Laibacher Wochenblatt zum Nuhcn und Vergnügen. Freytag den «y. I H n „ e r > 3 > 6. Das z Neujahrsfest. ^)ey den alten Teutschen war das Neujahrsfest eines der größten und wichtigen Feste. Die Eiche war ihnen bekanntlich ein heiliger Baum, mit dessen Laube die Priester sich und ihre Altäre bekränzten. Weil es aber um die Zeit des neuen Jahres kein Eichenlaub gab, so diente an des- < sen Statt die auf der Eiche wachsende Mistel. Am ersten Tage durchliefen die Priester die Gauen, und schrien im fanatischen Eifer: Mistel zum neuen Jahre.' Am sechsten Tage nach dem neu angefangenen Jahre wurde eine große Volksversammlung gehalten. Hatte sich nun der größtc Theil der Nazion eingesunden, so niachte man um einen Haufen ehrwürdiger Eichen, auf welcher die Mistel wuchs, einen feyerlichen Umgang. Die Priester führten zwey weiße Stiere, deren Hörner noch niemahls gebund n worden waren. Die Barden sangen heilige Lieder Der Waffenherold, mit einem weißen Gewände angethan; bedeckt mit einem, mit zwey Adlerflügeln gezierten Hute, und in der Hand einen Zweig von Eisenkraut, der mit zw.y Schlangen umwunden war, folgte den Priestern.'Nach diesen kamen drey der ältesten Druiden (Priester) wovon der eine das 2xod, das geopfert werden sollte, der andere ein mit Äiasser gefülltes Gefäß, und der dritte einen Stab trug, worauf als ein Symbol der Gerechtigkeit, eine Hand befestiget war Den Beschluß machte der Obevpriester mit einem ^großen Gefolge von Druiden und den vornehmsten des Adels. War dieser feyerli-che Umgang vollendet, so begab sich der Oberpricster zu dem Altare, der unter der ältesten und größten von den umgangenen Eichen errichtet war; sagte einige Gebete her, verbrannte ein wenig Brod, goß auf den Altar einige Tropfen Wein; opferte alsdann das übrige' Brod , und theilte davon den Anwesenden kleine Stückchen mit. Ecst alsdann bestieg der Opscr-priester mit einem langen weißen Kleide geschmückt, den Baum, und schnitt die Mistel mit einer goldenen Sichel ab. Unten faßten die Diuidcn die abgeschnittenen Misteln mit einem weißen Tuche auf. Waren alle jene Eichen, um welche der Umgang gehalten war, von den Misteln bcfteyl, so opferte der Obcvpriestcr die zwey weißen Stiere und ,v.'rrichtete ein Gcbet, worin er die Gottheit bat, daß sie das Opfer segnen und dcmselben eine hnligs K.ast gegen alles Glft verleihen wolle: daß sie die Nation stark, kraftvoll und frey erhalten, ihre nutzlichen W!,ld- und Hansthiere vermehren und »tten Unternehmungen , die das Wohl des Vaterlandes bezwecken, einen glücklich n Erfolg schenken mögl. Nach sseendigtem Gebet vertheilten die Priester die abgeschnittenen Misteln an die Versammelten, und wünschten einem jeden Glück zum neuen ^ahre. ___^«^__ G e d e n k b u ch. Vielwisser. Je mehr manche Leute wissen, desto weniger haben sie gelernt, und die vielwissenden Nichlswisser sind die unerträglichsten. Die Tiefsinnigen. Wenn ich gewisse. Schriftsteller lese, so findeich es ungemein passend, daß zu-weilen, besonders im gemeinen Leben, Verrücktheit Tiefsmn genannt wid. Prozeß des Marschalls Ney in der Pairs - Kammer (Beschluß.) ' In der Sitzung vom 4 Dez. wurden, so wie den folgenden Tag am 5. Dez. noch mehrere Zeugen verhört, welche fast durchaus gegen den Marschall aussagten. Als nun der Beklagte und dessen Zeugen, so wie desselben Vertheidiger vvn demKanz- ler befragt wurden, ob sie noch etwas z« erinnern hatten, hielt auf deren Vnneie nen der königl Prokurator eine Rede an die Herren des Kammer der Pairs, wor-innen er bewies, daß man keinen festen Beweisgrund zu Gunsten dZs Angeklagten geltend machen könne, und daß er die Einwürfe, die man hierüber noch machen würde, erwarte, und willig die Verpflichtung übernehme, sie alle zu widerlegen. Da der Vertheidiger des Marschalls, Hr. Berryer allzusehr erschöpft war, ersuchte er die Kammer, ihm zu gestatten, daß er erst am folgenden Tage bei Eröffnung der Sitzung die Vertheidigung seines Klienten beginnen dürfe. Nach einigen Umständen wurde in sein Ansuchen gewilliget. Nach-dem nun am 6. die beiden Vertheidiger noch viel's zur Entschuldigung ihres Klicn« ten vorbrachten, und Hr. Dupin sich folgender massen äusserte: „Laut dem Vertrage vom 20. Nov. gehört Saarlouis nicht mehr zu Frankreich; dec Marschall soll, wenn man es so haben will, nicht berechtigt seyn, sich auf die Uebereinkunft zu berufen; aber er ist doch wenigstens befugt, das Volkerrecht und die Beyspiele der neuern Gs-fchichte anzurufen." (Bewegung in der Versammlung.) „Ja, meine Herren, die neuere Geschichte biethet uns mehrere verglichen Fal» le dar, wo diese Grundsätze gew'sscnhast beobachtet wordcn siüd. P^son.n vom höchsten Range sind als mcht mehr zu Frankreich gchö.?g, an^vkannt wo den, und hab n ähnliche n.us Übereinkünfte benutzt. . ." (Lautes Murren.) echob sich der Ma.ftball N e y mit Heftigkeit und sagte: Ja, meine Herren, ich bin ein Fvanzose und werde als solcher sterben; meine Vertheidiger sind nicht angehört worden; ich statte denselben meinen Dank ab, für das was sie fur nnch gethan und noch thun konnten; ' aber ich ziehe vor, lieber nicht, als auf 1 eine unvollständige Art vertheidigt zu werden Ich werde' Morcau nachahmen, ich werde Europens und der NaHwelt Znig-niß anrufen!" Hr. Bellart: „Die Geduld der Minister ist in Langmuth ausgeartet, und statt daß alle Einwendungsmittel zu gleicher Zm hätten vorgetragen werden sollen, wie es die Kammer beschlossen hatte, so stellte man deren immer neue auf; ich widersetze mich förmlich im Nahmsn der Minister, daß irgend eines dieser Mittel beachtet werde." Der Hr. Kanzlsr fordert die Vertheidiger auf, alle die Vertheidigungsmit-tel vorzutragen, die ihnen nicht ausdrücklich von der Kammer untersagt worden sind. Der Marschall: „Die Kammer hat sich geweigert, alle meine Verttzeidigungs-gründe anzuhören, ich verbiethe meinen Vertheidigern noch ferner etwas vorzutragen. Die Kammer mag mich richten, wie sie es fur gut finder." Hr. Bellard: „Nun, da die Vertheidigung zu Ende ist so erkläre ich, daß auch die Anklage geschlossen sey. . ." Er las schließlich die an die Kammer gerichtete , und auf die Gesetze gegründete Auf-sordevung , den Michael Ney , Prinz von der Moskwa , Marschall unv vormahligen Pair von F'.ankrei U , zur Todesstrafe und Erstattung der Prozeßkosten zu verur-theilen. Dcr Herr Kanzler zum Marschall: »,Angeklagt er, haben Sie einige Bemerkungen gegen'diese Aufforderungsart zu Machen?" Der Marsch.-. „Keine!" Der Kanzler gab Befehl, daß der Angeklagte wwohl, als die Zeugen und Zuhörer, sich zurückziehen möchten. Die Kammer der Pairs bildete sich in eme geheime Kommite um, und rathschlagte über den Urtheilsspvuch. Es war 5 Uhr des Abends. Diese Berathschlagung währte 6 und eine halbe Stunde lang. Ducch diese Zeit waren die Thüren des Saals verschlossen, und erst um halb 12 Uhr Nachts war die Sitzung wieder öffentlich, wo das Todesurtheil mit einer Mehrheit-von 142 gegen 18 Stimmen von der Pairskammer ausgesprochen wurde. Am nemlichen Tage um 5 Uhr Abends, als der Marschall Ney, während dic Kammer über sein Schicksal berathschlagte, wieder in sein Zimmer zurückkehrte, begegnete er einem seiner Vertheidiger, der in tiefen Schmerz versunken zu seyn schien. Er schloß ihn in seine Arms, und sagte ; „Was betrüben Sie sich ? Es ist nicht Ihre Schuld. Wir werden uns in einer andern Welt wieder sehen." In seinem Zimmer ging Ney hierauf einige Minuten auf und ab. Seine Gesichtszü« ge waren belebt, sein Gang und seine Haltung kündigten an , daß er einen grossen Entschluß gefaßt habe, und auf alles vorbereitet sey E^' verlangte sodann sein Mittagsmahl und aß wie gewöhnlich. Die Personen, 'welche den Austrag hatten, ihn zu bewachen, warfen ängstliche Blicke auf ein Mcsser, das nch.n ihm lag. Er bemerkte es." Ich für! te den Tod nicht," sagte er zu ihnen, und warf das Mcsser einige Schritte von sich hin. Nach dem Essen forderte er eine Z'garre, die er ganz rauchte, begab sich dann zu Betre, und schlief über zwey Stunden sehr ruhig. Gegen 2 Uhr nach Mitternacht kam man auf sein Zmmer, und las ihm dm Beschluß des Gerichts der Paiis vor. Er hörte es gelass.n, und ohne ein Zeichen von Bewegunq an El- schien sich einige Zeit in sich selbst z< sammeln; nach einer halben Stunde begehrte er einen P.iester. Hr de Pierre, Pfarrer von Sl.Sulpice, welcher auf die Nachricht von des Mal-? schalls Verur'theilung in das Palais der Pairs-Kammer geeilt war, begab sich in dessen Gefängniß, unterhielt sich mit ihm beynahe die ganze Nacht über Gegenstände des Glaubens, und hörte feixe Deichte, Der Marsi all unterbrach diese ftyerliche Unterhaltung auf einige Augenblicke , um an seine Gemahlin und an seinen Vat r zu schreiben Um 7 Uhr des Morgens besetzte die Gensd'armerie z» Pferd und die Nationalgarde zü Fuß und zu Pferd alle Ausgänge ves ^urembourgs Um 3 Uhr höhlte einer der alten Soldaten einen Lohn-wagen von St Mich'elsplatze. Um 9 Uhr zeigte man dem Marschall an, daß alles in Bereitschaft sey: Er kleidete sich um, zog schwarze Hosen und Strüme pse, eine weisse Wests und einen blauen Frak an, schloß den Herrn von Pierre in seine Arme, und ließ ihn zuerst in den Wagen steigen. Dieser und der Mars schall nahmen die hinteren Plätze im Wagen ein, zwey Gensd'armeris Ossiziere die vordern. Zahlreiche Decaschemems von königl. Grenadieren, und Veteranen begleiteten den Zug, der durch den Garten des LuxembourgS längs der neuen Anlage, das Observatoire genannt, ging Unterwegs übergab Ney dem Hr. v. Pierre seine goldene Dose mit der Bitte, sie seiner Gemahlin zuzustellen, so wie die zwey Briefe, die er des Nachts geschrieben hatte. Hierauf zog er einige Goldstücks aus der Tasche, und gab sie dem Hcn Pfarrer mit den Worten: „Hier ist etwas für die Armen." Als sie bey dem Gitter angekommen waren > lenkte der Wagen ein wenig links und hielt beyläufig 40 Schritte vor diesem Gitter und 30 Schritte von der Mauer , wo die Exekution Statt sin-den sollte. Ein Plketvon Veteranen , 46 Mann stark, war daselbst seit 5 Uhr früh aufgestellt. In dem Augenblicke, als der Wagen hielt, machten sie sich fertig. Ein Gensd'armerie Offizier stieg zuerst aus, der Marschall folgte, und schien ihn zu fragen, ob dieß der Exekuzionsplatzsey, Er ging mit ruhiger Miene bis auf 12 Schritte von der Mauer, und wandte sich rasch gegen die Soldaten mit den Worten: „Kameraden, feuert auf mich und zielt gut !" Er nahm sofort den Hut mit der linken Hand ab und legte die rechte auf seine Brust; der Offizier des Pikets gab das Zeichen mit den Degen, und der Marschall sank todt darnieder; mehrere Kugeln waren in dem Kopf gegangen. Sein Leichnam würbe auf eins Bahre gelegt, und blieb eine Viertelstunde lang der Besichtigung der Zeugen und des Publikums ausgesetzt. Hierauf wurde er mit einem Tuche bedeckt und von den Veteranen in das Hospital de la Materinte getragen , wahrscheinlich um ssiner Familie übergeben zu werden. Die Gemahlin des Marschalls Ney war des Morgens um 4 Uhr mit ihren Kindern und ihrer Schwester, Madame Gamon, zu ihm gekommen. Diese unglückliche Frau stürzte beym Eintritt in das Zimmer ihres Gemahls ohnmächtig 5« Koden, Der Marschall hob sie mit Hülfe einiger Garden auf. Auf die Ohnmacht folgten Thränen und Schluchzen. Madame Gamon lag auf den Knien vor ihm, und war in einem nicht minder kläglichen Zustande als ihre Schwester. Die Kinder, still und düster, weinten nicht. Der älteste Knabe mag 15 Jahre alt ftyn. Der Marschall wrach eins geraume Zeit mit ihnen, aber nur mit leiser Stimme, stand sodann rasch auf, und bewog seine Familie, ihn zu verlassen.