Beilage zur Laibacher Zeitung. »M F3. Siebenter Jahrgang. 54. August K8G3. Erklärtes Räthsel. ^ch soll dir sagen, du schöne ?)lllid, In einem riihrenoen Liede, Warum ich Plötzlich, weit und breit Hü snchcn dich, nicht ermüde'? Woher die hohe Ehr' dir käm', Mir Molly und Laura zu werden? Meiu Kind , es können ^ ist's Gott genehm , Aus Steinen Brode werden. Aus Felsen strömen Wasser hervor, Und wer da geht im Dnnkcln, Der sieht wohl gar im Irrwischchar Orion und Venus funkeln; Der hält die lichten Grenzen im Wald ^ür sirahlcudc Diamauten, Wcß Sinn verzwergt, dem scheinen alsbald Hchilfgraser wie Giganten. In dir, hab' ich gemeint, es sei Das Capitol zn erstürmen. Mein Kind, mein Kind, das Gänscgeschrci, Das wird dich stets beschirmen! 5^ !^l^',. Croisillcs. ! ! Novellctte. ^ (Schluß.) ! aH^ic Liebe besitzt eine Eigenthümlichkeit, wie sie nur bei wenig ^ anderen Leidenschaften zur Beobachtung gelangt; je stärker, ! llarer, einfacher und unwiderleglicher nämlich die gegen sie vorgebrachten Argumente sind, mit einem Wort, je geringer das ^ ' lusmaß des ihr innewohnenden gesunden Menschenverstandes ! ist, um so mehr gewinnt sie an Energie und Lebensfähigkeit, ! u:n so glühender nnd inniger wird sie; es ist eine schöne Sache mn diese Vcrnunftlosigteit des Herzens und ohne sie würde ^ unser irdisches Leben viel von seinem schönen Reiz einbüßen. Nachdem Julie längere Zeit im Zimmer auf und ab gc-. ! gangen war, den glühenden Wangen mit dem kostbaren Fächer ! Nihlung zugeweht uud dabei von Zeit zu Zeit fragende Blicke in den Spiegel geworfen hatte, «eß sie sich wieder w ihr Sopha ! zurücksinken. Wer sie in diesem Augenblick gesehen hätte, dem wurde sie einen reizenden Anblick dargeboten haben; ihre Augen ^ leuchteten und die Wangen brannten in dnntlem Feuer - sie stieß e'mcu langathmigen Seufzer aus und mnrmclic in einer zwischen ! Schmerz und Wollust getheilten, an sich ganz köstlichen Empfin. düng halblaut vor sich hin: Tcr arme Junge! Um meinetwillen hat er sich nun gänzlich ruinirt." Fräulein Godeau hatte nicht nur Aussicht auf den dcr-! einstigen.Besitz kolossaler Reichthümer nach dem Tode ihres Vaters, ! sondern besaß auch jetzt schon ein nicht unbedeutendes Vermögen, ^ das ihre verstorbene Mutter ihr hinterlassen hatte. Bis zu ! diesem Ängcnblicke hatte sie daran noch nicht gedacht: jetzt zum ^ ersten Male in ihrem Leben, erinnerte sie sich, daß sie über ^ fünfmalhundcrttausend Francs verfügen durfte. Ticse Erinne-! rung rief ein behagliches Lächeln in ihren Zügen hervor i ein j seltsamer, tühuer, echt weiblicher Plan, so thöricht fast, ak- wenn ihn Croisilles selbst gefaßt hätte, znckte durch ihr Gehirn; ! eine Zeit lang dachte sie über denselben nach i dann beschloß sie, ! sofort zur Ausführung zu schreiten. ^ Zunächst zog sie Erknndignngen ein, ob Croisilles nicht irgend einen Verwandten oder Freuud besäße: die vertraute , Kammerzofe wurde ausgeschickt, um Auskünfte einzuziehen. ^ Nach langem Fragen und Suchen entdeckte sie im vierten Stock-! werte eines baufälligen Hauses eine alte, gichtbrüchige Tante, 5 oie ihren Lehnstnhl fast nie verlies; und seit vier oder fünf ! Jahren nicht mehr auf die Gasse gekommcu war. Diese arme nnd hochbctagtc Fran säüen einzig und allein darum auf die Welt gekommen oder in derselben gelassen worden zu sein, um ! als ein Muster menschlichen Elends gelten zu können. Halb i blind, gichtbrüchig und fast taub lebte sie einsam und verlassen ! in einer Bodenkammer: dabei besaß sie jedoch noch immer heitern Humor, um den sie selbst Unglück und Krankheit nicht ! zu bringen vermocht batten; dieser Humor erhielt sie trol; ! ihrer achtzig Jahre nicht nur am Leben, sondern ließ sie sogar ! noch Bebagen nnd Lust am Leben empfinden-. ihrer fröhlichen ^ Lanne verdankte sie es anch, daß die Nachbarn sie öfter be-^ suchten: die uralten Lieder und Melodien, die sie trällerte, versetzten die Mädchen in dem betreffenden Stadtviertel in nicht ! geringes Entzückcu. Sie bezog eine kleine Lebensrente, die ' znr Vestreitnng ihrer geringen Bedürfnisse ansreichtc: den Tag über vcrtticb sie sich die Zeit mit Stricken: die Weltbegcben-! heitcn' blieben ihr, völlig fremd und von allem, was seit dem Tode Ludwig XIV. vorgefallen war, wußte sie kein Sterbens-^ wörtchcn. Zn dieser ehrwürdigen Person ließ sich Juli im Geheimen ! bringen. Tie legte bei diesem Anlaß ihren reichsten Putz an; kostbare Federn, SpiM!, Bänder, Diamanten, nichts w::rdi ^ außer Acht gelassen und alles klüglich benutzt; sie wollte ge- ^ fallen und gewinnen, wozu jedoch der launenhafte Reiz, dcr ^ sie umgab, a>n meisten beitrug. Sie erklomm, die steile und dunkle Treppe, auf welcher man zu der alten Frau gelangte, führte sich iu der anumihigsten Wcise von dcr Welt bei ihr ein und sprach ungefähr Folgendes: , „Madame, Sie haben cineu Neffen, Namens Croisillcs ; , dieser Neffe licbt inich und hat um meine Hand angehalten; ! ich liebe ihn auch und möchte feine Frau werden; mein Vater ! aber, Herr b'odeau, der reiche Gencralpächtcr uon Havre, verweigert feine Zustimmung, weil ihr Neffe nicht reich ist. Nun möchte ich um keinen Preis dcr Welt Anlas; zu einem Aergernisse geben oder Jemanden Kummer verursachen; es ! kann mir daher nicht beifallen; über mich ohne Zustimmung ^ meiner Familie verfügen zu wollen. Ich bin daher gekommen, . Sie um eine Gefälligkeit zu bitten und befchwöre Eie, mir dieselbe nicht abfchlagen zu wollen; Sie sollen sich nämlich in eigener Person zu meinem Vater bemühen nnd um meine Hand ^ für Ihren Neffen anhalten. Ich besitze, dem Himmel sei Dank, ! ciu kleines Vermögen, das ich Ihnen ganz zur Verfügung stelle: Eie tonnen, sobald es Ihnen beliebt, fünfmalhuudcrt-raufend France bei meinem Notar erheben; Sic werden dann fagen, das; diese Summe Ihrem Neffen gehört und sie ist auch allen Ernstes sein Eigenthum; ich will ihm damit kein Geschenk machen, sondern blos-, eine Schuld abtragen; ich bin nämlich die Veranlassung, daß er sich ganz und gar ruimrt hat und ! es ist nur recht und billig, wenn ich mciu Verschulden wieder ^ gut mache. Mein Vater wird nicht leicht nachgeben; Sie werden in ihn dringen müssen und sich ja nicht einschüchtern lassen ! dürfen i ich mciucr ScitZ werde es an dcr nöthigen Unterstützung ! nicht fehlen lassen. Da außer mir Niemand auf dieser Welt ^ ein Recht auf die erwähnte Summe hat, so wird auch nun ! und nimmermehr Jemand erfahren, in welcher Weise sie in ^ Hände gelangt ist. Iä? weis; nun recht gut, das; Sie MDt reich siud uud daher besorgen müssen, das; es die Welt k Sünder nehmen wird, wenn Sie Ihren Neffen so reich do-tircn; Eie müssen jedoch bedeuten, daß mein Vater Eie nicht kennt, daß Sic sich in dcr Stadt sehr wenig sehen lassen und ^ das; es Ihnen daher ein Leichtes sein wird, die Welt glauben ^ ^ zu macheu, das; Eic eben von einer weiten Reise zurückgekehrt ! siud. 5?hne Zweifel wird dieser Schritt Sic einige Neberwin-duug kosten; Sie werden Ihren Armstuhl verlassen uud sich ^ einige Müde geben müssen; dagegen aber, Madame, werden ^ Sic auch zwei Glückliche gemacht haben, und darum hoffe ich, s daß sie, wenn sic jc geliebt und das Glück dcr Liebe kennen ^ gelernt haben, mir keine abschlägige Antwort geben werden. ^ Die alte Frau war während dieser Ansprache abwechselnd erstaunt, beunruhigt, gerührt und entzückt gewesen. Tie Schluß' worte Inlicns hatten sie endlich völlig hingerissen und üdcr-zeugt. „Ja, mein Kind", sagte sie zu wied^l'oü^n ^alen, „ich habe geliebt urd wcin anH, wie sebr Liebe beglücken kann." So sprechend machte sie eine N-streilguug u:.d versuchte, sich von ihrem Sitze zu erheben; die schwachen alten Bein? versagten ihr drn Dienst, rasch lMc sich Julie ihr genähert und die Hand gereicht, um ihr behilflich zu sein;, in Folge ciuer beinahe unwillkürlichen BcwegunF lagen die beiden einen Augenblick später einander in den Nmen. Somit war der Vertrag abgeschlossen und mit einem herzlichen Kusse gleich im Vorhinein besiegelt; die Schleusten gegenseitiger Vertraulichkeit erschlossen sich wie von selbst, denn umn hatte sich ,^ nun qe-genseitig gar so viel zu sagen. Nachdem gegenseitig alle nur erdenklichen Aufklärungen gegebcu warcu, zog die alte Frau cm ehrwürdiges Tassetkleid aus cincm Schnbfache hervor; das Prachtgcwand mochte nicht weniger als fünfzig Jahre alt seiu und hatte seinerzeit der guteu Tante als Brautkleid gedicut. Die ursprüngliche Herrlichkeit war jedoch noch nnvcrsehrt erhalten und d^rch keinen Fleck, durch kein Etaubkörnchcn beeinträchtigt worden; Julie wußte sich bei Vctrachtuug dcssclben vor Verwunderung gar nicht zu fassen. Man ließ nnn dcc schönste Miethlutschc der Etadt herbeikommen. Die Tante bereitete sich auf die Rede vor, mit dcr sie an Herrn Godcau heranzutreten gedachte; Julie sctzte sic von dcn Schwächen ihrcs Vaters in Kenntniß und stand nicht an, ihr zu cntlMcn, wie Eitelkeit vor allem seine Achilles-Verse sei. „Wenn Sie" , sagte da» Mädchen, „cin Mittel ersinnen tonnen, um dieser Leidcuschaft zu schmeicheln, so werden wir gewonnen Cviel haben." Die gute Frau sann eine Weile nach, vollendete dann ihre Toilette, ohne cin Wort zu sprechen, drückte der künftigen Nichte die Hand uud stieg in den Wagen. Als sie vor dem Hotel Godcau anhielt und aus der Carosse stieg, richtete sie sich dergestalt in die Höhe, das; sic um zehn Jahre verjüngt erschien. Majestätischen Ganges durchschritt sie den Salon, in welchem Inlie vor cinigcn Tagcn das Veilchenbouqnet hatte fallen lassen und sagte dem ibr den Weg zeigenden und nach ihrem Namen fragenden Lakaien mit fester Stimme: „Melden sie die verwitwete Baronin von CroisilleZ." Tiescs Wort entschied über das Glück der beiden Lieben-dcu, wcil dcr reiche Godeau durch dasselbe wie bczaubert war. Die fünfinalhunderttausend Francs fielen zwar bei ihm nicht schwer in die Wagsckalc; nichtsdestoweniger gab cr seine Zustimmung , um scinc Tochter zur Baronin zu machen; sic wurde es auch und Nicmand wagte, ihr diesen Titel streitig zu machen; hatte sic ihn doch auch vollkommen verdient! Nebcr Turnen drr Frauen. Bä einer der letzten musikalischen Abenduntcrhallungcn des ! „Münchncr Turnvereins" hielt der erste Vorstand dieses Vereins ^ einen interessanten Vortrag über die Nothwendigkeit des Turnens bciln weiblichen Geschlechte«, welchen derselbe mit cincm geschichtlichen Rückblick auf di? Entstehung und Entwicklung des Turnens einleitete. Schon im alten Griechenland habe man, , als die Cultur so weit vorgeschritten war, das; ähnliche Zustände , wie heutzutage auftraten, auf ein Gegengewicht gegen die üblen Folgen der Verweichlichung gedacht und dasselbe in > künstlicher Bewegung gefunden, damals Gymnastik, jetzt Turnen genannt, worunter man nicht, wie so häufig geschehe, eine halsbrecherische, gliedcrvcrrenkcnde Gaukelei verstehen dürfe; denn Tnrnen heiße uur sich rühren, sich bewegen. Im Alter- > thum habe nicht bloß das männliche, sondern auch das wcib- ! liche Geschlecht an den körperlichen Uebungen Theil genommen. ! Nachdem mit den alten Völkern auch die Gymnastik ucrschwun- ^ den, sei sie erst im vorigen Jahrhundert durch bewährte Päda- ^ gogen als Heilmittel gegen das mit der Civilisation hcrangc- ! stürmte Heer jener Krankheiten, welche durch den Mangel an Bewegung entstehen, wieder in Anregung gebracht, alsbald auch von den Aerzten gewürdigt worden, zur verdienten Geltung aber erst gelangt, als man in Kriegsnöthen fühlte, daß ! man gesuudc, Physisch kräftige und dabei gesinnungstüchtige ! patriotische Leute brauche. Man habe sich aber damals auf ! das männliche Geschlecht beschränkt, obwohl das Turnen gerade ' für das weibliche Geschlecht, von welchem zumeist das leibliche und geistige Wohl der Menschheit abhänge, so nothwendig erscheine, nothwendig namentlich, wenn man erwäge, das; ! nach Berichten der hcilgvmnastischcn Anstalten unter 100 ver-lrüppcltcn und vcrkrümmteu Individuen 80 bis 85 dem weiblichen Geschlechte angehören. Redner geißelt nun in sarkastischer ! Weise die moderne Erziehungswcise des weiblichen Geschlechts, ! besonders in Instituten. Allein nicht bloß Institute und Erzieher, sondern vielleicht mehr noch trifft die Schuld solcher Sünden gegen die Natnr die Eltern. Betrachten wir einmal die Art, wie die Kinder, namentlich die Mädchen, nicht bloß ^ m den höheren Ständen, sondern thcilwcise selbst in der clßini > inouäs aufgezogen werden. Da darf z. V. ein Mädchen ja ! nicht gesund und frisch aussehen, sonst sieht sie einer gemeinen ^ Dirne ähnlich; man darf ihr nicht zu viel zu essen geben, sonst > wird sie zn dick. Der Oberkörper muß zusammengeschnürt wer- i den, und wenn die Nippen in die Lungen hineinwachsen; denn ! das Kind muß fein sein und Taille haben. Nehmen wir nun i diese armen Geschöpfe an, wenn sie froh sein wollen. In ! manchen Kreisen ist es selbst ein Laster, schnell zu gehen: denn ' der Anstand erfordert, daß man langsam gehe. Schnell gehen ! 5ähe aus, als hätte mau Geschäfte zu besorge», und Geschäfte ^ sind gemein. Die Dame muß auf dem Canapce sitzen und cinen Romau Icsen, und zwar den neuesten aus Paris; denn heute Abend ist Theegcsellschaft, da ist dieser Roman das Haupt- ^ thcma der Unterhaltung, und wenn die Dame ihn nicht ge- ' lesen hätte, so wärc sie clne ungebildete nnd unwissende Person. ^ Soll nun aber ein solche Dämchen in ihrer Bestimmnng al? ^ Gattin nnd Mutter den Pflicht,, genügen, denen sic nach den ^ Naturgesetzen nicht entgehen taun, so wird sie lcioend, sie muß ! in Bäder, in Kaltwasserheilanstalten gehen. Aber daö Alles Nützt nichts mehr' es ist zn spät, wcnn die Schultern einmal vorwärts bangen, und der Brustkorb statt erweitert verengt, ',n cr so .v.nammengcdräugt ist, daß sich die Organe nicht entwickeln können. Das weibliche Geschlecht sei also heutzutage-noch mehr als der Mann zur physischen Unthätigtcit angewiesen, und der weiblichen Jugend sei daher das Turnen noch noth-wendiger, „denn durch die ganze Natur ist Leben und Bewegung, und wo Stillstand ist, ist der Tod." Redner wendete sodann den Gegensatz zwischen frischem, laufende»! Wasser, und Wasser, welches stille stehe und deßhalb verfaule und versumpfe, auf das Blut im menschlichen Körper an, erörterte die Nothwendigkeit einer naturgemäßen Eirculation des Blutes und einer gleichmäßigen Entwicklung und Kräftigung der verschiedenen Glieder und Organe des Körpers, berief sich auf einige Aus-fprüchc ärztlicher und pädagogischer Autoritäten über die Nützlichkeit des Turnens, ging hieranf auf die patriotische Seite der Sache über, indem er erörterte, wie ein kräftiges Weib auch einerseits den Mann in seinem Stieben nach Entwicklung nnd Stählung der Körpertraft lieber unterstützen werde, andererseits im Stande sei, die Mutter gesunder Kinder zu weroen uud diese des deutschen Vaterlandes würdig zu erziehen — sprach schließlich die Hoffnung aus, daß seine Worte nicht wirkungslos verhallen, sondern cinen Erfolg haben mögen, welchem bisher bei uns in Vaicrn theils Vornrthcilc, theils Indiffcrcn-tismus entgegengestanden, und daß, was etwa den Vernunft-grüuden nicht gelinge, vielleicht der Berufung aus die Eitelkeit der Mütter und Töchter gelingen werde, da ja das Turnen anerkanntermaßen die Schönheit der Körperformcu erhöhe, und schloß seinen Vortrag unter lebhaftem Beifall, namentlich der anwesenden Familienväter. Aus Ferdinand Raimund's Leben. Am 13. Mai 1820 waren die Ränme des alten ^eovold-städtcr-Theaters Zcngcu eines damals unerhörten Thealcrscandals. Ferdinand Raimund, der verwöhnteste Liebling des Publicums, der originelle Schöpfer der Bäuerlc'schen Possensiguren, wurtn' bei seinem Erscheinen au jenem Abend ausgepfifscu, daß die Wände zitterten! — Ter Gruuo, warum das vielköpfige Ungeheuer Publicnm die Schale seines entfesselten Grimmes über das Haupt des gefeierten Komikers aufgoß, war wohl der seltsamste, aus welchem je ein Schauspieler sich dc>5 Mißsalleu des Auditoriums zuzog. R aimund battc n i ch t b c > r a -then wollen! Darum wurde er ausgepfiffen. So seltsam das klingen mag, so buchstäblich wahr ist das gauze Ereignis;. Als Bräutigam einer blendend schönen Schauspielerin, Louise Gleich, der Tochter eines beliebten ^ocalschriftstc-llr^,. erfuhr Raimund kurz vor der Hochzeit Dinge au5 dem Vorleben seiner Braut, es wurden ibm Beweise über Tliatsacbcn vorgelegt, die auch eine, kaltblütigere ')!anir a!<- die Railnnnds erschüttert bätten. Und doch war der folgende Morgen zur Trauung bestimmt; nach derselben adcr sollte eine zahllose ,^es<-Versammlung das frohe Ereignis; der Vermählung zweier Liei)-lingsschauspicler der Residenz in dein prachtvollen Saale c><'<; k. k. Augarten^ mitfeiern helfen. Die einflußreiche Familie uno dir noch weit> einflußreicheren hohen Gönner der Braut. batten ihre gewichtigen Gründe, dieselbe baldmöglichst unter der Haube zu wissen — uno wie der arme, rathlosc Künstler auch seinen Verstand Zermarterte — kein Ausweg aus dem Netze, welches er sich selbst gestellt! Und doch eiucr, wenn auch ^ urigiuell und bizarr, wie das ganze Treiben des Sonderlings! i Eine schaulustige Menge drängte sich in der Kirche, dessen Altar festlich geschmückt des Brautzuges harrte. Aber nur der ! riue Tbeil batte' sicb eingcfunden. Der Bräutigam erschien ! nicht, ohne ein Wort der Entschuldigung war er ganz einfach j ausgeblieben, alles Suchen nach ibm vergebens: nachdem stun- ! denlang die Geduld der Anwesenden auf die härteste Probe ^ gesetzt worden, kehrte die Braut in ihre Wohnung zurück, wo ciu lakonischer Zettel meldete: „er habe sich die Sache anders überlegt, und wolle nun gar nicht heirathen." Mit Windeseile durchlief diese Nachricht mit monströsen Zusätzen und Verunzierungen die Stadt, deren entrüstete Be- j wobner sich um die gekränkte Künstlerin schaarten und in oben gcschildctcr Weise derselben Sati^faction zu schaffen suchten. Ein gellendes Pfeifen, Toben und Scharren empfing den sonst so beliebten Komiker, der leichenblaß, mit finsterer Stirne die Lynchjustiz über sick ergeben lies;. Auf den Ruf: „Ab- ^ bitten! Fräulein Gleich Satisfaktion geben!" :c. trat Naimund < vor oic ergrimmten Zuhörer, im Galgenhumor versichernd, daß es ! ibm wäbrend seiner theatralischen Laufbahn oft vorgekommen sei, daß cm Schauspieler „auf allgemeines Verlangen" eine 3iollc spielen müsse, aber daß ein Künstler i auf allgemeines Verlangen bei rathen solle, daß > sei gewiß neu. Man kann sich keinen Begriff von der Wirkung machen, mit welcher diese kecke Anrede in das Publicum einschlug. Wäh-vcud ein Theil vor Lachen über die sonderbare Vertheidigung in tollen Jubel ausbrach, pfiff und tobte der andere fort, indeß die Vcrebrcr Raimund's eben so wüthend applaudirten. T?r Vorbcmg fiel, die Vorstellung nahm ein verfrühtes <5ndc. Ais Nachspiel heirathete der Komiker doch noch „auf allgcmcincs Verlangen" die Schauspielerin Louise Gleich, aber nur, um in kurzer Zeit darauf eine rechtskräftige Scheidung einzuleiten und durchzuführen. Diese Scheidung von „Tisch nnd Bett" , nacb welcher er als Katholik nicht wieder sich ver-. mahlen durfte, war der schwarze Schatten, der das heitere Leben des Künstlers für immer verdunkeln sollte. Ein wackeres Mädchen, Fräulein A. W., schenkte dem Manne, der nur sein Herz , aber keine Hand mit diesem zu vergeben hatte, ihre crste Jugendliebe und blieb dieser treu bis übers Grab hinaus. Daß er seine „Toni" nicht heimführen durfte an den hänslichen -hcerd, war für den redlichen Raimund eine fortwährende geistige Marter: die Demüthigungen, welche das arme Mädchen ^u erdulden hatte, die iDpfcr, welche sie ihrer Liebe brachte, erkannte der Künstler dadurch an, daß er seine Geliebte zur Universalcrbin seines beträchtlichen Vermögens einsetzte. Humoristisches. In einer Gesellschaft ward die Frage aufgeworfen, warum WWanora die Statue Napoleons I. in antiker Weise halb nackt habe. „Es ist das Vergeltungs recht, welches der - Künstler ausübte," sagte Jemand, „hat doch der Kaiser Tausende von Menschen ausgezogen." — Ein Lehrer sprach vom Echatzgrabcn mit seinen Schülern. „Weißt Tu aber auch, was ein Schatz ist?" fragte der Lehrer cin kleines Mädchen. „O ja!" antwortete sie schnell, ,.unserer Nanni ihr Christoph!" — Einem Uhrmacher war seine Tochter mit dem Gehilfen davon gelaufen. Er klagte seine Noth einen: Freunde. Dieser erwiderte: „Wie kann Tick das als Uhrmacher wundern? Du hast sie so schlecht aufgezogen, daß sie zu früh abgelaufen ist." — In einer Stadt wurde beschlossen, dem Bürgermeister cin Monument zu setzen. Als die Arbeiter mit dem Graben beschäftigt waren, fragte ein Bürger den andern: „Was geschieht denn hier?" — „Sie wollen," lautete die Autwort, „unserm Bürgermeister cin Monument setzen und können keinen Grund finden!" — „Was will man im Himmel nur mit den gestorbenen Censoren anfangen?" frug Jemand in einer Gesellschaft. „Ei, erwiderte ein Witzbold, die sind sehr gnt zu gebrauchen. Die werden bei den himmlischen Concerten als Streichinstrumente angestellt. — (Reelles Heiratsgesuch.) Ein Familienvater, welcher in kinderloser Ehe seiner Gattin durch den Tod beraubt wurde, noch ehe cr auf seine liebende Werbung das Ja von ihrem Engelsmundc erhalten, wünscht, da er noch nie geliebt, nnd überhaupt noch niemals in irgend einer Beziehung zu einem weiblichen Wesen gestanden hat, sich auf diesem, nicht mehr ungewöhnlichem Wege von Neuem zu verheiraten, um seinen fünf unerzogenen Kindern eine liebende Stiefmutter zu geben, wenn seine jetzige Frau einmal mit dem Tode abgehen sollte. Das Nähere beim Portier. EMrammatischez. Tu hast kaum zu essen für deinen Mund, Warum hältst du dir uoch ciucu Hund? — Ich lerne von ihm in meinen alten Tagen, Das Melischcualibcllm und Knochcilbcnagen. Ein licbeS Thier; wlc Harmcliu So weich , so fcin sind st ine Haare. — Hat cr auch Flöhc? — Gott bewahre! — Ja so , du meinst: sie habm i h u. Mein Hund ist artig und wohldrcssirt, Er springt über'n Stock und apportirt. — Mau hat auch schon darüber nachgedacht, Warum cö sciu Herr uicht so weit gebracht. Literatur. Algerien als Ziel für Auswanderer — ist eine kleine Broschüre, von Fr. Herrmann, betitelt, in welcher der Natur-und Productcnreichthum des afrikanischen Littorales dem Leser lebhaft vor Augen geführt wird. Es ist ein ganz humanes Wirken, den Strom der Auswanderung in Gegenden zu locken, wo die Natur reich und fruchtbar genug ist, um den sich daselbst Niederlassenden einen materiell vortheilhaften Ersatz für die alte Heimat zu geben. Amerika, wo jetzt der furchtbare Bürgerkrieg wüthet, kann im Momente das Ziel für Auswanderer nicht sein. Allein, wenn wir der vielen fruchtbaren, noch wenig bebauten Länderstriche innerhalb der österreichischen Monarchie gedenken, so sehen wir nicht cin, warum der Uebcrfluß der Bevölkerung sich einem Lande zuwenden soll, das unter französischem Regime sich befindet. Noch harren große und fruchtbare Flächen, nicht allzu abseit liegend von den großen ! Verkehrsadern der Flüsse und Eisenbahnen, des eultivirendcn Spatens und des Pfluges; ihr jungfräulicher Boden dürfte gewiß eben so ergiebig sein, als der Algeriens. Vielleicht ist das Resultat des bevorstehenden Fürstentagcs ein solches, daß Auswauderungslustige weniger in die Ferne streben und eher ! sich dem Guten zuwenden, das ihnen nahe liegt. Vcrantworllichcr Rcdactcur I. v. Kleinmayr. — Druck und Verlag von Igu. v. Klewmayr 35 F. Namberg iu Laibach.