Dient vornehmlich der Unterstützung und Ausbreitung der IHissionstätigkeit der Söhne des heiligsten Berzens Jesu und sucht Verständnis und werktätige hiebe des missionswerkes in Wort und Schritt zu fördern. Das Arbeitsfeld dieser fflissionäre ist des Sudan (Zenfrai-Hfrika.) Der „Stern der sleger" erscheint monatlich und wird vom Missionshaus tlliliand bei Brixen (Südtirol) herausgegeben. Hbonnernentspreis ganzjährig mit Posfversendung 2 K — 2 Hlk. — 3 Frc. Der Heilige Vater Papst Pius X. trat der Redaktion, den ßbonnenten und Wohltätern den apostolischen Segen erteilt. Für die Wohl-idler werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Hüt Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirien von Brixen, Brünn, tieifmerih, hinz, Olmüij, Marburg, Crient, Triest und Wien. Heft 10. Oktober 1914. XVII. 3ahrg. Hn unsere verehrten liefert* Etwas verspätet, wie das September-Heft, verläßt auch die Oktober-Nummer des „Stern" die Druckerei. Der Krieg hat eben wie überall, so auch in dieser Stätte seine Werbetrommel gerührt, und aus seinen Ruf hin mußten manche den Setzerkittel mit des Kaisers Rock und die Druckmaschine mit dem Schießgewehr vertauschen. Darum wird es gewiß nicht wundernehmen, wenn infolgedessen auch der „Stern" eine Zeitlang nicht jedesmal am Ersten des Monates seinen Freunden und Gönnern von den Arbeiten, den Leiden und Freuden der Missionäre und der ihnen anvertrauten Neger erzählt, wenn er vielmehr in seinem Erscheinen vielleicht eine längere oder kürzere Verzögerung erleidet. — Wir ersuchen deswegen unsere geehrten Leser, nicht sofort nach Beginn des Mona- tes wegen Nichtempfanges der Hefte zu reklamieren, sondern etwas zuzuwarten, um so mehr, als sie versichert sein können, daß es unser eifrigstes Bestreben sein wird, ihnen die jedesmalige Nummer so rasch, als es die gegenwärtigen, ungünstigen Verhältnisse gestatten, zukommen zu lassen. Im Anschluß daran bitten wir auch unsere Freunde und Abonnenten recht inständig um das Almosen ihres Gebetes für unsere unter dem Kriege so schwer leidende Mission in Afrika. Nicht genug damit, daß in einem Teile unseres Gebietes schon seit längerer Zeit die Hungersnot herrscht, und daß infolge des gegenwärtigen Krieges auch die gewöhnlichen Unterstützungen viel spärlicher fließen, kommt jetzt noch dazu, daß die Missionäre wegen des zwischen England und Lsterreich-Deutschland aus-gebrochenen Kriegszustandes vollständig von jedem Verkehr mit uns abgeschlossen Siehe Brieskasten der Redaktion! sind und sie deswegen selbst am Notwendigsten Mangel leiden, wenn ihnen nicht vielleicht gar noch SchlimmerD Droht. Wir können darum unsere in Afrika wirken- den Patres und Brüder nicht dringend genug dem Gebete unserer Wohltäter empfehlen. Die Redaktion. Seine ßeiligkeif Papis Benediki XV, Ein Wort des Segens und eine Mahnung Zum Frieden war das letzte Rund- schreiben, das Pius X. an die Völker des Erdkreises richtete; und wiederum ein Seine Beiligkeit Papis Benedikt XV. Wort vom Frieden und eine ergreifende Bitte um den Frieden ist e|| womit der neue Papst Benedikt XV. in seiner ersten Enzyklika hintritt vor die gesamte Menschheit und vor allem die Regenten aus tiefstem Herzen beschwört, ihren Völkern dies wertvolle Kleinod wiederzugeben. Benedikt XV.! — Segen verkündet uns dieser Name, ©egen kündet uns auch sein Träger. — Als Sprosse eines adeligen Geschlechtes am 21. November 1854 zu Genua geboren, wurde er nach erfolgter Pramovierung zum Doktor der Theologie, sowie beider Rechte am 21. Dezember 1878 in Rom zum Priester geweiht. Hieraus widmete er sill) weitere vier Jahre den höheren theologischen Studien in der päpstlichen Diplomaten-Schule bis 1882, in welchem Jahre ihn Rampolla, damals Nunzius am spanischen Hofe, als seinen Sekretär mit sich nach Madrid führte. Als sodann im Jahre 1887 Leo XIII. Rampolla zum Kardinal und bald hernach zu seinem Staatssekretär ernannte, wollte dieser, überzeugt von den ganz hervorragenden Eigenschaften Monsignore della Chiesas, denselben auch jetzt wieder bei sich haben und erwirkte ihm am päpstlichen Hofe die Stelle eines Unterstaatssekretärs, welches Amt er bis zu seiner 1907 erfolgten Erhebung auf den erzbischöflichen Stuhl von Bologna bekleidete. Im letzten Konsistorium vom 25. Mai l. I. nahm ihn Pius X. durch die Verleihung des Purpurs in das Kardinalskollegium auf, das ihn endlich am 3. September durch Wahl zur höchsten Würde auf Erden berief und ihm am 6. September in der Sixtinischen Kapelle die dreifache päpstliche Krone aufs Haupt setzte. Wir bringen dem neuen Vater der Christenheit unsere kindlichsten Glück- und Segenswünsche dar. Möge der göttliche Heiland den reichsten Segen über seinen Statthalter ausgießen, damit dessen Wirken allen zum Heil und Segen gereiche! Afrikanische Kultur und hebensweife. Eine Studie über die 6iur=sleger im Südweiten von Wau von ßochw. P. Karl Cappi F. S. C. (Fortsetzung und Schluß.) II. Regierungsform. — Gerichtsbarkeit. Als höchste Autorität gilt bei den Giur der Häuptling der Giur — Gallas, der ein direkter Nachkomme von Demo, dem Stammvater der Aluo, sein soll. Doch ist dessen Autorität mehr eine bloß nominelle, da sich in Wirklichkeit von einer eigentlichen Gewalt oder von besonderen Rechten seinen Untertanen gegenüber auch nicht die leiseste Spur in ihm findet. Die Häuptlinge erhalten ihre Würde durch Erbfolge, jedoch so, daß nicht etwa jedesmal der erstgeborene Sohn des verstorbenen Regenten dem Vater in der Herrschaft folgen muß, sondern daß sich die Dorfältesten selber einen Nachfolger aus dessen Söhnen aussuchen. Die Gewalt eines solchen Stammesoberhauptes ist, wie schon gesagt, eine recht geringe unlb erstreckt sich zumeist nur -auf das Verhängen von Strašen und das Schlichten von Streitigkeiten; auch genießt fein Wort im Rate der Stam-mesältesten etwas mehr Ansehen als das der anderen. Im übrigen aber wird ängstlich darüber gewacht, daß er sich ja keinerlei Übergriffe über seine Machtbefugnisse hinaus erlaube, weswegen er keine wichtigeren Entscheidungen treffen darf, ohne zuvor das Gutachten feiner Mitbe-vater eingeholt zu haben; so ist ihm z. B. sogar die Wahl des Versammlungslokales für die Beratungen untersagt. Dies besorgen die weisen Stammesväter selbst, da sie eher imstande find, zu beurteilen, welcher Familienvater am gastfreundlichsten ist. das beste Bier braut und von diesem Leib und Seele erquickenden Naß den größten Vorrat auf Lager hat. Eine weitere Obliegenheit des Häuptlings bezieht sich auf die gleichmäßige Verteilung der von der Regierung vorgeschriebenen Steuern auf seine Untergebenen. Auch kommt ihm die Überwachung der Grenzen jener Gebiete zu, aus denen die einzelnen Stammessamilien ihre Äcker haben oder Jagd- und Fischereirechte besitzen. Gerade diese Rechte nun find es, die dem Häuptling feine Bürde sehr erschweren, da sie sehr häufig Anlaß zu den hartnäckigsten Streitigkeiten unter seinem Volke geben, wobei er dann stets den Friedensvermittler machen muß. Weil z. B. die Zeit des Fischfanges wegen der Trockenheit eine sehr beschränkte ist und es infolgedessen gilt, den tiefsten Wasserstand auszunützen, so kommt es viel darauf an, wer früher und wer später an die Reihe kommt. Aber auch das. wo man an die Reihe kommt, spielt eine große Rolle, da der Fischreichtum nicht überall der gleiche ist. Darum haben sich die einzelnen Familien schon seit alters her in die für den Fischfang günstigen Plätze geteilt, und eine jede weiß genau, wann und wo sie ihre Fischereirechte ausüben darf. Da kommt es nun häufig zu Streitigkeiten, bei welchen dann der Häuptling zu sorgen hat, daß man an den Überlieferungen festhalte. Das gleiche gilt auch bei den Streitigkeiten, welche vielfach entstehen, wenn einer irgendein Ersenlager entdeckt, wie dies hier des öfteren vorkommt. Der glückliche Entdecker will dann zumeist allein die volle Nutznießung hievon haben, wiewohl es genau geregelt ist, wieviel vom Erträgnis dem Besitzer des Grundstückes und wieviel dem Auffinder des Lagers zukommt. Noch mehr erhitzen sich die Gemüter bei Eheftreitigkeiten, wo es gewöhnlich beide Parteien bis aufs Äußerste ankommen lassen, besonders wenn Angehörige verschiedener Dörfer oder solcher Stämme darin verwickelt sind, unter welchen ohnedies fast beständig Spannung und Eifersucht wegen der Jagd-Distrikte herrscht. Weitn die Häuptlinge und Ältesten die Ihrigen noch zu bemeistern imstande sind, so wird ein Schiedsrichter aus einem dritten Dorfe gewählt. Wollen aber die Parteien dieses Mittel nicht anwenden, oder schlägt dasselbe fehl, so ist ein friedlicher Ausgleich nicht mehr möglich. Manchmal kommt es schon zur Zeit der Verhandlungen zu Zusammenstößen, besonders zwischen den Burschen. Wehe, wenn dann die Einzelnen oder gar ganze Gruppen aneinander geraten! Selten geht es da ohne Blutvergießen ab, ein Umstand, der dann gewöhnlich einen langwierigen Krieg zur Folge hat. Die Aluo genossen einst den Ruf einer außerordentlichen Wildheit, und noch im vorigen Jahrhundert zierten sie ihre Hütten mit den Schädeln erlegter Feinde. Heute ist davon nur mehr d i e Sitte übriggeblieben, immer mit zwei oder drei Lanzen und einer Art Keule bewaffnet auszugehen. Einige tragen auch Helme, aus Leder verfertigt, wie sie bei den Denka gebräuchlich sind; ihrer Schilde jedoch, meist aus Büf- felleder hergestellt, bedienen sie sich nur Bei festlichen Gelegenheiten. Das Strafverfahren beruht bei den Giur auf dem alten Grundsätze: „Aug' um fug’, Zahn um Zahn". Doch da sie ein Völkchen sind, das aus Allem seinen Vorteil zu ziehen sucht, so lassen sie sich, wenn der erste Zorn verraucht ist, leitet in Unterhandlungen ein, und dies sogar mit dem Mörder eines Verwandten, allerdings dann nur durch Mittelspersonen. Daß in diesem letzteren Falle die Angehörigen des Ermordeten ihre Forderungen sehr hoch schrauben, ist klar; denn es wird dabei nicht darnach gefragt, ob die Tötnrtg des anderen eine beabsichtigte war oder eine rein zufällige. Der des Totschlages Beschuldigte zahlt darum auch alles, was man von ihm fordert, da er einerseits um jeden Preis sein Leben retten will und anderseits weiß, daß jede Untersuchung über schuldig oder nicht schuldig unnütz wäre. Zudem steuern ja auch seine Verwandten nach Kräften bei. Diebstahl, Ehebruch usw. werden mit Güterverlust bestraft. Wenn einer Lust hat, so kann er sich der Feuer- oder Giftprobe unterziehen. Die erstere besteht darin, daß man dreimal den bloßen Unterarm in siedendes Wasser taucht, letztere, daß man einen Gifttrank nimmt. Besteht mau eine der Proben, ohne Schaden zu nehmen, so toirb man für unschuldig erklärt. Dies muß jedoch vor gÄvWten Richtern und vor Zeugen stattfinden, die jede Partei stellt. Auch die Berufung von anderen Richtern kommt mitunter vor, welch letztere aber ebenfalls von den streitenden Parteien gemeinsam anerkanntwerden müssen. III. Soziale Verhältnisse. Da es bei den A-Iuo, wie wir -gesehen haben, keine'Regierungsform im eigentli- chen Sinne des Wortes gibt (wir sehen natürlich von der Oberherrlichkeit der anglo-ägyptischen Regierung -ab, da wir nur die Sitten der 'Eingeborenen schildern wollen), so bestehen auch keine Abgaben oder sonstige Dienstesleistungen der Untertanen dem Häuptlinge gegenüber. Doch herrschen auch bei ihnen gewisse Rechtsbestimmungen, oder Besser gesagt Überlieferungen, welche d-en Schutz und die Erhal-tung der privaten wie der öffentlichen Güter bezwecken. — Schon weiter oben habe ich angedeutet, welche Bestimmungen über Jagd und Fischfang zu Recht bestehen und welche über die Ausnützung aufgefundener Metallager. — Der Besitz der Einzelnen an Grund und Boden ist ebenfalls ein gesicherter und beruht auf dem Rechte der Vererbung. Handelt es sich um die Bewirt-schaftun-g eines bisher noch nie bebauten Bodens, z. B. einer frisch ausgerodeten Waldfläche, so toirb das betreffende Stück Land Eigentum des ersten Bebauers, und niemand darf ihm dieses Recht jemals streitig machen. Klein ist die Zahl jener Familien, die ihre Felder selbst zu bestellen imstande sind, zumal wenn es sich darum handelt, daß man den Boden -erst mühsam dem Walde abringen muß. Aus diesem Grunde sind die meisten auf die.Mithilfe seitens ihrer Freunde und- Verwandten angewiesen. Um dieselben leichter dafür zu gewinnen, kauft sich der Betreffende einen Ochsen, dessen Größe einerseits dem Ausmaße der zu b-ewälti-gendeu Arbeit, dann aber auch der Anzahl der Arbeiter entspricht, deren Mägen nach erfolgter Bestellung der Felder mit dem Fleische des Tieres befriedigt werden müssen. Cs mag hier am Platze sein, zu erwähnen, daß einem Giur unter keinen Umständen eine Arbeit auferlegt werden darf, die seine Kräfte übersteigt, sondern die geforderte Arbeit hat 222 Stern der Neger. Heft 10. den Fähigkeiten und betn Alter des Einzelnen angepaßt zu sein. Auch ist bei diesem Stamme der Besitzer des Grundstückes verpflichtet, wenn nicht ganz offenkundige Gründe ihn daran -hindern, selbst mit Hand anzulegen und fest mit zuzugreifen. Dieses gegenseitige Sichhelfen und -unterstützen bei der Arbeit ist bei den Giur überhaupt recht im Schwünge: so helfen sie sich beim Hüttenbau, beim Tragen von Lasten usw. — Eigentliche Arbeitsunternehmungen jedoch bilden unsere Neger bei der Gewinnung und Zubereitung des von ihnen so sehr geschätzten Eisens. Die Teilnehmer solcher Unternehmungen führen während der ganzen Dauer der Arbeit ein gemeinsames Leben. Das durch Graben gewonnene Erz wird von zuverlässigen Männern an einem sicheren Orte im Dunkel des Waldes versteckt, bis eine ziemlich bedeutende Menge vorhanden ist. Ist dies der Fall, so schreitet man, wenn nicht zufällig ein Kohlenlager selbst in der Nähe ist, an die Kohlenbereitung. Zu diesem Zwecke fällen sie die schönsten Bäume des Waldes, und da sie die eigentliche Kunst des Kohlenbrennens nicht kennen, schichten sie hohe Holzstöße auf, die sie dann anzünden. Steht der Scheiterhaufen in Flammen, so reißen sie ihn wieder auseinand-er und löschen die einzelnen Scheite. Auf diese Weise bekommen sie freilich Kohle, aber ich glaube nicht, daß der Wert des Eisens, das sie mit Hilfe dieses Feuers aus den Erzen gewinnen, dem Werte des verbrannten Holzes gleichkommt. Die Hochöfen, in denen die A-luo das Erz schmelzen, sind aus feuerfesterErde gebaut, deren Herstellung sie sorgfältig als Geheimnis "hüten. Sie wird in der Dunkelheit des Waldes bereitet und kein fremdes Auge darf zuschauen, sonst bekommt sie später Risse und zerspringt. Die Öfen sind von verschiedener Größe, meist schlank und unten mit vier Öffnungen versehen, um der Luft freien Zutritt zu lassen. Der ganze Schmelzvorgang dauert 24 Stunden und das Resultat ist meist ein befriedigendes. Hierauf wird die Verteilung des gewonnenen Eisens vorgenommen. Diese ist aber nicht eine für alle gleichmäßige, sondern nach dem Maße, in welchem die Einzelnen zum Gelingen des Ganzen beigetragen haben, werden sie auch mit mehr oder weniger Eisen bedacht. Ein besonders reicher Die Eingeborenen von Dilling beim Büttenbau. (Das Dach wird getrennt verfertigt und gedeckt und dann erst auf die Hütte aufgesetzt.) Heft 10. Stern der Neger. 223 Anteil am erzielten reinen Eisen fällt jenen zu, die als berufsmäßige Erzgießer gelten. Als eilte ganz eigene Sitte muß man das Recht bezeichnen, das sich bei den Giur ein Hilfsarbeiter auf den Nutzen und das Erträgnis der Don ihm geleisteten Arbeit erwirbt, gleichdiel, ob es sich um eine solche auf Dem Felde oder in einer Werkstätte handelt; doch find gegenwärtig bereits, vielleicht infolge des Beispieles, das man auf den Regierungspvsten oder in den Missionsstationen sieht, auch einzelne Klassen von Berufshandwerkern im 'Entstehen begriffen. Der 'Eigentümer irgendeines 'Gegenstandes hat auch bei den A-luo das Recht, frei darüber zu verfügen. Da es aber bei ihnen als Beleidigung gilt, wenn man einen Bittsteller unerhört von sich weist, nitd anderseits das Betteln bei ihnen hoch in Blüte steht, so versichert man sich seiner beweglichen Güter am besten dadurch', daß man sie versteckt. In dieser Kunst nun sind die Giur wahre Meister. Sie besitzen vielleicht Getreide, Kohle, Eisen usw. in reicher Menge, aber man bemerkt weder in ihren Hütten, noch auf ihren Feldern auch nur die leiseste Spur davon. Benötigen sie aber etwas, so ist es da, und zwar in einer Menge, daß man gar nicht weiß, woher es gekommen. IV. Religion. Ich habe es absichtlich bis zum Schluß verschoben, über die Religion und die religiösen Gebräuche der A-luo zu sprechen, nicht etwa, weil sie für das gesellschaftliche Leben dieses Volkes ohne Bedeutung wären, sondern um im Gegenteil deren Wert für das Umundauf dieser Neger noch mehr hervortreten zu.lassen. Die A-luo haben keinerlei religiöse Auf-Zeichnungen oder heilige Bücher; sie wür- den sie ja auch gar nicht zu entziffern imstande fein, da Schreiben und Lesen dem weitaus größten Teile des Stammes noch ein Rätsel sind. Sie haben auch keine Gebetsstätten, und selbst Priester im eigentlichen Sinne sind ihnen fremd; alles auf Religion Bezügliche wird durch mündliche Überlieferung fortgepflanzt, während die Stammesältesten die geborenen Diener der Religion find. Die Giur haben sich die Idee eines einzigen Gottes bewährt, der in ihrer Sprache Malo, d. h. der Höchste, genannt wird. Ihn betrachten sie als ben Schöpfer und Herrn der ganzen Welt und lassen von ihm alles Gute ausgehen. Einmal erklärte ich einigen das zweite Gebot Gottes, doch bald bemerkte ich, daß da nicht viel Erklärung vonnöten sei. Denn einer der Zuhörer unterbrach mich mit den Worten: „Aber wie kann man denn von Gott schlecht reden, der doch allen nur Gutes erweist?". Diese wenigen Worte zeigen, welche Begriffe die Giur von ihrem höchsten Wesen haben. Schade i!st es nur,' daß sie, wie übrigens der größere Teil der Menschheit, in ihrem Kult mehr Furcht vor etwaigen Unglücks-fällen an den Tag legen als Erkenntlichkeit für empfangene Wohltaten. Da sie die ersteren nicht Gott zuschreiben können, so halten sie einen bösen Geist (Gjuok) für den Urheber derselben. An diesen richten sie daher auch ihre Gebete un.b Beschwörungen und bringen ihm sogar Opfer, meist Hühner und Schafe, dar. Ist jemand krank, so hat Gjuok von ihm Besitz genommen; ist der Fischfang schlecht ausgefallen, so hat wieder, er die Schuld. Gebete und Opfer müssen ihn günstig stimmen und ihn veranlassen, daß er den Schäden eher den Feinden zufüge und dort fein Unwesen treibe. Infolge dieser eifrigen Verehrung Gjuoks glaubte man anfangs, daß die Giur diesen als ihren Gott anerkennen, doch sind sie in Wirklichkeit weit davon entfernt. Schon der eine Umstand, daß sie Diebe, Mörder usw. als Söhne des Teufels bezeichnen — ngade giuok —, beweist dies zur Genüge. Außer diesem bösen Geiste aber gibt es, so meinen sie, noch eine Menge anderer Geister, die jedoch zumeist nur in einzelnen Familien und . Dörfern ihr Unwesen treiben. Die A-luo glauben an ein Fortleben nach dem Tode urid daß in demselben die Guten belohnt, die Bösen dagegen bestraft werden würden; sie sind sich aber nicht recht im klaren über den Ort, an welchem sich ihre Verstorbenen aufhalten. — Ist ein A-luo aus dem Leben geschieden, so beginnt alsogleich unter großem Lärmen und Schreien die Totenklage; haben sich für dieses Geschäft einige berufsmäßige Klageweiber eingefunden, so ziehen sich die Angehörigen des Toten eiligst zurück. Während das Grab ausgeschaufelt wird, — meist nur einen ober zwei Schritte von der Hütte entfernt —, muß tiefstes Schweigen herrschen, ja die Totengräber verstopfen sich sogar die Ohren; lautlos wird der Leichnam in Leinwand gehüllt und zugleich mit einigen ihm besonders teuer gewesenen Gegenständen zur letzten Ruhe bestattet. Hierauf wird das Grab zugeschüttet, die Erde festgestampft, und nicht selten wird noch außerdem eine ordentliche Steinschicht darüber ausgebreitet. Ist die Bestattung vorbei, so beginnen die Klageweiber von neuem ihre Totengesänge. Ein Gleiches geschieht am achten und am dreißigsten Tage. Nunmehr haben die Verwandten des Verstorbenen die Pflicht, für ihn ein Totenopfer darzubringen. Aus dem bisher Gesagten geht zur Genüge hervor, daß die A-luo einen großen Respekt vor ihren Toten haben, der aber mehr in der Furcht, weniger in der Pietät seinen Grund hat. Deswegen werden zur Bestattung niemals Verwandte herangezogen, sondern stets nur Fremde. Erstere halten sich vielmehr sorgfältig verborgen und beobachten tiefes Schweigen, damit der Tote nicht erfahre, wo er liege, und auf diese Weise auch seinen Hinterbliebenen nicht zu schaden vermöge. Daß die Giur an die Unsterblichkeit der Seele glauben, beweisen auch die Vorstellungen, die sie mit den Namen „Quell" und „Tschien" bezeichnen. Unter „Quell" verstehen sie die Geister jener Verstorbenen, die ihre Feinde mit dem Aussatz, mit der Stummheit und mit dem Tode heimsuchen. Besonders verfolgen sie diejenigen, die zufällig oder absichtlich einen Zweig von dem Strauche abbrechen, der auf ihrem Grabe gepflanzt wird. „Tschien" dagegen sind die Seelen jener, die das Opfer einer Verleumdung geworden sind. In der Nacht suchen sie ihre Verleumder auf und quälen sie so lange, bis sie sterben. Wie ich früher erwähnte, gibt es bei den A-luo keine eigentlichen Priester, dafür aber um so mehr Zauberer. Gegen alle möglichen Unglücksfälle wissen diese Betrüger Mittel. Zur Ehre der A-luo aber sei es gesagt, daß die ihrigen meist von den Tenka kommen. Auch muselmännische Fakire bereichern sich auf Kosten des leichtgläubigen Volkes, indem sie Amulette und anderes Zeug als Schutzmittel gegen böse Geister verkaufen; ja selbst die Beschneidung haben sie auf diese Weise eingeführt. * * Der Leser, der mir bis hieher gefolgt ist, ivird selbst zugeben müssen, daß mancher gute Keim in den Giurnegern steckt, wie denn überhaupt die Anschauung, daß die Neger ganz verkommene -Geschöpfe sind und nicht einmal den Namen Mensch verdienen, durchaus unberechtigt und verwerf- Heft 10. Stern der Neger. 225 lich ist. Aus ihrer religiösen Vorstellung schimmert noch ganz deutlich die Urosfen-barung durch, und es wäre nur zu.wünschen, daß der Missionär bei allen heidnischen Völkern so viele Anknüpfungspunkte hätte wie bei den Giur. Ich bin ganz überzeugt und alle Missionäre, die im Sudan wirken, teilen diese meine Ansicht, daß sich die Neger zu guten Christen und zu tüchtigen Bürgern bilden lassen. Freilich bedarf es hiezu der Gnade Gottes ltttib vieler Mühe seitens des Missionärs, ehe es so weit kommt. Gebe 'Gott, daß recht bald schon der Augenblick eintrete, wo auch sie, diese Unglücklichen, von oben erleuchtet, die Ketten des Satans abstreifen und eintreten in das Reich Gottes und in das Licht seiner Wahrheit! Der Oberste Gerichtshof bei den Bcigcmdci, von ßocfuo. 3, KerkhoFf, Flyenga, HFrika. Unlängst hatte ich Gelegenheit, die Verwaltung der Rechtspflege in Uganda, und zwar die oberste Instanz, derselben, aus eigener Anschauung kennen zu lernen, und ich Will nun den Lesern meine diesbezüglichen Erfahrungen zum besten geben. Zunächst sei bemerkt, daß das Königreich Uganda ein leibhaftiges Parlament besitzt. Die wichtigsten Häupter des Landes versammeln sich nämlich unter dem Vorsitze des Königs oder, wie es gegenwärtig während der Minderjährigkeit desselben der Fall ist, unter der Oberleitung der drei Regenten und beraten sich über die brennenden Fragen, über Gesetze und Verordnungen, wodurch die krausköpfigen Neger am besten in den Schranken der Pflicht und Unterwürfigkeit gehalten werden sollen. Auch werden da Streithändel geschlichtet und Strafen verhängt. Todes-urteile müssen jedoch die Bestätigung des englischen Kommissärs empfangen, sonst gelten sie nicht als rechtskräftig. Von den Entscheidungen des obersten königlichen Gerichtes ist übrigens eine Berufung an den Gerichtshof der Engländer zulässig. Die Machtbefugnisse des Parlamentes erinnern also lebhaft an jene des jüdischen Hohen Rates zur Zeit Christi, als nämlich die Römer die Oberherren von Palästina waren, die sich ebenfalls das letzte Wart über Leben imb Tod vorbehielten. Es war an einem Dienstag morgens, als ich inich zur Kabaka (Vorhof der königlichen Residenz) verfügte. Viele Ba-ganda hatten sich bereits eingesunden, standen, saßen oder lagen herum und redeten eifrig aufeinander ein. Ihr Gespräch drehte sich natürlich um ihre strittigen Angelegenheiten; Ratschläge wurden erbeten und erteilt und Weisungen gegeben über das Verhalten bei der 'bevorstehenden Verhandlung. Mit der Wahrheit nehmen es viele nicht eben genau, sondern greisen zu einer passenden Lüge, toenrt dieselbe zweckdienlich erscheint, und häufig wird schon im vorhinein festgestellt, was gesagt unö behauptet oder was verschwiegen oder abgeleugnet werden soll. Der Versa m m l n n g s s a a l. Das 'Gebäude, in welchem die Mächtigen des Landes ihres Amtes walten, ist eine große, mit galvanisiertem Blech eingedachte Halle. Ein langer Tisch für die Schreiber, auf demselben eine Glocke, die bei den Verhandlungen stets zur vollen Geltung kommt, ferner der königliche 226 Stern der Neger. Heft 10. Thron an der mit der englischen -Flagge gezierten Rückwand und mit der stolzen Aufschrift: „Licht und Freiheit", etwas niedriger gestellt die Sessel für die drei Regenten und südlich zu beiden Seiten auf einer kleinen Erhöhung die Sitze der Häuptlinge: dies bildet die Einrichtung. Die Halle kann gut 200 Leute fassen. Züschlauer aus bert Reihen der Eingeborenen werden nidjt geduldet, und sogar jene, die einen Prozeß anhängig haben, müssen sich außerhalb der Halle aufhalten, bis sie ge-'£)oIt oder gerufen werden. Eine Verhandlung. Ich fand die Würdenträger bereits versammelt. Der junge Könilg saß auf seinem Thron und rings um ihn standen mehrere Frauen, teils Sklavinnen, teils Verwandte; mehrere davon waren Weiber seines vepftorbesien Vaters, des Könilgs Mwangci. Ich schritt also auf den König zu, machte ihm meinen Knix und durfte ihm dann die Hand schütteln. Ein gleiches geschah bei den drei Regenten, welche mir sodann einen Sessel nächst dem königlichen Thron anboten. Ein Neger toar gerade damit beschäftigt, seinen Streitfall darzulegen, wobei er eine unendliche Menge von Beispielen und Vergleichen heranzog, die aber gar nicht zur Sache gehörten. Ms er endlich seine blumenreiche Rede geschlossen hatte, schickten sich die Zuhörer an, das Vernommene langsam unter sich zu besprechen. Aus dem ganzen Gang der Verhandlung merkte man sofort, daß selbst in diesem Hause die Zeit von keinem Belang sei. Nach einer Weile erhoben sich einige Männer, welche bei den Häuptlingen saßen und offenbar die Stelle der Gerichtsbüttel versahen, und riefen laut das eine- über das an-deremal: „Ruhe! Achtung! Still sein! Wer nicht ruhig ist, wird hinausgewiesen!". Die Versammlung schien aber an solche Mahnungen und Drohungen derart gewohnt zu sein, daß sie sich dadurch nicht im geringsten beirren ließ. Schließlich wurde zu einem anderen Mittel gegriffen. Der erste Regent gab nämlich einem Schreiber ein Zeichen, worauf dieser die Glocke erfaßte und mit großem Kraftaufwand hin und her beutelte, und zwar in so drolliger Weise, daß ich unwillkürlich lachen mußte. Der erste Regent sah -es und zeigte sich darüber nicht sehr erfreut, allein ich konnte wirklich nicht anders, die Situation war zu possierlich. Nachdem einigerni^en Ruhe eingetre- nuba=IBädchen aus Billing bei der Coiletfe. Heft 10. Stern der Neger. 227 ten war, wurde der Angeklagte vvrgeladlen und aufgefordert, sich- zu reilfertigen. Er tat es mit großem Geschick, wie mir sch-ien, unb benützte unter andevem auch ausgiebig eine bet den Negern sehr beliebte Waffe, d-ie barm besteht, den Gegner höchst lächerlich zu machen. Alle, selbst der König und die Regenten nicht ausgenommen, brachen in schallende Heitevkeiit -aus. Eine Abteilung Musikanten, hie zum Gefolge des Königs gehörten lmlb sich außerhalb her Halle postiert hatten, stießen aus -das hin in ihre Hörner, Trommeln wurden geschlagen und allenthalben wuichs her Lärm so stark an, daß man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Die Gericht Mittel mußten also wieder dazwischentreten und- -aufs neue „Ruhe, Achtung, still sein . . ." usw. rufen, was aber natürlich keine Wirkung hatte. Erst der schrille Laut der Glocke brachte die Leute wieder etwas zur Besin-nint-g. Der erste Regent faßte alsdann das Für und Wider des Streitfalles noch einmal kurz zusammen und fällte das Urteil. Der glückliche Sieger warf sich in seiner ganzen Länge aus Iben Boden, küßte bi-e Erde und sagte wiederholt: „Herr, ich danke dir, ich -danke dir!". Inzwischen- torn-aber der junge König mntSmühe geworden, er stand aus und schickte Isich zum Gehen -an. Jedermann erhob sich. Zn meiner größten Befriedigung bemerkte ich, wie mit ihm auch die -gräßliche, königliche Musik von dannen zog und ihre Klänge in der Ferne allmählich verstummten. Meine Beschwer d e. Ein Häuptling fragte mich nun, ob ich auch einen Prozeß anhängig hätte; nach der Art der Eingeborenen erwiderte ich mit einer Gegenfrage : „Glaubst du, daß ich gekommen bin, um mich hier zu amüsieren?". Alles lachte. Cs war nicht meine Absicht gewesen, meine strittige Angelegen- heit selbst zu verfechten. Ich fühlte mich der Sache wirklich nicht gewachsen, da d-ie Neger diesbezüglich ungemein schlau sind. Überdies hatte ich es mit voreingenomme-nen Richtern zu tun, weil es galt, den Protestanten Etwas abzujagen, die Anwesenden aber der großen Anzahl nach Protestanten waren, -welche (wie ich mir sagen mußte) nur notgedrungen und höchst un-gerne zu meinen Gunsten entscheiden würden. Aus diesem Grunde hatte ich -mir einen Vertreter ausgestellt und war bloß gekommen, um ihn nötigenfalls in dem einen oder arideren Punkte zu ergänzen. Ich wartete und wartete, aber mein Mann kam immer noch iricht; ich ließ draußen suchen lm-D Umfrage halten, vergebens. -So entschloß ich mich denn schließlich, mietn Anliegen doch selbst vorzubringen. „Wo soll ein getauftes Kind erzogen werden?" fragte ich laut, so daß alle in der Halle mich hören konnten. Allgemeines Schweigen folgte. Die Leute schienen nicht zu begreifen, wo ich hinaus wollte. Endlich meinte der erste Minister, -ein Protestant: „Ich denke, dort soll ein solches Kind erzogen werden, tob es die Taufe empfangen hat." „Gut, dann verlange ich die Herausgabe des Klementi K i b a o; denn er ist katholisch getauft worden, nicht protestantisch." Meine Sache war hiemit ins Rollen gebracht. Was hatte -es damit für eine Bewandtnis? Klementi hieß her Sohn eines protestantischen Häuptlings. -Seine Mutter, eine Katholikin, hatte mit -Einwilligung des Vaters den Knaben zur katholischen Mission gebracht, wo er getauft wurde. Ms seine Eltern starben, gelangte er durch Vermittlung seiner einflußreichen protestantischen Verwandten zur Nachfolge in der Würde eines Häuptlings, ans welche er, streng genommen, nicht Anspruch erheben konnte, geriet aber dadurch! zugleich derart in Abhängigkeit und in die ©letoali jener Verwandten, daß seinem katholischen Glauben große Gefahr drohte. Ich bemühte mich deshalb, den Kleinen wieder in die Missionsstation zu bringen, um ihn dort bis zu seiner Großjährigkeit erziehen zu können. Seine Herausgabe wurde jedoch unter allerlei nichtigen Vorwänden immer wieder verzögert, und schließlich erfuhr ich, daß man ihn in aller Stille nach der Hauptstadt gebracht und dem Kibale, einem mächtigen protestantischen Häuptling, wel-ch>er im Haushalte des Königs einen wichtigen Posten bekleidete, anvertraut hübe. Weil alle anderen Mittel fehlgeschlagen Hatten, war ich also zum Obersten Gerichtshof gekommen', um mein Recht geltend zu machen. Kibale konnte nicht vorgeladen toer'ben; denn er lag zu Hause krank ■barnraber. Der Knabe besaß icrfßer einen katholischen Onkel namens Lazaro, und dieser bestätigte bereitwillig die Wahrheit meiner Aussage. Dies genügte aber noch lange nicht. Einige, der Anwesenden riefen nach dem Testament des verstorbenen Häuptlings, andere fragten, wer zum Vormund beS Knaben aufgestellt worden sei. Das Testament wurde hervorgeholt, ibrachte" etfec weiter kein Licht in die Sache. Bezüglich der Vormundschaft erklärte ein Häuptling, vor Jahren einen Brief gelesen zu haben, worin, der Vater des Klementi ben Onkel Lazaro als Schützer ausgestellt, den Kibale aber bloß in (Srmnnigdung des ersteren für diese Stelle in Aussicht genommen habe. Es wurde noch lange und' viel hin urtlb her geredet, hin und her gefragt, nach Schriften gesucht, und Stunde auf Stunde vertrödelt. Augenscheinlich wollte man mir den Knaben nicht gönnen. Ich mußte meine ganze Geduld und meine ganze Gesetzeskenntnis zusammennehmen, um nicht den kürzeren zu ziehen. Auf Grund van schon früher getroffenen Bestimmungen war das Recht zweifelsohne auf meiner Seite, allein die protestantische Partei gab erst nach, al§ sie rein keinen Ausweg mehr fanlb. Der Knabe wurde mit also schließlich und endlich doch zugesp'rochen, und Lazaro wurde beauftragt, denselben in unsere Missionsstation zu bringen. Sicherheitshalber ließ ich mir diesen Entscheid schriftlich geben und machte mich dann aus den Heimweg. Der kleine Klementi wurde mir richtig am folgenden Tage zugeführt und befindet sich derzeit nv>ch hier in Unterricht und Vorbereitung auf seine künftige Stellung als Häuptling. Es ist zum Staunen, wie sich die Ba-ganda bereits ein sehr umständliches Gerichtsverfahren angeeignet und alle möglichen Kniffe erlernt hüben, um vielleicht einen unerwünschten Schiedsspruch umgehen zu können. Wer immer mit ihnen zu tun hat, soll sich' vorerst mit einer großen Portion Geduld bewaffnen; denn sonst kommt er nicht ans Ziel. čine Seele für den Bimmel, Von P. B. m. Zorn F. S. E. Als ich vor vier Jahren ans dem >Ge- j unter den weiblichen Arbeitern, die mit biete des Bahr-el-Ghazal kam und mich beim Baue beschäftigt waren, ein Mädchen, jm Vorübergehen auch eine Zeitlang in das mir, obwohl es noch sehr jung war, der 'Station Tonga aufhielt, bemerkte ich | doch durch sein ernstes Benehmen und fast noch mehr durch feine unverhältnismäßig tiefe Männerstimme besonders auffiel. Auch war es eine wahre Freude, ihr zuzuschauen, wie flott ihr die Arbeit von der Hand ging, mit welcher Emsigkeit sie die Ziegel, den Mörtel usw. herbeischaffte und wie sie durch inuntere, fröhliche Weifen auch ihre Kolleginnen zu größerein Eifer anzuregen suchte. Auf meine Frage nach ihrem Namen entgegnete sie mir, sie heiße „Ador" und sei im Nachbardorfe zu Hause. -Als ich voriges .Jahr wiederum nach Tonga kam, welches mir meine Obern als Arbeitsfeld zugewiesen hatten, fand i-ch unter den Knaben das vMendete Gegeii stück zu jenem Mädchen, das ich vor vier Jahren hier angetroffen hatte. Gleich diesem war auch er ernster Natur und vielfach still in sich gekehrt. Hatte er feine Arbeit vollendet, dann kam er regelmäßig -auf mein Zimmer, setzte sich lie&en meinem Mische auf den Boden imib schaute mies) hierauf mit seinen großen Augen so lange und so treuherzig an, bis ich ihm zulächelte oder ihn um irgendetwas fragte. Dann antwortete er mir klipp und- klar, aber so kurz, daß er auch nicht ein einziges Wort sagte, das überflüssig getoejlen wäre. Dies fein Wesen gefiel mir sehr; denn es bot einen angenehmen Kontrast zu dem gewaltigen und unermüdlichen SchwadroMeren der übrigen SchillUk, die es hierin mitunter so weit treiben, daß ich sie bitten muß, denn doch mit meinen armen Ohren Mitleid zu halb-en und ihnen etwas Ruh-e zu gönnen. Eines Tages saß mein lieber Ay-ok, so hieß nämlich der Knabe, wieder bei mir auf meinem Zimmer und blätterte in Iber Bilderfibel, wie wir solche beim lluter-richte benützen, während ich -gerade mit Schreibereien beschäftigt war; da schaut er mit einem Male von feinen Bildern auf und sagt: „Abuna, ich werde mit dir auf die Jagd gehen; ich will dir dann das Wild zeigen, du schießt es nieder, dann tragen wir es nach! Hause und essen es miteinander".— „-Gut," entgegnete ich ihm, „gehen wir übermorgen. Wenn du morgen zurückkommst aus deinem Dorfe, so bringe noch-einen festen Burschen mit; ihr könnt dann beide bei uns essen und übernachten, und übermorgen in aller Frühe rücken wir miteinander aus." — „Abuna, sei sicher, ich- komme morgen nvit meinem Freunde und dann führen wir aus, was wir jetzt abgemacht haben!" Mit diesen Worten erfyelßt er sich vom Boden, legt das Buch aus den Tisch und geht. -Gegen Abend des anderen Tages findet er sich, mit einer Lanze versehen, in Begleitung eines Mistigen Schillukburschen wieder bei uns auf der Station ein. Eine tüchtige Portion N-egerbier sorgte für eine gute Laune und in seiner weiteren Wirkung -auch- für einen recht -guten Schlaf. Kaum war ich am folgenden Morgen mit meiner Betrachtung und beit sonstigen religiösen -Übungen fertig, da stehen die beiden schon marschbereit und reisefertig vor dem Hause. Wir brechen denn alsdann zu dreien auf und hatten -am selben Tage außerordentliches Glück; brachten wir doch einige Antilopenböcke zur Strecke. — Da der Bursche viel Geschick im Aufspüren des Wildes bewies, nahm ich ihn öfter mit ans solche Gänge und suchte ihn dabei gelegentlich und langsam, dafür aber mit um so nachhaltigerem Erfolge, in die Haupt-wahrheiten unserer heiligen Religion einzuführen; ich erlebte da an ihm manche Freude, denn er war unverdorben und faßte verhältnismäßig leicht -auf, was ich ihm sagte. Ta wir Missionäre nicht nur Seelen -ärzte sind, sondern von den Eingeborene^ vielfach auch in leiblichen Gebrechen zu 230 Heft 10. Stern der Neger. Rate 'gezogen werden, so kommt es vor, daß der eine oder der andere Priester der Station mitunter tagelang auswärts ist, um, mit dem Medizinkasten unter dem Arm, unglücklichen Kranken Hilfe und Linderung zu bringen. Wie ich wieder einmal von einer solchen Exkursion zurückkehrte, begegnete ich meinem Ayok, der soeben von der Missionsstation zu kommen, schien. Da er sehr traurig aussah, erkundigte ich mich nach der Ursache hievon und fragte ihn, was denn vorgefallen wäre. Da entgegnete er mir: „Abuna, mein Vater ist sehr krankst er wurde beim Fischen von einem Krokodile erfaßt; zwar ist er noch mit dem Leben davongekommen, aber ein Bein ist vollständig zernagt worden. Weil er nun noch nicht getauft ist, so bitte ich dich, trni m ir und gib ihm deine Medizin!". Da man bei den Schilluk niemals große Eile und auch kein allzu großes Interesse verraten darf, toeil sie sehr leicht argwöhnisch werden und meinen, man wolle sie irgendwie hintergehen, so entgegnete ich mit der größten Gelassenheit: „Ja, ich werde schon kommen; wenn es dir recht ist, gehe ich gleich mit". Er war damit zufrieden, und so machte ich denn mit dem Me-diziukasten unter dem Arm Kehrt und folgte Ayok, der langsamen Schrittes unv träumerisch voranschritt. Wir sprachen kein Wort miteinander. Ms wir an den ersten Hütten des nahen Negerdorfes bereits vorüber waren, vernahmen wir ans einer der zahlreichen vor uns zerstreut liegenden lautes Weinen und Wehklagen von Frauenspersonen. Hin die betreffende Hütte herum, die sich ausnahmsweise in recht gutem Zustande befand, waren Pfähle in die Erde eingerammt und dieselben durch Seile untereinander verbunden, damit fein Unberufener sich der Wohnung nahen konnte: also eine Art Klau- sur oder wie man es nennen mag. Es war die 'Geburtsstätte und das elterliche Heim meines Ayok. Da ich herbeigerufen worden -war, um dem Familienvater Hilfe und Linderung in seinen Schmerzen zu bringen, fand ich sofort ungehinderten Zutritt. Nach den üblichen Begrüßungen untersuchte ich die Wunde, reinigte sie gründlich und verband sie aufs sorgfältigste; hierauf versprach ich dem Kranken, ihn des anderen Morgens wieder zn besuchen. Dia Ayok mich ein gutes Stück Weges betzleitete, fragte ich' ihn: „War jene junge Frau, die mir zur Reinigung der Wunde Wasser brachte, nicht deine Schwester?" — „Ja," erwiderte er mir, „sie war es, die Ador; sie ist seit vorigem Jahre verheiratet." — Nun wunderte es mich auch nicht mehr, daß Ayok gar so viele Ähnlichskeiten in seinem Benehmen mit Ador, von der ich früher gesprochen, aufwies; es tonten eben Geschwister. — Da er mir auch sagte, sie sei nach Fa-Nikanv, einem von seiner Heimat weit abgelegenen Dorfe, verheiratet und ich ihm darum mein Befremden über ihre weite Reise kundgab, da sagte er mir, Ador wäre gekommen, weil der Vater sterben würde; „denn jeder," fügte er hinzu, „der von einem Krokodile gebissen wird, Ie6t- nicht mehr lange". Schließlich trennten wir uns. In der folgenden Nacht konnte ich nur sehr wenig schlafen, und darum war ich auch, kaum daß der Morgen nur zu grauen anfing, schon flugs aus dem Bette. Nach der heiligen Messe, in der ich meinen Patienten recht eindringlich dem lieben Gatt anempfahl, nahm ich einen Schluck Kaffee, und hin ging es zum kranken Vater des Ayok. Er war bedeutend ruhiger geworden, als es am Tage zuvor der Fall war, und so konnte ich 'Demi auch mit ihm ein Gespräch anfangen. Heft 10. Stern der Neger. 231 „Schau," sagte ich ,31t ihm, „ich, hin nur ein ganz uU überwertiger Arzt; Iber beste Arzt ist der liefe Gott; dieser kann dich wieder ganz gesund machen, wenn du an ihn glaubst und ihn recht inständig darum Bittest!" Da aber flößte mir ein Umstanv einige Besorgnis ein. Der Kranke hatte nämlich zwei Frauen, von denen eine die Mutter der Udor und des Ayok war, bie andere aber eine Nebenfvau. Wenn nun mein Patient die Taufe verlangen und sie erhalten würde, hernach aber auch die Gesundheit wieder erhielte, würde er sich wohl dazu verstehen können, die zweite Frau zu entlassen, die ihm gleichfalls schon einige Kinder geboren hatte? Das Opfer wäre in der Tat ein sehr großes für ihn, aber dennoch müßte er es bringen. . . . Ich entschlug mich jedoch einstweilen dieser Gedanken und beschloß, ihn vorderhand einmal in den Wahrheiten unserer heiligen Religion zu unterrichten. Nach längerem und sorgfältig gepflogenem Unterrichte wird man ja sehen, wozu er sich entschließen wird; nnb sollte es mit ihm wirklich zu Ende gehen, nun dann in articulo mortis verschwinden diese Bedenken von selbst. Nach vier Tagen waren die kleineren Wunden so ziemlich geheilt; nur Bei zwei größeren blieb die Heilung nach aus. Eine davon hatte sich zwar auch nahezu völlig geschlossen, aber gerade biefer Umstand machte mir die meiste Sorge; denn im Innern der Wunde toar alles voll Eiter. Nachdem ich die Wunde jedoch zu wiederholten Malen geöffnet und gereinigt hatte, heilte auch sie. Trotzdem setzte ich Tag für Tag meine Besuche bei ihm -fort, da ;bie älteren Schtlluk nicht losließen von ihren Befürchtungen. Ich benützte diese Gelegenheit, um den Unterricht soviel als möglich zu vervollständigen; ich muß sagen, der Kranke war ein gelehriger Schü- ler, und er erklärte sich schließlich.auch bereit, das große Opfer zu bringen und die Nebenfvau zu entlassen. Seit meinem ersten Besuche waren un-ter-b essen 14 Tage verstrichen. Da mir eben damals ein sehr heftiger Zahnschmerz arg zusetzte, unterließ ich hie und da meine Besuche bei dem Kranken - um so mehr, da seine Wunde mir nicht mehr so gefährlich erschien. Da, es war gerade an einem Samstag, kommt gegen Mend ein Bote gelaufen und meldet mir: „Hakim (Arzt). wenn du nicht kommst, so stirbt er!". Ich war ganz betroffen; konnte ich- mir doch die Ursache einer solch plötzlichen Verschlimmerung gar nicht erklären; ich m-achte mich darum alsobald auf den Weg, nachdem ich nach die notwendigsten Instrumente in Eile zusammengerafft hatte. — Was war mit dem Kranken vorgefallen? — Die Wunden waren völlig -geschlossen, aber ein Nierenleiden hatte sich eingestellt. — Da ich in früheren Jahren unter den Golo-Ncgern öfter solche Fälle angetroffen hatte, afer vielfach aus Mangel an geeigneten Instrumenten keine ausgiebige Hilfe spenden konnte, so hatte ich mir bei meinem letzten Aufenthalte in Europa einige derselben angeschafft. Und nun dankte ich wirklich Gott, daß ich dies getan hatte; denn in meinem gegenwärtigen Falle gereichten sie mir zum größten Nutzen und Vorteil. Hatte ich- es ja doch gerade ihnen zuzuschreiben, wenn der Tod diesmal von dem Armen abgewendet wurde. Wie ein Halbgott wurde ich damals von d-en Schillu'k verehrt und angestaunt; so etwas h-atten sie noch nie gesehen. Unwillkürlich kam mir da, als ich die erstaunten Gesichter sah, die Stelle aus der Apostelgeschichte in den Sinn, wo Petrus und Johannes nach der wunderbaren Heilung -des Lahmen dem Volke zuriefen: „Was blickt ihr auf uns, als hätten w i r 232 Heft 10. Stern der Neger. aus eigener Kraft ober Macht diesen gehen gemacht? Der Gott Abrahams har seinen Sohn verherrlicht und- der Glaube an seinen Namen hat diesem die vollkommene Gesundheit gegeben". Ich ergriff die günstige Stimmung der Umstehenden und sagte zu ihnen: „Glaubt ihr, -daß wir Missionäre unsere schöne Heimat, Eltern, Geschwister und guten 'Freunde verlassen haben und hieh-er in ein ganz wüstes Land gekommen sind, wo wir Hunger und Durst und tausend andere Plagen ertragen müssen, wenn nicht aus Liebe zu -euch, um eure unsterblichen Seelen einmal für den Himmel zu retten? Benützt darum die günstige Gelegenheit, die der liebe Gott euch anbietet!". . . . Ich war -etwas -ergriffen, aber noch mehr waren die anderen gerührt. Da ich alle noch immer unter dem Eindruck der so auffällig erfolgten Heilung sah, so suchte ich die Stimmung der Umstehenden noch weiter -auszubeuten und dem Wirken der göttlichen Gnade den Weg zu bahnen. Ich wiederholte darum, an -den Kranken mich wendend, feierlich nochmals alle Wahrheiten unserer heiligen Religion und fragte ihn bei jeder einzelnen, ob er sie verstehe und fest für wahr halte. Immer und immer wieder beteuerte er seinen lebenbi« gen Glauben und bat er um die heilige 29. Juli. Heute stieß uns ein Unglück zu. Unsere Barke glitt in einem engen Arm des Flusses leicht dahin. Soeben waren wir an einer Stelle angelangt, wo der Fluß sich T-aufe. Da ich wußte, blaß er zu jedem Opfer bereit war und er auf meine Fragen, ob -er alles glaube und fest für wahr halte, w-as Gott geoffenbart tjabe und seine heilige Kirche uns- zum Glauben vorstelle, mit einem entschiedenen: „Ja, ich glaube" geantwortet hatte, taufte i-ch ihn im Namen des Vaters, be§ Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. „Amen!" wiederholte auch er nochmals, gleich als ob auch dies noch mit zum -Glaubensbekenntnisse -gehören würde, und voll inniger Dankbarkeit drückte er -mir die Hand. Allein nicht mehr lange sollte -er hier -auf Erden weilen. Wenn er auch dem Nierenleiden glücklich entkommen war, so waren doch seine Tage bereits gezählt; denn ein Herzschlag Bereitete schon nach ungefähr ■einer Woche seinem Leben ein jähes Ende. Pv. I. P. Nunmehr wird er int Himmel für uns und unsere eidlen-Wohltäter beten und den reichsten Segen Gaues -auf uns herab-flehen, damit Gott jene, die ihm behilflich waren, seine Seele zu retten, einst ebenfalls einer gleichen Glorie teilhaftig werden lasse. T o n g a, am Feste der hl. Gertrud. in zwei Hauptarme teilt. Doch keiner von uns verfügte über eine genaue Ortskenntnis, und es war auch momentan nicht möglich, sich dieselbe zu verschaffen, weil die dichten B Ein Tiroler Millionär in Äquatorial = HiriktL B8 Dem lieben nacherzählt von Robert ConoIIi. (20. Fortsetzung.> Heft 10. Stern der Neger. 233 Schlingpflanzen den Ausblick schon auf eine Entfernung von auch nur zehn Metern hinderten. Gleichwohl waren wir so weit davon entfernt, etwas Schlimmes zu ahnen, daß wir uns sogar dem Schlafe überließen. Da mit einemmal hörte man ein Getöse gleich dem eines nahen Wasserfalles. Wir tollten anhalten, allein der Fluß riß uns mit sich fort. Die Barke wurde zwischen einige Baumstämme 'hineingeschlendert und schlug um. Wir klammerten uns jeder an irgendein Stück an; .der arme Sohn des Solo jedoch fand keine Zeit hiezu. Vielleicht hatte ihm das plötzliche Umschlagen des Kahnes die Sinne und damit die 'Erkenntnis der gefährlichen Lage geraubt; wir sahen nur, wie er, von der Strömung fortgerissen, plötzlich in den Wellen verschwand. All das war das Werk weniger Sekunden gewesen. Jeder von uns hätte sich gerne in die Wogen gestürzt, um den unglücklichen Gefähr-ten zu retten, aber wie es anstellen, wo ihn finden? Ser Jüngling war für immer betioren. Er war ein eifriger Katechumene gewesen, und' da der Wunsch und das Verlangen nach dem Empfange der heiligen Taufe, aus die er sich vorbereitete, in ihm groß war, so hoffe ich, daß seine Seele gerettet ist. Auch unsere Barke sahen wir dem Wir--6el des Flusses zutreiben und dann in dem MMN verschwinden. Da wir in der Nähe eine Schaar von Krokodilen beobachtet hatten, so wagten wir es nicht, an das .linke ltfer zu schwimmen, obwohl wir demselben ziemlich nahe waren. Wir beschlossen darum, uns eine Zeitlang zu gedulden, und wurden so unfreiwillige Zeugen eines hartnäckigen Streites von acht oder neun Krokodilen, die sich um einen schwarzen Gegenstand rauften; vielleicht war es der Leichnam unseres unglücklichen Kate-chumenen. Nachdem sich die Ungeheuer auf das rechte Ufer 'gewendet hatten, wagten es auch wir, von Ast zu Ast und mit großer Vorsicht ans Land zu steigen; es war zwei Stunden vor dem Einbruch der Nacht. Unsere ganze Habe war verloren gegangen, alle hatten wir, der eine mehr, der andere weniger, Quetschungen erlitten, während mich außerdem noch ein heftiges Fieber plagte. „Jetzt wird es wohl aus sein mit mir," dachte ich bei mir selbst und empfahl mich der liebevollen göttlichen Vorsehung. Kein Dorf war in der Nähe; anstatt dessen ließen ab und zu Hyänen und Pancher ihre • schrecklichen Stimmen vernehmen. Wir besaßen nichts, womit wir uns hätten ein Feuer anmachen können, um so diese Tiere uns vom Leibe zu halten. Meine Begleiter wußten sich jedoch zu helfen. Indem sie zwei Holzstücke stark aneinanderrteben, gelang es ihnen, denselben Funken zu entlocken, und binnen zehn Minuten saßen wir rund um ein loderndes Feuer und trockneten unsere Kleider. Da während des ganzen Tages keiner von uns etwas Speise genossen hatte, so machte sich der Hunger unliebsam bemerkbar. Was aber tun ? Bis zum Morgen an Ort und Stelle zu warten, war ein etwas langweiliges Geschäft; tiefer in den Wald einzudringen, war nicht bloß gefährlich, sonder» auch unklug. Schließlich meinte Pius: „Besser ist es, von einem Panther aufgefressen zu werden, als hier Hungers zu sterben". So brachen wir denn wieder auf. Ungefähr um 2 Uhr morgens machte uns ein Hahnenschrei darauf aufmerksam, daß wir einer bewohnten Gegend nähe waren. Nachdem jeder sein Bul — es ist dies ein Holz, das nach der Art unserer Kienfackeln brennt — angezündet hatte, begaben wir uns aus den Weg in der Richtung, aus welcher wir den Hahnenschrei vernommen hatten. „Traget Sorge, Daß die Fackeln nicht erlöschen," mahnte Pius, „und seid vorsichtig; entfernt euch nicht weit voneinander, folget mir, ich werde euch den Weg bahnen." Gar bald schon sollten wir erfahren, wie nützlich die brennenden Fackeln für uns waren. Ich fd) nämlich plötzlich wenige Meter vor uns eine Hyäne. Als ich dieselbe meinen Gefährten gezeigt hatte, machten diese erschrocken Halt. Ich riet ihnen: „Zündet jeder noch eine zweite Fackel an, und wenn ich das Zeichen gebe, so vereinigt euer Rufen mit dem meinigen und werfet zugleich eine von den beiden brennenden Fackeln auf die Bestie". Allein noch ehe wir unser Vorhaben ausführen konnten, hatte die Hyäne, während wir die Reserve-Fackeln anzündeten, wohl infolge des zunehmenden Lichtschimmers, schon das Weite gesucht. '(Segen 4 Uhr morgens bemerkten wir in nicht allzu weiter Ferne eine Hütte, deren Bewohner wir durch Rufen zu wecken suchten. Der Besitzer war bald wach; da er uns jedoch für SKavenjäger hielt, so rüstete er sich mit seinem halben Dutzend Frauen zu verzweifelter Gegenwehr. Pius erklärte ihm nun, daß wir in ganz friedlicher Absicht gekommen seien, worauf wir sogleich Einlaß bekamen. Nachdem wir einige Zeit mit unserem Wirte geplaudert hatten, überließen wir uns der so notwendigen Ruhe, und es dauerte nicht lange, so waren wir alle in süßen Schlaf versunken. 30. Juli. Als ich mich heute von meinem Lager erheben wollte, brach ich ganz ermattet wieder zusammen. Das Fieber ließ mich nicht aufrecht stehen, geschweige denn einen Schritt gehen. Meine Begleiter fanden jedoch gleich einen Ausweg, so daß ich trotz der Krankheit die Reise fortsetzen konnte. Mittels einiger Holzstücke stellten sie eine Art Tragsessel her, worin ich ganz bequem sitzen konnte. Wir fooniteu unserem Wirte für seine Gastfreundlichkeit und, indem wir Gott baten, er möge ihn und seine Familie mit dem Geschenke des wahren Glaubens entlohnen, reisten wir d. 31. Juli. Das Fieber ist von mir geiwi-chen. Wir fahren jetzt auf dem sogenannten „großen Sumpf" und hoffen, heute abends in Porto Novo 'anzukommen. 1. August. Ein Gewitter, das gestern abends losbrach, hat uns an der Weiterreise verhindert. Das Unglück wollte es, daß wir nicht einmäl eine Hütte in der Nähe fanden, um darin auszuruhen, unv mußten darum in Geduld den Regen auf uns niedergehen lassen, so daß wir ganz durchnäßt waren. Schon fürchtete ich in- Sdiiilukfcinz. Heft 10. 235 Stern der Neger. sol gebessert einen neuen FMeranfall, aber Gott sei Dank! 'bin ich davon verschont geblieben. 2. August. 'Endlich sehe ich den Schauplatz meiner ersten Mühen und Arbeiten wieder. Alle Nachrichten, die ich bei meiner Ankunft erhielt, waren freudig. Nur Dein Brief hat mich etwas betrübt, weil darin von einem gewissen 'Geheimnis gesprochen wird, das ich nicht zu lösen vermag. 3. August. Nach langem Warten erhielt ich endlich auch einen Brief von Pater Peregrinus. Es freute mich, daß er sich von seiner Krankheit wieder erholt hat. 4. August. Das Rätsel, dessen Lösung der vorgefundene Brief nicht enthielt, habe ich nun selbst heute gelöst.Eine Order des österreichischen Konsuls ruft mich unverzüglich nach St. Louis in Sene-gambien. Soll ich hoffen oder fürchten? . . . 32. Kapitel. Am 18. August kam 'Friedrich mit Pius in St. Louis an, wo er sich unverzüglich zum österreichischen Konsul begab, der die beiden nicht bloß freundlich aufnahm, sondern auch gastlich bewirtete. Nach dem Festmahl, welches anläßlich des Geburtstages des österreichischen Kaisers gegeben worden war und an dem auch unser Friedrich teilgenommen hatte, führte ihn der Konsul in ein eigenes Zimmer beiseite und stellte an ihn die eingehendsten Fragen: „Sind Sie Friedrich D . . ., der um das Jähr 1854 zu R . . . in Südtirol geboren wurde?" „Jawohl." „Wissen Sie den Grund, weshalb Ihr Oberer Sie beauftragte, sich hier vorzustellen?" „Nein, ich kenne ihn nicht." „Gut, so mögen Sie wissen, daß eine Order, die von Wien kommt, Ihnen rät, sobald als möglich nach Europa zurückzukehren." „Ist es ein Rat oder ein Befehl?" fragte unser junger Missionär. „Das eine und das andere, wie Sie lieber wollen. Sie werden von einer angesehenen Person gesucht, die, wie es scheint, irgendeinen Anspruch auf Sie hat." „Ich ahne bereits, worum es sich handelt, Exzellenz; doch bin ich- meinerseits gewillt, auf jedwedes Angebot zu verzichten. Frei und unabhängig habe ich um die Günst gebeten, mich den afrikanischen Missionen widmen zu dürfen, und da ich durch ein Gelöbnis nunmehr bereits an dieselben gebunden bin, kann ich weder, noch wünsche ich es auch, mich von ihnen loszumachen ohne aus-drücklichenBefehl meinerObern, denen ich vollkommene Unterwürfigkeit geschworen habe." „Ich lobe Ihr Vorhaben; allein ich glaube, daß Sie den wahren Grund, weshalb Sie gesucht werden, doch nicht voll und ganz erkennen. Verstehen Sie darum Wohl, es ist Ihr Vater, Ihr leiblicher Vater, der Sie sucht und Sie wiedersehen will, der Ihnen seinen Namen geben und ein reiches Ebbe einhändigen will. Er hat keine anderen Kinder und möchte nicht, daß sein Vermögen eines Tages Leuten in die Hände falle, welche nicht durch Bande der Blutsverwandtschaft mit ihm verknüpft sind." Friedrich, ganz ergriffen, besann sich einen Augenblick, dann aber erwiderte er entschlossen: „Wenn Eure Exzellenz beauftragt sind, diesbezüglich Bericht zu erstatten, so ersuche ich Sie, meine Gründe anzuhören. Ich übersende demjenigen, der sich als meinen Vater erklärt, die Glückwünsche und Dankesbezeigungen eines liebenden und dankbaren Sohnes. Gerne und mit Freuden hätte ich in früheren Jahren einen solchen Vorschlag angenommen; gegenwärtig aber bin ich zu sehr davon überzeugt, daß ich mich den Anforderungen einer modernen Gesellschaft nicht mehr würde anpassen können. Ich ziehe es deshalb vor, die wenigen Tage, die mir noch beschicken sind, dem Wähle der armen Neger zu widmen. Zwar befinde ich mich schon seit drei Jahren in tropischen Gegenden und meine Gesundheit hat darunter stark gelitten; in der heimatlichen Luft könnte ich mich in etwas vielleicht erholen, es ist währ; aber die frühere Kraft und Frische würde ich gleichwohl niemals wieder erhalten." Lächelnd entgegnete der Konsul: „Man sieht, oaß Sie noch jung sind und unerfahren. Die Gründe, die Sie mir vorbrachten, beweisen mir dies zur Genüge. Kehren Sie nach Europa zurück und Sie können versichert sein, daß Sie dortselbst Ihre frühere Gesundheit wieder erlangen. Ja, ich bin sogar gewiß, daß Ihre Obern fest entschlos- sen sind. Sie in Ihre Heimat zurückzusenden." „Ich war immer bereit, den Willen anderer auszuführen, und will mich auch diesmal nicht widersetzen, um so mehr, da ich überzeugt bin, daß mein Entschluß, dem Berufe eines Missionärs treu zu bleiben, niemals von den Reichtümern und Freuden der Welt wird zum Wanken ge-bvacht werden." „Ja, glauben Sie denn, nach Ihrer Rückkehr in Ihr Vaterland, wo Sie reich an zeitlichen Gütern ioürden, nicht auf gleiche Weise oder vielleicht mit noch mehr Erfolg jene Mission unterstützen zu können, die Ihnen so sehr am Herzen liegt? — Doch ich verlange heute noch keinen endgültigen Bescheid von Ihnen. Ruhen Sie sich vielmehr einmal ordentlich von Ihrer Reise aus. Morgen können wir ja wiederum davon reden." Mit diesen Worten nahm er Friedrich bei der Hand und führte ihn in ein vornehm ausgestattetes Zimmer, wo er ihn, nachdem er ihm noch zuvor eine gute Nacht gewünscht hatte, allein ließ mit seinem von tausenderlei Gedanken aufgewühlten Herzen. Friedrich fühlte heute zum erstenmal seit langer Zeit wieder einmal so recht, was es heißt, den Herzens-sricken zu verlieren. Zu behaupten, er habe nicht ein großes Verlangen gehabt, sein teures Vaterland wiederzusehen, wäre eine Lüge; aber in seinem Innern fühlte er einen heißen Kampf zwischen zwei sich widerstrebenden Neigungen und Wünschen. Endlich beschloß er, sich gänzlich dem göttlichen Willen zu überlassen, und er fand in diesem (Sn.tfcfi‘Iuffe Trost und Beruhigung, worauf sich alsbald auch ein erquickender Schlaf einstellte. Am folgenden Dag hatte er wieder eine Besprechung mit dem Konsul, und es warv nun ausgemacht, die ganze Angelegenheit dem Pater Angelus, dem Obern Friedrichs, zu überlassen. Heft 10. Stern der Neger. 237 Einige Tage nach dieser Besprechung lichtete im Hafen von St. Louis ein Kriegsschiff, der „Tiger", die Anker. Es hatte fünfhundert französische Soldaten an Bord, welche die Besatzungen der Westküste ablösen sollten. Friedrich, der schon sehnsüchtig auf die Rückkehr nach Porto Novo gewartet hatte, wurde auf Vermittlung des Konsuls vom Kapitän des Schiffes freundlich ausgenommen, und nun ging es wiederum der 'geliebten Mission entgegen. Häufig richtete er während dieser Reise, wenn er müde war vom Betrachten des wunderbaren Schauspieles, welches das Meer ihm darbot, seine Augen auf den bereits zurückgelegten Weg, und jedesmalfühlte er fein Herz von zwei einander bekämpfenden Wünschen mächtig bewegt; einerseits war in ihm die Sehnsucht nach' dem teuren Vaterlande neu entbrannt, von dem er sich nun aber aufs neue immer weiter entfernte, anderseits verzehrte ihn auch die Liebe zur St. Josef-Mission, der er sich soeben wiederum näherte. „Mein Gott," seufzte er aus dem Grunde seines Herzens, „warum wolltest du mich des einzigen Gutes berauben, dqs M> bis jetzt besaß, des Seelenfriedens? Hast du dich mir nicht stets als einen liebevollen, fürsorglichen Vater erwiesen! Darum, mein göttlicher Meister, schenke mir wieder die Ruhe des Herzens, jenen kostbaren Schatz, den mir die Menschen jetzt durch deine Zulassung zu rauben versuchen." So betete unser betrübter Freund, als das Schiff in Grand-Bosson Anker warf. Da man sich dortselbst eine Zeitlang aufhalten mußte, um einige Schäden am Schiffe auszubessern, traf Friedrich' auch eines Tages mit einem Missionär zusammen, der in jener Gegend ganz allein am Heile der armen Neger arbeitete. (Fortsetzung folgt.) Verschiedenes, Von einem Tiger entführt. Von einem furchtbaren Zusammentreffen mit einem Tiger wird im „The Wide World Magazine" erzählt. Sam Barrett, der Held des Abenteuers, der seit langen Jahren als ein bekannter Teepflanzer in dem Nowgong-Distrikt von Assam lebt, schilderte den Vorgang selbst folgendermaßen: „Eines Abends ritt ich mit dem jungen Rädkliffe von der Station heim; wir kehrten noch auf der Teeplantage bei B. ein, wo unser Freund Jack Williamson wohnte. Als wir auf der Veranda bei Whisky und Soda saßen, erzählte dieser: „Eines abends hatte ich ein Abenteuer. Mein Chowkeydar (Wächter) wurde gegen 10 Uhr von einem Tiger aus dieser Veranda fortgeschleppt. Sein Schrei erweckte mich und viele Kulis, die den Räuber mit Fackeln, Bambusrohren und Stöcken verfolgten, so daß er feine Beute fallen ließ. Der arme Bursche lebte noch, aber er war schrecklich zugerichtet und starb heute früh". Da ich bestimmt vermutete, daß der Tiger, der augenscheinlich ein „Menschenfresser" war, wiederkommen würde, um seine Beute zu holen, fragte ich Jack, was für Waffen er habe. Er holte eine Anzahl Gewehre hervor, die verteilt wurden, und nach 10 Uhr nahmen wir unsere Stellungen ein, um dem Tiger aufzulauern, Wil- '238 Stern der Neger. Heft 10. licimjon und Nadkliffe in jeder Ecke der vorderen Veranda, ich in der hinteren. Alle Lichter 'bis auf eines im mittleren Zimmer, das niedrig brannte, wurden ausgelöscht. Wir warteten bis ;%12 Uhr, ohne daß sich etwas rührte. Ich hatte mein Gewehr gegen die Wanlo gelehnt und den Arm bis zum Ellbogen aufgelegt. Plötzlich fühlte ich einen rasenden Schmerz: mein Handgelenk war zwischen den Kinnbacken des Tigers! Ich suchte vergebens, von dem riesigen Tier loszukommen. Der Schmerz war folternd, denn die großen Zähne drangen durch das Fleisch bis auf die Knochen. Jeder Widerstand war nutzlos, ich mußte dem Tiere, das mich fortzog, folgen und stieg rückwärts die Stufe zum Erdboden hinab und ging neben dem Tiger her, während mein Handgelenk immer noch in seinem Rachen blieb. Mein Hilfeschrei: „Der Tiger hat mich, helft mir um Gottes willen!" erweckte meine Freunde, die auf den großen Rohrstühlen eingeschlummert waren. Sie sprangen auf, stürzten in den Bungalow und schlossen zunächst wie gelähmt vor Furcht die Türen. Ich ging inzwischen gezwungen neben dem „Menschenfresser" weiter, jeder Schritt verursachte mir tödliche Schmerzen. Nach etwa 50 Aards näherten wir uns einem Nulläh, einem ausgetrockneten Wasserlauf, der die Grenze zwischen dem Bungalow und den Teebüschen auf der anderen Seite bildete. In mir blitzte der Gedanke auf, daß ich verloren sei, wenn das Ungeheuer mich in den Nullah bekäme. Ich schrie noch einmal und jetzt eilte Radkliffe mit dem Gewehr, auf das er ein Bajonett gesteckt hatte, zu meiner Hilfe herbei. Am Rande des Nullah zog ich mich mit aller mir noch gebliebenen Kraft zurück. Da stellte sich der Tiger auf die Hinterbeine, legte die Vordertatzen auf meine Schultern, ließ mich aber keinen Augenblick los. Das dauerte zwar nur Sekunden, die mir aber wie Stunden, wie Jahre erschienen. Ich spannte jeden Nerv, jede Muskel an, um dem Druck des schweren Tieres zu widerstehen. Dann zuckte ein Blitz, ein lauter Knall folgte, der feste Griff ließ nach, der Tiger sank zurück. „Laufe, wenn dir dein Leben lieb ist," schrie Radkliffe mir zu, aber ich war durch den Schmerz und Blutverlust so erschöpft, daß ich erst einige Augenblicke nach ihm den Bungalow erreichte. Inzwischen hatte sich der Tiger teilweise erholt unlö jagte mich zum zweitenmal. Als ich die Stufen erreicht hatte, wurde id) vorwärts über die Veranda gestoßen und fiel gegen die Tür des Mittel-zimmers, die unter meinem Gewichte nachgab, der Tiger fiel tot über mich. . . Diese zwei Zoll lange, rote Narbe an der Backe brachte mir der Tiger mit seinen Klauen bei, als er mir gegenüberstand. Bei dem ungewissen Licht hatte Radkliffe Mühe, zwischen mir und dem Tiger zu unterscheiden; erst als er ganz nahe war, konnte er abdrücken und mir das Leben retten. Ich war monatelang krank, ehe ich mich erholte, und wäre fast an Blutvergiftung gestorben". Lebensweisheit eines Bonzen. Von P. I. Dumeck wird ein interessan-tes Gespräch mitgeteilt, das er auf seiner Visitationsreise in Tonking mit einem buddhistischen Bonzen hatte. Derselbe war ziemlich gut unterrichtet in der christlichen Religion, und erbekannte dem Pater auch ganz offen, daß er sie der menschlichen Natur viel angemessener finde als seine eigene. P. Dumeck benützte diese Gelegenheit und redete ihm zu, Christ zu werden. Der Bonze aber gab ihlm zur Antwort: „Lange und oft habe ich schon darüber nachgedacht, besonders seit ihr einen Katechisten in unser Dorf geschickt habt. Aber Heft 10. Stern der Neger. 239 ein großes Hindernis liegt im Wege. Als Bonze habe ich meine Anstellung, mein Einkommen und eine gesicherte Zukunft. Werde ich katholisch, so verliere ich alles und erhalte nichts als Entschädigung. Ein Handwerk verstehe ich nicht und zunt weiteren Studium bin ich zu alt. Also muh ich notwendigerweise Bonze bleiben." Da fragte ihn der Missionär, worin denn eigentlich seine priesterlichen Verrichtungen bestünden. Außer der Pflege der Pagode, — eines kleinen Tempelchens, — nannte er auch das 'Gebet. „Wie oft betest du denn im Tage?" fragte P. Durneck. „Einmal." „Und wie lange?" „Ungefähr drei Stunden." „Und um was betest du denn eigentlich zu Buddha?" „Um die Glückseligkeit; diese kann man nämlich nur erlangen, wenn man betet." „Ja, wenn das so ist, wie viele von deinem Dorfe beten denn dann und erwerben sich so ein Anrecht auf die Glückseligkeit nach dem Tode?" „Gar niemand," erklärte der Bonze ruhig. „Aber ist es denn nicht deine Pflicht als Priester, sie zum Gebete zu ermähnen? Sie haben dir doch beine Pagode errichtet, ein Haus gebaut und sorgen für deinen Lebensunterhalt," meinte der Pater. Der Bonze jedoch antwortete: „Bei euch Christen ist dies freilich der Brauch, nicht aber bei uns. Jeder hat seinen freien Willen und kann tun, was ihm beliebt. Wenn er betet, so wird er glücklich werben nach dem Tode, wenn er aber nicht betet, nun so wird -halt seine Seele nach dem Verlassen des menschlichen Körpers in ein Tier fahren, und zwar in ein wildes oder ein zahmes, je nachdem er im Leben dem einen oder.dem anderen geglichen hat." — Das sind die Diener einer Religion, die heutzutage in Europa, namentlich in Frankreich, so viele Sympathien findet! Viel verlangt. " Eines Tages, als wieder einmal eine ganze Menge Kranker und Bresthafter Hilfe in der Mission suchte, da drängte sich auch eine ältere Frau vor und rief schon von weitem dem Missionär zu: „Abuna, schon seit 14 Tagen werde ich von fürchterlichen Zahnschmerzen geplagt. Ich bitte dich, hilf mir." Da der Missionär auch Zahnarzt ist, so ist dem Übel bald abgeholfen. Befreit von ihrem Schmerz, eilt nun die Frau hocherfreut nach Hause, den kleinen Missetäter sorgfältig in der Hand bergend. Zum Staunen aller in der Mission er= scheint sie aber am anderen Morgen wieder, und wie sie des Paters ansichtig wird, der ihr gestern den Zähn gezogen hatte, ruft sie ihm zu: „Abuna, heute kannst du mir den Zahn wieder einsetzen. Schau nur, er hat ja noch ganz gesunde Wurzeln." Empfehlenswerte Bücher und Zeitschriften. „Ein offenes Wort in ernster Zeit" spricht Stabsarzt a. W. Hofrat Dr. O. Amman int neuesten Heft (Nr. 39) der „Allgemeinen Rundschau", Wochenschrift für Politik und Kultur, Begründer Doktor Armin Kaufen (vierteljährlich Mk. 2'60). Cs wird darin die Notwendigkeit, Dringlichkeit und Nützlichkeit rechtzeitiger orthopädischer und medikomecha- nischer Nachbehandlung der im Felde Verwundeten dargelegt, damit sie den Gebrauch versteifter Gelenke und erschlaffter Muskeln wieder erhalten und nicht zeitlebens Krüppel bleiben. Moge der verdienstliche Mahnruf allenthalben sorgsamste Beachtung finden. Auf eine andere Anregung, welche die bekannte Dichterin M. Herbert unter der Ueberschrift „Kein Trauerschleier" in die poetische Form gekleidet hat, sei die deutsche Frauenwelt besonders aufmerksam gemacht. Im übrigen geben wir aus dem wieder sehr reichhaltigen und interessanten Heft folgende Inhaltsübersicht: Sendschreiben Papst Benedikts XV. an die Katholiken des Erdkreises. — Kriegspolitische Um- und Ausblicke. Von Hosrat Dr. Engen Jaeger, M. d. R. II. Schluß. — Die achte Schicksalswoche. Von Fritz Niemkemper. — Italien und der Krieg. Bon Dr. Paul Maria Baumgarten, Rom. — Zeppelin. Von Sebastian Wieser. — Belgiens Schicksal. Bon Stadtarchivar Dr Brüning. — Meine Flucht aus Paris via Brüssel. Bon Albert Dettling..(Fortsetzung.) — Wir Zurückbleibenden. Die Frauen. Von E. M. Hamann. — Mode und Frauenputz im Lichte traditioneller ethischer Wertung. Von Pfarrer Dr. Doergens. — Krieg und deutsche Sozialgesetzgebung. Von Rechtsanwalt Dr. Otto Hipp. — Chronik der Kriegsereignisse. — Vom Büchertisch. - Bühnen- und Musikrundschau. Von L. G. Ober-laender. — Krieg und Preßunternehmungen. — Finanz- und Handelsrundschau. Von M. Weber. — An die Erneuerung des Abonnements für das kommende Quartal sei auch an dieser Stelle erinnert. Durch sorgfältig ausgewählte, aus besten Federn stammende Abhandlungen über alle kriegsaktuellen Fragen, durch die wöchentlichen Rückblicke ihres Weltrundschauers ans den Gang der kriegerischen Ereignisse und durch die neueingeführte, in ihrer Sachlichkeit, Uebersichtlichkeit und Zuverlässigkeit schnell zu großer Beliebtheit gelangte Kriegschronik in Verbindung mit dem Kriegskalender bietet die „91. R." einen Kommentar zur Zeitgeschichte, wie er in dieser Prägnanz und Vollständigkeit so leicht von keinem anderen Organ ähnlicher Art erreicht werden dürfte. Sie leistet daher gerade in diesen Kriegszeiten als zuverlässiges Nachschlagewerk vorzügliche Dienste. Fcldbriefe. Auch die Heimat hat jetzt ihre Schlachtfelder, die verborgenen Schlachtfelder der Herzen. Da wogt der Kampf oft nicht weniger heiß, da gibt es Verwundete und auch Tote. Der Feind ist die quälende Sorge um das tägliche Brot, die mancher Frau eines Landwehrmannes die Ruhe bei Tag und den Schlaf bei Nacht raubt. Der Feind ist die bange Angst um das teure Leben des Gatten, des Sohnes, des Bräutigams, des Bruders, die Millionen Herzen täglich von neuem befällt. Und dann der furchtbare Schmerz, das blutende Weh, wenn die Botschaft von einer tödlichen Verwundung, vom Tode selber kommt. . . . Auch die Zurückgebliebenen bedürfen eines „Roten Kreuzes", das die Schrecknisse des Krieges mildert, die Wunden heilt. Was die Religion an Kraft und Trost bietet, muß jetzt in vollen Strömen hineingeleitet werden in die breiten Schichten des christlichen Volkes. Sie ist wie für den Krieger so auch für uns daheim die beste Waffe und Wehr. Wie die aufgerichtete Fahne eines „Roten Kreuzes" für die Zurückgebliebenen wehen uns die „Feldbriese" entgegen, die soeben bei Herder in Freiburg und Wien zu erscheinen beginnen. Die beiden ersten sind gerichtet „An die Frau des Kriegers" und „An die Mutter des Kriegers", als nächstfolgende sind angekündet einer „An unsere Helden im Feld" und einer „Von unseren Toten". Es war wohl kaum jemand berufener, in dieser schweren Zeit zum Herzen des christlichen Volkes zu sprechen als unser bester geistlicher Volksschriftsteller, den wir deutsche Katholiken haben: Heinrich Mohr in Freiburg i. Br. Wie kennt er die Gedanken und Regungen des Frauen- und Mutterherzens, wie geht er mitfühlend auf sie ein, um sie hinaufzugeleiten zu den Höhen des Glaubens, wo Ruhe, Trost und heldenhafte Kraft zu finden ist, auch das Allerliebste freudig Gott hinzuopfern in den Tod für Thron und Altar. Wenn wir solche Frauen und Mütter haben, die vom Geiste dieser „Feldbriefe" getragen sind, dann wird unser Volk aus den unblutigen Schlachtfeldern der Herzen dieselben herrlichen Siege feiern wie auf den blutigen Schlachtfeldern des Krieges. Diese „Feldbriefe", wie sie auch von vornherein zur Massenverbreitung bestimmt sind, sollten mit Hilfe der Presse, der organisierten Kolportage, der Geistlichkeit, der karitativen Vereine in Hunderttausenden von Exemplaren in Stadt und Land verbreitet werden. Gerade in dem religiösen Aufschwung, den Deutschland mit Ansbruch des Krieges gesehen hat, sind sie eine erwartete Seelengabe, und es gilt auch, diesen Aufschwung auszunützen, damit unser Volk wirklich christlicher als zuvor nach dem Kriege dasteht, vorbereitet für die kommenden großen Kultur-aufgaben. Die Nachfrage nach den „Feldbriefen" wird ungeheuer sein. Man schicke alle den Soldaten ins Feld, nicht bloß den eigens für sie bestimmten, denn jeder hat unsern Kriegern viel zu geben an Ermutigung und Trost. Wer stiftet als Kriegsspende einen größeren Posten dieser „Feldbriese" ? Die Beschaffung von 50 Stück erfordert nur die geringe Ausgabe von 15 Heller für jeden „Feld-brief", einzeln kostet er 18 Heller. Als weitere Neuerscheinungen aus dem Theaterverlage Val.Höfling, München, empfehlen wir bestens: Der Lärchcnhof. Ländliches Volksstück mit Gesang in fünf Akten von Jakob Its. Ländliche Fcstbröuche. Aufführung in vier Bildern zu ländlichen Festen geeignet von Eleonora Kretzschmer. Hansl Joist was Besseres werden! Schauspiel in drei Akten von T. Paris. Gott mit uns! Gebet- und Trostbüchlein für katholische Christen in der gegenwärtig en Kriegszeit. Mit einer vollständigen „Kriegsbetstunde" zum öffentlichen und privaten Gebrauche. Zusammengestellt von 91. Schwab, k. Geistl. Rat in Augsburg. Mit bischofl. 9lpprob. 48 Seiten, elegant broschiert. Preis 15 Pfg. (Partiepreise!) Verlag von Eduard Mager in Donauwörth. Dieses Büchlein will allen jenen Trost spenden, die einen 9lngehörigen im Felde haben, es will aber auch eine Armee von Betern organisieren, die den Herrn der Heerscharen bestürmen soll, daß er unserer gerechten Sache den Sieg verleihe. Möge es weiteste Verbreitung finden, um seinen Zweck voll und ganz zu erreichen. Der billige Preis gestattet Massenverbreitung.