1074 Am 24. Jinn !8 wurde in der l. I. Hof- mid Staats- drnckcrei das Xl^IX. Stllck dcs NeichsfjcsctzblattcS alis^c^bcn mid versendet. Dasselbe cuthält unter Nr. 117 daö Gesetz uoiu ^7. März 1669, wodurch das Mini- sietium der iin Neichsrathe vertretenen Küni^reichc und Lander zuni Abschlüsse eincö Nebsreintunonens uül dein Mi- lilsteriuiu dcr Bänder der una,arischen Krone wegen ssssscn- seiligcr Feststellung dcr Auslagen im Zolla/falle ermächtigt wird. ' (Wr. Ztg. Nr. 14l) vom 24. Juni.)' Nichtamtlicher Theil. Das Concil nn> dic Großmächte. Angcr^t durch die Aufschlüsse, wclchc vor Kurzcm über die Schrille dec« baierischen Cabinet zur Erziclung eines gemeinschaftlichen Vorgehens dcr Mächlc gcgrn" über dcm ölumcnischctl Concil qcgcbcu wurde», sucht ein Wiener Correspondent dcr „Köln. Ztg." ill folgender Weise das zusammenzufassen, was bisher au Symplo- men vorliegt, wclchc aus die Haltung dcr Gioßmächtc angesichts dcs Concils einen Schluß zulassen. Vorweg darf — schreibt derselbe — constalirt werden, wie die Voraussetzung dcc> baicrischcn Nlinister Piäsidcntcn allcnt Halden unbcstrütcne Ancrkcnituug findet, daß cs iu dcr Absicht PiuS IX. licgc, durch die Beschlusse dcr öcu- menischcn Versammlung gewissen Theorien die Weihe des Dogmas zu gel'cn, welche das Verhältniß zwischen Staat nnd Kirche zum Nachtheil dcs ersteren altcrircn. Darüber ist schon gcnug gesprochen lind geschricbcnwor- den, um jede weitere Erörterung als schlechterdings überflüssig auszuschließen. Der Instinct der Völker, meist spürträstigcr als die Voraussicht der Cabinclte, hat dies alsbald hcransgcfnndcn. Die Regierungen Europas würde» sich einer gröblichen Persäumniß schuldig machen, wäre ihnen allein verborgen geblieben, waSmil Händen zu greifen ist. In dcr That beschäftigt man sich auch im Schoße fast sämmtlicher Cabincttc mit je- nen Erwägungen, die öffentlich angeregt zu haben das Verdienst dcS Fürsten Huhculohc bleibt. Mit günstigen Augen blickt, so viel gcht aus allcn Andeutun^cu her« vor, keine Regierung dem kommenden Ereignisse entge- gen. Daß sich vorläufig noch jede derselben dic Wahl ihres Slaudpunkteö frei hält, ist eine natürliche Folgc dl,r verschiedenen Interessen, die da oder dort am gc- wichligstm in dic Wagschale fallen. Nehmen wir uorrcst die beiden großen katholische» Mächte Frankreich nnd Oesterreich. Von bci< den ,st bekannt, daß sie dic baicr'sche Depesche in ihren Motiven gcwlNdigt, in ihren Vorschlägen jedoch als inovporlun bezichttet haben. Für dcn „allcrchristlich- stcu" Kaiser dcr Franzosen schcincn da Bcwcggrnndc maßgebend gewesen zu scin, dic man heule nur erst ahnen kann. Die Augstrnfe, die ncucstcns auS dem clcricalcn ^agcr ertönen, berechtigen jedoch zu der An nähme, daß mau in diesen Krciscn Witterung hat v,m den Plänen, mit Wachen Napoleon schwanger gcht. Die Haltung dcs französische Clcrus nnd seiner Anhänger währcnd dcr Wahlen hat dcn Kaiser, das darf als ge- wiß gelten, tief verstimmt. Enlsprach sie doch nicht dcn Erwartungen, zu wclchcn sich dcr Schirmvogt der wcll- licheu Papftherrschaft berechtigt glaubte. Die Occupa- tion Roms erwies sich also auch dort, wo man oieS einzig erwarten lonntc, nicht als die Quelle eincs MachlznflusseS für das persönliche Regiment, ^in po^ lilischcr Beziehtlug war sic von jeher das Gegentheil. Garibaldi steht nicht mehr in dcr Campagna, dlcWuu- dcr dcs Chasfcpot würden sich heutc n,cht mchr an den Pionnicren dcr Demokratie, sondern höchstens au dcu Truppen dcs Königs von Italicu bewähren, jcnem Italien, das vom Simplou bis nach Mess,na dem Kai-- scr dcr Franzosen grollt, weil er ihm dic Schlüssel zur Sicbenhügclstadt vorcnttzält. An dem Tage, wo die französischen Truppen sich in Civitavecchia einschiffen, wird das stolze Ituliu i'lirü. du »0 znr Wahrheit, an demselben Tage fällt der Oftposition in Paris eine dcr schneidigsten Augriffswaffeu klirrend aus dcr Hand. Nicht dic ^oglt allein, sondern positive Auzcichcn, wcnu sic auch noch keine diplomatischen Formeu augcnommcn habcn, sprcchcu dafür, daß sich Napoleon wirtlich mit diesen oder ähnliche« Gedaulcn befreundet. Wcht aber all Stelle dcr wciß roih-blauen Tricolorc das weiß- grün-:olhc Banner Italiens vom Capitol, wie ündcru sich da die Chancen des Concils! U»d >vcr solltc Frankreich an dcr Aufführung eincs solchen Planeö hin- der»? Zwar spricht dic „Pall Mall Gazctlc" von cincr Occupaliou Roms durch preußische Truppcu, aber wo finden sich die Thore», nm solches albcrnc Gc< schwätz ernsthaft zu uchmcn? Spaniens lathl)l,schc Uönigiu, sonst immer bereit zum Schutze der weltlichen Hcrischaft, führt „fern von Madrid" ein beschaulich ^evcn und dic Regentschaft hat mit solchen Velicilciteu gebrochen. Ocsterrcich? Wohl gab cs cinc Zcit, wo man iu Wicu das Gelüste verspürt hätte, dem wau- tcndcu Throne im Vatican bcizuspringcn. Sie ist vor- über, glücklicherweise vorüber. Dic apostolische Mission cnS Kaisers ist erfüllt, wcnu er stnmmcr Zuschauer der Ouigc ist, dcueu E>nhalt zu lhun außerhalb ocs Rahmcns seiner Pflichten als Souocräu liegt; daö Cabinet jc- doch bcweist sich großmülhig gcnng, wcun cs, aller Un- bill, dic ihm vou Rom kam, vergessend, die cou- lciuplallve Haltung wahrt, dic ihm scinc ga»zc Politik vorschreibt. Aber selbst wenn die Dinge nicht dicsc Wendung nchmcn würden, hat Oesterreich keinen innern Grund, jetzt schon Kriegsmiltcl, womit cs staatSgcfährlichc Vc- schlüssc dcs Concils zn bekämpfen denkt, aufzuhäufeu. Die Stimmung im Volke ist nicht derart, um sich nach dem Winde zu drchcu, dcr von Rom weht. Besonders in Ungarn, dessen Clcrus vun jcher scinc cigcncn Weqc wandelte, gibt sich jetzt cinc Bewegung kund, welche in ihrcm lctztcn Ziele nnf Autonomie, in dcr Kirchcnuer- fassung gcrichtct ist und römischen Suprcluatic-Gclüstcn nicht mindcr uugclcgcn komnlen dürfte, als dcr hllssi- tischc Zug in der czcchischcn Agitation. Was auch in Rom beschlossen werden mag, cs kann keinen Kampf crzcngcn, der erbitterter wäre. als jener um das Con- cordat. Hier galt cs, eingeimpfte kehren, Traditionen auszuroden; fürwahr, wcit schwieriger als dcr Kampf gcgcn ncuc Dogmen, dcucü man dcn Eingang frischweg verwehren kann, und doch gelang es und wird gelingen, wenn man mit Energie dcm Trotz, mit dcn Waffen dcr Bilduug dcr römischen Curie zn begegnen nicht ermüdet. Die Curie muß erkennen, daß ihre Macht, sofern sie dcr Beherrschung des StaatSwcscus gilt, gebrochen ist; soll dies erreicht werden, so darf man es nicht den Kindern glcichlhuu, die zu schreien bcginncu, wcnu sie im ssin- slcru sind. Tritt die Curie mit ihrcm Programme ans Tageslicht, dann wird man zu erwägen habcn, wie wcit sich dasselbe mit den Grundgesetzen dcs Staates ver- trägt. Droht cs denselben Widerspruch, überschreitet die Kirche dcn Kreis ihrer Freiheit ans Kosten dcr Freiheit dcs Staates, nun, so wird dcr Staat sciuc Rechte und Pflichten wahrznnchmcu uud zu prüfen hadcn, ob cr denjenigen seiner Staatsbürger, welche zur Theilnahme au ciucm solchcn Acte anfgcfordcrt find. diese Betheili- gung gcstaltcn kann. Für die Richtigkeit dieser Auf- fassung. die auch iu dcr diesseitigen Autwort auf dic baicrische Depesche Ausdruck findct, bürgt mchr als dcr Umstand, daß sic von den zn Rathe gezogenen Mini- sterien beider Rcichshälftcu gebilligt wurde, die Thatsache, daß sich bisher noch keine Stimme, selbst aus dcn oppo- sitiouslustigstc» Reihen, dagcgcn crhod. Dcr nächste Interessent, das Florentiner Ca-- biuct, bcwcgt sich genau auf demselben Vodcu. Urknudc desseu, daß dcr crstc Eiudruck dcr baicrischcn Dcpcschc in Florenz jcncr dcr vollen Billigung war. daß aber Mar- quis Pcftoli alsbald angcwicscu wurde, sich mit dcm dics^ sciligcn Cabinet zn bcuchmcn. Dcr italienische Gesandte soll bei dicscm Anlasse cinc Rcihc von Punkten namhaft gemacht habcn, dercn Erschciucn auf dcm Programme dcs Concils sciuc Regicruug bestimmen möchte, Schrille gegen dasselbe zu thuu. Nachdem man jedoch in Florenz Kenntniß umi dem Votum dcr vereinigten österreichische ungarischen Ministerien erhielt, bemerkte man wohl auch, daß cinc solche Aufzählung dcr zn bcanstandcndcn Con- cilbcschlüsse cs der römischen Congregation nur erleich- tern würde, sich durch allerlei Hmtcrthürchcn zn salvircn, nnd cs ist wcnigstcnS nicht bekannt geworden, daß die italienische Rcgicrung dic Opportunität cincs derartigen Vorgehens im gcgebcnen Augenblicke anders aufgefaßt hätte, als man es hicr unter Vorbehalt dcr freien Hand für die Zukunft that. Auch iu Petersburg entzieht mau sich dieser Angelegenheit nicht, ohnc bisher zu einer cndgiltigcn Entscheidung gelangt zn sein. Maßgcbcud für lctztcrc wird voraussichtlich das Eudcrgcbniß dcr augen- blicklich zwischen Rußland nnd dcr Cnric obschwebcnden Verhandlungen sein. Kurz gefaßt, gelten dieselben dcr Art, wie dcr Papst mit dcm katholischen Episcopate zu vcrkchrcn habc. Die kaiserliche Regierung erklärt, diescn Verkehr nnr durch das Consistorium in Petersburg ge- statten zu künncn; im Vatican beansprucht man dage- gen den vollkommen freien uud uumittelliarcu Wcchscl- ucrtehr mit dcn römisch-rncholischcn Bischöfen. Hko,l'»,t cinc Einigung nicht zu Stande, so ist mit zicmlichcr Wahrscheinlichkeit zu gewärtige», daß der Cznr dcn Bi> schöfcu dcs römischcn Ritus die Betheiligung am Co»' cilc ucrwchrcn wird. Wie nachdrücklich mau iu Rußland solchen Weisungen Gehorsam zu verschaffen liebt, dar- über gibt die Geschichte der lctztcn Tagc in der Sache des Bischofes ^ubicnsti cinc höchst unerquickliche Beleh- rung. England hat, namentlich wcu» cs dic irische Kirchcubill durchgesetzt hat, wcnig Veranlassung, sich mn das Concil zu kümmcru; übcr scinc Hallung braucht mau sich auch kciu Kopfzerbrechen zu mnchcn. DaS Ber- liner Cabinet anlangend, ist mir nur bekannt, daß scin Ueber den Tanz und über Volkstänze. Von Heinrich v. Uittrow. (Fortsetzung.) Eigenthümlich bleibt cs, daß zur sclbcu Zeit, wo in Deutschland dcr sogenannte St. Vcits-Tauz auftrat, sich in Italien eine ganz ähnliche Krankheit zcigtc, uou der man sogar behauptet, daß sie bis heutzutage noch nicht verschwunden sei. Mau glaubte damals und glaubt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, unter der nicdcrn Voltsclassc Neapels und SicilicnS heule noch, daß dcr Biß odcr Stich cincr in Italien nicht scltencn braunen Kreuzspinne, ^umnwiu, cincu Zustand erzeuge, dcr dcn Betroffenen zum Tanze zwingt. Gerade in dcr lctztcn Hälfte dcs 14tcu Jahrhunderts, als in Deutschland dcr St. Veits-Tanz am häufigsten auftrat, sollen nicht nur cingcbornc Italiener, soudcru auch reisende Fremde allcr Nationen massenhaft von diesem Uebel befallen worden sein, gegen welches Musik und Tauz allein Hilfe, wenig- stens Linderung schuseu. Eine einfache, immer rascher werdende Tanzmelodic, die ihrer cigcuthümlichcn Bestim- mung nach sogenannte Tarantella, war das sonderbare Heilmittel, welches bci dcn ucrschicdcueu Formcn, in dcnen die Krankheit auftrat, mit allerlei Variationen angewen- det wnrdc, und sich endlich durch dcu Reiz. den cs anf das Auditorium ausübte, so beliebt machte, daß dem Ita- liener keine Tanzmusik lieber war, und daß gerade dicsc bis auf den heutigen Tag im Stande geblieben ist, cinc wahrhaft clcktrisirendc Wirkung hervorzubringen. Wenn dcr Italiener, besonders der sonst so träge Neapolitaner odcr Sicilianer, dic heitere Weise cincr „Tarantella" hört, so gibt cö für ihn kei"c Beschäftigung, kciuc Er- müdung, keine Ruhe mchr, die ihn bewegen könnte scinc Tanzlust zu unterdrücken. Die Stadt Taranto in Cula« bricn mag übrigens zum Namen dcs Tanzes das meiste beigetragen habcn, da cr hcntc noch dort vorzüglich und am häufigsten getanzt wird. Aehnlich der Tarantella tritt der ungarische Esar- das auf — nur beginnt cr mit dcr dcm Ungar cigcncu Moll-Introductiou - verspricht bci dcn ersten schwcr- müthigcn Accordcn chcr cinc Elegie, eine gefühlvolle Se- renade, als einen wilden Tanz, geht aber allmälich crescendo anch mit dcm Feuer der Tarantella zu Eudc, uur daß im Csardas dcn klirrenden Sporen zu Ehren noch mchr mit dcn Füßcn gcstrampft wird als bei dcr Tarantella. In dcr Geschichte dcs Csardas, dessen Musik dcn Ungar ebenso hinreißt und begeistert wie die Ta- rantella den Italiener, wie dcr Irish Gig den Engländer, wie dcr Vollcro und Fandango dic Cachucha und Gitana dcu Spanier, wie die Ma- zurka dcu Polcn, wird nichts von Spinnen odcr an- deren Iuscctcu erwähnt, die durch ihren Stich zum Tanzen verzückt hätten, und alle jcnc Qucllcnstudien übcr dc» krankhaften Ursprung gewisser Tänze führen uns an die Pforten dcr Mythe uud Fabel, wo wir, wie Dante au der Höllcnpfortc, stchcn und lesen: lH80iü.w 0<^ni «M'lw'/H voi <:1l' oiltruw - lus. l^lUiw III. Mißbränche, die sich bci diesen Tänzen einschlichcn, ja nach uud nach zur Hauptsache wurden, veranlaßten die Bischöfe, Verbote nnd Anathemas gegen dcn Tanz und die Tanzenden zu schleudern — alle diese Maß- regelungen waren fruchtlos, und in Marseille wurde trotz aller Kirchcnvcrbote am St. Lazarns-Tagc (17tcn Dczcmbcr 1024) ein solcher Tanz mit vcrlarvlcn Män- nern und Frauen entdeckt, dcr sich untcr Pfcifcn und Saitcnspiel durch alle Straßen dcr Stadt bewegte, und an dcm sich sogar die niedere junge Geistlichkeit stark bethciligtc. Aber auch andere Vorurtheilc und Erinneruugcn waren mit dcn Tänzen verbunden. Nach einem start verbreiteten Voltsglauben sollte dcr Tanz am Johannis- tage das Haus. wo cr veranstaltet wurde, für ein Jahr vor Gewitterschaden bcwahrcn, - so entstand dcr sogc^ nannte Schäfflcr tanz in München als devote Feier und Erinnerung an die Pest, die im Jahre 1^50 iu Deutschland fürchterlich auftrat uud Tausende dahiu- rafftc. - Er wurdc vou dcr Znuft dcr Böttcher vom Drcikünigslagc bis zum FaschinndicnStag iu Costumcn und Charattcr-MaSkcu, mit ..Rcifschwingcr" „Vor- und Nachtünzcr" iu dcr grußcn Schäfflcrhcrbcrgc, so wic anf offener Straße vor dcn Häusern dcr Patrizier dcr Stadt getanzt. So war die St. Rosalia'Procession in Pa- lcr schlungcneu Figuren nach Art unscrer Cottillons be- stand, uud bci dcm auch Scheingefechte mit entblößten Schwertern vorkamen, reiche Bürger uud Söhne dcr ersten Familien. „Schönbarllaufcn" nauntc man jenen Tanz, weil jeder dcr daran thciluchmcn wollte, cin'N „Schönbart," d. h. eine Maske uud emcu MaStcn-Anzug tragcn mnßtc. Die Sitte dauerte bis 1539, wo bci cincm groß- artigen, besonders prächtigen Schönbartlaufcn lMlchcö der Meistcrsängcr Hans Sachs beschreibt) bedeutende Ruhestörungen stattfanden, wclchc durch dic ordnenden Zünfte, die als Schutzwache aufgestellt waren, veranlaßt wurden, weil mau damals noch nicht so zart beim Ord- 5 Wilhelm Angttstcin. VollStiinzc im deutschen Mittclaltt>'> 1075 Vertreter Anlaß fand, nicht nur jede Solidarität mit der bäurischen Anregung, sundern auch jede Unterstützung derselben abzulehnen und sich überhaupt in Ausdrücken zu bewegen, welche auf die Enthaltsamkeit seiner Regie- rung schließen lassen. Ucbcrblickt man die Situation, so ist nicht zu ver- kennen, daß etwaig Versuche der ökumenischen Versamm- lung, dem modernen Staatswcscn den Krieg zu erllä- rcu, auf den hartnäckigsten und rücksichtslosesten Wider- stand der Mächte stoßcu würden, deren Regierungen in diesem Falle nur als Anwälte des Vollswillens auftre- ten. Gerade daß man es vermeidet, sich früher zu allar- nnren, ehe der Feind Position genommen hat, sollte in Rom 'die Uebeizengnng zeitigen, wie gewachsen man sich allenthalben dcin vorbereiteten Angriffe fühlt. Hand in Ncmd mit dicscr Erkenntniß ginge dann die Einsicht, daß in folchcm Kampfe der Angreifende unterliegen muß. Dic Finanzlage Ungarns. Wien, 23. Inni. Von competcnter Seite wird die Wiener „Presse" ersucht, Folgendes mitzutheilen: ..Der Frankfurter „Actionür" und im Einklänge mit diesem für die ungarischen Finanzucrhältuissc stets feind- selig gestimmten Blatte das ..Wiener Haudclsblalt," die ..Schlcsischc Zeitung" und selbst ein Pcstcr oppositionelles Blatt schleudern über die Finanzlage Ungarns so bös- willige Entstellungen in die Welt. welche, wenn sie wahr wärcn, geeignet sein dürften, den Credit und das Be- wußtsein der Lebensfähigkeit des Maudes zu erschüttern. Während die uichtungarischcn Blätter von einem nam- haften Deficit sprechen, bcfassm sich die andern mit harmlosen persönlichen Vcrglcichungc». Das Pester oppositionelle Blatt geht jedoch viel weiter. Nebst Auf- rcchthaltung des vermeintlichen Deficits fpricht es der ungarischen Finanzucrwaltuug jede rcformatorischc Ten- denz ab, leugnet den Fortschritt in der Stcucrfühi,fieit des Landes, tadelt, daß die indircctcn Steuern nicht auf- gehoben worden sind, und daß die Rückstände aus den dirccten Stenern zwangsweise cingchobcn werden, glanbt, daß bezüglich der LandcSfinanzcn eine „wdnlu. r^ll" hätte gemacht wcrdm sollen u. s. w. Diese Beschuldi° gnngcu entbehren jeden Grundes. Die ungarische Regierung besteht seit zwei Jahren. Der Abschluß der Rechnungen für die Jahre 18U7 uud 1868 weist gar keinen Abgang an f. Was die Zukuuft anbelangt, darüber kann der Un- vcfaugenc nicht urtheileu. Die ungarische Fmauzvcrwaltung hofft jedoch zu- versichtlich, ihre Ausgaben auch für das laufende Jahr ohne eiue Anleihe decken zn können. Dicscin nouäß erklärt dic linaarischc Fiilcmzuer- waltuna das ihr ai'gcdichtctc Deficit für ci»c tcndcl'ziöse Eutstellung dcr wal'rcn Sachlaar. Die Mittheilung des Pcstcr Blattes findet ihre Widerlegung theils iu sich selbst. zumal es ein wide» suruchoollcs Ansumen ist, die Eintreibung dcr directen Steuern zu tadeln, gleichzeitig die iudircclcu auflassen und uebstlici ein Deficit beseitigen zu wollen. Andererseits wird die Darstclluna., als wäre die ungarische Flnanzvcrwaltuug dcu Reformen abgeneigt, oder als lM.e die Stcue.fäi,igke>t dcs Landes leine Fortschritte gemacht, durch M' Thatsache cuttraitct, daß während dcr kurzer Dauer dcr s>egcnwärtigeu Finanz Verwaltung die indirectcn Steuern überraschend gün- stigcrc Resultate gelicfcrt haben als flüher, daß dic Domanial-Einlünftc des Staates auf das Doppelte und die Erträgnisse der Waldungeu auf daS Vierfache ge^ sticgcu sind; endlich duß dcr Handel und die Industrie eincu nie geahnten Aufschwung aufwciscu, dcr durch keinerlei Entstellungen verwischt wcrdcn kann. Wie wenig das gedachte Pcstcr Blatt mit den Ver- hältnissen deö cigcncn Bandes vertraut ist, dürfte daraus ersichtlich fein, daß dcr mit Oesterreich abgeschlossene Handelsvertrag die Aufrcchthaltung und gleichartige Verwaltung dcr indirecten Steuern gesetzmäßig festge- stellt hat, und das erwähnte Blatt ,'pricht dessenunge- achtet von einer WI>u!a m«u uud Abschaffung dcr iu> dircclcn Steuern, was lediglich nur mit offenbarem Vertragsbruch versucht werden könnte. Die luwlin r^N und die Abschaffung dcr indireclcn Steuern ist in dcr Theorie wohl sehr schön, und die Gesetze, welcher dieser Abschaffung zur Stunde noch im Wege stehen, könnten mit dcr Zeit beseitigt werden. Aber in einem ^audc, wo die Neigung der Steuerzahlung so gcriug ist, daß die directcu Stcucru selbst zwangsweise kaum cingchobcu werden können, und wo gcgcu derartige Eintrcibuug stctö Klagen vorliegen, würde das augerathcuc Experi- ment eine mnthwilligc Gefährdung dcr Staatskräftc uud das Deficit auch thatsächlich uach sich zichcu." ßagesnemglieiten. — (Sommertlagc.) Iu der „Mainzer Ztg." finden wir das nachstehende launige Gedicht, welches auch iu Oesterreich der lyrischen Stimmung des Augenblickes entsprechen dürfte. Es lautet: Ach was ist das filr ein Lenze Achtzehnlmlidert scchszig mim! EiSgczapf statt Blülhciilräuzc, Rrgcu »nid lein Lonncnschcin! Kulul ruft durch gnmc Reiser Nicht mehr so wie sonst scui Vrauch; >>tatllrrl)lllisch ganz lind heiser Frißt er am Camilleiislranch Auf die Heilkraft dcr Camillc Äaut der alle Egoist; Während dort im GraS die Grille Klaut am Nhelimatiönnis ist. Auch dcr Nachtigall'» Getändel Schallt un« iilchi mchr liclicnb zu; Lerchen tragen Rcgcmnälitel Und die Frosche Gummischuh. Und ein Mailäscr im Flieder — Wer mochl' jctzt Mcütäscr sein'. — Rieb sich die erfrorucu Glieder Jüngst »lit Opodeldoc cin Ja, als man am Lorley-Fclsell Gestern warf der Mye Flach«, Sah man, schwer in Wüiterpelze», Schwimmen cinen alte» 5!achs. Bäche, die sonst lustig hupfm, Schleichen frierend, lilmmcrlich, Bienm laborir'li nm Schnnpfeu, Schnänzei, in die Bllichm sich. Welch' ein Sommer! Wer im Nheine Ictzt zn baden sich vermißt, Nehm' alö Schwünmhus' ja doch leine, Die nicht warm gefuttert ist. — (Böhmische Schulen iu Wien.) An den Gemeinderath ist von deu Vertretern des czechischen Vereines in Wien das Ansuchen unl eine Subvention zur Errich- tung einer czcchischen G c w c r b s - nnd Han- delsschule von vier Classen gelangt. Ueberdieö wünschte dcr Verein vom Gemcinderalh auch die Ueberlassung der nothwendigen Hörsälc sannnl Vcheiznug und Beleuchtung für die czcchischc Hochschule für Gewerbe uud Handel in Wien. Eine Sammlung, welche für den gedachten Zweck bereits ein geleitet wurde, hat ein Ergebniß von 2300 fl. geliefert Sc, Majestät der Kaiser hat eiuen Beitrag von 500 fl., Ihre Majestät die Kaiserin einen Beitrag von 100 fl. ge^ spendet. — (Durch dcu Leib gerannt.) Das anderthalb Stunden von Mahvcnbcrg (Stcicrmark) entfernte Eiseu^ gcwerk, „iu dcr Tiefeh" genannt, war am 20. d. M. der Schauplatz einer gräßlichen Scene. Ein daselbst befind lichcr Arbeiter Ignaz S. gcrieth mit dem Wcrtführer P. in Streit, weil Ersterer die Befehle des Letzteren nicht befolgte. Es war bereits gegen '.» Uhr Abends, wo fchon die übrigcu Arbeiter abwesend uud mir die zwei Obge> nannten zurückgeblieben waren. S. hatte eben noch die letzte Eiscustauge aus dem Glühofen herausgenommen, als ihm dcr Wertführer befahl, dieselbe noch im Feuer zu lassen, sie sei noch zu wenig glühend. Der Arbeiter, dessen Feierabendstunde schon vorüber war, widersetzte sich dieser Anordnung, es entspann sich cin Streit, wobei S. so iu Wuth gerieth, daß er dein Wcrlfiihrer das glühende Eifen durch dcu Leib rannte, woranf Letzterer sogleich zu Boden stürzte uud bald darauf seinen Geist aufgab. Der Thäter stellte sich felbst dem Gerichte. — (Anstatt Haifische Wölfe.) Aus Trieft wird geschrieben: Die Haie, die uns mit ihrem Besnche beehrt, scheinen jetzt endlich ihre Rückreise angetreten zu haben, dagegen stellen sich zu ihrem Erscche als Gäste anderer Art auf deu uaheu Hohe» des Karstes bei Vassoviza, Lippiza und Sessana Wölfe ein. Es ist nicht erklärlich, was diefe Thiere aus den Gegenden des oberen Ifonzo hieherzog, es fei denn die Aussicht auf gute Beute unter den Hafen. — (Verheerender Brand.) Aus Falgendorf wird vom 19. d.M. geschrieben: Heute Nachts 11 Uhr wurden die Bewohner währeud eines furchtbaren Gewitters durch das Stürmen der Feuerglocken iu nicht geringen Schrecken versetzt, indem die Nachbargcmcinde Zames durch das Einschlagen des Blitzes an zwei Seiten im obern uud untern Orte iu hellen Flammen staud. Die aus dcr Stadt herbeigeeilten Spritzen, sowie die gesammteu Einwohner hatten vollauf zu thun, um Menschenleben zu retten, da das verheerende Element, zehn Häuser sammt Scheuer in einer Stunde iu Echutt uud Asche legte. Leider sind bei dicfem Vraudunglücke auch drei Menschenleben zu beklagen. — (Gefaugeuuehmuug einer Räuberbande.) Nach einer iu Temeövar cingetroffeueu Nachricht wurde iu dcr Nacht auf den 21. d. auf der Strecke zwischen Temcs- var und Szcgedin eine Räuberbande von den vom t. Commissar Grafen Ruday entsendeten Sicherheitscommissä- reu gefangen gcnomincu und nach Ezcgedi» trausportirt. Man fand bei dcu Strolchen unter anderem über hundert Pässe und zwanzig Comitatssiegel. — (Humboldtdentm'al.) In Norddeutschland beginnt bereits die Bewegung für eiu Deukmal, welches dem verstorbenen Heros der Wissenschaft, Alexander v. Humboldt, errichtet werden soll. Nachdem der Gedanke nuugmachen mit dem Volte umgiug, wie es hcutzu- taa z B in Paris dcr Fall ist, wo dcr dienstthueudc Sergeant dc ville den frcnctifcheu Eaucan-Tauzcriuuen, wenn ihre ceutrifugale Kraft zu efl.g wnd, dte freund- lichen Wortc zuruft: 1« von. M« Knäclmc" ""!("«. oudcru damals Ordnungsstörcr uud E^cdeutt aevact und ;u Boden geworfen wurden. D^s Sch nb'artlanfen wurde cingcstM, und Mer lns in das 17. Jahrhundert hinein uur der Zunft der ..Mes- ^ I^erttäuze" gehörteu überhaupt zu den FeslliäM n der Edellente in Italien und Frantre.ch und murdcu dle Tänzer e^en F ch Mlcn dazn 'herangebildet. Aehnliche Tan ewa^ und Neiftänze. w denen duntbmickelte Neifm fpra^gcn lerner die Later nentän zc, d.c so um d e F"ck "uz nur bei Nacht aufgeführt wurdcu, und st^ "''« uch in vereinfachter Form, bis auf den ten habcn Ehemals war dcr Fackcltanz be allen Hch fchen" Mich/ einer der Atzten in w.k^er Form eines Tanzes wurde am 15. Apr.l 18^8 W ^c "läluna des ^crzogS Friedrich von Dcs,au unt dcr P?iü c siu Fricderite vou Preußeu aufgeMt, an we chem sich das erlauchte Brautpaar uud der Kom M theiligtcn. Daß diese Fackcltänze schon z"r Rome ,cit l hochzcitsfcicrlichkcitcn verwendet wurdcu. zc^n uuS all. Basreliefs und bcfchreibcn uns Hisloriographen, wo der Taedis oder Kicnfackclu crwähut wird, welche omi Brautpaare vorqctrageu wurden, uud hieraus spater on Gebrauch entstand, daß bei fürstlichen Höchsten dcu Neuvermählten von den nächsten Verwandten brennend und mit deu Wappcnfarvcn bcmaltc Fackeln unter dem Schalle dcr Trompeten und Pauken voran- und nach< Mragcn, uud von den Fackelträgern Tänze ausgeführt wurden - Der Minnesänger Gottfried von ntraßburg beschreibt in seinem CpoS „Tristan uud Isolde" einen solchen Ncihcntauz mit Fackeln, eiue Art Polonaise, die vom Brautpaare selbst geführt wurde; während des Tanzes tritt der Bischof im vollen Ornate ein, cs wird ein Kreis gebildet uud in desfcn Mitte die Trauung vollzogen. Die Fackcltänze gehörten ihrer Gattung nach zu den fogenannten Schreit-, Schritt- oder Schleif- tanzen und sollten mit ruhigen, langsame» Bewe- gungen ausgeführt werden; jeder Herr führte seine Dame bei den Schrittänzen, die Bewcguugcn beschränkten sich auf uufer heutiges da1cmc6/. tour äu uiuin, cll finden wir im Mittel alter bei dcm fogcuanntcn „zwölf Monattauz," der vou zwölf Paaren, die im Kreise aufgestellt waren, ausgeführt wurde. Sobald die Musik erschallte, stampften Alle mit d^n rechten Fnßc nach dem Tacte und ließen die Schellen möglichst laut klingen — klatschten in die Hände und tanzte zwei ganze Ronds, eine nach rechts, die andere uach links; hinauf fchwcukten die Paare uud bildcteu vier Eolonucu, jede zu drei Paarcu, welche die vier Jahreszeiten vorstellten, jede bildete eiuc Nonde für sich uud tanzte die eben beschriebene Tour; war diese zu Ende, so lösten sich die vier Colounen 'wieder auf, formirten sich in eiucu großen Kreis und begannen durch Haudrcichcn und Vorwärtstänzeln die ^rlma^ c1uün0; mit einem allgemeinen Iubelgcschrei endete das Ganze. Die ursprüngliche Form unseres heutigen Walzers war dcr sogenannte Drchtauz. Die Paare drehten sich wie bei uuscrn jetzigen Gesellschaftstänzen um sich selbst und gleichzeitig um die Mitte des Saales, zeit- weise durste man die Tänzerin, deren eiuc Hand auf der Schulter des Tänzers ruhen mnßtc. anch ganz frei lafscn, sie mußte sich dann cin-, zweimal allciu um sich selbst drehen, worauf sie der Tänzer wieder bei den Händen nahm und vereint weiter tanzte. Wenn wir die Volks- und Gesellschaftstänze des Mittelaltcrö im allgemeinen betrachten, so finden wir, daß die ältern Zeiten mehr die ernsthafte, ruhigere und sittsame Bewegung deS Schritt- und Schlciftauzes liebten, während die späteren hauptsächlich in raschen Drehungen uud Sprüngen das Vergnügen suchten. (Fortsetzung folgt,)