Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts in Ljubljana In meinem Beitrag werde ich mich hauptsächlich auf die italienische Oper in Ljubljana konzentrieren1 obwohl auch deutsche Theatergruppen,2 die ich am Rande erwähnen werde, ebenfalls interessante Opernvorstellungen in dieser Zeit nach Ljubljana gebracht haben. Eine erste Möglichkeit, die italienische Oper in Ljubljana kennenzulernen, gab es schon nach 1615. Das „Inventarium Librorum Musicalium Ecclesiae Cathedralis Labacensis“ aus dem Jahr 1620 führt Giulio Caccini’s Oper Euridice an, einen Druck aus 1615. Am Ende des 16. Jahrhunderts sind die Jesuitenspiele in Ljubljana dokumentiert, die in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts immer reichere szenisch-musikalische Ausstattung erhielten.3 Von 1660 an haben in der Hauptstadt Krain italienische Musiker und Sänger sowie heimische aristokratische Dilettanten Opernvorstellungen veranstaltet. In diesem Jahr kam Kaiser Leopold I. nach Ljubljana. Anläßlich dieses Besuches spielte in Ballhaus des Auersperg Palais eine »Comedia Italiana in Musica«. Nach 1733 gastierten in Ljubljana verschiedene italienische Operngruppen zuerst mit opere seria (Angelo und Pietro Mingotti 1740, 1742), später überwiegend mit opere buffa, was Entwicklung der Oper entspricht. Die erste heimische Oper in italienischer Sprache schrieb Clemente Giuseppe de Bonomi, der Kapellmeister („attuale Maestro di Capella di Sua Eccelenza il Sig. Francesco Antonio Sigifrido Conte“) des Grafen della Tore e Valsassina; sie wurde im Jahre 1732 aufgeführt. Das war Il Tamerlano - tragedia per musica („da rappresentarsi in Lubiana nel Palazzo del Vice Dominato l’Anno 1732“). Im Vorwort geht Bonomi auf seine familiäre Bindung innerhalb unseres Landes ein. Er berichtet, daß seine Eltern in Krain zu Hause waren („Con il presente peró Drama non altro intendo, che cominciare ad onorare i deboli parti del mio ingegno in questo Inclito Ducato / ove i miei Antavi non solo ebbero in sorte di averne la Cuna, ma per piu Secoli goderono un felice soggiorno: / col pregiatissimo nome dell’Eccelenza Vostra“).4 Nach dem Jahr 1732 häufen sich die Angaben über die Oper in Ljubljana. So wurde im Jahr 1733 die Oper Euristeo von Johann Adolf Hasse nach dem Libretto von Apostolo Zeno aufgeführt. Das Libretto wurde in Venedig für Laibacher Aufführung gedruckt. Die 133 Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende ... 1 Eine grundlegende Arbeit lieferte Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani v preteklih stoletjih [Il teatro italiano a Ljubljana nei secoli passati], Ljubljana 1973. 2 Vgl. Dušan Ludvik, Nemško gledališèe v Ljubljani do leta 1790 [Deutsches Theater in Ljubljana bis 1790]), Diss., Ljubljana 1957; Joe Sivec, Opera v Stanovskem gledališèu v Ljubljani od leta 1790 do 1861 [Die Oper im Ständischen Theater zu Ljubljana von 1790 bis 186]), Ljubljana 1971; Ders., „Opera na sporedih nemških gledaliških drub v Ljubljani v obdobju klasicizma“ [Opera in the Programmes of German Theatrical Companies in Ljubljana in the Period of Classicism], in: Muzikološki zbornik [Musicological Annual] XXV. (1989), S. 133; Peter Radics, Die Entwicklung des deutschen Bühnenwesens in Laibach, Ljubljana 1912. 3 Niko Kuret, Ljubljanska igra o paradiu in njen evropski okvir [Laibacher Spiel über der Paradies und sein europäischer Raum], in: Razprave [Essays] SAZU [Slowenische Akademie der Wissenschaften und Künste] Heft IV., Ljubljana 1958; Janez Höfler, Glasbena umetnost pozne renesanse in baroka na Slovenskem [Die Musik der Spätrenaissance und des Barock in Slowenien], Ljubljana 1978. 4 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, 143ff. kulturellen Einflüße des Südens machen sich nun in Ljubljana, das seit jeher ein wichtiger Handelsknotenpunkt war, deutlich bemerkbar. Besonders angesehen waren die italienischen Operngesellschaften von Angelo und Pietro Mingotti, die in den Jahren 1740 und 1742 mit Werken von Hasse (Artaserse), Antonia Caldara, (Rosmira nach dem Libretto eines unbekannten Autors), mit Didone abbandonata, Demetrio usw. in Ljubljana aufgetreten sind. Zwischen den Opern spielte man auch Intermezzi, so z.B. im Jahre 1740 das Intermezzo Pimpinon e Vespetta in Terme musicali; Angaben über den Librettisten oder Komponisten existieren nicht. Auch andere italienische Gruppen traten auf, so z.B. 1747 »ein Wellischer operist bezalt von Comedi Hauss am Rathhauss« mit 8 Opern;5 derartige Angaben findet man auch für die nächsten Jahre. Im Jahre 1757 lernte das Laibacher Publikum die opera buffo durch zwei Werke von Galuppi auf einen Text von Goldoni kennen, und zwar L’Arcadia in Brenta und L’Impero delle donne. Der Begriff »Dramma giocoso per musica« begegnet man von nun an ständig bei italienischen Gastspielen.6 Die italienischen Theatergesellschaften haben in Ljubljana zunächst vermutlich Komödien in der Art der »commedia dell’arte« aufgeführt. Die »wellischen Comedianten« gaben aber auch Tragödien was ein Theaterprogram aus 1761 belegt: »Die hier angekommene Italiänische Comödianten versprechen unterschiedliche Comödien, Tragödien, Opern, und Burlesquen.«7 Unter diesen Aufführungen wurden auch Goldonis berühmte Komödie La locandiera im Jahre 1761 oder Voltaire’s Nanina, wahrscheinlich im Jahr 1765 aufgeführt. 1763 konnten die Laibacher die Oper Il Mercato di Malmantile von Domenico Fischietti sehen. Die Vorstellungen fanden im Auersperg Palais, im Rathaus und im Landhaus statt. Eine Theatergebäude bekam Ljubljana erst im Jahre 1765. Der Grund dafür war der vorgesehene Besuch des Kaisers Franz Stephan von Lothringen und der Kaiserin Maria Theresia. Zu diesem Besuch kam es jedoch nicht, denn der Kaiser starb in Innsbruck, die Kaiserin kehrte zurück nach Wien. Dennoch bekam Ljubljana das Theater. Das neue Ständische Theater war mit seinen 800 Sitzplätzen recht groß, bedenkt man, daß Ljubljana damals lediglich 8000 Einwohner hatte. Gebaut hatte es der Stadtarchitekt Lovrenc Prager in nur sechs Monaten aus der alten Reithalle. Auch für Bälle wurde das neue Gebäude benutzt. Der Bau (Logen, Gänge, Stiegen sowie der gesamte Bühnentrakt) bestand bloß aus Holz. Der Zuschauerraum zählte nebst einer Hofloge zu ebener Erde in zwei Stockwerken fünfzig sehr enge Logen. Die innere Ausschmückung des Hauses besorgte Wiener Maler Johann Gfall (geb. 1725 in Tirol, Mitglied der Akademie der bildenden Künste, wo er 1750 sogar den Preis »wegen der wohlgelungenen Zeichnung eines Hoftheaters« erhalten, ein Schüler des berühmten Galli-Bibiena aus Bologna).8 Das Verfügungsrecht hatten die Landstände, daher auch Name Standestheater. Das Engagement der Theatergruppen war Sache des Standesausschußes, in dem bekannte 134 PRIMO KURET (1935) 5 Ebd., S. 213. 6 Es ist interessant, daß schon die erste Erwähnung der Oper in Ljubljana im Jahr 1669 die Bezeichnung trägt »Dramma giocoso per musica« (Lorenzo de Curelizch), zitiert nach Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 226. 7 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 259. 8 Galli-Bibiena beeinflußte die gesamte europäische Theaterarchitektur und Inszenierungskunst des Barock. Seine Hauptentfaltung war in Wien. Persönlichkeiten, so z.B. Grafen Auersperg, Barbo und Hohenwart vertreten waren. Die administrative Arbeit leistete der Theaterinspektor, dies war viele Jahre lang Joseph Leopold Wieser v. Berg.9 Trotz mancher ungünstiger Verhältnisse, die in der Hauptstadt des damaligen Herzogtums Krain die Entfaltung der Oper beeinträchtigten und einige Male sogar die Kontinuität der Aufführungen gefährdeten, hielt das Ständische Theater doch Schritt mit allen wesentlichen Stilwandlungen, die im Reich der Tonkunst vor sich gingen. Obwohl das Opernrepertoire in Ljubljana nicht so mannigfaltig und umfangreich war wie es in den Residenzen sein konnte, machte sich das Laibacher Publikum dennoch mit dem musikdramatischen Schaffen der bedeutenden Komponisten wie dem der großen Theater vertraut. Leider sind die Belege in den Archiven über die erste Jahre des Theaters nicht sehr reichhaltig. Eine wichtige Quelle sind erhaltene Libretti, die in Ljubljana oder in Venedig für Vorstellungen in Ljubljana gedruckt worden sind sowie einige Theaterprogramme. Im Jahre 1766 gastierte in Ljubljana eine italienische Gesellschaft mit zwei Opern, wovon ein Libretto erhalten geblieben ist, nämlich das der Galuppi-Oper L’Amante di tutte, die damals überall sehr beliebt war. Das Laibacher Exemplar des Librettos ist der Gräfin Auersperg, der Gattin von Heinrich Auersperg, der für den Ausbau des Theaters verantwortlich war, gewidmet. Das Bühnenbild schufen die Wiener Maler Gfall und Mittermayer. Das Libretto (128 Seiten) dieser Oper ist zweisprachig gedruckt: links ist das italienische Original in Versen, auf der rechte Seite die deutsche Übersetzung in Prosa. Unter der Widmung, die auch die Angabe »Ljubljana am 22. November 1766« enthält, erscheint der Zusatz: »Umilissimi Ossequiosissimi l’Impresario, e Virtuosi del Teatro di Lubiana« [Die Gesellschaft deren Italiänischen Sing-Spieler allhier«]. Der Impresario ist leider unbekannt, doch die Namen der Sänger sind genannt (Teresa Alberis, Domenica Silvestri, Maddalena Piacenti, Giovanni Guadagnini, Francesco Roselli, Maura Coronati, Cesare Feretti). Aus der Kenntnis einer tschechischen Quelle10 können wir vermuten, daß es sich eventuell um die Operngesellschaft von Giuseppe Bustelli gehandelt haben könnte, die im Sommer und im Herbst 1766 in Prag gewesen ist, wo sie in Königlichem Theater mindestens sechs Opern spielte, auch L’amante di tutte. In Prag ist - wie in Ljubljana - das Libretto zweisprachig (italienisch-deutsch) gedruckt. Diese Vermutung stützt sich darauf, daß die Theatergruppe der Reise nach Prag durch Ljubljana gekommen sein muß. Auf der anderen Seite ist die Übersetzung nicht eindeutig. In Prag heißt die Oper Der Liebhaber aller Frauen, in Ljubljana Der in alle Frauenzimmer sich verliebende Liebhaber, bezeichnet als »Ein Lust- und Singspiel«, die italienische Bezeichnung ist »dramma giocoso per musica«. Der Laibacher Übersetzer (nur mit J. J. C. H. singniert) entschuldigt sich am Ende wegen seiner Übersetzung: »Verzeih! und denk: es sind der Feder erste Thaten, in diesen rauhen Feld.«11 Für andere Werke, die in dieser Saison auf dem Programm standen, existieren keine Angaben. Die nächsten datieren erst wieder aus dem Jahr 1769. Damals gastierte die schon erwähnte Gesellschaft von Giuseppe Bastelli mit 135 Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende ... 9 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 276. 10 Pravoslav Kneidl, „Libreta italské opery v Praze v 18. Stoleti“ [Die Libretti der italienischen Oper in Prag im 18. Jahrhundert], in: Strahovská knihovna, Sbornik Památniku národniho písemnictví I. II., Praha 1966. 11 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 280. vier Opernvorstellungen. Vier Libretti für dieses Gastspiel waren bei der Laibacher Druckerei Eger gedruckt worden. Es waren: Il cavaliere della piuma, La contadina in corte (nach Goldoni), Il ciarlone, L’incognita perseguitata. Auch die Libretti für diese Opern sind zweisprachig: italienisch und deutsch. Die italienischen Verse sind in deutsche Prosa übersetzt. Die Laibacher Libretti bezeichnen die Bustelligesellschaft als »la Compagnia di Praga di Giuseppe Bustelli«. Über die Sänger und Dirigenten erfahren wir nichts. Il cavaliere della piuma [Der Ritter von dem Federbusche] ist ein weniger bekannter Titel von Goldoni, der im Original La cameriera spirituosa heißt. Die Musik stammt von Baldassare Galuppi. Der zweite Komponist war ebenfalls sehr bekannt, war Niccolo Piccini mit L’incognita perseguitata. Als Vorlage diente dem Librettisten Petrosellini Goldonis Komödie L’incognita. Die dritte Oper La contadina in corte, [Die Bäuerin bey dem Hofe] war ein »dramma giocoso per musica« des römischen Kappelmeisters Giacomo Rust. Später haben den gleichen Text noch Antonio Sacchini und Pasquale Anfossi vertont. Die vierte Oper Il ciarlone [Der Plauderer] von Antonio Palomba aus Neapel stammt wahrscheinlich von Giuseppe Avossa zurück. Aus der Historiker Peter Radics schreibt, es »war ein doppeltes Interesse, das sich an diese Aufführung knüpft, einmal der Name Goldoni selbst und dann der Umstand, daß dieser schon damals in weiteren Kreisen sehr bekannte fruchtbare Komödienichter zu einem Adelshause unseres Landes, zu der gräflichen Familie Lanthieri, in näheren persönlichen Beziehungen gestanden hat. Carlo Goldoni [...] der schon im Hause des Großvaters ein Marionettentheater kennen gelernt und bereits mit acht Jahren sein erstes Schauspiel geschrieben, kam später mit seinen Eltern nach Görz (Gorica), wo der Vater als Arzt den General Grafen Lanthieri in Behandlung hatte. Graf Lanthieri [...] ein gastfreier Kavalier, nahm die Familie Goldoni aus Görz auf sein Schloß zu Wippach (Vipava) und ließ daselbst ein Marionettentheater aufstellen, wo der Dichter Gelegenheit fand, seine heietere Muse zur Geltung zu bringen und im Hause so beliebt wurde, daß er bald mit dem Sekretär des Grafen eine Reise unternahm, und zwar zunächst nach Laibach und dann nach Graz.«12 Die Beziehungen zwischen italienischen Impresarien und Ljubljana waren sehr rege. Besonders Baron Sigismund Zois, der große Mäzen der slowenischen Aufklärung und der Oper, korrespondierte mit zahlreichen verschiedenen italienischen Impresarien. In Ljubljana gastierten 1773 noch folgende Ensembles: jenes von Gaetano Pecis mit zwei Piccini - Opern: La buona figliola (oder Cecchina) und L’amore senza malizia [Die Liebe ohne Boßheit], weiterhin mit Il carnovalo von Pietro Chiara, der Komponist ist unbekannt und mit La locanda von Giuseppe Gazzaniga (1748-1819), der Maestro der Capella Napolitano gewesen ist. Das Libretto von Giovanni Bertati wurde in Venedig nur italienisch gedruckt. Eine Anmerkung aber läßt vermuten, daß es eine Vorstellung in Ljubljana gegeben hat („da rappresentarsi nel Teatro Nobile di Lubiana il Carnevale dell’Anno 1773“) und außerdem Joef de Brigido, »presidente del Governo Capitaneale del Ducato del Cragno« gewidmet ist. Auch andere in Ljubljana gedruckte Libretti sind nur in italienischer Sprache erschienen. Höhepunkt der Saison war La buona figliola von Goldoni und Piccini, ein Werk, der überall in Europa gefeiert wurde. Weitere unklare Angaben über italienische Operngesellschaften gibt es aus den Jahren 1777 oder 1778 und erst vom Jahr 1781 bzw. Erst ab 1781 bzw. 1783 gibt es 136 PRIMO KURET (1935) 12 Peter Radics, Die Entwicklung des deutschen Bühnenwesens in Laibach, Laibach 1912, S. 47. zuverlässigere Quellen über italienische Opern in Ljubljana, als die Operngesellschaft von Pietro Antonio Maschietti hierher kam. Der erhaltene Briefwechsel zeigt, wie solche Gastspiele arangiert wurden. Man mußte eine »Nota« für eine »Kolekta« ausschreiben um bei der Laibacher Aristokratie das Geld zu sammeln. Besonders Baron Sigismund Zois war ein reicher Mäzen. So steht in seinen Rechnungsbüchern, wieviel er jährlich für das Theater und die komische Oper („spese di teatro e opera buffa“) ausgegeben hat. So z.B. in der Saison 1789/90 156 fl und 45 kr. Über die Rolle Sigismund Zois’ schreibt in einem Brief Bartholomäus Kopitar (1780-1844), der bekannte Wiener Slavist aus Krain am 30. 3. 1808 an Dobrovsky: »Baron Z. ist das Centrum der Kultur in Krain. Er ist nicht nur Freund und Beförderer, sondern auch im hohen Grade Kenner des Slavischen [...] Beinahe jährlich um Ostern kommen italienische Opern nach Laibach: für diese pflegte B.Z. in früheren Jahren immer die beliebtern Arien ins Krainische zu übersetzen, und der Versuch fiel nicht unrühmlich aus, selbst die Wälschen fanden es cantabilissimo, nicht so das deutsche Publikum.«13 Mit der Übersetzung der italienischen Arien hatte man schon ca. 1781 begonnen. Sehr viel mehr Angaben über die italienische Oper sind leider nicht zu finden; so ist lediglich bekannt, daß in der Saison von November 1783 bis 1784 die Italiener 49 Vorstellungen gegeben haben Leider wissen wir nichts über das Repertoire und die Sänger. Leider ist nur der gedruckte Text erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob die Oper überhaupt aufgeführt wurde.14 In dieser Zeit gastierten auch deutsche Theatergesellschaften (Felix Berner - 1768 und 1784; Josef Mathias Menninger - 1773/74 und 1776/77; Wolfgang Rößl - 1776; Ernest Kuhne - 1782/83; Franz Diwald - 1784/85). Das bedeutete eine Konkurrenz für die Italiener, die aber gute Sänger hatten, während in den deutschen Ensembles meistens Schauspieler auftraten, die auch singen mußten. Eine gute deutsche Gesellschaft war die Gruppe von Emanuel Schikaneder, der aber mit seinem Opernrepertoire die Italiener aus den oben erwähnten Gründen nicht zurückdrängen konnte. Schikaneder führte in Ljubljana zwischen 1779-1782 eine frühe Oper von Christoph Willibald Gluck auf (Die Pilgrime von Meka) und eine von Giovanni Paisiello (La Frascatana) sowie einige Singspiele von Johann Adam Hiller (Die Jagd, Lisuart und Darliolette, Lottchen am Hofe) und Melodramen von Georg Benda (Ariadne auf Naxos, Barbier von Sevilien, Medea), Carl Umlauff (Die pücefarben Schuhe oder Die schöne Schusterin) und Peter Winter (Lenardo und Blandine). Im Jahre 1785/86 bzw. 1790/1791 gastierte die Theatergruppe von Friedrich Johann Zöllner, und es ist möglich, daß das Laibacher Publikum zum erstenmal eine Mozart-Oper (Die Entführung aus dem Serail) hörte. Das Bild hatte sich besonders mit der Gruppe Friedrich Johann Zöllners in der Wintersaison 1785/86 verändert. Er brachte die deutsch gesungene Oper Das Mädchen von Fraskati von Giovanni Paisiello zur Aufführung. Es ist interessant, daß im Verzeichnis einige Mitglieder der Gruppe als »Tenorist«, »erster Bassist« usw. gekennzeichnet sind. Dies ist eine entscheidende Wandlung gegenüber früheren Jahren, 137 Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende ... 13 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 442. 14 Primo Kuret, „Oblike glasbeno-gledališkega ustvarjanja na Slovenskem“ [Forms of Musical-Theatrical Creativity in Slovenia], in: Slovenska opera v evropskem okviru [The Slovene Opera within the european Framework - on the Occasion of its Bicentenary], Ljubljana 1982, S. 13. als man auf die Ausbildung der Sänger weniger Wort gelegt hatte. Die Theaterdirektion in Ljubljana verlangte 1787 auch von deutschen Impresarien, daß sie für hiesige Aufführungen gute Sänger besorgten. Das führte allmählich dazu, daß deutsche Gesellschaften mit den italienischen konkurrieren konnten. Nach Ljubljana kamen u.a. die Gesellschaften von Johann Friedel (1786, 1787/1788), Ernst Kuhne (1786/87), Franz Anton und Barbara Göttersdorf (1788/89). In der Saison 1790/91 leitete Wiener Georg Wilhelm das Ständische Theater. Auf dem Programm hatte Wilhelm neben anderen auch italienische Opern wie Vincente Martín y Solers Una cosa rara, Antonio Salieris Il Talismano und Domenico Cimarosas L’Italiana in Londra, sowie verschiedene Singspiele (z.B. Karl Ditters von Dittersdorfs Hieronimus Knicker) sehr wahrscheinlich auch Mozarts Oper Le nozze di Figaro. Impresario Georg Wilhelm schreibt in einem Brief von 26. 7. 1787, daß er das Laibacher Publikum »mit dem Schauspiellen Ballets und allen Grossen Opern aus dem Ittalienischem […]« unterhalte. Das Programm kann man aus dem Gothaer Theaterkalendar für die Jahre 1790 und 1791 rekonstruieren. Zuverlässiger sind die Angaben für das Jahr 1797, als in Ljubljana die Gruppe von Konstantin Paraskowitz mit Mozarts Cosj fan tutte, Die Zauberflöte und Paisiellos Oper La molinara aufgetreten war. Bestandteil des Repertoires waren auch Singspiele (z.B. Wenzel Müllers Die Schwestern von Prag und Kaspar der Fagottist). Wiener Vorstadtstheater haben einen großen Einfluß auf die Programme der reisenden Gesellschaften nach 1790 ausgeübt. Von diesen Bühnen kamen viele Direktoren und ihre Ensembles. Die weniger auspruchsvollen Singspiele waren auch für solche Theatergruppen besser geeignet als italienische Opern. Dieser Trend setzte sich auch im 19. Jahrhundert fort. Im Laufe des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts nahm der italienische Einfluß ab. Den tatsächlichen Grund für die Beschränkung der italienischen Gastspiele enthüllt ein Kontrakt zwischen der Theaterdirektion und dem Unternehmer Johann Friedl vom 27. 9. 1787. Dort ist der unmißverständliche Hinweis zu finden, daß das Publikum deutsche Opern mehr schätze als Singspiele. Deshalb sollte der Direktor für »gute, und dem Geschmack des Publikums angemessene deutsche Opern« sorgen. Die Ironie hierbei ist, daß mit diesen großen Opern natürlich italienische Opern gemeint waren, jedoch deutsch gesungen. Die deutsche Tendenz unterstreicht noch mehr Antwort an den italienischen Unternehmer Bartolino »nun mehro ein Abaenderung mit Schauspielen in der engeren Land Sprache zu wünschen scheinet.« Mit »engere Land Sprache« war deutsch gemeint. Es war klar: die Italiener können kommen, aber sie müßen in deutscher Sprache singen und sprechen. Diesen Grundsatz findet man oft: »ob man schon wünscht, das hiesige Publikum mit gutten deutschen Opern Trauer- Lust- und Schauspielen [...] zu unterhalten«.15 Das Wort »deutsch« ist in diesem Text besonders hervorgehoben, also bewußt geschrieben! Das hing wesentlich mit der Politik Kaisers Josefs II. zusammen, dessen Bestreben es war, für das Habsburgerreich größtmögliche Einheit zu erreichen, was sich auch in der Sprache niederschlagen sollte. Auch die Gründung des „Nationaltheaters“ in Wien ist im Zeichen solcher Politik zu sehen. 138 PRIMO KURET (1935) 15 Stanko Škerlj, Italijansko gledališèe v Ljubljani, S. 332ff. Neben den Vorstellungen professioneller Gesellschaften entstanden in dieser Zeit auch solche einheimischer Dilettanten. So wurde im Jahre 1787 in Ljubljana die „Gesellschaft der Theaterfreunde“ und zwei Jahre später die „Adeliche Theaterliebhabergesellschaft“ gegründet. Erstere sorgte am 28. 12. 1789 für die Aufführung des slowenischen Lustspiels upanova Micka von Anton Toma Linhart. Daß die italienische Oper aber nach wie vor noch immer beliebt war, zeigten neue italienische Aktivitäten aus dem 1787, als Giuseppe Bartolini nach Ljubljana kam. Innerhalb von drei Jahren gastierte er fünfmal in Ljubljana. Vom Frühling 1787 stammt das gedruckte Libretto von Li due castellani burlati. Bartolini hatte das Theater unter folgenden Bedingungen bekommen: das ganze Personal mußte sich »aus ganz neuen, hier noch nie aufgetretenen Virtuosen« zusammensetzen; der Impresario mußte »durchgehends für alle Rollen viel bessere Sänger und Sängerinnen als die dermalligen aufzuführen, ins besondere eben einen Tenoristen, und einen Bass Sänger für die ersten Rollen des Mezzo Carattere, und des Buffo Caricato« usw. Bartolini hatte mindestens vier Opern vorzubereiten und noch zwei »über die Zahl«, falls eine keinen Gefallen fände. Alle sollten für Ljubljana neu sein und »lauter Stücke von neuester Komposizion der beliebtesten Kapellmeisters in Italien« darstellen.16 Auch Kostüme und Dekorationen mußten neu sein. Dafür aber bekam Bartolini »einen annehmlichen Beitrag für die Reisekosten« und »eine annehmliche Remunerazion, die durch die Collection eingebracht werden wird«.17 Bartolini schlug dann folgendes Repertoire La Grotta di Troffonio von Antonio Salieri, von Giuseppe Gazzaniga L’Osmano o sia le Tre Sulltane, von Vincente Martin y Soler, La Cosa Rara und Il Falegname von Domenico Cimarosa. Im Jahre 1788 erschien in Ljubljana das Libretto Le Nozze in contrasto. Die Theaterdirektion bekundete über diese »Vorstellungen die gänzliche Zufriedenheit«. In den folgenden Monaten kam Bartolini wiederum nach Ljubljana. Sein Programm: Gazzaniga - La Moglie Caprissiosa, Paisiello - Il Re Teodoro, Li due supposti Conti von Cimarosa, L’arbore di Diana und La cosa rara von Martín y Soler und Gazanigas Don Giovanni Tenorio zusammen mit Cimarosas L’impresario in angustie. Die nächste Saison Bartolinis dauerte von Ostern bis Juni 1788. Es ist nur ein gedrucktes Libreto und zwar Le nozze in contrasto von Giovanni Bertati. Die Musik stammte von Giovanni Valentini und wurde zum erstenmal in Venedig 1779 und dann noch in Milano (1780), Prag (1781) und in Dresden (1782) aufgeführt. In der Zeit vom Oktober 1789 bis Ostern 1790 brachte Bartolini wieder mehrere Opern nach Ljubljana. Zwei Werke von Giovanni Gazzaniga (La moglie capricciosa und Il convitato di pietra), zwei von Martín y Soler (L’arbore di Diana auf ein Libretto von Lorenzo da Ponte und L’impresario in angustie). Die Laibacher konnten außerdem wieder Paisiellos Oper Il Re Teodoro di Venezia hören. Aus dieser Zeit sind noch zwei gedruckte Libretti erhalten: Le moglie caprissiosa aus 1789 und Il Re Teodoro in Venezia aus 1790. Den Text hat Giambattista Casti (1721-1804) verfaßt und wurde überall in Europa als »dramma eroicomico« bekannt. Die Casti-Werke befanden sich auch im Besitz einer Laibacher Privatbibliothek. Einige seiner Fabeln wurden auch ins slowenische übersetzt (z.B. La Gatta e il Topo). 139 Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende ... 16 Ebd., S. 339. 17 Ebd. Bartolinis Aufführungen müssen für das Laibacher Publikum ein Vergnügen gewesen sein. In einer Notiz einer Laibacher Zeitung wird das »ausgezeichnete Orchester« gelobt, aus sonsten sind solche Belege sehr selten. Im Sommer 1791 gastierte in Ljubljana die Gesellschaft von Mazzoti Malipiero. Am 15. Juli wurde eine Vorstellung zu Ehren des Kaisers Leopold gegeben. In der Laibacher Zeitung wurde gemeldet: »Seine Majestät der Kaiser haben mit den beyden Erzherzögen am 15. d. dem italienischen Lustspiele genannt: Il tremendo Giudicio di Pluto a Favor d’Arlecchino operatore di Portenti & d’incanti, im landschaftlichen Schuspielhause [...] beygewohnt, und die Schauspiele mit 30 Dukaten beschenket.«18 In diesem Fall geht es also um ein italienisches Lustspiel und nicht um eine Oper. In den Archiven finden sich erst für die Jahre von 1794-1797 Hinweise auf italienische Aufführungen in Ljubljana. Dies beweisen das im Jahr 1795 gedruckte Libretto für Paisiellos Oper Pirro, Re di Epiro und das im Jahr 1797 gedruckte Libreto von Piasiellos Oper Nina. Die erstgenannte Oper war von Jacob Abraham Penzel ins Deutsche übersetzt, war unter dem Titel Pyhrus König von Epirus »ernsthaftes Singspiel Im Carnevale 1795 auf dem Ständischen Theater der Hauptstadt Labch aufgeführt« worden. Diese Vorstellung begleitete eine Ballett-Pantomime Il delito per amore von Giuseppe Papini. Aus dem Jahr 1796 sind noch zwei Libretti erhalten: Salieris La grotta di Trofonio und Gli artigiani von Pasquale Anfossi. Im Jahr 1797 bereiteten die Stände zu Ehren von Erzherzog Karl, der durch Ljubljana nach Wien reiste, eine Vorstellung vor. Das war »die Oper buffa: La Molinara, die wurde bey einem zahlreich versammelten Volke gegeben«. Gemeint ist Paisiellos Oper La bella molinara oder L’amor contrastatto aus dem Jahr 1788. In den nächsten Jahren veranstaltete die Laibacher Zeitung einen Wettbewerb für die Übernahme des Theaters, so z.B. im Jahr 1799: »Das Laibacher Theater wird von Anfang des kommenden Herbstes bis Ende Fasching 1800 an eine gute deutsche Schauspieler-Gesellschaft überlassen werden. Jene Unternehmer, welche dieses Theater zu übernehmen wünschen, haben sich an die Theater-Oberdirekzion binen 4 Wochen schriftlich zu verwenden, den individuellen Personal-Stand, und die aufzuführenden Piesen auszuweisen, und für eine gute Garderobe zu haften.«19 In der Folge kamen italienische Gesellschaften immer seltener nach Ljubljana, dagegen waren die deutsche immer häufiger zu Gast. Dennoch begann die Saison im 1805 noch einmal mit dem italienischen Impresario Durelli und der Oper Teresa e Claudio, Pamela und Bandiera ad ogni vento, Lelinda e Lindoro und Elisa von Johannes Simon Mayr. Der gleiche Impresario brachte 1807 folgende Opern nach Ljubljana: Il disertore Francese von Gazzaniga, Amore intraprendente von einem unbekannten Autor und Gli opposti caratteri von Sebastiano Nasolini. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß zwischen 1733 und 1800 das Programm des Ständischen Theaters in Ljubljana italienische Opern enthielt mit einem Hauptgewicht auf der komischen Oper. Der italienische Einfluß schwand jedoch allmählich und die deutschen Theatergesellschaften häuften sich Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts. Dies war die Zeit der Napoelonischen Kriege, und Ljubljana wurde im 1797 zum erstenmal von den Franzosen einige Monate lang besetzt. Die Macht der Stände 140 PRIMO KURET (1935) 18 Laibacher Zeitung, Nr. 57. 19. 7. 1791. 19 Laibacher Zeitung, Nr. 30. 13. 4. 1799. schwand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dies war auch eine Folge der wirtschaftlichen Randlage dieser Provinz (bzw. Herzogtum), in der es wenige reiche Aristokraten oder Bürger gab. Berücksichtigt man diese einheitlichen Einschränkungen, so ist es kaum verwunderlich, daß es glanzvolle Aufführungen und Erfolge am Laibacher Ständischen Theater weit weniger gab als in anderen großen Städten des Habsburger Reiches. Dennoch kann Ljubljana auf diese - wenn auch bescheidene - Theatertradition mit berechtigtem Stolz zurückblicken, denn die damalige Bevölkerung hatte durch diese Bemühungen immerhin die Chance, einen Teil der kulturellen Vielfalt nachzuvollziehen. Objavljeno v: Musikgeschichte in Mittel- und Osteuropa. Herausgegeben von Helmut Loss un Eberhard Möller. Chemnitz, 1999. (Mitteilungen der internationalen Arbeitgemeinschaft an der Technischen Universität Chemnitz Heft 4. Str. 80–92. Povzetek Stanovsko gledališèe v Ljubljani Ko je v zaèetku 18. stoletja prešel glasbeni barok na Slovenskem v svoje pozno in najmoènejše obdobje, so se vezi z Italijo okrepile. Èeprav je njen kulturni vpliv v drugi polovici 18. stoletja pojemal in se je uveljavil nemški, je obèinstvo ostalo veèinoma naklonjeno italijanski glasbi. Tudi nemške gledališke drube so upoštevale italijansko opero; e od zaèetka 19. stoletja so v svoje nemške sporede uvršèale dela italijanskih mojstrov (A. M. G. Sacchini, N. Piccini, P. Anfossi, G. Paisiello, D. Cimarosa, G. Sarti, M. de Soler, A. Salieri). Tudi katalog kompozicij ljubljanske Filharmoniène drube za leta 1794–1804 navaja precej uvertur in vokalnih skladb italijanskih avtorjev (G. Paisiello, D. Cimarosa, F. Paer, G. Gazzaniga, L. Cherubini, S. Pavesi, A. Salieri). Med tujimi skladatelji, ki so se v obdobju klasicizma ustavili na Slovenskem, predstavlja italijanski ustvarjalni element P. Delfiume, èlan bolonjske filharmoniène akademije, ki je bil v letih 1790–1792 vodja kora ljubljanske stolnice. V letih 1820–1835 so v ljubljanskem gledališèu izvedli 16 oper G. Rossinija, pozneje sta stopila v ospredje V. Bellini in G. Donizetti. Tudi Filharmonièna druba je izvajala italijanske opere, pri èemer je bilo pomembno sodelovanje italijanskih operistov, kot sta bila M. T. de Sessi, èlanica filharmonij v Benetkah in Cremoni, ter A. Sartorio iz Bologne. (Edo Škulj) 141 Das Ständische Theater in Ljubljana/Laibach. Über die italienischen Opernaufführungen am Ende ...