Nr. Z. Mai I960. ill. Jahrgang Bezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrist am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären für die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehmer erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Adresse für Bestellung des „Stern der Neger": Missionshaus der Söhne des hlst. Lerzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). loiipptmit kt Söhne des heiligßen Heesens Jest, Nissiouäre für (Si,ii(ra!'^TIn(ia ober Sudan. Bedingungen der Aufnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheilignng der Mitglieder die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan zum Zwecke. Sie besteht aus Ordenspriestern und Ordcnslaienbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und seine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Für die Studenten wird die vollendete V. Gymnasialclasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priesterthum fort. Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allein Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne Behufs Aufnahme in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Sieger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarramtliches Sittenzeugnis. 5. Aerztliches Gesundheitszeugnis. 6. (Sei Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochw. i). Obern ks Missionshauses der Söhne des hlst. Herfens Jesu in Mühland bei Brisen (Tirol). Erfchslnk am Anfange jedes Monats- Nr. 5. Mai 1900. III. Jaljrgailg. Inh alt: ITtarien«Derem für Afrika. Katholiken von ganz Besterreich! — Nachrichten aus dem Marien-Verein. — Erste Reife unserer Missionäre tin wiedereroberten Sudan (Fortsetzung). — vom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester (Fortsetzung). — Erinnerungen an eine Reise im Rothen Meere (Fortsetzung). seit 40 Jahren in Oesterreich bestehende Marien-Verein für Afrika W unter der Obhut aller Bischöfe der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, und hat nach seinen Statuten den Zweck, die Tj katholischen Missionen und das Werk der Sclavenbefreiung in Afrika zu fördern. Um diesen Zweck zu erreichen, wendet er als Mittel an das Gebet und die Einsammlung von Almosen. Die Organisation des Vereines ist folgende: Der Central-Ausschuss des Vereines befindet sich in Wien. In jeder Bischofstadt bildet sich eine Diöcesan-Abtheilung mit einem Diöcesan-Ausschuss; in jeder Pfarre eine Pfarr-Abtheilung mit Pfarr-Ausschuss. Eine Pfarr-Abtheilung kann 9 conftitniert werden, sobald in einer Pfarre mindestens 15 Mitglieder sich befinden. Ebenso können in den einzelnen Pfarren Frauengrnppen sich bilden, wenn mindestens 20 Frauen dem Vereine beigetreten sind. Die Pfarr-Abtheilnngen (resp. Frauen-Gruppen) unterstehen dem Diöcesan-Ausschusse, die Diöcesan-Abtheilung dem Central-Ausschusse. Die Abtheilungen des Vereines führen den Titel: „Abtheilung N. N. des Marien-Vereines für Afrika" unter Einsetzung des Namens der Bischofs- oder sonstigen Stadt, Gemeinde, Pfarre, wo eine solche gegründet wird. Der Central-Ausschuss. An der Spitze des ganzen Vereines steht der Central-Ausschuss; er kann nur aus männlichen Vereinsmitgliedern gebildet werden. Zehn seiner Mitglieder bestimmt der hochwürdige Episcopat. Außerdem entsendet jede Diöcesan-Abtheilung einen Vertreter in den Central-Ausschuss. — Den Vorsitz im Central-Ausschuss führt der Fürsterzbischof von Wien, resp. dessen Delegierter. Im Central-Ausschuss sind folgende Functionäre: Ein Präsident, ein Vice-Präsideut, ein Secretär (Schriftführer), ein Vice-Secrelär, ein Cassier und ein Cassier-Stellvertreter. — Diese Functionäre werden, mit Ausnahme des Vicepräses, welchen der Erzbischof von Wien ernennt, von dem Central-Ausschuss gewühlt. Der Diöcesan-Ausschuss besteht anfänglich aus fünf Mitgliedern, welche der Diöcesan-Bischof ernennt; zu diesen kommen die Vertreter der einzelnen Pfarr-Abtheilungen, aus jeder derselben einer. Den Vorsitz führt der Diöcesan-Bischof oder dessen Delegierter. Die Functionäre sind: Ein Präsident, ein Vice-Präsident, ein Secretär (Schriftführer), ein Vice-Secretär, ein Cassier, ein Vice-Cassier. Die Functionäre werden mit Ausnahme des Vice-Präses, welche der Diöcesan-Bischof ernennt, vom Diöcesan-Ausschuss gewählt. Wien hat außer dem Central-Ausschuss auch einen Diöcesan-Ausschuss. Die Pfarr-Ausschüsse bestehen aus mindestens fünf Mitgliedern mit einem Präsidenten, einem Vice-Präsidenten, einem Secretär und einem Cassier. Präsident soll wo möglich der Pfarrer oder einer seiner Hilfspriester oder ein anderer Priester des betreffenden Ortes sein; nur wenn diese ablehnen, wühlt der Pfarr-Ausschuss einen Präsidenten. Alle diese Functionäre können nur aus dem Kreise der inünnlichen Mitglieder genommen werden. Besteht in einer Pfarre eine Frauen-Gruppe, so wählt diese aus ihrer Mitte eine Präsidentin, eine Vice-Präsidentin, eine Schriftführerin, eine Cassierin. Wünschenswert ist es, dass jede Frauen-Gruppe einen Priester als geistlichen Cousulenten habe. Mitglieder, welche keiner Pfarr-Abtheilnng angehören, werden im Register der bezüglichen Diöcesan-Abtheilung geführt. Nach § 5 der Statuten unterscheidet man Mitglieder, Theilnehmer, Wohlthäter und Ehrenmitglieder. Mitglied kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, das tägliche Gebet zu verrichten:) und den monatlichen Beitrag von mindestens 5 kr. ö. W. zu leisten. *) Das tägliche Gebet besteht aus einem Vaterunser, einem Ave Maria und dem Znsatze: „Bitte, o Himmelskönigin, für die unglücklichen Neger! Ans dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" Theilnehmer werden solche, die sich zum Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 1 fl. im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige oder öftere größere Gabe dem Vereine zuwenden. Ehrenmitglieder ernennt über Vorschlag des Diöcesan-Ausschusses der Central-Ausschuss. Ueber die Aufnahme der Mitglieder entscheiden die Pfarr-Ansschüsse. Dem Diöcesan-Ansschuss steht das Recht zu, den Ausschluss von Mitgliedern zu verfügen, ohne dass specielle Gründe einer solchen Verfügung angegeben werden müssen. Die Rechte und Vortheile der Mitglieder, Theilnehmer, Wohlthäter und Ehrenmitglieder sind folgende: Die Mitglieder haben das Recht, den Versammlungen der Pfarr- oder Diöcesan-Abtheilungen, wie auch jenen Versammlungen, welche der Central-Ausschuss veranstaltet, beizuwohnen, bei den Ausschusswahlen und bei der Fassung von Beschlüssen mitzuwirken, mündlich oder schriftlich Anträge einzubringen und an den kirchlichen Festen des Vereines theilzunehmen. — Die Mitglieder können auch der Ablässe unter den von der Kirche festgesetzten Bedingungen theilhaftig werden. Die Theilnehmer und Wohlthäter können gleichfalls den Versammlungen, aber nur mit berathender (Stimme, beiwohnen. Die Ehrenmitglieder haben alle Rechte der wirklichen Mitglieder. Versammlungen des Vereines, des Central-Vereines, des Diöcesan-Vereines und der Psarr-Abtheilungen sollen womöglich jährlich wenigstens einmal abgehalten werden. Von Vortheil sind Wanderversammlungen in solchen Bezirken oder Pfarreien, wo noch keine Abtheilungen des Vereines bestehen, aber geplant und vorbereitet werden. Wo solche Versammlungen gewünscht werden, wende man sich an den Diöcesan-Ausschuss, resp. an den Vice-Präsidenten desselben. Ebenderselbe besorgt auch die behördliche Genehmigung für die zu errichtenden Psarr-Abtheilungen. Das Hauptfest des Vereines ist das Fest „Mariä Geburt" am 8. September; es soll von den einzelnen Vereins-Abtheilungen nach Möglichkeit feierlich begangen werden: durch corporative Theilnahme am Festgottesdienste, gemeinschaftliche Communion u. s. w. Jährlich wird im Monate November eine heilige Seelenmesse für die verstorbenen Mitglieder der einzelnen Psarr-Abtheilungen gelesen. Katholiken von ganz Kesternich! Es ist eine wichtige und höchst zeitgemäße Sache, dass die Katholiken von ganz Europa, speciell auch die von Oesterreich, der armen Afrikaner sich annehmen und darum für die Ausbreitung des Marien-Vereines für Afrika thätig sind. Afrika zählt noch so viele Millionen Heiden und Millionen von Mohammedanern. In Afrika blüht theilweise noch immer der Sclavenhandel, bei welchem namentlich die Bekenner des Islam in der unmenschlichsten Weise gegen die armen Schwarzen wüthen. Tausende von Negern werden mit Gewalt aus ihrer Heimat fortgeschleppt, auf Schiffe gepackt und bis hinüber nach Amerika verhandelt und verschachert; dabei werden sie oft schlimmer als das Thier behandelt und misshandelt. Die Männer werden hinweggerissen von ihren Frauen und diese wieder getrennt von ihren Kindern, und nach den verschiedensten Richtungen hin werden die Glieder derselben Familie für immer von einander getrennt und verkauft. Viele Nichtkatholiken sind empört und zum tiefsten Mitleid bewegt beim Anblick des Jammers, in dem da Hunderttausende von unglücklichen Menschen seufzen und wehklagen und sie suchen zu helfen und zu retten durch Verträge, durch Waffengewalt und durch andere Mittel der D'plomatie. Wie viel mehr sollen aber wir Katholiken von Erbarmen erfüllt sein für die unglücklichen afrikanischen Völker, wir Katholiken, die wir glauben, dass auch diese schwarzen Menschen eine unsterbliche Seele haben, dass auch sie einer nie endenden Ewigkeit entgegengehen. Wir Katholiken haben so viel Grund, Gott zu danken für die ganz unverdiente Gnade des wahren Glaubens. Es wäre eine der edelsten Arten, Gott unsere Dankbarkeit zu bezeugen, wenn wir uns als Werkzeuge seiner Barmherzigkeit und Liebe gebrauchen lassen und nach Kräften beitragen, dass in Afrika recht viele Missionäre thätig sein können und das Apostolat, das Christus mit den Worten eingesetzt hat: „Gehet hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Völkern und taufet sie," auch im schwarzen Erdtheile recht wirksam ausgeübt werde. Schon arbeiten in vielen Theilen Afrikas Missionäre aus den verschiedensten Reichen Europas ■— und es ist am Ende des XIX. Jahrhunderts einer von den erfreulichen und tröstlichen Lichtpunkten, dass die Missionsthätigkeit in Afrika eine so vielumfassende geworden ist. Unser gegenwärtiger Heiliger Vater, Papst Leo XIII., hat sich wahrhaft unsterbliche Verdienste erworben durch die wiederholte Aufforderung, man möge zunächst das Werk des Cardinal Lavigerie (das Werk der Sclavenbefreiung) und dann überhaupt alle Missionen in Afrika unterstützen. Aus Oesterreich arbeiten seit Jahrzehnten in verschiedenen Theilen von Afrika Missionäre und auch Missionsschwestern. Ganz besonders nehmen aber wir Oesterreicher uns an der Mission von Central-Afrika, die unter dem besonderen Schutz Sr. M a j e st ä t u n s e r e s K a i s e r s Franz Josef I. steht. Seit fast fünfzig Jahren wirken dort österreichische Missionäre und opfern sich ganz für das Heil der Afrikaner. Viel haben dieselben schon gelitten, Hunger, Durst, schreckliche Hitze, wüthendes, verzehrendes Fieber, Verfolgung, Krankheiten und viele andere Leiden, an vierzig derselben liegen in Afrika begraben und harren dort des großen Weltgerichtes, an welchem jene „wie die Sterne am Himmel glänzen werden, die andere in der Gerechtigkeit unterrichtet haben." Seit wenigen Monaten sind diese Missionäre wieder vorgedrungen gegen den Aequator, um im sog. Sudan, wohin infolge der Schreckensherrschaft des Mahdi den Missionären der Zutritt verwehrt war, ihre Missionsthätigkeit wieder zu beginnen. Es steht diesen Missionären nun ein Gebiet zur Ausübung ihres Apostolates zur Verfügung, welches so groß ist wie ganz Europa. (>fl7 • I*? L if b- w- ■ KMMtz- MM ^viJVKvfb i M/ „ I -vf ■-, ■ ;;i-Sv"š : If MWH r VLKN Maricn-Vcrein für Afrika. 101 Allein der Arbeiter sind so wenige, und die Geldmittel, deren der Missionär nothwendig bedarf, nicht bloß zu seiner Erhaltung, zu seinen Missionsreisen, sondern auch zum Loskauf der Sclaven und zur theilweisen Erhaltung der Bekehrten, besonders der Neubekehrten, reichen nicht aus. Keil. Z'ctcr Klavcr. Darum eben wendet sich die Vorstehung des Marien-Vereines für Afrika an alle Katholiken von Wien und Oesterreich mit der innigen und dringenden Bitte, sie mögen um Christi willen, der auch für die unglücklichen Afrikaner am Kreuze sein Blut vergossen habe, diesen Verein fördern, ausbreiten, empfehlen, womöglich demselben als Mitglied beitreten und auch andere zum Beitritt und zur Unterstützung desselben ermuntern. Es Weilte einstens in Afrika der göttliche Heiland als zartes Kindlein. Er weilte dort, flüchtend vor dem grausamen Herodes, mit seiner heiligsten Mutter und seinem heiligen Nährvater. Er brachte durch seinen Aufenthalt viel Segen und Gnade nach Aegypten. Die Götzenbilder fielen um, die heidnischen Tempel stürzten ein, und es kam so viel Gnade über Afrika, dass in den ersten Jahrhunderten der nördliche Theil Afrikas förmlich besäet war mit Heiligen. Man denke an die großen Heiligen Afrikas, St. Augustinus, St. Cyprian, St. Katharina von Alexandrien u. s. to. Es kam aber später über Afrika Unglück auf Unglück, namentlich die schreckliche Geißel des Islam. Das Christenthum wurde fast gänzlich ausgerottet und Irrglaube, Unglaube, Verwilderung, Sittenlosigkeit, Unmenschlichkeiten aller Art kamen daselbst zur Herrschaft. Die Stunde der Finsternis und ihre Macht scheint aber nun zu Ende zu gehen, das Licht des wahren Glaubens erleuchtet schon viele Gegenden; gute Sitte und Cultur, Liebe und Barmherzigkeit breiten sich immer weiter aus und gelangen immer mehr zur Herrschaft. O Katholiken Oesterreichs! Sollten wir nicht auch Antheil haben au dem Apostolate für Afrika, sollen wir nicht auch beitragen, und zwar nicht bloß einiges, sondern viel beitragen für die Rettung von Millionen unsterblicher Seelen? Wollen wir das, dann fördern wir recht den Marien-Verein für Afrika und unterstützen wir die Missionäre, welche in und für Afrika thätig sind. Unter diesen Missionären stehen uns besonders nahe: „Die Söhne des heiligsten Herzens Jesu", die seit einigen Jahren auf österreichischem Boden — in Mühla nd bei Br ixen — mit Zustimmung der österreichischen Regierung eine Niederlassung gegründet haben, in der nun eine große Zahl von Missionären herangebildet werden soll für die afrikanischen Missionen. Wer als Priester oder Student in sich den Ruf Gottes wahrnimmt, der ihn auffordert: „Geh nach Afrika!" — ähnlich wie der Engel zum hl. Josef sprach: „Nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Aegypten", —' der kann sich beim Superior des Missionshauses in Mühland anfragen und anmelden. Wer als Handwerker nach Afrika will, um als Missionsbrnder auch das Wirken der Missionäre zu unterstützen, schreibe an P. Franz Xaver Geyer, Superior des Missionshauses in Mühland bei Brixen in Tirol. Wer meint, von Gott berufen zu sein, um als Missionsschwester in Afrika thätig zu sein, frage sich gleichfalls in Mühland an, wie es möglich werden kann, um „das Apostolat der christlichen Tochter" nicht bloß in und für Wien und Oesterreich, sondern auch für Afrika und die armen Heiden zu üben. — Wer aber von Gott zu solch heldenmüthigen Opfern nicht berufen ist — und ein solcher Berus müsste gewiss reiflich überlegt und sehr ernst und eingehend geprüft werden — denke nach, wie man in der Heimat, ohne Vernachlässigung der eigentlichen Standespflichten, für Afrika wirken kann. Ein leichtes und doch recht wirksames Mittel, mitzuhelfen, gibt nun der „Marien-Verein für Afrika", und darum ladet zum Anschluss an diesen Verein und zur Förderung desselben ein: Der Vice-Präses des Wiener Diöcesan-Ausschusses: Anton Schönfkenthuer. -----------sy@S®)@?i©x9---------------- liadmtfčen an§ Zern Namenverein Mr RfMa. Mcnarversammkung zu Wien. Ueber diese am 29. März stattgehabte Versammlung ent« nehmen wir dem Wiener „Vaterland" einige interessante Angaben. Das „Vaterland" schreibt am 30. März: „Es fand gestern im Saale des Katholischen Gesellenvereinshauses in der Gumpen-dorferstraße eine Plenarversammlung des österreichischen Missionsvereines „Marien-Verein für Afrika" statt. Für den Diöcesan-Ausschuss des Marien-Vereines für Afrika eröffnete Canonicus Anton Schöpfleuthner die Plenarversammlung, indem er die zahlreich Erschienen und besonders die vor wenigen Tagen aus Frankreich vertriebenen Trinitarier begrüßte. Diese seien in Wien keine Fremdlinge. Die Kirche in der Alservorstadt war einstens eine Trinitarierkirche Es gab auch in Oesterreich Zeiten, da nicht alle, die hier sein wollten, hier bleiben durften Nun seien sie wiedergekommen und mögen den Mitgliedern des Marien-Bereines ein ausgezeichnetes Beispiel durch ihr Gelübde sein, falls kein Geld mehr für die Befreiung von Gefangenen da ist, selbst sich in die Gefangenschaft zu begeben. Soweit haben es die Mitglieder des Marien-Bereines noch nicht gebracht; sie geben Geld, beten auch, aber selbst in die ©datieret gehen sie noch nicht. (Heiterkeit.) Wer weiß, was für heilige Entschlüsse der heutige Tag in uns hervorruft. (Zwischenruf: Da müssen wir vorerst die Statuten ändern! Heiterkeit.) Aber die Sympathien für die Heiden sind groß, das zeigt die Zahl der trotz des Heidenwetters erschienenen Mitglieder. Denen könne zur Freude mitgetheilt werden, dass der Verein Fortschritte mache. Noch erfreulicher ist ein anderer Fortschritt Die Söhne vom heiligsten Herzen Jesu, welche vom Missionshause in Mühland bei Brixen (Tirol) aus die Mission für Centralafrika besorgen, können nun, da die grausame und schrecklichste Herrschaft des Mahdi gebrochen ist, wieder nach dem Sudan vordringen. Sie haben aber ein Thätigkeitsgebiet, so groß, wie ganz Europa. Da müssen mehr Missionäre und auch mehr Geldmittel kommen und da musste man besonders auf das katholische Oesterreich und Wien rechnen. Je mehr das Glaubensleben in einem civilisierten Lande zunimmt, desto mehr erkennt man den unendlichen Wert einer unsterblichen Seele und die Pflicht, denjenigen, die das Glaubensleben nicht besitzen, es zu vermitteln. Am Vorabende des Freitags vom kostbaren Blute Jesu Christi muss man besonders daran denken, dass dieses auch geflossen ist für die armen Neger, Heiden und Wilden in Afrika. Unsere Mitarbeit soll es sein, diesen unglücklichen Menschen die unendlichen Verdienste Jesu Christi zuzuwenden. Dieses Liebeswerk werde jetzt das einstige Mit-glied eines westfälischen Gesellenvereines, Frater Klo dt, auf Grund seiner Erlebnisse in Afrika den Zuhörern ans Herz legen. Nun hielt der Missionsbruder Karl Klo dt aus dem Missionshause Mühland bei Brixen einen einstündigen, ungesuchten, aber wirklich fesselnden und lehrreichen Vortrag über das unter dem allerhöchsten Protectorate Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef stehende Missionswerk in Ccntralafrika und über seine afrikanischen Erlebnisse und schilderte dabei — Dato tief erschütternd, bald größte Heiterkeit erregend — die afrikanischen Schützlinge Sr. Majestät des Kaisers, die richtigen „schwarzen Oesterreicher". Wer der schmucklosen Erzählung dieses einstigen Tischlergesellen und nunmehr im Missionsdienste das Handwerk St. Josef's betreibenden Fraters zuhörte, konnte nur durchdrungen werden von der Ueberzeugung, dass unsere missionierenden Compatrioten da drüben in Afrika ein wichtiges Stück Civilisation, ein wahres Liebeswerk besorgen, das unserer Monarchie zur unvergänglichen Ehre gereicht und darum gewiss auch Gottes Lohn bringen wird. Dass diese Ueberzeugung in jedem Zuhörer geweckt und das einfach fürchterliche Schicksal der schwarzen Adamskinder uns glücklicheren katholischen Europäern nahegebracht wurde, das geschah am Vorabende des Freitags dom kostbaren Blttte Jesu Christi, dessen heilige Messe mit den geheimnisvollen Worten der Apocalypse des Liebesjüngers eingeleitet wird: „Du hast uns erkauft, o Herr, mit Deinem Blute, aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und Du hast aus suns gemacht ein Reich unseres Gottes." Diese schöne Fügung legte es dem mit soviel Liebeseifer sein Wort für alle katholischen Zwecke in die Wagschale legenden Oberhirten unserer Erzdiöcese nahe, die'Katholiken in der Beurtheilung der Missionswerke auf den allein gut katholischen in jenem Äpostelworte eröffneten hohen Gesichtspunkt zu erhalten, den sie dabei von jeher einnahmen: Es gilt, Kinder Gottes, unglückliche Brüder und Schwestern aus dem zeitlichen und ewigen Unglücke zu retten, in dem sie die Mächte der Finsternis erhalten. Da haben engherzige Auffassungen keinen Platz, und sicherlich werden die österreichischen Katholiken ihr Liebeswerk weder für die „schwarzen Oesterreicher",, noch für ihre Schützlinge in anderen Welttheilen durch Engherzigkeit verkümmern lassen. Das gestern constatierte Gedeihen des Marien-Veremes ist dafür ebenso ein Unterpfand, wie das auch sonst so beherzigenswerte Mahnwort Sr. Eminenz des Cardinals Dr. Grüscha, der auf die missionierende Thätigkeit Oesterreichs durch ein halbes Jahrhundert einen edlen Blick werfen konnte, und dies in Zusammenhang mit den drängenden Pflichten der jetzigen Fasieneinrichtungen und mit gar ernsten Erscheinungen unserer Tage brachte. Aköerndiirf öcr Kaugsdorf, jU.-chest. Der Hochw. Herr . Pfarrer P. Dominik Rosum schreibt uns: Am 25, März fand hier eine Versammlung der hiesigen Frauengruppe des Marien-SSereiltes für Afrika statt, die dadurch besonderes Interesse bot, dass zwei Missionsbrüder, die Herren Pr. Karl Klo dt und Wilhelm Richli aus dem Missionshause zu Mnhland bei Brixen in Tirol als Gäste zugegen waren. Herr Fr. Klodt hielt einen sehr interessanten, anderthalb Stunden währenden Vortrag über Land und Leute in Afrika, besonders in Aegypten. Nach dem Vortrage sprach der Herr Pfarrer als geistlicher Consulent der Frauengruppe im Namen der überaus zahlreich versammelten Zuhörer dem Redner den herzlichsten Dank aus. Darnach wurde die Neuwahl der Vereinsleitung für das laufende Jahr vorgenommen. Per Acclamation wurde die alte bewährte Vereinsleitung wiedergewählt. Dieselbe besteht aus der Präsidentin Frau Maria Schwarz, Oberlehrersgattin, der Bicepräsidentin Frau Johanna Habel, Lehrersgattin, der Cassierin Frau Katharina Poledniczek, Private, und der Schriftführerin Frau Marie König, Lehrersgattin aus Unter-Markersdorf. Nach der Versammlung meldeten sich gleich mehrere Personen-zum Beitritt'in den Verein, sowie zum Abonnement auf den „Stern der Neger". Die Frauengruppe zählt gegenwärtig 75 Mitglieder, wozu auch eine Anzahl Frauen aus dem benachbarten Unter-Markersdorf gehört. Weift nnftm Miljinniicc ini iirkrrrikrtri > iiim. Won Assuan nach Z)möevrnan unö zurück. Von P. Wilhelm Banholzer, F. S. C. (Fortsetzung.*) Atbara, den 27. September 1899. (VvF^vommanbant und Bahnhofdirector waren von unserer Ankunft unterrichtet. Beim Aussteigen fanden wir ein halbes Dutzend Soldaten zur Beför-derung unseres Gepäckes bereit. Man glaubte, wir seien nach Art der Morgenländer ausgerüstet, die ihre halbe Hauseinrichtung mit auf die Reise nehmen. Der Director — ein Morgenländer — wunderte sich nicht wenig, dass wir bloß für zwei Mann Gepäck hatten. — So etwas klingt auf europäischen Bahnhöfen unerhört, besonders wenn ich noch hinzufüge, dass der ganze Ballast unentgeltlich mitfährt und wie etwa ein Sacktuch, als zur Person des Reisenden gehörend, gerechnet wird. — Der Commandant hatte für uns in seiner Freundlichkeit eine luftige Hütte mit hohem, pyramidenförmigem Strohdach ausräumen lassen, wo wir das Gepäck niederlegen und übernachten konnten. Es hat gar keine Eile, weil der Dampfer aus Omderman noch nicht angekommen und jedenfalls vor morgen Vormittag nicht abfährt. — Ans Schlafen war vorerst noch nicht zu denken, weil wir den ganzen Tag nichts Warmes gegessen hatten und die unliebsame Entdeckung machten, dass in der Hütte keine Bettstelle (Augareb) vorhanden war, ohne welche uns die Nilratten in die Ohren gebissen und die Scorpione nach Belieben ihr Gift eingeimpft hätten. Diese scheinbare Unaufmerksamkeit hieng einfach mit der Voraussetzung zusammen, dass wir wie morgenlündische Reisende unsere Bettstellen mit uns führten. Die Bettstelle machte uns einstweilen wenig Sorge. Zuerst kam der Magen an die Reihe. Am Ende konnte man int „Hotel" von Atbara so eine Bettstelle sich leihen. Wir ließen uns zum „Hotel" führen. Es ist alles zu haben, was europäische Bedürfnisse erheischen. Selbst Pilsener Bier wird getrunken. Nach einem so langen Dahinleben mit Brot und". Datteln und faden Conserven waren wir wirklich froh, einen europäischen Speisezettel zu finden. Die nöthigen Bettstellen erhielten wir hier. Auf dem Rückwege wurden sie uns von zwei Schwarzen vorangetragen. *) Siehe Nr. 4 Seite 78. Ohne Kissen und Decken schliefen wir darauf ausgezeichnet. Vor unserer Hütte hielt ein Soldat Wache. Munterer Vogelgesang lockte uns am frühen Morgen schon aus der Hütte. Mit einer Unzahl von Spatzen vermischt, saßen auf der Umzäunung, die rings um die Hütte lief, ganz kleine, prächtige Vögelein mit rother Brust und schwarzen Flügeln. Ihren Namen wusste niemand, wie auch den der zahlreichen silberglänzenden Fischvögel, die auf deni Sande am Nilrande herumspazierten. Alle Vögel heißt man hier Asfur (Spatzen). Von unserer Hütte, die eine stattliche Lage oben auf dem hohen Ufer hatte, war ein herrlicher Ausblick auf den Nil, der majestätisch breit ist. Die glänzende Wasserfläche ist mit Flößen und Booten belebt, und in langer Reihe ankern arabische und sudanesische Segelbarken am linken Ufer. Gegenüber unserer Hütte liegt das Amtshaus des englischen Commandanten, der uns in der Frühe aufsuchte und zu sich einlud. Auf seinem Hause wehte die ägyptische und sudanesische Fahne und in seiner Person ruht die Vollmacht des Richters, des Obersten und des Verwalters. Seine Unterthanen sind die Eingeborenen, die ägyptischen Soldaten, drei bis vier englische Mechaniker und ein bis zwei Feldwebel. Das ist die englische Besatzung in Atbara. Wie es in Atbara ist, geht es in Berber, Tongola, Omderman. Eine Handvoll Engländer — Soldaten und Mechaniker — sind Herren der Gegend und Leiter des Betriebes. Die Aegypter haben gar nichts zu sagen und müssen willig oder unwillig gehorchen. Trotzdem oder vielmehr gerade deshalb herrscht eine gute Ordnung, und das Land erholt sich sichtlich. An unserer Hütte trug man 50 Centimeter lange wunderschöne Fische vorbei. Der Nil soll hier davon übervoll sein. Kürzlich waren ein paar kanadische Gelehrte da, um von den elektrischen Fischen, welche die Atbara aus Abyssinien bringt, Exemplare mitzunehmen. Man heißt diese Fische elektrische, weil sie mit Elektricität geladen sind und bei ihrer Berührung starke Stöße verursachen. Außer den neuen Vögeln und Fischen verkünden auch neue starke Winde eine anders geartete Gegend. Gewohnt ist uns hier nur die Eisenbahn mit ihrem Tross von Arbeitern, Bediensteten, Werkstätten, Kohlenlagern u. s. w. Atbara bietet schon ganz das Getriebe eines europäischen, guten Verkehrspunktes. Ungeheure Massen von Eisenbahnmaterial und Lebensmitteln, meistens Linsen, Zwiebeln und Bohnen, liegen aufgehäuft für den Süden. Die ganze Arbeit ruht in den Händen der Soldaten, wie auch der Bahnhof selbst ihr Werk ist. Gegen 10 Uhr kam eine Drahtnachricht, dass das Kanonenboot, welches hätte vergangene Nachr ankommen sollen, beim Holzfassen aufgestoßen und gesunken sei. Diese neue Verzögerung bestätigte meine Voraussage, dass wir uns auf dem Wege Assuan-Chartum mehr aufzuhalten als zu fahren hätten. Uebrigens warteten wir ganz gern, um die neue Eisenbahnbrücke über die Atbara sehen zu können. Wir begaben uns gleich dorthin. In einer halben Stunde ist die Atbara erreicht. Etwa einen Kilometer vor ihrem Eintritt in den Nil wird sie von der neuen Brücke überwölbt. Dieselbe ist aus Eisen gefertigt und ruht auf Pneumatischen Säulen. Sie macht gar nicht den Eindruck einer Ausschussware, die man außer- halb Afrika nicht mehr hat anbringen können, sondern ist ein solides Werk im neuesten Stile, das mit den besten Eisenbahnbrücken in Europa einen Vergleich aushalten kann. Inmitten des eben der Civilisation geöffneten Landes, wo das höchste Kunstwerk eine Hütte aus Erde mit Strohdach darstellt und der einzige Wasserweg die Barken sind, macht es noch einen besonderen Eindruck. Die Brücke bedeutet einen Sieg des amerikanischen. Unternehmungsgeistes über den englischen. Eine amerikanische Firma stellte dieselbe her in der halben Zeit und beinahe für die halbe Summe. Wir giengen über die Brücke, die nun auch den Eingeborenen geöffnet ist, und von denselben schon ohne Furcht und Zagen überschritten wird. Anfangs hielten sie Brücke und Locomotive für eine Arbeit des Teufels. Gegen 12 Uhr kehrten wir nach dem „Hotel" zurück. Sein Besitzer ist ein Grieche, wie überall im Sudan. Ein ziemlich großes Local aus Rohziegeln mit ein paar Tischen, die auf der nackten Erde stehen, machen den Gasthof aus. Die „feinsten Leute" von Atbara verkehren darin, weil für alle Bedürfnisse gesorgt ist und die Preise mäßig sind. Wären die Griechen nicht im Sudan, man müsste mit den Eingeborenen Zwiebeln und Datteln essen. In diesem Sinne sind sie die Culturträger im Lande. Die Leute machen mit wenig Capital viel, und niemand macht es ihnen nach. Inzwischen war der Bescheid gekommen, dass erst heute Nacht ein anderer Dampfer von Omderman ankomme, der vor 11 Uhr morgens nicht abfahre. Da wir alles Sehenswerte gesehen, brachten wir den Rest des Tages in unserer Hütte zu. Das Schlachtfeld von Atbara, wo voriges Jahr Tausende von Derwischen fielen und ihr General Mahmud gefangen wurde, ist für einen Spaziergang zu weit in der Wüste drin. Samstag-Morgen in aller Frühe sahen wir das Dampfboot für Omderman zwischen den Barken am Ufer glänzen. Wir erfuhren noch zur rechten Zeit, dass es keine Restauration an Bord führe, um unseren Reisebedarf für vier Tage einkaufen zu können. Für die Beschaffung einer Cabine sorgte der Commandant. An unsere Seite bekamen wir wieder zwei Schleppboote, beide mit Gepäck und Soldaten vollgepfropft. Es herrschte eine entsetzliche Hitze, und noch vor der Abfahrt erhob sich ein in dieser Gegend häufig eintretender Sandsturm, der einem den Atem benimmt und Nase und Augen mit seinem feinen Staube füllt. Das Schiff — ein altes Möbel — war so ungeschickt gebaut, dass dem Oberraum der Nordwind abgeschnitten war. Unter solchen Umständen versprachen wir uns von vornherein wenig Schlaf für die kommenden Tage. Die nackten Bretter unserer Lagerstätte an der Wand sprachen auch nicht von Ruhe und Schlaf. Die Officiere und Soldaten auf beut Boote waren besser daran. Nach verweichlichter Aeghpterart hatte ein jeder sein Bett mitgebracht, auf dem dann gegessen, getrunken und geschlafen wird. Gegen die Sonne von Süden vertheidigten sie sich durch Teppiche, die an der Außenseite der Schiffsdecke aufgehängt wurden. Der Wind, woher er immer kommen mag, hat freien Lauf über ihre Köpfe. Zum Zeitvertreib diente jung und alt ein nettes Affenpaar. Auch Strauße und Hunde waren auf dem Schiffe. Das 108 Erste Reise unserer Missionare im tu Leber eroberten Sudan. Boot zur Linken hat keine Stockwerke, sondern war ganz mit Gepäck beladen, darauf saßen und schliefen einige Frauen. Eine derselben hatte zwei Kinder bei sich; um die Kleinen nicht der Sonne ausgesetzt zu lassen, band sie zwei Zipfel ihres Schleiers an höher liegendem Gepäck fest, während die Hintere Hälfte desselben über ihrem Rücken lag. Unter dem ans diese Weise hergestellten Dache wohnten Mutter und Kinder beisammen. Die Strömung ist sehr stark, sodass der Dampfer nur mit großer Mühe und etwa im Kaineelschritt vorankam. Von nun an begegnen wir fast ausschließlich sudanesischen Nilbarken. Dieselben sind ganz stach wie Eierschalen, im Gegensatz zu den arabischen, die vorn und hinten gekrümmt sind. Der Mastbaum ist mitten im Schiff und nach allen Seiten mit vielen Stricken festgebunden, die ein großes Hindernis beim Ein- und Ausladen sind. Die Segeliücher sind rechteckig und nehmen sich von ferne wie in der Lust schwebende Drachen aus. Das ganze ist rohe, knorrige Arbeit, aber sehr haltbar. — Zwischen Atbara-Omderman sollen ganz furchtbare Stürme vorkommen, die noch nicht lange vorher einige Schiffe, worunter ein Dampfer, zugrunde gerichtet hätten. Für uns war auf jeden Fall keine Gefahr vorhanden, da wir zwei schwere Boote an der Seite hatten, die sehr tief giengen und den Dampfer wie gefesselt hielten. Die Mannschaft besteht, mit Ausnahme eines Engländers, aus Schwarzen. Die Kohlenfeuerung hört auf; sie käme zu theuer. An ihre Stelle tritt die Holz-feuerung, wozu der stark vertretene Suntbaum das Material liefert. Sein Holz ist fest und steinschwer und hat infolge dessen große Heizkraft. Diese Art der Feuerung bringt den Nachtheil mit sich, dass man alle Tage einmal ans Land fahren und Holz einnehmen muss. Da der Verbrauch sehr groß ist, sind immer 20 bis 25 Raummeter Holz an Bord zu nehmen. Der Kessel muss eigens für die Holzheizung eingerichtet sein. — Die Ufer sind zu beiden Seiten sehr niedrig und zeigen Absätze fetter, prächtiger Erde. Doch suchten wir vergeblich nach Landbebauern und nach grüner Saat. Alle ein bis zwei Stunden kommt ein Wasserrad, dahinter ein Flecken bebauten Landes. Die Felder strotzen von Unkraut, und alles ist unwegsame, junge Wildnis geworden, in der allein die Geißen ihr Futter finden. Turteltauben und Vögel aller Art überwuchern förmlich darin. Am Wasserrande waten wilde Enten, unbekümmert um das dahinfahreude Schiff. Schade für diese Ufer, die in so kurzer Zeit beinahe alle ihre Ansiedler verloren und deshalb verwilderten. Auf den armseligen Ufern von Assuan nach Halfa ist jeder Meter bebaubaren Landes ausgenützt und in den Augen der Besitzer ein kostbares Gut, das sich vom Vater auf den Sohn vererbt; hier reicht die kulturfähige Erde, so weit das Auge reicht. Sie ist fett und trägt bei ihrer Ergiebigkeit Unkraut aller Art als Frucht. Die armen Feldarbeiter haben dem Chalifen nach Omderman als Krieger folgen müssen. Nur Lahme und Krüppel blieben zum Anbau zurück. Zu welchem Zwecke zogen die unglückseligen Stämme aus allen Himmelsrichtungen des Sudans nach Omderman? Damit sie dort aus dem Munde des „gotterleuchteten" Mahdi und seiner Alten die Weisheit des Korans hörten und nach seiner alten Strenge leben lernten, um dann neugestärkt als Gottesstreiter gegen die verfluchten Türken ins Feld zu ziehen. Unter Türken verstehen sie die Aegypter, die nach ihrem Dafürhalten vom wahren Islam abgefallen sind. Wahrend dieses hochreligiösen Unterrichts verkümmerte der Sudan, die Felder lagen brach, so dass an dem neuen „Mekka" der Hunger zu nagen begann, der es auch ruinierte. Schon um zweieinhalb Uhr landeten wir beim ersten Holzlager, das die ägyptischen Soldaten unterhalten, solange die Dampfer noch auf- und abfahren. Zum Glück fahren sie bald nicht mehr, sonst würden die schattigen, zierenden Suntbäume bald verschwinden. Während der Fahrt begab ich mich öfters zu den Steuerleuten, gewöhnlich Berberiner, um ihnen etwas von ihrer Kunst abzugucken. Es waren fünf bis sechs, Mtvrückc in Kairo. (Originalbild des „Stern der Neger".) die der Reihe nach das Steuer regierten. In der Regel sprachen sie sehr wenig; auf alle Fälle durfte keiner den gerade mit Rade Befindlichen stören. Eben heute am Nachmittag gab ich einem dieser Leute den Rest meiner Cigarette, worauf die übrigen die Köpfe zusammensteckten und sich fragten, wer ich sei. Obwohl in Civil, ja sogar in Hemdärmeln, wurde über mich die Parole ausgegeben, dass ich einer der Gosasa (Priester) wäre. Wer weiß wie, bald darauf erschien der älteste der Steuerleute, ein Mann von hohem Wuchs und noch ungebrochener Kraft, vor der Thüre unserer Cabine und fragte, ob wir die Gosasa vom Abuna Soliman (Provicar Dr. Knoblecher) seien. Bevor wir noch geantwortet, fieng er aber schon zu erzählen an, wie er als kleiner Bube auf die Stella Matutina (Schiff der ersten Missionäre unter Knoblecher) gekommen und dort lange gedient habe, wie er später Steuermann geworden und das Schiff bis nach Kondokoro geführt habe, dann sagte er gerührt: „Näs Abunan Solima -— ma kansch abaden sei dol baadehom — aslan“ (die Leute von unserem Vater Soliman waren gut, wie niemand mehr nach ihnen. Niemals fand ich mehr dergleichen.) „Nachdem ich durch meine langen Dienste mir ein schönes Geld verdient hatte, ließ ich mich bei Chartum nieder, erbaute ein Wasserrad und legte drum herum Felder an. Bald darauf war ich imstande, Barken zu kaufen, mit welchen ich die Ueberführung der zum Bau der Kirche nöthigen Steine besorgte; das waren noch schöne Zeiten. Nun haben mir die Derwische Schiff und Land genommen, und ich muss wieder wie einst als Knabe auf dem Schiffe mein Brot verdienen. Mit zwei Pfund Sterling im Monat, die ich gewinne, leben ich und meine drei Häuser (Weiber)". Ich gab dem guten Mann etwas zu rauchen, und er gieng bewegt wieder zu seiner schweigsamen Gesellschaft. Welch' schönes Zusammentreffen! Der einstige jugendliche Lenker der Stella Matutina durfte nach langen Jahren unsäglicher Greuel wieder die ersten Missionäre in das heilsbedürftige Land führen, aber diesmal als alter Mann. Wenn Gott will, kann er auch unser neues Missionsschiff nach dem Süden steuern. Die Hitze hält lange an; unser Appetit ist sehr klein. Die Soldaten auf dem Boote essen wie die Kinder den lieben langen Tag. Um ihre Teppiche herum liegen die Producte des Heimatlandes, an dem ihr Herz hängt und nach dem sie sich im Sudan, wenngleich mit allem versorgt, unaufhörlich sehnen. Die höheren Osficiere lassen sich durch, ihre Köche in der für den Gebrauch der Passagiere eingerichteten Küche einen Hammel- oder Geißbraten herrichten. — Es kam die Nacht. Sie brachte wenig Schlaf. Um 8 Uhr morgens war die Hitze schon wieder sehr groß; das Wasfertrinken fieng von neuem an. — Der Nil schleicht in majestätischer Breite zwischen den niederen Ufern hin, die das alte Bild der Verlassenheit darbieten. — Am Mittag trafen wir das gesunkene Kanonenboot „Zafir", das uns hätte mitnehmen sollen. Wir landeten nicht weit von ihm. Es war mittels starker Stricke hart am Lande aufrecht erhalten, während von hinten zwei Barken stützten, die, schwer beladen, das Schiff von unten fassen und nach Herausnahme der Belastung wieder heben sollen, worauf das Wasser ausgepumpt und das Leck ausgebessert werden kann. Das gesunkene Schiff hat drei Stockwerke. Im dritten stehen die Geschütze, deren ich sieben zählte. Nach einer Holzaufnahme, die man für eine Woche ausreichend hätte schätzen mögen, bummelten wir weiter. Träge schleicht sich der Tag dahin zwischen den schmucklosen Ufern. Die Nachricht, dass heute Nacht wegen der Nähe der Katarakte stillgehalten werde, verkürzte unsere Hoffnung auf baldige Ankunft in Omderman um ein gutes Stück. — An einem steinigen Ufer legten wir an, und bald herrschte Todesruhe auf dem Schiffe. Ich denke, wir waren die einzigen, die nicht ruhten. Was sollte die herrliche Mondnacht einen Reiz für uns haben in diesem Zustande? Die Ergebung in den Willen Gottes gab dem Geiste wenigstens Ruhe. — Zum Glück giengs beim ersten . Morgengrauen wieder voran. Wir sind im Bereiche des letzten Kataraktes. Die Fahrt ist ohne Gefahr beim gegenwärtigen Hochwasser. Ich dachte mir den Katarakt als eine Aufeinanderfolge von starken Wasserfällen, ein Fallen und Steigen und Rauschen der Wasser zwischen steilen, engen Felswegen auf Stunden weit, das ist er nicht. Er macht sich anfangs nur durch hohe, über den Wasserspiegel emporragende, abgeglättete Felsblöcke geltend. Später sieht man, wie der Nil bedeutende, seinen Weg durchkreuzende Gebirgsadern abgespült und ein Bett durch sie gegraben hat. Diese vom Wasser im Laufe der Zeit mehr oder minder ausgespülten Gebirgszüge bilden den Katarakt. Unser langweiliger Dampfer wird den ganzen Tag zu arbeiten haben, bis er ihn überwunden hat. Solange nur aus dem Wasser hervorguckende Grasbüschel und Gestrüppe auftreten, fahren wir ohne Störung dahin; wenn aber scharfe Zacken bis weit in den Fluss hineinragen und Inseln da und dort sich bilden, gehts im Zickzack fort. Einige der Inseln sind von wunderschöner Gestaltung, tragen Bäume und sattgrünes, hohes Gras. Die größte mitten im Strome hat eine prächtige Einbuchtung, die in verschiedenen Schwingungen ihr gerade ins Herz hineinreicht. Sie war das Versteck der Derwische, als die englischen Kanonenboote in den Katarakt einfuhren. Aber ein paar Kanonenschüsse genügten, um die Derwische ausquartieren zu machen. Der Raum zwischen den Inseln scheint von ferne vielfach ungenügend für die Durchfahrt unseres mit zwei Schleppbooten gepanzerten Schiffes. Keine Angst! Die Berberiner stehen zu fünfen am Steuerruder, mit Späherangen die einzuschlagende Straße ausforschend. Das Steuerrad hatte der alte Lenker der Stella Matutina zur Hand genommen. Die Jungen standen schweigend ihm zur Seite. Keinen Augenblick sehen sie von der Wasserfläche ab; das Schiff konnte immerhin durch einen Fehler des Steuermanns erheblich beschädigt werden. Eigentliche Strudel sind auch jetzt nicht bemerkbar, bloß die Strömung hat sich sehr stark vermehrt. Der Morgen ist wunderschöne frische Luft macht das Schiff durch seine Bewegung, frische Luft bringt die Strömung des Wassers, und obendrein wehte ein herrlicher Nordwind, der heute bei dem Links- und Rechtsfahren in die Schiffsräume eindringt. Zahlreiche Fischreiher mit silberner Brust und grauen Flügeln ergötzen sich gleich Forellen in dem reinen Element. Der Katarakt hat die Augen sämmtlicher Reisenden gefesselt, selbst die ägyptischen Fellachensöhne haben sich vom Lager erhoben und schauen. Auf einmal findet das voraussehende Auge keinen Ausweg mehr; das Flussbett scheint aufzuhören. Im Süden sperren hochliegende Felder den Weg ab. Nach Westen ist kein Weg sichtbar. Man muss also nach Osten die Fortsetzung des Nils verlegen, trotz der hohen Berghalden, die sich aneinander reihen, wie um den Nil zu vermauern. Das Räthsel muss sich bald im Bilde lösen. In der That, der Fluss wendet sich im Augenblick beinahe rechtwinkelig von Süden nach Osten in die Felsen hinein. Eben da winkte mir ein Berberiner, nach Norden hindeutend. Ich sprang in meine Cabine, um das Fernglas zu holen. Was war? Ans einer vom Wasser frisch verlassenen Sandbank ruhte ein Krokodil — vielleicht drei Meter lang. Wir kommen ihm näher und näher, ohne dass es seinen Ruheplatz verlässt. Erst als wir ihm unmittelbar gegenüber waren, öffnete es seinen Rachen, sah uns an und glitt ins Wasser. — Die grünen Ufer hören auf. Es beginnen die Felsufer. Wir sind in der Saba-lnka. Hart am Eingang in dieselbe haben die Derwische eine Art Gibraltar schaffen wollen. Die Engländer sind aber trotzdem hindurchgefahren. — Der Fluss ist höchstens 100 bis 120 Meter breit, aber tief und fahrsicher. (Bei Atbara mag er 1000 Meter haben.) — Die schwarzen Berge fußen hart am Ufer und steigen steil ans zu beiden Seiten. Der Blick ist eingeengt, und nur der blaue Himmel schaut ins dunkle Thal. Von Kairo bis hierher hat der Nil nichts ähnliches anf-zuwcisen. Der Nil ist berühmt als Landbefruchter, hier hat er eine Landschaft hingezaubert, die ihm auch den Ruhm eines Landschastsbildners sichert. Die Ufer sind anfangs ganz leblos. Erst da, wo -kleine Einbuchtungen das Eindringen des Nilschlammes ermöglicht haben, finden sich grüne Flecken und Terrassen von wunderbarem Reize. Da und dort tauchen auch mit Schlamm bedeckte Steinblöcke im schmalen Strombett auf, welche mit grünen Plätzchen geziert sind. Schon zwei Stunden fahren wir in diesen Wunderhallen in großem Zickzack bald nach Süden, bald unerwartet wieder nach Osten. Anzeichen einer Veränderung sind noch nicht bemerkbar. Wieviele Jahrhunderte oder Jahrtausende mag der Nil an dieser seiner Straße gearbeitet haben? Und sechsmal von Omderman hat er sich Bahn gebrochen durch die seinen Weg versperrenden Gebirgszüge. — Nach einer Stunde begann sich das Thal auf einmal zu erweitern. Die Bergketten verloren sich nach Westen und Osten. Darauf kehren die alten Nilbilder wieder. Im Strome dauern die Felseninselchen und Klippen fort bis zum Abend. Dann hört alle Gefahr auf, und es wird die Nacht über gefahren. Gegen 6 Uhr morgens springen die Soldaten auf dem Boote auf. Was war? Das Schlachtfeld von Omderman kam in Sicht. Der abgestumpfte Bergkegel von Keren, von dem die Derwische herunterkamen, lag bereits vor uns. Aber die durchwegs hohen Ufer gestatten selbst vom zweiten Stockwerk des Schiffes aus nur ganz rare Einblicke ins Land hinein. Die Kanonen konnten also, wenngleich in einer dritten Etage postiert, nicht so leicht operieren ins ebene Feld. Das langsame Gefalle des ^Berges ist von allen Seiten leicht zu bestreichen. Als die Kanonenboote sich voriges Jahr näherten, erzählte man mir, schrie das ganze Derwischheer (und auch die in dasselbe mit Gewalt hineingesteckten Christen mussten mitthun): Allah Akbar — Allah Akbar — Gott ist noch größer, d. h. was vermögen eure Kanonen gegen Gott, der mit uns ist. Die Engländer auf dem linken Flügel, am Nilufer, die Negerregimenter auf dem rechten Flügel, die Aegypter in der Mitte und die Kanonen im Hintergrund haben ihnen ein paar Minuten darauf gezeigt, wer stärker und mit wem Gott war. — Das eigentliche Schlachtfeld liegt einige Meilen vom Ufer weg, wie es bei Tosky, Metemmeh-Atbara der Fall war. Die Derwische glaubten, dass die Engländer in der Wüste verdursten würden. Gewiss ist das Element des Derwischs die Wüste, und hier ist er unübertrefflich. All' ihr Fanatismus diente ihnen aber zu weiter nichts, als sich in unglücklicher Weise zur Zielscheibe der englischen Gewehre und Kanonen zu machen. — Von der vorjährigen Schlacht sollen nicht einmal mehr Spuren vorhanden sein. Das ist begreiflich. Ein Theil der Leichen wurde in Massengräber gelegt, andere wurden verbrannt, und was etwa unter dem Himmel unbegraben blieb, fraßen die Aasgeier auf, die zu Tausenden schon dem lebenden Heere des Chalifen nachgezogen waren. Einen einzigen dieser Geier sah ich über dem Schlachtfeld kreisen, als ob er noch träume über die jüngst vergangenen Tage, wo Tausende von Leichen zu seinen Füßen lagen. Ja, die schönen Zeiten des Mahdi sind vorbei, wo Köpfen und Hängen an der Tagesordnung war. Jetzt beginnen die mageren Jahre. Hinter dem Bergkegel von Kereri beginnen die ersten Lehmhütten von O m-derman, über dessen Größe man schon eine Vorstellung gewinnen kann bei der Erinnerung, dass die Bewohner der Nilufer von Halsn an hier zusammengepfercht waren. Zuerst kommen eine Stunde weit lauter alleinstehende, noch gut erhaltene, meist unbewohnte Hütten aus Wüstensand und Nilschlamm; dann folgen belebtere Quartiere. Kleinen Festungswerken gleich sind die großen ummauerten Höfe, die weithin auf den hohen Ufern erscheinen. Um sie herum ist jedesmal ein Schwarm von Hütten, in welchen die einem Emir unterstellten Stämme wohnten. Die Emire hatten ihre Hütten innerhalb der Mauern. Inmitten dieser Mauerreihen haben nun die Engländer ein Fort gebaut, das den Nil nach Norden und nach Süden beherrscht. — Aber all' die Hütten und Mauern, die von den hohen Ufern herunterschauen, sind nur der Saum der Chälifenstadt. Die eigentliche Stadt liegt viel tiefer und ist vom Schiffe aus nicht sichtbar. — Wiewohl wir schon anderthalb Stunden im Bereiche Omderinans fahren, liegt die Stadt nach wie vor unabsehbar vor uns. Die Hütten folgen aufeinander, eine gebaut wie die andere. In den Straßen und am Wasser wird es jedoch lebendiger. Der Eindruck des Todes, den wir von Anfang an bekommen, schwindet mehr und mehr beim Anblick der beiden Nilarme im Süden und der zahllosen Menge von Barken am Ufer hinauf. Das bunte Leben und Treiben hinter den Schiffen ändert vollends ganz die Stimmung, und es entsteht in der Seele jene magische Wirkung, die der Anblick nie gesehener, vollbelebter Hafenstädte hervorzaubert. Die Barken reihen sich aneinander in bester Ordnung. Die Ufer werden niedrig. Schiffsbaner haben darauf ihre Werkstätten aufgeschlagen, und viele neue Boote, große und kleine, sind in Arbeit. Ein reger Holzhandel entfaltet sich nach der Stadt hin. Rings um Omderman wächst kein Grashalm. Jedes Stück Holz und jeder Bissen Brot kommt über das Wasser. Darum ist auch der Fisch-, Getreide- und Gemüsemarkt halb auf den Schiffen, halb am Lande. An die Barken schließen sich die Regierungsdampfer an, lauter ziemlich alte Möbel. Mit den Europäern haben sie die europäischen Bedürfnisse und Erzeugnisse in großen Massen abgesetzt, deren Verkauf und Handel die Griechen in der Hand haben. (Fortsetzung folgt.) lam »Mimischen Selane» M kichalWii Priester. parties portir 'MHarinr pen, NegerPriester aus bent Stamme der Diuka in Ccntral-Afrika, zum Katholicismus bekehrt 1874, Priester seit 8. Mai 1887, gestorben 11. Jänner 1900. (Eine S elb st b i o gra p hie.) VI. (Fortsetzung.*) (Die Mutter wird blatternkrank. Mein Besuch bei ihr. Ein Volksauflauf. Flucht der Einwohner. Schlacht und Vernichtung unseres Stammes Meine, der Mutter und Schwestern ©datieret.) Meines Bruders Tod hatte der Mutter eine solche Trauer verursacht, dass sie halb aus Gram, halb aus Ueberanstreugung in dieselbe Krankheit verfiel. Als sie erkrankte, hütete ich in Gesellschaft meiner älteren Schwester Aeciöl unser Vieh auf den Weideplätzen, einen Tagemarsch von meinem mütterlichen Hause ungefähr entfernt. Kaum hatte ich die traurige Kunde hiervon erhalten, so machte ich mich in Begleitung anderer Jünglinge auf, um meine Mutter zu besuchen, und brachte ihr auch Milch mit. Ich fand sie aber nicht in ihrer gewöhnlichen Wohnung, sondern in einer Nebenhütte; denn sie wollte nicht, dass auch die Schwestern von ihrer Krankheit angesteckt würden. Mir wollte sie selbst den Eintritt zu sich verwehren, womit ich mich aber nicht zufrieden gab, sondern ich wollte ihr die Milch selbst übergeben, worauf ich sofort wieder weggehen sollte. Auch dazu war ich nicht zu bewegen, sondern blieb geraume Zeit bei meiner Mutter, die sich schließlich doch in ein Gespräch mit mir eingelassen hatte. Beim Verlassen der tpüite. gewahrte ich plötzlich große Unruhe unter den Leuten, was einen ganzen Volksauflauf verursachte. Anlass dieser ungewöhnlichen Bewegung und Unruhe waren wiederum die Baggürah, welche am jenseitigen Ufer gesehen worden waren, und wie sie versrichten, mit ihren Pferden über den Strom zu setzen. Doch wäre der dortige Uebergang wegen der großen Menge von Flusspferden und Krokodilen zu gefährlich gewesen. Der drohende Einfall war aber bald beseitigt: die Baggurah waren nämlich zur Kenntnis gekommen, dass in unseren Ortschaften die Blattern herrschten, worauf sie sich alsbald zurückzogen und verschwanden. Wenige Monate hernach kamen die Dschallüba-Truppen, welche ihr Fürst Hamadan und der Gouverneur von Kordo sän (wenn ich mich recht erinnere, *) Siche Nr. 4 Seite 84. war es Rustan Bey) gesandt hatten, herangezogen, um alles niederzumachen, was sich nicht freiwillig ergebe und alles, Menschen, Thiere und Wertsachen wegzuführen. Deshalb flohen alle Bewohner mit ihren Herden in die Sieppen, welche im Süden gelegen waren. Auch meine Mutter, die wieder genesen war, floh mit uns und den anderen Bewohnern des Dorfes. Durch drei volle Tage waren wir bei Tag und bei Nacht auf dem verzweifelten Eilmärsche und hatten nur wenige Stunden Rast gehalten, in der Hoffnung, dort ein Plätzchen der Ruhe finden zu können; aber wie sehr hatten wir uns getäuscht!. Diese Barbaren waren unsern Scharen 10* gefolgt und lauerten bereits auf Ueberfall. Doch hatten wir wenigstens ein paar Tage Ruhe genossen, als man auf dem jenseitigen Stromesufer ganze Schwärme von Dschallnba-Reiterei, die auch mit Feuerwaffen versehen waren, gewahrte. Diese suchten einen geeigneteren Uebergang. Die Unseligen fassten bald an dem diesseitigen Ufer Posto und hielten unsere Blutfeinde durch mehrere Stunden vom Ueber-gange zurück. Doch konnten sie in geringer Anzahl und gegen Feuerwaffen für die Dauer unmöglich Stand halten und dachte darum jeder, seine eigene Haut in Sicherheit zu bringen. Die Weiber waren bereits landeinwärts in die Steppen abgezogen. Meine Mutter aber, welche mehr für meine Schwester und mich, als für sich selbst besorgt war, wartete, da sie eine Rettung für unmöglich hielt, ab, dass rvir alle mitsammen gefangen genommen würden. — Ich war schon ziemlich herangewachsen, fürchtete mich aber weniger vor der Sclaverei, deren Schrecken ich eben noch nicht kannte, als vor den grausamen Tyrannen, die wie reißende Thiere auf uns losstürzten und uns eine unbeschreibliche Angst bereiteten, weshalb ich noch im letzten Augenblicke von der Mutterhand mich losriss und was ich immer laufen konnte, blindlings und planlos davonlief. Mehr von der überstandenen Angst, als von meinem Stnrmlaufe ermüdet, fand ich etwa nach einer guten Viertelstunde ein Plätzchen, um mich zu verbergen: den ersten Baum, auf den ich gestoßen war, stieg ich hinan, um in seinen Zweigen ein schützendes Asyl zu finden. Unter dem Baume war schon ein anderer meines Loses versteckt. Ein Araber mar mir aber gefolgt, und da er mich nicht mehr laufen sah, lenkte er geraden Weges auf diesen Baum ein. Gleich nahm er den Unglücklichen unter demselben in Gewahrsam und ritt mit ihm fort; mich hatte er nicht gesehen. Mein Leidensgefährte, der seine Freiheit bereits eingebüßt hatte, wollte in seiner Angst den Baggnrah sich gewogen machen und gab ihm zu verstehen, dass noch jemand da sei. Umkehren, den Baum hinaussteigen, mich herunterziehen und aufs Pferd setzen, schien alles ein Augenblick zu sein. Die Mutter war mit den Schwestern bereits gefesselt; bevor sie sich aber dem grausamen Araber ergab, hatte sie ein gutes Stück mit ihm gekämpft, indem sie ihn bei seinen langen Haaren zu Boden zog und erst dann losließ, als sie von einem andern mit der Lanze am Fuße verwundet worden war. Sie war ohnmächtig geworden; weil sie aber hohen und starken Wuchses war, ließ sie der Araber nicht liegen, sondern fesselte ihre Füße und führte sie mit meinen Schwestern zum Sammlungsorte all' dieser unglücklichen Opfer. Diejenigen aber, welche an das jenseitige Ufer hatten entkommen können, wurden von unseren dortigen Hauptfeinden, den Nuör (obwohl selbst Dinka-Stamm!) gefangen und zu Sclaven gemacht. Es war also jede Flucht vergeblich! Verschiedene Männer hatten jedoch mit einer Jünglingsschar rechtzeitig noch das Weite gewonnen und sich in die Steppen geflüchtet, wohin sie nicht verfolgt wurden. — Als diese Blutmenschen ihre langersehnte Beute hatten, zogen sie hinweg, reich an Sclaven, Sclavinnen, Herden und allen anderen Gegenständen, die sie irgendwie von Wert hielten. Meine Mutter war mit den Schwestern in eines und desselben Herrn Eigenthum übergegangen, ich aber in eines anderen. Waffersass tit Afrika. M, V- . \ Ste I.: 1 Der Abend war herangekommen, und unsere Gebieter wollten in ihr Lager jenseits des Stromes zurückkehren. Als wir, schwimmend natürlich, ans andere Ufer gelangt waren, begegneten meine Augen denen meiner Mutter, die mit meinen Schwestern zusammengebunden war. Sie ließ ihr Auge über die Menge schweifen, um zu sehen, ob nicht etwa auch ich da sei . , . und ach, welch' schmerzliches Wiedersehen! .... Die Mutter mit ihren Töchtern, geknebelt, sind Sclavinnen desselben, und der Sohn, auch er geknebelt, ist Sclave eines anderen Herrn! . . . Welche Trennung, welches Herzeleid! Solche Qualen und Peinen sollte man auf Gottes Erdboden für unmöglich halten; auch ich würde derselben Meinung sein, hätte ich nicht selbst alles das verkostet, was ich jetzt berichte! Es sind unleugbare und unwiderlegliche Thatsachen, die von selbst sprechen. Am Abende mussten wir hungerig und nicht nur hungerig, sondern noch nüchtern vom frühen Morgen her, auf harten Steinen schlafen. Alle waren nach dem Alter gereiht und gebunden! Den Männern waren die Hände auf den Rücken gebunden, dass oft das Blut die harten und beißenden (vegetabilischen) Stricke färbte, während andern durch diese rohen Henkersknechte beim Gebundeuwerden schon die Knöchel brachen. Ich kann keinen gewichtigeren und wahrhafteren Zeugen als Gott selbst anrufen, der unser Weinen, Jammern und Wehklagen in jener Schreckensnacht hörte. Es war ein Weinen der Kinder, ein Wehklagen der Mütter, ein Jammern und Seufzen aller Erwachsenen, ein unaussprechliches Meer der Schmerzen! Alle beklagten sich gegenseitig, weil sie einander in harten Ketten sahen, angebunden an Baumstämme, die auf ihren Nacken lagen — und dazu noch gequält wurden auf jede denkbare Weise! Der Himmel selbst schien in jener Schaudernacht Mitleid mit uns zu empfinden, denn dichte Wolken nahmen uns den fahlen Schein des sonst so freundlichen, diesmal eisigen Mondes weg und die Sterne, sie glänzten nicht in ihrer Silberhelle, sondern selten nur trat ein solcher mit blassem Lichte aus den Wolken. Das vermehrte unseren Schmerz, Kummer und Traurigkeit noch mehr! Gütiger Gott! O, wie hart ist die ©datiern! Am folgenden Tage mussten wir den ganzen langen Tag marschieren und marschieren, ohne Speise oder Trank nur verkostet zu haben. Als aber der Abend, ein neuer Schreckensabend, herangekommen war, fiengen unsere herzlosen Eigenthümer an, eine Theilung ihrer Beute vorzunehmen; so kam es, dass die Mutter einen Gebieter hatte, während die Schwester in eines andern, ich aber in eines dritten Gewalt war, welche drei Herren an verschiedenen Orten hausten, wodurch unser blutiges Los noch mehr erschwert wurde, da an ein gegenseitiges Wiedersehen nicht mehr zu denken war. Alles Bitten, Weinen und Beschwören war umsonst! Die erste Theilung war geschehen, und man setzte den Marsch nach Norden weiter fort, und wir mussten auf diesem Wege an unserer Heimat Mörea vorüberziehen. Aber welche Veränderung! Die Dschallüba hatten hier alle Hütten niedergebrannt und zwangen noch die armen Besitzer der brennenden Hütten, die Plätze zu zeigen, wo sie das Getreide vergraben hätten, widrigenfalls man sie alle augenblicklich niederschieße oder dem Flammentode preisgebe! — Auch unsere Hütte sahen Erinnerungen an eine Reise im Rothen Meere. 119 wir in Flammen aufgehen und sandten den letzten Abschiedsgruß der liebgewordenen, nun aber brennenden und lodernden Heimstätte von der Ferne zu. Endlich war es Abend geworden und die Nacht eingebrochen. Wir lagerten am gleichen See, wo die BaggLrah zur Zeit meiner Geburt mit den Unserigeu jn blutigem Kampfe lagen. Zu meinem größten Gluck waren mein und meiner Mutter Gebieter Freunde und wollten dort einige Tage verbleiben, wodurch mir wenigstens für diese Tage die Mutter wiedergegeben wurde. Diesesmal bekamen wir auch zu essen; aber was, und wie viel? Eine Hand voll Getreide, das war alles! Am andern Morgen aber war ein Ochs geschlachtet worden und da ich mich frei bewegen konnte (die Fesseln waren mir abgenommen), lief ich hin und packte die Leber mit einigen Rippen, die ich dann sofort in heiße Asche steckte, damit wir sie nicht ganz roh äßen, um wenigstens in irgend einer Weise den Hunger stillen zu können. ((ntnimiiiiu'ii nn eint Heist im Motljrn Metre.