NWUUWW -N NA U M U für Vaterland, Rmllt, Wijsenschaft und geselliges Leben. .^effentliche Charaktere. 5. Ludwig Kossuth. ^^inige biographisch.-politische Nachrichten über diesen Mann, der in seinem Vaterlande eine so hervorragende Nolle spielt, werden unsern Lesern ohne Zweifel willkommen seyn. Kossuth (der, wie man versichert hat, eigentlich slavischer Abkunft ist) war vor zehn Jahren noch ein beinahe unbekannter Mann, ein armer Advocat, der in, Solde einiger Reichstagsdeputirten allerlei Geschäfte für die Gesandtschafren besorgte und ihre Correspondenzen führte. Als thätiger und einsichtsvoller Mann empfahl er sich einigen Magnaten, die sich mit ihm wegen der Herausgabe eines Journals über die Reichstagssitzungcn einigten. Es war in der Zeit, da Fürst Mettern ich noch Alles galt und Alles beherrschte. Er wollte die Veröffentlichung der Verhandlungen nicht gestatten, und die censirten Blätter durften höchstens die Resultate der Sitzungen in aller Kürze mittheilen. Kossuth (sprich Ko-schuth) aber gründete sein Blatt, verständigte sich mit mehreren jungen Comitatsschreibern, lind konnte mit deren Hülfe eine ziemlich vollständige Uebersicht der Verhandlungen geben. Aber er durfte sein Blatt nicht dnrch die Buchdruckerpresse veröffentlichen, weil die Censur das nicht gestattet hätte. Es wurde also lithographirt, und so an die einzelnen Gesandtschaften verschickt. Die österreichische Regierung ließ es mit Beschlag belegen, weil sie auch lithographischen Druck der Censur unter-worfen wissen wollte. Aber Kossuth wankte nicht; er nahm noch mehr Schreiber an, und nun wurden seine geschriebenen Berichte in alle Welt versandt. Auch nach Ablauf der Neichstagssitznng lies; Kossuth sein Blatt nicht fallen; es theilte nun die Berichte der einzelnen Comitate mit, wenn man so sagen darf, die Verhandlungen der Provinzialstände, in welchen damals die heftigsten und schärfsten Reden gehalten wurden; man verlangte z. B. die Trennung von Oesterreich und sprach sogar von Republik. Kossuth wurde wegen Ver-öffentlichung einer dieser wilden Reden verhaftet lind blieb einige Jahre im Gefängniß, ohne daß ihm eigentlich ein Pro-ces; gemacht worden wäre. Das steigerte seine Bitterkeit nur noch mehr, und sie verlor sich nicht, als er endlich in Folge einer Amnestie freigelassen wurde. Nuu war er ein Märtyrer und wurde in den Reichstag gewählt, auf welchem er seinem Ingrimine gegen eine Regierung, die ihn so schmachvoll behandelt hatte, völlig freien Lauf lassen konnte. Die ungarische Opposition wollte damals eine Verständigung mit der Wiener Slaatskanzlei herbeiführen und nahm dabei die Vermittelung des Palatinus in Anspruch. Der Plan gelang. Kossuth wurde so ziemlich bei Seite geschoben, die Magnaten liebten ihn nicht mehr, aber am Ende drang er mit seinem Talente durch, und gewann sich einen Platz unter den Führern der Opposition im Repräsentantenhause. Als die Märzrevolution in Wien ausbrach, hatte er im Lande größere Pupularität, als Batthyanyi, Szechenyi und selbst Deak. Die Re-volution hob ihn an die Spitze des Scaates. Seitdem hat er eine wunderbare, stürmische Beredsamkeit gezeigt, eine unglaubliche Thäiigkeic und eine Entschlossenheit, die man richtiger als unbedachrsame Tollkühnheit bezeichnet. Was Rücksichten sind, weis; Kossnth nicht. Kossuth ist nicht etwa ein ungarischer Liberaler, er ist vielmehr durch und durch ra-dical nach dem neuesten Schlage, zu Allem bereit, vor keinem Ertrem zurückschreckend, rücksichtslos bis zur Grausamkeit, und ein wüthender Feind des Adels, dessen er sich eben entledigen möchte, wie er sich, vorübergehend wenigstens, Oesterreichs entledigt hat Der Magnatcnkammer hat er bereits zu wissen gethan, daß er sie nur bis auf Weiteres dulde und daß sie später höchstens die Nolle eines Staatsrathes zu spielen habe. Kossuth hat 5ie lieberale Bewegung in Un-garn unterbrochen und zu Grunde gerichtet, um seine revolutionär e und dcmagogi sch e W ü y l e re i an deren Stelle zu setzen; er hat das ganze Land auf den Kopf gestellt und in wilden Bürgerkrieg verwickelt, um eine scheinbare Gleichheit Aller durchzusetzen, mit welcher er es nicht ein Mal ehrlich meint, gegen die er alle Tage sündigt, und die bei den ethnographischen und Cultur-Verhältnissen Ungarns auch geradezu eine Albernheit wäre. Er ist ein Demagoge von der Art, wie sie auch in Deutschland vorkommen, nur hat er unbestreitbar großes Talent und Begeisterung; er ist ein kalter, berechnender Dialectiker, kein verschwimmender Kosmopolit, sondern ein Patriot, der es in seiner Weise aufrichtig meint. Aber er ist bornirt-magyarisch; die Bornirtheit seines Patriotismus, der noch in der allcrniedrigsten und allerrohesten Auffaßung steckt, verleitet ihn zur Knechtung seiner nichtmagyarischen 366 Landesgenossen, zu Ungerechtigkeiten und zur Tyrannei, je zu den wahnwitzigsten Mastregeln, wohin man das Decretiren von 200,000.000 Gulden Papiergeld rechnen muß. Von einem Staatsmanne hat Kossuth auch nicht eine Ader in sich; er ist ein bloßer Revolutionär, dem es sehr schwer fallen wird, et-ivas Positives zu schaffen. Daß er sein Vaterland in ein Labyrinth von Verwirrungen hineingerifsen und getrieben hat, ist klar. Die Deutschen in Ungar», gegen welche er stets höchst gewaltthätig verfuhr, mögen nichts von ihm wissen, die Slaven hasse» ihn mit vollem Rechte. Daß er die Wiener jetzt im Stiche läßt, nachdem seine Agenteu Gold mit vollen Händen gaben, um die Erhebung Wiens mit herbeizuführen und den Banus von Ungarn abzulenken, ist keinem Zweifel unterworfen. Die Ulcra-Magyaren haben ihn bisher vergöttert; was sie nach einigen Monaten thun werden, wenn die Croa-ten !n Pesth sind, werden wir sehen. (Oesterreichischer Correspondent.) Gine Reise von Köln nach London. Toliristcnski^e von I. Werlih. (Fortsetzung) Um Mittag stiegen wir ans Land. Einem guten Deutschen, der an seine schöne Gemüthlichkeit und, wenn er nicht qerade in den größeren Städten des Landes gebürtig, meistens an eine ziemlich ruhige Straße vor seinem Hause gewohnt ist, der Wunders meint, was es ist, wenn jede Stunde ein Dampfschiff über den Rhein fährt, dem wird es wahrhaftig etwas sonderbar zu Muthe, sieht er plötzlich das Städte-Ungeheuer, London, vor sich liegen, das sich am Ufer des breiten Stromes, aus ewigem Dampf und Nebel, geisterhaft emporhebt, sieht er immer andere Kirchen und Palläste heraufsteigen, die Schiffe immer dichter geschaart, und namentlich ganze Haufen von Dampfbooten in buntem Gemisch unter den prächtigen Themsebrücken herfahren; sieht er am Strande dieß Gewühl von Menschen und fährt nun endlich gar auf einer Eisenbahn weit über die Dächer hinweg, mitten in das Gebrause dieses unheimlich großen Chaos, in dem beinahe zwei Millionen glückliche und unglückliche Seelen ihr Wesen treiben. Ich war betäubt genug, um meine Reisegesellschaft aus den Augen zu verlieren. Vergebens sah ich mich nach meiner schonen Gefährtin um, verschwunden mar sie, verloren! für mich wenigstens — denn sie mochte daheim sitzen im Kreise der lieben Ihrigen, mit ihrem blassen, interessanten Gesichte, mit dem edlen Profil, mit dem kleinen Fuße, der so reizend über das Verdeck tanzte! Ein jüngerer Bruder, der die schöne Schwester so lange nicht gesehen, sprang ihr vielleicht an den Hals und — Gott sey bei mir, — küßte sie, und sie lief dann im ganzen Hause herum und nahm ein hohes Krystall-Glas und setzte die Blumen hinein, die Blumen, die sie auf dem Schiffe in der Hand hielt: Lieber Junge, die habe ich gepflückt, wo die Studenten mit langen Pfeifen über die Straße gehen, wo das Siebengebirge am Rhein liegt, in Deutschland, wo die Menschen so schwärmerisch sind und oft sy — »dumm, dumm!" tönten die Glocken von der St. Paulus-Kirche herunter und ein rothnasiger Kerl schob mich in seinen Omnibus hinein; »ull ri^llt," rief er, und in wildem Galopp ging es durch die Straßen. Die große Menge von Omnibus und Fiakern, deren es mehrere Tausend gibt, und die immer bis zu einem gewissen Stadttheile gehen, erleichtert den Verkehr in dem 32 Meilen im Umfang großen London ungemein; sie sind sämmtlich sehr elegant, mit tüchtigen, oft sogar mit ausgezeichneten P'ferden bespannt. Von dem obern Sitze eines Omnibus läßt sich das Treiben auf den Straßen und Plätzen am besten überschauen; überdieß ist eine solche Fahrt auch nicht theuer, indem man jedes Mal nur sechs Pence oder fünf Sgr. zu zahlen hat. Im Westende, wo man mich vor einem Wirthshause niedersetzte, machteich zum ersten Male die Erfahrung, daß das englische Leben Anfiug von Kostspieligkeit hat, denn schnell, wie die Pilze, wuchs eine solche Parchie Menschen aus dem Boden, welche alle die Hände offen hielten nnd versicherten, mir die wichtigsten Dienste geleistet zu haben, daß ich erst nach reichlicher Spende und mit der Hilfe des freundlichen Wirthes von der Straße in sein hübsch aussehendes Hotel gelangte. Hier hatte ich Zeit, über mein Schicksal nachzudenken. »Kellner, bringen Sie mir doch einen Schoppen — Weißen! Oder lassen Sie! — zeigen Sie mir lieber eine Schenke, ein Wirthshaus—(denn das, in dem ich war, schien nur für Thcetrinker zu seyn,) — ein Wirthshaus, ein Weinhaus, wo recht viele Menschen zusammen sitzen, wo man vier, sechs Sprachen reden hört, wo es recht toll hergeht — Sie wissen wohl!" Aber der Kellner wußte nicht und sah mich mit großen Augen an; Schenke? Weinhaus? unbekannte Größen! Also in London, in dieser Weltstadt nicht ein Mal Weinhäuser, wie wir sie zu Tausenden in Mainz, in Cö'ln, am ganzen Nheine haben? Nein, nein, geliebter Leser, hier in London schleichen die Familienväter Abends um halb Neun nicht noch ein Mal leise um die nächste Ecke, kein Jüngling steckt bchutsam den Hausschlüssel in die Tasche; hier in London ist's dem Weisen nicht zu gönnen, Nenn am Abend sinkt die Sonne, Daß er in sich geht und denkt. Wo man einen Guten schenkt. Hier in London — keine Weinhäuser! o, es ist ein großer Man-.gel! Da dachte ich denn wieder an das alte Sprüchlein, das mir schon so oft in der Fremde einfiel: »Außer dem Hause mag's gut seyn, aber zu Hause ist es doch am besten!" Indeß war der Abend über die Stadt hereingebrochen, und die ohnehin von Kohlendampf geschwärzten hohen Häuser gaben, trotz ihren prächtigen Säulenreihen, Treppen und verzierten Giebeln , den Straßen ein sehr finsteres Ansehen. Im Nu flammten aber gleich daranf allerwärts die Gaslichter empor, und zwar in solcher Große, daß es plötzlich hell wie am Tage wurde und die meilenlangen Straßen, namentlich wo große La^en mit Spiegelfenstern an beiden Seiten standen, oft ganz im Feuer erschienen und den Uneingeweihten fürchten ließen, jeden Augenblick müßte das ganze Stadtviertel ein Raub der Flammen werden. 367 Um den langen Abend so angenehm wie möglich ans-zufallen, steckte ich das erste beste meiner Empfehlungsschreiben zu mir und ließ mich, da man mir versicherte, es sey noch Zeit zu einem Besuche, an Ort und Stelle bringen. Nach dem Nathe eines Freundes, der früher England bereis'te, zog ich die Schelle mit einer solchen Vehcmenz, daß sich ein anhaltendes Geklingel im Hause erhob und auf der Stelle ein Paar Dienstboten herbcisprangen, mit tiefen Bücklingen die Thür öffneten und mich in ein mit großen Helge-mälden geschmücktes Zimmer führten. Hier begrüßte mich der Hausherr, ein alter, schlaublickender Kaufmann, und zwar in einer so herzlich biedern Weise, daß ich seiner Einladung, zum Mittagessen bei ihm zu bleiben, nicht widerstehen konnte und ihm bald in ein anderes Zimmer folgte, wo die Familie schon an einem großen runden Tisch Platz genommen hatte. Hier sah ich zum ersten Male recht eigentlich entwickelt, was die Engländer „Comfort" nennen, und was alle Dinge einschließt, die das Leben angenehm und freundlich machen können. Am meisten fiel mir aber der von einem schön ausgehauenen, marmornen Gesims umgebene Kamin auf, dessen lustig brennendes Feuer, von mehreren Spiegeln zurückgeworfen, allen Gegenständen eine romantische Färbung verlieh und nur in erwa durch das Licht des von der Decke herabhangenden Kronleuchters aufgehoben wurde. Der Tisch selbst war, nach englischer Sitte, mit den stets wiederkehrenden Gerichten: Beefsteack, Roastbeef und Hammelskeule besetzt, denen man nur ein abgekochtes, nnschmackhaftes Gemüse hinzufügt und eine Pastete folgen läßr. Wie erfreute es mich aber, neben meinem Couvert, als wäre er für mich allein bestimmt, plötzlich einen alten, guten Bekannten, einen Nüdesheimer in hoher, vaterländischer Flasche anzutreffen! »Gott grüß dich, Burder Straubinger, es freut mich, daß ich dich sehe!" mußte ich nun unwillkürlich singen und meinem Wirthe für diese Artigkeit recht kräftig die Hand schütteln. Und wären wir Türken, wären wir Chinesen, und konnte der Eine des Andern Sprache so wenig wie — ja, gar nicht, jetzt, Verehrtester, würden wir uns verstehen, Tage, Monden lang.!-O, Rüdesheimer, schöner Sohn eines schönen Landes! wie geht es dir in der Fremde? sprich, alter Junge, was machst du, bist du wohl und mnnter? Komm ein Mal her, laß sehen, ob du noch hell ans den Augen siehst und gehalten hast an alter, guter Sitte, die Menschen zu erfreuen, zu erquicken, aufzurichten und zu begeistern, zu Gesängen, fulkenfrei, gold- tönig, und edel! __Es verdient wirklich alle Anerkennung, dasi die Engländer, wie ich es später noch häusig fand, dem Fremden, während sie selbst Sherry und Portwein trinken, stets den vaterländischen Trank, nnd zwar in vorzüglichster O.ualität, vorsetzen, der namentlich einem Rheinländer viel besser mundet, als die starken, süßen, spanischen und portugiesischen Weine. Die Engländer schienen sich sehr an meiner Freude zu erbauen, nnd als sich nach dem Essen die ganze Familie im Kreise um den Kamin herumsetzte, bat man mich zu dem rheinischen Weine nun anch ein rheinisches Lied zu singen, was denn auch gern geschah, indem ich, so gut cs ging, den Vater Noah zum Besten gab. Eine junge Dame öffnete dann den Flügel und spielte einige englische Melodieen; sie sang die Worte mit zarter Stimme und das Ganze klang wohl nicht übel; es war aber nicht dic Spur von jenem seelcnvol-len Hauch der Töne, die in andern Herzen wiederklingen, die den Zuhörer entzücken und hinreißen! Die englischen Damen treiben jetzt viel Musik, weil es fashionable ist; es will ihnen aber nicht recht gelingen. Sie behaupten zwar, stark musikalisch zu seyn und große Tonsetzer zu haben; Händel sey ein Engländer, nnd Carl Maria von Weber liege bei ihnen in Moorfield - Chapel begraben. Das Letztere ist leider wahr. (Fortsetzung folgt.) Feuilleton. Trauriger Vorfall — welcher sich am l 2. October in Köln ereignete. Eine Patrouille hörte das Geschrei eines Frauenzimmers; sie eilte hinzu und fand einen Arbeiter, der ein Frauenzimmer schlug. Die Patrouille brachte beide auseinander und ging weiter; gleich darauf kam sie zurück und fand den Arbeiter wieder, das Franenzimmer mißhandelnd. Letzteres siehre um Schutz. Da der Mann weder der Aufforderung, sich zu entfernen, noch sonstigen Drohungen folgre, so luden die Soldaten die Gewehre und wollten ihn arretiren. Er wi-dersetzte sich und rang mit den Soldaten um die Gewehre. Da versetzte ihm ein Soldat einen Stich mit dem Bajonnette, ein anderer feuerte einen Schuß ab. Der Arbeiter entsprang, lief noch etwa 500 Schritte weit, siel dann nieder und starb in Folge des Bajonnetstiches. Gheliche Liebe. — Einen rührenden Beitrag zu den in unseren Zeiten so häufig hervortretenden süßen Geschichten der ehelichen Liebe gibt folgende i„ England sich kürzlich zugetragene Begebenheit: Ein zärtliches Ehepaar hatte einen kleinen Zwist, der durch vorher im Wirchhause reich genossenen Branntwein noch lebhafter wurde, so daß der Eheherr seine theuere Hälfte dergestalt zusammenprügelte, daß sie ohne Lebenszeichen auf der Erde lag. Nun fand er, daß es doch eine fatale Sache sey, sein Weib todrgeschlagen zu haben. Er ärgerte sich gewaltig, und da ein Engländer zu nichts weniger Bedenkzeit braucht, als zum Aufhängen, so hing er sich an seinem Gürtel neben hin. Unterdessen war die Frau nach und nach wieder zu sich gekommen, sah des Mannes eigene Bestrafung selbst mit großer Rührung an und raffte sich, so gur sie konnte, auf, um aus allen Kräften an den Beinen des trauten Mannes zu ziehen, indem sie mit aller Zärtlichkeit dazu sprach: „Ja, lieber Schatz, deine gute Absicht soll erfüllt werden!" Ueber dem eifrigen Ziehen riß der Gürtel, und der Gehangene, der noch nicht todt war, fiel herab, erholte sich, ließ sich die übermäßige Dienstfertigkeit seiner Frau gegen ihn verdrießen und hing sie jetzt dafür selbst an den Baum hin. Dießmal riß der Gürtel nicht und der Mann blieb Witwer. Englische Juristen meinen, nach ihren Gesetzen sey die That des Mannes noch zu entschuldigen. Der Schauspielerstand in China — gehört zu den verachtetsten Classen der Gesellschaft. Der Umgang mit Schauspielerinen ist den Dienern des Staates streng untersagt. Wenn ein Beamter im Civil- oder Militärdienst eine Musikantin oder Schauspielerin heirathet, sey es als Frau ersten oder zweiten Ranges, so erhält er 50 Hiebe, die Heirath wird für nichtig erklärt und das Frauenzimmer von Staatswegen den Aeltern zurückgeschickt. 368 In Kremsicr — wird der grosie Saal des erzbischöflichen Pallastes für die Sitzungen des Reichstages eingerichtet. Für die Deplitirten sind bereits 300 Quartiere ausge-mittelt. In Einem gleichen wir also den Nordamerikanern, die ihren Congreß ebenfalls in dem kleinen Washington halten. Papierkorb des Amüsanten. K ü r ze >'! Kürzer! Ein Reisender, der in dem Wirths-hanse eines kleinen Städtchens zu bleiben gezwungen war, wollte die Zeit nicht ganz unbenutzt lassen und ließ daher den Friseur, der zugleich der Barbier des Ortes war, kommen, und befahl demselben, ihm die Haare abzuschneiden. Nach Art dieser Leute erzählte der Barbier während des Haarschneidens mit großer Weitschweifigkeit eine herzbrechende Geschichte, so daß der Reisende, dadurch auf's Aeusierste gelangweilt, ärgerlich ausrief: »Kürzer! Kürzer!" Der Barbier setzte jedoch, der Bitte ungeachtet, Scheere und Zunge nur noch mehr in Bewegung und fuhr in seiner Arbeit und Erzählung fort. Diese wurde aber nichts weniger, als amüsanter, und der Herr rief wiederholt: „Kürzer! Kürzer!" Abermals arbeiteten die beiden schneidenden Instrumente — die ehrabschneidende Zunge und die das Haar kürzende Scheere nämlich — noch heftiger als zuvor, und der Reisende ruft aufgebracht zum dritten Male: »Zum Henker doch, kürzer, kürzer!" — »Ich glaube kaum, daß es möglich seyn wird," erwiederte schüchtern der frifirende Barbier und trat zurück, besah sich sein Werk mit dem Ausdruck der Befriedigung und machte sein Compliment, zum Zeichen, daß die Arbeit vollendet sey. — Der Herr stand auf, um sich im Spiegel zu beseheu, aber wie erschrack er, als er sich ganz kahl geschoren erblickte, denn der Barbier hatte das mehrmalige »Kürzer! Kürzer!» nicht auf seine wichtige Geschichte, sondern auf's — Haarschneiden bezogen. Der Capitän eines englischen Kauffahrers, an dessen Bord sich auch die Frauen mehrerer Officiere befanden, und der in einem Hafen des chinesischen Reiches vor Anker lag, qab den Abend vor seiner Abreise ein glänzendes Fest auf seinem Schiffe, wozu auch mehrere Chinesen geladen waren. Nachdem die Engländer mit ihren Frauen wacker geranzt, und von Schweiß triefend und schwer athmend auf dem Verdecke herumgingen, um sich zu erholen und abzukühlen, fragte ein Mandarin, der sich unter den Gästen befand, den Capitän ganz erstaunt, indem er auf die ermatteten Tänzer hindeutete: »Warum laßt Ihr diese Arbeit nicht lieber von euren Dienern verrichten?" Zu einem General kam ein stämmiger Rekrut. »Du bist doch kein Säufer, kein Schlemmer, kein Spieler, Bursche?" fragte der strenge Kriegsmann. — »Nein, Herr General!" war die Antwort. — »Aber du bist doch ein wackerer Kerl, der seinen Branntwein vertragen kann?" — »Und wär's ein Emmer voll!" entgegnete der Rekrut dreist. Als am 13. September sich eine Masse Menschen in Wien am »Hof" aufgestellt hatte, um die Restituirung des Sicheryeits-ausschusses zu verlangen, wurden die Sturmpetitionanten vom Militär-Commando aufgefordert, von ihren Hüten die Inschrift: »Es lebe der Sicherheitsausschuß!" herabzunehmen. Als jedoch der Befehl »schlagt an" ertönte, riß einer der Rot-tirer seinen Zettel vom Hute. — »Sie elender Feigling! rief ihm ein Nebenstehender zu." — »Was?" war die Antwort — »glauben Se, daß i wegen so an Fetzen mein Leben riski-ren soll? Freili, wann i so a Dummkopf wär, wie Se, hätt i mi schon längst freiwilli umbracht." Laibacher Schaubühne. Seit Eröffnung der Saison habe ich noch nie mit solchem Vergnügen die Feder ergriffen, um mein Thealerreferat zu schreiben, als diesimal- Zwei neue Stücke gingen über die Bühne, beide mit außergewöhnlichem, ja, glänzendem Erfolge, beide brachten den Theaterfreunden Laibachs wahre Hochgenüsse^, theils durch ihren unläugbaren innern Gehalt, theils durch die wirklich lodenwerthe, fleißige Darstellung der dabei betheiligten Mitglieder- Wenn je ein Stück eine Empfehlung recht« fertigt,, lo war es das Beneficestück des Herrn 3tc»tl, „Agnes Oorell", dramatisches Gemälde (Tragödie) in 5 Acten von Franz X, G r u l sch. aufgeführt Samstag am 11. November. Der glänzende Succesi, den dieses ausgezeichnete dramatische Product i» Wien und allerorts fand, wird Niemanden befremden, der das Slück selbst angesehen. Der Dichter wollte cin erhabenes Bild der Vaterlandsliebe aufstellen, wählte sich „Agnes So-rell» als sei» Ideal und in der That, es ist ihm geglückt, einen so bewunderungswürdig schönen Charakter zu erschaff,«, daß selbst die bekann« le Stellung dieses edlen Mädchens zu Carl VII. von Frankreich den Nimbus der aufrichtigen Verehrung und Bewunderung für dasselbe nicht im Veringsten zu schwächen vermag. Freilich geht dabei die geschichtliche Wahrheit zum Theil sehr beschädigt hervor, allein bei einer so schön gehaltenen Dichtung mag das immer noch hinc»hen, wenn nur die Haupt» conlouren historisch treu sind. Der Glanzpunkt des Stückes ist unstreitig der 3. Act. Die Handlung ist nur einfach, aber die ganze Anlage verräth Bühnenkenntniß, genaue Berechnung natürlichen, nicht künstlich erzwungenen Effectes, und die schöne, schwungreich?, blühende Diclion ist, ohne eben bilderreich zu seyn, i» der That ei» Hauptvorzug des Pro-ductes. Gegeben wurde das Slück auf so tressliche Art, das, es keiner Hofbühne, so dargestellt, Unehre gebracht halte. O wie gerne stimme ich m tas laute Lob des Publikums mit ein! Vornehmlich war Fräul. Dur-mont in der Titelrolle, welche wir als die beste aller bisher gesehenen bezeichnen müssen, wahrhaft classisch; eine Bezeichnung, mit der ich nicht verschwenderisch umzugchen pflege, aber hier ist sie am Platze. War sie auch in den Affectstellen des 1. und 2. Actes vielleicht etwas zu emphatisch, in den folgenden Aclen, namlnllich im driNen, spielte sie einer Künstlerin ersten Ranges würdig und Laidach wird diese ihre Leistung nicht uerqcssen. Auch ihre Garberobe war glänzend und prachtvoll. Herr Bau« disch gab den König mit gewohnter Routine, und war besonders im 2. Acte sehr ausgezeichnet. Herr Po sing er bleibt in den NoUen der Intrigue, wie bekannt, immer Meister. Mit großer Wahrheit stellte er den Günstling la Tremouille excellent dar und zwar namentlich im 3. Acte in der Scene mit dem Vater der Agnes Sorell, wo ih» reichlicher Beifall belohnte. Von Herrn Be-ulet. als Iaques Coeur, laßt sich „ur das Veste sagen; denn wir wissen ja, daß Herr 2 o u l e t nichts verdirbt. Der Herr Beneficiant hatte sich de» Arzt Clermoiit zugelegt, eine Par-thie, die er ebenfalls zur vollen Zufriedenheit durchführte. Fräul. liößl, als Kammerfräulein Laurelte. spielte die kleine Parlhie recht herzlich. Die Wahl des Stückes, so wie die Verdienste des Ben.'sici.inle,! ließen auf zahlreichern Theaterbesuch hoffen, als es der Fall war.— Sonntag am 12, November: »Städtische Krankheit und ländliche «Zur«. Charakterbild mit ^Tsang in 3 Acten von F r i e d r i ch K a i sc r, Musik von A. Mülle r. Ein witzreiches, heiteres, zugleich auch wahr gezeichnetes, aus dem innersten Leben gegriffenes Stück, welches d«n Titel»Charakterbil0" ganz rechtfertigt. Die bestens angebrachte» , sehr geistreichen Gcitenhiebe auf alle unsere neuen Zcilverhältnisse u»d Beziehungen ve,schaffen dem Stücke eine Aufnahme, wie sie noch leins i„ dieser Theaterperiode gefunden. Man muß aber auch hier den Darstellern cic Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie aUgesamiiit nichts zu wünschen übrig liessen- Dem Herrn Noulet (Hans Ehrenfest) gebührt der erste Preis des llbends. Die biedere Derbheit eines reichen Provinzialen kann man nicht besser sehen; reicher Ay» plaus begleitete ihn von Scene zu Scene. Sehr lieb in Spiel und G.'sana war wieder Fräulein Schiller als Na»i. Was von den Gesanqsnum-mern am besten ansprach, war wohl d