Laibacher Zeitung Nr. 56. 502 8. März 1913. Politische Uebersicht. Laib ach, 7. März. Der „Osservatore Triestino" veröffentlicht eine Kundmachung der küstenländischen Statthaltcrci, wonach in der Zeit vom 8. bis 30. Juni die Wahlen für den Gemeindernt, beziehungsweise Landtag, der reichsunmit- telbaren Stadt Trieft stattfinden sollen. ' In einer Betrachtung über das deutsch-englische Verhältnis führt der Verliner Korrespondent des „Neuen Wiener Tagblatt" aus, Deutschland stelle leine Ansprüche an England, deren Erfüllung die britische Po- litik nur unter Preisgabe von Lcbensinteresscn leisten könnte. Es soll nicht untersucht werden, ob England solche Ansprüche an Deutschland stellt, aber das kann man sagen, daß einer seiner Ententcgcnosscn Ansprüche dieser Art erhebt. Und damit ist der Unterschied Zwischen den beiden Mächtegruppen sofort deutlich. Die aggressi- ven Tendenzen der beiden Ententcfreunde Englands haben unzweifelhaft eine Verstärkung erfahren, als sie die britische Weltmacht an ihre Seite treten sahen, nur daß die Richtungslinien der Politik dieser Entcntefreunde nicht in einem Winkel zusammenstoßen, dessen Spitze sich gegen Deutschland kehrt, sondern daß sie sich parallel ge- gen die mitteleuropäischen Mächte hinstrecken. Von die- sem Gesichtspunkte aus sei zu erkennen, daß eine deutsch- englische Verständigung einen bestimmteren Inhalt er- streben müßte, als bloß die Herstellung eines Abkommens über die Flottcnstärke oder über einzelne Gegensätze in der Kolonialftolitik. Der Zar hat anläßlich der Romanov-Feier mittelst Restrifttes dein Ministerpräsidenten Kokovcov sein Vild in einem mit Edelsteinen besetzten Rahmen und dem Minister des kaiserlichen Hofes Varon Fredericks den Grafcntitel verliehen. Der Statthalter im Kaukasus G. d. K. Graf Voroncov-Daäkov erhielt ein Drcikaiser- bild, darstellend die Zaren Alexander II., Alexan- der III. und Nikolaus II. in einem mit Diamanten ver- zierten Nahmen und der Kriegsminister Suhomlinov den St. Alexander-Nevskij-Orden. Durch kaiserliche Erlässe an die Armee und die Marine werden die Ncförderungs- verhältnisfc verbessert und die Disziplinarstrafen zum Teile vollständig nachgesehen, zum Teile gemildert. Aus Konstantmoftel geht der „Pol. Korr." folgende ausführliche Inhaltsangabe des Schreibens zu, das die dort lebenden Albaner vor kurzem an den englischen Staatssekretär des Äußern, Sir Edward Grey, gerich- tet haben: Unsere Volksgenossen in Albanien — so heißt es in dem Schreiben — sind infolge der Blockade und der Zerstörung der Verkehrsmittel der Möglichkeit des Verkehres mit der zivilisierten Welt beraubt. Diesen Um- stand machen sich die Feinde Albaniens Znnutze, um die Meinung zu verbreiten, daß das albanische Volk jedes Gefühls nationaler Einheit entbehre und durch innere Zwistigkeiten zerrissen sei. Mit diesen Behauptungen zielt man darauf ab, die Verstümmlungen unseres Gebie- tes zu vergrößern und die Wirkung der Anerkennung, welche unsere Existenzberechtigung durch Europa erfah- ren hat, zu vernichten. Die albanische Kolonie sieht sich verpflichtet, die Aufmerksamkeit Europas auf diese Il- loyalität zu leuken. Man hat seit jeher die Verschieden- heit der Glaubensbekenntnisse unter den Albanern als Waffe zu verwenden gesucht, um ihnen das Gefühl na- tionaler Einheit abzusprechen. Diese Einheit manifestiert sich aber mit großer Kraft und hält aller entgegengesetz- ten Propaganda stand. Es gibt keinen Albaner, der sich nicht seiner Nationalität tief bewußt und nicht bereit wäre, für sie sein Blut zu vergießen. Auf die Gerechtig- keit und die Billigkeit Europas vertrauend, hoffen wir, baß die Großmächte keine Verstümmelung unseres Lan- des zulassen werden, durch die es im voraus zum Unter- gange vernrlcilt sein würde. Tllgcsilcmglcitcl!. — (Kuatsu, ein neues Wiedcrbelelmnsssmittel.) Kuatfu ist ein wesentlicher Bestandteil des Iju-Iitsu, welch letzteres als Training- und Kampfmittel bei den Japanern in hohem Ansehen steht. Wenn der Gegner außer Gefecht gesetzt ist, haben die Japaner schon seit Jahrhunderten zum Kuatsu ihre Zuflucht genommen, um ihn wieder zum Leben zu bringen. So wird ein Japaner, der Iju-Iitfu richtig anwendet, feinen Gegner nie so ver- letzen, daß er ihn nicht durch Kuatsu wieder zum Leben bringen kann. Letzteres wirkt auch bei Sonnenstich, Er- trinkungstod usw. lebensrettend. Kuatsu wird so aus- geführt, daß man den Patienten mit auswärts gestreckten Armen auf den Bauch legt und der Operateur mit seiner Hand starke, rhythmische Schläge auf den Dornfortsatz des siebenten Halswirbels ausführt. Sobald der Patient wieder etwas zum Bewußtsein kommt, wird er aufgesetzt, seine Beine werden rotiert und er zum Gehen angeregt und dabei stark unterstützt. Letzteres ist für die Anwen dung des Kuatsu sehr wesentlich, da sein Zweck eben der ist, Atmung und Kreislauf wieder herzustellen, da fönst der Patient wieder bewußtlos wird. Der amerikanische Arzt Dr. Abrahams hat vielfach Gelegenheit gehabt, auch bei Infektionskrankheiten, bei welchen das Herz stark in Mitleidenschaft gezogen war, sich von der geradezu wun- derbaren Wirkung dieses Verfahrens zu überzeugen. Bei einer Patientin, die an schwerer Lungenentzündung er- krankte, die infolge Herzschwäche dem Tode nahe war, hat das Verfahren geradezu lcbensrettend gewirkt, nach- dem alle anderen Mittel versagt hatten, die Herztätigkeit wieder in Gang zu bringen. — (Einer, der Vcrsuchshund werden will.) Ort: das Irrenhaus einer französischen Provinzstadt. Eine Abordnung des Magistrates und der Stadtverordneten inspiziert das Irrenhaus. Der Oberarzt zeigt den Stadt- Vätern unter anderem auch einen Vcrsuchshund, dem er täglich zweimal ein gewisses Quantum Absinth gibt, um an ihm die verderblichen Folgen des Tenfelsgetränkes nachzuweisen. Mit großem Interesse lauscht die Abord- nung den Ausführungen. Der Hund macht einen verblö- deten Eindruck. Der Absinth scheint ihm sehr übel zu bekommen, obgleich er ihm auch, nach der Gier zu ur- teilen, mit der er ihn schlürft, sehr behagt. Dann inspi- zieren die Stadtväter auch die Krankcnsälc, unterhalten sich mit den harmlosen Irren, die frei herumlaufen, uud sind höchst befriedigt von allem, was sie fehen. Da, ge- rade, als sie die Alkoholikerstation des Irrenhauses ver- lassen wollen, stellt sich ihnen einer der Insassen ent- gegen: Er will eine Bitte an die Stadtväter richten. So stößt er hervor und rollt heftig die Augen. „Sag's nur, sag's nur, mein Sohn, was du auf dem Herzen hast," meint der Bürgermeister freundlich. — „Meine Herren! Erlauben Sie mir, die Stelle des Hundes im Labora- torium des Oberarztes zu übernehmen." Die Stadtväter sollen der Bitte nicht stattgegeben haben. — (Durchssessanllene Ehemünner gesucht.) W00 Ehemänner verlassen alljährlich in London ihr trautes Heim, anf Nimmerwiedersehen, wie sie dabei meistens annehmen. Oft wird jedoch diese Hoffnung enttäuscht, denn die Polizei ist hinter ihnen her, und mancher durch- gegangener Ehemänner wird sie habhaft. Die Anzahl derer, die aus freien Stücken zurückkehren, ist recht be- fcheidcn. Die verlassenen Ehefrauen und ihre Kinder ver- ursachen der Armcnverwaltung ganz erhebliche Kosten, denn sie müssen im Armcnhanse untergebracht werden. Jedes Kind beispielsweise kostet wöchentlich 5 Shil- linge, Alls jeden durchgegangenen Ehemann wird eine Belohnung ausgesetzt, die manchmal ganz stattlich ist. Kehrt so ein durchgegangener Ehemann freiwillig zn- rück, so macht ihn die Armenucrwaltnng natürlich für die Kosten haftbar, die er ihr während seiner Abwesenheit verursacht hat. Seltsamerweise könnte die Armenverwal- lung in vielen Fällen erfahren, wo sich die gesuchtcnMän- ner aufhalten, aber die cnglifchen Gesetzesbestimmungen gestatten es nicht. Manche Durchbrenner stehen nämlich in regein Briefwechsel mit ihren Frauen im Armen- Hause; jedoch dürfen die Briefe nicht geöffnet werden! Dis Armcnverwallnng bewilligt den Frauen im Armen- Haufe zuweilen Urlaub uud sie weiß recht wohl, daß viele der verlassenen Frauen auf diefe Weife fogar re- gelmäßig mit den dnrchgebrannten Ehemännern zusam- menkommen. Aus diesem Grunde müssen die verlassenen Frauen beim Ausgange wenigstens eines von ihren Kin- dern mitnehmen, damit sie nicht auf den Gedanken kom- men, ebenfalls durchzugehen und ihre Kinder dem Armen- hause zu überlassen. Eine andere englische Gesetzesbestim- mung arbeitet mich nach Kräften der Wiedererlangung der Durchbrenner entgegen: niemand darf sie festnehmen, der nicht den Verhaftungsbefehl bei sick hat, und zudem ist eine Verhaftung (mit Verhaftungsbefehl) am Sonn- tag überhaupt unzulässig. Dank dieser Bestimmung konnte vor einiger Zeit ein wicdcrgefahter Durchbrenner wieder freigelassen werden, den ein Schntzmann festgenommen hatte. Es war am Sonntag und der Schutzmann hatte den Verhaftungsbefehl überdies nicht bei sich geführt: also schickte die Polizei selbst den Durchbrenner wieder weg! — (Die Gefahren des ZwanssSerrötens.) In Groß' „Arckiv für Kriminalanthroftologic undn Kriminalistik" wird von einem Fall berichtet, in dem das zwangsmäßigc Erröten infolge von Nervosität fast zu einem Iustiz- irtum geführt hat. Ein französischer Advokat, Jung- geselle, lebte in einer Pension einer alten Dame und war zur Zeit der einzige Gast. Als er abends zum Essen heimkommt, findet er feine Wirtin mit durchschnittener Kehle daliegen. Er ruft Hilfe herbei, die Polizei kommt; befragt, wird er stark rot, stottert, verwirrt sich, so daß ihn der Polizeikommissär trotz des Leugnens für den Mörder hält. Auch der Staatsanwalt, der heraneilte, hielt den Advokaten für verdächtig, obschon er wiederholt versicherte, er leide an Errötungssucht und sei unschuldig. Glücklicherweise zeigte später die gerichtsärztliche Unter- suchung, daß die Alte zu einer Stunde ermordet worden war. füc die der Verdächtigte einen einwandfreien Alibi- beweis erbringen konnte. Man fand schließlich den Schul- digen. Der unschuldig Verdächtigte wurde nach dieser Affäre sehr trank und zeigt jetzt sein nervöses Leiden noch mehr als vorher. Was wäre wohl geworden, wenn er den Alibibeweis nicht hätte beibringen können, der Schul- dige nicht gefunden werden konnte? — (Ein liebenswürdiger Gatte.) Nach der „Daily Mail" erkannte der Oberste Gerichtshof von Newyork den Scheidungsgrund von Frau Milo H. Hattings an, die sich auf einen recht bemerkenswerten Brief ihres Mannes, eines landwirtschaftlichen Sachverständigen, berief. In diesem bat der galante Gatte seine Frau, nicht mit ihm über eine Lösnng der Ehe zu diskutieren. Nach- dem er genügend auseinandergesetzt hatte, was ihm an seiner Frau gefiel und wodurch sie sein Mißfallen er- regte, meinte Mister Hastings: „Dieser Brief ist nicht ge- rade träncndurchnetzt, aber unsere Heirat ist eben in die- sem Falle eine Folge meines geistigen Defekts. Tatsache ist, du ödest mich maßlos. Dn ödetest mich schon vom Fleck weg, aber ich war so einsam und liebebedürftig, daß selbst von einer Fran, die ewig Wirtschaft um mich macht, angeödet zu werden, meinen zerrütteten Nerven eine Er- lösung schien, und so wnrde ich dein Opfer." Der Brief endete mit einem Appell an feine Frau: „Wenn du glaubst, mir mit der Scheidung einen Gefallen zu wn, fpare dein Geld. Kauf' dir lieber ein neues Kleid." — (Das frische Ei.) In den Vereinigten Staaten herrfcht bekanntlich eine an Heißhunger grenzende Nach- frage nach frifchen Eiern, weil die „Eiermagnaten" ihre Ware in Eishäusern lagern lassen, um die Preise zu schrauben. Eine amerikanische Zeitung verspottet diese Zustände mit der folgenden kleinen Erzählung: Ein Junggeselle saß beim Frühstück in einem Gasthaus; der Kellner brachte ihm weiche Eier, und der Gast bemerkte, als er das Ei öffnen wollte, folgende Inschrift auf der Schale: „Wen es angeht! Sollte dieses Ei in die Hände eines anständigen jungen Mannes fallen, der Lust hätte, ein 18 Jahre altes Mädchen vom Lande, Tochter eines wohlhabenden Farmers, zu heiraten, so bitte an M. K. T. in Sparta, Newjersey, zu schreiben." Der Gast schrieb umstehend an die Unbekannte, teils weil ihm die forsche Art des Mädels gefiel, teils weil er des Alleinseins mllde war. Er bot ihr Herz und Hand an. Nach drei Tagen erhielt er die Antwort: „Sie kommen zu spät, bin bereits verheiratet und Mutter von vier strammen Jungen. — M. K. T., Sparta." Lokal- und PloMzial-Nachlichtm. Ein Beitrag zur Folkloristik Krains. Von Stantsgewerbeschullirofessur Otto Grebe nz. Von jeher haben zwischen den einzelnen Volksstäm- men auffallende Unterschiede in bczug auf Sprache, Sitte und Gewohnheiten bestanden, und weder die Vereini- gung unter einem gemeinsamen Oberhaupte, noch die ohne Rücksicht auf Zusammengehöriges vorgenommenen Länderteilungen haben darin eine wesentliche Änderung herbeigeführt. Es ist daher begreiflich, daß in Kram von einer ein- heitlichen Landeseigentümlichtcit nicht die Rede sein kann, denn das Land stand immer, soweit man zurück- blicken kann, unter auswärtigen Einflüssen, die hier unter den mannigfaltigsten Verhältnissen aufeinanderstießen. Speziell Kunst und Gewerbe, von welchen im nachfolgen- den die Rede fein foil, waren den verschiedensten Wand- lungen ausgesetzt. Die Durchforschung der bodenständigen Künste und Gewerbe Krains wurde in der heimischen Presse schon des öfteren angeregt, ohne daß auf diesem Gebiete bis heute ein wesentlicher Fortschritt zu verzeichnen wäre. Es mag sein, daß man dieser äußerst wichtigen üandesanaclegenheit nicht bis auf den Grund gegangen ist; es mag anch sein, daß man das Vorhandene, schein- bar Geringfügige der damit verbundenen Kosten nicht wert hielt oder endlich, daß man wegen Unkenntnis der Sachlage dem Lande jedweden Bestand einer heimischen Bauweise, einer solchen Kunst und Industrie überhaupt absprach mit der Motivierung: „Alles Vorhandene ist fremd." Doch sei dem, wie es wolle, das eine steht fest, daß speziell die gesammelten Volkslieder und Volksdichtun- gen sehr viel spezifisch Krainisches oder auf fremder Basis dem Krainer mundgerecht Gemachtes zutage ge- fördert haben. Und hat ein Volk in feinen Dichtungen und Gesän- gen so viel Urwüchsiges, so ist es ausgeschlossen, daß sich in dessen Kunst und Gewerbe nur Fremdes, unbeein- flußt von dem eigenen Geschmack und den eigenen Be- dürfnissen, lediglich in der übernommenen fremden Form erhalten hätte. Diese und ähnliche Erwägungen lassen unwillkürlich den Schluß zu, daß Aktionen solcher Art nicht das ge- wünschte Interesse entgegengebracht wird und daß man ihnen gerne die Rentabilität abspricht. Daß Krain einem Vergleiche mit Tirol, woselbst die Volksknnst in Österreich bekanntlich zur höchsten Blüte gelangt ist, nicht standhält, ist gewiß; dennoch birgt diefes Land viel mehr davon in sich als manche andere öster- reichische Provinz, woselbst auch das wenige Vorhandene schon anfgegriffen wurde uud vorteilhaft verwendet wird. Es hieße sich gegen jede bessere Einsicht verschließen, wollte man nicht sehen, daß sogar Staaten in der Er- haltung und Verwertung ihrer Aodenständigkeiten wett- eifern. Oder dürfte es nicht bekannt fein, wie viele Lan- desindustrien auf dieser Grundlage neu belebt, bezie- hungsweise neu gegründet wurden? Liegt es nicht auf der Hand, daß sich die Länder dadurch konkurrenzlose Erwerbsquellen sichern und überdies Stützen zur He- bung des Fremdenverkehres und des eigenen Volkstums schaffen? Und nun die Frage: Ist alles das für die hiesigen Verhältnisse unanwendbar oder braucht man derartiges nicht? Könnte man nicht auch hier die verborgenen Schätze heben und damit der bereits empfindlichen Vo- denflucht und Stadtsucht der Landbevölkerung erheblichen Einhalt tun? Könnte nicht auch hier, um es nochmals zu betonen, den eigenen Landeskindern durch Schaffung sicherer, fremdem Wettbewerb standhaltender Erwerbs- Laibacher Zeitung Nr. 56. 503 8. März 1913. quellen gchol,, l werden? Würde nicht das hochinteressante Land durch Beibehaltung ortsüblicher Bauweisen und Voltstrachten zu erhöhter Wirkung gelangen und die Be- völkerung selbst daraus Vorteile ziehen? Oder soll man noch weiter zur Wahrnehmung dieser ureigenen Landes- interessen auf fremde Hilfe warten, auf eine Hilfe, die sich am besten in jener bekannten Sammlung österreichi- scher und ungarischer Vaucrnhäuser offenbart, in der die gewiß tyftifchen und so verschiedenartigen krainischen Wohnhäuser mit einigen Gottscheer Bauten abgetan wurden? Derartige fremde Mißgriffe wären schließlich noch abzuwehren, wenn nicht die Tatsache, daß selbst Ein- heimische nicht immer Einwandfreies zu bieten vermögen, durch rinen Blick ins Land ihre Bestätigung fände. Mit Vorliebe schafft man im Bau- und Kunst- gewerbe Fremdes, das mit den Landeseigentümlichkeitcn Krains in keiner Weise in Einklang zu bringen ist. In neuerer Zeit will man — und das scheint wirklich der Fall zu sein — in blinder Begeisterung, die Eigen- heiten einzelner Landesgegendcn zum Nachteile dieser auf andere Orte übertragen. (5m derartiges Vorgehen bedeutet nichts anderes als cinen unverantwortlichen Eingriff in fremdes Eigen- tum. Gewiegte, landeskundige Fachmänner werden in jeder Gegend Krams Charakteristisches finden, das sich bei Neuprojektierungcn vorteilhaft verwerten läßt. Je mehr mall in diesem verhältnismäßig kleinen Lande bestrebt sein wird, die Eigenheiten der einzelnen Lcmdcbteilc lind Städte zu wahren, sie auf dem richtigen Plane zu belassen und daselbst entsprechend durchzubil- den, um so anziehender wird sich eine Neise durchs Land sowohl für Heimische als auch für Fremde gestalten. ?ln diesen Prinzipien wird auch die notwendiger- weise ins Leben zu rufende Fremden- und Wallfahrer- Andenlen-Industric bei den herzustellenden charakteristi- schen Landes-Kunsthandwerkserzeugnissen festhalten müs- sen. Wie reizlos und wenig Erfolg versprechend sind oft diese Fabrikscrzeugnisse! Nichts an ihnen verrät die kennzeichnende Eigenart des Volkes und des Landes, an da3 sie erinnern sollen. Bevor die Mittel zur Erhaltung und Hebung der heimatlichen Kunst und des heimatlichen Gewerbes be- sprochen werden sollen, erscheint es rätlich, sich noch die Frage vorzulegen, ob es nicht mögliche gewesen wäre, die vielen Mißgriffe auf diesem Gebiete zu vermeiden, oder ob sie nicht doch mildere Formen angenommen hätten, fall? man sich vorerst volle Klarheit darüber verschafft hätte, wos im Lande an wertvollem Bestand vorhanden sei. Wie vielen Irrungen wäre vorgebeugt worden, wenn nicht so manches in der Öffentlichkeit hochgepricfcn wor- den wäre, was bei richtiger Beurteilung der Sachlage besser unterblieben wäre! Leider M es abermals nötig, auf andere Länder hinzuweisen, wo das Folkloristischc viel einheitlicher und präziser als hier zutage tritt. Längst haben es sich einzelne Personen, aber auch ganze Korporationen zur Aufgabe gemacht, hierüber in ihren Ländern an Ort und Stelle durch planmäßige Aufnahmen Gewißheit zu schaffen. Mit dieser jahrelan- gen, mühevollen Arbeit wurde nicht allein den in Be- tracht kommenden Gewerben und Künsten gedient, son- dern es wurde auch manches nützliche Objekt, das bereits daran war, dem Vandalismus oder einer anderen Ver- heernng zum Opfer zu fallen, für die Nachwelt wenig- stens in der Form gerettet. Überdies fanden bei den er- forderlichen Vereisungen kundige Augen vieles, was zur Komplettierung des Ganzen geeignet zum Ankauf für Sftezialsammlungen empfohlen werden konnte. In Kram wurde diesfalls viel versäumt. Diese Versäumnisse könnten aber dadurch wettgemacht werden, daß die in anderen Provinzen gesammelten Erfahrungen bei den Aufnahmen und Sammlungen hierzulande voll zur Verwertung gelangen könnten. Denn es ist klar, daß derartige Aufnahmen und Sammlungen, auf die ein- zelnen Stildistrikte des Landes richtig verteilt, chrono- logisch geordnet und sich dabei wissenschaftlich, künst- lerisch, technisch nnd praktisch lückenlos ergänzend, auch für Kram die unbedingt notwendige Grundlage für die Erhaltung und Hebung der landesüblichen Künste und Gewerbe bilden werde, denn eine Förderung, über deren Wesen man nicht im klaren ist, fällt in fich zufammen. Die vielen Eingelbestrebungen im Lande, die fich auf derartige Sammlungen und Aufnahmen erstrecken, verdienen wohl lobend hervorgehoben zu werden. Wirk- lich Zweckdienliches werden jedoch nur berufene Fakto- ren schaffen können, die aus dem Kreise der heimatlichen Gelehrten, Künstler, Techniker und Praktiker die nötige», Fachmänner heranzuziehen und mit der Aufgabe zu be- trauen haben werden, alles durchzuforfchen und aufzu- nehmen, was für die Erhaltung und Hebung hiesiger, landesüblicher Künste und Gewerbe vom Werte ist, und zwar bevor noch durch weitere Verheerungen diese Heilig- tümer des Landes vernichtet werden. Wird auf diese Weise der Grund zu einer Förde- rungsaktion gelegt sein, dann wird eine zu schaffende Förderungsstelle den Impuls zu weiteren Aktionen geben müssen und als Seele des Ganzen dahin zu wirken ha- ben, daß dem Kinde schon in der Schule die Liebe zum Heimatlichen eingeimpft, die Bevölkerung durch entspre- chende Vortrage über den Wert des Heimatlichen aufge- klärt und sowohl einzelneu Personen wie auch Gemein- den und Körperschaften bei Verfolgung der angeführten Ziele unentgeltlich mit Rat und Tat an die Hand ge- gangen werde. Sollte sich endlich die Notwendigkeit herausstellen, der ganzen Aktion einen entsprechenden Nachdruck zu ver- leihen, so mühte von der einzusetzenden Beratungskor- poration aus auch ein dcmentsprechendes Landcsgcsctz be- raten, ausgearbeitet und dem Landtage zur Beschluß- fassung unterbreitet werden. Dadurch würde sich Verdienst und Wohlstand im Lande heben und mancher einfache Mann zur Schaffung von Schönem angeregt werden; denn nur in unbedräng- ter Lebenslage ist der Geist imstande, sich für alles Schöne und Gute zu begeistern und ihm nachzustreben. Laibachcr Gcmcindcrat. ^ Wie bereits erwähnt, hat der Laibacher Ge- mcinderat in seiner vorgestrigen Plenarsitzung den von emei! lu! ll(»c gewählten Ausschüsse, dessen Obmann Gemeinderat Prof. Reisn er gewesen, ausgearbeiteten Entwurf einer neuen Dienstpragmatik für die Beamten des Sladtmagistrates in Beratung gezogen und nach kur- zer Debatte einhellig genehmigt. Als Referent fungierte Gemeinderat Neisner, welcher zunächst konstatierte, daß der Ausschuß in allen wesentlichen Fragen einhellige Beschlüsse gefaßt habe. Minoritätsanträgc des Gemeindcratcs St au dach er liegen bloß hinsichtlich der Paragraphe 1 und 6 vor. In wesentlichcn Punkten habe der Ausschuß auch die Wün- iche der Beamtenschaft berücksichtigt. Der Referent gab der Meinung Ausdruck, daß von der Verlesung des Ent- wurfes, der den Gemeinderatsmitgliedern im Drucke vor- liegt, abgesehen werden könne, und stellte den Antrag, dafj über den Entwurf die Generaldebatte eröffnet wer- den möge. In der Generaldebatte ergriff Gemeinderat Lil- leg das Wort, der zunächst hervorhob, daß die vorlie- gende Pragmatik allen modernen Anforderungen ent- spricht, welche von autonomen und Staatsbeamten teils mit Erfolg, teils ohne Hoffnung auf Erreichung eines Erfolges angestrebt werden. Die Mitglieder des Aus- schusses seien nicht von politischen Rücksichten geleitet worden und hätten sich vielmehr stets das Ziel vor Augen gehalten, die wirtschaftliche Lage des Beamten möglichst Zu verbessern. Die Pragmatik beinhalte außer dem allge- meinen Teile Bcstimmnngen über die Qualifikation, über die Rechte und Pflichten der Beamtenschaft. Pflichten und Rechte feien genau fixiert, so daß jeder Protektion der Boden entzogen sei. Der Entwnrf einer neuen Prag- matik umfasse auch das Zeitavancemcnt, welches für den Beamten von besonderer Wichtigkeit sei, da es ihm er- mögliche, für die ganze Dienstzeit mit genau fixierten Be- zügen zu rechnen. Das Zeitavanccment umfaßt drei Gruppen: ^, N und tt, ill welche die Beamten nach ihrer Vorbildung eingereiht werden. In die Gruppe ^ werden die Beamten mit akademischer Vorbildung eiw gereiht, welche nach 19 Jahren die Bezüge der siebenten Nangsklassc erreichen. Für die Gruppe V, welcher die Rechnungs- und Kassabcamtcn angehören, wird die Ab- solvicrnng einer Mittelschule sowie die Ablcgung der vor- geschriebenen Fachftrüfung gefordert. Die Beamten diefcr Gruppe erreichen in 22 Jahren die Bezüge der achten Rangsklasse. In die Gruppe l,i rangieren die Kanzlei- beamtcn, für welche die Absolvierung der unteren Klassen einer Mittelschule normiert erscheint. Die Beamten dieser Gruppe erreichen die Bezüge der achten RanaMassc in 28 Jahren. In den Übergangsbestimmungen wird fest- gesetzt, daß die Beamten, welche in verschiedenen Grup- pen ihren Dienst ableisten, wenn auch ihre Vorbildung den Anforderungen für diefe Gruppe uicht entspricht, dennoch der Begünstigungen teilhaftig werden, welche die neue Dicnstftragmatik den einzelnen Gruppen bietet. Die Kanzlcibcamten mit vollständiger Mittelschulbildung werden beim Übergang -"l ixü-^m-nn in die Gruppe 11 eingereiht. Eine wichtige Neuerung bilden die Nestim- mungen über die Vcrsorgunasgenüssc der Beamten, deren Witwen und Waisen, welche eine wesentliche Erhöhung erfahren. Redner begrüßt namens feiner Parteigenossen die Vorlage der neuen Pragmatik lind gab der Hoffnung Ausdruck, daß die städtischen Finanzen ill nicht ferner Zukunft auch eine Erhöhung der Stammbezüge ermög- lichen werden. Die Partei, der er angehört, habe durch ihre Mitwirkung beim Zustandekommen der Pragmatik bewiesen, daß ihr das Wohl der Beamtenschaft am Herzen liegt. Die Anschuldigung, daß die Slovcnische Volks- partci der Beamtenschaft prinzipiell feindlich gesinnt sei, sei eine leere Fabel, Gemcindcrat Pammer erblickt in der neuen Dicnstpragmatil etwas dauernd Gutes. Die Stadtge- meinde Laibach habe gezeigt, daß sie berechtigte Wünsche der Beamtenschaft gebührend zu würdigen wisse. Redner wolle sich nicht über das Wesen der Pragmatik verbreiten, wünscht jedoch, daß im s 1 für die Beamten die Kennt- nis beider Landessprachen festgesetzt werde, wenn man scholl nicht ausdrücklich die Kenntnis der deutschen Sprache verlange. Die Bestimmung des § 6, wonach anch Studienzcugnisse, welche an kroatifchen oder bosnischen Lehranstalten erworben wurden, zu berücksichtigen seien, wäre zu streichen. Im § 32 wünscht Redner die Syste- misierung der Stelle eines technischen Beamten mit dem Titel „städtischer Obcrbaurat" mit den Bezügen der 6. Rangsklasse. Vizcbürgermeister Dr. Triller bezeichnete die umliegende Pragmatik als ein modernen Prinzipien ent- sprechendes Werk, welches der Beamtenschaft entspre- chende materielle Rechte und soziale Begünstigungen zu- erkennt. Alle politischen Parteien hätten an dem Werke mitgcwiltt und hiebci ihre besonderen Partcimtercssen in den Hintergrund gestellt. Die neue Pragmatik sei nicht etwas Unabänderliches; die Praxis werde zeigen, ob sie nicht euua m manchem Belange ungerechte Vestimmun gen enthält. Derlei Mängel werden sicherlich beseitigt werden. Redner besprach den geäußerten Wunsch aus Kreieruna. einer Dienststelle der 6. Nangsklassc für die teclmischen Beamten lind glaubt, daß diesem Wunsche in nächster Zutunst werde Rechnung getrageil werdeil kön- nen. T'er Vizebürgermcister stellte schließlich den Antrag, der Gtmeiudcrat möge den Entwurf einer neuen Dienst- ftraginatit en bloc? annehmen. Gcmemdcrat Kristan bezeichnete die Dienstprag- matit als cinen großen Fortschritt und erklärt sich bereit, für den Entwurf des Ausschusses zu stimmen, wobei cr ans oic Bemerkung des Vizcbürgermeisters hinwies, daß die neue Pragmatik nicht ein Pretefakt bleiben dürfe. Ncferent Gemcinderat Reisn er konstatierte in seinen Schluhbemcrkungcn mit Befriedigung, daß der Entwurf cmer neuen Dienstftracnnatik allseits freundliche Aufnahme gefunden habe und verwies auf eine wichtige Bestimmung, welche in keiner anderen Pragmatik enthal- ten sei, auf die Bestimmung nämlich, daß alle Bezüge des aktiven Beamten i» die Pension angerechnet werden. Die Waiscnvcrsorgungsgeiiüsse seien um Hl) Prozent erhöht wurden. Redner besprach die vorgebrachten Abänoerungs- antrage und bat schließlich, den Entwurf in der Fassung des Ausschusses annehmen zu wollen. In der hierauf durchgeführten Spezialdebatte wurde der Entwurf in der Fassung des Ausschusses angenom- men und die Systemisicrung einer Dienststelle- in der li. Rangsklcisse für technische Beamte beschlossen. Der B l", r g e r m c i st e r erklärte, daß er die neue Pragmatik der Bevölkerung durch Affichierung bekanntgeben werde. Die neue Pragmatik erwächst in Rechtskraft, wenn gegen dieselbe eine Beschwerde nicht eingebracht wird. Gemcindcrat Prof. Reisn er referierte fodann über den Entwurf einer neuen Dienstpracunatik für die Beamten der städtischen Sparkasse. Auch diese Pragmatik wurde nach längerer Debatte mi! unwesentlichen Ände- rungen in der Fassung des Ausschusses angenommen. Der materielle Teil der Pragmatik tritt mit 1. Juli 1912 in Wirksamkeit. Bürgermeister Dr. Tatx'-ar gab seiner Befriedi- gung über das einträchtige Zusammenwirken aller Par- teien Ausdruck und sprach namentlich den Mitgliedern des Ausschusses für die Ausarbeitung der Pragmatik den Dank aus. In der hierauf folgenden vertraulichen Sitzung wurde der Hilfsbeamtc Ianko Slaftniöar zum Prak tikantcn der städtischen Buchhaltung ernannt. — (Neue Organisation der Kriegsschule.) Seine Majestät der K aijcr hat die Neuauflage der „Orga- nisation der t. und t'. Kriegsschule" und der „Organischen Bestimmungen sür den Gcneralslab" genehmigt. Die bis- herigen provisorischen Bestimmungen für die Organisa- tion der Kriegsschule und die provisorischen organischen Bestimmungen für den Gencralstab vom Jahre 1907 werden außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig ist ein neuer Behelf „Bestimmungen über die Aufnahmeprüfung für die k. und k. Kriegsschule" zur Ausgabe gelangt. — «Melsbera als Garnison.) Am 21. d. M. wird beim Gcmcindcamte in Adelsberg eine Kommission zur Verfassung eines Nauprogrammes für eine dortselbst zu errichtende .Kaserne zusammentreten, an der auch Obei> stabsarzt 2. Klasse Dr. Anton 3 u s c n b c r g e r, Chef- arzt der 28. Infanterie Trupftendivision, und Militär- obertierarzt Anton Rosenbergcr teilnehmen werden. — (Erledigter Militär Stiftnngövlai,.) Aus der Max und Johanna Nosenthal - Stiftung für bedürf- tige Angehörige der k. k. Landwchrintendanlur und Offi- ziere, bezw. Beamte des k. f. Laildwehrmontur- und -waffcndeftots, gelangen drei Plätze zu je 417 X 33 /l mit einmaliger Veteilung für ein Jahr in halbjährigen, am 1. Mai und l. November fälligen Dckursivraten zur Besetzung. Anspruch haben: 1.) im aktiven Dienste ste- hende Intcndanlurbcamte der k. k. Landwehr, dann Offi- ziere, bezw. Beamte des k. k. Landwchrmontur- und -Waffendepots, insofern sie durch Krankheit und sonstige Unglücksfällc, die ihre Person oder Familie betroffen, einer Unterstützung bedürfen; 2.) die im aktiven Dienste befindlichen vorbezcichneten Personen, insofern sie behufs standesgemäßer Erziehung ihrer Kinder mit Rücksicht auf ihre Einkommens- und Vermügensverhältnisse einer Aushilfe bedürfen; 3.) die vorbezeichncten im Ruhestand befindlichen Personen unter den im Punkte 1 angeführten Voraussetzungen: 4.) die vorbezeichncten im Ruhestand befindlichen Personen behufs Erleichterung der Erzie- hung schulpflichtiger Kinder, eventuell die Kinder bereits verstorbener derlei Personen, nach Maßgabe der Bedürf-