GUDALO-DUDALO, VUGAS, BÜLLHÄFEN UND VERWANDTES Ostalpine Länngeiäte als Brauclitumsrequisiten und ihre Stellung unter den europäischen Varianten vom Typus »Rummelpott«; Leopold Kretzenbacher (Graz) I Iii der einführenden Studie über »Die slowenische Musik-Folklore«, -die vom Volksmusikinistitut zu Ljulbljana aus dem Nachlasise des allzu- früh dahingegangenen France Marolt 1954 veröffentlicht wurde, wird neben anderen, größtenteils im Volke noch in Verblendung stehenden Musikinistrumenten wie Weidenpfeife (piševika), Hackbrett (oprekelj), verschiedene Hirtenschalmeien (cošitimaje und orgljice) auch ein Lärm- instruiment erwähmt, das unter dem Namen :»gudalo-dudalo« geht. Nach Beschreibung^ und Bild^ erweist es sich als ein primitives Musik- instrument vom lypuis »Ruimmelpott, Brummtopf, Büllhäfen«, wie solche Geräte in einer relativ scharf albgegrenzten Kulturlandschaft am Südostrande der Alipen und in den vorgelagerten pannonischen Berei- chen noch in brauchtümlicher Verwendung stehen oder ersi der Halb- vergangenheit angehören, in Südosteuropa mehrfach beleg-t sind und im übrigen eine sehr eigenartige, kaum mit anderen Kultureleriienten ver- gleiichibaxe Streuung über bestinmiie Tedle EuTopais erOcenmen lassen. Uber Verbreitung und Herstellungsart des gudalo-dudalo in Sloroe- iiien vermerkt F. Marolt lediglich, daß dieses Instrument besonders in Beia krajina (Weißkrain) und zwar bis zum Zweiten Weltkriege in Ver- wendung gestanden sei. Außerdem «sei es, nach einer anderen Mitteilung Marolts,^ auch in Dolenjsko (ünterikrain) und im (untersteirischen) Draugebiete bekannt gewesen. F. Marolt fügt noch bei, er habe dieses Topf gerät auch ohne das Begleitinstrumemt der Schalmei spielen gehört und zwar in einem seksamen, keiner festen Taktart zugehörigen Rhyth- mus, den er am 6. August 1939 von einem Musikanten namens Jože ^ F. Mairolt, Slovenski glasbeni folklor. (Slovenske narodosloane študije, Heft 4-.), Ljubljana 1954, 19. Das Manuskript hatte F. Marolt im September 1945 niedergeschrieben. Vgl. die Besprechung: ösiterreichische Zeitschrift für Volks- kunde NS X, Wien 1956, 86 ff. ^ F. MaTolt, Gibno-zvočni obraz Slovencev. (Slovenske narodoslovne štu- diije, Heft 3), Ljubljana 1954, 77, Abbildung 9. (Für den Druck aus dem Nach- lasse Marolts vorbereitet von Zmaga Kumer und Karla Vuk.) ' Ebenda. 25 f. 125 Leopold Krefzenbacher Hrast zum Ymisko kdl'o Zvezda aufgezeichnet habe und an der erwähn- ten Stelle wiedergibt.* Das Töpfgerät trägt seine Stimme »zornig und heiser-dumpf« weit- hin. Mit seinem dynamisch bewegten, erregend synikopierten Klange treibt es die Reigentänzer (kolaši) sozutsagen in Ekstase. Der genannte slowenische Musifcethnologe ist femer der Meinung, daß dieses gudalo in den Gegenden an der Kupa (Kolpa) beim Tanize als Insitrument die Stelle des Dudelsaokes (diple) ersetzt halbe und diesen dann mivugač« genannt, eine besondere Funktion als Begleitinstrument zum Beispiel »beim Versemaohen, wenn man umzieht, die Neujahrslieder (koJednice) zu singen«. V. Novak stellt hier eine wesentliche Funktion vmsepes Gerätes, nämlich die der musikalischen Begleitung bei den Brauchtumsliedem der Heischeumzüge fest. Sie wird uns auch in den deutschsprachigen Be- reichen der Ostalpen, in Nord- und Nordwestdeutschland, in den Nie- derlanden, in Süditalien und noch öfter begegnen. Außerdem erwähnt V.Novak auch noch kurz, daß dieses Gerät »auch in Ungarn« bekannt sei. Auch darajuf kommen wir bei unserein Rundgange über das ost- und südoisiteurapäiische Verbreitungsgebiet unseres Gerätes noch zurück. Hier wollen wir für den sloweniiischem Bereich vorerst nur noch anführen, daß mir Radoslav Hrovatin für den Südteil des Prekmurje auch noch die Bezeichnumg »düda«, sonst nur für den »Dudelisack« üblich, mündlich mitteilen kannte. H Sehen wir uns zunächst in jenen Ländern des Ostalpenraumes um, die im Norden an Slowenien grenzen und die in historischer Zeit mit Krain als die ehemaligen Kionländer Steiermai^k und Käimiten der alten Donaumanairchie zur Länderdreiheit und Verwaltungseinheit »Inner- österreich« verbunden gewesen waren. Es zeigt sich ja in hundert Fäl- len, daß sich Elemente der Vollkskultur gerade dieser Landschaften Liin leichtesiten im Verg'leich des gemeinsamen Kulturerbes dieser südost- alpinen Kulturlandschaften nach Typus, Funktion, Verbreitung und gelegentlich auch Namen feststellen lassen." Das ist auch in der Frage des Musik-beziehungsweilse Lärm-Inisitrumentes guidalo-dudalo-Büllhäfeii der Faill. Die auffalend dichte Streuung umseres Inistrumentes am Süd- ostrande der Alpen, weniger allerdings in Südastkärnten als in der un- teren West- und Mittelsteiermark und den Ostalpenraum entlang bis ins mittlere Burgenland und den südöstlichen Winkel von Niederösterreich läßt vermuten, dafi gerade dieser Bereich zusammen mit dem noch zu wenig erforschten slowenischen Siedelrannie eisne für sich allein stehende Uberlieferungslandschaft des Lärmgerätes darstellt, die nach Norden und Westen keine kartographisch er^kennbare Verbindung bis in die anderen Schwerpunkträume einer brauchtümlichen Verwendung solch Aus dieser Erkenntnis wurtle im Zusammenwirken slowenischer, italie- nischer, friulanischer und österreichischer Fachleute im März 1956 eine freie Arbeiitsgemeinschalt für die Volkskunde des Ostallpenraumes am Inštitut za narodopisje der Slowenischen Akademie der Wissenschaften zu Ljubljaoa ge- gründet, deren erste Ergebnisse sich im Druck befinden. Zu den Zielen der freien Arbeitsgemeinschaft vgl. den Bericht in der österreichischen Zeitschrift für Volkskunde NS X, Wien 1956, S. 66 und ebenda 149 f. 127 Leopold Kretzenbaclier eines Gerätes am Niederrhein, in Schleswig-Holstein und im ehemals deutschen Ositpreußeii oder aber in Süditalien erkennen läßt. Die von F. Marolt nach seinen Aufzeichnungen in Bela krajina mitgeteilte Namensform gudalo-dudalo gibt zunächst noch keinen ein- deutigen semasiologischen Hinweis auf Form und Klangwirkung des Gerätes. »Gudalo« taucht als Name speziell für nniser Gerät des Lärm- topfes in den meisten der geläufigen slowenisch- beziehungsweise serbo- kroatisch-fremdsprachlichen Wörterbücher überhaupt nicht smi. Wo es aufscheint, etwa als slowenisch »godalo« neutr., wird es einfach über- setzt als »das Musikinstrument«, gelegentlich »das Streichinstrument«.' Im Kroaltischen wird »gudalo« umschrieben als »Geigenbogen, Fiedel- bogen«.** In dieser Bedeutung bewahrt auch das Serbische dieses Wort. Es wird ausschließlich einfach mit »Fiedelbogen« übersetzt. Lediglich Vuk Karadzic Bet2;t in seinem »Lexicon ser^bico-germanico-latinum«" zu »gudalo« und seiner Nebenform »gudilo« für Srijem (Syrmien) als zweite Bedeutung mit Frageizeichen »plectrum« her, also- das ursprün- glich griechische Wo'rt für »Schlägel« (jiA^mçov, pleektron), das Stäb- chen, mit dem der Spieler die Saiten (der Kithara usw.) schlägt. Den- noch führt von hier kein Weg zur slowenischen Bezeichnung des Brummtopfs, da dessen (Kukuruz-)Sta^bchen ja keine Saite schlägt, son- dern nur eine Membrane (Schweinsbiase und dergleichen) streicht. Es Meibt also im Serbokroatischen für »gudalo« beim »Fiedelbogen«. Dem schließt sich auch die Kommentierung des »gudalo« im maßgeblichen »Akademie-Wörterbuche«, im Rječnik hrv^atskoga ili srpskoga jezika, III, Zagreib 1887—1891, 493, an mit der Besonderung, daß es sich also um einen Fiedellbogen mit Roßhaarbeßpannung handle, mit dem man die Saiten der epischen Geige (gusle) streiche. War also »gudalo« die im Volke vorherrschende Bezeichnung — was uns keineswegs' als sicher erscheint und vielleicht nur einen Mangel an intensiverer Namensforschung bedeutet —, so ist damit semasiolo- gisch lediglich gesagt, daß dieses Gerät zu den Frixions-Instrnmenten gehört, die durch Streichen einer Membrane über einem Resonairzkörper Tonschwingungen erzeuigen. Anders die deutschen Bezeichnungen für unser Gerät in den beiden übrigen Ländern Alt-Innerösterreichs, in Kärnten und Steiermark, die allein das Gerät in dichterer Streuung aufw^eisen und sich damit streng von den wesitlichen Bundesländern Österreichs scheiden. Die Steiermark, in der das Lärminstrument zu den Brauchtums- requisiten dete Faschings und des spätherbstlichen »Brechelschreckens« bei der Flachsibearbeitung ebenso gehört wie zu jenen nächtlichen Streif- zügen der dörflichen Burschen, die darauf aus sind, andere, insbesondere ¦ Woilf-Pletersnik, Slovensko-nemski slovar, I, Ljubljana 1894, 224. " G. Šartišallović, Rječnik hrvatsko-srpsko-njemački, Zagreb 1929, 118. " Vuk St. Karadzic, Srpski rječnik istumačen njemačkijem i latinskijem riječima. Dritte (staatl.) Ausgabe, Beograd 1898, 110. 128 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Mädchen zu schrecken, verwendet dafür neben sieben anderen Bezeich- nungen vor allem das Wort ^Büllhäfen«. Damit sind Form (Gefäß, Topf, Häfen) und Klangwirkung (»biülen« = steir. »lärmen, Getöse machen«) hinlänglich gekennzeichnet. Im übrigen ist das Wort »bullen« Schrift- deutsch nicht geläufig. Wird es verwendet, so bezeichnet es im allge- meinen einen dumpfen, hallenden Lauif^". In der Zusammensetzung »Büllhäfen« aber ist das Wort in Steiermark und Kärnten gut belegt, voll verständlich und zum Teil auch in die Mundartwörterbücher aufgenommen. Unger-Khull bringt im »Steirischen Wortschatz« (1903)^^ eine ausführliche Beschreibung des Lärmgerätes und seiner Funktion, die wir wegen der teilweisen Gleichartigkeit und dann doch wieder Gegensätzlichkeit zur Keenzeichmuig des silowenischen gudalo- dudalo voll hieher setzen: »Büllhäfen« m., Hafen mit ausgeschlagenem Boden, statt welclies eine Schweinshaut aufgespannt ist; in der Mitte derselben wird eine starke, mit Pech gewichste Schnur befestigt, die am oberen Ende mit einem Knoten versehen ist. Streift man mit festgeschlossener Hand diese gespannte Schnur von innen nach außen, so entsteiht ein dumpfes Tö- nen, das bald dem Bullen (Brüllen) der Ochsen oder dem Gebeule von Hunden und dem Gruiizen der Schweine äbnlich ist. Mit solchen ,BüU- bäfen' alarmieren mutwillige Burschen in mittelsteirischen Dörfern die Einwohnerschaft.« Eine mit Peoh eingeriebene Schmiir vertritt also im der Mittelsteier- mark und anch in Kärnten den Maisstengel nach der HerSteUungsart in Bela krajina. Neben der Hauptbezeichnuiig »Büllhäfen« gehen in der deutschen . Steiermark anch noch sieben andere Namen. Drei davon sind nur ver- einzelt überliefert: Saukrug, Hornißkrug, Speiteufel. 1. SsLukrug. — Gefäß, in dem man früher das Schweinefutter koch- te. Der Boden hat ein Loch. Hiedurch wurde eine grobe Schnur als Reibegegenstaed gezogen, wodurch der Ton — also ohne Schweinsblase als Sondermembrane — erzeugt wurde. Das Insitrument wird immer noch Die Ableitung von »bulle« = »Stier«, wie M. Lexeir, Kärntisches Wörter- buch, Leipzig 1862, 46, sie nach Grimm, Deutsches Wörterbuch II, 312 f., bei- behält, erscheint mir sehr fraglich. Denn .das Wort »Bulle« für »Stier« ist im Wesentlichen niederdeutsch. Es ist erst im 17. Jahrhundert in das Schrift- deutsche aufgenommen worden. Doch konnte sich das Wort im oberdeutschen Bereiche nie durchsetzen. Zur Wortgeschichte vgl. Trübners Deutsches Wörter- buch, herausgegeben von Alfred Götze. Bd. I, Berlin 1939, 467. Hingegen ist das Zeitwort »bullen« tirolisch, auch »billen«, schon im Althochdeutschen als »piil- lon« und im Mittelhochdeutschen als »bullen« belegt und von daher in den oberdeutschen Mundarten gebräuchlich. Vgl. A. Schmeller, Bayerisches Wörter- buch, Neuausgabe \on Frommann-Mausser, Band 1, Leipzig 1939, 233. Th. Unger-F. Khull, Steirischer Wortschatz als Ergänzung zu Schmellers Bayerischem Wörterbuch, Graz 1903, 128. 9 Slovenski etnograf J 29 Leopold Kretzenbacher in der unteren Osteteiermark (Edellsbaoh, Gniebing, Bezirk Feldbach) von den Dorfbursohen zum Schrecken der Mädchen gebraucht. 2. Hornißkrug. — Die Bezeichnung leitet sich wohl von dem brum- menden Ton her, den eine eingeschlosisene Horniß verursacht. Doch ist mir dieser Name bei Feldaufnahmen nie begegnet. Er fehli auch in den Wörterbüchern und dürfte vereinztiM sein.^^ 3. Speiteufel. — Als Name ebenso vereinzelt wie »Hoimißkrug« und gewiß nicht mehr volkläufig. Nach der Beschreibung von Hans Sowinski^* handelt es sich um einen bauchigen irdenen Topf mit umgeibogenen Rande, losgeschlagenem Boden und einem alten Trommel- fell als Meniibrane, durch die ein geknoteter Strick gezogen wird. Dieser Strick und die Finger der rechten Hand des Spielers werden mit Kolo- phonstaub bedeckt; dann wird durch das Streichen dieses Strickes in der Membrane »eine Art grunzendes Geräusch« erzeugt, »dasi dem Er- brechen ähnelt, daher der Name Speiteufel«. Weitere Namen des gudalo-Gerätes, aufgenommen während der Er- hebungen für den seinerzeitigen »Atlas der deutschen Volkskunde« (ADV), etwa in den Jahren 1930—1935, lauten in der dentschöprachigen Steiermark: 4 Küahbud'n. — Kuh-Buden, hergeleitet von einem erotischen Ver- gleich mit dem Bauche (Pude, Bute^°) der Kuh oder ihrer vagina. (Krottendorf ibei Weiz, mittlere Oststeiermark, ADV). 5. Mooskuh, Mostkuah, Gmooskuah. — Dichtere Verbreitung in der deutschsprachigen Oiststeiermairk weist der Vergleich der Stimme un- seres Lärmgerätes mit dem Rufe eines gespenstigen Tieres auf, mit der »Moioskuh«, die sich nach dem Glauiben des Volkes in moosigen Gründen aufhält und des Nachts brüllt.^" Demgemäß gehören auch die mund- artlichen Ableitungen _ujiseres Gerätenamens von »Mooslkuh« (St. Geor- Mitteiilutng meiner Hörerin A. Gameritli, 1953. Die 2. Bedeutung des Wor- tes »Saukrug«, wonach der »schlechteste Schüler der Klasse bis zur Besserung seiner Leistuingen nach der alten Siprache diesen Krug zn tragen gehabt habe« (Unger-Khull, 519) ist heute vergessen. " V. Geramb, Sitte und Brauch in Österreich, 3. Auflage, Graz 1948, 183. A. 1. Unter den Beantwortungen der diesibezüglichen Frage des »Atlas der deutschen Volkskunde« (ADV) ist diese Bezeichnung ein einziges Mal in der Steiermark verwendet (Weitendorf bei Willdon. Mittelsteiermark), vielleicht auch hier nur durch den Vordruck verleitet, der diese Bezeichnung in die Frage aufnahm. ^* H. Sowinski, Steirische Voliksmnsikinstrumente. (Das Joanneum, Band III, Musik im Ostalpenraume, Graz 1940.) 200. " Unger-Khull, Steirischer Wortschatz, 126. *" Unger-Khull, 465, nach M. Höfer, Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutschland, vorzüglich aber in Österreich übäichen Mundart. Linz 1815, 269. Es handelt sich um ein tierisches Sagengespenst, das als »Mosochs vel Mosweihe, buteo« schon in einem deutschen Vokabular des frühen 17. Jahr- hunderts vorkommt. Vgl. A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch, I, 1673. 130 SI. 1. Verschiedene Büllhäfen. Različni zvočni lonci: 1. Weststeiermark (zah. Štajerska); 2. »pignata« (Menton, frzös. Riviera); 3. Abtei — Apače im Unter- kärntner Rosentale (Rož na Sp. Koroškem) ; 4. »gudailo - dudalo«. Bela krajina (nach. F. Marolt); 5. Steiermark — Štajersika (shema); 6. Ferlach — Borovlje; 7. »buhaiul«, Rumänien — Romunija (nach W. Liungman); 8. Holland — Holandsko (nach P. Bruegel). 9* 131! Leopold Kreizenbacher gen am der Stiefing) über »GmooBkuh«, »Gnioosikuah« (Kaindorf bei Hartberg, Prebensdorf bei Gleisdorf) bis zu »Mostkviab« (St. Marein am Pickelbacb) hieher. 6. Gröllkuah. — Das Unheimliche des Lautes, den unser Lärmgerät hervorbringt, gibt endlich den Anlaß zu den ebenfalls in der Oststeier- mark verbreiteten Beizeichnungen wie »Gröllkuah« (Gröll-Kuh) (Hei- ligenkreu'z am Waasen) und 7. Gröllhäfen, Kröllhäfen, Kröllhefen. — (Prebenisdorf, Kaindorf bei Hartberg und noch mehrmals im engeren Gebiete des lebendigen Brauch- tums mit unserem Lärmgeräte in der Oststeiermark). Das Bestimmungs- wort gehört zu »gröMen«, steirisch »grollen, kröUen«. Es bedeutet: »brüllen, grunizem, heulen, rülpsen« u. dgl.^' Der übergreifende Name für unser gudalo-Gerät in der deutsch- sprachigen Steiermark wie in Kärnten ist jedoch der »Büllhäfen«. Das HauptverbreitumgBgebiet in der heutigen Steiermark sind die Land- schaften der unteren West-, Mittel- und Oststeiermairk, femer der Kainachboden, das HügeMand nördlich von Graz und die nordöstliche Steiermark, wo die VerbreitungBlandschaft an jene des mittleren Bur- genlandes und dös südöstlichen Nielderösterreichs grenzt. Yöllig un- bekannt ist das Gerät in den alpinen Bereichen der Steiermark. Es fehlt vöUig im Ausseerlande, im Enns^, Paliten- und Liesingtale, im oberen Murtale und im Gesamtbereich der Steiermark nördlich der Mürz. Gerade ans dieser Verbreitung in den Süd- und Ostgebieten der Steier- mark aber wird es wahrscheinlich, daß sich neben den spärlichen Hin- weisen Marolts auf dals Voitkommen im Dravsko polje (Drauf eld) auch sonst in der historischen Untersteiermark, die zwischen dem lebendigen Überlieferungsträger Mittel- und Oststeiermark und dem Prekmurje lieg't, bei systematischer Abfrage Belege ergeben müßten. In den gemannten Gebieten der deutschen Steiermark blieb das Lärmgerät vor allem zum nächtlichen Schrecken der Dorfbewohner in der Hand boshafter oder übermütiger Burschen bis zur Gegenwart in Gebrauch. Herstellungsart und Verwendunig zu einem Scherz in der Gegend von Gabersdorf bei Leibnitz komnite ich 1953 auch auf Tonband aufnehmen.^* pjs ist die (übrigens weit verlbreitete) Geschichte von den lustigen Burschen, die einen Einfältigen dadurch zum Narren halten, daß sie ihm sagen, man wolle gemeinsam zur Nacht auf das »Trapphabnfangen« gehen. Der »Trapphahn« ist aber nur ein Fabeltier des Scherzepieies, dessen vermeinitliche Stimme man ertönen läßt, um den Dummen im Walde kreuz und quer laufen zu lassen, bis er müde von der vergeb- " Unger-Klmll, 308. Tonbandarchiv des Steirischen Vdlkskundemuseums, Graz, Tonband Nr. I/l, Teilaufnahme b, Gabersdorf bei Leibnitz, 1953, im Zuge der Mundart- aufnahmen in der Steiermark für das Phonogrammarchiv der Akademie der Wissenschaften in Wien. 132 Gudalo-dudalo, vugaš, BüUhäfen und Verwandtes liehen Jagd auf den »Traipphahn« heiinkehrtund noch verspottet wird. Im. erwähnten mittelsteipischen Schwanke i®t es der »Büllhäfen«, der eigens aufgehängt wird, um die Geisterstimme des »Trappliahns« mög- lichst schaurig im nächtlichen Walde ertönen zu lassen. Anderswo in der Oststeiermark (Kaindorf bei HiA-tberg, Grafen- dorf) läßt der »umgehende« Büllhäfen nächtlicherweile die Mädchen in den Kammern erzittern oder holt wütend gemachte mißliebige Bauern aus dem Bette. Gelegentlich erzählt die lustige Anekdote, daß die er- schreckten Bewohner eines oststeirischen Dorfes, in dem gerade ein Zirkus weilte, glaubten, ein wildes Tier sei losgebrochen und brülle nun im zitternden Dorfe. Sogar, daß es die Stimme eines Toten sei, der in seinem Grabe nicht Ruhe finden könne und solcherart laut stöhnend »umgehe«, wird in einem oststeirischen Schwank aus Rohrbach erzählt.^' Im Gegensatz zur voMen Lebendigkeit des »Büllhäfens« in der Steiermark, insbesondere in ihren mittleren und östlichen Teilen, scheint das Lärminßitrument gleichen Namens in Kärnten schon weitestgehend außer Gebrauch gekommen zu sein. Zumindest ist es einem so hervor- ragenden Kenner der Kärntner Vollksikultur wie Prof. Dr. Oskar Mose r, Klagenfurt, auf seinen Wanderungen kurz vor und die ganze Zeit nach dem zweiten Weltkriege niemals begegnet.^" Gemessen an der Fülle der Nachrichten über unser Lärmgerät aus der Steiermark, und zwar noch aus der ummittelbaren Gegenwart, befremdet es, daß auch die Befra- gungen des Atlas der Deutschen Volkskunde in Kärnten nur sehr wenige Belege über das Wissen um den »Büllhäfen« erbrachten. Unter hum- derten von Befragten wußten nmr drei Näheres darüber zu berichten: Zu Apace-Abtei im Unterlkärntner Rosentale wußte der Einsender auf die Frage des ADV nach unserem Musikinstrumente zu vermelden, es sei ein: »Irdener Topf mit Schweinsbiase überspannt. Schnur mit Pech. Der Topf wird auf der Schnur hin und her gezogen. Schnarrender Ton (Katzenmuisik). Alte Leute (50—60 Jahre) haben dieses Instrument selbst benützit.« Der Einsender fügt auch noch eine Zeichnung bei, die gleich eine Sonderform des Büllhäfenis erkennen läßt, wie sie ansonsten im näheren Umkreise weder in Kärnten, Krain, der Steiermark oder den pannonischen Randzonen der Südostalpen wiederkehrt und doch eine sinnreiche Neuerung des Grandprinzipes unseres Frixionisinstrumentes solcherart darstellt, daß letztlich die pechbeschmierte Schnur sozusagen die zentrale, feste Achse bildet, in einen Bogen verspannt, innerhalb dessen das irdene Gefäß auf und ab bewegt wird, also diese Sehne »streicht«. Auf die Frage nach der Funk;tion des Gerätes im k;ämtner- silowenischen Rosentale wird nur geantwortet: »als Katzeiunusik«. Das entspricht ungefähr dem heutigen Gebrauche auch in der Steiermark. Freundliche Mitteilung von Frl. Anni Gamerith, Graz, 1953 Freundliche Mitteilung von Prof. Oskar Moser, Klagenfurt, dem ich ein Lichtbild des Klagenfurter Museumsstückes wie die Abschrift aus den Kärntner Belegen des ADV verdanke. 133 Leopold Kretzenbacher Knapp fiel auch die Antwort für den ADV aus Moosburg nördlich des Wörthersees auls: »Schwarzer Tonhäfen, mit vier bis fünf Rosshaar- saiten besipanint..., axugeblich zum Verscheuchen des Jägers beim Wil- dern.« Der dritte ^J^ämtner ADV-Beleg kam aus PreUenegg auf der Pack, hart an der Grenze der Weststeiermark, aus deren Südteil eine über- raJschend große Anzahl von Mitteilungen über unseren Büllhäfen mit verschiedenen Herstellungsarten und Bezeichnungen bei der gleichen ADV-Abfraigung einlief. Zu Preitenegg heißt es: »Alter Schwarzhafner- Häfen ohne Boden. Schweinslblase überspannt und eine pechene Schnur wird durchgezogen.« Als Verwendung: »Von jungen L,euten«; als Na- me: »Büllhäfen«. Es bleibt also für Kärnten nur noch ein letzter Beleg, das Stück in der Volksikundealbteilung des Kärntner Landesmuseums, das ihr Grün- der, Ferdinand Raun e g g e r bald nach dem Ersten Weltkriege in der Gegend von Boroolje — Ferlach im Rosentale erworben hatte und den Besuchern immer mit besonderem Vergnügen vorführte. Esi ist eiii schwarzirdener Tonhäfen mit Schweinsblase überspannt und einer star- ken, gewichsten Reibeschnur in der Mitte. (Siehe Abbildung 1/6.) Aus den hier angeführten und mancherlei weiteren, vor allem in der Steiermark von mir gesammelten und handschriftlich vorliegenden Belegen zeigit es sich, daß in der SteiermaA und in Kärnten zwei Grund- formen des »Büllhäfens« in Gebrauch waren und sind, die freilich in der Bezeichnumg nicht geschieden werden. Einmal jene, verbreitertere, mit der zuisätzlichen Topf membrane, durch die eine Schnur, jedoch unseres Wiesens nirgends ein Stab (Maisstengel oder dergleichen) ge- zogen wird. Und zum anderen die Form eines Topfes ohne diese zu- sätzlich amigebrachte Membrane. Hier wird einfach der Topfboden duTchlocht und muß die schwingende Membrane ersetzen. So sagt der kenntnisreiche und liebevolle Beobachter des Volkslebens in der östli- chen Mitteilsteiermairik um die Mitte des vorigen Jahrhunderts für St. Georgen an der Stiefimg, Anton Meixner ausdrucklich : »Büll- häfen, dais Häfen mit ausgestoßenem Boden, in dessen Mitte ein ge- wichster Schusterdraiht ist, der gestrichen .bullt'; eine Nachäffung der geispenstigem Habergais«^^. Daß mit unserem Geräte die Geisterstimme der im steirischen Volksglauben sehr lebendigen »Habergeiß« bezieh- ungsweise einer anderen tierischen Volksglaubensigestält, der »Mooskuh« zum Schrecken der Doirfbewohner hervorgebracht werden soll, erwähn- ten wir schon und wird auch sonst mehrfach überliefert.^^ In den gleichen Bereichen der Mittel- und Weststeiermark (Grafia bei Leibnitz, Schwanberg, Stainz) wird der »Büllhäfen« im 19. Jahr- " A. Meixner, Steirisches Idiotikon aus St. Georgen an der Stiefing. Steier- niärkisches Landesarchiv Graz, Handschrift Nr. 1811; Unger-Theiss-CoWecu'on des Steirischen Volkskundemuseums, s. v. »Büllhäfen«. ^=A. Meixner, Sagen und Geschichten. II. Teil, 18. (Handschrift.) Unger- 'i'heiss-Collection. 154 Gudalo-dudalo, Tugaš, Büllhäfen und Verwandtes hundert auch noch etwas anders hergestellt. Statt der Schweinslblase wird ein Stück Leder straff überspannt. Für den durch ein Loch in diesem Leder gezogeaien Schusterdraht werden an den beiden Enden kleine Querhölzer angebracht, die das Hin- und Herbewegen erleichtem. Auf diese Weise ist jener »Büllhäfen« aus Wetzelsdorf bei Stainz in der Weststeiermark hergestellt, der 1913 erworben wurde und nun der Brauchtumsalbteilujng des Steirischen Volkskundemuseums in Graz zu- gehört. (Siehe Abbildung 1/1.) Jene Art der Verwendung des Büllhäfens jedoch, die V. Novak für das vugas-Gerät des Prekmurje und F. Marolt für das gudaloi in Bela Krajina amgdben, nämlich als »Musikinstrument« einerseits zum Be- gieiten von Heischeliedem und andererseits als Taktgeber für den Tanz, kehrt in der heutigen Steiermark und in Kärnten nicht wietler. Zumin- dest läßt sich dies nur in Spuren nachweisen. So zum Beispiel für den einizigen »alpin-steirischen« Beleg aus Seckau, niedergeschrieben etwa 1930 für den ADV: »Nach Angaben älterer Männer (60—70 Jahre) wurde in ihrer Jugend bei heiteren Anlässen ein sogenannter ,Büllhäfen' zur Musik- und GesamgBibegleitung verwendet und zwar unter dem linken Arm gehalten, während die mit Kolophonium v"ersehene rechte Hand die Schnur strich und zwar der Länge nach. Die Schnur wurde durch ein Loch im Boden gezogen und durch ein Querholz festgehalten.« (Auch hier handelt es »ich um die Form ohne Zusatzmembrane. Der Einsender fügte auch noch eine kleine Strichzeichnung bei.) (Abb. 1/5.) Zu Grafen- dorf bei Hartberg (Oststeiermark) wurde das Gerät zum »Brecheltanz«^'' und zum Locken (Rufen) der Schweine verwendet (ADV). Zu Modriach (mittlere Westisiteiermark) »als Spielerei zur Fastenzeit oder bei Hoch- zeiten« (ADV); endlich zu Schwanbferg (untere Weststeiermark) »bei Gratulationen, Ständchen von Burschen« (ADV). Näheres über diese muisikalische Verwendung aber ließ sich nicht mehr erhöben. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Belege kennt das Gerät nur in der Funktion, daß es-%on den Erwachsenen (Burschen, Knechten) »angetrieben« wird, nächtlicherweile die Mitmenschen zu schrecken. III Die Fülle der Belege im Kidturerbe des alten Innerösterreich, die Erinnemngen in venschiedenen Landesteilen Sloweniens (I) und die lebendige Volksüberlieferung der Steiermark und Kärntens (II) steht in seltsam einprägsamem Gegensatz zum auffallenden Mangel an solchen ^ Steirisches Volkskundemuseum Graz, Inv.'Nr. 4657 (olim 14.379). Vgl. V. Geramb, Sitte und Brauch ,in Österreich. 3. Aufl., Graz 1948, 194: »Auf dem Wege zur Brechelstube werden (die Brechlerinnen) von den Burschen durch Tierstimmen tind ,BüMhäfen' geschreckt.« Das Wort »Brecheltanz« be- zeichnet im übrigen das ganze Brechelbrauchtum und nicht lediglich den mu- sikalisch-tänzerischen Teil. 135 Leopold Kretzenbacher Nachrichten über ein gudalo-Büllhäfen-Gerät in den alpinen Bereichen Österreichs, Friauls oder Italiens. Mag es in den letztgenannten, romanischen Bereichen noch an Son- deruintersnchungen fehlen, die das gegenwärtige Bild vielleicht ver- ändern könnten, so zeigt doch schon das Ergebnis der Umfrage für den »Atlas der deutschen Volkslkunde« (1930) auf der darüber 1937 gezeich- neten und ohne Kommentar veröffentlichten Karte 43 des ADV^°, daß w^ir es nur am äußersten Südostsaume der Alpen mit einer stärkeren Dichte der Überlieferungen unserer Art zu tun halben. Es gibt nur ganz wenige, rein zufällig anmutende Streübelege westlich davon. Obwohl die westlichen Bundesländer des heutigen Österreich, Tirol, Vorarlberg, Sababurg, Oberösterreich, oft recht altertümliche Formen ihrer über- lieferten Volkskultur auch hinsichtlich der Musikinstrumente aufzu- weisen haben, das gudalo-Büllhäfen-Gerät ist dort so gut wie nicht be- kannt. Von Zufallsbelegen einer Streuung ohne Gesetzmäßig'keit, die im südöstlichen Salzburg eine historische Erinnerung und im Nordwesten von Linz an der Donau wenige Gegenwartsnennungen zeigen, dürfen wir füglich absehen. Es erscheint also fraglich, um welches Lärmgerät es sich handelt, wenn es in einem Handwörterbuche der deutschen Volkskunde bei der Beschreibung des übermütig-lauten MartinBbrauchtunis (U. XI.) in dea süddeutsoh-österreichischen Alpenländem heißt: »In Salzburg zogen 70—80 Burschen ans mit Peitschen, Schellen und Büllhäfen (Rummel- pott) zum Wettranggeln«^". Auch wenn die Nachricht als historisch gekennzeichnet ist, so steht sie doch so vereinzelt und hat keinerlei erhaltenes Stück zur Stütze, daß die tatsächliche Identität mit dem Lärmgerät, wie wir es meinen, unsicher bleibt. Nach Ausweis der kartographischen Ergebnisse des ADV, der slo- wenischen Parallelen Uber unser gudato und der hier noch anzufügenden östlichen und südöstlichen Parallelerscheinungen zu unserem Geräte und seiner Verwendung erscheint es jedenfalls sicher, daß wir es hier am Südostalpenrande mit einer mehr nach dem pannonischen Räume hin orientierten Epscheinung zu tun haben: daß also keinerlei direkte Verbindung mit den weit abgelegenen Landschaften dichten Rummel- pott-Brauchtums am Niederrhein, in Schleswig-Hoilstein und im Gebiete der Weichselmündung und im ehemaligen Ostpreußen bestehen. Wenigstens im Überblick sollen aber auch diese ostösterreichischen, Pannonien zugewandten Landschaften noch einbezogen werden, ehe wir mit ebenso großen Schritten auch den Völksboden der anderen Nachbarn, der slawischen sowohl wie der madjarischen und rumänischen, mit den Atlas der deutschen Volkskunde, herausgegeben von H. Hamijanz und E. Röhr, Leipzig 1957 ff. (unvollständig geblieben), Karte 43, Lärmgeräte: Der Rummelpott und ähnlich gebaute Geräte. 4 Teilkarten: a) Formen; b) Bezeich- nungen; c) Zeit und Art der Verwendung; d) Träger des Brauches. O. A. Erich und E. Beiti, Wörterbuch der deutschen Volkskunde. 2. Auf- lage, Stuttgart 1955, 509. 136 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes anderen Bezirken einer lebendigen Verwendung umseres primitiven Mu- sikgerätes vergleicben. Wir siprachen also von der auffallenden Belegdichte und Beliebtheit des »Büllhäfens« in der gesamten Oststeiermark. Sie erscheint als das räumliche Bindeglied zwischen den (vorerst noch spärüchen) Berichten aus dem Dravsko polje (Draufeld) und dem Prekmurje (Übermurgebiet) einerseits und der verhältnismäßig klar erkennbaren und noch leben- diges Wissen um Herstellung und Verwendung des »Büllhäfens« tra- genden ostalpinen Randlandschaft des Gebietes um den Wechsel, den Gebirgszug zwischen der nordöstlichen Steiermark, dem Südosten Nie- derösterreichs und dem mittleren Burgenlande. Mehrere isolcher, meist mit Leder überspannter »Büllhäfen« aus dem Weohselgebiete, darunter einen aus Edlitz bei Aspang, bewahrt das österreichische Museum für Volkslkunde in Wien in seiner Volksintisik- aibteilung. Der Büllhäfen stand in diesen Grenzlamdschaften noch in den vergangenen Dreißigerjahren in ständigem Gebrauch. Einmal mußte sogar die Polizei einschreiten, da sich ein von den Dorfburschen nächt- licherweile geschrecktes Mädchen den Fuß gebrochen hätte.^' Übrigens werden solche Vorkommnisse öfter als Grund dafür genannt, daß das Gerät verboten wurde und außer Gebrauch kam. Hier, im Wechselgebiete, schließt die Brauchlandschaft des »Büll- häfens« unmittelbar an das mittlere Burgenland an. Seine Formen des »Büllhäfens« gleichen durchwegs denen der altinnerösterreichischen Lande. Eine Anzahl von Belegen hatte schon die Abfragumg des ADV 1930 erbracht. Der Gegenwartisbestand wurde 1954/55 für dem in Arbeit befindlichen »Atlas der burgenländischen Volkskunde«, den Univ. Prof. Leopold Schmidt, Wien, vorbereitet, erhoben. Sehen wir nun vom lebendigen Gebrauch unseres gudalo-Büllhäfen- Gerätes am äußersten Ostrande der Alpen ab, so ist zumindest der Name auch noch der Sprache der Großstadtkinder von Wien geläufig. An Stelle des Maisstengels bei den Slowenen in Bela krajina und im Prek- murje öder des gepichten Schuisterdrahtes im Kärnten, Steiermark, dem Burgenlande und in Teilen Niederösterreichs wird beim Wiener »Büll- häfen«, vom den Burschen auch »Filzklavier« genannt, durch die über den Topf gespannte Schweinsblase eine Gänsefeder gesteckt. Ihr Kiel wird wie beim vtigaš im Prekmurje mit nassen Fingern gerieben. Bezeichnenderweise wurde auch hier das Gerät einst »zum Sammeln der Gabem im Heischeumzug« verwendet.^^ Davon zu unterscheiden ist der Schnurrtopf, Brummtopf, »Pfnurrer«, also ein Lärm erzeugendes Kinder- spiel in der Art eines hohlen, innen ausgepichtem Kreisels, wie ihn für Österreich, Schweiz, Franken und Sachsen der Philologe und Natur- " Freundliche Mitteilung von Univ. Prof. Arthur Haberlandt, Wien. Der in Vorbereitung befindliche burgenländische Volkskundeatlas wird darüber eine eigene Karte bringen. L. Höfer, Notizen zur Wiener Kindersprache. (Österreichische Zeitschrift für Volkskunde VIII, Wien 1954, 37.) 157 Leopold Kretzenbacher forscher Johann Sigmund Valentin Popovič (1705—1774) in seinen Aufzeichnungen üher das ösiterreichische Kindersipiel beschreibt und erklärt.^" Diese Unterscheidung trifft die »Initernationale Volkskund- liche Bibliographie« nicht.Dort werden im Register »Brummtopf« und »Rmnmelpott« gleichbedeutend gebraucht beziehungsweise für die glei- chen Arbeiten ausgewiesen. Im Grunde genommen sind es ja verwandte Frixionisinstrumente. Nur sollte man diesen »Pfnurrer« als »Schwung- Reibetrammel« von der »Stab- und Stand-Reibetrommel« (Rummelpott, Büllhäfen, Brummtopf) scheiden.^^ Eine besonders in mitteldeutschen Bereichen geläufige Bezeichnung dafür wäre auch der »Waldteufel«. Dooh kehren wir zu unserem gudalo-Büllhäfen-Gerät im südost- alpin^pannonischen Räume zurück. JV Die bisher von Bela >krajina über Kärnten und Steiermarik bis nach Niederösterreich, Wien und in das Burgenland durchschrittenen Land- schaften ließen in der Verwendung des gudalo-Büllhäfen-Gerätes keine sehr festen Bindungen an irgendwelche Brauchzeiten im Jahrlauf er- kennen. Das ändert sich sofort, wenn wir nun in kurzem Überblicik die Vergleichslandschaften Pannoniens und seiner Ränder in Ungarn, Ru- mänien, Serbien und der Tschechoslowakei durchwandern. Hier steht unser Gerät wie im niederdeutschen Raum und in Unteritalien fast ausschließlich in der Mittwinterzeit, in den Tagen zwischen Weihnach- ten und Dreifeönig in seiner wesentlichsten Funktion. Es dient als Be- gleitinstrument für die in den dunklen Nächten um die Jahreswende umziehenden Heischegänger. •»Regös« also »Spielmann« nennt man in Ungarn, den Brauch, dem- zufolge eine Gruppe von Burschen, die •»regölesn xim die Weihnachts- zeit in manchen Dörfern mit Lärmgeräten, darunter auch einem »Büll- ™ G. Gugitiz, Eine umbekannte Quelle zum österreichischen Kindersipiel aus dem 18. Jahrhundert. (Ösiterreichische Zeitschrift für Volkskunde VIII, Wien 1954, 20 f.) Vgl. Internationale Volkskundliche Bibliographie f. d. Jahre 1950 und 1951, heraiusgegeben im Auftrage der CIAP von R. WIdhaber, Basel 1955, Re- gister. Vgl. J. M. Müliler-Blaittau, Musik und Musikgeräte. In Handbuch der Deutschen Volkskunde, herausgegeben von W. Pessler, II, Potsdam o. J. (um 1955), 287, mit der Wiedergabe einer Zeichnung eines solchen »Waldteufel«- Verkäufers aus Berlin von Franz Burchard Doerbeök, um 1830. Hieher gehört auch die »Rodl« (RolMe) der Wiener Großstadtkinder: »... ein Lärmgerät, eine kleine Pergamenttrommel, einseitig offen, in der ein Rossliaar befestigt ist". Bei rascher Drehung des Instrumentes ensteht ein heulender Ton. Der ganzen Einrichtung nach ist das hausgewerblich hergestellte Spielzeug dem nieder- österreichischen Büllhäfen ähnlich und verwandt, nur eben aus städtische Klein- form ...« Vgl. L. Schmidt, Wiener Volkskunde. Ein Aufriß. Wien-Leipzig 1940, 47. H. Ruth-Sommer, Alte Musikinstrumente. Berlin 1921, 144. 158 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes häfen« iumziehen. Der Schwerpunkt dieses mittwinterlichen Umzugs- brauches liegt im westlichen Ungarn, im Lande rechts der Donau. Nach den Mitteilungen von Karoly Viski war der Brauch um 1930 noch in 170 ungarischen Gemeinden dieses Landes zwischen dem Alpen-Ostrande und der Donau verbreitet. Doch kam er auch bei den Szeklern in den Karpathen vor.^^ Gelegentlich sind es 20—30 Burschen, die an den dunklen Abenden, in den Nächten oder im Morgengrauen lärmend und Gaben heischend umgehen. Manchmal ist es auch nur eine Vierergruppe, die früher Tiere wie Stier, Ziege, Schwein, Katze darstellte. Sie ahmten Tier'laute nach, rasselten mit der mitgeführten großen Viehkette und trieben den Büllhäfen-Rummelpott an, der der »Stier« genannt wird.''* An sich ist es dais gleiche Gerät, wie wir es als gudalo-BüUhäfen von Bela krajina bis ins Burgenland schon kennen: ein irdener Topf, die Öffnung mit einer Schweinsblase verspannt. Durch ein Loch dieser Blase ist ein Schilfrohr geführt, das mit nassen Fingern gestrichen wird und den summenden Tom erzeugt. Doch muß es nicht immer ein Ton- häfen sein. Gelegentlich ist es wie in der Oststeiermark ein eiserner. Davon singt auch eine Strophe der umgarischen regöles: »... ein feiner Eisentopf ist unsere Trommel.. .«^'' Diese umgarischen regöles sind also eine Art Neujahrssänger wie die koledniki des Prekmurje, die ja auch den vucaš-vugač zur Beglei- tunjg ihrer Heischelieder verwenden. In gleicher Brauchfunktion und Ausrüstung zogen in manchen Gegenden in Rumänien die colindätori im Gruppen Vom 30—40 Personen von Weihnachten ab lärmend um. Sie führten ein gesipenstisches Tier, die »Brezai'a« oder »Capra« mit, eine Art alpiner »Habergeiß« oder slowenisch-pannonischer »rusa«. Neujahrs- lieder, »colimd« wurden dazu gesungen. Man begleitete die Lieder mit viellerlei Lärminstrumenten wie Peitschen, Glocken und Schellen. Dazu gehört auch unser Lärmtopf, der hier »buhaiul«, also wie in Ungarn (und Polen) »Stier« genannt wird und das Brüllen des Rindes nach- ahmt.'^ Im benachbarten Serbien hingegen scheint unser Instrument heute fast völlig ausgestorben «u sein. In der Fachliteratur tauchten — soweit wir sehen — bisher nur wenige kurze Hinweise von M. S. F i 1 i p o v i ć , K. Viski, Voäksibrauch der Ungarn. Budaipest 1932, 15. Vgl. die Abbildungen bed K. Viski, Vollksbrauch, nach S. 16, und W. Li- ungman, Traditionswanderungen Euphrat-Rhein. Studien zur Geschichte der Voliksbräuche. II, Helsinki 1938 (EEG 119), 827, sowie im Corpus Musicae Po- pularis Hungaricae II, 63—66. »regösök«. K. Viski, Volksbrauch, 20. ^ Vgl. die Skizzen der Lärmgeräte von den rumänischen Jahreswechsel- Aufzügen bei W. Liungman, II, 833, fig. 128, nr. 2 und 838; zum Teil nach V. T. Pamfile, Sarbatorile la români. Cracinnul (Academia Romana, Din \-ieata poponului roman XX), Bukarest 1914, passim. Zur Beschreibung des Gerätes und seiner Anwendung am Vorabend vor Neujahr (Sf. Vasile) vgl. H. Tiktin, Rumänisch-deutsches Wörterbuch, I, Bukarest 1903, Sp. 236 (buhaiul) und III, 1925, Sp. 1192, s. V. »plug«, wo die in der Neujahrsnacht Umziehenden auch einen kleinen Pflug (plugusorul) mit sich führen. 139 Leopold Kretzenbacher M. Šulman und R. Veselinović auf.^' Aus ihnen geht lediglich so viel hervor, daß ein solcher mit einer Haut überspannter Topf aus gebranntem Ton (lonac, ćup) mehrfach als »Musikinstrument« ver- wendet worden war. Einmal selbständig als Tafctgeber für Tanz oder Gesang; dann wieder als Stellvertreter für ein sonst fehlendes Basis- Instrument, etwa im Tamburizza-Orchester; endlich auch als einfaches Begleitinstrument neben dem Dudelsack. Die bisher vorliegenden Nach- richten beziehen sich fast ausschließlich auf Bačka, Banat und Voj- .vodina, also im Wesentlichen auf das pannonische Serbien. Als Be- spannung wird gelegentlich ein gereinigtes und abrasiertes Hasenfell verwendet. Hier wird, ähnlich wie im Prekmurje, ein Maisstengel durch- gesteckt. Wenn man ihn dann streicht, so gibt das Gerät den gewünsch- ten tiefen Ton von sich. Manchmal wird auch seitlich am Bauche des fellüberzogenen Topfes noch ein kleines Loch geschlagen. Hier führt man eine an den Enden gegen das Durchschlüpfen abgesicherte Schnur durch. Mit nassen Fingern wird diese Schnur gerieben und dadurch die Membrane zum Schwingen gebracht. (Jakovac, Bačka). Gelegentlich netzt der Spieler seine Finger vorher in Essig. Über eine Verwendung beim Neujahrsumzug oder bei sonst irgend- welchen brauchtümliohen Verrichtungen wird aus Serbien vorerst nichts berichtet. In Bezdan, Monoštor und Bogojevo (Baöka) waren es vor nun- mehr etwa dreißig Jahren vorwiegend die Handwerkergesellen (kalfe), die sich das primitive Gerät selber herstellten. Unter den madjarischen Siedlern der Baöka trägt es (nach M. Sulman) den Namen »köcsögbögön, also »Brummtopf« (ćup-bas). Eine Besonderheit scheint hier im panno- nischen Serbien der auffallend lange (50—70 cm!) Reibestook zu sein. Das entspricht der südfranzösischen »pignata« und der spanisch-kata- lanischen »zambomba«. Doch trug man hier in Serbien das Instrument nicht umgehängt; vielmehr iklemmte man es (ähnlich wie die madjari- schen regôles) unter den linken Arm, indes man mit Daumen und Mittel- finger der rechten Hand, beide befeuchtet, den Rohrstock reibt. Ein Exemplar dieses Gerätes aus der Umgebung von Bezdan (nördlich Apa- tin) befindet sich im Vojvodina-Museum zu Novi Sad (Zeichnung bei M. Šulman). Es ist femer nur eine Intensiviemng der Tonstärke und der Klangfarbe, w^enn in dieses Gerät, den Lärmtopf, auch Kuskuruz- körner oder Bohnen gegeben werden und der Spieler das Geräusch- instmment fest zwischen die Knie klemmt, um den Reibestab mit nas- sen Fingern noch kräftiger bewegen zu können. M. S. Filipović, Zemljani lonac kao muzički instrument. (Naučni Zbor- nik Matice Srpske. Serija društvenih nauka, Heft I, Novi Sad 1950, 275 f.) M. Šulman, Zemljani lonac kao muzički instrument. Ebenda II, 1951, _168. — R. Veselinović, Zemljani lonac kao muzički instrument. Ebenda II, 1951, 169. Alle drei schwer zugänglichen Arbeiten hat mir freundlicherweise Herr Prof. Dr. M. S. Filipović, Sarajevo, auf meine Bitte beschafft und eigene Beobach- tungen mündlich und m Brieten (zuletzt 24. Dez. 1956) mitgeteilt, wofür ich ihm hier sehr danke. 140 .; Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Hingegen stellte schon M. S. F i 1 i p o v i ć 1950 fest und R. V e s e - I i n o v i 6 brachte 1951 einen interessanten histo>rischen Beleg hiefür bei, daß es neben unserem gudalo-Lärmtopf auch noch ein ziemlich ähnliches Instrument zur Erzeugung eines dumpfen, geisterhaften Tones gibt oder zumindest noch vor kurzem in der Vojvodina und in der Bačka gab. Es handelt sich um einen ebenfalls irdenen Topf, der keinen Boden hat, praktisch also lediglich aus der Wand besteht. Der obere Rand ist wie bei unserem gudalo mit einer Membrane überspannt. Das Gerät ähnelt in dieser Grundform auffallend dem sogenannten »darbuk« (bul- garisch auch »tarbuk«),^** wie es vermutlich orientalisch - türkischer Her^kunft ist und bei den Muslimanen von Kosovo eigens als Musik- instrument hergestellt wurde oder vielleicht noch wird. Hier machte eben R. Veselinović 1951 auf eine interessante historische Nachricht aus dem 17. Jahrhundert aufmerksam.^" Unter den Teilnehmern einer österreichischen Gesandtschaft, die sich unter Graf Lesley im Jahre 1664 von Wien über Beograd nach Konstantinopel zur Ratifizierung des Warschauer Friedensvertrages begab, befand sich unter anderen Engländern auch ein gewisser John Burbury, der in seinen Reiseerinnerungen auch der begeisterten Auf- nahme der Gesandtschaft durch die christliche Bevölkerung von Beo- grad gedenkt. Hier habe sich besonders ein griechischer Kaufmann namens Marko Manikato hervorgetan, der die Gäste mit erlesener Gast- freundscbaft aufnahm. Er selber »soff wie ein Fisch« und schlug zur Begleitung seines eigenen Gesanges auf eine »Pauke« (taiambas). Der Berichterstatter beschreibt dies so: »Seine Pauke war von besonderer Art. Es war ein großer irdener Topf wie ein Trinkpokal ohne Boden, der mit einem Leder, dünn wie Pergament, überspannt war; auf dieser Membrane spielte er nun kun&tvoll und lieblich.« Auf jeden Fall ist dieses Gerät wie mir auch M. S. Filipovic bestätigt (Brief vom 26. VI. 1956) ein »darbulk« und nicht ein »gudalo« in unserem Sinne. Der we- sentliche Unterschied besteht darin, daß unser »gudalo« ein Frixions- instrument ist, während das andere Musiik-Gerät (darbuk, tarbuk, dara- buka) nicht gestrichen, sondern geschlagen wird. Das Hauptverbrei- tungsgebiet dieses darbuk-Typus scheint nach wie vor der Vordere Orient, Ägypten und Kleinasien zu sein. Professor K e r g i š , Moskau, erzählte mii- (Crna Gora, 3. IX. 1956), er kenne dieses Instrument sehr Das Wort »darbuk« fehlt in den serbokroatischen Handwörterbüchern, doch ließ es sich mit Hilfe meines verehrten Kollegen Dr. Rudolf AitzetmüUer, Graz, im neuerschieineneii bulgarischen Wörterbuche von St. Mladenov, Btlgar- ski tilkoven rečnik. Band 1, Sofia 1951, 506, feststellen als türkischer Name für ein — nach Meinung vieler meiner jugoslawischen Kollegen — auch türkisch- orientalisches Musikinstrument, das unserem gudalo nur ähnlich ist, jedoch nicht gleicht. ^' R. Veselinović, a. e. O. t69, nach St. Novaković, Putničke beleške o Bal- kanskom poluostrvu XVII i XVI11 vcka. (Godišnjica XVII, 1897, 79 f.) 141 Leopold Kretzenbacher wohl aus dem heutigen Gebrauch in Armenien. Andere Kollegen erin- nerten sich wenigstens des Namens »darabu'ka« irt Makedonien. Dorthin mag es als vorderasiatisches Kulturgut in der Türkenzeit gekommen sein. Für Kroatien ist unser Top finsi rumen t verhältnismäßig selten in der Fachliteratur bezeugt. Doch mag dies Zufall sein, da wir sonst über die »Kroatische Volksmusik« gut unterrichtet wurden, seit Božidar Š i r o 1 a , Zagreb, sich dieses Faches annahm.*" Lediglich im pannoini- schen Nordosten des Landes mehren sich die Nennungen. Zu Miholjanec im kroatischen Drautale ibegleitete 1933 ein Mann aus dem Dorfe die Lieder mit einem »selbstersonnenen und selbstkonstruierten« Tapfgerät unseres Typus, hier »brunda« oder »bajs« genannt. Ein irdener Topf, eine Schweinslblase, ein hölzernes Stäbchen, etwa kleinfingerdiek, das ist das Inventar für unser Tongerät mit der Klangfarbe eines Fagottes.''^ In der Umgebung von Varaždin (Warasdin) im pannonischen Kroatien, z. B. in den Dörfern Ivanec und Jerovec wurden mehrfach Nachrichten über unser Gerät aufgenommen,'"' ebenso im vollkäkulturgleichen Räume zwischen Križevci und Koprivnica/^ Doch gehört dies alles der Halb- vergangenheit an. Nur die Völikserinnemng weiß darum. Belegstücke ließen sich nicht mehr finden. Aber zumindest die Vorstelluiug des Irden- topfes als »Teufelsinstrument« scheiht im Volksglauben von Koprivnica zu liegen, demzufolge »ein Topf nicht über Nacht im Hause leer und deckelloB verbleiben« dürfe, da sich sonst der Teufel in ihn hineinhockt.** Bei den kroatischen Umzugsbräuchen mit Lärmgeräten, unter denen man zum Beispiel gerne dröhnende Rindenhörner verwendet (tube od kore) wird unser gudalo-Büllhäfen nirgends erwähnt.*' Heute ebenfalls schon mehr als historisch zu wertende Belege für unser Gerät stammen aus Böhmen. Hier hatte schon vor mehr als 110 Jahren V. S. Sumlork. der unter dem Decknamen Krolmus schrieb,*" auf die zwischen Weihnachten und Neujahr oder bis gegen *" B. Sirola, HrA atska narodna glazba. Pregled lirTatske muzikologije. Za- greb 1940. " B. Šiirola. Pučke popijevke u Miholjancu. (Etnografska istraživanja i gradja, I, Zagreb 1934, 97 ff., besonders 101.) Freundlicher Hinweis von Direktor Cvijetko Rihtman, Sarajew. Freundliche Mitteiflungen von Frau Direktor Marijana Gušić, Zagreb, und Dr. Vinko Žganec, Zagreb. " Nach Mitteilungen von Herrn Marcel Davila, Zagreb, die mir freundlich von Frau Prof. Paula Gabrio, Zagreb, übermittelt wurden. — Eine ausführliche Bescbreibung unseres Gerätes durch Tv. Cubelić Hieß sich nicht finden. Irdene oder metallene Gefäße, auf die man schlägt, gehören nicht zu unserem Typus (Tv. Čubelić, Lirske narodne pjesme, Zagreb 1953, 39). " R. Horvat. Gatanje o porodnim poiavima, o životinjama, o bilinama. o vremenu i raznim prigodama života. (Zbornik za narodni život I, Zagreb 1896, 253.) ^ M. Gavazzi. Godina dana hrvatskih narodnih običaja. 2 Bändchen, Za- greb 1939. Krolmus, Staroôeskë povesti, zpëvy. hrv, obyceje, slavnosti a nâpévv, sebral V. S. Sumlork, I, Prag 1845, 273. 142 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Maria Lichtmeß (2. IL) hin mnziehenden Heischegänger aufmerksam gemacht, die im Raum vcwi Prag und Pilsen zur Begleitung ihrer Lieder ein besonderes gudalo verwendeten. O. Reinsberg-Düring s feld hat den tschechischen Volksbrauch 1861 einer breiten Leserschaft be- kannt gemacht und Namen, HerstelJungsart und Spielweise wie folgt beschrieben »Im Pilsner Kreise, namentlich in der Gegend von Radnitz, ziehen um dieselbe Zeit, mitunter auch erst vom Dreikönigstage bis Licht- meß, Erwachsene mit einer Rohrdommel oder Maultrommel auf den Dörfern herum und erbitten sich einige Geschenke. Diese Rohrdommel (bukač) oder Maultrommel (brumbai oder bukal), wie sie bei Prag genannt wird, ist ein bauchiges Gefäß von Ton oder Holz, oben mit einer Blase oder Haut überzogen, die am Hals des Gefässes recht fest zugebunden wird und unter welcher eine Darmsaite quer über die Öffnung des Gefässes hinweg so gezo- gen ist, daß sie die Blase berühren kann. An dieser Saite wird nun ein Rosshaar befestigt, das mitten durch die Blase geht und an wel- chem der Spieler mit nassgemachtem Finger zieht, sodaß ein brum- mender Ton entsteht, unter dessen Begleitung die Sänger ihr Lied ... V ortragen ...« Daß in Polen bei niittwinterlichen Brauchtumsumzügen und — in teilweiser Andersartigkeit — zur Fastnacht Tiergestalten mit- geführt werden, wurde erst jüngst in einer Sonderuntersuchung dar- getan.** Eine dieser Tiergestalten, der tur (torun, turoÄ, Auerochs) tritt in den Heischeumgängen des Gebietes von Jaroslaw auf und soll nach einer — leider sehr allgemeinen und nicht näher begründeten Feststellung von A. M a i s*" »nichts anderes als ein Büllhefen« sein. Vermutlich handelt es sich darum, daß hir eine der umziehenden Gestalten, ehemals als »Stier« oder »Auerochs« verkleidet, mit einem Büllhäfen zum Lärmumzug beiträgt und der Name »tur« schließlich so auf das Gerät übergegangen ist wie ähnlich bei dem regös in Ungarn und beim buhaiul der Rumänen, der ja auch nichts anderes als »Stier« bedeutet. V Dem bisher durchschrittenen ostalpin-pannonisch-balkanischen Block von Brauchtumslandschaften, in denen das gudalo-BüUhäfen- Instrument noch gegenwärtig eine gewisse Rolle spielt oder zumindest *' O. Reinsberg-Düringsfeld, Fest-Kallender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntnis des Volkslebens und Volksglaubens in Böhmen. Prag, Neue Ausgabe 1861, 11 f. *^ A. Mais, Die Tiergestalten im polnischen Brauchtum. Sammelwerk: Masken in Mittelleuropa. Herausgegeben von L. Schmidt (Sonderschriften des Vereines für Volkskunde in Wien, Band I), Wien 1955, 221 ff. A. Mais, 226, mit Hinweis auf J.Kantor, Zwyczaje swiat Božego Naro- dzenia i Wielkiej Nocy w okolicy Jaroslawia (Mat. antrop.-arch. i etnogr.. Band XIII, 1914, 226). 143 Leopold Kietzenbacher noch in der Erinnerung an früheren Gebrauch fortlebt, steht als völlig getrennter, wenngleich auch nicht in sich geschlossene Groß- landschaft unseres Primitivinstrunientes der nord- und nordrvesU deutsche Raum mit den angrenzenden Bereichen Jutland (Dänemark), Holland, Luxemburg und zum Teil Belgien gegenüber. Die schon erwähnte Karte 43 des »Atlas der deutschen Volks- kunde« läßt mit den Erhebungen von 1930 deutlich drei Brauchland- schaften unseres Lärmgerätes erkennen: 1. Das ehemalige (bis 1945 deutsche) Ostpreussen und das Gebiet der ehemals Freien Stadt Danzig. Die Belegdichte ist sehr groß. Unser Gerät wird hier vor allem Brummtopf, Brummtopp, im heute polni- schen, ehemals deutschen Nordost-Pommern auch Brummachtel ge- nannt."" 2. Nordmestdeutschland nördlich und östlich der Linie von Gro- ningen in Holland über Oldenburg—Bremen—Hamburg nach Lübeck. Die auch hier an sich schon dichte Streuung der Belege erfährt noch eine erkennbare Steigerung einmal in Ostfriesland und zum andern im Osten von Schleswig-Holstein. Hier herrschen diese Bezeichnun- gen vor: Rummelpott, Rumpelpott, Rommelsdöppe, Huckelpott, Hutte- futte, Murrpott. Lediglich im südlichen Niedersachsen findet sich in einem schmalen Streifen zwischen Osnabrück und Braunschweig un- ter den lebendigen Belegen auch der Name Murkepott.^^ Die Brauchtumszeit für unser Gerät ist in diesen beiden Land- schaften ausschließlich der Mittwinter zwischen Weihnachten und Dreikönig. Unmittelbar an diese zweite Brauchlandschaft schließen sich im Norden Jütlands die Belege aus Dänemark an^^ und im Osten jene aus Holland^'''. Gerade aus den Niederlanden schenkte uns Bieter Vgl. aus der Fülle von meist nur referierender Literatur: K. Brunner, Ostdeutsche Volkskunde. Leipzig 1925, 199 ff. M. Halbe, Silvesterabend um 1875 im Weichsolgau. (Das deutsche Volks- lied XLlll, Wien 1941, 122 f.) M. Krause, Brummtopf, Bügeltanz und Aschenwasser. Die bekanntesten Fastnachtsbräuche aus Ostpreussen (Heimat. Arbeitsmappe zur Pflege ost- deutscher Kultur), Lippstadt 1949, Folge 2, 8 f. M. Kuckel Rummelpott- und Sterndreherlieder aus Schleswig-Hoilstein. (Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde VII, Bremen 1929. 40 ff.) M. Kuckel, Zum Rmnmelpottsingen in Schleswig-Holstein. (Jahrbuch der Elbmarschen 1941, Elmshorn, 58 ff., mit Bildern vom Gegenwartsbrauch.) O. Schell, Über den Gebrauch des Rummelpotts. (Zeitschrift des Vereins für Volkskunde XllI, Berlin 1903, 226 f. Mit der Zeichnung eines Rummelpotts aus Jutland.) H. F. Feilberg, Dansk Bondeliv, I, 3. Auflage, Kopenhagen 1899, 279. Aus der neueren Literatur vgl.: D. J. Van der Ven, Het Carnavalsboek van Nederland. Leiden o. J. (um 1940). 109, 128. 135 ff. (rommelpotliedjes — Rummelpottlieder); dazu Abbildun- gen Nr. 116 (maskierter Rummelpottspieler; ziemlich langer Reibestiel) und 144 ' Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes B r U e g e 1 der Ältere in seinem humorvollen Bilde vom »Streit der Fastnacht mit dem Fasten«, datiert mit 1559, ein frühes und sehr kla- res Detail eines Alten, der seinen Rummelpott antreibt'*. (Siehe Ab- bildung 2.) Doch tritt dieses Gerät, das auch in den Niederlanden »de rommelpot« heißt, (bis zur Gegenwart bei den Neujahrsumzügen Fries- Sl. 2. Links — levo: Rummelpott-Spieler aus Holland. Godec z zvočnim lon- cem iz Holandske. (Nach Pieter Bruegel d. A.). — Rechts — desno: Einer aus der Gruppe von ungarischen Heischegängern um Neujahr (regöles). — Godec z zvočnim loncem iz skupine madžarskih novoletnih obhodnikov. 120—121 (Zeichnungen zur Herstellung eines Rimimelpottes; Spannen der Mem- brane). J.L. de Jong, De rommelpott (Le tambour a friction), Zeitschrift: Neuw Friesland, HI, Leeuwarden 1949, nr. 16, 4. J. Vorsselmans, De Rommelpot. (Calmpthoutania. Orgaan van de Oudheid- kundige Kring van Kalmthout. IV, Anvers 1951, 74 ff.) P. Tonneman, Nieuwjaar en rommelpot. (De Speelwaagen VI, Wormerveer 1951, 27.) '* M. Dvorak, Die Gemälde Peter Bruegels des Älteren. Wien 1941, Tafel 11. Skizze nach Tejlbild auf Tafel 12. Das Original befindet sich im Kunsthisto- rischen Museum zu Wien. Im Laufe des 17. Jahrhunderts findet sich das Gerät mehrfach bei den niederländischen Malern abgebildet. So zum Beispiel bei Jan Steen (um 1626—1679). 10 Slovenski etnograf 145 Leopold Kretzenbacher lands wie des mittleren und südlichen Holland noch in seine altüber- lieferte Tätigkeit. (Siehe Abbildung 1/8.) 3. Ein ebenfalls sehr lebenskräftiger Überlieferungskreis unseres Gerätes ist der westdeutsch-niederrheinische Raum mit dem Ruhr- gebiet und der linksrheinischen Ebene zwischen Köln, Aachen und München-Gladbach bis an die holländische Grenze bei Arnheim. In diesen Bereichen, zu denen noch Ausstrahlungen nordwärts ins Ge- biet der ehemaligen Grafschaft Bentheim und im Süden in den Raum von Trier und Luxemburg kommen, lauten die geläufigen Namen: Fuckepott, Funkepott, Knurrpott, Fubbelsdöppe oder aber Rummel- pott.-'" Entgegen den erstgenannten beiden deutschen Brauchtumsland- schaften tritt unser Lärminstrument hier fast ausschließlich nur zur Fastnacht, also in der hohen Brauchtumszeit des Rheinischen Karne- vals in Erscheinung und dies in besonderer Lebendigkeit und Dichte, die ja auch aus der Fülle der bekannten Namen hervorgeht. Es ist ja bezeichnend, daß allein die Abfragungen des ADV 1930 im ganzen deutschen Sprachraum 22 verschiedene (also nicht nur mundartlich differenzierte) Namen für unser Lärmgerät ergaben."'' Alle übrigen deutschen Landschaften, insbesondere der gesamte alemannisch-bairisch-fränkische Raum, kennen unser Lärmgerät so gut wie überhaupt nicht. Aus diesem Grunde steht auch die an erster Stelle nach den slowenischen Belegen iu unserer Studie gekennzeich- nete »Büllhäfen«-Landschaft des Siidostalpenrandes mit Kärnten, der Steiermark und dem Burgenlande völlig für sich getrennt. Es ist kein kulturgeschichtlicher Zusammenhang mit den nord- und westdeutschen Überlieferungsbereichen zu erkennen. Gerade weil hier dazwischen so weite, hinsichtlich unseres Gerätes völlig überlieferungsleere Räume trennend liegen, fällt es auch schwer, anzunehmen, der »Büll- häfen« gehöre vielleicht zu jenen Geräten und anderen Kulturele- menten, die mit einer frühmittelalterlichen Siedlungswelle an den Südostalpenrand getragen worden seien."' Mitteldeutschland, aus dem tatsächlich mancherlei Elemente der Volkskultur in die Ostalpen kamen, hat zumindest heute oder in der jüngsten Vergangenheit sel- ber keine Rummelpott-Uberlieferungen aufzuweisen. Zum anderen wäre es auch kaum verständlich, warum dann wirklich nur der äußer- ste Südastraum der Alpen, die Pannonien zugekehrten Bereiche unser Gerät von Nord- und Mitteldeutschland her erhalten hätten und warum nicht auch der weite übrige bajuwarische Bereich des heu- tigen Österreich oder Süddeutschland.'** A. Wrede, Rheinische Volkskunde, 2. Auflage, Leipzig 1922, 24? f. ^ A. Spamer, Deutsche Volkskunde. II, Leipzig 1955, 154. ^' L. Schmidt, Berchtengestalten im Burgenland. (Burgenländische Heimat- blätter XIII, Eisenstadt 1951, 142 f.) Eine kleine Ausnahme bMen etliche nicht publizierte Funde von Büll- häfen im Innviertel; sie stellen sich wohl zu den sehr schütteren Streuungen 146 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Es zeigt sich hier vielmehr, daß wir die südostalpinen Bereiche doch im Wesentlichen als die Randzonen eines viel größeren Über- lieferungsgebietes ansprechen müssen, dessen Schw^erpunkt der pan- nonische Raum ist, ohne daß damit eine nationale Zuordnung gegeben werden sollte oder auch könnte. Dies wäre nämlich nach dem heutigen Stande der Forschung keineswegs möglich. Gegen die Möglichkeit einer Alleinzuweisung an eine ethnische Familie oder gar nur an ein Volk sprechen in Europa viele Beweise, nicht zuletzt auch die Ver- breitung unseres Geräts zum Beispiel auch im Westen bis tief in die Niederlande und nach Belgien und weiter noch in das heutige Frank- reich, ja bis nach Spanien. VI Unmittelbar an die Gebiete lebendigen Rummelpott-Brauches in den Niederlanden schließen sich jene von Flandern. Über die Formen unseres Frixionssinstrumentes, das im Grenzgebiet zwischen Ost- und Westflandern »rommelpot« oder »goebe« genannt wird, bis 1918 sehr lebendig im Gebrauch w^ar, dann zurücktrat, nur gelegentlich um 1937 wieder im Neujahrsbrauchtum aufschien, und nunmehr wissenschaft- lich aufgenommen wurde, hat erst kürzlich (1956) Paul C o 11 a e r berichtet."" Jeweils der zweite unter den drei Sternsingern, die zwi- schen dem Heiligen Abend und Dreikönig singend und Gaben »für den Rommelpott« heischend, maskiert und die Gesichter schwarz, rot und weiß bemalt, umziehen, trägt unser Gerät, die »goebe«. Sie ent- spricht also in Form und Funktion ebenso den oben erwähnten und vielfach abgebildeten holländischen Geräten (»foekepot«) wie den unsrigen im pannonisch-balkanisch-ostalpinen Raum. Nur daß eben die charakteristische Maskierung und Schminke (Hände und Gesicht des gudalo-Spielers sind mit Blut beschmiert) und der religiös-kulti- sche Ton der dabei gesungenen Lieder besonders herausgestellt wird. Lebendig blieb unser Gerät auf französischer Seite zunächst in der Bretagne.^" Ebenso im Süden Frankreichs in den französisch-italieni- schen Mischgebieten an der Ligurischen Küste des Mittelmeeres. Hier verwenden besonders die Tanzgruppen des »Folklore de France« ein gudalo unter dem Namen »pignatan oder in der Provence »le pignato« genannt) als kräftig-lautes Taktinstrument. Eine solche Volkstanz- gruppe aus Menton an der französischen Riviera hat dieses Instrument 1956 geradezu kultiviert: der Reibestock ist zerlegbar; die Membrane im Raum von Linz/Donau, die schon im Atlas der Deutschen Volkskunde an- gedeutet sind. Die Innviertler Belege gedenkt E. Burgstaller bekannt zu geben. '" P. Cdllaer, Le tambour a friction (rommelpot) en Flandre. (Les Collo- ques de Wegimont. Cerdle international d'études ethno-musicologiques. I, Brüs- sel 1956, 188 ff.) ^ Vgl. (Anonymus), Le chaudron sonore (Nouvelle Revue de Bretagne 1951, 400, 448). 10* 1471 Leopold Kretzenbacher wird mit einer Metallschelle gespannt und also »gestimmt«; das Ge- rät trägt man an einem Bande über der linken Schulter. In Rouergue wird unser Lärmimstrument »brau« genannt; mit diesem lautnach- ahmenden Worte soll vermutlich das Brüllen des Stieres gemeint sein."^ Wir erinnern uns jedenfalls an den polnischen »tur« und den rumänischen »buhaiul«-Stier. Lebendige Uberlieferung anscheinend aus einer Tradition heraus, die sogar schon im frühen 15. Jahrhundert sowohl schriftlich als auch bildlich nachweisbar ist, trägt Spanien hinsichtlich unseres Lärm- topfes weiter. »Zambomba«, also »Hirtentrommel« wird das Instrument in der spanischen Schriftsprache genannt. Katalonien scheint ein be- sonderes Verbreitungsgebiet dafür zu sein. Die katalonischen Sonder- namen lauten »sambomba« und »simbomba«. Es handelt sich um einen Wasserkrug, der mit dem Fell eines Kaninchens überspannt wird; diese Membrane ist von einem Schilfrohrstengel durchstoßen. So zum Beispiel wird ein Exemplar von 1953 aus Tortosa beschrieben."^ Das Gerät gilt in Katalonien als ausgesprochenes Element der Hirtenkul- tur. Die Hirten verwenden es zum Tanz und zu den brauchtümlichen Umzügen. Sie spielen damit auch zur Weihnacht auf. Doch gibt es in Katalonien auch Sonderformen solcherart, daß in den Lärmtopf zu- sätzlich auch noch eine Rohrflöte eingebaut ist. Diese Flöte nimmt dann die von der gestrichenen Membrane erzeugten Schwingungen auf und mischt also pfeifende Töne in das immer gleichförmige Brum- men der Trommelmembrane. Das früheste bisher bekannte Bildbei- spiel einer spanischen »zambomba« bietet die weihnachtliche Stein- skulptur an der Chorstiege der Kirche Santa Maria Morella in Nord- ostspanien aus dem 15. Jahrhundert."^ Ein wertvolles Schriftzeugnis zum brauchtümlichen Spiel mit unserem Gerät im Spanien des frühen 15. Jahrhunderts, wobei der Instrument-Name »xabeba« aufscheint, be- gegnet in einer Nachricht vom 29.11. 1429: »algunos jovenes sonant ab una xabeba e cantan por la vila segons jovent acostuma«."* Daneben wird unser gudalo als weihnachtliches Brauchtumsrequisit des Namens »zimbomba« auch für das südwestspanische Estremadura^^ und als (nicht mit einer Schweinsblase, sondern mit einem Fell überzogenes Instrument) »eltzabor« und »eltzagor« für das nordwestspanische Land der Basken bezeugt."" »1 P. Collaer, 189. R. Violant y Sünorra, Instrumentos musicos de oonstrucción infantU y pastori! en Catalu'na (Revista de dialectologia y tradiciones populäres, Band X, Madrid 1934, 331 ff., 548 ff.. besonders 555 ff.). Auf diese für die Musik-Volks- kunde wichtige Studie machte mich Herr Uniiv. Prof. L. Schmidt, Wien, freund- lich aufmerksam. R. Violant y Simorra, 557 f. "* Vgl. R.P. Donostia (Annuario musical, Band 11, 1947, 124). (Nach P. Collaer, 190.) P. Collaer, 191. "" R.P. Donostia (Annuario musical. Band VII, 1952, 39). 148 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes VII Noch einer anscheinend heute für sich bestehenden Landschaft lebendigen Gebrauches unseres Lärmtopfes in Europa soll bei unserem Überblick gedacht werden. In gleicher oder sehr ähnlicher Weise und vor allem in derselben Funktion wie im slowenischen Prekmurje und dem ungarischen Räume oder wie an der Nord- und Ostsee bei Deutschen, Holländern und Bretonen begegnet uns das gudalo-Instru- ment im südlichen Italien. ¦ Das wurde in letzter Zeit durch den psychologischen wie volks- kundUch gleich hervorragenden Roman von Carlo Levi, »Cristo si e fermato a Eboli« (Turin 1946) einem internationalen Lesepublikum bekannt. Levi, der als politisch Konfinierter in Lukanien leben mußte, hörte um 1935 die Kinder in den zwei Wochen vor Weihnachten sin- gend und Gaben heischend mit unserem »cupo-cupo« genannten Gerät von Haus zu Haus ziehen. Sie verfertigten sich das Instrument selber auf diese Weise: »II cupo-cupo e uno strumento rudimentale, fatto di una pentola e di una scatola di latta, con l'apertura superiore chiusa da una pelle tesa come un tamburo. In mezzo alla pelle e infisso un bastoncello di legno. Soffregando con la mano destra, in su e in giu, il bastone, si ottiene un suono basso, tremolante, oscuro, come un mo- notono brontolio. Tutti i ragazzi, nella quindicina che precede il Na- tale, si costruivano un cupo-cupo, e andavano, in gruppi, cantando su queir unica nota di accompagnamento, delle specie di nenie, su un solo motivo. Cantavano delle lunghe filastrocche senza senso, non prive di una certa grazia; ma sopratutto portavano, davanti alle porte delle case dei Signori serenate e complimenti improvvisati. In com- penso, le persone lodate nel canto devono regalare una strenna, ded ficchi secchi, delle uova, delle focacce, o qualche moneta. Appena scendevano le ombre, cominciavano i ritornelli, sempre uguali. L'aria era piena di quei suoni lamentosi e strascicati, di quelle voci infantili, sull'accento ritmico e grottesco dei cupi-cupi...« Nach Carlo Levi hat der feinsinnige Erforscher des Volkslebens in jenem rätselhaften Lande Lukanien, Giovanni Bronzini 1955 von der wissenschaftlichen Seite her das Instrument der vorweihnacht- lichen Heischegänger beschrieben."' Ein Metallgefäß ist es zumeist, das da mit einer Membrane überspannt wird. Gelegentlich auch ein Tongefäß, das dann bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt wird. Durch die Vorspannung ist ein Stiel vom Sumpfrohr (Schilf) gesteckt, den man leicht mit der nassen Hand streicht, um jenen eigenartigen Ton her- vorzubringen, zu dem in seltsamem Stimmkontrast die Liebeslieder und Ritornelle der Heischegänger vor Weihnachten (matinale) um das Fest des hl. Antonius des Eremiten (17.1.) und zur Fasnacht erklingen. G. B. Bronzini, Tradizioni popolari in Lucania. Matera 1953, 85, 88 f. 149 Leopold Kretzenbacher Wir müssen es uns versagen, dem gudalo-BüUhäfen-Rummelpott- cupo-cupo auch noch in weiteren Landschaften Europas nachzugehen. Dennoch aber wollen wir abschließlich einen Blick in die Bereiche der Völkerkunde tun, da das Gerät offenkundig über die ganze Erde verbreitet -war. VIII Soviel ist sicher: wer einmal den eigenartig dumpfen, fast schau- rigen Klang eines südostalpinen »Büllhäfens« wennmöglich zur Nacht- zeit gehört hat oder Ohrenzeuge war, wie man den norddeutschen »Rummelpott« antreibt, der wird sich des Eindruckes nicht erwehren können, daß in diesen Tönen mehr mitschwingt als bloß die Empfin- dung eines irgendwie zufällig erzeugten Lärmgeräusches. Die Wirkung auf den unvorbereiteten Hörer mag sich emotionell noch verstärkt dann einfinden, wenn dieses Gerät zur Nachtzeit ertönt und noch weiter, wenn es in den an sich schon geheimnisumwitterten Nächten um die Jahreswende, im Mittwinter oder zur Fasnacht durch die Dorf- gassen und vor den Gehöften dröhnt. Zudem gibt es in Europa Brauch- tumslandschaften, wo die Träger des Lärmtopfes maskiert, zumindest mit geschwärzten Gesichtern umgehen wie die »Voyjäger« am deut- schen Niederrhein der die Rummelpottsänger in den niederdeutschen Elbmarschen. Sie geben sich bewußt als Gestalten aus einer anderen Welt. Sie erbetteln die Gaben nicht für sich, sondern »für den Rum- melpott« als die Personifikation des Unheimlichen, Geisterhaften. Gerade hierin dürfte aber auch der ferne, zwar nicht ethnisch einer bestimmten Menschheitsgruppe zuweisbare, wohl aber psycho- logisch und kulturhistorisch faßbare Urgrund für die Verwendung dieses gudalo liegen, dessen europäische Restlandschaften wir in un- serer Studie von Slowenien ausgehend durchwandert haben. Es ist »Musik der andern Welt«^^, die mit unserem Primitivgerät hier in Europa und bei mancherlei Völkern in Übersee erzeugt vvird. Es sind »Geisterstimmen«'^^, die durch den Mund des Lärmtopfes ge^ beimnisvoU sprechen. Es scheint also berechtigt, wenn wir unser Rummelpott-gudalo kulturgeschichtlich ungefähr auf die gleiche Stufe stellen wie ein in der völkerkundlichen Literatur viel bekanntes Lärmgerät kultischer Verwendung, nämlich das Schrvirrholz. Es dient ja vor allem zum Ertönenlassen einer »Geisterstimme«, einer »Sprache aus der anderen Welt«. "** Zum Begriff dieser »Musik der andern Welt« vgl. (wenn auch in an- derem Zusammenhange) L. Schmidt, Gestaltheiligkeit im bäuerlichen Arbeits- mythos. Studien zu den Emteschnittgeräten und ihrer Stellung im europä- ischen Volksglauben und Volksbrauch. (Veröffentlichungen des österreichi- schen Museums für Volkskunde I.) Wien 1952, 51 f. P. Sartori, Geisterstimmen. (Hessische Blätter für Voakskunde XXXIV, 1955, Glessen 1936, 67 ff.) 150 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Gerade dieses Schwirrholz, das geschwungen in lebhafte Drehung gerät und bei geschickter Handhabung einen donnerähnlichen Laut von sich gibt, der mitunter auch dem Brüllen eines Stieres gleichen kann — (daher ja auch der englische Name »buUroarer« — »Stier- brüller«) — gehört zu jenen einfachen Musikinstrumenten, die bei manchen primitiven Völkern eine wesentliche Rolle in der brauch- tümlichen Initiation spielen. Die australische »tschurunga«, der »Stier- brüller« als Kultbrummer dürfte das bekannteste Beispiel hiefür sein.'" Im eurasischen Räume hingegen scheint mehr die Trommel jenes Gerät zu sein, das als »Stimme der anderen Welt« ertönt. In seiner Handtrommel hält ja zum Beispiel der Schamane die von ihm be- zwungenen Geister gefangen. Dann wieder versetzt die Trommel den von ihrem Klang Berauschten in einen ekstatischen Taumel, der ihn befähigt, selber zu den Geistern, zur Gottheit vorzudringen.''^ Von Karoly Viski stammt der Gedanke, daß auch das »Stier«-Gerät der ungarischen regöles nichts anderes sei als ein Nachfahre jener Scha- manentrommeP^, deren Ursprung als primitives Musikinstrument die Wissenschaft heute den Eurasien durchziehenden Nomaden zuweist. Der Gedanke hat viel für sich: primär ist die Trommel die »Stimme der Geister« und sekundär erst wird sie durch ihre zur Ekstase rei- zende Wirkung zur Kriegstrommel. Andererseits wissen wir aus afri- kanischen Bereichen, daß nach angsterfülltem Glauben menschen- fressende Hexen, die Subaga, eine besondere Trommel verwenden: einen Menschenschädel, über den Menschenhaut gespannt ist. Mit einer verdorrten Menschenhand wird dieses schaurige gudalo, wenn wir diesen Vergleich wagen dürfen, angetrieben.'^ Von hier ist morphologisch wie psychologisch der Weg zur Über- lieferungswelt um das Schamanengerät des »Lärmtopfes« oder der »Zaubertrommel« nicht mehr weit. Zu jenem primitiven Musikinstru- mente also, in dem sich so viele Überlieferungen verschiedenster Herkunft kreuzen und das seinen festen Platz in Glaube und Ritus bis in die jüngste Vergangenheit etwa der skandinavischen Lapi)en bewahrt hat.'* '" Vgl. W. Liungman, Traditionswanderungen Euphrat—Rhein II, 46, 48, 51. M. Eliade, Die Religionen und das Heilige. Elemente der Religionsge- scliichte. Deutsche Ausgabe, Salzburg 1954, 65 f. Vgl. auch die Abbildung typenähnlicher, allerdings der darbuk-Form zugehöriger Rhythmusinstrimiente zum kultischen Tanz in Belgisch-Kongo bei: J. N. Maquet, La musique chez les Pende et les Tshokwe. (Les Colloques de Wegimont, I, Brüssel 1956, 169 ff., besonders fig., 5.) '^ Vgl. F. Altheim. Gesicht von Abend und Morgen. Von der Antike zum Spätmittelalter. Frankfurt/M.-Hamburg 1955, 54. '^ K. Viski, Volksbrauch der Ungarn, 19 f. '^ W. E. Peuckert, Geheim-Kuilte. Heidelberg 1951, 261; nach L. Frobenius, Atlantis VII, 27. '* Vgl. P. Ravila, Reste lappischen Volksglaubens (Mémoires de la Société Finno-Ougrienne LXVIII, Helsinki 1934, 118 ff.) und E. Manker, Die lappische Zaubertrommel. I. Teil, Die Trommel als Denk- mal materieller Kultur. Stockholm 1938. 151 Leopold Kretzenbacher Wir wissen heute noch nicht, in welchem genaueren kulturhisto- rischen Verhältnis Trommel und Rummelpott als primitive Musik- instrumente' sicherlich uralter Geltung zueinander stehen. Es ist letzt- lich auch nur eine Vermutung, wenn der Holländer B. J. van der Z u y 1 e n'" sich berechtigt glaubt, annehmen zu können, daß unser Rummelpott auch schon den altgermanischen Initiationsriten Skandi- naviens zugehört habe. Das läßt sich nicht beweisen. Die Bildzeug- nisse für unser gudalo-Rummelpott-GGerät begegnen m. W. nicht vor dem Spätmittelalter (Spanien und P. Bruegel). Wohl aber scheint es auch noch aus der gegenwärtigen Verwendung bei den mittwinter- lich umziehenden Heischgängern Pannoniens wie des niederdeutsch- niederländischen und des süditalienischen Raumes sicher, daß dem Gerät seine wohl ursprünglichste Funktion geblieben ist, »Stimme der anderen We^t«, »Geisterstimme« zu sein. Also jene Funktion als »aku- stische Maske«, wie sie erst jüngst der Schweizer Theaterwissenschaf- ter Oskar E b e r 1 e aus völkerkundlichen Quellen überzeugend als Vorgängerin der optischen Maske herausgearbeitet hat. Aus dieser Erkenntnis dürfen wir ungescheut auch unser so unscheinbares slo- wenisch-deutsches gudalo-Büllhäfen-Gerät mit seinen vielen euro- päischen Verwandten in diese Gruppe der primitiven Musikinstru- mente mit Maskenfunktion einreigen: »Von der akustischen Darstel- lung der Stimme Gottes im Donner oder der Stimmen der Stammeltern oder des Stammvaters durch Schwirrhölzer geht eine unendliche Reihe von ,I,ärminstrumenten' aus, die in allen nachfolgenden Kul- turen bis in die Gegenwart eine geheimnisvolle und stets eindrück- liche Bedeutung haben: die Pfeifen, Hörner, Peitschen, Glocken, Euren, Ratschen und verstellten Stimmen sind stets Götter-, Stamm- eltern-, Geister- oder Totenstimmen, mögen ihre Träger dabei sichtbar werden oder nicht. Sie sind akustische Masken und ebenso bedeutende Urkräfte der mimischen Darstellung wie die Körperverhüllungen. Einmal wird der Körper, ein anderes Mal die Stimme und oft beides zugleich ,maskiert'. Von hier aus ist also die Frage berechtigt, ob zu gewissen Lärmbräuchen überhaupt Verhüllungen gehören oder ob nicht lediglich die Maskenstimmen aus dem Dunkel und dem Schutze der Nacht tönen.«'" B. J. van der Zuyien, Noord-europese mijsterien en inwijdingen in de oudhid. Hilversum 1955 (Maschinschrift). (Zitat nach R. Wildhaber, Rezension im Schweizerischen Archiv für Volkskunde 49, Basel 1953, 64 f.) Die Meinung, daß es sich bei den flandrisch-hdlländischen Formen im Nordwesten Europas (Kultgerät bei mittwinterlichen Umzügen vorchristlicher Kontinuität; Maskierungszwang usw.) um Reste germanischer Kultformen (Wiederkehr der Götter zur Erde) handelt, vertrat schon A. de Cock, Viaanderen door de eeuwen heen. II. Band, Amsterdam 1912, 229 f., 235. Auszüge bei P. Collaer. 190. Das Problem läßt sich aber wie schon gesagt nicht von der schmalen Basis einer einzigen Überlieferungslandschaft her lösen. ™ O. Eberle, Cenalora. I^ben, Glaube, Tanz und Theater der Urvölker. Olten-Freiburg i. B. 1955, 352. 152 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes Korrektur-Zusatz Die vorliegende Studie ist als Einzelkapitel zu einem Forschungs- plan über alpin-balkanische Kulturbeziehungen auf den verschie- densten Gebieten der geistigen wie der materiellen Volkskultur ent- standen. Das Erbe an Volksmusik und ihren Instrumenten zeigt solche Gemeinsamkeiten und Beziehungen besonders deutlich. Das sollte zu- nächst für ein Primitiv-Instrument, eben für unser gudalo-dudalo- Büllhäfen gesondert herausgestellt werden. Fürs erste geschah dies in einem Referat, das ich Anfang September 1956 in der Crna gora (Monte- negro) im Rahmen einer Wanderversammlung des Savez udruženja folklorista Jugoslavije (Verband der Folkloristen Jugoslawiens) auf Ivanova Korita unterm Lovčen halten konnte. Es ergab sich dabei von selbst, daß bereits in diesem Vortrag der Kernbereich des Interesses (Ostalpen-Nordwestbalkan) ausgeweitet werden mußte um die Nach- barschaftsräume (Pannonien, Böhmen, Mähren, Kroatien, Serbien usw.) bis an die Ost- und Nordsee und den Atlantik und an das Mittelmeer mit Italien und Spanien. Wie bei so vielen Volksmusikinstrumenten, von denen nicht we- nige zu fester Stellung innerhalb der modernen Klangkörper für klas- sische und neuere Musik aufgestiegen sind, bleibt die Frage der kul- turhistorischen Herkunft meistens offen. Man muß dies nur an der Instrumentenfülle einer einzigen Kulturlandschaft einmal überdenken. Für die Alpen hat erst jüngst der Wiener Volksmusikforscher Karl M. K 1 i e r in seinem sehr instruktiven und reich bebilderten Buche »Volkstümliche Musikinstrumenten in den Alpen« (Kassel und Basel 1956) einen guten Überblick gegeben. Freilich sind hier die Primitiv- instrumente weniger ausführlich berücksichtigt. Auch wird nur selten ein Herleitungsversuch unternommen. Doch der fällt auch — wie schon erwähnt — gerade für unser gudalo-dudalo-Biillhäfen-Gerät sehr schwer. Es ist und bleibt vorerst auch ein volkskundliches wie musikwissenschaftliches Problem, ob es sich bei den oben unter I bis III aufgezählten Brauchlandschaften des gudalo-Rummelpott-BuUhäfen um inselartig verbliebene Rückzugsgebiete der Erhaltung dieses Pri- mitivinstrumentes handelt; ob es also einst über ganz Europa ver- breitet war. Oder konte es sich als primitives Frixionsinstrument da und dort konvergent entwickeln und sind ihm seine heute erkenn- baren Brauchtumsfunktionen hier und dort erst nach und nach in ver- schiedenen Gebieten ähnlich zugewachsen? Oder handelt es sich um ein Wandergut, etwa aus dem Oriente, das auf verschiedenen Wegen der Kulturvermittlung und zu verschiedenen Zeiten in die heutigen, doch relativ weit auseinanderliegenden Überlieferungsinseln gelangte? Das muß vorerst noch künftigen Sonderuntersuchungen vorbehalten werden, die auf jeden Fall den Balkan als wesentliche Vermittlungs- brücke so mancher Musikinstrumente nach dem zentralen und west- lichen Europa besonders berücksichtigen w^erden müssen. 153 Leopold Kretzenbacher Zur Literatur vgL noch: Zsigmond Kalles, Regösdalaink rejtelye. IV.: Gyulavég, Faluvég. (Das Rätsel der Regöslieder IV). Vasi Szemle 4 (1937), H. 1—3, 77—86, 145—160. (Mir nicht zugänglich.) Marius Schneider, Zambomba und Pandero. Ein Beitrag zu den spanischen Karnevalbräuchen. (Spanische Forschungen der Görres-Gesell- schaft, 1. Reihe, Band 9, Münster i. W. 1954.) Freundliche Mitteilung von Prof. J. H a n i k a , München. L. E. Ramon y Rivera, Folk dance in Venezuela. (The Folk Dancer, II. Nr. 6, Manchester 1956, S. 146.) Walter Starkie, Auf Zigeunerspuren. München 1957, S. 116. (Büll- häfen als altmadjarisches schamanistisches Gerät.) Povzetek GUDALO-DUDALO, VUGAŠ, BÜLLHÄFEN IN SORODNO Vzhodnoalpski hrupni inštrumenti v običajih in njihovo mesto med podobnimi evropskimi pripravami tipa >Rummelpotti: Med rekvizite vzhodnoalpsko-panonsko-balkanskih običajev spada primi- tiven glasbeni inštrument, ki je v sorodnih oblikah še danes razširjen po ne- katerih krajih Evrope. V strokovni glasbeno folklorni literaturi doslej še ni bil pregledno obdelan. Gre za inštrument, ki je narejen največkrat iz glinastega, le priložnostno iz železnega lonca, čigar odprtina je prepeta s kožo (s svinjskim mehurjem, z usnjem, z obrito zajčjo kožo ipd.). V tako pripravljeno rezonančno telo vtak- nejo s smolo namazano vrvico ali kos trstike (ali koruznega stebla) in krepko tolčejo ali vlečejo gor in dol skozi tresočo se kožo. Tako daje ta torni inštru- ment od sebe zamolkel, včasih zelo glasen ton, ki v nekaterih pokrajinah Ev- rope določa takt pri plesu, drugod spremlja obredno petje obhodnikov-koled- nikov ali pa — v krajih na robu nemško govorečega ozemlja v Vzhodnih Alpah — straši ponoči dekleta po vaseh, skušajoč posnemati duhove. V posameznih pokrajinah ima inštrument naslednja imena in funkcije v ljudskem življenju: , 7. Južnovzhodna Evropa: I.Slovenija. ^Gudalo«, »dudalo« (Bela krajina, Dolenjsko, Dravsko polje) in »t?itgaš«, T>vugač« (Prekmurje). Zdi se, da je inštrument, ki so ga po ugotovitvah F. Marolta rabili za dajanje takta pri plesu in priložnostno kot nadomestek za dude, o Sloveniji prišel iz rabe šele pred kratkim. V Prekmurju rabi kolednikom pri njihovih novoletnih obhodih. 2. Vzhodna Avstrija. Inštrument je še nekoliko žio v razmeroma ozkem obrobnem pasu Vzhodnih Alp v Avstriji, na vzhodnem, srednjem in za- hodnem, torej predalpskem Štajerskem in na jezikovno mešanih (slovenskih in nemških) južnokoroških tleh. Nasprotno pa ne poznajo inštrumenta (izjema so redko sejana pričevanja) skoraj nikjer v ostali Avstriji, predvsem ne na za- hodu. V obrobnih, proti Panoniji nagnjenih pokrajinah pa ima zelo pogosto ime »Büllhäfen«. Vendar so poleg tega v sedanji nemški Štajerski še druga imena: ^Saukrug«, »Hornisskrug«, itSpeiteufeU, yXühbuden«, »Mooskuh«, >Gröhlhäfen« idr. Izrastki tega ozemlja z gostimi pričevanji segajo proti se- verovzhodu skozi srednje Gradišćansko in jugovzhodni del Dolnje Aostrije. Naš inštrument je bil znan tudi kot igrača dunajskih otrok. 154 Gudalo-dudalo, vugaš, Büllhäfen und Verwandtes 3 Madžarsko. Ozemlje na desni strani Donave, deloma tudi pokrajina Szekler. Tu je inštrument, splošno imenovan »regösii (od 14. stoletja pomeni to navadno i/godec«), v rabi med novoietnimi pevci (regöles), še leta 1970 o 120 madžarskih občinah desno od Donave. Po funkciji in zunanji podobi ustreza slovenskemu >vugašu« ali »vugačui v Prekmurju. 4. R u m u n i j a. Predvsem v pokrajinah vzhodno od Bukarešte je naš in- štrument znan kot »bik« (TibuhaiuU — torej kot na Madžarskem in Poljskem »Stierbriilleri!). Uporabljajo ga pri sredozimskih obhodih in hrupnih sprevo- dih novoletnih pevcev (colindatori) in oračev (ki vozijo za novo leto s sabo miniaturni plug »plugusoruh). 5. Srbija (Bačka, Banat, Vojvodina) pozna naš lonec skoraj le še po spominu iz časa pred približno 50 leti, in to kot hrupni inštrument n. pr. v roki rokodelskih pomočnikov (kalfe), ne da bi bile doslej bolje znane zveze z običaji (vlonac«, -ičup«; pri Madžarih panonske Srbije »köcsögbögö« : »ćup-bas«). Le kot prasorodno, ne pa našemu »gudalu« identično stransko obliko je treba omeniti za Srbijo (in za kraje osrednjega Balkana, kjer prebivajo musli- mani, n. pr. Kosovo) iončni inštrument »darbuk« ali »tarbuk«. To je glinast lonec brez dna, na vrhu prepet s kožo; po njem udarjajo s prsti (torej ne drgne- jo po njem s trstiko ali z vrvico). »Darbuk« je inštrument orientalsko turškega izvira, kot tak je znan v Boîgariji in Srbiji (Beograd). 6. Hrvaško. Tudi tu je inštrument že dolgo iz rabe. Le v panonskih krajih (Podravina) je ostal znan dlje časa kot »brunda« ali »bajs«. Z drugimi (neobjavljenimi) imeni pa je izpričan v krajih okoli Varaždina. 7. Češko. Zgodovinska pričevanja še iz srede 19. stoletja izpričujejo za božične, novoletne in svečniške pevce naš lonec kot »bukač«, »brumbal«, »bu- kal« v okolici Prage. S. Na Poljskem vlečejo s sabo hrupni Iončni inštrument, posamič kot v Romuniji in na Madžarskem, vendar ne sredi zime, temveč pri pustnih ob- hodih kot »bika« (tur, torun, turon — okolica Jaroslaroa). J L Severna in severovzhodna Evropa (Nemčija, Holandska, Danska). Pod I 1—8 nekoliko obširno prikazanemu alpsko-panonsko-balkanskemu ozemlju z izročilom »zemljani lonac kao muzički instrument« ustreza po načinu priprave in funkciji običaja germansko ozemlje ob bregovih Vzhodnega in Severnega morja, ki stoji popolnoma zase in ga prav nobene določne kulturno- zgodovinske črte ne vežejo niti z I 2 (vzhodna Avstrija). Poizvedbe o razšir- jenosti našega inštrumenta so se začele leta 1930 za (nedokončani) »Atlas der deutschen Volkskunde«, do ponazoritev (vendar brez komentarja) pa je prišlo leta 1937 na štirih kartah, ločeno po izdelavi, imenih (22 nemških označbi), funkcij in času uporabe. Prevladuje ime »Rummelpott« ali (redkejše in tipolo- ško neznačilno) »Brummtopf« (»Waldteufel«). Obe imeni sta v mednarodni rabi za poimenovanje tipa. 1. (Nekdanja, do 1945 nemška) Vzhodna P r u s i j a , območje G dan- ska, Vzhodno Pomorjansko. Čas: sredi zime med božičem in tremi kralji. Imena: »Brummtopf«, »Brummtopp«, »Brummachtel«. 2. Severovzhodna Nemčija (Ostfriesland, Schlesroig-Hollstein). Izrastki globoko v Jutland (Dansko) in na Holandsko. Čas: sredi zime kot v II 1. Imena: »Rummelpott«, »Rumpelpott«, »Rommdsdöppe«, »Huckelpott«, »Huttefutte«, »Murrpott«, »Murkepott«. Na Holandskem naš inštrument — »de rommelpot« — še zmerom trdno živi kot rekvizit pri določenih običajih. Zelo zgodnje pričevanje v podobi dolgujemo Pietru Brueghelu starejšemu, ki je leta 1559 upodobil »Prepir pustne noči s postom«, zdaj o Umetnostno zgodovin- skem muzeju na Dunaju. 3. Zahodna Nemčija (ozemlje ob dolnjem Renu, Ruhr, nižina ob le- vem bregu Rena). V nasprotju z že omenjenimi nemškimi pokrajinami se naš lonec pojavlja tu skoraj izključno le o pustu kot »Fuckepott«, »Funkepott^, 155 Leopold Kretzenbacher ^Knurrpott«, »Fubbelsdöppea, »Rummelpott«. To velja tudi za ozemlje okoli Bentheima, Triera in Luxemburga. 4. Flamsko. V germanskih krajih med vzhodno in zahodno Flandrija je bil inštrument — kot »rommelpot« ali -»goebe« — v redni rabi do leta 1918, do danes pa je ostal v spominu kot rekvizit pevcev, ki hodijo okoli z zvezdo zbirat darove za božič, novo leto in tri kralje, maskirani in našminkam (ta, ki gode na Rommelpott, je namazan s krvjo). III. (Romanska) Zahodna in Južna Evropa (Francija, Španija, Italija) pozna naš inštrument v raztresenih otokih — o razširjenosti ni nobene pre- gledne študije — v Franciji (^chaudron sonore« na Bretonskem; »pignata«, »pignato« na Rivieri; »brau« v Provenci) in v Španiji (»zambomba«, na Katalonskem »sambomba«, »simbomba«; v 14. stoletju »xabeba«; pri Baskih »eltzabor«, »eltzagor«). V južni Italiji (Lukanija) je kot »cupo-cupo« po- glavitni rekvizit pri hrupnih kaledniških obhodih pevcev-dečkov (»cuba-cuba«) za božič, novo leto in na praznik sv. Antona (S. Antonio del porco, 17. L), se pravi na začetku karnevala. Vprašanje o nastanku in pomenu inštrumenta lonca Pred folkloristiko in glasbeno zgodovino stoji problem.: ali gre pri ozem- ljih, navedenih pod I—III, kjer je gudalo-Rummelpott-Büllhäfen v rabi, samo za usedline tega primitivnega inštrumenta, danes ohranjenega v otokih brez medsebojne zveze, a nekoč razširjenega po vsej Evropi? Ali pa se je mogel kot primitiven torni inštrument razviti koncentrično tu in tam in je svoje današnje funkcije v običajih prevzel postopoma v različnih pokrajinah po podobnem procesu? Ali ne gre morda za prevzeto dobrino, ki je prišla z Vzhoda in se po različnih poteh kulturnega posredovanja usidrala v današnje, razmeroma daleč vsaksebi ležeče otoke tega izročila? To je treba prepustiti predvsem prihodnjim raziskavanjem, ki bodo morala v vsakem primeru upoštevati Balkan kot po- memben posredovalni most na poti v srednjo in zahodno Evropo tudi še za marsikateri glasbeni inštrument. Karkoli bodo ta raziskaoanja pač dognala: inštrument lonec tipa gudalo- Rummelpott-Büllhäfen je vsekakor znan in v rabi tudi pri primitivnih Ijud^ stolli tujih dežela. Po svoji funkciji je to neke vrste zastraševalni inštrument za ustvarjanje grozljivih, neprijetnih, skrivnostnih glasov, podobno kakor zna- ni obredni inštrument »Schmirrholz« (Kultbrummer, angl. bullroarer). Po pr- votnem pomenu in namenu spada (pač prav tako kakor šamanski boben in podobno) med »glasove z onega sveta«, »glasove duhov«, ki se z njimi preteče in strah zbujajoč oglašajo božanstva, n. pr. med obredi iniciacije. Potemtakem naše gudalo kot primitiven glasbeni inštrument po svoji rabi v ljudskem ve- rovanju in navadah končno ni nč drugega kot »zvočna maska«, ki je v neka- terih evropskih deželah, koder je razširjen, izgubil svojo prvotno veljavo »god- be z onega sveta«, »glasu duhov«, in bržkone sekundarno postal inštrument za dajanje takta pri plesu in za spremljavo pri petju obhodnikov. 156