für Vaterlmld, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Der Mann. ^?b sie schöne Röcke tragen. Aufgeputzt mit sammi'nem Kragen, Und ein Ordenszeichen d'ran; — Oder ob im schlichten Leinen Ohne Seichen s,V> erscheinen: Das macht wahrlich nicht den Mann! Ob sie in Pallästen thronen. Oder nur in Hütten wohnen.. Wie das Elend sie ersann; — Ol> si>" sich mit Purpur decken, Oder nur auf Moos sich strecken: Das macht Alles nicht den Mann! Doch für Necht und Wahrheit lampfen, U»0 den Eigenwillen dumpfen, Wenn der Muth die Schlacht gewann; Stolz und frei die Stirne zeigen, Sich vor Niemand sclavisch beugen: Seh't! -^ so lob' ich mir den Mann! Louise Lenz. Aer letzte Templer in Kram. ,Vaterländische VnälMig stuo dem 13. Jahrhunderte uoil I. V alüli gg. (Fortsetzung.) "l^ er Bürgermeister hatte dieses zu ahnen die gegründetste Ursache, Crescentiq, seine Nichte, und Waise eines reichen venetiamschen Nobili, welche seit ihres Vaters Tode sich beim Bürgermeister aufgehalten hatte, wurde während dieser Zeit vermißt. Niemand ahnete die Ursache ihres Abhandenkommens, weil CreHcenlia, jede Bekanntschaft vermeidend, still und eingezogen lebte. Der Klügste im Nathe nun glaubte die Spur dieses Verschwindens zu wissen und berichtete diesen Vorfall dem Vicedom, indem er zugleich sich die weiteren Verhaltungs-regeln von Seite des innern Rathes von demselben erbat. Dcr Vicedom schüttelte heftig seine weißgepuderte Perücke, welche ihm an dem Scheitel, in zwei gleiche Theile abgetheilt zu beiden Seiten der Schläfe in zierlichen Locken geringelt, herab hing. Unwillig ging er in seiner Schreibstube auf und ab und überlegte tief sinnend, dem Hochmuthe der Templer ernstlich zu begegnen, Gertraud, seine Gemahlin, trat herein. »Siehst Du Deine schönen Templer? Sie erheben im-mer mehr ihr Haupt, weir hinaus dehnen sie ihre Arme nach Reich und Gut; sie werden sogar des Dirnenraubes beinzüchtiget," sagte der Vicedom und maß seine Frau vom Fuße bis zum Kopfe, weil sie immer die Parthie der Tempelherren zu nehmen pflegte. „Die Tempelherren?" fragte erstaunt die hagere Ehehälfte, und ihr Gesicht dehnte sich in das Unendliche. »Verleumdung !" »Sonderbare Zuversicht! Hier liegen Beweise," sagte der Vicedom, auf einige Papiere, welche auf seinem Schreibtische lagen, hinweisend. c »Wer lieferte sie?" fragte Gert-ra.ud, die Arme gegen ihre Lenden stammend. »Sie überfielen den versammelten Rath der Stadt unter einem nichtigen Vorwande, ^und. während dieser Zeit ging Crescentia verloren. Der Schein ist sofort gegen die Templer. So lautet der-Berichö des innern Rathes," ent-gegnete verdrießlich der Vicedom. »Das sind Vermuthungen, somit keine Beweise, mein Herr Gemahl," nahm Gertraud das Wort. — »Und um Crescentia, dieses milchlebrige Wesen, lohnte es sich auch der Mühe, den Ruf der Templer anzutasten. War doch die Dirne ihr Lebtage keinen Heller werth. Täglich war sie in der Messe, welcher die Templer beiwohnten und starrte unverwandt nach dem Hochaltare — so glaubten Alle! Ich aber sah recht gut, wie sie lüstern mit ihren schmachtenden Tauben-Augen die anwesenden Templer musterte. Wer weiß, was es mit ihr für eine Bewandtnis; hatte?" »Das ist es eben, was wir erfahren müssen," sagte mit Nachdruck der Vicedom, sich in seinem Schreibtische niederlassend. Ein Moment, in welchem nichts mehr mit ihm zu reden war; dieß wußte Gertraud wohl. Sie nahm daher in einer Lehne Platz, still überlegend, wie sie das fernere Unternehmen gegen die Templer ihrem Gemahl entlocken kömue. Die unberechtigte Störung des Sradrrathes, das Verschwinden Crescentia's, welche, wie man wußte, im Besitze eines unermeßlichen Reichthums war, und manches Andere, was sich im Laufe der Jahre und seit der Wiederanwesenheit der Templer in Laibach zugetragen hatte, wurde jetzt das allgemeine Stadtgespräch. Alle Stimmen waren gegen die Templer, die man aus dem frühern Jahrhunderte nicht 138 cben von der besten Seite her kannte. Die Templer selbst schie? lien von dieseln Zeitpuncte an nicht mehr so freimüthig und allgewaltig in den Straßen der Stadt herum zu schlendern, denn auch bei ihnen ließen sich wesentliche Veränderungen vermuthen. König Ottokar, ihr einziger Freund und Gönner, huldigte KaiserNudo lph von Habsbürg und begnügte sich mit der Krone Böhmens allein. Dadnrch gelangte Oesterreich, Steyermark, Kärnten und Kram an den biedern Nu-dolph, von dem sich immer Gerechtigkeit und Schutz der Bedrängten erwarten ließ. Die Herren Stände von Krain, welche wiederholte Klagen bei ihren: Herrscher über die Templer führten, erhielten endlich den Auftrag, die Handlungen derselben strenge zu untersuchen und den Erfolg allerhöchsten Orts zu berichten, Diesemnach wurden einige Puncce den Templern vorgelegt, über welche sie sich rechtfertigen sollten. Allein, statt die angcschuldete Last von sich zu wälzen, statt die bösen Neigungen, welche das Land gegen sie hegte, zu widerlegen, verharrten sie in ihren: Trotze. Ihre freche Verwegenheit ging so weit, daß sie in ihrem Kapitel mit der Aufforderung der Herren Stände Hohn trieben. N o^ l»«i'lo li6 !a 'I'ni'l'6 erklärte frei und unumwunden, kein Vasall des römischen Kaisers, sondern bloß seinem Großmeister und dem römischen Stuhle jemals unterthänig gewesen zu seyn, und forderte Jeden auf Kampf und Leben auf, wer c5 wagre, den Tempelorden einer Missethat zu beschuldigen, »Diese einzige Rechtfertigung und sonst keine," sagte er, „wären die Templer der Welt und ihren Gegnern schuldig, Sa-c,et daher den Ständen des Landes Krain, daß wir bei den jetzigen Verhältnissen auch von dein römischen Stuhle uns losgesagt haben und daß wir Niemanden als König Orto-k'ar zu unserm Schutzherrn anerkennen werden; überdies; ist die Machl Rudolph's noch nicht gegründet. Darauf lies; er roh und unsanft die Boten der Herren Srände durch seir.e mindesten Diener zu dem Thore ihres Hofes hinausstoßen. Diese That nahmen die Herren Stände, wie natürlich, fthr ungnädig auf. Die Landschaft überlegte unermüdet und sann auf Mittel, die Templer zu entlarven; doch Alles umsonst ! Der Templer Handlungen waren plangemäß und schlau, oie Ordensglicdc-r klug und verschwiegen, Alle erprobte Diener eines gewundten Ränkeschmiedes; die höchst nörhigon Beweise gegen sie schienen dahe? beinahe unmöglich. Alles war verstimmt. Der Bürgermeister der Sradt aber, welcher an dem zweifelhaften Schicksale seiner Nichte am meisten Anthejl zu nehmen hatte, war unbegreiflich ruhig und schwieg kalt und verschlossen zu allen Projectirungen. Einige Monate früher trat jedoch der junge Herbert Lachsteiner in den Orden der Templer, ein Tiroler, von nicht geringem Vermögen und von dem man wußte, daß er das höchste Vertrauen Kaiser Nudo loh's hatte, strenge, bieder und gerecht. Jedermann wunderte sich darüber, um so mehr, als er selbst bei jeder Gelegenheit seine Stimme ge-pen den Orden erhob, und zwar zu einer Zeit, als Orto-kar, die einzige Ptütze der Hempler, durch die Herrschsucht seiner Gemahlin Cunigunde aufgehetzt, den an N ub o lph geleisteten Eid brach und dem Vernehmen nach am Schlachtfelde geblieben seyn sollte. Nicht wenig pochten die Tempelherren auf diesen Mann. Der Rang und das Ansehen dieses Neulings waren von der Art, daß sie mit Zuversicht hofften, auch allfällig aufgekommene Schandthaten durch ihn zu beschönigen. Durch ihre Herolde ließen sie daher frech alle Kämpfer in die Schranken binnen einem Monat Frist vorladen, welche den untadelyaf-ten Ruf der Templer bezweifelten. Vor ihrem Hofe standen Handschuh und Schwert aufgepflanzt und ein Todtensarg lag am Boden. Doch Niemand erschien. Sieben Tage waren noch bis zum Auslauft der bestimmten Frist. Da meldete der ernste Bürgermeister einen Kämpfer auf den morgigen Tag, für dessen untadelhaften Lebenslauf, Geburt und Ehre er mit Vorbehalt des Namens bis zum Ausgange des Kampfes bürge. Die Herren Stände, der Viccdom und die ganze Stadt athmete freudig auf uud flehte zum Himmel um Glück und Segen für den Kämpfer. Die Templer aber erbleichten. Daß Jemand gegen sie aufzutreten wagen würde, hätten sie sich nie gedacht. Spione liefen in der Stadt und in den ersten Häusern herum, den Kämpfer zu erfahren; den Banditen wurden schwere Geldrollen, wenn sie den Unbekannten treffen, zugesichert; denn Alles hing von dem Ausgange des Kampfes ab, zu welchem sich Niemand von den Ordensbrüdern gerne herbeilassen wollte, weil Jeder vor den geheimen Thaten des Ordens scheu zurückbebte, und Niemand die allgemeine Schuld allein mit seinem Leben zu bezahlen ge- soimen war, lF,orts?ßvng fplgt,) Feuilleton. Aoctoren nnd immer Doetoren !!! — Adel Und Beamte, Priester und Militär lassen gegenwärtig bci öffentlichen Verhandlungen der National-Angelcgenheit»,'!! ihre Titel und Würden bei Sejte, während die Hcrrcn Docto-reu ihren Namen jederzeit ihren acadeinischen Grad voran-setzen; soll dieß die Intelligenz vorhinein beurkunden und einen Vorrang gewähren? — Aon l)>nni8 cloetoi' lioctu«, 8ud m»il!8 'r haben daher schon deßhalb vollen Grund zu freundschaftlichen Gesinnungen gegen Deutschland und müssen uns glücklich preisen, die Fähigkeit und Gelegenheit zu haben, schon im Varerlande außer der Muttersprache auch noch andere lebende Sprachen uns anzueignen, Practikanten-Unruhen. — Im »Freimüthigen" lesen wir. Die Versammlung der Practikanten am l 6. April im Buchhaltungsgebäude in Wien sey glücklicherweise unblutig abgelaufen, Auch wurden keine anderweitigen Excesse begangen und die Nationalgarden in ihrer I92sten Berathung über die Uniformirnng nicht gestört. Schweigend kamen die Herren Pramkanten zusammen, und nachdem sie sich zugerufen h.nten: »Mäßigen wir uns!" schwiegen sie noch einmal. Da erhob sich Einer aus ihrer Mitte, schwach und alters- 139 grau, und sprach mit angegriffener Stimme folgendermaßen: «Meine Herren! Ich habe zwölf Jahre studirr, u„d diene nun bereits zehn Jahre dem Kaiser, ohne auch nur die unbedeutendste Frucht meiner langjährigen Studien genossen zu haben, wenn man das als Nichts gelten lassen will, daß ich vou meinen Vorgesetzten hinlänglich chicanirt und mal-traitirt worden bin. Mein Bruder fing nach absolvirter dritter Normalclasse bei einem Kaufmaune zu dienen au, und bezieht gegenwärtig, achtzehn Jahre alt, einen jährlichen Gehalt von tausend Guldeuj" Diese Rede aber vertrieb sogleich auch jede Spur von Zaghaftigkeit der Versammelten, und sie gingen schnell zu den Berathungen über, die jedoch äußerst stürmisch waren, und lange zu keinem erwünschten Ende führen komtteir. Die drei Petiriouspuucte, über welche «sie zuletzt eiuig wurdeu, sind: I. Enthebung vou der Mili-tärpflichcigkeit, damit man nicht in den schon oft vorgekommenen Fall gerathe, nach mehreren mühseligen Practicir-Iahren als gemeiner Soldat fortgeschleppt zu werden; 2. Nach einem Probejahre ein Adjutum von wenigstens 200 Gulden, da man nach einem Jahre doch zur Genüge die Tauglichkeit eder Untauglichst eines Individuums geprüft haben kann. Im ersten Falle bezahle man ihn dann^ im zweiten Falle zage man ihn weg, damit die Kanzleien nicht zu Versor-gungsaustalten für Schwachköpfe herabgewürdigt werden; Z. Einen Beitrag zu ihrer Uniformiruug als Natioualgardisten. Gine gransenvvlle Mordthat — beschäftigt in diesem Augenblicke die Gemüther der W a l d e ck'schen Residenz In dem nahegelegenen Dorfe Metterburg hatte dcr z?jährige Bruder des dortigen, am Nervensieber erkrankten Schäfers es übernommen, des Nachts bei dem Horden schlage ^n Felde zu bleiben. Als derselbe am andern Tage zur ge-N'ö'hiilicheii Zeit nicht nach Hause kam, - wurde Jemand ab-ftcschickt, um ihn nach dem Grunde seines Ausbleibens zu befragen. Schon von Weitem bot sich diesem Sendlmg der entsetzlichste Anblick dar: der Körper des jungen Schäfers lag in einiger Entfernung von den Schafen, des Kopfes beraubt und schrecklich verstümmelt. Der Kopf war vom Rumpf s^uiz abgeschnitten, die Zunge aus dem Munde gerissen und di.,' Finger der einen Hand, wahrscheinlich in Folge dcr Ge-l^'invehr, gänzlich zerschnitten. Von einer Beraubung fand sich keine Spur und noch ist eS in diesem Augenblicke nicht ermittelt, ob Schafe von der Heerde fehlen. Was dies; Verbrechen in seinen Folgen noch besonders hart macht, ist, daß alle Angehörige des Ermordeten, welcher der Ernährer derselben Nut war, am Nervenfieber darnieder liegen, der ältere Bruder desselben erst vor einigen Tagen daran gestorben und die bis dahin noch gesunde Schwester in Folge des Schrecks gleichfalls tödtlicl/ erkrankt ist. V5ie sich die Haude-Spenner'sche Zeitung etwas blamiren thäte: — Die B e r line r i n ist ergrimmt übcr die energische Protestation der »Wiener Zeitung" gegm die vom Könige von Preußen usurpirte deutsche Kaiser-Krone. Wenn die Berlinerin seit ihrer Geburt unter Friedrich dem Großen uns auch nur eiuen so gut geschriebenen Ori-lNual-Arrikel nachweis't, so zahlen wir ihr 2 Thaler 6 Sil-bcrgroschen, und verpflichten uns außerdem, sie durch einen i^l'zen Monat in vollem Umfange zu lesen, vorausgesetzt, daß solches unsere körperliche Constitution erträgt. Wenn abcr die Berlinerin behauptet: dcr König von Preußen hätte als der mächtigste Fürst Deutschlands geradezu ein Recht, sich an die Spitze Deutschlands zu stellen, so strebe sie je-d^Nalls, ihrer statistischen Kenntnisse um ein Paar Silber-Mschen los zu werden. Nach der bis nun noch bestehenden dmrichcn Bundesverfassung hat Oesterreich in Deutschlands um Interessen, für die ihr Herz einst warm schlug, sie werden Dir darauf kaum Antwort geben. Ei» anderer Geist ist in sie eingezogen: der Lebemann, der Gelehrte, der Bürger, der Arbeiter, sie alle sind anders geworden; die behagliche Nuhe dcs Sinnen - Menschen ist einer politisirenden Rastlosigkeit gewichen, jener classische Ausdruck zufriedener Sattheit machte dem Gepräge drückender Aengstlichkeit Platz; jene famose Wiener-Gemüthlich-keil, deren Muttermilch Vier , deren Pädagogen Strauß und Nestroy waren — ich fürchte, sie wurde vor dem Landhause mit todt geschossen. Nas der Wiener früher geliebt, das vernachlässigt er heute. Leer stehen die Theater, leer die Arenen, leer das Marionetten-Spiel. Wände, wo früher Geiger und Pianisten ihre Placate hinklebten, tragen jetzl den buntesten Ausdruck politischen Taglebens. Befehle der Nationalgarde, of-ficielle und nicht offizielle Aeußerungen des Ministeriums, Warnungen dcr Behörden, Beschlüsse der 6lubbs, Bitten um Festhalten an dem Thron, Adressen der Zünfte :c.< Alles das hält Dir jede Gassenecte mit Lapibar-Slyl und Schrift entgegen, und darunter oder daneben hocken die Ausrufweiber, diese „kreischenden Nachtigallen" des Freiheitfrühlings, mit aellendem Organ Flugschriften feilbietend- Diese Schriften, gewöhnlich nur aus einem halben Bogen bestehend, sind die politische Kost für den Gemeinen. Sie fließen mitunter aus mutterwitzigen, selten aber aus maßhaltenden Federn, und sind durchaus nicht geeignet, bei der Menge die jetzt so nothwendige Achtung vor dem Sittlichen und Heilige» zu befestigen. Warum thut man gar nichts dafür, den Mittel- und die untersten Stände politisch zu unterrichten? Die Hast dcr Neugierde gäbe jetzt das geeignetste Flußbett ab, dem Proletariat gesunde, sociale Legriffe zuzuleiten. Es ließe sich das hier mündlich und schriftlich so leicht bewerkstelligen. Das Volk ist empfänglich, schnellfassend, voll d«,'s besten Willens. Statt dem gibt man ihm a«f schlechtem Papier noch schlechteren Nitz' I4s> und vergiftet so die Flitterwochen der Freiheit dLm besten Volke der Welt! Unsere Presse ist noch zu viel ein muthwilliger Junge, und zu wenig ein Mann. — Die Straßen sind voll und lebendig von Neugierigen, von Fremden» von Arbeitslosen, von Garden-Zügen. Die Trach» ten« Freiheit macht sich bunt und malerisch geltend. Jeder will das Co-stume seines Landes bemerkt sehen. Jeder fühlt sich behaglicher unter dem Kleiderschnitt seiner Nationalität, und nur zu sehr ist dieses Farben« z,6Ig — ,no!o das Erscheinende jener Meinungsverschiedenheiten < die Wien zu einem politischen Babel machen. Vielleicht hat nie eine Stadt so di-vergirende Elemente in sich beherbergt, als jetzt Wien. Aristokratie und Proletariat, Bureaucratie und Literatenthum, Christ und Jude. Deutscher, Ungar und Slave, Alles überstürzt sich, bekämpft sich. um seine Existenz ringend; Alles will sich retten, sich selbstständigen, erst zu seyn und zu leben beginnen. Alles dringt zum Thron um Gewährung, um Sanction seiner Neckte. Ich bin überzeugt, dieses anarchische Walten hätte schon bis jetzt Alles über den Haufen geworfen, wenn nickt der Glaube an die Güte des Kaisers und einiger Prinzen im Wege stünde. Dieser Glaube ist «ine Macht, besonders gegenüber dem tiefen Gemüth des Vesterrei-chers und dem ritterlichen Ginn des Ungars , eine Macht, die eine Armee und den Verstand eines Napoleon aufwiegt, und die Stärke dieses Glaubens laßt sich nicht besser bemessen, als wenn man bedenkt, dass auch die empörende Wirthschaft des gestürzten Systems ihn nickt zu erschüttern vermochte. — Trittst Du in eine Gaststube, welch' Gewirre, welch' Tosen, welch' lärmendes Durcheinander! Sie, die einst ganz Un« politischen, überströmen jetzt von Itaatsdingen. Die Schlagwörter des Tages springen zündend von einem Tische zum andern, und Du magst nock so indifferent eintreten, schnell hat auck Dich der Wirbel mit fortgerissen, und Du kehrst nach Haufe als politischer Bramarbas. Du bist derecktigt. den Sessel, auf dem Du sitzest, zur Tribune zu machen; Du besteigst ihn und im Augenblicke horcht die ganze Versammlung auf Dich. Es ist ersiaunlick. mit welcher Rücksichtslosigkeit lolcke Sessel-Cicerone ihre Ansichten geben. Alles geht durch ihre Hechel. bis die Wahrheit in erbärmlichster Nacktheit dasteht. Wie eine Brandfackel fliegt jedes Wort in die Menge. Da gibt es Gegenreden, Beifall und Mißbilligung in al« len Sprachen, allen Vildungs - Nuancen! Geist und Dummheit, Treffendes und Blödes, Alles wird da zu Markt gebracht. Die eigentlichsten Arenen der Politik aber sind die Kaffehhauser. Jeder politische Glaube bat hier seine eigene Kirche, nämlich ein Kaffehhaus. Was sich zu ihm bckennt, muß sich ex «ssiciia nur dort versammeln. Selbst Kaffehsieder und Marqueure müssen gewissermaßen denselben politischen Ritus mitmachen. Keine Zeitung liegt müßig, man liest, man debattirt. man lobt, man verdammt, man zerschmilzt in politischer Rührung. Es gibt in den« selben a>wisse Stimmenführer, durch kräftiqe Gesinnung und gewandte Nhctoxik anerkannte Autoritäten. Du erkennst sie daran, daß, wo sie sich hinstellen, ein Knäuel von Gläubigen sie horckend umgibt. Man muß unter ikinen nickt Staatsmänner s„cken: es sind Jünglinge voll lyrischer Politik, die, getragen vom Enthusiasmus für ihr Vaterland, ihre Provinz, mit sanguinischer Hand Staatsgebäude aufführen und die ihren Ideen unpassenden über den Haufen werfen. Sie sind die jungen Apostel der jungen Freiheit, voll des rührendsten Glaubens < voll der blühendsten Hoffnung! — Eine höhere, practisckere Potenz des politischen Lebens sind die Vereine, die Elubbs: sie sind das Bewegende, das unmittelbarst i>: dic Staatsmasbine Eingreifende. Der juridisch« politische Verein ist ohne Zweifel das eigentliche Ensemble politischer Intelligenzen- Er ist, wie ihn der Volkswitz bezeichnete, der Ort, wo man brauchbare conslitu-tionelle Minister finden kann und sein Wille siel schon manchmal ent< scheidend in die Wagschale der Zeltbeschlüsse. Eine Wucht von Blättern deckt dort alle Tische. Er theilt sich in Salons zum Lesen und Nachdenken . und in Salons zum Naucken und zur Debatte. Man sieht da europäisch berühmte Männer kommen und gehen; ich horte Ansichten und Reden, die mir es rechtfertigten, das; ich in einer Minister »Vorschule stehe. Leide« roanvclt auch in diesen Räumen eine politische Unterabtheilung, die mit Schleppsabel - Discusionen die deutschen Hock - Interessen überschreit, und was noch wichtiger: leider hat das Bewußtseyn der Macht den Verein schon zu hocktorustiscken Uebergriffen verleitet, die nicht einmal die Ausgeburt seines Gesammtwillens waren, und noch viel weniger das Gutbeißen des Volkes für sich haben. — Ein anderer Clubb, der viel Gerede macht und der dem geschilderten polarisch gegenüber steht, ist jener der Volksfreunde. Er ist jugendlicher, literarischer, und daher rasckcr und bewegender. Er arbeitet allnächtlich im Salon »zur Kaiserin von Oesterreich.» Seinem politischen Bekenntnis; nach gehört er der äußersten Linken. Er ist es, der zuerst im Odeon die großen Volksversammlungen einführte, er ist's, der vorigen Sonntag die sogenannte Siurmpetition beabsichtigte, wozu er 1N0.000 Proletarier auf die Beine bringen wollte. Sein Mira-deau ist ein junger, schöner Westphale, Dr. Schütte, ein Mann mit bezaubernder Nedegabe, kenntnissvoll, lühn, aber leider mehr als zweideutigen Charakters. Die Tollkühnheit der jüngsten Beschlüsse dieseö Vereins hat ihn bei der Menge um seine moralische Geltung gebracht. Placate und Mündlickkeit begehrten seine Auflösung: gestern wurde Dr. Schütte über das Pomerium der Stadt hinausgebracht, und ich glaube, somit hat der arme Clubb feinen Kopf verloren. — Zwischen diesen beiden Vereins« Gegenfüßlern bewegen sich eine Anzahl anderer schwächeren Gepräges- Es wird viel, viel Politik gemacht, aber ich fürchte, die besten Resultate davon fallen nur den Gastwirthen und Kaffehsiedern in den Sack. — Die Universität ist jctzt ihrer rührigst,« Kämpen und geschicktesten Sprecher bar. Ersterer Viele gingen in ihre Heimat, letztere nach Frankfurt. Die Lehrkanzeln sind leer, die Hörsäle still, in den Hallen Waffengeklirre und Nurschenlieder. Von dem Gesimse der Aula wehen die Fahnen all« Länder und Provinzen Oesterreichs: sie sind der politische Himmelsbogen, dci ans der Märzfluth aufstieg. Dürfen wir ihn für eine Garantie des Friedens halten? — Es ist schwer zu sagen, was aus allem dem wird! Alles arbeitet athemlos, wie eine Mannschaft im Veesturm. Man hat keine Zeit. leinen Muth zu fragen, was man hofft. Es gibt hier keine Ansicht über die Zukunft, die das Gemeingut von nur 10 Menschen wäre. Jeder hofft für sich und fürchtet für sich. Man thut im Grunde wenig, man läßt geschehen vom Höchsten bis zum Niedrigsten herab. Jeder Gingriff, der energischesten Thalkraft auch, ist bis morgen verweht vom Sturme der Zeit! A^s allem dem kann sich der Beobachtende nur einen bestimmten und versöhnenden Wedanken holen, nämlich, wie gesund, wie sittlich schon der Charakter des Wieners ist- Jetzt, wo bei der haltlosesten Administration jedem schlechten Gelüste die freiest« Vahn gebrochen ist. wo man beinahe Alles kann und darf, geht Ordnung und Sicherheit durch Gassen und Straßen. Die Gemüthlichkeit hat das Politisch. Bittere überzuckert. — Wenn man Nachts zwischen den Pallästen wandelt, auf deren Giebel der Himmel seine Landesfarbe, das friedliche Mondlicht niedergelegt, da ist's wohl kaum zu glauben, daß unter diesen Kupferdecken Männer um ihre Gtammbäume, ihre Hockwürden, ihre Millionen zittern, daß sie sich vor jenen lumpenbedeckten Bettlern fürchten müssen, die in den weiten Vor« stadten schlafen. — Sie schlafen, und wenn sie euere geschäftige Aengstlich-keit nicht weckt, so bleiben sie ungefährlich. Wien ist noch kein Paris, das Proletariat noch keine drängende Macht, die Furcht vor demselben ein Ge, fpenst, das euch die Gefahren der Provinzen übersehen macht. Dort liegt die Aufgabe für euere Staatsllugheit. dort der gordische Knoten, der nun aber nicht aufzulösen < sondern fest zu knüpfen ist. Wer wird wohl auf dies« Weise den Alexander spielen?? — Dr. äol Catt- Local-Interessen. Man spricht von beabsichtigten Katzenmusiken, ja, daß sie schon hie und da zur Ausführung gekommen waren, wenn nicht die in letzter Zeit wirklich sehr angestrengte, brave Nationalgarde begütigend interve-nirt und so die schon vorbereiteten disharmonischen Ständchen verhindert hätte. — Gereicht aber ein solcher Strassen «Scandal unserer Hauptstadt, die sich durch die ganze bewegte Zeitperiode her immer durch musterhafte Ordnung und Besonnenheit der Bewohner ausgezeichnet hat. zur Ehre? Und welcher wesentliche Zweck kann irgend hiedurch erreicht werden? Ncin, liebe Mitbürger, die Freiheit einer Nation besteht, wie ibr wißt. nicht in sie entwürdigenden, excentrischen Strassen »Demonstrationen, die den Besonnenen und Vernünftigen nur zur Schande gereichen, und wir Lajba« cher sollten eine Mode nickt mitmachen, deren sich die biedern Wiener für die wenigen Hyper-Exaltirten aus ihrer Mitte jetzt schämen müssen. DieRuhe, aber auch die Ehre unserer freundlichen Hauptstadt ist und sey uns heilig, und wir wollen und werben uns durch Katzenmusiken keineswegs blamiren. nicht wahr? — Vor einigen Wochen wurde ein Gemeinde-Ausschuß von 25 Mitgliedern zur Berathung von städtischen Gemeinde «Interessen zusammengesetzt. Aber es sind weder die Namen dieser Männer, die für das Interesse Laibach's sprecken und wachen sollen, von Seite des Stadtmagi» strates öffentlich genannt worden, noch ist Dasjenige, was dieses löbliche Comite eigentlich bieher für das Gemeindewohl berathen, vor das Fo« rum der Oeffcntlichkcit gelangt. Wir erlauben uns ein bescheidenes »Warum?« auszusprcchcn. Oder ist etwa die Verfassung unseres Stadt« Magistrates bereits so vollkommen, dass seine Beschlüsse als infallibel gelten können und ihnen kein bescheidener Einwurf von Seite der constitu-tionellen Bürger gemacht werden darf? LeopoldKordesch. Verleger: Ign. Gdl. v. Kleinmayr. — Verantwortlicher Redacteur: Leopold Kordesch.