesichts der Seneca-Zitate und der stark deterministischen Naturphilosophie des Neustoizismus der Renaissance nicht zu übersehen. Als Führer durch die Naturphilosophie erscheint Thomas von Aquin; er ist die Zunge des Aristoteles. Er ist nicht nur in der Theologie als Autorität anzuerkennen, sondern auch in der Philosophie. Entschieden wendet sich Bratiz gegen eine libertas philosophandi, wie sie die Universitätstradition des 16. Jahrhunderts kennzeichnete. Vielmehr hat die Philosophie dem rechten Verständnis der Theologie zu dienen; sie ist deren getreue Magd und erwartet ihre Befehle. Diese Verbindung von Philosophie und Theologie ist keineswegs schlecht, wie die malae bestiae Luther und Wyclif meinen. Offen bekennt sich Bratiz als Tho-mist. Für die Autorität des Aquinaten führt er geschickt das Zeugnis eines Jesuiten ein: Benet Pereira (1536-1610). Zudem sei der Dominikanerorden mit den Prämonstratensern verwandt in Regel, Konstitutionen und Marienverehrung. Warum sollte man also nicht als Prä-monstratenser thomistisch philosophieren?79 Neben den bereits in der Logik benutzten Standardwerken verwendet Bratiz hier für die skoti- 78 Vgl. Anita Mancini, La controversia con i protestanti e i programmi degli studi teologici nella Compagnia di Gesü 1547-1599, in: Archivum Historicum Societatis Iesu 54 (1985), 3-43. 209-264; hier 37. 79 Bratiz, Phil. nat., Ad Lectorem (4v-A1v). stische Doktrin auch die Philosophia naturalis Duns Scoti von Philippus Fabri und die Quaestiones dialecticae et physicae des Minoriten Caspar de la Fuente, für die Jesuiten vor allem den Cursus philosophicus Rodrigo de Arriagas (1592-1667), mit dem er sich durchgängig auseinandersetzt. Unter den von Bratiz benutzten und in Schlägl vorhandenen Autoren finden wir sogar zwei Protestanten: die Institutiones physicae (Leiden 21615) des Leidener Professors Gilbert Jacchaeus (15781628) und das 1637 in Ulm erschienene gleichnamige Werk des Medizinprofessors in Wittenberg und Gießen Gregor Horstius (1578-1636).80 In der Mineralogie unentbehrlich ist das Standardwerk de re metallica Georg Agricolas (1494-1555). Für die bei Bratiz nicht selten feststellbare moralisierende Naturauslegung scheint Abra de Raconis (1580-1646) als Vorbild zu dienen. Für die Meteorologie schließlich wurden 1640 die Meteorologicorum libri sex des konservativen Professors in Löwen Libertus Fromondus (Libert de Froidmont, 1587-1653) erworben. Bei biblischen Realien greift Bratiz auf die Bibliotheca san-cta des Universalgelehrten Sixtus Senensis OFM (1520-1569) zurück. Für genuin theologische Fragen verweist er u.a. auf Juan de Lugo SJ (1583-1660). Die wissenschaftstheoretische Stellung der Naturphilosophie (Phy-siologia) wird weitgehend nach Didacus Masius (1553-1608) bestimmt.81 Gegenstand der Naturphilosophie ist das corpus mobile oder als die natürliche Substanz. Prinzipien, Ursachen, Bewegung und Quantität werden im einzelnen disputiert, wobei die Lehre des Aristoteles selbstverständliches Fundament der Auseinandersetzung ist. Da Gott nach Augustinus die materia prima als ein prope nihil geschaffen hat, ist folglich die von Aristoteles gelehrte Ewigkeit der Materie und damit der Welt mit Thomas von Aquin abzulehnen.82 Materie und Form sind essentiell unterschieden; die Materie ist reine Potentialität. Deshalb besitzt sie nicht den von den Skotisten angenommenen actus entitativus, der als bloßer actus obiectivus gedeutet wird. Als reines ens quo hat die materia prima auch keine eigene Existenz; sie kann deshalb gegen Arriagas Meinung auch nicht entstehen und vergehen.83 Die Existenz setzt vielmehr die productio voraus, das Heraustreten aus den Wirkursachen. Dabei wird gut thomistisch an der Realdistink-tion zwischen Essenz und Existenz gegen Arriaga, die Jesuiten und 80 Zu Jacchaeus vgl. Leinsle, Ding, 315-322; zu Horstius: Christian Gottlieb Jöcher, Al- lgemeines Gelehrten-Lexicon, Leipzig 1750/51, ND 1960, Bd. 2, Sp. 1716. 8 Bratiz, Phil. nat., th. 13-19 (S. 13-21). 82 Ebd., th. 23 (S. 26f.). 83 Ebd., th. 27 (S. 30-32); vgl. Bauer, Metaphysik, 296-336. Jacchaeus festgehalten, wie es den Grundlehren des Salzburger Tho-mismus entspricht. Die Materie kann folglich ohne die Form nicht existieren, ist aber auch nicht von der Form abtrennbar. Sie besagt nur das Verlangen nach der Form, das aber gegen die Skotisten nicht real von der Materie unterschieden ist.84 Die Privation ist - gegen Masius - nicht die entitas materiae primae. Thomas und Aristoteles lehren nach Gregor Horstius vielmehr nur eine Identität im Träger, nicht aber dem Wesen nach.85 In die Auseinandersetzung mit den Jesuiten tritt Bratiz vor allem bei der Lehre von den substantiellen Formen ein, die nicht zuletzt durch kirchliche Entscheidungen (Seele, Eucharistielehre) vorbelastet ist. Substantielle Formen können nur durch generatio entstehen, nicht schon bei der ersten Schöpfung. Doch ist dazu gegen die Ansicht der Jesuiten bereits eine Form in der Materie nötig.86 Gegen die Complu-tenses hält Bratiz mit Masius an der Unveränderlichkeit der wesentlichen Eigenschaften fest. Künstliche Formen setzen nur eine potentia oboedientialis voraus. Unter dem Schlagwort Ars simia naturae werden einige Fragen der Alchimie und Magie vor allem nach Martinus Del Rio (1551-1608) erörtert.87 Wieder gegen die Jesuiten und Skotisten hält Bratiz an der Vereinigung von Materie und Form per se fest. Die Vereinigung selbst ist kein eigener modus; Aristoteles kennt kein Drittes, das Materie und Form verbindet. In der Physik aber muss man sentire, quod sentit Aristoteles. Thomas' Lehre in dieser Frage wurde von Cajetan richtig, von Arriaga dagegen falsch interpretiert.88 Bei der Lehre von der Wirkursache polemisiert Bratiz gegen die Definition Arriagas: Causa efficiens est quae per se tribuit extrinsece esse effectui ex praeciso conceptu efficientis. Sie sei nur aus seinem eigenen Gehirn gesaugt. Kausalität ist nicht nur eine Relation, wie die Jesuiten wollen, sondern besagt thomistisch mit Samuel de Lublino eine actio: den Akt der Verursachung.89 Klar wendet sich Bratiz auch 84 84 Bratiz, Phil. nat., th. 29 (S. 34f.). 85 Ebd., th. 30 (S. 35f.). Ebd., th. 33 (S. 39f.); zur praecontinentia formarum in der Salzburger Tradition vgl. Bauer, Metaphysik, 359-362. 87 Bratiz, Phil. nat., th. 36f. (S. 43-46). Ebd., th. 38f. (S. 46-48); vgl. Ulrich G. Leinsle, Rodrigo de Arriaga im Streit um modale Entitäten, in: Bene scripsisti ... . Filosofie od stüedoviku k novovìku. Sbornik k sedm-desätinäm Stanislava Sousedika, ed. Jiüi Beneš, Petr Golombiček, Vladimir Urbänek, Praha 2002, 161-189; Zum Salzburger „Antimodismus» in dieser Frage vgl. Bauer, Metaphysik, 376-388; Bratiz. Phil. nat., th. 44 (S. 53); vgl. Rodrigo de Arriaga, Cursus Philosophicus ( 1632), Paris 1637, Phys. disp. 9 s. 1 (S. 319); Samuel de Lublino, Quaestiones scholasticae in octo libros Aristotelis de physico auditu, Köln 1628, 2 phys. q. 10 a. 3 (S. 143-145). Zur Kritik in Salzburg vgl. Bauer, Metaphysik, 510f. gegen die Lehre von Gott als der alleinigen Ursache alles Geschehens (z. B. Okkasionalismus), aber auch gegen eine Untätigkeit Gottes (Deismus, Epikureismus). Zu unserer Ursächlichkeit ist vielmehr ein concursus praevius, nicht nur der von den Jesuiten angenommene concursus simultaneus Gottes erforderlich. Schließlich wird auch die thomi-stische Lehre von der praemotio physica gegen die skotistische prae-motio moralis hier dargestellt, wie es der Salzburger Universitätstradition entspricht.90 Actio und passio sind nach Thomas in recto real identisch, obwohl sie verschiedene Kategorien bilden; doch handelt es sich hier nach Matthäus Weiß nicht um eine formale Prädikation. Zudem müssen sich nach Masius die Kategorien nicht real, sondern nur verstandesmäßig unterscheiden. Das Urteil über diese These will Bratiz allerdings dem Interpreten überlassen.91 Eine actio in distans im strengen Sinne wird abgelehnt; die Vorstellung kann hier allerdings vermitteln, so wenn einem bei der Vorstellung guten Essens »die Zähn wässern».92 Ein aktual Unendliches wird in rerum natura nicht angetroffen, was Bratiz gegen Arriaga an dem »einleuchtenden« Beispiel klarmachen will, dass dann die Küche vom Refektorium unendlich weit entfernt wäre. Er gibt seiner Freude Ausdruck, ein solches Mahl nicht einnehmen zu müssen. Nicht einmal de potentia dei absoluta ist ein geschaffenes ak-tual Unendliches möglich.93 Das Kontinuum darf nicht aus unteilbaren Punkten zusammengesetzt gedacht werden. Dies wurde auf dem Konzil von Konstanz gegen Hus verurteilt und entspreche dem Irrtum der Eleaten. Außerdem wäre dann nach Matthäus Weiß ein Kontinuum nicht größer als das andere. Die Tangente kann den Kreis nur in einem Punkt (discrete), nicht aber kontinuierlich berühren.94 Gegenseitige Durchdringung von Körpern ist natürlicherweise nicht möglich, wohl aber durch die Kraft Gottes, was zu Betrachtungen über die Jungfräulichkeit Marias vor, während und nach der Geburt Christi und über die Auferstehungsleiblichkeit (verschlossenes Grab, verschlossene Türen) Anlass bietet. Auch die Eucharistielehre widerspricht dieser physikalischen Tatsache nicht, da nur die Präsenz circumscriptive an mehreren Orten ausgeschlossen ist, dass also derselbe räumliche Körper sowohl in Schlägl als auch in Linz wäre.95 Die Erscheinungen 90 Bratiz, Phil. nat., th. 45 (S. 55f.); vgl. Bauer, Metaphysik, 539-561. 91 Bratiz, Phil. nat., th. 50 (s. 62f.). 92 Ebd., th. 52 (S. 65). 93 Ebd., th. 53 (s. 67). Ebd., th. 55 (S. 68f.); vgl. Matthäus Weiss, Acroamata physica seu libri Physicorum octo commentariisperipateticis illustrati, Salzburg 1623, l. 6 a. 5 n. 5 (S. 269f.); vgl. Bauer, Metaphysik, 240-242. 95 Bratiz, Phil. nat., th. 57 (S. 71f.). Christi aber erfolgten nach Thomas nicht mit dem physischen Leib. Zudem muss Christus nicht immer im Himmel sitzen, sodass er sich nicht bewegen dürfte. Arriagas These von der Möglichkeit der Biloka-tion habe zur Folge, dass dann derselbe Mensch zugleich in Schlägl und in Wilten mit ihm disputieren könne.96 Die Zeit-Paradoxe Augustins löst Bratiz im Sinne des Aquinaten durch die Existenz unteilbarer Zeiteinheiten, eben des Jetzt.97 In den Thesen zu De Caelo et Mundo wird selbstverständlich das alte Weltbild vorausgesetzt. Der Himmel ist ein einfacher Körper, der mit Ruvio gegen Matthäus Weiß materiell ist, allerdings nicht aus subluna-rer Materie besteht. Damit wendet sich Bratiz gegen die unklare Position Weiß'.98 Der Einfluss der Himmelskörper besteht grundsätzlich nur in Bewegung und Licht; alle weiteren Einflüsse lassen sich auf das Licht zurückführen; okkulte Einflüsse werden wie in der Salzburger Frühzeit abgelehnt. Intellekt und Wille können bestenfalls per accidens von den Sternen beeinflusst werden. So wirkt etwa die Feuchtigkeit des Mondes auf das Gehirn. Allerdings bedienen sich auch die Dämonen dieser Einflüsse. Deshalb sind zwar astronomische und meteorologische Vorhersagen möglich, nicht aber Vorhersagen des Schicksals. Bratiz wendet sich hier besonders gegen die Praxis der Kalendermacher, die zugleich Horoskope liefern, und erinnert an die kirchlichen Verbote. Doch kann es vorkommen, daß die Dämonen die futura contingentia durch göttliche Offenbarung kennen und deshalb die Menschen beeinflussen.99 Aus den vier Elementen gemischte Körper richten ihre Bewegung immer nach dem schwersten. Gravitation und Levitation sind keine innere Bewegung, wie die Skotisten wollen, noch durch Attraktion und Repulsion zu erklären, wie die Atomisten lehren. Vielmehr ist als formales Bewegungsprinzip eine eigene substantielle Form anzunehmen, die für Bratiz -gegen Arriaga - von der Substanz selbst verschieden ist.100 Die Betrachtung der sublunaren Welt (Mundus elementaris) beginnt mit der Lehre von der Schöpfung, die nach den Kirchenvätern im Frühjahr, nach den Astronomen im Zeichen des Widders erfolgte. Dies führt allerdings wie bei Abra de Raconis zu der Schwierigkeit, das Dasein von Früchten im Paradies zu erklären. Die Verringerung des Lebensalters seit den Urvätern erklärt Bratiz durch die Verminderung der Lebenskraft. Die Betrachtung der Welt mündet in eine Theodizee: Die Welt ist vollkom- 96 Ebd., th. 58 (S. 73). 97 Ebd., th. 59 (S. 74f.). 98 Ebd., th. 60-62 (76-80); vgl. Bauer, Metaphysik, 247. Bratiz, Phil. nat., th. 63-65 (S. 80-84); zu Salzburg vgl. Bauer, Metaphysik, 251. Bratiz, Phil. nat., th. 67 (S. 85f.); vgl. Arriaga, Cursus, de Gen. disp. 4 s. 5 subs. 1 (S. 512-514). men. Mit Thomas wird auch die reine Möglichkeit der Ewigkeit der Welt gelehrt, aus der aber nicht die Ewigkeit der Bewegung folgt.101 Bratiz hält gegen Arriagas Einwände an der aristotelischen Definition für 'generato fest; ebenso daran, dass beim Vergehen kein ens completum als Subjekt der Entstehung zurückbleibt. Terminus a quo der substantiellen Entstehung ist die materia prima, terminus ad quem das compositum. Ebenso bleibt beim Vergehen nur die Materie erhalten, die in der Veränderung eine neue Form annimmt.102 Die Aufhebung eines Defektes (z. B. die Rechtfertigung) ist jedoch nur eine einzige positive Veränderung, nicht Aufhebung und Setzung einer neuen Form. Die erste Materie ist dabei nicht nur intentional, sondern gegen Suarez auch in der Ausführung unmittelbar auf die substantielle Form ausgerichtet. Bei der Intensivierung einer Qualität wird nach den Complutenses keine neue Entität zugefügt, wie die Jesuiten und Skoti-sten wollen, die der skotistischen Thomasinterpretation Cajetans gefolgt seien.103 Wachstum geschieht durch Nahrungsaufnahme und ist daher mit dieser real identisch. Verdünnung und Verdichtung geschehen durch wirkliche Veränderung der Teile hinsichtlich ihrer Distanz. Dünne und Dichte sind auch im eucharistischen Leib Christi gegeben (Fleisch bzw. Knochen), ohne dass dadurch die Größe verändert würde. Dass die Verdünnung auf einer Vermehrung der Atome beruhe, wird nach Johannes a S. Thoma und den Complutenses nur referiert. Keinesfalls aber ist Eva aus der Rippe Adams durch Verdünnung gemacht worden, sondern durch Zuführung neuer Materie oder einen neuen Schöpfungsakt.104 Den Vorgang der Veränderung erklärt Bratiz durch reactio und repassio als äquivalente Vorgänge im Objekt zu actio und passio. Mischung setzt gegen Julius Caesar Scali-ger (1484-1558) und Arriaga Veränderung voraus: Die Elemente der Mischung werden selbst verändert. Substantielle Formen bleiben bei Mischung nicht formal, sondern nur virtuell erhalten.105 Für die teilweise phantastischen Meteorologie steht vor allem Li-bertus Fromondus Pate.106 Der Komet des Jahres 1618 war ein himm- 101 Bratiz, Phil. nat., th. 68f. (S. 87-90). 102 Ebd., th. 70 (S. 91f.); vgl. Arriaga, Cursus, de Gen. disp. 1 s. 1 (S. 451). 103 Bratiz, Phil. nat., th. 77 (S. 100-102); vgl. Bauer, Metaphysik, 261-265. 104 Bratiz, Phil. nat., th. 80f. (S. 104-106). Ebd., th. 83 (108f.); vgl. Julius Caesar Scaliger, Exotericarum exercitationum lib. XV. De subtilitate, ex. 101 (11557), Frankfurt 1576, 345-370. Bratiz. Phil. nat., th. 85-100 (S. 110-130). - Zu der in Salzburg nur wenig gepflegten Meteorologie vgl. Bauer, Metaphysik, 253-256; zu Froidmont und der Meteorologie des 17. Jahrhunderts: Christoph Meinel, Natur als moralische Anstalt. Die Meteorologia Philosophico-Politica des Franz Reinzer, S.J., ein naturwissenschaftliches Emblembuch aus dem Jahre 1698, in: Nuncius 2 (1987), 37-94, bes. 55-66. lischer, kein sublunarer. Solche entstehen nicht aus natürlichen Ursachen, sondern auf wunderbare Weise. Die schlechten Wirkungen der Kometen sind Trockenheit, Sturm, Erdbeben, aber auch Kriege, Untergang von Reichen und Königen, Revolutionen. Ob Kometen jedoch als natürliche Ursachen der letzteren Ereignisse angesehen werden müssen, oder nur göttliche Vorzeichen sind, ist nach Bratiz diskutabel. Die Erscheinungen in der mittleren Region sind etwa der »fliegende Drache« und Meteoriten. Nach Fromondus ist ein solcher Drache Anzeichen für Krankheit und Pest. Gegen die These, daß jeder, der einen Meteoriten fallen sieht, bald sterben müsse, beruft sich Bratiz auf die eigene Erfahrung: Er hat einen gesehen und lebt immer noch. Auch Blitz und Donner spielen sich in dieser Region ab. Gegen die Volksmeinung, daß Blitz und Donner die Pilze wachsen lassen, ist nach Bratiz und Fromondus dafür die Feuchtigkeit verantwortlich. In der untersten Region der Luft ist das Irrlicht beheimatet, das auch von bösen Geistern geleitet werden kann. An Erscheinungen in der Luft werden vor allem die verschiedenen Wolkenformen, die nach Fromon-dus die Menschen zur Buße anleiten sollen, um den Zorn Gottes abzuwenden, und der Regenbogen erläutert. Der Regen fällt tropfenweise aus den Wolken, wobei die Rundheit des Tropfens nach Albertus Magnus einen Schutz gegen die Luft darstellt. Schnee, Hagel, Tau, Mehltau und Reif gehören ebenso zu den Meteora wie die Wasser auf der Erde und im Erdinnern. Besondere Erwähnung finden die kropfbildenden Gewässer im Pinzgau. Das Meer sind nicht die Tränen Satur-ns, der Urin oder mit Johannes Kepler der Schweiß der Erde; vielmehr hat Gott selbst das Meer salzig gemacht. Bei den Winden werden auch die deutschen Bezeichnungen beigefügt. Im einzelnen werden die Arten der Erdbeben nach Aristoteles dargelegt. Nach Albertus Magnus habe der Neckar durch ein Erdbeben seinen Lauf geändert. Erdbeben sind nach Plinius Vorzeichen von Katastrophen und leiten uns an, unsere Zuflucht zu Gott zu nehmen. Die Mineralien und Edelsteine werden auch in ihrer medizinischen Bedeutung nach Georg Agricola dargestellt. Die Psychologie Bratiz' hält sich durchgängig an die thomistische Lehre.107 Gegen Arriagas Sympathie für die Skotisten lehnt Bratiz auch deren forma corporeitatis ab.108 Die Seelenpotenzen sind nach Thomas real von der Seelensubstanz verschieden.109 Für die Sinneswahrnehmung hält Bratiz an der thomistischen Lehre von den species intentionales fest. Der innere Sinn hat seinen Sitz im Gehirn. Während 107 Bratiz, Phil. nat., th. 101f. (131-133); vgl. Bauer, Metaphysik, 417-456. 108 Bratiz, Phil. nat., th. 103 (S. 133f.). 109 aber Thomas jedem einzelnen Sinn im Gehirn seinen Platz anweist, will Horstius das ganze Gehirn wegen seiner allgemeinen Feuchtigkeit als Sitz des inneren Sinnes annehmen. Ausdrücklich bemerkt Bratiz, dass er sich hier nicht in medizinische Kontroversen einlassen will und nur das reifliche Urteil der Anatomen referiere.110 Bei der Lehre von der Geistseele wendet sich Bratiz scharf gegen den Traduzianismus der Lutheraner und den Averroismus. Für einen Philosophus Christianus kann nur der Kreatianismus in Frage kommen. Ebenso wird klar an der Unsterblichkeit der Seele festgehalten.111 Intellectus agens und possibilis sind gegen Suarez real verschieden. Primäres Objekt des Intellektes ist das Intelligibile, d.h. das Allgemeine, nicht das Einzelding. Mit Samuel de Lublino wird der Erkenntnisakt ganz thomistisch als die Durchleuchtung des phantasma mittels des tätigen Intellektes gedeutet. Das Verhältnis von Intellekt und Willen wird nach Thomas in einem Primat des Intellektes gesehen. Die Freiheit des Willens wird schließlich gegen Luthers These vom unfreien Willen verteidigt.112 Im Schlusswort verweist Bratiz nochmals darauf, dass er nur die im besten Sinne peripatetische Lehre des Thomas dargelegt habe. Schließlich sei es auch besser, Überflüssiges zu wissen als gar nichts. Mit einem Seneca-Zitat gegen die Unwissenheit und dem Lobpreis Gottes, Marias und des hl. Norbert schließt Bratiz seine Ausführun-gen.113 Bratiz legt insgesamt eine dezidiert konservative, streng tho-mistische und antijesuitische Doktrin vor, die sich aber früher als die Salzburger Universität von der altaristotelischen Richtung zur spanischen Thomistenschule hinwendet. Die Beispiele zeigen zudem das Bemühen, die peripatetische Logik und Naturphilosophie in die Lebenswelt des Schlägler Hausstudiums zu übersetzen und so den Schülern begreiflich zu machen. Povzetek: Ulrich G. Leinsle, Dr. Norbert Bratiz O. Praem. (ca 1599-1656),Tomistični filozof in reformatorski opat iz Ljubljane Poznejši profesor in opat dr. Norbert Bratiz se je rodil v Ljubljani leta 1599. S starši je kmalu prišel v Wilten pri Innsbrucku, kjer je leta 1616 pri premonstratencih dal redovne zaobljube. Po študiju v In-golstadtu v letih 1623 do 1625 je postal profesor za filozofijo v samostanu Osterhofen na Bavarskem. Hkrati ej študiral na benediktinski univerzi v Salzburgu. V Wiltenu je postal oskrbnih (ekonom), leta 1627 110 Ebd., th. 112-115 (S. 144-149); vgl. Bauer, Metaphysik, 457-463. 111 Bratiz, Phil. nat., th. 116 (S. 150f.). Ebd., th. 119f. (S. 154-157). Zur Bedeutung der phantasmata in der Salzburger Erkenntnislehre vgl. Bauer, Metaphysik, 477-481. Bratiz, Phil. nat., 157. pa prior. Leta 1628-1629 je študiral na Kolegiju sv. Norberta v Rimu. 11. februarja 1629 je promoviral na univerzi v Perugi in postal doktor teologije. Še istega leta so ga skupaj z dvema sobratoma poslali v opuščeno opatijo Speinhart v Oberpfalz, kar pa zaradi političnih razlogov ni uspelo. Do leta 1633 je bil župnik v Neunburgu vorm Wald. Ko se je vrnil v Wilten, je postal profesor teologije, ekonom in leta 1635 ponovno prior. Potem ko je bil zaradi spora z briksenškim škofom odstavljen in pregnan iz Wiltena, je prišel v Schlägl v Zgornjo Avstrijo in bil tam profesor filozofije (tudi za študente iz Strahova), kasneje tajnik generalnega vikarja Benedikta Lachena v Louka (pri Znoimu). 11. septembra 1642 je bil izvoljen za prošta v Perneggu v Spodnji Avstriji. Tam je izpeljal obsežne reforme. 30. januarja 1648 je postal opat v samostanu sv. Vincencija v Wroclawu, kjer je uspešno nadaljeval reforme. Umrl je 24. januarja 1656. Bratizova vloga je bila, da je iz Salzburga prinesel tomistično filozofijo tako v Wilten kakor tudi premonstratencem v češki provinci. Salzburg je bil poleg Prage pomembno izobraževalno središče za akademski naraščaj. Lastna Bratizova filozofija se je ohranila v posvetilu njegovih predavanj iz logike v Schläglu (Strahovska knigovna DB VI 17) in v njegovem delu Philosophia naturalis peripatetica, ki je bilo natiskano v Salzburgu. Bratiz je sicer ostal zvest salzburškemu tomizmu, deloma pa se je samostojno soočil z jezuiti in skotisti in za to uporabil tudi protestantske avtorje. Zgodaj se je opredelil za aristotelsko smer in za španske sholastike, in sicer še preden je to storila univerza v Salzbur-gu. S tem je pokazal, da je včasih mogoče v majhnem redovnem študiju biti »modernejši« kakor v institucionalno nepremični univerzi. Ključne besede: zgodovina, študij, teologija, tomizem, naravna filozofija. Summary: Ulrich G. Leinsle, Dr. Norbert Bratiz O. Praem. (about 1599-1656), Thomist Philosopher and Reformist Abbot from Ljubljana The later professor and abbot Dr. Norbert Bratiz was born in Ljubljana in 1599. Soon he moved with his parents to Wilten near Innsbruck, where he took vows in the Order of Canons Regular of Pré-montré (Premonstratensians) in 1616. After studying at Ingolstadt from 1623 to 1625 he became a professor of philosophy in the monastery Osterhofen in Bavaria. At the same time he studied at the Benedictine university in Salzburg. He became the steward and later (1627) the prior at Wilten. In the years 1628-1629 he studied at St. Norbert's College in Rome. On 11 February 1629 he received a doctorate in theology at the University of Perugia. In the same year he was sent with two brothers to the abandoned abbey at Speinshart in Oberpfalz, which was not successful due to political reasons. Up to 1633 he was the parish priest at Neunburg vorm Wald. When he returned to Wilten, he became a professor of theology, the steward and again the prior in 1635. Owing to a conflict with the bishop of Brixen, he was removed from office and from Wilten and came to Schlägl in Upper Austria. There he taught philosophy (also to students from Strahov in Bohemia), later he was secretary to the Vicar General Benedict Lachen at Louka (near Znojmo in Moravia). On 11 September 1642 he was elected provost at Pernegg in Lower Austria. There he introduced extensive reforms. On 30 January 1648 he became the abbot of St. Vincent's abbey in Breslau (today Wroclaw in Poland) where he successfully continued his reformist activities. He died on 24 January 1656. Bratiz played an important role in bringing Thomist philosophy from Salzburg to Wilten as well as to the Premonstratensians in Bohemia. Beside Prague, Salzburg was an important centre of university education. Bratiz' own philosophy has been handed down in the dedication of his lectures on logic at Schlägl (Strahovska knihovna DB VI 17) and in his work Philosophia naturalis peripatetica printed in Salzburg. Though Bratiz remained true to the Salzburg Thomism, he also independently confronted the Jesuits and the Scotists, making use of Protestant authors, too. Earlier than the university of Salzburg he declared himself for the Aristotelian school of thought and for the Spanish scholastics. Thus, he demonstrated that somebody at a small monastic educational establishment may be more in keeping with the times than at an institutionally rigid university. Key words: history, study, theology, Thomism, natural philosophy.