t, Ls j i * II A o O T-M 11130723 Pettauer Studien. Un tersuchungen zur filteren Flurverfassung. Von Wladimir Levec. I. Abtheilung. (Mit einer Karte.) Vorbemerkung. Die hochverehrte Anthropologische Gesellschaft hat mich im Mai 1897 beauftragt, das Draufeld zwischen Marburg und Pettau zum Gegenstande einer wirthschaftsgeschichtlichen Untersuchung, die vorwiegend auf der MErrzEN’schen Methode der Flur- kartenforschung aufgebaut wiire, zu machen. Kiemit iibergebe ich nun die erste Abtheilung meiner „Pettauer Studien* der Oeffentlichkeit. Die Ergebnisse der bisherigen Forschung wird der Sachkundige aus den folgenden Ausfiihrungen mit Leichtigkeit ablesen konnen. Kine zusammen- fassende Darstellung derselben kann jedoch erst nach Durchsicht des sammtlichen erhaltenen Karten- materiales gegeben werden. Von der Beigabe von Flurkarten musste dermaien abgesehen werden. Zur vorlaufigen Orientirung des Lesers diirfte die „Uebersichtskarte der Katastral- gemeinden des Draufeldes* geniigen, da auf ihr die Flurgrenzen, Strassen u. s. w. eingezeichnet sind. Uebrigens fin det sich die Reproduction einer Karte von Drasendorf bei Meitzen, Siedelung und Agrar- wesen, III Bd., S. 416 (Aniage 123) und im XXVI. Bd. der „Mittheilungen d. Anthrop. Gesellsch. in Wien“ (Sitzungsberichte, S. 56). Alle Ursache habe ich, meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Arnold v. Luschin-Ebengreuth, der das Entstehen meiner Arbeit. jederzeit mit freundlicher Theilnahme verfolgte, wie Herrn Dr. Jon. Peisker, der mich mehrfach durch seine Rathschlage und an- regenden Bemerkungen forderte, aufrichtig dankbar zu sein. In zweiter Linie gebuhrt mein Dank den Beamten der beniitzten Archive und Bibliotheken, zumal dem Vorstande des steiermarkischen Landes- archives, Herrn Regierungsrath v. Zahn, und dem steiermarkischen Landesbibliothekar, Herrn Professor v. Zwiedineck - SOdenhorst. Vielfache Aufschliisse iiber Land und Leute auf dem Draufelde verdankt der Verfasser auch den hochwiirdigen Herren M. Sle- kovec und Fr. S. Lekše. G raz, Mitte Juni 1898. I. Rosswein. (Slov. Razvanje; 5 km siidlich Marburg; 1826 ) 1 ) Unter den Ortschaften des Draufeldes tritt uns Rosswein am friihesten entgegen. Schon 985 schenkt Konig Otto III. dem Grafen Rachwin 15 Konigs- hufen zu Rosswein, gelegen in pago Zitdinesfeld vocato ac comitatu prefati Rachuuini comitis* 2 ). Etwas iiber 100 Jahre spater finden wir die Spon- heimer liier begutert, weshalb man denn auch die Vermuthung geaussert hat, Graf Rachvvin sei selbst ein Sponheimer gevvesen s ). Um 1100 machten namlich die Sbhne des alteren Grafen Engelbert von Sponheim verschiedene Schenkungen an das Kloster St. Paul im Lavantthale, darunter Graf Bernhard „in marchia trans fluvium Dravva hoc sui iuris predium Razwei, id est stabulariam curtim ex hac parte torrentis cum reliqua medietate oppidi adiacentis [also eine Schvveige oder einen Stadelhof und die Hiilfte des angrenzenden Dorfes], necnon et villam Iluonoldisdorf .... post- modum et his addendum, doneč c hobae conpleantur non ad quantitatem dimensionis agrorum, sed pro numero curtilium atque degentium in villa virorum* 4 ). Die „curtis Razwei“ begegnet, uns um 1130 vvieder. Im Tauschvvege hatte Abt Wecilo von St. Paul von einem Bruder des erwiihnten Grafen Bernhard, dem Grafen Engelbert von Sponheim, „in marchia Pito- viensi totam que se contingebat hereditatis portionem, i) Die cursiv gedruckte Zahl unter dem Titel bedeutet das Jahr, aus dem die der Bearbeitung zu Grunde gelegte Flurkarte stammt. a ) v. Zahn, Drkundenbuch des Herzogthums Steiermark, I, 39, Nr. 32. „. . . ouidam fideli nost.ro Rachuuin nominato de nostra proprietate dedimus quindecim mansos regales in uilla Razuuai dieta sitos si ibi inueniantur, si autem ibi inueniri non possint, in proximis uillis ubi suppleri ualeant, tollendos, et in pago Zitelinesfeld uocato ac comi- tatu prefati Rachuuini comitis iac,entes.“ Das im \Viener Staatsarchiv verwahrte Original und die Diplomataausgabe der Monumenta Germaniae lesen Zitdinesfeld. 8 ) v. Felicbtti, Beitrage zur Kunde steiermarkischer Geschicbtsquellen, X, 100. 4 ) v. Zahn. o. o, I, 103, Nr. 89. 172 hoc est curtim et ecclesiam Razwei cum sub- scriptis Razwei ... xii vi 11 is 111 ) erhalten. 'Da jedoch diese Gegend, wie die Urkunde weiters hervor- hebt, durch haufige feindliche Einfalle — wohl von Ungarn aus — ganz verwiistet und verodet wurde, so dass in den 12 Dorfern kaum 50 Hufen bestiftet waren 2 ), wollte Abt Wecilo den Tausch riickgangig machen. Dies gelang ihm ebensowenig, wie seinem Nachfolger Abt Bruno. Nur soviel konnte letzterer erwirken, dass Graf Engelbert zu seiner friiheren Schenkung vier Hufen zu Lavamund und einen Weingarten zu Osterwitz hinzufiigte. Um das Jahr 1200 befand sich das Stift St. Paul noeb im Besitze des Dorfes, wie dies folgende Auf- zeichnung im Codex traditionum monasterii S. Pauli O. S. B. (S. 96 fg.) erweist: „Beneficia domi¬ no rum Truchsinensium . . . . habent etiam in marchia vij villas in feudo quorum nomina sunt hec Gomelniz et item Gomelniz Tirmiz et Razei et adhuc tres . . 8 ) Allein 1265 finden wir auch den Landesfiirsten in Rosswein begiitert, denn das so- genannte Rationarium Stiriae sagt unter den proventus prediorum in Marchpurch auf f. 136': ..Item ex altera parte Trahe . . . . Razway sunt iiij predia solventia ut supra in Chressendorf“, namlich „tri- tici i. modium et avene i. modium, porcum vel xii. denarios, wisot (eine Ehrengabe fur die Grund- herrsckaft, die spateren minuta attinentia, Klein- rechte) i. valens ii. panes et pullum, in carnisprivio gallinam et in pascha xx. ova, item officiali tritici mensuram i. et avene v. mensuras et xxiiii. denarios 11 4 ). Meiner Vermuthung nacli ist der von den Aebten Wecilo und Bruno angestrebte Tausch wenigstens theilvveise — freilich bedeutend spater — dennoch aus- gefiihrt worden und waren auf diesem Wege 3‘/a Hufen zu Rosswein in den landesherrlichen Besitz ge- kommen. Vom Landesfiirsten sind diese natiirlich an seine Rittermassigen — ich glaube nicht, dass „illi de Raswai“ Ministerialen waren, vielmehr durften sie rittermassige Burger (von Marburg?) ge- wesen sein — weitergeliehen worden. Wir finden denn auch im XIII. Jahrhunderte wiederholt Adelige aus Rosswein genannt. Schon im Rationarium Stiriae wird f. 164 (Rauch, II, 174) ein Fridericus *) v. Zahn, o. c., I, 143, Nr. 132. 2 ) So glaube ich das „de familia capita ferme 1 reman- serant* verstehen zu miissen. 3 ) Steiermarkisches Landesarchiv, Hs. Nr. 130. 4 ) Rauch, Scriptores rerum Austriacarum, II, 140. Ich benutzte ein collationirtes Esemplar, das mir Prof. v. Luschin freundlichst zur Verfiigung stellte. de Bazwei (!) ’) unter den Bergrechtzinsenden des officium Marchpurch genannt. Ferner heisst es 1274 im Verzeichnisse der vom Hochstifte Salzburg zu Lehen gehenden Zehente bei Marburg: Ista sunt feuda de decima Marhburgensi. Leupodus (!) Wacherzil de Grez carrad. j. Leo de Grez carrad. j. Filii domini H. de Weinz carrad. dimid. Abbas de Victoria carrad. j. Item fratres de Seitz carrad. j. Item fratres de domo Teutonica carrad. j. Ch. de Celsach carrad. dimid. lili de Raswai carrad. j. Dominus Oholo de Marhburg carrad, j. u. s. w. * 2 3 4 ). Im Jahre 1283, Juli 1. (Marburg), beurkunden Marquardus judex, jurati et universitas civium in Marpurg, dass „Lipmannus de Razwei commu- nicatis manibus et consensibus heredum suorum unum mansum situm apud Vrezin et unam piscariam que vulgariter dicitur Wur ecclesie sancte Marie in Studenicz dedit in presencia nostra ut iure proprie- tatis sanctimoniales sorores ibidem domino famu- lantes perpetuis temporibus debeant possidere. In huius rei commutacionem sive compensacionem do¬ mina venerabilis Agnes priorissa et conventus loči eiusdem prefato Lipmanno unum mansum situm in Boschwig et dimidiam libram denariorum Greczen- sium contulit ut eodem iure proprietatis cum suis heredibus eundem mansum debeat perpetuo possidere. Optentum autem fuit coram nobis in forma iudicii quod hanc commutacionem facere liberam habuerit facultatem et prefatum mansum dedit cum omnibus attinenciis suis prefate ecclesie libere possidendum. Testes huius rei sunt dominus Walterus de Loten- berg, dominus Ulricus, dominus Cunradus frater suus de Marpurga, item Eberhardus, Gotschalcus, Heinricus de Weincz, Hertwicus, Fridericus jurati, Witmarus, Rudolfus frater iudicis, Rudolfus filius iudicis et alii quam plures. In huius igitur rei testi- monium presentibus literis sigillum nostre civitatis duximus apponendum. Actum et datum anno domini m. cc. lxxxiij. in octava sancti Johannis Baptiste" “). Ein Wlrich von Raswy taucht 1297 auf. In einer sonst nicht genauer datirten Urkunde des ge- *) Bazvvei ist offenbar eine falsche Lesung des Copisten. In der Vorlage durfte Razwei gestanden haben. a ) Steiermarkisches Landesarchiv, Cop-Pap., Nr. 1021 b; Org.-Pgt. im Wiener Staatsarchiv. 8 ) Steiermarkisches Landesarchiv, Nr, 1229, Org -Pgt. mit anhangendem weissen Wachssiegel der Stadt Marburg. 173 ‘DtlcuGui ^ ‘Uivte*, cRc?Ui/n*M/i ■■ ■ 'iRcojnJCin kau^ %-voCa, 'dMMV V /KlJWk S^i^vbien. £cwi/z^1 wb>‘ Fig. 123. Oebersichtskarte der Katastralgemeinden des Draufeldes. 1 : 115.000. 174 nannten Jahres verkauft er mit Zustimmung seiner Fran „ Elspeten und meiner chinde und andere(r) erben den gaistlichen vrovven ze Studenitz vierdlialbe hube di gelegen sint in dem dorfe ze Vrezen umbe niun marc pfenninge ane vierzic pfenninge gevvonlicher munze an der Steier march fur rechtez eigen“'). Die letzte mir bekannte Urlmnde, die wir iiber Rosswein aus dem Mittelalter liaben, stammt aus dem Jahre 1359; es ist das am 29. Janner des ge- nannten Jahres in der Burg zu Marburg (ze Marich- purch in der vesst) ausgestellte gegenseitige Ver- machtnis Gotfrids von Marichpurch und seines ohaim hern Hansen von Chunigsperch, vermoge dessen Ersterer Giiter in dem Saental bei Heckchenberch und bei Welen, Letzterer alle Eigen des Ersteren erhalten soli, darunter „an dem Pacher ainew und dreizzich hueben und ze Rasvvacli vierdhalb hueben und vier hofstet und zwo mul und darnach ze Chotseh zwo hueben und ain mul . . ,“ * * 3 * * * * ) Und endlich finden wir im St. Pauler Lehenbuch von 1408 folgende Aufzeichnung: „Hie sind ze merken die lehn die her Eberhart von Waltse (d. h. Wallsee) ze lehen bat von dem gotshaus zu sand Pauls im Lauental . . . item Raze, Razway, Radvvan . . .“ (d. h. Rass, Rossvvein und Rothvvein bei Marburg). Die Flurkarte zoigt auf den ersten Blick, dass die Mark von Rosswein in zwei Halften zerfallt: Unter- Rosswein (im Osten) und Ober-Rosswein (im Westen). U n t e r - R o s s w e i n ist ein kurzes, sehr dicht ge- bautes Gassendorf. Die hiezu gehorige Flur erstreckt sich gegen Nordosten und Siidosten. Die Aecker liegen imGemenge; allein zu einer durchgebildeten Gevvann- eintheilung ist es nicht gekommen 8 ). Es vverden viel- *) Steiermarkisehes Landesarchiv, Nr. 1544, Org.-Pgt. — Siegler sind Ulrich der vreie von Sevneke und die stat ze Marchburch; Zeugen her Ulrich der vreie von Sevneke, Eberhart von Visel, Rudolf der veizt, \Vtzeman von Rohits und drei Planchenstainer, Heinrich, Rudolf und Gotschalch. — Die Urkunde liegt in zwei Originalausfertignngen, deutsch und lateinisch, vor. Beim deutschen Original ist das (heraldisc.h) rechts anhangende Siegel der St.adt Marburg, beim lateinischen das (heraldisch) rechts anhangende Siegel Ulrichs von Seunek erhalten. Zu bemerken ist, dass im lateinischen Text.e der Raum fur den Zeugen Rudolfus pinguis urspriinglich frei- gelassen und der Name erst spiiter mit bliisserer Tinte ein- gefiigt wurde. 2 ) Steiermarkisehes Landesarchiv, Nr. 2686 a, Cop.-Pap.; Org.-Pgt. im Archiv zu Gschwendt. 8 ) Gemengelage und Gewannlage sind keinesvvegs zu ver- wechseln, wie dies beispielsweise durch G. F. Knapp, „Grund- herrschaft und Rittergut.“, 107 fg., geschehen ist. Bei der successiven Vermehrung des Ackerlandes durch Rodung kann immer nur eine Gemengelage, d. h. eine mehr minder will- mehr die gevvannartigen Streifen nahezu iiberall durch Blocke und grossere Parcellen unterbrochen. Im aussersten Nordosten liegen der Gemeindewald Spodnja Dobrava (vom slov. dob — Eiche; also: untere Eichenwaldung) und das Ried Ledina (vom slov. ledina = Brachland), theils Acker, theilsWald. Ehemals war wohl auch die Ledina Gemeindegrund, wie dies die Lage vermuthen lasst; jetzt ist sie parcellirt. Jedenfalls pflegte dieser Theil der Flur, wie der Name andeutet, durch liingere Zeit brach zu liegen (Dreischvvirthschaft) und wurde vermuthlich erst, als er sich fiir Zvvecke des Ackerbaues als un- geeignet ervvies, zur AValdcultur verwendet. Ober-Ross wein zerfallt selbst vvieder in zwei verschiedene Theile. Zunachst haben wir im Nord- westen einen geschlossenen Einzelhof (Nr. 61) mit dessen vielen Splittern (Nr. 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 72 und 73). Der ganze einst offenbar zusammengehorige Complex an Wald, Weiden, Obst- und Weingarten, kurliche Promiscuitat der Aecker entstehen. Die Gevvann- lage, d. h. eine qualificirte Promiscuitat der Aecker kann jedoch nur rati onal ist i sch erklart. worden. Allerdings ist es nicht die Gemeinde als solehe, welche die Fiur in regel- massige Abschnitte (Gewanne) der Gute nach theilt, die Ge- vvanne dann in Streifen zerlegt und jedem Bauer einen solehen Streifen in jedem Gewann anweist., sondern dies besorgt, wenn auch nur mittelbar, der Grundherr. Man braucht deshalb, um die Gevvannlage zu erklaren, weder den alten Germanen zu einem Fanatiker der Besitzesgleichheit zu stempeln, noch braucht man zwei ganz verschiedene Begriffe durcheinander zu werfen. Dass die gegebene Erklarung eine sehr spate Entstehung der Gewannlage annimmt., hat nichts zor Sache, denn es ist ja doch durch Hildebband in jiingster Zeit ervviesen worden, dass die Hufenverfassung nichts Ur- spriingliches ist („Recht und Sitte auf den untersten wirth- sc.haftlichen Culturstufen“). Erst wenn es eine G r u n d- herrschaft gibt, die f e s t f i x i r t e, vom factischen Ausfall der Ernte unabhangige Zinsungen fordert, bildet sich eine Hufenverfassung und in deren Folge eine Gewann- lage der Aecker. Die Gleichheit. ist erst eine Folge des grund- herrlichen Zvvanges. Dass die raumliche Vertheilung nicht vom Grundherrn selbst, sondern von der Gemeinde besorgt witd, ist immerhin moglich. Indem vom Grundherrn der Anscblag auf das ganze Dorf gemacht. vrarde, hlieb es der Gesammtheit, der Dorfinsasšen iiberlassen, die Anlage auf die Einzelnen zu machen. Fiir die Aufbringung der Zinsungen waren die Bauern solidarisch haftbar, daher die Gemeinde die Befngniss bekam, das Land zweckmassig zu vertheilen. In einem solehen Falle ist es dann die Gemeinde, die die Flur nach Gewannen u. s. w. auftheilt; allein deshalb ist die Gewannlage, hezw die „Feldgemeinschaft“, trotzdem kein Aus- fluss freier Vereinbarung (contrat, social), sondern eine Folge grundherrlichen oder fiskalischen Zwanges. Vgl. Hildkupanp, 1. c., namentlich 183 fg. 175 sowie einigen wenigen Aeckern und Wiesen ist in Blocken unter die Splitter des Einzelhofes vertheilt. Es ist niclit im Geringsten zweifelhaft, dass der er- vvahnte Einzelhof (und dessen Splitter) die in den Urkunden von circa 1100 und circa 1130 vor- kommende curtis stabularia, der Stadelbof, die Scliweigo der Grafen von Sponheim ist. Nocli heut- zutage ist ein grosser Theil dieses Gebietes Weide- bezvv. Wiesengrund. Die urspriingliche Grosse des Stadelhofes ist mit Sicherheit nicht zu bestimmen. Jedenfalls gehorte dazu das ganze Ried Mravljin mit 33'87 ha, aller Wahrscheinlichkeit nach umfasste jedoch die curtis stabularia mindestens 1—2 Konigs- hufen 1 ). * Das Dorf Ober-Rosswein selbst wird von einer Kettenreihe von Gehoften gebildet, die knapp ostlich vom Einzelhofe (Nr. 61) beginnt und sich in einem Bogen nach Siidwesten um den Zitterberg windet. Die nordlicheren Gehofte besitzen gegen Nordosten eine Mark fiir sich. Die Vertheilung ist auch in Ober- Rosswein meist nach Blocken geschehen. Diese Kettenreihe ist die eine „medietas oppidi K der Urkunde von circa 1100; die zweite Halfte vvare das friiher beschriebene Unter-Rossvvein. Mit Hilfe der beiden schon oft citirten Urkunden und der Karte konnen wir sogar ersehen, wie sich die Ge- briider Bernhard und Engelbert von Sponheim in ihren Rossweiner Grundbesitz theilten. Die curtis stabularia bewirthschafteten sie gemeinsam; die medietas oppidi adiacentis, d. h. Ober-Rosswein, stand im Besitze Bernhard’s, Unter-Rosswein in dem EngelberPs. Die villa Razwei der Urkunde von circa 1130 kann daher nur Unter-Rosswein sem, da nur dieses zur hereditatis portio, zum Erbtheile Engel¬ berfs von Sponheim gehorte. Ganz Ober-Rosswein mitsammt der curtis ist von einem IValdgiirtel umschlossen, der namentlich im Norden (Ried „Unter dem Bachern“) sehr breit ist und ehemals ganz der Gememde gehort hahen diirfte. Jetzt ist das siidwestliche Stiick theils an Gemeinde- angehorige, theils an Fremde aus der stidlich an- grenzenden Gemeinde Pivola vergebon. Siidsudvvestlich vom Einzelhofe (Nr. 61) steht im siidlichsten Riede „An Piwola“ die Kirche von Rosswein, eine Filialkirche der Hauptpfarre Kotsch. v. Felicetti hat in der „ecclesia Razvvei", die circa 1130 genannt wird, die Pfarre Kotsch erkennen >) Der Maierhof St. Johann bei Altendorf an der Drau — vermut.hlich auch eine ehemalige curtis stabularia — um¬ fasste beispielsvreise zvvei Kdnigshufen zu 48 81 ha. Mittlieilungeu d. Antlirop. Gesellsch. in Wien. Bd. XXVIII. 1898. wollen'), was ich nicht fur glaublich halte. Einer- seits wiirde es vereinzelt dastehen, wenn Kotsch circa 1130 den Namen ecclesia Razwei fur das sonstige plebes de Choz (1146) u. a. triige. Anderer- seits lasst die enge stilistische Verbindung curtis et ecclesia Razwei eine enge raumliche Zusammengehorigkeit vermuthen, so dass vvir es mit einer vom Grundherrn auf eigenem Roden fur seine und seiner Leute Bediirfnisse errichfeten Kirche zu thun hatten. Ware diese ecclesia Razvvei Pfarrkirche gewesen, so hatte man doch in jener Zeit viel eher plebes de Razvvei gesagt, und dann hatte sie als Pfarrkirche ohne Zustimmung des Patriarchen von Aquileia wohl kanm vom Sponheimer ohnevveiters an St. Paul, das noch dazu in einem fremden Metropolitansprengel lag, vergeben werden konnen. In der gleichen Urkunde von circa 1100, in vvelcher die curtis et ecclesia Razvvei erscheint, kommt eine curtis et ecclesia ad Gamniz vor, und Gams hat „von allter zu der pharr gen Marchburg gehort" 2 ); daselhst vvird vveiters eine curtis et ecclesia ad Sac- cah ervvahnt. Es ist St. Johann im Saggauthale (bei Arnfels) eine Filialkirche von Leibnitz 8 ). Mit Recht glaube ich daher auch in der ecclesia Razvvei die heutige Kirche von Rossvvein, nicht die Pfarre Kotsch, sehen zu miissen. Ist alles dies richtig, dann vvaren sammtliche in den Urkunden von circa 1100 und circa 1130 auf- gezahlten Objecte auf der heutigen Flurkarte dem- nach ermittelt: der Stadelhof, die reliqua medietas oppidi adiacentis, die ecclesia und die villa Razvvei. Es eriibrigt noch die Hufenzahl von Rossvvein zu untersuchen. Das Areal von Rossvvein betragt, 12’910ha an Wegen abgezogen, 667‘506 ha, d. h. eine Flache von 14 Konigshufen zu 47-679 ha. Wie reimen sich nun die urkundlichen quin- decim mansi regales mit den vi er z eh n, die in Wirklichkeit vorkommen? Sind etwa 15 Konigs¬ hufen zu 45‘361 ha vorhanden, also das Ausmaass des mansus regalis ein geringeres als sonst? Es ist kaum anzunehmen, dass vor der Ver- gabung koniglichen Eigens von Seiten des Verleihers ‘) Beitrage, X, 103. 2 ) Beitrage, X, 105. Allerdings vermuthet bei Gams v. Felicetti, dass es die urspriingliche Pfarre gewesen, deren Recht,e erst bei der Griindung des Marktes Marburg dahin iibertragen vvurden. Ich halt.e dies aus den gleichen Griinden, wie bei der ecclesia Razwei, fiir unwahrscheinlich. 3 ) Beitrage, X, 86. 23 176 eine genaue Vermessung vorgenommen wurde. Wohl aber diirfte der zu Beschenkende das ihm in Aus- sicht gestellte Land annahernd richtig ■— wenn auch vielleicht nur nach dem Augenmaasse — ver- messen haben. Vorsichtshalber wurde daher jene immer und immer vviederkehrende Wendung in die Urkunde aufgenommen: falls in dem ihm ange- wiesenen Territorium die in der Schenkungsurkunde angegebene Zahl von Konigshufen nicht zu finden ware, moge er dieselbe aus den anliegenden Land- strichen vervollstiindigen. Durch einen solchen Vorgang ist meines Er- achtens die Discrepanz zwischen der Urkunde von 985 und der Wirklichkeit am einfachsten zu er- klaren. Auf das locale Ausmaass der Konigshufe bat jedoch die geschilderte Vermessungsart gevviss keinen Einfluss gehabt. Die Konigshufe war ein f e s t- stehendes Maass, das im ganzen frankischen bezw. deutschen Reiche gleich war, von kleineren, ganz unbedeutenden Schwankungen zwischen 47 bis 50 ha abgesehen. Die geordnete Verwaltung des karolingischen Kammervvesens forderte unbedingt ein einheit- liches, uberall verstandenes Landmaass, und dies war eben die Konigshufe. Das Capitulare Aquisgranense secundum de justitiis faciendis ex lege Salica Romana et Gundobada von 813, worin unter XIX de villicis, quid facere debeant zuerst ein mansus regalis er- wahnt wird, gilt dem Eingange nach fiir die Konigs- boten des ganzen Reiches und setzt notlmendig voraus, dass die villici wissen, was eine Konigs¬ hufe ist ‘). Wenn nun auch bei der wirklichen ortlichen Zuweisung geringwerthiges Nebenland in die Ver¬ messung einbezogen wurde, so musste Bestimmtheit iiber das richtig e Ausmaass der Konigshufe den- noch bestanden haben * 2 * ), und dann diirfte solches Nebenland nie in dem Maasse herangezogen worden sein, dass es die Grosse des mansus regalis vvesent- lich beeinflusst hatte, dass die geringere Qualitiit durch grossere Quantitat oder umgekehrt die bessere Qualitat durch geringere Quantitat aufgewogen worden ware. Hier musste etwas vveiter ausgeholt werden, da in jungster Zeit die Berechnung der Konigshufe in ‘) Meitzen, Volkshufe und Konigshufe 39; vgl. auch sein Siedelung und Agrarwesen, II, 554 fg. a ) Meitzen, Volkshufe und Konigshufe, 45. Steiermark auf rund 48 ha ‘) — also die vollige Conformitat mit andervvarts vorkommenden Konigs- hufen — in Zweifel gezogen wurde 2 ). Es ist viel- mehr anzunehmen, dass die Konigshufen im ganzen Reiche gleich gross (47 — 50 ha) waren. Falsch ware es daher in unserem Falle, auf die Urkunde von 985 gestiitzt, zu behaupten, Rosswein hatte 15 mansi regales zu 45'361 ha umfasst und die in Steier¬ mark urkundlich genannten Konigshufen seien daher kleiner als anderswo vorkommende, vvahrend dies in Wirklichkeit unrichtig ist und in Rosswein, wie gezeigt wurde, nur vierzehn Konigshufen zu 47-679 ha ausfindig gemacht werden konnen. II. Zirkowitz. (Slov. Cirkovce; 11 km sudsudwestlich Peiiau; 1825 .) Urkundlich erscheint Zirkovvitz zuerst 1237. Richza, uxor domini Ottonis de Chungesperch, widmete damals dem Kloster Studenitz — einer Stiftung ihrer Schwester Sophie von Rohitsch — mit Zustimmung ihres Gatten und ihrer Sohne von dem ihr zugefallenen Erbtheile zvvanzig Hufen „sitos in Čampo videlicet in Drascoy (Strasgoinzen), Dresgoysdorf (Drasendorf), S tu d e (Zirkovvitz) et Mamol (Mlamone) . . . .“ a ). Dieser Besitz wird dann 1249 vom Patriarchen Bertold von Aquileia dem Kloster bestatigt 4 ). Dass hiemit nur ein Theil von Zirkovvitz an Stu¬ denitz vergeben wurde, zeigt eine Urkunde von 1404 (April 18., freytag vor s. Georgentag), in welcher *) Peiskeu, im 11. Berichte der historischen Landescom- mission fiir Steiermark. 2 ) Mele, Zur Geschichte des Ausmaasses bauerlichen Be- sitzes in Steiermark, „Zeitschr. f. Social- und Wirthschafts- geschichte“, IV. Bd., 97 fg. Der Bevveis, dass „die in Steier¬ mark urkundlich nachureisbaren Konigshuben in Sachen ihrer flurmiissigen Eintheilung und conformen Aus- bildung jenen im grossen frankischen Reiche nachfolgten“, ist nicht not,hwendig. Bei der Konigshufe ist ja doch nur das Maass von 47 — 50 ha et,was Bestimmtes; die flurmassige Eintheilung hat auf die Charakterisirung der Hufe als Konigshufe nicht den geringsten Einfluss. Die Konigshufen in den Bremer Marschen, im Hersfelder Zehentlande, bei Stillfried u. s. w. sind in langen Streifen ausgemessen worden; im Mosellande sind sie theils als Areale, an denen mehrere Hofe in eigenthumlicher Weise betheiligt wurden, theils als abgerundete Einzelhofe ausgethan worden; in Amtmannsdorf auf dem Draufelde wurden sie vvieder nach Gewannen vertheilt,. Vgl. auch Meitzen, Volks¬ hufe und Konigshufe 52 und Siedelung III, 560. Hiemit soli jedoch nicht geleugnet werden, dass man Konigshufen urspriing- lich meistens in langen Streifen angevviesen hat. s ) v. Zahn, Urkundenbuch, II, 472, Nr. 363. ■*) Steiermarkisches Landesarchiv, Cop. Pap., Nr. 638. 177 Jošti Raumbschissl Achazen Reichenburger vj hueben zu Unser frauen zae Stauden im Trafelldt verkauft ‘). Urbariale Notizen iiber Zirkowitz sind aus dem Mittelalter nicht erhalten. Zirkowitz ist ein Gassendorf mit selu- regelmassig gegliederter Gasse, an deren ostlichem Ende das Pfarrhaus, die Kirche und die Schule stehen. Diesen gegeniiber befinden sich — einen Ausbau aus der Gasse bildend — viev Hofstellen, darunter der ehe- malige Maierhof des Klosters Studenitz (Nr. 33, das nocli jetzt den Vulgonamen Marovšek fuhrt). Ueber- dies stelien auf der Bauparcelle von Nr. 33 noeli zwei Keuschen. Der Maierhof, der sonst nur in den augenscheinlich spat parcellirten Gemeindegriinden und in den nordlich von der Schikola-Pettauer Strasse gelegenen ehemaligen Dominicalackern mit einigen wenigen Streifen vertreten ist, besitzt, unmittelbar nordlich an seine Bauparcelle angrenzend, ein ziemlich grosses (11 Joch 1395 Qu.-Kl.) Stiick Ackerland. Es ist selbstverstandlich ehema.liges Domanialgut. Die siidliche Gasse wird im Osten von einem nach Sesterže bei Monsberg fiihrenden Wege begrenzt. Jenseits desselben steht noch das Haus Nr. 29, das wieder hart an der dstlichen Dorfgrenze — von seiner Hofsteile gegen Suden — in einem Stiick, den Garten- acker nicht eingerechnet, 5 Joch 1230 Qu.-Kl. besitzt. Sonst ist dieser Bauer mit Parcellen auch nur in der Gemeindeweide vertreten. Muthmasslich gehorte dieser ganze an der ostlichen Dorfgrenze gelegene und nun unter Nr. 33 und 29 getheilte, der Grosse nach einem mansus sclavonicus entsprechendeComplex einst zusammen zum Studenitzer Maierhof. Die Aecker von Zirkowitz sind gewannartig ver- theilt. Die Streifen laufen in gleicher Richtung — von Siidwest nach Nordost — bis zur erwahnten Schikola-Pettauer Strasse. Einige dieser Streifen (z B. der von Nr. 22) gehen vom Dorfe bis zur Strasse un- unterbrochen durch sammtliche Gewende, von kleineren Verschiebungen abgesehen. Ebenso ist im Suden des Dorfes das Ried „Za delci“ gewannartig aufgetheilt. Dasselbe gilt von der parcellirten Gemeindeweide (Ried „Gmajne“) Dagegen ist der siidlichere Theil derselben, der von der ehemaligen Umzaunung Ograja (d. h. Zaun) 2 ) genannt wird, in grosseren unregel- massigen Blocken aufgetheilt. In den beiden letzten Rieden sind auch Nichtgemeindeangeborige, z. B. aus Medvetzen, Saukendorf und Haidin, vertreten. Wahr- ‘) Steiermarkisches Landesarchiv, Ausz. Pap , Nr. 41551). 2 ) Auf der Flurkarte in Okreja verballhornt. scheinlich haben sie ihre Parcellen durch Kauf oder Tausch erworben. An das Ried Ograja grenzt ein zweites Gmajne genanntes Ried; es ist noch unver- theilter Gemeindegrund. Die siidlichste Lage endlich sind die Čretniki (Tschretniky! ?), vom slov. čret, der Sumpf. Es sind parcellirte, iiberaus nasse Wiesen, ja im aussersten Siidwesten theilvreise ausser Cultur stehender Sumpf. Die ganze sudliche Flurhalfte wird von fiinf Quer- und acht Langscanalen, die zu Zwecken der Ent- wasserung angelegt wurden und vom Volke izpuš- čavniki genannt werden, durchzogen. Ausserdem durchfliessen sie drei Biiche; der Rekabach, der an der ostlichen Flurgrenze eine Mulile treibt, der Glina- bach (Gliuna der Karte) als Grenzbach zwischen den Rieden Gmajne und Čretniki, endlich der Črnicabach (Tschernitz), welcher eine Zeit lang die sudliche Fdur- grenze bildet. Zum Dominium gehorte ehemals ausser dem Complex um den Maierhof der ganze Tlieil der Flur, der nordlich von der schon ofter erwahnten Schikola- Pettauer Strasse liegt. Es ist noch beute die Tra- dition lebendig, dass die Zirkowitzer Bauern diese Grundstiicke — es sind lauter Trisch- oder Dreisch- felder (slov. prelogi)') — von der Herrschaft Stu¬ denitz kauflich envorben hiitten. Dies ist um so wahr- scheinlicher, da Schmutz in seinem Hist.-topogr. Lexikon von Steiermark (IV, 134) unter Studenitzer Besitzungen Trischfelder zwischen Ebensfeld und Zirkowitz erwiihnt, die zur Zeit der Katastrirung Studenitz nicht mehr gehorten. Jetzt sind die Grund- stiicke in Blocken unter Zirkowitzer Bauern vertheilt; allein es sind auch mehrere Auswartige aus Drasen- dorf und Staroschinzen, ja sogar die fremde Gemeinde Staroschinzen mit einigen Parcellen hier vertreten. Theilweise miissen diese Trischfelder fruher Eichen- gestrupp gewesen sein, da ein Ried noch den Namen Hrastinji prelogi (vom slov. hrast, die Eiche) fiihrt. Zirkowitz hat ohne Dominicalgrund, Wege und Gewiisser ein Areal von 222R74 ha und da es sich kartenmassig bis auf zwanzig Stelien reduciren lasst,, wiirden auf eine Hufe 11'137 ha entfallen. Zirkowitz ware demnach nach s. g. mansi sclavonici besiedelt worden. Ob jedoch diese Bodenvertheilung die urspriingliche ist, lasst sich dermalen noch nicht entscheiden. l ) D. h. Felder, die nur einmal, gewohnlich mit Bluthirse (Himmelthau), bestellt und dann durch drei bis sechs Jahre zur Weide verwendet werden. 23 * 178 III. Drasendorf. (Slov. Z dr gonj a (oder Dragonja) vas; 11 km sudsud- westlich Pettau bei Zirkowitz; 1825 .) Drasendorf bei Zirkowitz -— nicht zu verwechseln mit dem auch im Draufelde siicllich von Haidin bei Pettau gelegenen Drasendorf (slovenisch Draženci) — ist schon wiederholt Gegenstand von agrargeschieht- lichen Besprechungen gewesen. Meitzen (Siedelung nnd Agrarwesen, II, 398, III, 415 fg. mit einer Karte) fiihrt es als Muster der Aniagen im oberen Pettauer Felde an und hauptsachlich ihm folgend bat es auch v. Inama-Sternegg eingebend behandelt 1 ). Urkundlich erwahnt wird Drasendorf zuerst 1237 in der schon bei Zirkowitz citirten Urkunde, worin Richza von Konigsberg an das Studenitzer Kloster 20 Hufen zu Strasgoinzen, Drasendorf (Dresgoys- dorf), Zirkovvitz und Mlamone schenkt. In der 1249, 27. October, zu Schorphenberch (Sofumbergo bei Cividale) ausgestellten Bestatigung des Patriarchen Bertold von Aquileia wird Drasendorf zum zvveifen Male genannt s ). Im Jahre 1253 (6. Juni, Assissi) bestatigt Papst Innocenz IV. dem Studenitzer Kloster „quascunque possessiones quecunque bona eadem ec- clesia impresentiarum iuste ac canonice possidet", darunter „villasque Tudeniec.Grissendorf, Shabrattin, Grasegestorf, Tresegestorf (Drasendorf), Eigen, Gremmen, Kotterasdorf vulgariter appellantur s )“. Im Jahre 1263 (25. Mai, o. O.) beurkundet Sophia humilis vidua Jhesu Christi, dass sie „post mortem quondam dilecti mariti mei Richeri de Sunek . . . ad fundandum monasterium ... in loco ‘) Interessante Formen der Flurverfassung in Oesterreich in den Mittheilungen d. Anthrop, Gesellsch. (Sitzungsberichte), XXVI. Bd., 55 fg. Ein kleines Versehen ist es, wenn v. Inama 1. c. Draženci als den slovenischen Namen von Drasendorf bei Zirkowit,z angibt. Die Annahme Meitzen’s, 1. c., II, 400, III, 510 und nach ihm v. Inama’s, 1. c., 56. dass die Bauart, der Hauser slavische Elemente (Vorliallen) zeige, durfte nicht ganz richtig sein. In Drasendorf, wie uberhaupt anf dem Draufelde, ist der herrschende Typus der sogenannte frankische und jene im Grundrisse auf der Katastralkarte bemerkbaren Vorsprunge, die man als slavische Voihallen auffasste, sind nichts Anderes, als die gedeckte Auffahrt auf die Scheune. Darin wird wohl kaum etwas specifisch Slavi- sches zu sehen sein. a ) „Sane Rychtza memorata viginti mansos dedit sepe nominate fundationi sitos in Čampo apud Dresigoys- torfe (Drasendorf), Stauden (Zirkowitz) et Mamol (Mla¬ mone) cum ratiabitione mariti sui Ottonis puerorumque suo- rum predictorum omniumque coheredum.” Cop. Pap. Nr. 638 im steiermai'kischen Landesarchiv. 3 ) Steiermarkisches Landesarchiv Nr. 686, Org.-Pgt. mit anhangender Bleibnlle. qui vulgo Studeniz dicitur . . . bona hereditatis mee . . . condonavi . . . Volens autem ut super huius- modi donatione omnis cesset controversia . . . par- tem hereditatis que me contingebat in castro Staeten- burch . . . beredibus ac amicis meis (namlich fratri meo domino Hainr. et filio eius nomine Hainr. de Rohats et sororiis meis domino Ottone de Chunges- perch, Hainrico de Wilthosen nec non beredibus ipsorum) resignavi bac adhibita tamen pactione qua- tinus ipsi prelibate donatione mee ... si quod post obitum meum in cunctis bonis que contuli mona- sterio pretaxato babere viderentur utpote advocacie vel alterius exactionis seu dominii cuiuscumque velud in communitatibus silvarum ac paseu- o r u m ‘) certarumque inpetitionum iuxta morem patrie, quocunque nomine censeantur, plenarie renun- tiarent . . . Sunt autem bec bona que contuli rnona- sterio memorato, predicta villa Studeniz in qua sunt x man.si cum silva superius adiacente, item in villa que dicitur Criescendorf in qua sunt xij mansi, item in villa que dicitur Bucholacb iii mansi, item in villa que dicitur Pobresach unus mansus et unum pratum, in villa Losenz iiij nr mansi, in villa Grede ij mansi, in villa Sdresgoesdorf 2 ) x mansi, in villa Drasgowesdorf 3 ) viijk mansi, in villa Terztoniz ij= mansi et dimidius 4 ).“ Ob die Notiz, die das sogenannte Rationarium Stiriae von 1265 bei der Aufzahlung der Zehente in officio Marchpurcb auf f. 161 (Raucjh, II, 170) bringt: „Aput Draxen v. mansi simili censu“ (nam¬ lich mel et quilibet unum porcum et tota villa unum agnum) auf Drasendorf zu beziehen ist, ist nicht ohne Zweifel. ‘) Also noch ganz dieselben Zustande, wie sie Hilde- beand, Recht. und Sitte, 164 fg., fiir den Beginn der Grund- herrschaft am Ausgange der Karolingerzeit nachgevviesen hat. DerAckerbau drangt zurTheilung des Gut.es oder der Grund- herrschaft, daher sich die Theilung auch nicht auf Wald-und Weideland erstreckt Dieses bleibt in gemeinschaftlicher Nutzung, allein es besteht mit Bezug auf dasselbe nicht etwa Gesammteigenthum, sondern Miteigenthum, daher jeder Ein- zelne iiber seine Quote frei verfugen kann („bona hereditatis mee condonavi” in obiger Urkunde), Einer von den Griinden, dass das AValdland ungetheilt bleibt, wird auch darin zu suchen sein, dass man bei einer etvvaigen Rodung vieler Arbeitskrafte bedarf, wiihrend der Einzelne nur iiber wenige solcher verfiigt. a ) Strasgoinzen. s ) Drasendorf. 4 ) Siegler sind Herzog Ubhch von Karaten, Bischof Bruno von Olmutz, Bischof Dietrich von Gurk, Hainricus de Rohats, Otto de Chungesperch und Hainricus de Wilthosen. Unter den Zeugen : Hertvvicus de Mansperch, Otto de PulzgAv. Org- Pgt.. Nr. 809 im steiermarkischen Landesarchiv. 179 — Eine vveitereNaehricht stammt a,us dem Jahrel313. Am 13. October 1313 bekunden zu Marburg (dacz March- purcli . . . des naesten samztages nach sande Dyo- nisen taeh) »Walker hern Eberhartes sun von March- purch ant Margaret sein hausfrawe, daz wier mit unser paider hanten ant mit unserm gueten willen unt mit aller unser erben hanten der sune unt der tohter unt mit irrem willen swester Annen der priolinne von Ge- naden prunne unt ier sammunge ze chaufen geben haben ze rehtem aygen um ainen vierduneh unt um vier markch silbers Graeczer gewegens unser hueben dacz Dresig6ysdorf da Maert auf gesezzen ist mit allem daz dar zue gehoeret ez sey gepauwen oder unge- pauwen, gesuecht oder ungesuecbt, ez sey holcz wismad oder akcher oder wie es genant ist ..." ’)• Audi die Karthause Seitz war um die Mitte des XIV. Jahrhunderts hier begiltert, denn 1357 ver- kaufen Prior und Con ven t des Klosters Seitz 79 Hufen im Draufelde an Herzog Albrecht 11 von Oesterreich, darunter »achczehen cze Drasendorf . . . und dient ein iegleicher neun mess rokken und drit- halb mess habern chlostermass" 2 ). Fiir das Jahr 1436 bringt uns das Lehenbuch der Grafen von Cilli die Aufzeichnung: »Barbara Jorigen von Lemburg seligen tochter, Maynharten des Kellerwerger elichew hawsfraw liat, ze lehen enphangen ir und iren erben sun und tochtern . . . item zu Druksendorf zwo huben. . .“ s ). Drasendorf ist das Muster eines regelmassigen Gassendorfes. Audi die Form der Flur verrath eine gevvisse Regelmassigkeit; sie ist ein vollkommenes Parallelogramm von 2680 KI. Lange und 200—300 KI. Breite. Die Aecker liegen vom Dorfe gegen Norden, und zwar in Gewannen, die in einer einzigen Richtung — von Sixdwest nach Nordost — verlaufen. Die siidliche Hiilfte der Flur war ehemals grosstentheils Gemeindeweide (Riedname »Gmajne") und ist jetzt zu etwas mehr als einem Drittel parcellirt. Ebenso ist die siidlichste Lage, Čretniki, — vermuthlich auch einstiger Gemeindegrund — unter elf Bauern vertheilt,. ‘) ,„Des sint gezeuge dise purger von Marchpurch her Ruedolf, Maerthel sein sun, Chunrat der Pauch, Fridreich der Cink, Walther, Ulreich der Koschacher, Haerdel der chursnaer unt ander erwaere leut den ez gewizzen ist.“ Org - Pgt. Nr. 1785a und Cop. XVIII Jh. im Archivium seu Co- piale fundationum ac privilegiorum conventus Fontis Gratiae in Studeniz Ord. Sti. Domin ici (Hs. 910), S. 86, Nr. 58 im st.eiermarkischen Landesarchiv. 2 ) Org.-Pgt. Nr. 2629b im st.eiermarkischen Landesarchiv. 8 ) Hs. 242, f. 70' im steiermiirkischen Landesarchiv. Die Besitzgrdssen sind sehr verschieden und vvechseln zvvischen 3 ha und 15 ha Auffallend ist, dass Nr. 26 — auf der von Mkitzkn und v. Inama gebrachten Karte mit a bezeichnet — das im Uebrigen nur wenigGewannparcellen hesitzt, unmittelbar hinter den siidlichen Gartenackern einen quadratformigen, sechs Bauern absperrenden Strich Landes in der Grosse von 4 - 982 ha bei einem Gesammtbesiize von 12 564 ha bat. Eine Erklarung fur diese Absonder- licbkeit ist schwer zu geben. Dass wir eine privi- legirte Hufe vor uns hatten, ist undenkbar, denn die Hufe bat die in Drasendorf tibliche Durch- schnittsgrosse von 12 ha. Es ist vielmehr anzu- nebmen, dass diese Absonderliclikeit durch eine im Wege von Kauf, Tauscb u. A. vollzogene Arrondirung entstanden ist. Die sonstigen Hofstellen baben ihre Aecker, vvie ervvabnt, in Gevvannen, die fast, iiberall die gleicbe Reibenfolge der Besit.zer zeigen. v. Inama vermuthet I. c., dass diese Reihenfolge durch das Los bestimmt wurde, da sie mit der Reihenfolge der Stellen im Dorfe nicht iibereinstimmt. Einige Stellen, z. B. Nr. 10 und 11 (durch Theilung aus einer Hofstelle entstanden) oder Nr 20 ‘), baben dureblaufende Streifen, wie sie bei flamischen Anlagen vorkommen. Wenn auch jetzt nur wenige Bauern solche Streifen besitzen, so ist es docb denkbar, dass urspriinglich jeder Bauer sein Ackerland in einem von seinem Hofe aus bis zur nordlichen Dorfgrenze durch alle Gewende gehenden Streifen angevviesen erhielt. Kartenmassig lasst sich Drasendorf auf zwanzig urspriinglicbe Stellen reduciren. Von den 27 Hofstatten, die uns die Karte von 1825 zeigt, sind vier Keuschler (Hausler) und sechs sind durch Theilung aus drei ganzen Bauernhufen entstanden. Ihre Grundstiicke liegen zum Bevveise der Theilung noch gegemvartig in allen Gevvannen nebeneinander. Bei einer Gesammtflache von 263'574 ha, die Drasendorf nach Abzug der Wege und Gewasser hat, vvtirden auf 1 Hufe 13 p 179 ha entfallen. Al so wurde vielleicht auch Drasendorf nach sogenannten mansi sclavonici besiedelt 2 ); ob dies schon bei der ursprunglichen Besiedelung geschehen, hat die vveitere Forschung aus etwaigen Analogien im Draufelde zu entnehmen. ‘) Auf der Mun-zKidschen Karte mit ji und q bezw. g bezeichnet. 2 ) Die Angabe bei Mf.itzen, Siedelung und Agrarwesen, II, 399, die Flur von Drasendorf berechne sicb auf20Konigs- hufen, beruht offenbar auf einem Verschreiben. 180 IY. Micheldorf. (Slov. Mihovce; 10>/ 2 km siidwestlich Pettau; 1825 .) Auch tiber Micheldorf sind die urkundliehen Nach- richten nicht besonders reichhaltig. Zuerst wird es am 18. October (an sand Lucas tag) 1384 in einer zu Pettau ausgestellten Urkunde genannt. In dieser vertauscht Cunrat Rawmscliiissel mit Abt Niklas und dem Convent zu Victring „unser freye aygene guter die wir gehabt haben in Kerndten umb Hollenivurkg und sind die guter als das hernacli an dem brief gesclirieben st.eet, dacz Aich ain huben da .Ničla aufsiczet, dacz Cedrasen ain hub do Mert Deesing aufgesessen was, dacz sand Margreten ain hub do Gregor aufsiczet, dacz Guttesdorf ain hub do Michel aufgesessen ist, dacz Ernstorf drey huben do Jakicz und Janes aufgesessen waren, dacz Mestczew drey huben do Jošt und Ničla aufgesessen sind, in dem Leontal ain wismet gelegen und zway tail zehent dacz Mewszling und ainon zehenten bey Rotenstain gelegen und ain holczstat im Perntal gelegen, darczu haben wir in geben . . . gelts zway und dreyssig phunt wiener pfenning u . Wegen etwa mangelhafter Vertretung soli „sew darumb unser herr von Pettaw“ und, wenn dieser siiumig, „der landesherr in Steyer“ wehren. „Dawider hat der erwierdig abbt Ničla ze Vittringen . . . mir aufgeben ain aygen freyes dorf das sy gehabt habent ligen in dem Traueld zwischen Dorseindorf und Pletriach, das genant ist Munch- dorf mit aller zugehorung" *). Gegen Ende des Mittelalters gehdrte Micheldorf zur Herrschaft Lembach, denn in deren Stockurbar 2 ) von circa 1480 heisst es: „Noch sind verhanden zway dorfer mit namen sand Ničla (= St. Nicolai im Drau- felde) und Munichstorff (Micheldorf) die hat herr Jacob Zagkl nun bey acht jaren innen, die swllen auch her dienn(en)“. Micheldorf ist ein regelmassig gegliedertes Gassen- dorf. Die Ilorfstatt nimmt mehr als die halbe Flur- breite ein und liegt knapp oberhalb der den sud- lichen Theil der Flur einnehmenden Wiesenregion. Die Ackervertheilung erfolgte nach Gewannen, deren Streifen bis zum Pettauer Wege in der Mitte der nordlichen Flurhalfte in derselben Richtung — von Siidwest nach Nordost — liegen. Moglicherweise 0 Siegler: „Ulrich von Poppendorf die zeit schaffer zu Pettaw und darczu mein lieber swager Herman der Rosen- berger“. Steierm. Landesarchiv Nr. 3o02 b , Cop Pap. aus dem Copialbuch von Viktring, XV. Jahrh., f. 122' im Archiv des karat, Geschichtsvereines. 2 ) Steierm. Landesarchiv, Stockurbar Nr. 103, f. 31'. sind diese Gevvanne in Folge Zerlegung der durch- laufenden Hufenstreifen, wie sie manche Bauern — so Nr. 24 und Nr. 33 — noch gegenwartig be- sitzen, in einzelne Gewende entstanden. Da die durchlaufenden Streifen bei diesen Gewenden viel- fach um Einiges verschoben wurden, hat es den An- schein, als hiitten wir Gewanne mit gleicher Reihen- folge der Besitzer vor uns. Dass es da ursprunglich wirklich eine Anlage nach Art flamischer Hufen gab, wird dadurch wahrscheinlich gemacht, dass der nordlich des Pettauer Weges gelegene Flurtheil, in dem die Richtung der Streifen eine andere ist, ur- spriinglich brach gelegen ist und in die Acker¬ vertheilung nicht einbezogen, sondern als gemein- same Weide beniitzt wurde, wie dies spater dar- gethan werden wird. Ferner wurde der siidliche Theil der Flur — ursprunglich Gemeindewiesen und Gemeindeweiden — in durchlaufenden Streifen auf- getheilt Diese Auftheilung scheint der Idee der urspriinglichen Anlage nachgehen zu wol!en, somit vielleicht zu einer Zeit entstanden zu sein, da die Erinnerung an diese Anlage noch einigermassen lebendig war. Bei der Zumessung des nordlichsten Flurtheiles an die einzelnen Hofstellen wich man hingegen von der Art der urspriinglichen Anlage ab. Es sind niimlich hier Gewanne, deren Streifen- richtung — Nordwest zu Siidost — gerade senk- recht auf die der flamischen Hufenstreifen geht. Die nordliche Flurhalfte ist lauter Ackerland, die siidliche vorwiegend Wiesengebiet. Letzteres wird von zwei Bachen durchflossen; ein dritter, der Črnica- oder Tschernitzbach, bildet die siidliche Flurgrenze. Nebstdem durchziehen das Wiesengebiet behufs Entwasserung drei Quer- und zweiLangscaniile. Die Besitzgrossen sind sehr verschieden und wechseln von 5—19 ha. Die vorhandenen Keuschler (Hiiusler) haben meist nur einen kleinen Garten- acker. Die Dorfmiihle (Kumečev mlin, Kumetz-Miihle) besitzt, 1'245 ha. Der Gemeinde gehorte einst die siidliche Flurhalfte zum grossten Theile, wo noch der Riedname „Gmajne“ daran erinnert. Nunmehr sind im Besitze der Gemeinde blos einige Wiesen und Weiden in den Rieden „Hrastieje“ (vom slov. hrast = Eiche ; offenbar ehemals ein kleines Eichen- gestrtipp), ^Spodnji pašniki 11 (= die unteren Weiden) und „Gmajne“, im Ganzen nur 84‘/ a ha. Fremden Gemeinden (Pleterje) Angehorige sind in der Mark mit 12 5 ha begiitert. Das Gesammtareal von Micheldorf betragt, nach Abzug der Wege und Gewasser 476‘047 ha, also 181 genauestens die Flache von zehn Konigs- hufen zu 47'6 ha, Aus der oben angefuhrten Urkunde von 1384 lasst sich, da der Abt von Victring gegen Michel- dorf zehn in Karaten gelegene Hufen eintauscht, der Schluss ziehen, dass wahrscheinlich Micheldorf selbst auch zehnhufig war. Ferner hat die Kartenanalyse ergeben, dass Micheldorf ursprunglich einzeilig war. Die siidliche Gassenzeile ist jiinger und wahrscheinlich auf friiherem Gemeindegrund entstanden. Die ursprunglich e Zeile entspricht dem von der vvestlichen Flurgrenze bis zu dem Wege, der die heutige Dorfgasse in der Mitte von Siiden nach Norden kreuzt, reichenden Theil der nordlichen Gassenzeile. Sie umfasste also die Hausnummern: 22+23, 24+25, 26, 27+28, 29, 30, 31, 32, 33, 34+35, also, nachdem die mit einem Pluszeichen verbundenen Hausnummern durch Theilung ent- standene Halbhofe sind, gerade zehn Hofstellen. Dies Alles zusammengefasst, unterliegt es fast keinem Zvveifel, dass Micheldorf nach Konigs- hufen zu 4 7 ■ 6 ha als Wirthschaftseinheiten besie delt wurde. Ausser durch die angefuhrten wird die Wahr- scheinlichkeit dieser Annahme noch durch folgende Momente gestiitzt. Der Boden von Micheldorf ist sehr steril. Dem nordlichen Flurthei! kann man noch gegenwartig streckemveise, da es nur durchlassiger Gerollboden ist, erst in langen Zvvischenraumen eine magere Ernte von Ilafer oder gar nur Bluthirse abgevvinnen und vermag ihn dann durch 3—5 Jahre nur zur Weide zu beniitzen (Dreischwirthschaft). Namentlich gilt dies von den sogenannten Prelogi, der nord- lichsten Lage. Diese Prelogi lagen vor Jahrhunderten vielleicht in viel grosseren Zvvischenraumen oder auch ganz brach; sie waren umzaunt, da sie offen- bar Weidezwecken dienten. Darauf weist der Name des etwas sudlicher der Prelogi gelegenen Riedes „Na gatnem voglu“ (vom slov. gat, 1 fem. Zaunthur, Falltliiir aus Ruthengeflecht) hin. Bei diesen Um- standen musste an sehr extensiven Ackerbau- betrieb gedacht werden, und was lag naher, als das nach Konigshufen vermessene Land auch nach diesen zu besiedeln. Ferner lasst sich, wenigstens bei einigen Haus- stellen der siidlichen Gassenzeile, ganz deutlich auf der Flurkarte deren Entstehung aus Stellen in der nordlichen, urspriingliclien Gassenzeile erkennen. Dies ist beispielsweise der Fali bei Nr. 1 (im Siiden) und Nr. 27 (im Norden), denn der Gartenacker von Nr. 27 ervveist die erfolgte Spaltung dadurch, dass er zw:schen Nr. 27 und Nr. 1 getheilt ist. Bei allen Stellen lasst sich natiirlich der Nachvveis ka.um fiihren, allein nichts destoweniger kann an der ur- spriinglichen Einzeiligkeit nicht gezweifelt werden. War jedoch Micheldorf einzeilig, dann konnte es nicht mehr als die oben angefuhrten zehn Iiaus- stellen umfassen, da die Fortsetzung der nordlichen Zeile iiber dieselben hinaus nur 'durch ganz gewiss erst spater entstandene Keuschen gebildet wird. Wenn alles Ausgefiihrte richtig ist und Michel¬ dorf nach zehn Konigshufen besiedelt wurde, dann haben wir eine regelrechte D e k a n i e vor uns, d. h. eineAnsiedelung von zehn Bauernfamilien auf zehn Hufen, oder, wie der urkundiiche Text oft lautet, d e c e m (regales) m an s o s cu m x man- cipiis et eorum u x o r i b u s filiisque s u i s a c f i 1 i ab u s ‘). Y. Amtmamisdorf. (Slov. Apače oder Valpoče; 7 km siidwestlich Pettan; 1826 .) Amtmannsdorf war im Mittelalter ein Eigen des bedeutenden Ministerialengeschlechtes von Pettau und gehorte zum Amte Liechteneck. Bernhard von Pettau schenkte nun 1399 fiir den Fali des Aussterbens seiner Familie obiges Amt und das angrenzende Amt Jassenitz dem Dominikaner- und dem Minoritenkloster zu Pettau unter der Ver- pflichtung, dass sie sich in die Einkiinfte aus beiden Aemtern theilen * 2 * * * * * ). Mit dem Aussterben der Pettauer kamen 1440 die Giiter zu gemeinschaftlichem Besitze an die Kloster, allein schon 1461 ordnete Kaiser Friedrich IH. „meniger zwitrecht“ wegen eine Real- theilung an, bei welcher Amtmannsdorf den Minoriten zufiel 8 ). In derHs. 3793 (alt) des steiermarkischen Landes- archives, die bis 1890 im Archive des Pettauer Mi- noritenklosters verwahrt wurde, findet sich von ‘) Vgl. den Excurs: „Zur Geseliichte der Dekanie* weiter unten. ž ) Cod. 141 des Staatsarchives in Wien f. ^ ' '*^:ddo. 80 n en 1399, Marž 12. (am mittich an sand Gregorentag in der vasien). Die Kloster haben T ze besitzen und ze nemen halbe nutz es sein zinsphenning, zinsgetraid, zehentgetraid, huener, ayer. bar, grewz, zinswein, perkchrecht und zehentwein“. 8 ) ddo. 1461, September 3. (an phincztag nach sand Gilgen- tag), Graz; Cod. 141 des IViener Staatsarchives fol. 84’ neu. 182 f. 32 (neu) an ein Urbar der beiden Pettauer Kloster. Es ist die 1464 entstandene Abschrift einer 1440 ge- machten Aufzeichnung. Hienach gehdrte Amtmanns- dorf zum „ambt ze Liechtenek 0 und sagt das Urbar 67 neu 45 alt Z B lasen d or f ‘). Daselbs sind v hueben, daraus ist ein ode, die andern zwo hueben dint yede waicz iiij virtl, habern iiij virtl. Noch sind zwo hueben, diennt yede waicz iij virtl, habern iij. Auch diennt yede hueben pfenning xv, huenner yede vj, ayr xx, pon yede ij messel, jede hueben j kicz. Hirszehent von yeder j kupplenikg hira und ij d\ Item und von ainer hofstat dint man )xxx tl fur ali ding. Dann die ode ist zwainczig jar ode gelegen. Ambtmansrechten von yeder hueben j kupplenik hirs und ain rabbatter. Do get uns dez zehent wein und getraid zway tayl und der drit tail gehort dem pharrer in sand Veyt ze Tren. — Zwischen dem ersten und zweiten Abschnitte wurde von einer Han d circa 1500 eingetragen : ,, Primus Mulezerbiez und Michel Mulczerbicz scholen geben 1503 a dato der jar ir ieder ij 2 ) viertl waicz und ij viertl habern das sy lang versessen haben und solen utra anheben albeg geben.“ Unmittelbar vor der Rubrik „ Ambtmansrechten" wurde von derselben Hand Folgendes eingeschoben: „Summa waicz xiiij firtl, habern xiiij, pfenning j iiij fl xx tt, huener xxiiij, ayr lxxx, pon viij messlin, iiij kicz.“ Uebrigens haben wir iiber Amtmannsdorf noch eine zweite urbariale Aufzeichnung. Ebenso wie das Minoriten-, besass auch das Dominikanerkloster zu Pettau ein Urbar iiber die Aemter Jassenitz und Liechteneek. Es ist im Cod 141. des Wiener Staats- archives „Kollektaneum bei dem Predigerkloster zu Pettau“ erhalten, wurde friiher im Archive der Pettauer Dominikaner, sowie spater bei der Staats- herrschaft Thurnisch verwahrt und entstammt der gleichen, nunmehr verlorenen Vorlage von circa 1440, wie das Urbar in der Hs. 3793 des steiermiirkischen Landesarchives. Geschrieben ist der Wiener Codex circa 1500, stand jedoch noch um die Mitte des XVII. Jahrhundertes in Gebrauch, wie die dieser Zeit entstammenden Randnoten beweisen. 4 ) Oberhalb von einer gleichzeitigen Hand : Amapmans- dorff (!); Randnote circa 1500: minorum (d. h. den Mi¬ noriten gehorig). *) Urspriinglich stand: iij. Dieses Urbar fiihrt Amtmannsdorf auch in der Aufzeichnung iiber das 1440 und 1448 beschriebene „nider arnbt zw Lieclitenegk“ an, und zwar heisst es 124 alt auf f. TTi : Ambtmansdorf oder Blasen- 104 neu dorf pertinet conventui minorum. Daselbs sind siben hueben und ain hofstat, aus den h at der Jacob des Martin sun von Grossendorf hueben zwo und hat dieselb zeyt gdinkht zwo markh phenning fur ali sach. Item zwo hueben aus den siben dint ydew zins achtzehen mit den Schaffer ff, waytz vier virtl, habern vir virtl, huner sexe, air zwayntzig, pan zway messel, ain kitz. Item ander zwo dint ydew zins achtzehen mit den Schaffer phenning, waytz drew virtl, habern drew virtl, huner sexe, air zwayntzig, pan zway messel, ain kytz. Item von der sibent hueben dint man fur ali sach p 124"] (_fol. —J ain markh phenning. Item von der hofstat dint man fur als achtzig phenning. Hirszehent dint yde hueben ain versnigkh, zwen phenning. Ambtmansrechten dint ydew hueben ain kupplenigkh hirs, ain robater. Da get uns des zehent wein und trayd zway tail und der drit tayl gen sand Veytt. — Zum nahern Verstandnisse will ich bemerken, dass in spateren Randnoten (von einer Hand circa 1650) die in dieser Aufzeichnung genannten Maasse auf folgende Weise erklart werden: „Nota hic unus ver- sehnigck . . . facit duos cuplenick . . . Nota duo cu- plenick rite faciunt unum gerz modernum Petto- viensem — 1650 — in aliquibus locis vero tres. Unum virtl habet duos gerz et adhuc plus, ideo sex cuplenick fuerunt unum firtl. “ Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Auf- zeichnungen besteht in der Angabe der Hufenzahl von Amtmannsdorf. Das Minoritenurbar (jetzt, Grazer Hs.) nennt 5, das Dominikanerurbar (jetzt AViener Hs.) aber 7 Hufen. Der Unterschied ist jedoch nurscheinbar, denn in Wirklichkeit zahlt auch das Minoritenurbar 7 Hufen auf, und zwar „v hueben 0 im ursprunglichen Texte und die zwei Hufen des Primus Mulczerbicz und des Michel Mulczerbicz in einem circa 1500 ge- machten Nachtrage. Die beiden Letzteren hatten, was wohl zu beachten ist, ihre Schuldigkeit „lang ver¬ sessen" und wurden eben aus diesem Grunde 1440 in die Aufzeichnung nicht aufgenommen. Erst spater kam man dem Fehler auf die Špur und verhielt die 183 Beiden zurLeistung. Damals, alsocirca 1500, entstand der Nachtrag im Urbar der Minoriten, wahrend die Dominikaner, die erst um jene Zeit ihr Urbar her- stellten, schon die riclitige Zalil von vorne herein aufnehmen konnten. Amtmannsdorf blieb bis in den Anfang des XVI. Jahrhunderts im Besitze der Minoriten. Diese hatten hier einen Landsitz in der Niihe des heutigen Schneeweiss erbaut, der zugleich auch wahrsclieinlicb ihrem Officialis, ibrem Amtmann, nacli dem das Dorf auch den Namen tragt *), als Aufenthaltsort diente. Zu Beginn des XVI. Jahrhunderts verkauften sie nun diesen Landsitz sammt dem ganzen Dorfe an die Inhaber von Monsberg, die Freiherren von Lamberg. Diese errichteten in Amtmannsdorf einen Maierhof, der nach ihnen Lamberg h of genannt wurde. Nach Jobstens von Lamberg 1570 erfolgtem Tode theilten dessen Soline seine ausgedehnten Giiter. Der eine bekam die Besitzungen am Pulsgaubach, wozu Amtmannsdorf gehorte, nnd hielt sich gevvohnlich in Amtmannsdorf in jenem Minoritenlandsitz auf, dem nun der Name Un t e r-Mo n s b e r g gegeben wurde. Im Jalire 1642 verkauft.e Maximilian Freiherr von Lamberg den sogonannten Lamberghof mitsammt *) Ebenso im slov. Apače aus Valpoče von valpot oder valpet, der Amt.mann (ahd. gevvaltboto). — Der Amtmann, Officialis, ist vom Supan, dem Dorfvorsteher, zu nnter- scheiden. Daruber belehrt schon ein einfacher Blick in’s so- genannt.e Rationarium Stiriae, das nacli Officia geordnet ist. Innerhalb dieser Officia erscheinen als Vorst.eher der Dorf- schaften die Supani. Wenn diese sogar dem Officialis zinsen, — z. B. Kauch SS. II, 136 . . . ad hec solvit (q uilibet mansus) officiali .... item supanus eiusdem ville dat de suo iure officiali — so sind sie jedenfalls nicht. mit ihm zu identificiren. Wahrend der Supan stets Zinsbauer war, konnte der Amtmann zvvar auch ein Bauer sein, wie uns gerade fiir Amtmannsdorf 1465 auf f. 29' fg. der lis. 3793 des steiermiirkischen Landes- archives ein „beschaiden Jacob diezeit unser (d. h. der Pettauer Minoriten) ambtman daselben” genannt wird, der eine Hufe „zu AmmansdorfP (Amtmannsdorf) zu Kaufrecht besass. Allein man findet als Amtleute auch Adelige. So kommt in Pettauer Urkunden circa 1450 der edel vest Paul der Schartemberger die zeyt unsers genedigen herrn von Saltzburgk ambtman und pergkmeister zw Pettaw (Kollektaneum beim Prediger- .. 51 alt \ kloster zu Pettau f.-) vor. Eine Randnote (circa 1650) 37 neu/ im Kollektaneum 1. c. sagt dazu: „NB. Vocabantur praefect.i areis Pettoviensis (!) ambtmanni, quibus debebatur contributio, ut videbis in urbario in boe libro folio 113 a tergo et ulterius, ideo tališ contributio frumenti etc. (eben die sogenannten Amt- mannsrechte) spectat ad conventum pro officiali seu praefecto conventus et similibus stipendiandis et n on pro aliquo supan o, quos modo vocant per abusum ambtman qui non sunt ambtman sed valpot et supani.” Mittheilungeu d. Anthrop. Gesellscli. in Wien. Bd. XXVIII. 1898. der Mehrzahl der Ilufen in Amtmannsdorf a n das Dominium Oher-Pulsgau. Unter-Monsherg ■— auch Schneeweiss genannt -— blieb bis 1682 im Besitze der Lamberg, bis es im genannten Jahre Friedrich Graf Lamberg an die Be- sitzerin des benachbarten Tranegg, Juliana Crescentia von Lebenegg, die an einen Freiherrn von Schneeweiss verheiratet war, mit dem noch ihm gehorigen Tbeile von Amtmannsdorf veriiusserte. Aus den Hiinden der Freiherren von Schneeweis, nach denen Unter-Mons- berg seinen lieutigen Namen fiihrt, kam- jener Tlieil von Amtmannsdorf 1732 an das Dominium T bur¬ ni sebe ‘). So lag die Sache auch 1825 bei der Katastrirung, da sich Ober-Pulsgau und Thurnische in den Besitz von Amtmannsdorf theilten. Der Karte nach ist Amtmannsdorf ein Gassendorf, nur liegt die Gasse nicht, wie sonst bei den Ort- schaften im Draufelde gewohnlich, quer iiber die Flnr in der Richtung von Westen nach Ost.en, sondern von Siiden nach Norden. Auf den ersten Blick zeigt sich, dass das Dorf urspriinglich einzeilig war, und zwar ist die westliche Zeile die alt er e. Sie bat ihre Felder unmittelbar hinter den Gartenackern, vvahrend die jiingere ostliche Zeile hinter den Haus- stellen nur grosse Garten besitzt, ihre Aecker bin- gegen auf dem aussersten Nordwesten liegen. Die ostliche Dorfzeile ist nach dem Jahre 1500 — wie die vveitere Untersuchung zeigen wird —, und zvvar auf ehemaligem Domanial- oder Gemeindegrund ent- standen, da sie noch heutzutage ringsum theils von Dominicalwiesen, theils von Gemeindevveide um- geben ist. Die Aecker, welche in Gewannen, die namentlich dort, wo sie an die altere vvestliche Dorfzeile an- schliessen, von iiberraschender Regelmassigkeit sind, liegen, erstrecken sich vom Dorfe gegen Westen und Norden, hier bis zur Commercialstrasse Cilli-Pettau. Jenseits dieser Strasse liegt dem Dominium Thurnische gehoriger Grund, der allerdings theilweise parcellirt ist. Dennoch lasst es sich klar erkennen, dass der ganze nordlich der genannten Strasse gelegene Flur- theil ehemals dominical war. Gegen Nordosten vom Dorfe aus liegen einige Hofstiitten, Koče genannt. Sie sind aus der 1440 im Urbar genannten Hofstatt entstanden. Hier stelit *) Vorstehende Daten entnahm ich dem sehr fleissig zu- sammengestellten Buchlein von M. Slekovec, Župnija Sv. Lovrenca na Dravskem polju (Die Pfarre St. Lorenzen im Draufelde) 105, fg. 24 184 auch der zum Dominium Thurnisdhe gehorige grosse Maierhof Schneeweiss, an welchen anschliessend das Dominium in einem Stiicke 70 71 ba besitzt. Gegen Nordosten vom Maierhof liegen einige parcellirte und an die ervvahnten Hofstatten vergebene Doma- nialfelder. Nach Siiden zu erstreckt. sich das Domi¬ nium vom Maierhof aus bis an die Gartenacker der ostlichen Dorfzeile, die es im Norden und Osten umschliesst, und zieht sich dann, theilvveise bereits parcellirt, gegen Sudosten bis an den Pulsgaubach. An die westliche altere Dorfzeile schliessen im Norden ebenfalls einige Hofstatten an, darunter der zum Dominium Ober-Pulsgau gehorende sogenannte Lamberghof. Vom Dorfe nach Sudosten zieht sich in einem schmalen Streifen die Gemeindeweide, an die westlich gleicli unterhalb des Dorfes eine Dominicalwiese, auf der jetzt einige Keuschen stehen, stosst. Von dieser Wiese gegen Siiden und Siidwesten liegen die Wiesen- gewanne der Hausstellen der westlichen alteren Dorf¬ zeile. Ebenso liegen jenseits der Gemeindeweide theils in Blocken, theils in Gewannen aufgetheilte Wiesen, die moglichervveise aus ehemaligen Gemeindegrunden entstanden und jetzt an Dorfangehorige und Fremde vergeben sind. Dieses Wiesengebiet wird vom Pulsgaubach, der sich dort, wo er die Gemeindeweide verliisst, in zwei Arme spaltet, durchflossen. Nach Siiden zu wird die Amtmannsdorfer Flur durch den sogenannten Schneeweisser Wald, der Eigenthum des Dominiums Thurnische ist, abge- sclilossen. Die Gesammtflache von Amtmannsdorf betrligt 654'605 ha. Davon den ehemaligen sich er en Domi- nicalgrund, d. h. nahezu die ganze ostliche Hiilfte der Flur bis zum Pulsgaubach hinab, sowie die Ge- wasser abgezogen, gibt ein Areal von 337'302 ha, also die F Ilich e von sieben Konigshufen zu 48-186 ha. Das oben angefiihrte Urbar von 1440, das noch circa 1500 — dieser Zeit entstammt der Wiener Codex — in Gebrauch war, gibt fiir Amtmannsdorf auch sieben Hufen an. Ebenso entlialt das Urbar in der Hs. 3793 des steiermarkischen Landesarchives, wie oben ausgefiihrt vvurde, nur scheinbar eine andere Hufenzahl. An einen Dorfsplitter ist hiebei um so weniger zu denken, als sich auch flurkarten- massig die altere Dorfzeile auf sieben urspriingliche Stellen reduciren lasst. Die Hausstellen der jiingeren ostlichen Dorfzeile sind von diesen sieben urspriing- lichen, wie man es fiir die meisten derselben noch beweisen kann, im Laufe der Zeit abgetrennt worden. So wiire denn der Beweis erbracht, d a s s die Konigshufe in Amtmannsdorf noch in der zweiten Hiilfte des XV. Jahrhunderts (bis circa 1500 jedenfalls) W irt. h s c h af t s e i n h e i t w a r. Es ist naturi ich auch nach sole h en besie- delt worden. VI. Sela und Barislofzen. (Slov. Sela nnd Barislovci; 6 3 / 4 km sudsiidvvestlich Pettau; 1826 .) Urkundlich werden beide Dorfer zuerst 1207 genannt. Da bestiitigt Herzog Leopold VI. von Oester- reich dem Karthauserkloster Seitz dessen Besitzungen und schenkt ihm iiberdies „ante Betouium scilicet villam unam maiorem n o m i n e Brizlaus- dorf que tempore Rudolfi de Rase in d nas supanias divisa est“‘). Brizlausdorf ist das heut.ige Barislofzen * 2 ) bezw. Sela. Die Urkunde erweist, dass die beiden Dorfer urspriinglich e i n Dorf bildeten und erst circa 1200 — denn um diese Zeit erscheint Rudolf von Rosegg urkundlich — in duas supanias, d. h. in zwei Dorfgebiete getrennt vvurden. Was der Grund zu dieser Theilung war, ist nicht leicht zu bestimmen, namentlich weil die beiden Dorfer unter demselben Grundherrn noch vveiter- hin verblieben. Vorlaufig mnss die Frage offen ge- lassen werden. Einige Jahre spiiter taucht im sogenannten Ratio- narium Stiriae unter den Zehenten des officium March- purch auf fol. 161 folgende Notiz auf (Rauou, SS., II, 170): In Warissen viii mansus, solvuni; mel et tota villa unum poreum. Im Jahre 1282 (November 11., in die beati Martini) beurkunden Otto et Fridricus fratres de Chvnsperch (Konigsberg), „quod sororem nostram Annam ab nostra hereditate separavimus in liane formam taliter quod eidem ad claustrum Studenicz tredecim marcarum redditus tradidimus libere possi- denda et eciam quod ipsum claustrum Studenicz, si prefata Anna de medio sublata fuerit, perpetualiter habeat proprialiter conservanda, ita tamen quod prehabita Anna de omni nostra hereditate in po¬ štenim non presumat, primo in monte Slevnz Win- ‘) v. Zahn, Urkundenbuch dos Herzogthums Steiermark, II, 135. 2 ) Auf dor Specialkarte und der Katastralkarte wird es auch W ari seli genannt. 185 cherus cum manso et pomerio, item in Celle (=z Sela) vj mansos, item in secundo Celle (— Barislofzen) iij mansos, item in Moschil iiij" mansos, item in Oglan sex mansos, item aput Dobrocheten iiij mans., item Radoan cum uno manso 1 )“. Die nachste Ervvahnung fallt in ! s Jahr 1357. Das KI oster Seitz, das im Draufelde eine Anzahl von Hufen besass, suchte sich derselben zu ent- ledigen, denn bei der einfach erstaunlichen Unfrucht- barkeit des Bodens blieben die meisten ode und unbestiftet. So verkaufte denn die Karthause 1357 an Herzog Albrecht von Oesterreich um 400 f/ Wiener Pfennige ,newn und sibenczig huben in dem Tra- veld dar umb daz si in nicht gelegen waren und die uns (dem Herzog) czu unsrer vest Maidberch paz fugent und šind ir czehen gelegen cze Nevvndorf, sechczelien cze Albrechtstorf, achczehen cze Drasen- dorf, acht cze Sabiach, siben und czwainczig cze baiden Prislausdorffern und sind der huben aller yczund nur funfczehen gestift und dient ein iegleicher neun mess rokken und drit- halb mess habern chlostermass . . . Oucli ist cze merken, daz si uns den czehent uf den obgenanten huben der in von dem gotshaus cze Agley gegeben ist, nicht verchauft habent . . . 2 )“. Das Lehenbuch der Grafen von Cilli 3 ) sagt zum Jahre 1436 auf fol. 78: „Hans Lanndtman hat ze lehen emphangen in und seinen erben sun und tochtern die hernachgeschriben gueter und lehen ... item a n der Zeli (d. h. Sela) vi er hueben . . .“ Die letzte Erwahnung im Mittelalter fallt in’s Jahr 1450. Da verkauft Jorg Poppendorffer unsern aigen und freyen wein und traid zehent und hyrs- mess auf den vveingarten perkrechten und dorfern jenseits der Drann um Maidburg und bei St. Veit an das Dominikanerkloster zu Pettau unter genauer Aufzahlung aller Zehentpflichtigen, darunter Stanegk schuester von Ambtmanstorff, Andre von der Zeli, Steyko sein bruder, Steffan daselbs i) Zeugen sind: Wilhalmus de Scharffenberch, Hainricus de Montparis, Hainricus do Robats, Hainricus de Vreuden- bercb, dominus Ortolfus de Planchenstain, dominus Hain¬ ricus frater eiusdem, dominus Gundacherus de Turri, Otto de turri, Studnicus et fratres sui, Hermannus et Guntherus, Perchtoldus, Eberhardus babarus, Hertwicus et alii fide digni. — Org.-Pgt. Nr. 1215 im steiermarkischen Landes- archiv. '•>) Steiermarkisches Landesarchiv, Org.-Pgt. Nr. 2629 b. 3 ) Steiermarkisches Landesarchiv, Hs. 242. und JuremulnerzwWerislabetsch (= Baris¬ lofzen) ‘). Sela besteht aus 22 Hausstellen; davon sind zwei Keuschler und die iibrigen 20 Viertelhiifner, entsprechen also urspriinglichen fiinfStellen. In der That lasst sich das Dorf, das jetzt eine nahe der stidlichen Flurgrenze gelegene regelmassige Gasse bildet, auch raumlich auf fiinf Stellen reduciren, da je zwei und zwei gegeniiberliegende Stellen noch jetzt ihre Aecker beisammen haben. Die Aecker erstrecken sich vom Dorfe aus gegen Norden. Als altester Theil der Anlage ist das un- mittelbar an das Dorf anschliessende Ried Med ce¬ stami (— zwischen den Strassen), das bis zu dem die Flur gegen Nordvvest abschliessenden Dominicalgrund reicht, anzusehen. In diesem Riede erhielt ursprung- lich jeder Hiifner einen Streifen nach Art flamischer Siedelungen, der von seiner Hofstelle durch das ganze 3 Kollektaneum beim Predigerkloster zu Pettau, Cod. 141 44/ < des Wiener Staatsarchivs, fol. - ,-unter der Ueberschrift: 28'neu Der zehent den der Fritz gekauft hat X, und Org.- Pgt. Nr. 6239 im steiermarkischen Landesarchiv. Der Codex hat bei dieser Urkunde die Randnote circa 1520: Item ista littera debet legi tempore compotus officialium pare certi nos occupant in bonis et fundis nostris sine iure etc. Noch heutzutage besteht in weiten Strecken der siidlichen Steiermark — z. B. auf dem oberen und unteren Pettauer Felde, auf dem Murfelde — die Sitte. dass in jedem Dorfe, das ausgedehnte Gemeindegrunde be- sitzt, deren Verwaltung einem vom (politischen) Gemeinde- vorsteher zu trennenden sogenannten ,gmajnski župan” iiber- tragen wird. Ihm obliegt die Besorgung der vvirthschaft- lichen Angelegenheiten der Gemeinde. Er verpachtet z. B. die Gemeindegrundstucke, hebt den Pachtschilling ein, setzt. die Gemeinderobot fest und Aehnliches. Im Herbste (um St. Katharina) findet in seinem Hause eine Zusammen- kunft sammtlicher Dorfbauern stat.t, die „soseCka“ genannt wird. In dieser legt er Rechnung iiber sein Gebahren, wor- auf er das Amt seinem Nachfolger iibergibt. Diese tViirde geht in einem bestimmten Turnus bei allen Bauern des Dorfes herum, so dass alljahrlich ein Anderer „gmajnski župan“ ist. Die Sitte, die sich ausser in den genannten Gebieten auch andervvarts, so in einzelnen Gegenden von Oberkrain und im Isonzothale, findet, ist die letzte Erinnerung an die Befug- nisse des grundherrschaftlichen Dorfsupans, wenn nicht darili sogar Reflexe einer viel friiheren Zeit zu sehen sind, was vielleicht noch vvahrscheinlicher ist,. Wie gesagt, ist von diesem jgmajnski župan” der moderne Gemeindevorsteher, der sonst bei den Slovenen auch župan heisst, wohl zu unterscheiden. Letzterer heisst in den angefiihrten steiermarkischen Gegenden Richter. Die „sosečka“, bei der es oft sehr lebhaft her- zugehen pflegt, ist meines Erachtens vielleicht unter dem compotus officialium in obiger Randnote zu ver- stehen. Vgl. auch M. Slekovec, Župnija sv. Lovrenca, 19 fg. und 32. 24 * 186 Ried binclurch lief. Die spater aufgemessenen Flur- theile wurden nach Gewannen vermessen. Oestlich von Sela liegt das Dorf Barislofzen oder Warisell mit 15 Hausstellen, dio sich karten- massig auf drei urspriingliche zuriickfiihren lassen. Die Felder, die sich vom Dorfe gegen Norden ziehen, liegen in Gewannen, die allerdings stellen- weise durch Blocke unterbrochen sind. Im Siiden beider Dorfer befindet sich eine kleine Gemeindeweide, die bis zu dem die Fhirgrenze bildenden Pulsgaubache reicht. Das Dominium Thurnische besitzt einen Roth- acker im Norden der Flur und einen zweiten kleineren an der ostlichen Flurgrenze, zusammen 58’086 ha. Das Areal beider Dorfer, die ja ursprunglich ein Dorf waren und noch jetzt eine Katastral- gemeinde bilden, betriigt ohne Dominium und Ge- vvasser 275'986 ha. Kartenmassig lasst sich das Dorf Sela auf fiinf, Barislofzen auf drei Stellen, also zusammen auf acht Stellen reduciren; das sogenannte Rationarium Stiriae nennt uns hier ebenfalls viij mansus; es ist daher zweifelfrei, dass — um den alten Namen zu ge- brauchen — Brizlausdorf nach acllt II u f e n zu 34'5 ha besiedelt wurde. So war es noch 1265; allein sclion 1282 hatte sich in Sela 1 Hufe gespalten, da uns in Celle (Sela) vj mansi und in secundo Celle (Barislofzen) noch immer iij mansi genannt werden. Im Jahre 1357 hingegen befanden sich in beiden Dorfern schon 27 Hufen; die Zer- splitterung war also bereits sehr stark fortgeschritten. Sie wurde spater noch grosser, denn zur Zeit der Katastrirung hatten Sela und Barislofzen 37 Stellen. Sehr deutlich zeigt sich diese Zersplitterung in den winzigen, diinnen Parcellen, die uns auf der Flur- karte entgegentreten. Excnrs. Zur Geschichte der Dekanie. Um liber das Wesen der Dekanie — als solche wurde oben Micheldorf erwiesen — in’s Reine zu kommen, bedarf es einer etwas weiteren Ausfuhrung. Schon bei den Romern begegnen wir der Sitte, dass die Sclaven (servi) partienweise, je zehn zu¬ sammen, zur Feldarbeit vervvendet wurden. Cato, Varro und Vitruv, die uns iiber die romischen Agrar- zustande vor Tiberius Aufschluss geben, behandeln die villa rustica als die hauptsiichlichste Betriebsform. Sie wird von einem bewahrten Sclaven, dem villicus, geleitet, welchein neun andere Sclaven als Arbeiter untergeben sind 1 ). Diese Wirthschaft blieb auch spaterhin die iibliche. Dariiber berichtet uns Columella (I, 9) mit den Worten: „Classes etiam non maiores denum hominum faci- undae, quas decurias appellaverunt antiqui et maxime probaverunt, quod is numeri modus in opere commodissime custodiretur, nec praeeuntis monitoris diligentiam multitudo confunderet. Itaque si latior est ager, in regiones deducendae sunt eae classes dividundumque ita opus, ut neque singuli binive sint, quoniam dispersi non facile custodiuntur: nec t a m e n s u p r a d e c e m, ne rursus ubi minima turba, id opus ad se pertinere singuli non existiment 2 ). u Dekanien begegnen uns ferner in der Villen- verfassung Kar ls des Grosse n, allerdings ohne eine bestimmt erkennbare Stellung. Die Vermutlmng, welche von v. Inama-Steiinegg 3 ) geaussert wurde, dass diese Dekanien mehr nur auf einen socialen Zusammenhang der Ortsbevolkerung, wie er sich aus alter Zeit erhalten hat, als auf eine neue admini¬ strative Gruppirung der Giiter zu beziehen seien, diirfte meines Eraclitens sich vollkommen bewalirheiten 4 ). Jedenfalls hat nicht erst Karl der Grosse die Gruppi¬ rung nach Dekanien neu eingefiihrt. Auf osterreichischem Gebiete werden Dekanien in Urkunden vom VIII. Jahrhundert an ofters ge¬ nannt. So 777 in der Griindungsurkunde von Krems- munster. Tassilo II. schenkt unter Anderem der neuen Stiftung decaniam Sclavorum cum opere fiscali seu tributo iusto, quod nobis antea persolvi consue- verant, hos omnes predictos Sclavos, quos sub illos ‘) Meitzen, Siedelung und Agrarwesen, I, 356. 3 ) Hildemund, Recht und Sitte, 103; Meitzen, o. c., I, 360. 3 ) Deutsche Wirthschaftsgeschichte, I, 324. 4 ) Ervvahnt werden die Dečani im Capitulare de villis imperialibus, c. 10. „Ut maiores nostri et forestarii, pole- drarii, cellerarii, d ec a ni, telonarii... rega faeiant“, was Anton, Geschichte der teutschen Landwirthschaft, I, 187, folgender- massen iibersetzt: „Dass unsre Maier, Forster, Folenhiiter, Kellner, Vogte, Zollner . . . ihren Ackerdienst verrichten.“ Zu decani benierkt er: ,.Dečani sind in den Wirt,hschaften nicht Dnterrichter, sondern Unteraufseher, Vogte. Die ganze Stelle redet von Personen, die in der Wirthschaft an- gestellt waren und die Aufsicht iiber einzelne Gegenstande, nicht iiber das Ganze fuhrten...“ Dann werden Dekanien im c. 58 genannt: „Quando catelli nostri iudicibus commen- dati fuerint, de suo eos nutriat ant i.unioribus suis, id est maioribus et decanis, vel cellerarjis ipsos commendare faciat.“ Die Stelle zeigt ganz deutlich, dass die Decani den Maiern untergeordnet, waren, dass sie offenbar, wie sie Gukiiard nennt, „adjoints des maires“ waren. 187 actores sunt, qui voeantur Taliup et Sparuna, quos infra terminum manet que coniuravit ille jopan, qui vocatur P h y s s o ‘). — 965 schenkt Kaiser Otto dem Vasallen Abrahams von Freising, dem Slaven Negomir talem proprietatem, qualem nos visi sumus habere ad Vuirzsosah (Wiertschacb) in partibus Carantanie in comitatu Hartuuigi comitis qui et ips§ inibi vualtpoto dicitur, ac in decania Vuol- framini decani * 2 ). — 973 (und 989) erneuert und bestatigt Kaiser Otto II. Schenkungen an das Bisthum Freising um Bischoflack in Krain und sagt: „Praecipimus etiam ut nullus comes uel iudex siue d e c a n u s neque aliqua persona ius habeat se intro- mittendi absque licentia episcopi (bez. „. . . ut nul¬ lus comes nec iudex siue d ec anus . . .).“ s ) Armin Tii.le 4 ) hat im Vintschgau innerhalb des grossen Wirthschaftsverbandes der Gemeinde engere Verbande gefunden. In Naturns, Partschins, Algund, Schenna und Riftian heissen sie „Tegnei“ (d. h. Dekanie). Deber ibre Natur vermag Tille keinen weiteren Aufscbluss zu geben. In Polen und Sclilesien finden wir in alterer Zeit sogenannte D e c i m i 5 ). Die Piasten siodelten zur Urbarmachung des Landes kriegsgefangene Sclaven, und zwar immer zu z eh n in einem Dorfe, an. Die Insassen desselben hiessen daher decimi, und zehn soleh er Dorfer wurden eine centuria (setkowa = sto = Hundert) genannt. Ihr Hauptling — wahrschein- lich ein Ritter — fiihrte den Titel centurio. Die decimi waren Sclaven, servi des Herzogs, sie standen in einem viel scharferen Unfreiheitsverhaltnisse als die Bauern in den Opolen, die bekanntlich an die Scholle gebundene Horige waren und fiir den ihnen uberlassenen Besitz bestimmte Abgaben und Dienste >) Urkundenbuch des Landes ob der Enns, II, 3. 3 ) v. Zahn, Cod. Austr. — Friš., I, 32; Chabekt, Briich- stiick einer Staats- und Rechtsgeschichte der deutsch-oster- reichischen Lander, Denkschriften der k. Akademie der Wissen- schaften in Wien, Bd. III, S. 136, Anm. 17, fiihrt aus Sin- nachek II, 119, zum Jahre 978 an in pr o vinci a Karen- tana — in regimine Hartwici — et tegnej a Perah- toldi. Ferner erwiihnt er 1. c. Dekanien im Rendenathale und in Friaul. 3 ) v. Zahn, o. c., 39 und 44; vgl. die Zusammenstellung der Dekanien bei v. Luschin, Oesterreichische Reichsgeschichte, 82 fg., Anm. l ) Die bauerliohe Wirthschaftsverfassung des Vintsch- gaues, vornehmiich in der zweiten Halfte des Mittelalters, 243 fg. 6 ) Rachfahl, Die Organisation der Gesammtstaatsvenval- tung Schlesiens vor dem 30jahrigen Kriege (Schmoller’s Staats- und socialwissenscbaftliche Forschungen, XIII, 1), 27 fg. zu leisten hatten. Das Institut der Decimi versehvvand mit dem Anfange des XIII. Jahrhunderts. Schlesische Urkunden nennen solehe Decimi 1154, 1204, 1223 und 1224’). Hieher wiire aucli die Ur- kunde von 1041 zu beziehen, in der decem regales mansi cum x zmurdis et illorum uxoribus filiisque suis ac filiabus geschenkt werden 2 ). Wir ersehen aus dem Angefiihrten, dass die Dekanie, obwohl sie oft mit Vorliebe decania Sclavorum genannt vvird, kein specifisch slavisches Institut ist, woran zu denken man geneigt wiire, wenn man nur Angaben osterreichi- scher Quellen in Rechnung zieht. Vielmehr hat man iiberall, wohl aus den gleichen praktischen Griinden, die Columella in der oben citirten Stelle angibt, zur Feldarbeit Classen von je zehn Arbeitern gebildet 3 ). Zunachst diirften solehe Dekanien im grund- herrlichenGrossbetrieb aufeinzelnenWiithschafts- hofen vorgekommen sein. Eine organische Ent- wicklung der Dekanien ist undenkbar, sie sind erst eine Folge der Grundherrschaft. Spaterhin hat man sie auch in die Betriebsform des Kleinbetriebes ein- gefiihrt und Gruppen von je zehn Zinsbauern dorf- weise angesiedelt. Diesem zweiten jiingeren Stadium gehort die decania Sclavorum bei Kremsmiinster (777 und 802) und auch die Dekanie Michel- dorf an. Jedenfalls war die Dekanie — geradeso wie un- zweifelhaft auch die altgermanische Hundertschaft — vom Hause aus ein rein wirthschaftlicher Ver- band, dessen Vorstand, decanus, daher auch nur wirthschaftliche Functionen hatte. Was Guerard 4 ) von den Decani auf dem Gebiete der Abtei St. Ger- main sagt, diirfte ursprunglich ziemlich allgemein gegolten liaben. „C’etaient les adjoints des maires“ ; sie waren Colonen, die unter Oberaufsicht des major die mansi dominici der Abtei bevvirthschafteten, die fur dieselben ausgefiihrten Arbeiten aller Art iiber- wachten und Le ut e, die Abgaben der Zins¬ bauern einnahmen und exequirten. >) Die genaueren Citate bei Rachfahl, 1. c. 2 ) Peisker, Zur Socialgeschichte Bohmens, II, 1. Die alt- slavische Župa (Sonderabdruck aus der ,Zeitschr. f. Social- und Wirthschaftsgeschicbte“, Bd. V), 106, Anm. 3 ) Eine direete Reception romischer Sitte, wie sie Meitzen (Siedelung und Agrarvresen, II, 375) annimmt, wiirde ich verneinen. 4 ) Polyptique de l’Abbe Irminon, I, 465. Citat bei v. Inama j Deutsche liVirthschaftsgeschichte, I, 324. 188 Spaterhin — in Oesterreich geschah dies friihe- stens in cler Zeit Karis des Grossen ‘) — iibertrug man dem Vorsteher der Dekanie, dem Decanus, ausser seinen vvirthschaftliclien Functionen noch gewisse g er icht 1 i che a ). Mit diesem Zeitpunkte verliert aucli die Dekanie — dies gilt vorlaufig n ur fiir osterreichischen Boden — ihre bisherige technische Bedeutung als Complex von zelm Zinsbauern. Die Dekanie heisst nun der dem Decanus zugewiesene Gerichtssprengel, eine Unterabtlieilung der Graf- schaft Die oben angezogenen Drkunden von 973 und 989 (fiir Freising) stellen durch die enge stili- stische Verbindung i u d e x sive decanus die Charakterisirung des Letzteren als Geric-htsperson ausser Zweifel, namentlich wenn man erwagt, dass diese Immunitatsclausel sonst gevvohnlich einfacli von iudicia-riae personae olme genauere Auf- zahlung derselben spridit. Die Tegneien im Vintschgau hiingen nocli im spaten Mittelalter eng mit der Gerichtsverfassung zusammen. So ist in den Gerichtsbezirken Glurns und Schlanders jeder Dingstatte eine Tegnei zugetheilt. „Audi in der grossen Versammlung der ganzen Ge- riclitsgemeinde bilden diese Tegneien Unterabthei- lungen mit eigenen Geschwornencollegien u s ). Sehr vvahrscheinlich ist es nun, dass die uns im XIV. und XV. Jahrhunderte entgegentretenden Gerichtsbezirke des Vintschgaues aus der karolingisclien Zeit her- stammen *), und was von den grosseren Gericlits- *) Dnd zwar nach 802, denn in der Orkunde, die Karl der Grosse fiir Krernsmiinster im genannten Jalne ausstellte, kommt die Dekanie noch als rein wirthschaftlicher Verband vor. 2 ) Ich bemerke, dass schon in den longobardischen Volksrechten der Decanus -zu Zwecken der Landespolizei herangezogen wird. Vgl. Leges Liufprandi, c. 44: „De servo fugace et aduena homine, si in alia iudiciaria inventus fuerit, tune d ega n us aut saltarius qui in loco est conprehen- dere debeat et ad sculdahis suum perducat, et ipse sculdahis eum iudici suo consignet." Oder c. 85: „Si quis iudex aut sculdahis aique saltarius vel deganus de loco ubi arioli aut ariolas fuerit, neglexerit amodo in tres mensis eos exquirere et invenire . . . tune conponat . . .“ Ferner Liber Papiensis Pippini c. 9: „De servis et ancillis fugacibus unusquisque iudex studium ponat ad perquirendum iuxta ut edietnm continet. Et hoc damus in mandatis ... ut per omnia perquirantur superseripti fugaces et apud locum coniurent sculdai, decani, saltarii vel locopositi, ut nullus eos concelet.” Die Dekanie scheint hier eine Unterabtheilung der Hundertschaft zu govvissen gerichtliehen Zwecken gebildet zu haben. 3 ) Tille, 1. c. 216 fg. 4 ) Tille, 1. c. 212. sprengeln gilt, diirfte auchfiir deren Unterabtheilungen, die Tegneien, zutreffen. Da auf osterreichischem Gebiete — mit Ausnahme von Istrien, wo Centarchen 804 genannt werden — zur Zeit der Gaueintheilung Hundertschaften als Ge¬ richtssprengel nicht vorkommen, wahrend wir Deka- nien als kleinere Gerichtsbezirke genannt finden, so diirfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die Zehnerschaften, Dekanie n, aufosterreichi- scliem Gebiete — zumindest in Karnten, Krain und Theilen von Tirol — als Gerichtsvervval- tungsbezirke innerlialb der Grafschaft die gleiche Stellung einnahmen, wie auf dem iibrigen Reichsboden die Hundert¬ schaften 1 ). Noch ein Punkt ware in der Frage iiber die Dekanie zu beriihren. Bei. Peiskbu, Zur Socialgeschichte Bohmens II. Die altslavisclie Zupa, Sonderabdruck aus dem V. Bande der „Zeitschrift fiir Social- und Wirthscliafts- geschichte“, S. 138, Anm., vvurde die Frage aufge- worfen, ob das zalilenmassige Verhaltniss der Bauern zu den Zupanen, wie es auf Grund des sogenannten Rationarium Stiriae ermittelt wurde, mit den Dekanien in irgendwelchen Zusammenbang gebracht vverden konne. Auffallend sei, dass die 3‘64 Bauern, vvelche da auf einen Zupan entfallen, einem Drittel einer Dekanie anniihernd gleicldtamen; in schephonatu Liutoldi, wo auf einen Zupan durchschnittlich 3'38 Bauern kamen, ware dies noch deutlicher. In sebe- phonatu Jurizlai war das Verhaltniss vvie 1 : 5'57, eventuell anniihernd das einer Halbdekanie. Die Frage vvurde offenbar unter dem Einflusse der Griindungs- urkunde von Krernsmiinster (777) aufgerollt, wo der Jopan (Zupan) Physso die Grenzen der Decania Scla- vorum bescliwort, und ist meines Erachtens zu ver- neinen. Es ist allerdings \vahr, dass sicli jenes Zahlen- verlialtniss ebensovvenig organiscli entvviekelt bat, wie die Dekanie, denn eine organisebe Entvvicklung arbeitet nie mit Zablen. Von vornlierein wiire also der Ge- danke an einen Zusammenbang immerhin moglich. Allein hiefiir kame meiner Meinung nach nicht das Verhaltniss der Bauern m a s s e gegeniiber derZupanen- masse, die in obigen Zalilen ausgedriickt ist, in Betracht, sondern die Bauern zalil der einzelnen Ortschaften. Die Subrepartition der einem Zupanen- verbande zugevviesenen Bauernscliaft geschah nun nicht pro capite, sondern, wie dies eben Peiskkr ‘) Vgl. auch v. Luschin, Oesten-eichische Reichsgeschichte 82 und Cuabebt, 1 . c. 189 1. c. iiberzeugend ausfiihrt, secundum dignationem, d. h. nach der Stufe der Parentel. Dies fiihrte zu einer ungeheueren Differenz in der Bauernzahl der einzelnen Ortschaften, und es ist reines Spiel des Zufalls, wenn die auf einen Zupan auf diese Weise entfallende Quote gerade zehn Bauern, also eine Dekanie, betrug. So wiirde ich auch das sonst wirklich auffallende Verhaltniss des Zupan Physso zur Decania Sclavorum bei Kremsmunster erklaren. Die gegebene Erklarung stimmt auch zu den iibrigen agrargeschiclitlichen Momenten in jener Urkunden- stelle, die bekanntlicb lautet (Urkundenbuch des Landes ober der Enns, II, 3): „Tradimus autem et decaniam Sclavorum cum opere fiscali seu tributo iusto, quod nobis antea persolvi consueverant, hos omnes predictos Sclavos, quos sub illos actores sunt, qui vocantur Taliup et Sparuna, quos infra terminom manet, que coniuravit ille jopan, qui vocatur Physso, et conduxit, per gyrum illos nominantes Fater abbatem et archibresbyter et Chunipreht iudex et Hleodro comes et Kerprelit iussi a sunimo principe Tassiione definire decreverunt et terminum posuerunt.“ Die Bestimmung, dass die Dekanie fernerhin infra ter¬ minum bleiben solle, liisst schliessen, dass dies bisher nicht der Fali war, d. h. die herrschende kVirthschafts- form war die der Brand- oder Schwendwirthschaft. Die Wohnsitze der Dekanie mogen zwar feste gewesen sein, aber der Standort des Ackerbaues wechselte nocli in gewissen Zvvischenraumen. War die Ertragsfahigkeit des geschwendeten Stiickes gesclnvunden, so wurde es verlassen, und es wurde ein neues Stiick Wald gerodet, das bisherige Ackerland aber zur Weide beniitzt, bis wieder Gestriipp und Wald auf- sclioss und diese Beniitzungsart unmoglich machte. Natiirlich galt es bei dieser Schwendwirthscbaft, wo die Aecker immer durch Wald und Weide wanderten, einen bestimmten Turnus einzuhalten. Deber diesen ivachte der Zupan, der nach Peiskek, 1. c., vor der deutschen Eroberung Nomade, Herr ausgedehnter kVeidereviere war, nach jener aber privilegirter Dorfinsasse wurde. So bat denn auch der vielgenannte Jopan Physso den wirthschaftlichen Turnus unter der ihm secundum dignationem bei der Subrepartition der Bauern unter die Zupane zugefallenen Quote von einer Dekanie geleitet. Ohne sich innerlialb bestimmter Grenzen zu bewegen, schwendete und rodete seine Dekanie ein Stiick kValdes nach dem anderen. Mit der Griindung von Kremsmunster hatte eine geordnete Colonisation beginnen sollen. Da musste sich auch Physso’s Dekanie gefallen lassen, dass ihr durch Be- vollmachtigte Tassilo’s, den Abt Fater, den Erzbischof Arno, den Grafen Hleodro und den judex Chunipreht feste Grenzen angewiesen wurden, die der Jopan Physso als wirthschaftlicher Leiter der Dekanie beschworen musste'). Daher nun auch die geanderte Fassung in den Bestatigungen Karls des Grossen von 791 und 802 (Urkundenbuch II, 5 und 7): . nec non decaniam unam de illis Sclavis ... et territorium, sicut ad supradictam decaniam pertinet, velutiPhysso coniuravit. ..“ Die beiden Actores Taliup und Sparuna waren grundherrliche (hier herzogliche) Beamte, die natiirlich iiber dem Zupan standen. Infra terminum, innerhalb dessen nur sich fortan die Dekanie bewegen durfte, mag immerhin noch lange Ackerbau auf die friihere Art betrieben vvorden sein. ’) Zugleich mag der Eid anch die Bekraftigung gewesen sein, dass das angevviesene Land der Dekanie zn ihrem Unter- halte vollauf geniige. K8hl«r A Hamburger, Wien, VI. Mollardgnsse 41. Koblar & Hamburger, Wien, VI. Mollardgaase 41