kaibacher W o ch e nb l a t t zum Ruhen und Vergnügen. Nl0. 2. Freytag den ,o. Ianua r l3»7. Liebe gewinnen und Liebe verdienen. ^lnter die schätzbarsten Güter des Lebens gehört unstreitig die Achtung und Liebe sei> ner Zeitgenossen; denn beyde sind sehr ergiebige Capitalien — und rentiren sich noch, wenn ihr Besitzer schon im Grabe »lodert, durch günstigen Nachruhm. So wie es aber bey der Erwerbung jedes anderen Gutes rechtlich oder rechts-nndrig zugeht, so bey der Erwerbung der -Liebe und Achtung der Menschen. Sogar eme Verjährung findet hier statt, und sichert den oft unrechtmäßigen Besitz durch dle zähen und darum schwer zu lenkende» Meinungen der Menschen. Ist nun die Licbe der Zeitgenossen einmal erworben, so könne,szwey Falle statt ynoen; entweder man hat sie gewon-yeu, oder man hat sich dieselbe ver« dient. Das Wort gewinnen hat immer den Nebenbegnff des Zufalls in sich, der zum Gewinnste Mitgeholfen; schließt aber ein rechtliches Bestreben nicht aus. So sagt man, zum Beyspiel: er hat ein Gut gewonnen, er hat sich der Menschen Gunst gewonnen. Das Wort verdienen schließt allen Neben« begriff von Zufall aus, kann aber auch mit Hmßcht auf die Art wie etwas ver«i dient worden, ein Verdienen streng genommen (ein Würdig werden) oder ein Erdienen oder Erwerben bezeichnen. So sagt man, zum Beyspiel: Er hat sich einen Gulden verdient, er hat die Achtung der Vorgesetzten verdient. Es ist sonderbar, daß sich g e win-nenund sichverdienen noch schärfer unterschieden werden, wenn man das sich wegläßt, und spricht: Dieser hat die Liebe gewonnen, jener hat sie verdient. Beydes setzt eiu Streben voraus ; doch das Letztere nur ein rechtliches, vom Zufall und Glücke unabhängiges Streben. Dem zufolge kommt auf die Ars und .l die Mittel, deren man sich bey Erwer- r bung de^ Liebe, uno T^htung, bedient, t dient, das Meiste an. ^Nur wenn diese l rechtlich, d. h. mit den Gesetzen der Ver- c nunft, der Religion uno des Staates über-- r einstimmend gefunden werden, ist die sr» t worbene Liebe eine verdiente. Auss l« serdem ist sie Wr';ew« gewonnene, l Es gibt aber der unsittlichen oder unerlaub- ? te» Mittel zur Erlangung der Liebs sei- r ner Zeitgenossen, mancherley, z. B. der ( vorgesetzte läßt etwas von der Strenge ge- t gen seine Subalternen nach , die Ehre und z Gewissen von ihm fordern, und erwirbt sich o dafür die Titel cincs gütigen, gnädigen, l' nachsichtsvollen Herrn. Der Subalterne a läßt sich mit Verlaugnung seiner Menschenwürde, oder seiner Amtspflicht zu allerhand Diensten gebrauchen,, die nicbt gerade seines Llmtes sind, und erwirb: sich den Ruhm eines gefälligen, schmiegsamen, brauchbaren Dieners. Gleiches findet zwischen Ael-te>n und Kindern, Lehrer und Schülern, s. w. statt. Eiu guter Vater, Lehrer heißt darum oft nicht mehr als ein schwacher Vater, ein s ch w acher Lehrer. Und so heißt ein guter Gesellschafter oft nicht viel wehr, als ein Mann, der mit Verläugnnng seiner Würde den Spaßmacher, Zuträger, mir Verlaugnung der Wahrheit, den Schmeichler, Schmarotzer und Neuigkeits-kramer macht. Es gibt noch eine Mcnge solcher Aemtchen, die aber für den Verwalter derselben weniger entehrend scheinen und es oft auch gar nicht sind, z. V. in einem Hause der Bestellte für tausend kleine Angelegenheiten zu seyn, die sicb nicht leicht unter eine Rubrik bangen lassen, die Geheimnisse der Gnädigen, wie ihren zu z tragen, den Juden oder den bestellen, ,Nahmens- Ge-U buvts s und Neujahrstagswünsche herum zu tragen, auch wohl für sür solche Ge- .legenheiten ein paar Vsrschen zu fabrici-rcn, eins Musik zu arrangiren, den dritten Mann im Tapptarok zu machen, die nöthige Verbindung mit Geldverleihern oder dem Versatzamte zu unterhalten, und was dergleichen mehr ist. Wisoiel bey derl<'y Geschäften auf die äussere Figur und auf Gewandheit des Geistes ankömmt, .liegt am Tage j so'.wie, daß oft ein bloßer Zufall uns gerade nntsr diejenigen führt, die solche Verdienste zu schätzen wissen. So gewinnt denn Mancher in kurzer ^eit die Liebe eines Hauses, und dann emes zweyten und dritten, bis er der Liebling oder das unentbehrliche Möbel eine? gs- -wissen Ciasse von Menschen nnd Häuern ae^orden. — ^a^ wer deraleicken, Arti?.^ - kel zu Markte führen kann , darf ziemlich Y bestimmt auf Absatz rechnen, - Ganz anders geht es zu mit dem: 5 Liebs verdienen. Denn dieses - setzt erstens voraus , daß der Verdienen^ - sich nur solcher Mittel bedient, die mit « seiner Ehre und seinem GZwissen v^ein-t barlich sind- 2) Daß diejenigen, welche r Liebe ertheilen, sie nur solchen Be mvbsrn 3 ertheilen, welche sich bey derB3werl>u<:g la^ue l tsrer Mittel bedienen. Di-se beyden g Fälle treffen aber lüder nicht immer zu-, saMlUeu, und darum geschieht es, daß 1 die verdiente Liebe schwer zn erwcr- - ben ist. So ringt der strenge Vorgesetzte e oft Jahrs lang um die Liebe seiner Unters - gebenen, bis die heilsame Strenge ihre - woh'thatigen Folgen nacbweiftt. Und z mancher Uulergebene ringt oft sein Lebe? - lang um dle Lleb: des Vorgeftyten, und t erst nach dem Tode wird ihm ein l be, , volles Andenken. Die Kinder, die ^chlls , ler — lieben den strengen Vater s,er Leh» 1 rer eist, nachdem sie einsehen gelernt, wie - schr.cN)r oder we» niger frey geblieben sind, wodurch unser Verstand entwickelt und unsere Thätigkeit geweckt wird. Die Unwissenheit ist in Absiä t auf die Glückseligkeit des Wilden eben das, was Weisheit uno WWnschaft in Beziehung auf die Glückseligkeit des civillsir-ten Menschen sino. Man darf einem Europäer nur sagen , daß er zu immerwährender Sclaverey verurthellt sey, so wcrde« durch dieß einzige Wort auf einmahl alle Ideen von Eigeuthum, Unabhängigkeit, Freyheit, im Gegensa^e mit den Vorstel, lungen von Armuth, Unterdrückung uud Tyrannen erwachen; er wird im voraus die Entbehrung aller der Wohlthaten/ deren Genuß dem Wilden von jeher beynahe gänzlich versagt gewesen ist, und zugleich alle die Leiden empfinden, die der letztere nur mit dem Verluste der Freyheit selbst inne wird. Gewöhnlich wird den neu angckome-mn Afrikanern eine acht-oder zehntägige Rast gestattet, während welcher man die größte Sorgfall anwendet, sie in moralischer Hinsicht aufzuheitern, und in physischer zu reinigen, um sie sofort, an Gemüth und Körper gesund, in ihre neue Laufuahn einzuleiten^ Einige Einwohner treiben sogar ihre zärtliche Aufmerksamkeit so weit, daß die alten Cameraden der neuen Ankömmlinge in Gegenwart der Letztern durchaus nicht gestraft oder oder gezüchtiget we^dm. Eine Schonung, die als ein rührendes Beyspiel von Menschlichkeit bemerkt zu werden verdiente, wofern man nicht wüßte, daß sis ans einer ganz andern Quelle entspringt. Sie werden als der Küche ihres Herrn gespeist, bleiben den Tag hindurch von allen Geschäften frey, und beymAnbrun der Nacht dürfen sie mit demjenigen gesellschaftlichen Vergnügen , wofür sie am meisten eingenommen scheinen, nähmlich dem Tanze sich unterhalten , den sie dann nach ihrem eigenen Gesänge ausführen. Ich beschränke mich für diesmahl darauf, die Neger Ihnen in dem für sie und uns interessantesten Augenblick darzustellen, nähmlich dem Augenblicke ihrer An. kunft in eincm Lande, das sie künftighin, wenn nicht mit ihren Thränen, doch n,ic ihrem Schweiße befeuchten sollen. In der That habe ich zu meiner nicht geringen Verwunderung die Bemerkung gemacht, daß ein Neger höchst selten weint, so Viele Veranlassungen ihm auch dazu gegeo ben werden. Bey ihm ilußirt sich der moralische Schmerz durch ein tiefes Stillschweigen , der physische dvrch Geschrey oder Gesang. Das Weinen überläßt er dem' furchtsamern sanfteren Geschlechte, das gerade durch die Aeußerung seiner Schwäche sich der Herrschaft des Stärkern am sichersten entzieht. Bey den Mgern findet daher auch jk, ner Mißbrauch der Thränen nicht Statt, der den Herr von La Rochesoucault Vers anlaßte, zu sagen : ,,Wenn man bey uns weint so geschieht es, um den Ruf eines zärtlichen Herzens zu erlangen, um selbst auch beweint zu werden, um der Schande, nicht zu weinen auszuweichen " Nicht weniger fiel es mir auf, daß man weder in ihren verschiedeneu Stellungen, noch in den ihrer Tanzart eigenen Wendungen irgend etwas von den schwerfälligen, gezwungenen und linkischen Wesen, oder der manchmahl so lächerlichen Ziere-rey gewahr wird, die man bey unsern Volkstänzen bemerkt. Ihre ganze Haltung ist natürlich, gefällig, ja edel. Wenn man nun dagegen in Betracht zieht, welche Lungenanstrengung, Grimassen und Verdrehungen es unsere Tanzmeister koster, um uns auch nur eine Verbeugung machen zu lehren, so gerath man in Versuchung zu glauben, daß wir entweder schlechter or-ganisirte Wesen, als die Wilden, und, so zu sagen, sehr schwer abzurichtende Affen sind, oder daß unsere Lehrmeister in diesem Fache elende Charlatane, oder endlich die Grundsätze der Kunst, die sie zu ihrem Beruft machen, der Natur schnurstracks entgegengesetzt sind. (Die Fortsetzung folgt.)